20.11.2014 Aufrufe

Beratung und Begleitung von Senioren mit Sehverlust - Deutsche ...

Beratung und Begleitung von Senioren mit Sehverlust - Deutsche ...

Beratung und Begleitung von Senioren mit Sehverlust - Deutsche ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

„Rat <strong>und</strong> Hilfe bei <strong>Sehverlust</strong> im Alter“<br />

Abschlussbericht des Projektes „<strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> <strong>Begleitung</strong> <strong>von</strong> älteren sehgeschädigten<br />

Menschen im Landkreis Marburg-Biedenkopf <strong>und</strong> angrenzenden Landkreisen“<br />

(01.02.2012 – 31.07.2013)<br />

<strong>Deutsche</strong> Blindenstudienanstalt e.V. (blista)<br />

Ein Förderprojekt der <strong>Deutsche</strong>n Fernsehlotterie


Endfassung: November 2013<br />

Berichterstattung durch:<br />

<strong>Deutsche</strong> Blindenstudienanstalt e.V.<br />

Am Schlag 8-12<br />

35037 Marburg<br />

Verfasser des Berichts: Jürgen Nagel (Leiter der Rehabilitationseinrichtung der blista)<br />

Dorothee Suin de Boutemard (Projektleiterin <strong>und</strong> <strong>Senioren</strong>beraterin)<br />

Sabine Lauber-Pohle (Wissenschaftliche Mitarbeiterin der<br />

Rehabilitationseinrichtung der blista)<br />

Kontakt: Tel. 06421- 606 505<br />

E-Mail:<br />

seniorenberatung@blista.de


Inhalt<br />

VORWORT 7<br />

EINLEITUNG 8<br />

1 DIE AUSGANGSLAGE DES PROJEKTES 11<br />

1.1 Sehbehinderung im Alter 11<br />

1.1.1 Die häufigsten Augenerkrankungen im Alter 12<br />

1.1.2 Auswirkungen einer Sehbehinderung oder Erblindung im Alter 13<br />

1.1.3 Konsequenzen für die <strong>Beratung</strong>sarbeit <strong>mit</strong> blinden- oder sehbehinderten <strong>Senioren</strong> 16<br />

2 CHARAKTERISTIKA VON BERATUNGEN ÄLTERER MENSCHEN IM LÄNDLICHEN<br />

RAUM 19<br />

2.1 Allgemeine Ausgangslage im ländlichen Raum 19<br />

2.2 Spezifische Herausforderungen der <strong>Beratung</strong>sarbeit <strong>mit</strong> älteren Menschen im<br />

ländlichen Raum 21<br />

3 KONZEPTION DES BERATUNGSANGEBOTES „RAT UND HILFE BEI SEHVERLUST<br />

IM ALTER“ 23<br />

3.1 Inhalte <strong>und</strong> Ziele des <strong>Beratung</strong>sangebots 23<br />

3.2 <strong>Beratung</strong>sbogen 24<br />

3.2.1 Daten zur <strong>Beratung</strong> 25<br />

3.2.2 Demographische Daten 26<br />

3.2.3 Sehbehinderung/Sehbeeinträchtigung 27<br />

3.2.4 Zugangswege zu Kommunikation <strong>und</strong> Informationen 29<br />

3.2.5 Orientierung <strong>und</strong> Mobilität 31<br />

3.2.6 Lebenspraktische Fähigkeiten (Selbstversorgung) 32<br />

3.2.7 Interpersonelle Interaktion <strong>und</strong> Beziehungen 33<br />

3.2.8 Psychosoziale Faktoren 34<br />

3.2.9 Zusammenfassung der <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> weitere Vereinbarungen 35<br />

3.3 Qualifikation der Beraterin 36<br />

3.4 Ausstattung einer mobilen <strong>Beratung</strong>stasche <strong>und</strong> eines <strong>Beratung</strong>sordners 37<br />

4 AUSWERTUNG DER BERATUNGSDATEN VON FEB. 2012 – JULI 2013 41


4.1 <strong>Beratung</strong>sbedarf 41<br />

4.1.1 Dauer der ersten Kontaktaufnahme <strong>und</strong> Dauer der <strong>Beratung</strong>sgespräche 43<br />

4.1.2 Wegstrecke zu den Hausbesuchen 44<br />

4.1.3 Anwesende beim „Ersten Hausbesuch“ 45<br />

4.1.4 Anwesend beim „Zweiten Hausbesuch“ 45<br />

4.1.5 Wichtigste Bezugspersonen 46<br />

4.1.6 Abstand der Hausbesuche zueinander 48<br />

4.2 Demografische Daten 48<br />

4.2.1 Altersverteilung 48<br />

4.2.2 Geschlechterverteilung in der <strong>Beratung</strong> 49<br />

4.2.3 Familienstand 50<br />

4.2.4 Wohnform 51<br />

4.2.5 Wohnsituation 52<br />

4.3 Geographische Verteilung/Wohnort 54<br />

4.4 Infrastrukturelle Gegebenheiten 56<br />

4.5 Medizinische Daten 58<br />

4.5.1 Art der Augenerkrankung 58<br />

4.5.2 Visus <strong>und</strong> Grad der Sehbehinderung 59<br />

4.5.3 Beginn der Sehbehinderung 60<br />

4.5.4 Verlauf der Sehbehinderung 61<br />

4.5.5 Teilnahme an einer Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Sehhilfenanpassung 61<br />

4.6 Allgemeine ges<strong>und</strong>heitliche Situation 62<br />

4.6.1 Angaben zur Pflegestufe 62<br />

4.6.2 Multimorbidität 64<br />

4.7 Zugang zu Kommunikation <strong>und</strong> Informationen 66<br />

4.7.1 Lesbarkeit <strong>von</strong> Schwarzschrift 67<br />

4.7.2 Umgang <strong>mit</strong> offiziellen Schreiben, Vereinbarung <strong>von</strong> Terminen etc. 68<br />

4.7.3 Nutzung eines Bildschirmlesegeräts 69<br />

4.7.4 Nutzung eines Daisyplayers 70<br />

4.7.5 Nutzung der Blindenbibliotheken 72<br />

4.7.6 Telefonnutzung 74<br />

4.7.7 Fernsehnutzung 75<br />

4.7.8 Radionutzung 75<br />

4.7.9 Umgang <strong>und</strong> Erfahrungen <strong>mit</strong> dem PC 76


4.7.10 Umgang <strong>und</strong> Erfahrung <strong>mit</strong> Punktschrift 76<br />

4.7.11 Zusammenfassung des Themenbereiches Zugang zu Kommunikation <strong>und</strong> Information 76<br />

4.8 Beantragung <strong>von</strong> Unterstützungsleistungen 77<br />

4.8.1 Schwerbehindertenausweis 78<br />

4.8.2 Sehbehinderten- bzw. Blindengeld 78<br />

4.9 Beleuchtung, Kontraste <strong>und</strong> Markierungen 80<br />

4.10 Orientierung <strong>und</strong> Mobilität 81<br />

4.10.1 Orientierung in der Wohnung 81<br />

4.10.2 Orientierung <strong>und</strong> Bewegungsmöglichkeit außerhalb der Wohnung 82<br />

4.10.3 Wunsch nach der Erhöhung der Mobilität 83<br />

4.11 Selbstversorgung <strong>und</strong> Lebenspraktische Fähigkeiten (LPF) 84<br />

4.11.1 Einkaufen gehen 84<br />

4.11.2 Selbständige Nahrungszubereitung <strong>und</strong> Nahrungsaufnahme 86<br />

4.11.3 Orientierung im Kleiderschrank <strong>und</strong> Anziehen der Kleidung 88<br />

4.11.4 Eigenständige Körperpflege 89<br />

4.11.5 Reinigung der Wohnung 90<br />

4.12 Thematische Schwerpunkte in der <strong>Beratung</strong> 91<br />

4.12.1 Thematische Inhalte bei der ersten Kontaktaufnahme 92<br />

4.12.2 Thematische Inhalte der zweiten <strong>Beratung</strong>sgespräche 94<br />

4.12.3 Zusammenfassung: Wichtigste <strong>Beratung</strong>sthemen 96<br />

5 ERGÄNZENDE PROJEKTBAUSTEINE 99<br />

5.1 Öffentlichkeitsarbeit 99<br />

5.2 Wie haben die Klienten vom <strong>Beratung</strong>sangebot erfahren? 100<br />

5.3 Offene Informationsstelle für Ratsuchende 102<br />

5.4 Netzwerkarbeit 102<br />

5.4.1 Netzwerkarbeit in der Region 103<br />

5.4.2 Netzwerkarbeit zu sehbehinderten <strong>und</strong> blindenspezifischen Fachdiensten 107<br />

5.5 Multiplikatorenschulung: „Einführung <strong>und</strong> Sensibilisierung in die <strong>Beratung</strong>sarbeit<br />

<strong>mit</strong> blinden <strong>und</strong> sehbehinderten SeniorInnen“ 111<br />

5.6 Eine Sensibilisierungseinheit <strong>mit</strong> Schülern der Stadtschule Marburg-Biedenkopf 113


5.7 Projektbegleitende Gruppenangebote für blinde <strong>und</strong> sehbehinderte <strong>Senioren</strong> 114<br />

5.8 Tag der offenen Tür im Reha-<strong>Beratung</strong>szentrum (RBZ) der blista 116<br />

6 FAZIT UND VERSTETIGUNG DES BERATUNGSANGEBOTS: „RAT UND HILFE BEI<br />

SEHVERLUST IM ALTER“ 117<br />

7 LITERATUR 120<br />

8 ANHANG 122<br />

<strong>Beratung</strong>sbogen <strong>Senioren</strong>beratung 122


Vorwort<br />

Die demographischen Zahlen einer immer älter werdenden Gesellschaft sowie die<br />

Prognosen der zunehmenden Augenerkrankungen im Alter weisen auf einen<br />

zunehmenden <strong>Beratung</strong>sbedarf für Menschen <strong>mit</strong> einer altersbedingten<br />

Augenerkrankung hin. Die <strong>Deutsche</strong> Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) schätzt<br />

in ihrem „Weißbuch zur Situation der ophthalmologischen Versorgung in<br />

Deutschland“, dass bereits heute 1,6 Millionen <strong>Deutsche</strong> <strong>von</strong> einer AMD betroffen<br />

sind <strong>und</strong> weitere 2,6 Millionen <strong>Senioren</strong> eine AMD im Frühstadium (Drusen) haben<br />

(vgl. DOG 2012: 8). Bis zum Jahre 2030 wird <strong>mit</strong> einer Zunahme der <strong>Senioren</strong> an der<br />

Bevölkerung <strong>von</strong> fast 50% gerechnet, was wiederum auch eine Zunahme der<br />

altersbedingten Augenerkrankungen um 20 bis 30 % erwarten lässt (vgl. DOG 2012:<br />

27). Diese doch sehr hohen Zahlen machen deutlich, dass es sich hier nicht um<br />

Einzelfälle handelt, sondern um eine große Gruppe <strong>von</strong> <strong>Senioren</strong>, für die es bisher<br />

kein spezifisches <strong>Beratung</strong>sangebot gab.<br />

Die Idee war es, eine mobile <strong>Beratung</strong> für <strong>Senioren</strong> <strong>mit</strong> <strong>Sehverlust</strong> anzubieten, um<br />

sie ganz gezielt dahingehend zu beraten <strong>und</strong> zu unterstützen, dass sie trotz des<br />

<strong>Sehverlust</strong>es weiterhin selbständig <strong>und</strong> selbstbestimmt ihr Leben führen können.<br />

Dank der finanziellen Unterstützung der <strong>Deutsche</strong>n Fernsehlotterie konnte diese<br />

<strong>Beratung</strong>sidee in einer Projektphase <strong>von</strong> 1,5 Jahren erprobt werden. Im Mittelpunkt<br />

der <strong>Beratung</strong>sarbeit steht die <strong>Senioren</strong>beraterin, die die <strong>Senioren</strong> in ihrer häuslichen<br />

Umgebung (mehrmals) aufsucht, sie berät, unterstützt <strong>und</strong> begleitet.<br />

Zusätzlich wurde außerhalb der Projektfinanzierung durch Frau Lauber-Pohle ein<br />

Dokumentationsbogen entworfen, der es ermöglichte, die <strong>Beratung</strong>sarbeit<br />

durchzuführen, zu dokumentieren <strong>und</strong> zu evaluieren. Ebenfalls hat Frau Lauber-<br />

Pohle die, sehr umfangreiche, statistische Datenauswertung am Ende des Projektes<br />

durchgeführt, die in diesem Bericht enthalten ist.<br />

7


Einleitung<br />

Ziel des Modellprojektes der <strong>Deutsche</strong>n Blindenstudienanstalt e.V. (blista) „<strong>Beratung</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Begleitung</strong> <strong>von</strong> älteren sehgeschädigten Menschen im Landkreis Marburg-<br />

Biedenkopf <strong>und</strong> angrenzenden Landkreisen“, welches durch die <strong>Deutsche</strong><br />

Fernsehlotterie gefördert wurde <strong>und</strong> eine Laufzeit vom 01.02.2012 bis 31.07.2013<br />

hatte, war es, ein zugehendes <strong>Beratung</strong>sangebot für Menschen im ländlichen Raum<br />

<strong>mit</strong> einem <strong>Sehverlust</strong> im Alter zu entwickeln, zu erproben <strong>und</strong> zu etablieren, um den<br />

individuellen Bedarfs- <strong>und</strong> Problemlagen <strong>von</strong> sehbehinderten <strong>und</strong> erblindeten<br />

<strong>Senioren</strong> aktiv <strong>und</strong> konstruktiv zu begegnen. Die Idee entstand, weil es zunehmend<br />

Anfragen an die blista e.V. <strong>von</strong> <strong>Senioren</strong> gab, die nach einer <strong>Beratung</strong>s- <strong>und</strong><br />

Unterstützungsmöglichkeiten für die Bewältigung des Alltags gesucht haben.<br />

Die blista e.V. fühlt sich der Behindertenrechtskonvention (BRK) <strong>und</strong> seinem Ziel,<br />

allen Menschen <strong>mit</strong> Behinderung die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft<br />

zu ermöglichen (vgl. Artikel 1 der Behindertenrechtskonvention) in hohem Maße<br />

verpflichtet. Mit der Entwicklung eines mobilen <strong>Beratung</strong>sangebotes für<br />

sehbehinderte <strong>und</strong> blinde <strong>Senioren</strong> 1 soll im Verständnis des Inklusionsgedankens<br />

gewährleistet werden, dass <strong>Senioren</strong> trotz eines <strong>Sehverlust</strong>es die Möglichkeit der<br />

gesellschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Teilhabe haben <strong>und</strong> ihnen der Zugang zu<br />

Kommunikation <strong>und</strong> Informationen erhalten bleibt. 2 Dies sind wesentliche Aspekte,<br />

die ein unabhängiges <strong>und</strong> selbstbestimmtes Leben ausmachen. Hierin die <strong>Senioren</strong><br />

zu unterstützen, gemeinsam nach geeigneten Wegen zu suchen <strong>und</strong> vorhandene<br />

Ressourcen zu unterstützen, soll Aufgabe der mobilen <strong>Senioren</strong>beratung sein.<br />

Die Entwicklung eines zugehenden <strong>Beratung</strong>sangebots scheint hierfür sehr gut<br />

geeignet, denn häufig sind die <strong>Senioren</strong> in ihrer Mobilität bereits schon eingeschränkt<br />

<strong>und</strong> könnten so das Angebot nicht wahrnehmen. Darüber hinaus bietet eine mobile<br />

<strong>Beratung</strong> die Möglichkeit, die Betroffenen in ihrer Lebenswelt kennenzulernen <strong>und</strong><br />

dabei wichtige Hinweise über die aktuelle Lebens- <strong>und</strong> Wohnsituation zu erfahren.<br />

1 Wenn in diesem Zwischenbericht <strong>von</strong> „<strong>Senioren</strong>“ gesprochen wird, dann ist da<strong>mit</strong> die weibliche Form<br />

<strong>mit</strong> eingeschlossen.<br />

2 Dabei bezieht sich das entwickelte <strong>Beratung</strong>sangebot auf mehrere Artikel (z. B. Artikel 19:<br />

„Unabhängige Lebensführung <strong>und</strong> Einbeziehung in der Gemeinschaft“; Artikel 20: „Persönliche<br />

Mobilität“, Artikel 24 „Bildung“, Artikel 26 „Habilitation <strong>und</strong> Rehabilitation“, Artikel 30 „Teilhabe am<br />

kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit <strong>und</strong> Sport“) der Behindertenrechtskonvention <strong>und</strong><br />

setzt sie im entwickelten <strong>Beratung</strong>skonzept um.<br />

8


Also z. B. <strong>mit</strong> wem die betroffenen <strong>Senioren</strong> zusammenleben, wie sind die<br />

Lichtverhältnisse in der Wohnung usw.<br />

Da es sich bei den meisten Augenerkrankungen im Alter um progressive<br />

Erkrankungsformen handelt, ist meist <strong>mit</strong> einer stetigen Verschlechterung des<br />

Sehvermögens zu rechnen. Hier kommt es auf eine gezielte <strong>und</strong> <strong>mit</strong>unter<br />

mehrmalige begleitende <strong>Beratung</strong> dieser Personengruppen an, die dazu beitragen<br />

kann, die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten <strong>und</strong> den Verlust der<br />

Selbständigkeit im Alltag aufzuhalten <strong>und</strong> so<strong>mit</strong> einer vorzeitigen Pflegebedürftigkeit<br />

vorzubeugen.<br />

Der hier vorliegende Abschlussbericht gibt einen umfangreichen Einblick über die<br />

vielfältigen Aktivitäten <strong>und</strong> <strong>Beratung</strong>sverläufe während der 1,5-jährigen<br />

Projektlaufzeit. Im ersten Kapitel wird die Ausgangslage des Projektes kurz<br />

umrissen. Hier werden die häufigsten Augenerkrankungen <strong>und</strong> deren Auswirkungen<br />

sowie mögliche Umgangsstrategien <strong>mit</strong> einem <strong>Sehverlust</strong> beschrieben. Das zweite<br />

Kapitel beschäftigt sich <strong>mit</strong> der Frage, welche spezifischen Charakteristika bei der<br />

<strong>Beratung</strong>sarbeit <strong>von</strong> <strong>Senioren</strong> im ländlichen Raum zu berücksichtigen sind. Im<br />

dritten Kapitel wird die Konzeption des <strong>Beratung</strong>sangebotes „Rat <strong>und</strong> Hilfe bei<br />

<strong>Sehverlust</strong> im Alter“ dargestellt. Hierbei werden die einzelnen Inhalte <strong>und</strong> Ziele des<br />

psychosozialen <strong>Beratung</strong>sangebotes genauer umschrieben. Im vierten Kapitel<br />

werden die konkreten <strong>Beratung</strong>sergebnisse während der Projektlaufzeit dargelegt.<br />

Hierbei wird u. a. ersichtlich, welche Personengruppe die mobile <strong>Beratung</strong> in<br />

Anspruch genommen hat <strong>und</strong> welcher Art die thematischen Schwerpunkte der<br />

<strong>Beratung</strong>en waren. Im fünften Kapitel wird die während der Projektzeit geleistete<br />

regionale sowie blinden- <strong>und</strong> sehbehindertenspezifische Netzwerkarbeit dargestellt.<br />

Das <strong>Beratung</strong>sangebot „Rat <strong>und</strong> Hilfe <strong>von</strong> <strong>Sehverlust</strong> im Alter“ versteht sich als<br />

behinderungsspezifisches <strong>und</strong> ergänzendes Angebot in der bereits vorhanden<br />

seniorenspezifischen <strong>Beratung</strong>slandschaft im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Der<br />

Abschlussbericht endet <strong>mit</strong> einem Fazit <strong>und</strong> einem Ausblick zur Verstetigung des<br />

Projektes im sechsten <strong>und</strong> letzten Kapitel.<br />

9


Die blista-<strong>Senioren</strong>beratung für<br />

Menschen <strong>mit</strong> <strong>Sehverlust</strong> im<br />

Alter verfolgt das Ziel,<br />

un<strong>mit</strong>telbar zu einer<br />

Verbesserung der persönlichen<br />

Lebenssituation <strong>von</strong> blinden <strong>und</strong><br />

sehbehinderten <strong>Senioren</strong><br />

beizutragen.<br />

Abbildung 1 Ein Mann sitzt vor einem Buch, auf dem er sich<br />

<strong>mit</strong> Hilfe einer elektronischen Lupe den Text vergrößert.<br />

10


1 Die Ausgangslage des Projektes<br />

1.1 Sehbehinderung im Alter<br />

Aufgr<strong>und</strong> der steigenden Lebenserwartung <strong>und</strong> einer „alternden Gesellschaft“ muss<br />

<strong>mit</strong> einer starken Zunahme altersbedingter Augenerkrankungen gerechnet werden.<br />

2004 veröffentlichte die WHO einen Artikel <strong>mit</strong> weltweiten Zahlen zu Blindheit <strong>und</strong><br />

Sehbehinderung (vgl. Resnikoff/Pascolini u. a., 2004). Aus diesen Zahlen lassen sich<br />

auch Rückschlüsse auf Deutschland ziehen. So lässt sich sagen, dass in<br />

Deutschland schätzungsweise 160.000 blinde <strong>und</strong> ungefähr 1,1 Millionen<br />

sehbehinderte Menschen leben (Bertram 2005: 267). Da<strong>von</strong> sind allein 70% über 60<br />

Jahre alt.<br />

Von 1990 bis zum Jahre 2006 stieg die Zahl der Erblindeten um 9% <strong>und</strong> die der<br />

Sehbehinderten um 80% (vgl. DBSV 2013). Umgerechnet auf den Landkreis<br />

Marburg-Biedenkopf bedeutet das Folgendes: Der Landkreis Marburg-Biedenkopf<br />

hat ca. 46.000 <strong>und</strong> die Stadt Marburg ca. 15.000 <strong>Senioren</strong>. Das entspricht einer Zahl<br />

<strong>von</strong> ca. 1.800 Betroffenen für den Landkreis <strong>und</strong> ca. 600 <strong>von</strong> <strong>Sehverlust</strong> betroffenen<br />

<strong>Senioren</strong> für die Stadt Marburg. Zieht man die angrenzenden Gebiete wie Gießen,<br />

Frankenberg, Battenberg <strong>mit</strong> hinzu, dann erhöht sich die Zahl der <strong>von</strong> einer<br />

Sehbehinderung betroffenen <strong>Senioren</strong> weiter.<br />

Als sehbehindert gilt man, wenn man auf dem besser sehenden Auge selbst <strong>mit</strong><br />

Brille oder Kontaktlinse nicht mehr als 30% (Visus 0,3) <strong>von</strong> dem sieht, was ein<br />

Mensch <strong>mit</strong> normaler Sehkraft erkennt. Als hochgradig sehbehindert gilt man,<br />

wenn man auf dem besser sehenden Auge selbst <strong>mit</strong> Brille oder Kontaktlinsen nicht<br />

mehr als 5 % (Visus 0,05) <strong>von</strong> dem sieht, was ein Mensch <strong>mit</strong> normaler Sehkraft<br />

erkennt. Als blind gilt man, wenn man auf dem besser sehenden Auge selbst <strong>mit</strong><br />

Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr als 2% (Visus 0,02) <strong>von</strong> dem sieht, was ein<br />

Mensch <strong>mit</strong> normaler Sehkraft erkennt. In Hessen sind Menschen <strong>mit</strong> einer<br />

hochgradigen Sehbehinderung <strong>und</strong> <strong>mit</strong> Blindheit sehbehinderten- bzw.<br />

blindengeldberechtigt.<br />

Darüber hinaus führen physiologische Veränderungen des Sehapparates durch das<br />

Alter, z. B. verminderte Kontrastsehschärfe, Blendungsempfindlichkeit <strong>und</strong><br />

Verlangsamung der Hell-Dunkel-Adaption in Verbindung <strong>mit</strong> einer grenzwertigen<br />

Sehschärfe (Visus zwischen 0,5 - 0,3) dazu, dass ebenfalls schon<br />

11


Beeinträchtigungen im Alltag zum Beispiel beim Lesen oder im Haushalt <strong>von</strong> den<br />

Betroffenen erfahren werden, obwohl sie noch nicht als sehbehindert einzustufen<br />

sind. Eine <strong>Beratung</strong> im Sinne einer Prävention kann hier sinnvolle Unterstützung <strong>und</strong><br />

Hilfe leisten.<br />

1.1.1 Die häufigsten Augenerkrankungen im Alter<br />

Die drei häufigsten Augenerkrankungen im Alter sind die altersabhängige<br />

Makuladegeneration (AMD), das Glaukom <strong>und</strong> die diabetische Retinopathie. Die<br />

altersbedingte Makuladegeneration ist die häufigste Ursache für einen <strong>Sehverlust</strong><br />

im Alter. Ca. 30% der 75- bis 85-jährigen sind da<strong>von</strong> betroffen. Schätzungen gehen<br />

da<strong>von</strong> aus, dass mehr als 4 Millionen Menschen in Deutschland an einer AMD leiden<br />

(vgl. Pro Retina 2013). Unter dem Begriff Makuladegeneration sind Erkrankungen<br />

des Auges zusammengefasst, die die „Makula“ („der Punkt des schärfsten Sehens“)<br />

der Netzhaut betreffen. Eine Makuladegeneration führt zu einer Verringerung der<br />

Sehschärfe bis hin zum Verlust der Lesefähigkeit <strong>und</strong> Erblindung im zentralen<br />

Bereich. Bei einer Makuladegeneration nimmt sowohl das Kontrastempfinden als<br />

auch das Farbensehen ab. Menschen, die <strong>von</strong> einer Makuladegeneration betroffen<br />

sind, leiden ebenfalls häufig unter einer hohen Blendempfindlichkeit. Die AMD tritt in<br />

zwei Formen auf. Einmal als trockene Form, hier<strong>von</strong> sind ca. 85% der AMD-<br />

Patienten betroffen. Diese Form verläuft langsamer <strong>und</strong> die Sehfähigkeit<br />

verschlechtert sich nicht so rapide. Bei einer feuchten AMD bilden sich unter der<br />

Netzhaut flächige Gefäßmembranen, die zu Blutungen neigen. Dadurch verläuft der<br />

<strong>Sehverlust</strong> in der Regel wesentlich schneller. Bei der feuchten Makuladegeneration<br />

wird durch Injektionen in das Auge versucht, die Blutungen zum Stillstand zu bringen.<br />

Beim Glaukom, umgangssprachlich auch bekannt als „Grüner Star“, kommt es zu<br />

einer Schädigung des Sehnervs infolge <strong>von</strong> erhöhtem Augeninnendruck oder<br />

Durchblutungsstörungen. Bekannt ist, dass in Deutschland etwa 800.000 Menschen<br />

an einem Glaukom erkrankt sind <strong>und</strong> bereits ca. 3 Millionen unter einem zu hohen<br />

Augeninnendruck leiden, der therapiert werden muss. Ein zu spät erkannter oder<br />

nicht therapierter zu hoher Augeninnendruck führt meistens zur Erblindung 3 .<br />

Eine weitere Augenerkrankung ist die Diabetische Retinopathie, die eine<br />

Folgeerkrankung der Diabetes mellitus ist <strong>und</strong> Schädigungen an der Netzhaut<br />

3 vgl. http://www.dbsv.org/infothek/augenerkrankungen/gruener-star/ Stand 15.01.2013<br />

12


hervorruft. Die Diabetische Retinopathie zählt zu einer der häufigsten<br />

Erblindungsursachen in den westlichen Industriestaaten. In Deutschland leiden<br />

schätzungsweise über 1 Millionen Diabetiker an einer diabetischen Retinopathie 4 .<br />

Für die Betroffenen sind alle irreversiblen Augenerkrankungen <strong>mit</strong> physischen <strong>und</strong><br />

psychischen Auswirkungen verb<strong>und</strong>en. Darüber hinaus kommen im höheren Alter<br />

häufig weitere körperliche Erkrankungen hinzu, wie z. B. eine Verminderung des<br />

Hörvermögens <strong>und</strong> bedingt durch Durchblutungsstörungen auch ein verminderter<br />

Tastsinn. Beides entscheidende Sinnesorgane, <strong>mit</strong> denen sich sonst ein <strong>Sehverlust</strong><br />

etwas kompensieren lässt. Durch diese zusätzlich auftretenden Beeinträchtigungen<br />

sind die Betroffenen weiteren Belastungen ausgesetzt. Welche physischen <strong>und</strong><br />

psychischen Auswirkungen eine Sehbehinderung oder Erblindung im Alter haben<br />

kann, wird im nächsten Abschnitt ausführlicher betrachtet.<br />

1.1.2 Auswirkungen einer Sehbehinderung oder Erblindung im Alter<br />

Die Auswirkungen einer Sehbehinderung oder Erblindung im Alter sind sehr<br />

unterschiedlich. Neben den Sehschwierigkeiten im Nahbereich kommen weitere<br />

Schwierigkeiten hinzu. Hier einige Beispiele:<br />

„Schlechtes Sehen auf Distanz, schlechte Wahrnehmung bei<br />

ungünstigen Licht- <strong>und</strong> Kontrastverhältnissen, schlechte oder keine<br />

Farbenerkennung, ein eingeschränktes Gesichtsfeld, Blendung etc.<br />

Diese Schwierigkeiten haben behindernde Effekte zur Folge, zum<br />

Beispiel bei der Orientierung an fremden Orten, bei der Fortbewegung,<br />

beim Erkennen <strong>von</strong> Schildern oder beim Auffinden <strong>von</strong> Türen.<br />

Personen, Handzeichen (auch Gebärdensprache), Mimik <strong>und</strong><br />

Lippenbewegungen werden nicht mehr erkannt“ (Spring 2012: 11).<br />

Ein <strong>und</strong> dieselbe Augenerkrankung kann, je nach Schweregrad <strong>und</strong> Verlauf, ganz<br />

vielfältige Folgen für das Leben der betroffenen Personen <strong>und</strong> ihr soziales Umfeld<br />

haben. Mit Abstand am häufigsten <strong>und</strong> am schmerzlichsten empf<strong>und</strong>en wurde in der<br />

<strong>Beratung</strong> der Verlust der visuellen Kommunikationsfähigkeit. Das heißt, die<br />

Möglichkeit Informationen über das Auge aufzunehmen wird immer schwieriger.<br />

Gerade Lesen <strong>und</strong> Fernsehen sind oft die ersten Bereiche, in dem die<br />

Seheinschränkung wahrgenommen wird. Verb<strong>und</strong>en ist da<strong>mit</strong> häufig die Angst eines<br />

fortschreitenden <strong>Sehverlust</strong>es.<br />

4 vgl. http://www.dbsv.org/infothek/augenerkrankungen/diabetische-retinopathie/, Stand 15.01.2013<br />

13


Wenn die Lesefähigkeit zunehmend eingeschränkt ist, wird der Zugang zu<br />

Informationen immer schwieriger. Auch die Teilnahme an Veranstaltungen, in denen<br />

die Lesefähigkeit gefordert ist, schränkt sich zunehmend ein. Die betroffenen<br />

<strong>Senioren</strong> müssen das Autofahren einstellen, was ein immenser Verlust der<br />

individuellen Mobilität <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> der Selbständigkeit <strong>und</strong> Unabhängigkeit, gerade im<br />

ländlichen Bereich, darstellt. Wenn die Möglichkeit des Lesens <strong>und</strong> Fernsehens<br />

wegfällt, weil das Fernsehbild oder Schriftbild nicht mehr richtig erkannt wird, ist das<br />

häufig sehr dramatisch für die Betroffenen, weil sie das, was sie ausfüllt, nicht mehr<br />

ausführen können <strong>und</strong> es nicht immer eine Alternative dafür gibt.<br />

Werden die Beratenen gefragt,<br />

welche Einschränkungen sie<br />

durch die Sehbehinderung<br />

erfahren, dann ist das zentrale<br />

Thema der Verlust der Fähigkeit,<br />

selbständig zu lesen <strong>und</strong> zu<br />

schreiben <strong>und</strong> so <strong>von</strong><br />

wesentlichen Teilen der visuell<br />

basierten Alltagskommunikation<br />

ausgeschlossen zu sein.<br />

Abbildung 2: Ein Mann sitzt vor einer Tageszeitung <strong>und</strong> verwendet eine Standlupe,<br />

um sich den Text zu vergrößern.<br />

Eine weitere Auswirkung des <strong>Sehverlust</strong>es ist die Mobilitätsbeeinträchtigung.<br />

Wenn zum Beispiel aufgr<strong>und</strong> der Augenerkrankung unterschiedliche<br />

Bodenbeschaffenheiten nicht mehr richtig erkannt werden, steigt die Gefahr <strong>von</strong><br />

Stürzen an, die Unsicherheit, sich alleine im Straßenverkehr zu bewegen wächst<br />

stark an <strong>und</strong> die letzte Konsequenz ist dann, dass sich die betroffenen Personen fast<br />

gar nicht mehr oder nur noch in <strong>Begleitung</strong> nach draußen wagen. Die Möglichkeit<br />

einer Schulung in Orientierung <strong>und</strong> Mobilität (Schulung in den Gebrauch eines<br />

Langstocks) ist kaum bekannt <strong>und</strong> wird häufig aus „Schamgründen“ erst mal<br />

abgelehnt. Dieser Rückzug führt zu einer Vereinsamung <strong>und</strong> langfristig zu einer<br />

Passivität, weil durch die Mobilitätseinschränkungen <strong>und</strong> den <strong>Sehverlust</strong> viele<br />

14


körperliche <strong>und</strong> geistige Aktivitäten nicht mehr ausgeführt werden können. Die<br />

Alzheimer Gesellschaft weist darauf hin, dass durch „körperliche Aktivität“ <strong>und</strong><br />

„geistige Regsamkeit“ einer Demenzerkrankung vorgebeugt werden kann 5 . Das heißt<br />

also, dass Menschen <strong>mit</strong> einem <strong>Sehverlust</strong> im Alter auf Hilfe, Unterstützung <strong>und</strong> die<br />

nötige Aufbereitung <strong>von</strong> Informationen (Großschrift, Daisy-Format 6 , Vorlesesystem 7<br />

etc.) angewiesen sind, da<strong>mit</strong> auch sie körperlich <strong>und</strong> geistig rege bleiben können, um<br />

so einer Demenzerkrankung vorzubeugen <strong>und</strong> einem schnelleren körperlichen<br />

Abbau entgegenzuwirken.<br />

Menschen, die einen <strong>Sehverlust</strong> erleiden, erleben häufig auch Schwierigkeiten im<br />

sozialen Umfeld. Ist die Sehfähigkeit so stark eingeschränkt, dass man keine<br />

Gesichter mehr erkennen kann oder nur noch die Umrisse, dann heißt das, dass<br />

man die Nachbarn oder Bekannten auf der Straße nicht mehr erkennen kann <strong>und</strong><br />

wenn man angesprochen wird, nicht weiß, wer es ist. Dadurch können<br />

Missverständnisse <strong>und</strong> Unstimmigkeiten entstehen. Gerade in ländlichen Gegenden<br />

erleben die Betroffenen das sehr häufig als unangenehm <strong>und</strong> wissen nicht recht, wie<br />

sie <strong>mit</strong> der Situation umgehen sollen. Es besteht auch eine Hemmung, offen <strong>mit</strong> dem<br />

<strong>Sehverlust</strong> umzugehen <strong>und</strong> den Nachbarn <strong>und</strong> Bekannten offen zu sagen, dass man<br />

sie nicht mehr erkennen kann. Auch innerhalb der Familie kann es zu<br />

Schwierigkeiten <strong>und</strong> Herausforderungen kommen. Wenn z. B. die Ehefrau ausfällt,<br />

weil sie den Herd nicht mehr bedienen kann oder der Ehemann nicht mehr<br />

Autofahren kann, dann sind das nicht nur für den Betroffenen Einschränkungen,<br />

sondern die ganze Familie muss sich <strong>mit</strong> den Auswirkungen des <strong>Sehverlust</strong>s<br />

auseinandersetzen. Sehr häufig ist ein <strong>Sehverlust</strong> auch <strong>mit</strong> depressiven<br />

Verstimmungen verb<strong>und</strong>en, weil der Verlust des Sehens als sehr gravierend <strong>und</strong><br />

bedrohlich erlebt wird. Vor allem die Angst, dass die Augen noch schlechter werden<br />

können <strong>und</strong> eine vollständige Erblindung eintreten könnte, ist sehr groß. Mitunter ist<br />

5 vgl. http://www.deutsche-alzheimer.de/index.php?id=202, Stand 30.1.2013<br />

6 „DAISY ist der Name eines weltweiten Standards für navigierbare, zugängliche Multimedia-<br />

Dokumente. Die Abkürzung DAISY steht für Digital Accessible Information System.“ (Quelle:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Digital_Accessible_Information_System, Stand 10.9.2013).<br />

7 Man unterscheidet zwischen offenen <strong>und</strong> geschlossenen Vorlesesystemen: Geschlossene<br />

Lesesysteme, sind in der Regel Scanner, die den Text einscannen <strong>und</strong> dann vorlesen. Hierbei gibt<br />

es verschiedene Modelle, es gibt welche, die die Bücher speichern <strong>und</strong> über die Menü-Tastatur<br />

kann man jederzeit wieder auf die Bücher zurückgreifen oder es gibt welche, die können nur die<br />

jeweilige Seite, die gescannt wurde, vorlesen. Ein offenes Lesesystem besteht aus einem PC,<br />

einer Texterkennungseinheit <strong>und</strong> einer Vorlesesoftware. Durch die Texterfassung <strong>mit</strong> einer Kamera<br />

können beliebige Vorlagen erkannt werden <strong>und</strong> per Sprachausgabe oder Braillezeile ausgegeben<br />

werden.<br />

15


es ein langjähriger Prozess bis die Betroffenen, aber auch die Angehörigen, sich <strong>mit</strong><br />

der neuen Lebenssituation arrangiert haben.<br />

Letztendlich lässt sich festhalten: <strong>Senioren</strong>, die einen <strong>Sehverlust</strong> erleiden, haben<br />

nicht nur <strong>mit</strong> den körperlichen Auswirkungen zu kämpfen, sondern der gesamte<br />

Alltag <strong>und</strong> das soziale Umfeld sind da<strong>von</strong> betroffen. Hier ist eine gezielte <strong>Beratung</strong><br />

enorm wichtig, denn viele wissen wenig bis gar nichts über die Hilfs- <strong>und</strong><br />

Unterstützungsmöglichkeiten, die es im blinden- <strong>und</strong> sehbehindertenspezifischen<br />

Bereich gibt <strong>und</strong> die dazu beitragen können, dass trotz Blindheit oder<br />

Sehbehinderung ein (einigermaßen) selbständiges, unabhängiges <strong>und</strong> zufriedenes<br />

Leben möglich ist. Auch die Möglichkeit über den <strong>Sehverlust</strong> <strong>mit</strong> einer externen<br />

Person frei <strong>und</strong> offen sprechen zu können, bringt sehr häufig eine Entlastung.<br />

Menschen <strong>mit</strong> einem <strong>Sehverlust</strong> im Alter entwickeln unterschiedliche Strategien, wie<br />

sie da<strong>mit</strong> umgehen. Durch die <strong>Beratung</strong>sarbeit im Projekt lassen sich erste<br />

Umgangsstrategien beschreiben.<br />

1.1.3 Konsequenzen für die <strong>Beratung</strong>sarbeit <strong>mit</strong> blinden- oder<br />

sehbehinderten <strong>Senioren</strong><br />

Einen <strong>Sehverlust</strong> zu erleiden ist für die Betroffenen ein einschneidendes Erlebnis <strong>und</strong><br />

löst die unterschiedlichsten Gefühle aus - <strong>von</strong> Trauer, Angst, Wut, Hilflosigkeit <strong>und</strong><br />

Resignation bis hin zur Annahme der Situation <strong>und</strong> einer positiven Bewältigung des<br />

<strong>Sehverlust</strong>es. Zu berücksichtigen gilt, dass die <strong>Senioren</strong> jahrzehntelange sehende<br />

Vorerfahrungen <strong>mit</strong>bringen, auf die in der <strong>Beratung</strong> aufgebaut werden kann. In der<br />

<strong>Beratung</strong> zeigt sich, dass der persönliche Umgang <strong>mit</strong> einem <strong>Sehverlust</strong> sehr<br />

unterschiedlich verläuft <strong>und</strong> <strong>mit</strong>unter nicht abhängig vom verbleibenden<br />

Sehvermögen ist. Mitentscheidend ist, wie die Betroffenen den <strong>Sehverlust</strong> annehmen<br />

können. Je mehr die Menschen in ihrem Alltag <strong>von</strong> dem <strong>Sehverlust</strong> betroffen sind,<br />

desto größer ist das Verlustgefühl, das sie erleben. Es zeigt sich, dass biographische<br />

Erfahrungen im Umgang <strong>mit</strong> Schwierigkeiten <strong>und</strong> Problemen entscheidend dafür<br />

sind, welche Strategien die Betroffenen entwickeln, um <strong>mit</strong> dieser neuen Situation<br />

umgehen zu können. 8 Als ein wichtiger Punkt, der die Verarbeitung eines<br />

8 Hierin liegt häufig auch eine Chance, denn gerade die Generation der um 1920-1940 Geborenen hat<br />

im Laufe ihres Lebens einige Herausforderungen <strong>und</strong> Schwierigkeiten gemeistert <strong>und</strong> dadurch<br />

Ressourcen <strong>und</strong> Strategien entwickelt, die es in Erinnerung zu rufen gilt bzw. die einer (Neu)-<br />

Aktivierung bedürfen <strong>und</strong> die bei der Bewältigung eines <strong>Sehverlust</strong>es helfen können.<br />

16


<strong>Sehverlust</strong>es positiv beeinflusst, ist der Zugang zu blinden- <strong>und</strong><br />

sehbehindertenspezifischen Informationen <strong>und</strong> Hilfs<strong>mit</strong>teln anzusehen. Wer weiß,<br />

welche Hilfs<strong>mit</strong>tel es gibt <strong>und</strong> wo er sie erproben <strong>und</strong> erwerben kann, hat die<br />

Möglichkeit sich trotz <strong>Sehverlust</strong>es ein hohes Maß an Selbständigkeit <strong>und</strong><br />

Unabhängigkeit zu erhalten, was wiederum zu einem positiven Verarbeitungsprozess<br />

der Erkrankung <strong>und</strong> zu einer Erhöhung der Lebensqualität beiträgt. Wer keinen<br />

Zugang zu diesen Informationen <strong>und</strong> Hilfs<strong>mit</strong>teln hat, ist erstens benachteiligt <strong>und</strong><br />

zweitens ist es schwieriger, ein selbständiges <strong>und</strong> unabhängiges Leben ohne<br />

blinden- <strong>und</strong> sehbehindertenspezifische Hilfs<strong>mit</strong>tel zu führen.<br />

Neben dem Zugang zu Informationen <strong>und</strong> Hilfs<strong>mit</strong>teln kommt es auch auf die<br />

ökonomischen Ressourcen der Betroffenen an. Gerade im Bereich der blinden- <strong>und</strong><br />

sehbehindertenspezifischen Hilfs<strong>mit</strong>tel gibt es eine breite Palette an<br />

Unterstützungsmöglichkeiten, die den Umgang <strong>mit</strong> Blindheit <strong>und</strong> Sehbehinderung<br />

erleichtern, z. B. Sprachausgabe für Computer <strong>und</strong> sprechende Telefon, optische<br />

<strong>und</strong> elektronische Sehhilfen, sprechende Küchengeräte etc. Wenn genügend<br />

finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um sich Hilfs<strong>mit</strong>tel <strong>und</strong> Schulungen<br />

„einkaufen“ zu können, dann kann dadurch der Alltag enorm erleichtert <strong>und</strong> da<strong>mit</strong><br />

auch der Umgang <strong>mit</strong> der Sehbehinderung positiver bewältigt werden. Darüber<br />

hinaus kann auch der Zugang zu professionellen <strong>und</strong> nicht-professionellen<br />

Unterstützungsangeboten einen Einfluss auf den Umgang <strong>mit</strong> der Sehbehinderung<br />

haben. Wenn die Betroffenen eine Möglichkeit finden ihren Alltag so zu gestalten,<br />

dass sie <strong>mit</strong> professioneller <strong>und</strong> nicht-professioneller Hilfe weiterhin ihre<br />

Selbständigkeit erhalten können, kann der Umgang <strong>mit</strong> der Sehbehinderung besser<br />

bewältigt werden. Hierbei kommt es auch immer auf die Betroffenen selbst an <strong>und</strong><br />

ihre Bereitschaft, <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Unterstützung annehmen zu können.<br />

Das Thema Blindheit <strong>und</strong> Sehbehinderung ist ein sehr sensibles Thema für die<br />

Betroffenen. Nicht mehr richtig sehen zu können, ist häufig <strong>mit</strong> Scham besetzt. Man<br />

möchte nicht auffallen <strong>und</strong> hilfsbedürftig sein. Aussagen wie: „Wenn ich zum<br />

<strong>Senioren</strong>nach<strong>mit</strong>tag gehe, dann möchte ich dort keine Torte oder Kuchen mehr<br />

essen, auch den Kaffee kann ich mir nicht mehr eingießen. Ach, eigentlich gehe ich,<br />

seitdem ich so schlecht sehe, da gar nicht mehr gerne hin.“ Oder „Ich koche nur noch<br />

einfache Dinge, weil ich ja nicht mehr richtig sehen kann.“ kommen immer wieder;<br />

oder viele <strong>Senioren</strong> singen z. B. seit Jahren im Chor oder in der Kirche, auch diese<br />

Leidenschaft geben sie auf, weil sie die Liedtexte nicht mehr lesen können <strong>und</strong> dann<br />

17


keine Umstände machen wollen, weil sie größere Texte brauchen würden oder eine<br />

andere Lösung gef<strong>und</strong>en werden müsste.<br />

Als Strategie wählen viele <strong>Senioren</strong> dann gezwungenermaßen den Rückzug <strong>und</strong> die<br />

Aufgabe der bisherigen Aktivitäten, obwohl es ihnen Freude bereitet hat <strong>und</strong> sie,<br />

wenn sie nicht einen <strong>Sehverlust</strong> erlitten hätten, diese weiter ausführen würden. Auch<br />

das sind Beispiele, die zeigen, dass eine erzwungene geistige <strong>und</strong> körperliche<br />

Passivität dazu führen kann, dass es zu einem schnelleren geistigen <strong>und</strong><br />

körperlichen Abbau kommt 9 .<br />

Um die betroffenen <strong>Senioren</strong> in ihrem Umgang <strong>mit</strong> der Sehbehinderung positiv<br />

unterstützen zu können, ist es wichtig, sie individuell <strong>und</strong> professionell darin zu<br />

beraten, welche Hilfs- <strong>und</strong> Unterstützungsmöglichkeiten es für sie gibt. Genauso<br />

wichtig ist es, sie bei der Verarbeitung des <strong>Sehverlust</strong>es in Form <strong>von</strong> Gesprächen zu<br />

unterstützen. Die jetzige Generation der <strong>Senioren</strong> ist es nicht unbedingt gewohnt,<br />

über ihre Ängste <strong>und</strong> Belastungen zu sprechen, erst nach einer Weile <strong>und</strong> wenn sie<br />

schon das ein oder andere Hilfs<strong>mit</strong>tel angenommen haben, werden sie allmählich<br />

offener, um über ihre Erlebnisse zu sprechen. Auf lange Sicht wird es immer mehr<br />

<strong>Senioren</strong> geben, die „schlechter sehen“ <strong>und</strong> an den Augen erkranken, hier wird es<br />

darum gehen, eine Umwelt zu schaffen, in der die betroffenen <strong>Senioren</strong> ihren Alltag<br />

<strong>und</strong> ihre Freizeitaktivitäten weiterhin ausführen können. Im Angebot der<br />

<strong>Senioren</strong>beratung geht es darum, die Betroffenen in ihrem Verarbeitungsprozess des<br />

<strong>Sehverlust</strong>es zu unterstützen, so dass ein positiver Umgang <strong>mit</strong> dem <strong>Sehverlust</strong> <strong>und</strong><br />

eine Erhaltung der Lebensqualität gef<strong>und</strong>en werden kann. 10<br />

9 vgl. http://www.deutsche-alzheimer.de/index.php?id=202, Stand 30.1.2013<br />

10 Siehe auch Kapitel 3.2.8 „Psychosoziale Faktoren” <strong>und</strong> dort die Phasen der Trauerbewältigung.<br />

18


2 Charakteristika <strong>von</strong> <strong>Beratung</strong>en älterer Menschen im<br />

ländlichen Raum<br />

2.1 Allgemeine Ausgangslage im ländlichen Raum<br />

Betrachtet man den ländlichen Raum, so lassen sich hier neben regionalen<br />

Unterschieden durchaus auch strukturelle Ähnlichkeiten in unterschiedlichen<br />

ländlichen Regionen erkennen, die sich auch, gerade was die professionelle <strong>und</strong><br />

ehrenamtliche Angebotsstruktur betrifft, wesentlich <strong>von</strong> (groß)städtischen Angeboten<br />

unterscheiden.<br />

Der Landkreis Marburg-Biedenkopf lässt sich eher als ländliche Gegend<br />

bezeichnen 11 , wobei hier die infrastrukturellen Angebotsstrukturen je nach regionalen<br />

Gegebenheiten stark variieren. Der Landkreis besteht aus 9 Städten <strong>und</strong> 13<br />

Gemeinden. Insgesamt leben 240.866 Einwohner im Landkreis, da<strong>von</strong> sind ca.<br />

46.000 <strong>Senioren</strong>. Marburg Stadt ist <strong>mit</strong> 81.147 Einwohnern die größte Stadt <strong>und</strong><br />

Rauschenberg <strong>mit</strong> 4.438 die kleinste Stadt. Die Gemeinde Dautphetal ist <strong>mit</strong> 11.669<br />

die größte Gemeinde <strong>und</strong> die Gemeinde Wohratal zählt <strong>mit</strong> 2.492 Einwohnern zu der<br />

kleinsten Gemeinde 12 . Dies lässt schon die Variationsbreite des Landkreises<br />

Marburg-Biedenkopf erkennen. Während es in der Großstadt, wie zum Beispiel<br />

Frankfurt, einen kostenfreien „Fahrgastbegleitservice der Verkehrsgesellschaft<br />

Frankfurt“ oder ebenfalls kostenfrei, einen „Begleitdienst für das Rhein-Main-Gebiet“<br />

für Besuche bei Ämtern <strong>und</strong> Ärzten gibt, sind diese Angebote im ländlichen Raum<br />

noch wenig bis gar nicht verbreitet. Sehr häufig sind die Betroffenen entweder auf<br />

Angehörige oder Bekannte angewiesen oder sie müssen sich jedes Mal ein Taxi<br />

nehmen, wenn sie irgendwo hin möchten <strong>und</strong> das stellt auf die Dauer eine finanzielle<br />

Belastung dar. Auch die Erledigung <strong>von</strong> Bankgeschäften, Behördengängen etc.<br />

stellen bei Sehbehinderung im Alter eine zusätzliche Herausforderung dar, denn<br />

schon das Ausfüllen eines Überweisungsscheins oder eines Antrages ist allein fast<br />

11 Vergleiche hierzu auch Kapitel 4.3 Geographische Verteilung/Wohnform<br />

12 http://www.marburg-biedenkopf.de/buergerservice/wissenswertes-<strong>und</strong>-statistik/daten-<strong>und</strong>fakten/daten-<strong>und</strong>-fakten-1/;<br />

Stand 10.01.2013<br />

19


nicht mehr machbar. 13 Insgesamt ist die Entwicklung in den ländlichen Gegenden<br />

zum Teil schon sehr dramatisch <strong>und</strong> zeichnet sich durch einen allgemeinen Verlust<br />

der Infrastrukturversorgung aus.<br />

Insbesondere infrastrukturelle Angebote, die zu einer Gr<strong>und</strong>versorgung gehören,<br />

werden in den ländlichen Regionen zunehmend weniger. Z. B. gibt es kaum mehr<br />

Allgemeinmediziner vor Ort <strong>und</strong> wenn, dann machen diese kaum mehr<br />

Hausbesuche. Fachärzte gibt es auch fast gar nicht mehr <strong>und</strong> kleine Krankenhäuser<br />

werden geschlossen.<br />

Die Möglichkeiten Lebens<strong>mit</strong>tel einzukaufen sind sehr begrenzt. Ein weiteres<br />

Hindernis im ländlichen Raum stellt die schlechte Anbindung des öffentlichen<br />

Verkehrs an die Städte oder auch an die außerhalb der Städte/Dörfer gelegenen<br />

Einkaufszentren dar. Hier wäre zum Beispiel ein regelmäßiger Fahrdienst, der auch<br />

auf die Bedürfnisse blinder- <strong>und</strong> sehbehinderter Menschen eingeht, wie beim<br />

Einkaufen zu helfen, eine Lösungsmöglichkeit. In der Regel sind auch die<br />

Bushaltestellen <strong>und</strong> die Fahrpläne nicht barrierefrei gestaltet, das Lesen der<br />

Fahrpläne ist aufgr<strong>und</strong> der kleinen Schrift fast überhaupt nicht möglich, ebenso wie<br />

die Bedienung der Fahrkartenautomaten. Letztlich führt diese erzwungene<br />

Immobilität <strong>und</strong> Passivität sowie der Verlust der Autonomie zu einer Einschränkung<br />

der Lebensqualität. Insbesondere Menschen <strong>mit</strong> einer Sehbehinderung sind hier<strong>von</strong><br />

stark betroffen, weil sie, wenn sie den Busfahrplan oder die Informationsbroschüren<br />

nicht lesen können, keine Möglichkeit haben, da<strong>von</strong> Gebrauch zu machen. Auch<br />

Möglichkeiten, ehrenamtliche Angebote wie Besuchsdienst, Einkaufshilfen oder Hilfe<br />

im Alltag etc. in Anspruch zu nehmen, sind in den ländlichen Gebieten noch eher<br />

selten vertreten, obwohl es hier durch Bürgerinitiativen eine positive Entwicklung in<br />

einzelnen Stadtteilen bzw. Dörfern gibt, dem entgegenzuwirken.<br />

Eine weitere Eigenheit, die eher in ländlichen Gebieten auftritt, ist, dass die <strong>Senioren</strong><br />

mehr in Eigenheimen leben als zur Miete. Die Häuser verfügen oft über eine einfache<br />

Ausstattung <strong>und</strong> sehr häufig besteht das Haus aus mehreren Stockwerken <strong>mit</strong><br />

Treppen, was, gerade wenn eine Sehverschlechterung eintritt <strong>und</strong> weitere<br />

ges<strong>und</strong>heitliche Beeinträchtigungen bestehen, dazu führen kann, dass das<br />

13 Gerade ältere Menschen sind darauf angewiesen, dass es eine Bank vor Ort gibt, zu der sie<br />

hingehen können <strong>und</strong> wo es eine Ansprechperson gibt. Möglichkeiten wie Internetbanking etc.<br />

können nicht in Anspruch genommen werden, weil die <strong>Senioren</strong> im Umgang <strong>mit</strong> dem Computer<br />

<strong>und</strong> dem Internet nicht geübt sind.<br />

20


Verlassen des Hauses kaum mehr möglich ist. Dieselbe Problematik findet sich auch<br />

in Mietshäusern, die über keinen Aufzug verfügen. Hinzu kommt, dass die älteren<br />

Menschen in ländlichen Gebieten zunehmend alleine in den Häusern leben, so dass<br />

sie vermehrt auf außerfamiliäre Hilfen angewiesen sind, wenn es keine Angehörigen<br />

gibt.<br />

2.2 Spezifische Herausforderungen der <strong>Beratung</strong>sarbeit <strong>mit</strong> älteren<br />

Menschen im ländlichen Raum<br />

Diese infrastrukturellen <strong>und</strong> sozialen Ausgangsbedingungen im ländlichen Raum<br />

zeigen an, dass es bei der <strong>Beratung</strong>sarbeit in ländlichen Gebieten Spezifika zu<br />

berücksichtigen gilt. Dies ist einmal die Erreichbarkeit des <strong>Beratung</strong>sangebots. Das<br />

Projekt bietet eine zugehende <strong>Beratung</strong> an. Das heißt, die betroffenen <strong>Senioren</strong><br />

werden zu Hause beraten, so dass sich das Hindernis der Erreichbarkeit in diesem<br />

Fall nicht stellt. Ein weiterer Vorteil der <strong>Beratung</strong> vor Ort ist, dass direkt die<br />

Lebensumwelt der Betroffenen kennengelernt <strong>und</strong> so ein Eindruck über die<br />

Lebensbedingungen gewonnen werden kann. Es können so erste Hinweise für die<br />

Gestaltung des Wohnumfeldes gegeben werden <strong>und</strong>, wenn in der Region<br />

vorhanden, Informationen <strong>und</strong> Kontakt zu möglichen Hilfs- <strong>und</strong><br />

Unterstützungsleistungen ver<strong>mit</strong>telt werden.<br />

Eine weitere Herausforderung der <strong>Beratung</strong>stätigkeit ist, dass ältere Menschen es<br />

nicht gewohnt sind, fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen <strong>und</strong> anzunehmen.<br />

Menschen, die ihr Leben lang selbständig <strong>und</strong> eigenständig gelebt haben, fällt es<br />

nicht leicht, wenn sie feststellen, dass es Lebensbereiche gibt, die sie nicht mehr so<br />

bewerkstelligen können wie früher. Bei einer Sehbehinderung im Alter sind das<br />

meistens genau die Bereiche, die ein hohes Maß an Selbständigkeit ausdrücken, wie<br />

die gesamte Haushaltsführung, das Autofahren, handwerkliche Tätigkeiten, das<br />

Lesen etc. Hier dann Hilfe annehmen zu müssen bedeutet auch, fremde Menschen<br />

in die Privatsphäre einzulassen, was gerade auf dem Land der Gewöhnung bedarf,<br />

denn die Bedenken, was die Nachbarn dazu sagen, sind immer noch groß. Auch die<br />

Befürchtungen, wenn sichtbar wird, dass nicht mehr alle Lebensbereiche selbständig<br />

bewerkstelligt werden können, in eine Pflegeeinrichtung eingewiesen zu werden,<br />

sind sehr groß <strong>und</strong> daher werden nicht immer gleich alle Bereiche aufgezählt, in<br />

denen es Schwierigkeiten gibt.<br />

21


Diese Erkenntnis macht es sehr notwendig, dass die <strong>Beratung</strong>en langfristig<br />

ausgerichtet sind, denn nur wenn die betroffenen <strong>Senioren</strong> Vertrauen aufbauen <strong>und</strong><br />

die Sicherheit gewinnen, dass es hier um Hilfe <strong>und</strong> Unterstützung <strong>und</strong> nicht um<br />

„Entmündigung“ geht, sind sie bereit <strong>und</strong> auch dankbar für<br />

Unterstützungsmöglichkeiten. Daher ist es sehr sinnvoll, wenn der <strong>Beratung</strong>skontext<br />

so gestaltet werden kann, dass es für die Koordination der unterschiedlichen Hilfen<br />

<strong>und</strong> Unterstützungsmöglichkeiten eine Ansprechperson gibt, zu der die Betroffenen<br />

Vertrauen haben, die sie kennen <strong>und</strong> die die Veränderungen Schritt für Schritt<br />

begleitet. Dies ist gerade für <strong>Senioren</strong> <strong>mit</strong> einer Sehbehinderung oder Erblindung<br />

sehr wichtig, denn wenn man nicht mehr richtig erkennen kann, wer in die Wohnung<br />

kommt <strong>und</strong> was die Person <strong>von</strong> einem will, kann es passieren, dass sie keine<br />

Unterstützung mehr annehmen möchten, weil sie sich unsicher fühlen.<br />

Neben der <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Unterstützung zu sehbehinderten bzw. blindenspezifischen<br />

Aspekten, geht es bei der ländlichen <strong>Beratung</strong> <strong>von</strong> <strong>Senioren</strong> <strong>mit</strong> <strong>Sehverlust</strong> auch<br />

darum, den Zugang zu allgemeinen <strong>und</strong> seniorenspezifischen Informationen <strong>und</strong><br />

Angeboten zu gewährleisten <strong>und</strong> sicherzustellen, dass diese auch nutzbar sind. Das<br />

heißt also z. B. Informationen in Großschrift herzustellen. Die Mobilitätszentrale in<br />

Marburg bietet z. B. die öffentlichen Busverbindungen auch in DIN A4-Format an,<br />

was für Menschen <strong>mit</strong> einer Sehbehinderung in der Handhabung einfacher ist <strong>und</strong><br />

<strong>mit</strong>unter besser gelesen werden kann. Darüber hinaus ist es Teil der<br />

<strong>Beratung</strong>sleistung sicherzustellen, wie blinde <strong>und</strong> sehbehinderte <strong>Senioren</strong> an<br />

Angeboten teilnehmen können, wie sie dort hinkommen <strong>und</strong> wie eine Integration in<br />

die Angebote stattfinden kann. Hier ist eine Vernetzung der <strong>Beratung</strong>s- <strong>und</strong><br />

Angebotsstruktur unerlässlich, denn nur gemeinsam können die Herausforderungen<br />

in ländlichen Regionen bewältigt werden. Auch muss eine öffentliche Sensibilisierung<br />

für das Thema <strong>Sehverlust</strong> <strong>und</strong> die da<strong>mit</strong> verb<strong>und</strong>enen Herausforderungen <strong>und</strong><br />

Schwierigkeiten im Alter stattfinden, um den Bedürfnissen blinder <strong>und</strong> sehbehinderter<br />

<strong>Senioren</strong> gerecht zu werden.<br />

Langfristig wird es darauf ankommen, durch ein gutes Netzwerk aus Nachbarschaftshilfen,<br />

ehrenamtlichen Hilfen, professionellen Angeboten der allgemeinen <strong>und</strong><br />

speziellen <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> infrastruktureller Verbesserung, die ländlichen Gegenden so<br />

zu vernetzen, dass die Teilhabemöglichkeiten älterer Menschen <strong>mit</strong> Sehbehinderung<br />

auch gegeben sind, wenn sie „auf dem Land“ leben.<br />

22


3 Konzeption des <strong>Beratung</strong>sangebotes „Rat <strong>und</strong> Hilfe bei<br />

<strong>Sehverlust</strong> im Alter“<br />

Seit vielen Jahren <strong>und</strong> zunehmend vermehrt, kamen über die speziellen Fachdienste<br />

für blinde <strong>und</strong> sehbehinderte Menschen (z B. Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong><br />

Sehhilfenanpassung, Schulungen in Orientierung <strong>und</strong> Mobilität (O&M) <strong>und</strong><br />

Lebenspraktischen Fähigkeiten (LPF) immer wieder <strong>von</strong> einem <strong>Sehverlust</strong> betroffene<br />

<strong>Senioren</strong> in das Reha-<strong>Beratung</strong>szentrum der blista. Im Rahmen dieser<br />

Fachberatungen wurde zunehmend festgestellt, dass speziell diese Gruppe neben<br />

den fachspezifischen Angeboten auch einen hohen individuellen <strong>Beratung</strong>s- <strong>und</strong><br />

Unterstützungsbedarf im eigenen Wohnumfeld aufweisen. Denn die sich aus dem<br />

Zusammentreffen <strong>von</strong> Alter(n) <strong>und</strong> einsetzender Sehbehinderung ergebenden<br />

Problemlagen betreffen un<strong>mit</strong>telbar die individuelle Lebenssituation, die auch in<br />

Abhängigkeit vom jeweiligen Wohnort <strong>und</strong> seinen Charakteristika zu betrachten ist.<br />

Bislang gab es für Menschen <strong>mit</strong> <strong>Sehverlust</strong> im Alter noch kein<br />

Unterstützungs- <strong>und</strong> <strong>Beratung</strong>sangebot im Raum Marburg-Biedenkopf.<br />

3.1 Inhalte <strong>und</strong> Ziele des <strong>Beratung</strong>sangebots<br />

Ziel des Projektes war es, ein zugehendes <strong>Beratung</strong>sangebot zu entwickeln, zu<br />

erproben <strong>und</strong> zu etablieren, um den individuellen Bedarfs- <strong>und</strong> Problemlagen <strong>von</strong><br />

sehbehinderten <strong>und</strong> erblindeten <strong>Senioren</strong> aktiv <strong>und</strong> konstruktiv zu begegnen.<br />

Das Konzept der „<strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> <strong>Begleitung</strong> <strong>von</strong> sehbehinderten <strong>Senioren</strong>“ umfasst<br />

schwerpunktmäßig folgende Inhalte:<br />

• Psychosoziales <strong>Beratung</strong>sangebot zur Verarbeitung des <strong>Sehverlust</strong>es<br />

• Informationen zu blinden- <strong>und</strong> sehbehindertenspezifischen Hilfe- <strong>und</strong><br />

Unterstützungsangeboten<br />

• Erprobung <strong>von</strong> Hilfs<strong>mit</strong>teln <strong>und</strong> Erarbeitung konkreter Lösungsstrategien,<br />

die die Bewältigung des Alltags erleichtern<br />

• Unterstützung bei sozialrechtlichen Fragen zur Sehbehinderung (Anträge<br />

für Blinden- <strong>und</strong> Sehbehindertengeld, Schwerbehindertenausweis,<br />

Beantragung <strong>von</strong> Hilfs<strong>mit</strong>teln etc.)<br />

• Information <strong>und</strong> Ver<strong>mit</strong>tlung <strong>von</strong> seniorenspezifischen Angeboten vor Ort<br />

• Klärung <strong>von</strong> Fragen zu der jeweiligen Sehbehinderung <strong>und</strong><br />

Augenerkrankung<br />

23


• Austausch <strong>mit</strong> Betroffenen <strong>und</strong> Kontakt zu Selbsthilfegruppen.<br />

Die <strong>Beratung</strong> setzt an der aktuellen Lebenssituation <strong>und</strong> den individuellen<br />

Bedürfnissen der Betroffenen an, die sehr unterschiedlich sein können <strong>und</strong> <strong>von</strong> der<br />

präventiven <strong>Beratung</strong> <strong>mit</strong> Schwerpunkt auf Informationsver<strong>mit</strong>tlung bis hin zur Hilfe<br />

bei der Verarbeitung der Sehbehinderung reichen. Manchmal ist es auch so, dass<br />

die betroffenen <strong>Senioren</strong> selbst gar nicht genau artikulieren können, wo ihr<br />

<strong>Beratung</strong>sbedarf liegt oder welcher Lebensbereich am meisten betroffen ist. Dies<br />

kann im Rahmen der <strong>Beratung</strong>sarbeit gemeinsam eruiert werden.<br />

Angeboten wird die <strong>Beratung</strong> in Form <strong>von</strong> Hausbesuchen, was gerade in der<br />

ländlichen Gegend wie Marburg-Biedenkopf den Vorteil hat, dass alle Betroffenen<br />

auch mobilitätseingeschränkte Personen das <strong>Beratung</strong>sangebot in Anspruch<br />

nehmen können. Die <strong>Beratung</strong> kann jedoch auch in den Räumlichkeiten des Reha-<br />

<strong>Beratung</strong>szentrums der blista stattfinden.<br />

3.2 <strong>Beratung</strong>sbogen<br />

Für die <strong>Beratung</strong>sarbeit <strong>und</strong> zur Dokumentation bzw. späteren Evaluation der<br />

<strong>Beratung</strong>sarbeit wurde ein <strong>Beratung</strong>sbogen 14 entwickelt 15 , <strong>mit</strong>hilfe dessen <strong>mit</strong> den<br />

betroffenen <strong>Senioren</strong> für sie relevante Themenschwerpunkte angesprochen werden<br />

können, um herauszuarbeiten, wo es Unterstützungsbedarf gibt <strong>und</strong> wo gemeinsam<br />

Lösungsstrategien zu entwickeln sind. Sehr häufig kommen die <strong>Senioren</strong> darüber<br />

auch selbst auf weitere Fragen <strong>und</strong> Anliegen <strong>und</strong> fangen an zu berichten, welche<br />

Herausforderungen sich für sie im Alltag stellen <strong>und</strong> wie sie da<strong>mit</strong> umgehen oder wo<br />

sie Schwierigkeiten erleben.<br />

Der <strong>Beratung</strong>sbogen umfasst folgende Themenschwerpunkte, die im Folgenden<br />

ausführlicher beschrieben werden:<br />

14 Der komplette <strong>Beratung</strong>sbogen findet sich im Anhang. Er basiert auf den (unveröffentlichten)<br />

Vorarbeiten <strong>von</strong> Köwing 2009; SZBlind: ICF tool box 2010.<br />

15 Der <strong>Beratung</strong>sbogen wurde in den ersten 15 <strong>Beratung</strong>en erprobt <strong>und</strong> danach noch mal verändert,<br />

weil sich herausstellt, dass bestimmte Themenbereiche fehlen oder andere aus dem Bogen<br />

herausgenommen werden konnten, weil sie sich in den Gesprächen als nicht relevant erwiesen.<br />

Der seit Mai 2012 verwendete <strong>Beratung</strong>sbogen ist sehr umfangreich, was zur Folge hat, dass auch<br />

die Dokumentationszeit <strong>mit</strong> ca. 60 Minuten für das erste <strong>Beratung</strong>sgespräch sehr umfangreich ist.<br />

Für die weitere <strong>Beratung</strong>sarbeit nach Ende des Projektes wird der <strong>Beratung</strong>sbogen erneut<br />

überarbeitet <strong>und</strong> optimiert werden, da<strong>mit</strong> sich auch die Dokumentationszeit reduziert.<br />

24


1. Daten zur <strong>Beratung</strong><br />

2. Demographische Daten<br />

3. Fragenschwerpunkt: Sehbehinderung/Sehbeeinträchtigung<br />

4. Kommunikation (Zugangswege zu Informationen)<br />

5. Orientierung <strong>und</strong> Mobilität<br />

6. Lebenspraktische Fähigkeiten (Selbstversorgung)<br />

7. Interpersonelle Interaktion <strong>und</strong> Beziehungen<br />

8. Psychosoziale Faktoren<br />

9. Zusammenfassung der <strong>Beratung</strong>/weitere Vereinbarungen<br />

Der <strong>Beratung</strong>sbogen dient als Leitfaden <strong>und</strong> nicht alle Bereiche müssen<br />

gleichgewichtig bearbeitet werden, er funktioniert als Strukturierungshilfe <strong>und</strong> erweist<br />

sich als sehr hilfreich <strong>und</strong> sinnvoll, denn er deckt die wichtigsten Themenbereiche ab,<br />

in denen Menschen <strong>mit</strong> einer Sehbehinderung sehr wahrscheinlich<br />

Beeinträchtigungen erleben werden. Dadurch können ganz gezielte <strong>und</strong> individuelle<br />

Lösungsstrategien erarbeitet <strong>und</strong> Unterstützungsmöglichkeiten angeregt werden.<br />

3.2.1 Daten zur <strong>Beratung</strong><br />

Hier werden die Kontakte <strong>mit</strong> dem Ratsuchenden dokumentiert, die Dauer <strong>und</strong> der<br />

Inhalt der Telefongespräche <strong>und</strong> Hausbesuche sowie die Entfernung zu dem<br />

Ratsuchenden. Es besteht die Möglichkeit, die thematischen Inhalte der einzelnen<br />

<strong>Beratung</strong>sgespräche kurz zusammenzufassen. Des Weiteren wird dokumentiert, ob<br />

weitere Personen bei der <strong>Beratung</strong> anwesend waren <strong>und</strong> wie sich das auf die<br />

<strong>Beratung</strong> ausgewirkt hat. Die Anwesenheit Dritter bei einem <strong>Beratung</strong>sgespräch<br />

kann unterschiedliche Auswirkungen auf einen <strong>Beratung</strong>sverlauf haben <strong>und</strong> es<br />

lassen sich daraus Rückschlüsse auf die sozialen Beziehungen des Ratsuchenden<br />

herstellen. Wenn Angehörige bei dem <strong>Beratung</strong>sgespräch dabei sind, dann sind es<br />

meistens die Lebenspartner oder die Kinder. Die Motivation für die Anwesenheit<br />

kann unterschiedliche Gründe haben. Positive Gründe sind, dass die Angehörigen an<br />

dem <strong>Sehverlust</strong> der Ratsuchenden teilhaben <strong>und</strong> versuchen möchten, über die neu<br />

gewonnen Informationen <strong>und</strong> Einsichten die Betroffenen bestmöglich zu<br />

unterstützen. Gerade wenn es um die Beschaffung <strong>von</strong> Hilfs<strong>mit</strong>teln oder der<br />

Vereinbarung <strong>von</strong> Terminen etc. geht, sind die Kinder sehr häufig eine gute<br />

25


Unterstützung. Gleichzeitig besteht für die Beraterin die Möglichkeit, die Angehörigen<br />

für das Thema <strong>Sehverlust</strong> zu sensibilisieren <strong>und</strong> ihnen zu verdeutlichen, was es für<br />

den Alltag heißt, <strong>von</strong> einem <strong>Sehverlust</strong> betroffen zu sein.<br />

Hin <strong>und</strong> wieder kann es vorkommen, dass Angehörige andere Vorstellungen da<strong>von</strong><br />

haben, wie die betroffene Person <strong>mit</strong> ihrer Sehbehinderung umgehen sollen. Also z.<br />

B. wenn die Betroffenen ohne jegliche Hilfen, wie einen Blindenlangstock oder<br />

Rollator das Haus verlassen <strong>und</strong> die Angehörigen das unverantwortlich finden, weil<br />

die Sturzgefahr dadurch sehr hoch ist. Oder wenn die Betroffenen ihren Haushalt<br />

selbst noch sauber machen möchten, obwohl sie den Schmutz nicht mehr richtig<br />

erkennen können, dann sind das für die Angehörigen berechtigte Bedenken, die aber<br />

im Rahmen der <strong>Beratung</strong> nur besprochen werden können, wenn das die betroffene<br />

<strong>Senioren</strong> auch möchte.<br />

Darüber hinaus wird hier dokumentiert, wie die Betroffenen <strong>von</strong> der<br />

<strong>Beratung</strong>smöglichkeit erfahren haben, denn da<strong>mit</strong> lassen sich gut die<br />

unterschiedlichen Wege zur <strong>Beratung</strong> nachzeichnen. Am Ende besteht die<br />

Möglichkeit, offene Anmerkungen zu dokumentieren.<br />

3.2.2 Demographische Daten<br />

Hier werden die demographischen Daten, wie Name, Geburtsdatum, Geschlecht,<br />

Wohnort, Familienstand, Wohnsituation, Anzahl Kinder, die für den <strong>Beratung</strong>sverlauf<br />

relevant sind, gesammelt. Darüber hinaus wird hier festgehalten, wer die<br />

wichtigste(n) Ansprechperson(en) für den Betroffenen sind. Wenn es sich im<br />

Gespräch ergibt, werden hier auch biographische Angaben gesammelt.<br />

So können erste Informationen über den Ratsuchenden gewonnen werden. Wie alt<br />

ist jemand, wo lebt er, <strong>mit</strong> wem <strong>und</strong> wer sind wichtige Ansprechpersonen? Diese<br />

Informationen liefern erste Eindrücke zum sozialen Umfeld, in dem die Person lebt.<br />

Es ist ein Unterschied, ob jemand vor dem zweiten Weltkrieg geboren wurde oder<br />

danach, denn die gesellschaftlichen Gegebenheiten haben Einfluss auf die<br />

Entwicklung(smöglichkeiten) eines Menschen. Menschen, die den zweiten Weltkrieg<br />

erlebt haben, wissen, was es heißt, <strong>mit</strong> dem Nötigsten auszukommen, sich nicht zu<br />

beklagen <strong>und</strong> die Dinge hinzunehmen <strong>und</strong> <strong>mit</strong> dem zufrieden zu sein, „was man hat“.<br />

Das heißt eben auch, dass der Raum für Emotionen nicht immer gegeben war. Das<br />

kann auch Auswirkungen auf den Umgang <strong>mit</strong> einem <strong>Sehverlust</strong> haben, so dass es<br />

26


gut ist, auch den zeitlichen Kontext, in dem eine Person gelebt hat <strong>und</strong> lebt, bei der<br />

<strong>Beratung</strong> präsent zu haben. Bezüglich der Unterstützungsmöglichkeiten ist es auch<br />

ein Unterschied, ob die Person alleine lebt oder <strong>mit</strong> den Kindern oder dem<br />

Ehepartner in einem Haus lebt, ob sie in der Stadt lebt oder auf dem Land. All diese<br />

Informationen können über diesen Dokumentationsbereich gewonnen werden.<br />

3.2.3 Sehbehinderung/Sehbeeinträchtigung<br />

In diesem Dokumentationsabschnitt geht es um das zentrale Thema des<br />

<strong>Sehverlust</strong>es. Es wird erfragt, welche Augenerkrankung(en) vorliegt(en) <strong>und</strong> wie das<br />

verbliebene Sehvermögen ist, falls das den Betroffenen bekannt ist. Dann werden<br />

die Betroffenen dazu befragt, wann die Sehbeeinträchtigung begonnen hat <strong>und</strong> wie<br />

der weitere Behandlungsverlauf nach Diagnosestellung war <strong>und</strong> ob sie nach wie vor<br />

in Behandlung sind oder ob die Behandlung der Augen abgeschlossen ist <strong>und</strong> nur<br />

noch Kontrollen durchgeführt werden. Anschließend geht es um das Thema optische<br />

<strong>und</strong> elektronische Hilfs<strong>mit</strong>tel, also welche Hilfs<strong>mit</strong>tel hat die betroffene Person<br />

bereits, wie kommt sie da<strong>mit</strong> zurecht, ist das Hilfs<strong>mit</strong>tel noch ausreichend, so dass<br />

sie lesen kann? Und hat die Betroffene schon mal eine Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong><br />

Sehhilfenanpassung in Anspruch genommen oder hat sie Bedarf daran?<br />

Es soll den Betroffenen die Möglichkeit gegeben werden, dass sie über das Erleben<br />

ihres <strong>Sehverlust</strong>es sprechen können, denn dafür ist häufig zu wenig Zeit. Immer<br />

wieder kommt in den Gesprächen heraus, dass sie ihre Diagnose eher nebenbei<br />

beim Augenarztbesuch erfahren haben <strong>und</strong> sich alleine gelassen gefühlt haben <strong>und</strong><br />

darüber geschockt sind. Häufig sind die Betroffenen auch nicht richtig darüber<br />

informiert, welche Auswirkungen ihre Augenerkrankung haben kann. Manchmal<br />

möchten sie es auch gar nicht genauer wissen.<br />

27


Durch die im Gespräch gewonnen Erkenntnisse, auch über das funktionale<br />

Sehvermögen 16 , können die Betroffenen darin unterstützt werden, die Dinge, die im<br />

Alltag gut laufen, weiterhin zu verstärken <strong>und</strong> bei Schwierigkeiten kann versucht<br />

werden, Lösungen aufzuzeigen. Oder auch der Raum dafür gegeben sein, dass<br />

akzeptiert werden muss, dass nicht mehr alles so souverän gemeistert werden kann,<br />

wie vor der Sehbeeinträchtigung. Das Leben <strong>mit</strong> einem <strong>Sehverlust</strong> bedeutet, dass es<br />

Grenzen gibt, wie z. B. dass das Autofahren aufgegeben werden muss, was für viele<br />

einen großen Autonomieverlust bedeutet. Wie alle Themenbereiche gestaltet sich<br />

auch dieser sehr individuell <strong>und</strong> richtet sich nach den Bedürfnissen <strong>und</strong> Anliegen der<br />

Betroffenen.<br />

Ein weiterer Bereich sind Fragen zu möglichen Unterstützungsleistungen <strong>und</strong> die<br />

Aufklärung darüber, welchen Nutzen diese Unterstützungsleistungen haben können.<br />

Dazu gehört der Schwerbehindertenausweis, <strong>mit</strong> der Möglichkeit der zum Teil<br />

kostenfreien Teilnahme am ÖPNV <strong>und</strong> bei Blindheit der Möglichkeit eines<br />

Behindertenparkausweises sowie der R<strong>und</strong>funkgebührenermäßigung. Des Weiteren<br />

können hier Fragen zum Blinden- <strong>und</strong> Sehbehindertengeld beantwortet werden. Es<br />

kann geklärt werden, ob eine Pflegestufe vorliegt oder ob eine Beantragung in Frage<br />

kommt <strong>und</strong> wohin sich die Betroffenen dann wenden können, wenn sie diesbezüglich<br />

Fragen haben oder es kann direkt der Kontakt z. B. zum Pflegestützpunkt hergestellt<br />

werden. Auch die Frage nach Unterstützungsbedarf im Haushalt kann hier<br />

besprochen werden. Wenn es sich anbietet <strong>und</strong> <strong>mit</strong>unter deuten es die Betroffenen<br />

selbst auch schon an, kann auch der Bereich der finanziellen Mittel angesprochen<br />

werden. Ist die Rente ausreichend? Liegt sie über dem Niveau der Gr<strong>und</strong>sicherung<br />

oder sollte ein Antrag auf finanzielle Unterstützung gestellt werden?<br />

16 „Unter ‚funktionales Sehen‘ versteht man den tatsächlichen Einsatz der visuellen Kapazitäten einer<br />

Person in den unterschiedlichen Lebensbereichen. Dabei spielen die subjektiven Gegebenheiten<br />

eine wesentliche Rolle“ (http://www.vbs.eu/agfruehfoerderung/uploaded_files/lbeck_beurteilungdesfunktionalensehens.pdf,<br />

Stand 10.9.2013).<br />

Der Begriff „funktionales Sehvermögen“ umfasst mehr als den gemessenen Visus. Er schließt den<br />

Umgang der Betroffenen <strong>mit</strong> dem vorhandenen individuellen Sehvermögen in alltäglichen<br />

Situationen <strong>und</strong> den dort vorhandenen Licht- <strong>und</strong> Umgebungsverhältnissen ein. Das heißt also, die<br />

Art <strong>und</strong> Weise wie jemand sein Sehvermögen „funktional“ einsetzen kann, hängt neben dem<br />

gemessenen Visus ebenso <strong>von</strong> subjektiven Faktoren wie physischer <strong>und</strong> psychischer<br />

Ges<strong>und</strong>heitszustand, aber auch <strong>von</strong> äußeren Faktoren, wie Beleuchtung, Kontraste,<br />

Umgebungsart (fremde oder bekannte Umgebung) ab. Ziel der <strong>Beratung</strong> ist es, herauszufinden,<br />

wie <strong>und</strong> in welchem Maße die Betroffenen ihr Sehvermögen im Alltag einsetzen <strong>und</strong><br />

herauszufinden, ob durch bestimmte Hilfs<strong>mit</strong>tel, wie beispielsweise Markierungspunkte, Kontraste,<br />

Beleuchtung sowie Orientierungs- <strong>und</strong> Mobilitätsunterricht eine besser Nutzung des vorhandenen<br />

Sehvermögens erzielt werden kann.<br />

28


Im Alter kommen häufig weitere körperliche Erkrankungen hinzu. Für die<br />

<strong>Beratung</strong>sarbeit ist es wichtig zu wissen, welche weiteren Erkrankungen vorliegen, z.<br />

B. wenn jemand zusätzlich stark schwerhörig ist, dann bedeutet das eine wesentliche<br />

weitere Beeinträchtigung auch im Umgang <strong>mit</strong> der Sehbehinderung <strong>und</strong> dem<br />

Erlernen <strong>von</strong> möglichen Strategien. Viele ältere Menschen haben<br />

Gleichgewichtsstörungen oder sind gehbeeinträchtigt <strong>und</strong> benötigen einen Rollator,<br />

was wiederum einen Unterricht in Orientierung <strong>und</strong> Mobilität (O&M) erschwert.<br />

Ebenfalls in diesem Dokumentationsbereich kann sich die Beraterin Notizen machen,<br />

wie sie die Betroffenen <strong>und</strong> ihren Umgang <strong>und</strong> das Erleben <strong>mit</strong> der Sehbehinderung<br />

einschätzt. Daraus können weiterführende Überlegungen bezüglich möglicher<br />

Lösungsstrategien <strong>und</strong> Unterstützungsleistungen gezogen werden.<br />

Am Ende eines jeden Themenabschnitts besteht die Möglichkeit, diesen Bereich<br />

zusammenzufassen <strong>und</strong> mögliche Handlungsschritte festzuhalten. Hilfreiche Fragen<br />

sind hier: Ist-Zustand; Strategien <strong>und</strong> Ressourcen; Wichtigkeit des besprochenen<br />

Themenbereiches; Zufriedenheit, Schwierigkeiten <strong>und</strong> Veränderungswünsche;<br />

Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen; Ziele, Planung <strong>und</strong> Prioritäten. 17<br />

3.2.4 Zugangswege zu Kommunikation <strong>und</strong> Informationen<br />

Die Teilhabe am gesellschaftlichen <strong>und</strong> kulturellen Leben über den Zugang zu<br />

Informationen <strong>und</strong> Kommunikation gilt als ein Gr<strong>und</strong>bedürfnis des Menschen.<br />

Gerade in einer Welt in der fast alles visuell aufbereitet ist, ist es für die Teilhabe<br />

entscheidend, dass man auch Zugang zu den Informationen hat, wenn man sie<br />

visuell nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr wahrnehmen kann.<br />

Mittlerweile gibt es zahlreiche technische Hilfs<strong>mit</strong>tel, wie sprechende Telefone,<br />

Telefone <strong>mit</strong> großen Tasten, Bildschirmlesegeräte 18 , geschlossene<br />

17 Die Möglichkeit, das besprochene Thema am Ende jeweils zusammenzufassen ist immer gegeben<br />

<strong>und</strong> wird daher hier nicht jedes Mal neu aufgeführt.<br />

18 Ein Bildschirmlesegerät (BLG), ist eine elektronische Sehhilfe. Es nimmt Schriftstücke, wie<br />

Rezepte, Beipackzettel, Schriftstücke, Texte, Zeitungsartikel <strong>mit</strong> einer Kamera auf <strong>und</strong> gibt diese<br />

stark vergrößert auf einem Bildschirm wieder. Mit einem Bildschirmlesegerät kann man eine<br />

maximale Vergrößerung bis 60-fach erreichen. Bildschirmlesegeräte werden dann eingesetzt,<br />

wenn die Vergrößerung <strong>mit</strong> optischen Hilfs<strong>mit</strong>teln nicht mehr ausreichend herzustellen ist, das ist<br />

meistens der Fall, wenn eine 8-fache-optische Vergrößerung benötigt wird. Sinnvoll können<br />

Bildschirmlesegeräte aber auch bei erhöhtem Kontrastbedarf sein, selbst wenn der<br />

Vergrößerungsbedarf noch nicht so hoch ist, da man sich am BLG inversive Schriftfarben<br />

einstellen kann. Also beispielsweise schwarzer Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> weiße Schrift. (vgl.<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Bildschirmlesegerät Stand 10.09.2013).<br />

29


Vorlesesysteme 19 , den Daisy-Player 20 , Vergrößerungssoftwareprogramme <strong>und</strong><br />

Sprachausgabe für den Computer <strong>und</strong> das Handy, die es Menschen <strong>mit</strong> einer<br />

Sehbehinderung oder Blindheit ermöglichen, weiterhin selbständig <strong>und</strong><br />

selbstbestimmt Informationen zu erhalten. <strong>Senioren</strong> sind häufig, gerade in diesem<br />

technischen Bereich unerfahren, welche Möglichkeiten es alles gibt <strong>und</strong> wie sie<br />

Zugang dazu erhalten.<br />

In diesem Dokumentationsbereich geht es darum herauszufinden, welche Zugänge<br />

zu Informationen <strong>und</strong> Kommunikation die Betroffenen haben. Also, z. B. ob sie die<br />

Zeitung noch lesen können oder ob sie ihnen jemand vorliest. Ob sie das Telefon<br />

noch benutzen können, was für Viele häufig entscheidend ist, um überhaupt <strong>mit</strong> der<br />

Außenwelt in Kontakt zu treten. Entscheidend ist dabei auch die Frage nach den<br />

technischen Hilfs<strong>mit</strong>teln. Hier kann überprüft werden, ob die Betroffenen spezifisch<br />

ausgestattet sind <strong>und</strong> ob sie über alle Möglichkeiten informiert sind. Kennen sie z. B.<br />

den Daisy-Player <strong>und</strong> das Angebot der Hörbücherei? Haben sie eine Lupe oder ein<br />

Bildschirmlesegerät (BLG), welches ihnen hilft, Texte zu lesen? Wie kommen sie <strong>mit</strong><br />

der Handhabung des Hilfs<strong>mit</strong>tels zurecht? Viele, die z. B. ein Bildschirmlesegerät<br />

haben, können da<strong>mit</strong> nur kurze Texte lesen oder einen Brief, aber Bücher da<strong>mit</strong> zu<br />

lesen ist sehr anstrengend. Auch das Fern sehen ist nur noch bedingt möglich <strong>und</strong><br />

wird häufig als anstrengend erlebt. Daher ist der Daisy-Players eine gute Alternative<br />

<strong>und</strong> dabei sehr einfach in der Bedienung <strong>und</strong> Handhabung. Die Betroffenen haben<br />

die Möglichkeit, sich das Gerät auszuleihen <strong>und</strong> auszuprobieren. Für einige ist das<br />

eine sehr schöne Möglichkeit, wieder Zugang zu Informationen <strong>und</strong> Literatur zu<br />

haben, was zu einer Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens <strong>und</strong> der<br />

Lebensqualität beiträgt.<br />

19 Man unterscheidet zwischen offenen <strong>und</strong> geschlossenen Vorlesesystemen: Geschlossene<br />

Lesesysteme, sind in der Regel Scanner, die den Text einscannen <strong>und</strong> dann vorlesen. Hierbei gibt<br />

es verschiedene Modelle, es gibt welche, die die Bücher speichern <strong>und</strong> über die Menü-Tastatur<br />

kann man jederzeit wieder auf die Bücher zurückgreifen oder es gibt welche, die können nur die<br />

jeweilige Seite, die gescannt wurde, vorlesen. Ein offenes Lesesystem besteht aus einem PC,<br />

einer Texterkennungseinheit <strong>und</strong> einer Vorlesesoftware. Durch die Texterfassung <strong>mit</strong> einer Kamera<br />

können beliebige Vorlagen erkannt werden <strong>und</strong> per Sprachausgabe oder Braillezeile ausgegeben<br />

werden.<br />

20 „DAISY ist der Name eines weltweiten Standards für navigierbare, zugängliche Multimedia-<br />

Dokumente. Die Abkürzung DAISY steht für Digital Accessible Information System.“ (Quelle:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Digital_Accessible_Information_System, Stand 10.9.2013).<br />

30


3.2.5 Orientierung <strong>und</strong> Mobilität<br />

In diesem Dokumentationsbereich geht es um die Frage der Orientierung- <strong>und</strong><br />

Mobilitätsfähigkeit, die aufgr<strong>und</strong> der Sehbehinderung oft eingeschränkt ist. Es geht<br />

darum, zu besprechen, wie mobil die Betroffenen innerhalb <strong>und</strong> außerhalb ihrer<br />

Wohnung sind <strong>und</strong> welche Einschränkungen sie aufgr<strong>und</strong> des <strong>Sehverlust</strong>es oder<br />

anderer körperlicher Erkrankungen haben. Hierbei wird erfahren, wie die Menschen<br />

wohnen, ob sich aufgr<strong>und</strong> der Sehbehinderung Mobilitätsschwierigkeiten in der<br />

Wohnung ergeben <strong>und</strong> wie sich diese äußern. Je länger die Betroffenen schon vor<br />

dem <strong>Sehverlust</strong> in ihrer Wohnung oder in ihrem Haus gelebt haben, umso besser<br />

können sie sich innerhalb des Hauses oder Wohnung orientieren <strong>und</strong> finden sich dort<br />

zurecht. Da die Lichtverhältnisse eine wichtige Rolle bei der Ausnutzung des<br />

verbleibenden Sehvermögens spielen, ist die Frage nach dem Licht- <strong>und</strong><br />

Kontrastbedarf wichtig, um ggf. gemeinsam unterschiedliche<br />

Beleuchtungsmöglichkeiten auszuprobieren. Auch das Thema<br />

Markierungsmöglichkeiten in der Wohnung spielt eine Rolle. Denn durch die<br />

Markierung z. B. der Herdschalter, der Wasch- <strong>und</strong> Spielmaschine <strong>mit</strong> roten gut<br />

sichtbaren <strong>und</strong> tastbaren Punkten, können die Betroffenen häufig besser erkennen<br />

oder erfühlen, wann die Schalter an oder aus sind oder wann eine bestimmte Stufe<br />

eingestellt ist. Diese kleinen Hilfestellungen im Alltag haben <strong>mit</strong>unter eine große<br />

Wirkung.<br />

Da die Möglichkeit, am sozialen Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben auch in dem<br />

Maße dadurch bestimmt ist, dass man Angebote erreichen kann, wird erfragt, wie<br />

sich die Betroffenen außerhalb der Wohnung orientieren können <strong>und</strong> zurecht finden.<br />

Das beinhaltet auch die Frage, ob sie sich noch gut bewegen können oder ob es<br />

noch andere körperliche Einschränkungen gibt, die die Bewegung einschränken. Der<br />

Verlust <strong>von</strong> Mobilität führt häufig dazu, dass die Menschen gezwungen sind, in ihrer<br />

Wohnung zu bleiben <strong>und</strong> kaum mehr in Kontakt <strong>mit</strong> anderen Menschen treten<br />

können. Dies hat <strong>mit</strong>unter zur Folge, dass die Betroffenen unter dieser Passivität<br />

leiden <strong>und</strong> sich „nutzlos“ fühlen, weil sie nicht mehr in dem Maße aktiv sein können,<br />

wie sie es ihr ganzes Leben gewesen sind. Weiterhin kann erfragt werden, wie die<br />

Infrastruktur r<strong>und</strong> um die Wohnung ist, also ob die Betroffenen die Möglichkeit<br />

haben, selbständig einkaufen zu gehen, die öffentlichen Verkehrs<strong>mit</strong>tel nutzen<br />

können oder auch in der Lage sind, Ärzte aufzusuchen. Bei Bedarf kann hier<br />

gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten gesucht werden, in dem z. B.<br />

31


außerhäusliche Unterstützungsleistungen angeregt werden, ein Besuchsdienst<br />

(wenn vorhanden) organisiert wird oder auf die Möglichkeit einer Schulung in den<br />

Gebrauch eines Langstocks (Orientierungs- <strong>und</strong> Mobilitätsunterricht) verwiesen wird.<br />

3.2.6 Lebenspraktische Fähigkeiten (Selbstversorgung)<br />

In diesem Dokumentationsbereich geht es um die Frage, in welchen Bereichen der<br />

Selbstversorgung die Betroffenen gut zurechtkommen <strong>und</strong> wo sie Einschränkungen<br />

erfahren, um dann gemeinsam zu überlegen, wie die Betroffenen in diesem Bereich<br />

unterstützt werden können, da<strong>mit</strong> sie sich weiterhin selbst versorgen können. Der<br />

Bereich der Selbstversorgung ist sehr umfassend, weil er letztlich alle<br />

lebenspraktischen Fähigkeiten beinhaltet, die das Leben zu einem unabhängigen<br />

<strong>und</strong> selbstbestimmten Leben machen. Im hohen Alter in diesen Bereichen<br />

Einschränkung aufgr<strong>und</strong> eines <strong>Sehverlust</strong>es zu erfahren, hat <strong>mit</strong>unter große<br />

Auswirkungen auf die Lebensqualität <strong>und</strong> das eigene Wohlbefinden.<br />

Es geht um die Frage, inwieweit die Betroffenen (noch) in der Lage sind, ihre<br />

Speisen selbständig zuzubereiten bzw. ob <strong>und</strong> welche Einschränkungen sie dabei<br />

erleben? Es geht um die Frage, ob sie die Farbe ihre Kleidung noch erkennen<br />

können <strong>und</strong> auch erkennen können, welche Kleidung sie im Kleiderschrank haben?<br />

Es geht darum, zu erfahren, ob sie in der Lage sind, sich selbständig anzuziehen <strong>und</strong><br />

auch ob sie die Körperpflege noch selbständig durchführen oder Hilfe in Anspruch<br />

nehmen. Zur Selbstversorgung gehört auch, die Reinigung der Wohnung <strong>und</strong> hier<br />

erleben viele Betroffene, dass sie den Schmutz einfach nicht mehr sehen <strong>und</strong> so<br />

Schwierigkeiten haben, ihre Wohnung richtig sauber zu halten. Zu erfassen ist,<br />

welche Strategien der Betroffene bereits für sich entwickelt hat, um seine<br />

Selbständigkeit aufrecht zu erhalten <strong>und</strong> eventuell neue Strategien zu erarbeiten <strong>und</strong><br />

nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen, z. B. durch den Einsatz <strong>von</strong> Hilfs<strong>mit</strong>teln wie<br />

einem Etikettenlesegerät <strong>und</strong> Markierungssystem“. 21 Im Blinden- <strong>und</strong><br />

Sehbehindertenbereich gibt es die Möglichkeit, Unterricht in Lebenspraktischen<br />

21<br />

Das Etikettenlesegerät <strong>und</strong> Markierungssystem kann man verwenden, um Lebens<strong>mit</strong>tel<br />

(einschließlich Gefriergut), CDs, Medikamente etc. zu kennzeichnen. Es kann zum Organisieren<br />

<strong>von</strong> Briefen <strong>und</strong> Ordnern verwendet werden ebenso wie zur Markierung <strong>von</strong> Kleidung. Dazu wird<br />

ein kleiner Aufkleber besprochen, den man z. B. am Lebens<strong>mit</strong>tel anbringt <strong>und</strong> <strong>mit</strong> Hilfe eines<br />

elektronischen Stiftes die aufgezeichneten Informationen wieder abhören kann.<br />

32


Fähigkeiten zu erhalten 22 <strong>und</strong> Studien zeigen (vgl. Lauber/Spenner 2012), dass<br />

Personen, die diesen Unterricht erhalten hinterher eine höhere „Handlungssicherheit<br />

<strong>und</strong> verbesserte soziale Interaktion“ (Lauber/Spenner 2012: .79) aufweisen <strong>und</strong> sie<br />

wieder Bereiche im Haushalt übernehmen, die sie vorher nicht mehr gemacht haben,<br />

wie Kaffeekochen oder Brot schmieren. Das wiederum erhöht ihr Selbstwertgefühl<br />

<strong>und</strong> steigert die Lebensqualität.<br />

3.2.7 Interpersonelle Interaktion <strong>und</strong> Beziehungen<br />

In diesem Dokumentationsbereich geht es darum, zu erfahren, wie sich die<br />

persönlichen Beziehungen der <strong>Senioren</strong> gestalten <strong>und</strong> ob sich diese aufgr<strong>und</strong> der<br />

Sehbeeinträchtigung verändert haben. Dann geht es um die Frage, der<br />

gesellschaftlichen Teilhabe <strong>und</strong> welche Formen da<strong>von</strong> genutzt werden, also z. B.<br />

Mitgliedschaft in einem Verein, Teilnahme bei Veranstaltungen etc. <strong>und</strong> wie sich die<br />

Möglichkeiten der Teilnahme durch die Sehbeeinträchtigung verändert haben. Hier<br />

ist die Frage interessant, ob die Betroffenen noch in der Lage sind, ihren Hobbies,<br />

wie z. B. dem Singen im Chor oder Kegeln nachzugehen oder ob sie es aufgeben<br />

mussten. Gerade in diesen Bereichen wird die Sehbehinderung sehr spürbar für die<br />

Betroffenen, weil sie viele Dinge, die sie in ihrer Freizeit getan haben, wie<br />

Gartenarbeit, Mitgliedschaft in einem Sportverein, in einem Chor oder Ähnlichem<br />

aufgeben müssen, weil sie nicht mehr durchführbar sind <strong>und</strong> die Orte nicht mehr<br />

erreichbar sind.<br />

Je nach geographischer Wohnlage ist es leichter oder schwerer z. B. Kontakt zur<br />

Selbsthilfe oder zu einem Besuchsdienst herzustellen, um einen Ausgleich für den<br />

erlebten Verlust herzustellen <strong>und</strong> so den Betroffenen neue Wege der Teilhabe zu<br />

eröffnen. Sozialer Kontakt ist ein Gr<strong>und</strong>bedürfnis der Menschen <strong>und</strong> wenn sie nicht<br />

mehr in der Lage sind, dieses Gr<strong>und</strong>bedürfnis zu stillen, dann hat das häufig fatale<br />

Folgen für die körperliche Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> das allgemeine Wohlbefinden. Einsamkeit<br />

im Alter bedeutet, dass sich die Betroffenen vom Leben ausgeschlossen <strong>und</strong> nicht<br />

mehr dazugehörig fühlen, häufig haben sie tagelang keine Ansprache. Sie sind vom<br />

Leben <strong>und</strong> der Interkation <strong>mit</strong> Anderen isoliert. Dies ist gerade für alleinlebende<br />

sehbehinderte <strong>Senioren</strong> ein großes Problem <strong>und</strong> muss auch <strong>von</strong> der Gesellschaft<br />

viel mehr wahrgenommen werden.<br />

22 In Deutschland gibt es keine geregelte Finanzierung für eine Schulung in LPF.<br />

33


3.2.8 Psychosoziale Faktoren<br />

In diesem Dokumentationsbereich kann gemeinsam überlegt werden, welche bereits<br />

verwendeten Strategien beim Umgang <strong>mit</strong> der Sehbehinderung/Blindheit nützlich <strong>und</strong><br />

hilfreich sind, das Stärken der bereits vorhandenen Ressourcen <strong>und</strong> welche neuen<br />

Strategien hilfreich sein könnten, z. B. das Beschriften der Gegenstände, das<br />

Anwenden neuer Hilfs<strong>mit</strong>tel oder die Organisation <strong>von</strong> institutionellen<br />

Unterstützungsleistungen. Und es kann gemeinsam überlegt werden, welche<br />

Unterstützungs- <strong>und</strong> Hilfeleistungen für die Betroffenen als erstes angegangen<br />

werden sollten.<br />

Bei diesem sehr umfassenden Themenkomplex „Psycho-Sozial“ ist es auch hilfreich,<br />

sich die Bewältigung eines <strong>Sehverlust</strong>es ähnlich der Phasen der Trauerbewältigung<br />

(vgl. z. B. Kast 1982) vorzustellen, um zu verstehen in welcher Phase sich der<br />

Betroffene eventuell gerade befindet <strong>und</strong> welches Bedürfnis dahinterliegt. Die<br />

Phasen lassen sich in drei Hauptphasen unterteilen.<br />

In die erste Phase, die als „Schock/Nicht wahr-haben wollen“ bezeichnet wird. Diese<br />

Phase beginnt häufig <strong>mit</strong> der Diagnose durch den Augenarzt <strong>und</strong> dem Schock, dass<br />

die Augen schlechter werden. Viele der Betroffenen haben die Hoffnung, dass die<br />

Augen wieder besser werden, wenn sie endlich die richtige Brille hätten <strong>und</strong><br />

verhalten sich so, als seien die Augen noch nicht schlechter geworden. Sie fahren z.<br />

B. weiterhin Auto oder haben Akzeptanzschwierigkeiten bei der Annahme <strong>von</strong><br />

Hilfs<strong>mit</strong>teln, die auf eine Sehbehinderung hindeuten könnten.<br />

Die zweite Phase lässt sich umschreiben <strong>mit</strong> „Hadern <strong>mit</strong> dem Schicksal <strong>und</strong><br />

Abschied(e)“. Durch einen massiven <strong>Sehverlust</strong> können manche Dinge einfach nicht<br />

mehr weiter ausgeführt werden. Dies sind Verluste, die betrauert werden müssen,<br />

denn sie lassen sich nicht so wiedererlagen wie es einmal war. Der Lebensabend<br />

entwickelt sich ganz anders als man es sich ausgemalt hat: Reisen scheint nicht<br />

mehr möglich, all die ungelesenen Bücher, der Umgang <strong>mit</strong> den Enkelkindern etc. ist<br />

durch den <strong>Sehverlust</strong> nur noch eingeschränkt möglich, was <strong>mit</strong>unter als sehr<br />

frustrierend erlebt wird. Viele hadern <strong>mit</strong> ihrem Schicksal. Warum ich? Warum jetzt<br />

noch, in meinem Alter“? Aussagen wie: „Ich dachte, ich brauche vielleicht mal ein<br />

neues Knie, aber, dass meine Augen so schlecht werden hätte ich nicht gedacht“,<br />

kommen immer wieder. Je mehr Einschränkungen die Menschen in ihrem Alltag<br />

durch den <strong>Sehverlust</strong> erleben, desto größer ist das Verlustgefühl, das sie erleben.<br />

Umso weniger können sie sich vorstellen, dass es noch irgendwelche Möglichkeiten<br />

34


gibt, wieder mehr Selbständigkeit zu erlangen. Dies ist sehr häufig <strong>mit</strong> depressiven<br />

Verstimmungen, großer Trauer <strong>und</strong> Hoffnungslosigkeit verb<strong>und</strong>en. Manchmal ist die<br />

Sehverschlechterung, gerade im hohen Alter, auch der Beginn, sich <strong>mit</strong> der<br />

Endlichkeit des Lebens intensiver auseinanderzusetzen.<br />

Die dritte Phase, kann als „Neuorganisation <strong>und</strong> Neuorientierung“ umschrieben<br />

werden. Es zeigt sich, je länger die Diagnose der Augenerkrankung zurückliegt,<br />

desto wahrscheinlicher ist es, dass die Personen bereits Strategien im Umgang <strong>mit</strong><br />

der Erkrankung entwickelt haben, <strong>mit</strong> denen sie soweit zurechtkommen, dass sie ihr<br />

Leben weiter leben können (vgl. Wahl/Heyl/Langer 2010). Untersuchungen haben<br />

gezeigt, wenn es gelingt, die Ziele der Situation anzupassen. Also z. B. das<br />

Erreichen einer relativ hohen Selbständigkeit im Nahumfeld <strong>und</strong> das Lösen <strong>von</strong> nicht<br />

mehr erreichbaren Lebenszielen (Fernreisen), dann erleben die Betroffenen eine<br />

höhere Lebensqualität (vgl. Wahl/Heyl/Langer 2010) <strong>und</strong> die Akzeptanz des<br />

<strong>Sehverlust</strong>es steigt.<br />

Die Phasen können sich wiederholen, sie können in einer anderen Reihenfolge<br />

ablaufen oder Betroffene können in einer der ersten beiden Phasen „verharren“ oder<br />

wenn sich das Sehvermögen wieder verschlechtert, wieder in eine Anfangsphase<br />

„zurückfallen“.<br />

Die Aufgabe der Beraterin liegt auch darin, herauszufinden, in welcher Phase sich<br />

der Betroffene befindet <strong>und</strong> entsprechende Impulse zu setzen, die darin bestehen,<br />

manchmal mehr zuhörend <strong>und</strong> manchmal eher aktiv zu sein <strong>und</strong> Lösungen im<br />

Hinblick auf die Phase der Neuorientierung anzubieten <strong>und</strong> zu erarbeiten. In diesem<br />

Dokumentationsbereich hat die Beraterin nach dem <strong>Beratung</strong>sgespräch die<br />

Möglichkeit, aus ihrer Sicht die psychosoziale Situation der Betroffenen<br />

einzuschätzen <strong>und</strong> festzuhalten.<br />

3.2.9 Zusammenfassung der <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> weitere Vereinbarungen<br />

Dieser abschließende Dokumentationsbereich dient dazu, noch einmal festzuhalten,<br />

worin die Betroffenen im Moment die größte Einschränkung sehen <strong>und</strong> welche<br />

Strategien gewählt werden können, um diese Probleme zu lösen. Darüber hinaus<br />

wird hier festgehalten, an welche anderen Einrichtungen verwiesen bzw. direkt<br />

Kontakt hergestellt wurde. Dann wird, wenn weitere <strong>Beratung</strong>en stattfinden,<br />

festgehalten, welche der ver<strong>mit</strong>telten Angebote angenommen wurden <strong>und</strong> wie die<br />

Zusammenarbeit <strong>mit</strong> den Netzwerkpartnern verlaufen ist. Am Ende gibt es für die<br />

35


Beraterin noch die Möglichkeit sich in einer Art „To-Do-Liste“ zu notieren, welche<br />

Dinge noch erledigt werden müssen.<br />

Ganz am Ende des <strong>Beratung</strong>sbogens hat es sich als sinnvoll erwiesen, nach der<br />

<strong>Beratung</strong>, einen chronologischen <strong>Beratung</strong>sverlauf festzuhalten, der es der Beraterin<br />

ermöglicht, sich zu einem späteren Zeitpunkt, einen kurzen Überblick über den<br />

<strong>Beratung</strong>sverlauf zu verschaffen.<br />

3.3 Qualifikation der Beraterin<br />

Um in dieser komplexen Situation eine adäquate <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Unterstützung leisten<br />

zu können, bedarf es qualifizierter Beraterinnen. Teil der Qualifizierung ist ein<br />

Gr<strong>und</strong>wissen über das „Alter(n)“ <strong>und</strong> alter(n)stheoretische Konzepte. Die<br />

<strong>Senioren</strong>beratung war für die Projektlaufzeit <strong>mit</strong> einer Vollzeitstelle durch eine Diplom<br />

Sozialpädagogin im Rehabilitationsberatungszentrum der <strong>Deutsche</strong>n<br />

Blindenstudienanstalt e.V. angesiedelt. Im Anschluss an eine intensive<br />

Einarbeitungszeit ist sie seit März 2012 für die Umsetzung <strong>und</strong> Durchführung des<br />

<strong>Beratung</strong>skonzeptes zuständig.<br />

Im Februar <strong>und</strong> März 2012 erfolgte eine Qualifizierung der <strong>Senioren</strong>beraterin in die<br />

blinden- <strong>und</strong> sehbehindertenspezifische Thematik:<br />

• Einführung in den Themenbereich Orientierungs- <strong>und</strong> Mobilitätsunterricht<br />

• Einführung in den Themenbereich Lebenspraktische Fähigkeiten<br />

• Einführung in den Themenbereich EDV <strong>und</strong> elektronische Hilfs<strong>mit</strong>tel für<br />

Blinde <strong>und</strong> Sehbehinderte<br />

• Hospitation bei Low Vision <strong>Beratung</strong>en <strong>und</strong> Anpassung <strong>von</strong> vergrößernden<br />

Sehhilfen<br />

• Einführung zum Aufbau <strong>und</strong> der Benutzung optisch vergrößernder<br />

Sehhilfen/elektronisch vergrößernder Sehhilfen<br />

• Einführung in die unterschiedlichen Augenerkrankungen <strong>und</strong> das Themenfeld<br />

„Low Vision“<br />

• Einführung in das Thema Rechtsberatung durch Herrn Dr. Richter RBM<br />

(Rechte behinderter Menschen)<br />

• Zwei dreitägige Fortbildungskurse zum Thema „Lösungsorientierte<br />

Kurzzeitberatung“ an der Evangelischen Hochschule Darmstadt<br />

• Hinzu kommt ein fortlaufendes Eigenstudium in relevante Themen<br />

36


3.4 Ausstattung einer mobilen <strong>Beratung</strong>stasche <strong>und</strong> eines<br />

<strong>Beratung</strong>sordners<br />

Nach den ersten <strong>Beratung</strong>en hat sich schnell gezeigt, dass es für die<br />

<strong>Beratung</strong>sarbeit sinnvoll ist, eine „<strong>Beratung</strong>stasche“ <strong>mit</strong> kleinen alltäglichen<br />

Hilfs<strong>mit</strong>teln wie<br />

• sprechende Uhren,<br />

• rote Markierungspunkte,<br />

• Beleuchtungsmöglichkeiten,<br />

• Blindenplaketten,<br />

• Füllstandsanzeiger,<br />

• Unterschriftenschablone,<br />

• schnurloses Telefon <strong>mit</strong> Sprachausgabe,<br />

dabei zu haben, um sie vorzuzeigen <strong>und</strong> zum Ausprobieren. Denn gerade in den<br />

ländlichen Gegenden haben die Betroffenen häufig gar keine Möglichkeit, einen<br />

Hilfs<strong>mit</strong>telladen aufzusuchen. Wenn Angehörige bei der <strong>Beratung</strong> dabei sind, dann<br />

können auch sie die Informationen nutzen <strong>und</strong> die benötigten Hilfs<strong>mit</strong>tel besorgen.<br />

Bei Bedarf <strong>und</strong> speziellen Interessen, wie z. B. einer sprechenden Waage, Spiele,<br />

Handy oder Ähnlichem kann die <strong>Senioren</strong>beraterin diese Dinge aus dem<br />

Hilfs<strong>mit</strong>telladen der blista besorgen <strong>und</strong> zur Ansicht <strong>und</strong> zum Ausprobieren<br />

<strong>mit</strong>bringen.<br />

37


Abbildung 3: Darstellung der <strong>Beratung</strong>stasche sowie einzelner Hilfs<strong>mit</strong>tel, wie Telefon, rote Markierungspunkte, sprechende<br />

Uhr, die in der mobilen <strong>Beratung</strong>stasche vorhanden sind.<br />

Viele der Betroffenen sind an den unterschiedlichen Hilfs<strong>mit</strong>teln interessiert, weil sie<br />

gar nicht wissen, was es alles gibt <strong>und</strong> gerade Dinge wie eine sprechende Uhr oder<br />

rote Markierungspunkte sind <strong>von</strong> großem Nutzen für die Betroffenen.<br />

Abbildung 4: Darstellung eines Wärmereglers am Herd <strong>mit</strong> roten Markierungspunkten<br />

38


Ein weiter wichtiger Bestandteil in der Ausstattung der <strong>Senioren</strong>beraterin ist ein<br />

Daisy-Player 23 des Modells Plextalk PTN 2. Wenn das Fernsehen, das Lesen <strong>von</strong><br />

Büchern <strong>und</strong> Zeitungen immer mühsamer <strong>und</strong> schwieriger wird, dann bietet der<br />

Daisy-Player eine gute Alternative, um weiterhin Zugang zu aufgelesener Literatur zu<br />

haben. Der Daisy-Player wurde speziell für die Bedürfnisse blinder <strong>und</strong><br />

sehbehinderter Menschen entwickelt. Das Gerät hat viele nützliche Eigenschaften.<br />

Für die <strong>Senioren</strong> besonders gewinnbringend ist die einfache Handhabung des<br />

Gerätes. Die Bedientasten sind alle unterschiedlich gestaltet, <strong>und</strong> daher gut zu<br />

ertasten. Bei jedem Bedienen der Tasten gibt das Gerät akustische Signale. Wenn<br />

eine Daisy-CD begonnen wurde, dann spielt das Gerät jedes Mal automatisch dort<br />

wieder ab, wo es aufgehört hatte. Ebenfalls lassen sich Sprechgeschwindigkeit,<br />

Tonhöhe <strong>und</strong> Lautstärke individuell einstellen <strong>und</strong> regeln.<br />

Abbildung 5: Abbildung eines Daisy-Players Plextalk PTN2 24<br />

Durch die kostenlose Mitgliedschaft in einer Blindenhörbücherei haben die<br />

Betroffenen Zugang zu über 20.000 verschiedenen Titeln.<br />

Für manche <strong>Senioren</strong> ist der Daisy-Player ein großer Zugewinn in vielerlei Hinsicht.<br />

Einmal haben sie Zugang zu Literatur <strong>und</strong> können selbstbestimmt entscheiden was<br />

23 „DAISY ist der Name eines weltweiten Standards für navigierbare, zugängliche Multimedia-<br />

Dokumente. Die Abkürzung DAISY steht für Digital Accessible Information System.“ (Quelle:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Digital_Accessible_Information_System, Stand 10.9.2013); siehe auch<br />

Urteil des SG Fulda, 15.05.2008, S 4 KR 572/06.<br />

24 Es gibt auch andere Daisy-Player Modelle, beispielsweise Victor Reader Stratus 4 <strong>und</strong> 12. Der hier<br />

abgebildete ist nur ein Beispiel.<br />

39


sie wann hören möchten. Darüber hinaus haben sie eine gute Alternative zum<br />

Fernsehen oder Lesen <strong>und</strong> der Daisy-Player erfüllt die freie Zeit der <strong>Senioren</strong> <strong>mit</strong><br />

etwas sinnvollem <strong>und</strong> bringt ihnen ein Stück Lebensqualität zurück.<br />

<strong>Senioren</strong> schrecken immer erst mal vor neuer Technik zurück, daher ist es sehr gut,<br />

wenn sie das Gerät zwanglos ausprobieren können <strong>und</strong> feststellen, ob die<br />

Handhabung <strong>und</strong> die Art der Hörbücher für sie angenehm ist. Innerhalb des<br />

<strong>Beratung</strong>srahmens können die <strong>Senioren</strong> sich den Daisy-Player für 1-2 Wochen<br />

ausleihen, um ganz konkret herauszufinden, ob das eine Möglichkeit für sie wäre.<br />

Es hat sich gezeigt, dass es in vielen <strong>Beratung</strong>en bestimmte Themenbereiche gibt,<br />

wo es sinnvoll ist, das entsprechende Informationsmaterial bzw. die Anträge gleich<br />

dabei zu haben, um die Informationen den Betroffenen auszuhändigen oder<br />

entsprechende Anträge wie z. B. für den Schwerbehindertenausweis gemeinsam<br />

auszufüllen. Sehr häufig werden Informationen gewünscht zu folgenden Themen:<br />

- Blinden- <strong>und</strong> Sehbehindertengeld<br />

- Schwerbehindertenausweis (neu oder Beantragung neuer Merkmale)<br />

- Mitgliedschaft in der Hörbücherei<br />

- Informationen zur Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Sehhilfenanpassung <strong>und</strong> ggf.<br />

Terminvereinbarung<br />

- Informationen zu unterschiedlichen Großtastentelefonen<br />

- Informationen zu unterschiedlichen Möglichkeiten der Beleuchtung <strong>mit</strong><br />

Tageslicht<br />

- Informationen oder direkte Kontaktherstellung zu Unterstützungs- <strong>und</strong><br />

<strong>Beratung</strong>sstellen in den jeweiligen Regionen z. B. Pflegestützpunkt, Essen auf<br />

Rädern, bürgerschaftliche Initiativen u.v.m.<br />

Durch die Ausstattung einer mobilen <strong>Beratung</strong>stasche <strong>und</strong> eines <strong>Beratung</strong>sordners<br />

kann an vielen Stellen eine konkrete Hilfestellung für die <strong>Senioren</strong> während der<br />

<strong>Beratung</strong> direkt umgesetzt werden.<br />

40


4 Auswertung der <strong>Beratung</strong>sdaten <strong>von</strong> Feb. 2012 – Juli 2013<br />

4.1 <strong>Beratung</strong>sbedarf<br />

Während der Projektlaufzeit (Februar 2012 - Juli 2013) wurden 124 Personen der<br />

Zielgruppe beraten. 25 Das erste Gespräch fand am 13.03.2012 statt, die letzte<br />

Fallaufnahme, die in die Auswertung einbezogen wurde, erfolgte am 12.07.2013.<br />

Häufigkeit der persönlichen <strong>Beratung</strong>sgespräche<br />

140<br />

123<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

39<br />

23<br />

16 12 7 4 2 1<br />

0<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 24<br />

Abbildung 6: Häufigkeit der persönlichen <strong>Beratung</strong>sgespräche<br />

Es wurden insgesamt 242 Hausbesuche durchgeführt <strong>und</strong> 395 Telefonate <strong>mit</strong> den<br />

Ratsuchenden geführt. Die maximale Anzahl an Hausbesuchen lag bei 24 26 , die<br />

maximale Anzahl an Telefonaten bei 23, wobei die 23 Telefonate nicht nur <strong>mit</strong> der<br />

betroffenen Seniorin geführt wurden, sondern auch <strong>mit</strong> anderen Einrichtungen bzw.<br />

Anbietern der Altenarbeit, um ein Unterstützungsnetzwerk aufzubauen.<br />

25 Bei einer Person fand eine ausschließlich telefonische <strong>Beratung</strong> statt.<br />

26 Dieser Fall bildet keinen typischen <strong>Beratung</strong>sverlauf ab. Bei diesen <strong>Beratung</strong>en wurden sehr viele<br />

Elemente aus dem Bereich Lebenspraktische Fähigkeiten bearbeitet, wie z. B. besprechen eines<br />

Adressbuches <strong>mit</strong> Hilfe eines Penfriends. (Ein batteriebetriebener, elektronischer „Penfriend“, <strong>mit</strong><br />

Hilfe dessen, kleine Aufkleber besprochen werden können, die später dann wieder abgehört<br />

werden können). Oder das Entwickeln <strong>von</strong> Ordnungssystemen für ihre Kleidung etc. Letztlich zeigt<br />

dieser <strong>Beratung</strong>swunsch jedoch, dass es viele Elemente aus dem Bereich „Lebenspraktische<br />

Fähigkeiten“ sind, die für die <strong>Senioren</strong> wichtig sind, da<strong>mit</strong> sie weiterhin selbständig <strong>und</strong><br />

selbstbestimmt leben können.<br />

41


Im Durchschnitt wurden drei Telefonate <strong>und</strong> zwei Hausbesuche absolviert. In 87%<br />

der Fälle reichten drei <strong>Beratung</strong>en zu Hause aus. Etwa weitere 10% erhielten<br />

zwischen vier <strong>und</strong> sieben <strong>Beratung</strong>en. Langzeitberatungen <strong>mit</strong> mehr als sieben<br />

Hausbesuchen stellen eher die Ausnahme dar. Es zeigt sich aber, dass sich<br />

Betroffene, durchaus nach längeren Pausen <strong>von</strong> bis zu neun Monaten wieder<br />

melden, wenn sie einen erneuten <strong>Beratung</strong>sbedarf haben oder eine Frage<br />

aufgetreten ist.<br />

In 71% der Fälle wurden 1-3 Telefonate geführt, nach dem Erstgespräch ging es hier<br />

vorrangig um die weitere Termin- <strong>und</strong> Inhaltsvereinbarung für weitere Hausbesuche.<br />

Mit weiteren 15 % wurden zwischen vier <strong>und</strong> sechs Telefonate geführt, dies war vor<br />

allem bei der Beantragung <strong>von</strong> Unterstützungsmöglichkeiten notwendig. Lediglich in<br />

4% der Fälle wurden mehr als sechs Telefonate geführt. Insgesamt wurde <strong>mit</strong> 29%<br />

der Fälle nur ein Telefonat, <strong>mit</strong> 23,4% wurden zwei Telefonate geführt, <strong>mit</strong> 18,5% der<br />

Fälle wurden drei Telefonate geführt <strong>und</strong> <strong>mit</strong> weiteren 11,3% wurden vier Gespräche<br />

geführt. In 13,7% der Fälle fanden mehr als vier Telefonate statt.<br />

Die telefonischen Kontakte dienten hauptsächlich der Terminabsprache. Bei einem<br />

telefonischen Erstkontakt ging es häufig um die Art der Augenerkrankung <strong>und</strong> welche<br />

Informationen dazu vorliegen. Es geht darum, herauszufinden, welches Anliegen die<br />

Person hat <strong>und</strong> welche Möglichkeiten es innerhalb des <strong>Beratung</strong>sangebotes gibt.<br />

Eine „richtige“ <strong>Beratung</strong> per Telefon wurde eher vermieden, weil sich herausgestellt<br />

hat, dass eine persönliche <strong>Beratung</strong> wesentlich umfangreicher <strong>und</strong> detaillierter<br />

verläuft als am Telefon. Eine persönliche <strong>Beratung</strong> hat auch den Vorteil, die<br />

betroffenen <strong>Senioren</strong> in ihrem alltäglichen Lebensumfeld kennenzulernen <strong>und</strong> daraus<br />

ergeben sich thematische Schwerpunkte, die am Telefon so nicht alle erfragt <strong>und</strong><br />

bearbeitet werden können. Hinzu kommt auch, dass viele <strong>Senioren</strong> schlechter hören<br />

<strong>und</strong> dann sowieso nicht gerne telefonieren.<br />

42


100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

29<br />

23,4<br />

Anzahl der Telefonate<br />

(in Prozent)<br />

18,5<br />

11,3<br />

4 2,4 4<br />

1 2 3 4 5 6 7 > 7,00<br />

7,2<br />

Abbildung 7: Anzahl der Telefonate in Prozent<br />

4.1.1 Dauer der ersten Kontaktaufnahme <strong>und</strong> Dauer der<br />

<strong>Beratung</strong>sgespräche<br />

Das Erstgespräch, das überwiegend am Telefon stattfand, dauerte durchschnittlich<br />

6,61 Minuten, wobei der Median bei 5 Minuten liegt, d.h. 50% der Gespräche<br />

dauerten 5 Minuten oder kürzer. Die andere Hälfte dauerte länger als 5 Minuten an.<br />

Das kürzeste Gespräch dauerte 2 Minuten, das längste 21 Minuten. Die<br />

Unterschiede in der Dauer begründen sich im Gesprächsinhalt <strong>und</strong> dem weiteren<br />

<strong>Beratung</strong>sverlauf. Die kurzen Gespräche dienten der gegenseitigen Vorstellung <strong>und</strong><br />

der Terminabsprache für einen Hausbesuch. Insgesamt betrug die Dauer der<br />

Erstgespräche 813 Minuten oder knapp 13,5 h.<br />

Die durchschnittliche Dauer der <strong>Beratung</strong>en lag bei 90 Min. bei der ersten <strong>Beratung</strong><br />

<strong>und</strong> jeweils ca. 60 Min. bei den beiden nächsten Besuchen. Die längste <strong>Beratung</strong><br />

dauerte 3 St<strong>und</strong>en, die kürzeste <strong>Beratung</strong> 15 Min.<br />

43


Hausbesuch I Hausbesuch II Hausbesuch III<br />

Personen 123 39 23<br />

Mittelwert 90 Min. 60 Min. 60 Min.<br />

Minimum 30 Min. 15 Min. 30 Min.<br />

Maximum 180 Min. 120 Min. 90 Min.<br />

4.1.2 Wegstrecke zu den Hausbesuchen<br />

Die durchschnittliche Wegstrecke (Hin- <strong>und</strong> Rückfahrt) betrug 42 km. Um sie zu<br />

bewältigen wurden im Schnitt ca. 50 Minuten benötigt. Ein Viertel der Wegstrecken<br />

lagen bei bis zu 10 km <strong>und</strong> konnten innerhalb <strong>von</strong> 20 Minuten absolviert werden. Ein<br />

weiteres Viertel lag bei 64 km <strong>und</strong> 70 Min oder mehr. Insgesamt fielen für die Wege<br />

zu den <strong>Beratung</strong>en 5144 km <strong>und</strong> 101,55 h an. Die Gesamtzeit für <strong>Beratung</strong> (172,5 h)<br />

<strong>und</strong> Fahrten (101,5 h) liegt da<strong>mit</strong> bei 272,55 h für die „Ersten Hausbesuche“.<br />

44


4.1.3 Anwesende beim „Ersten Hausbesuch“<br />

Anwesend beim 1. Hausbesuch<br />

(in Prozent)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

35,8<br />

19,5<br />

4,9<br />

21,1<br />

3,3 4,9 4,1 4,9 1,5<br />

Abbildung 8: Anwesend beim ersten Hausbesuch in Prozent<br />

Bei den <strong>Beratung</strong>en waren sehr unterschiedliche Personenkonstellationen vertreten.<br />

In ca. 1/3 der Fälle (44, 35,8%) führte die Beraterin das Gespräch <strong>mit</strong> den <strong>Senioren</strong><br />

alleine. Bei 24 Fällen (19,5%) waren die jeweiligen Lebenspartner anwesend. Bei 26<br />

Ratsuchenden (21,1%) waren die (erwachsenen) Kinder oder Schwiegerkinder am<br />

Gespräch beteiligt. Mehrfach waren auch mehrere Familienangehörige bei der<br />

<strong>Beratung</strong> zugegen (6 Fälle, 4,9%). Des Weiteren waren die Enkel (4 Fälle, 3,3%);<br />

andere Verwandte (6 Fälle, 4,9%); Bekannte, Fre<strong>und</strong>e, Nachbarn (6 Fälle, 4,9%);<br />

Dienstleister aus dem Bereich der Altenhilfe (5 Fälle, 4,1%) sowie andere<br />

Heim<strong>mit</strong>bewohner (2 Fälle; 1,5%) bei dem ersten <strong>Beratung</strong>sgespräch anwesend.<br />

4.1.4 Anwesend beim „Zweiten Hausbesuch“<br />

Beim „Zweiten Hausbesuch“ zeigt sich eine Veränderung zum ersten<br />

<strong>Beratung</strong>sgespräch. Der entscheidende Unterschied war, das die <strong>Senioren</strong> vermehrt<br />

alleine die <strong>Beratung</strong> wahrgenommen haben. Außerdem haben sich die Anwesenden<br />

insgesamt mehr im Hintergr<strong>und</strong> gehalten. Ein zweiter Unterschied besteht darin,<br />

dass beim zweiten Hausbesuch dreimal ein Low Vision Berater vor Ort anwesend<br />

war, um eine ambulante Sehhilfenanpassung durchzuführen. Bei 22 der beratenen<br />

Personen (55%) war keine weitere Person außer der Beraterin anwesend. Bei 7<br />

Fällen (17,5%) der Gespräche war der jeweilige Lebenspartner dabei. Bei 4<br />

45


<strong>Beratung</strong>sgesprächen (10%) waren die (erwachsenen) Kinder oder Schwiegerkinder<br />

<strong>mit</strong> anwesend. Bei 2 Gesprächen (5%) waren ehrenamtliche oder hauptamtliche<br />

Helfende bei der <strong>Beratung</strong> vor Ort dabei. Bei weiteren 2 Gesprächen (5%) waren<br />

mehrere Familien<strong>mit</strong>glieder anwesend. Und bei 3 <strong>Beratung</strong>sgespräche (7,5%) fand<br />

der Termin in Kombination <strong>mit</strong> einer mobilen Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong><br />

Sehhilfenanpassung statt.<br />

Anwesend beim 2 . Hausbesuch<br />

(in Prozent)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

55<br />

17,5<br />

5<br />

10<br />

5<br />

7,5<br />

Abbildung 9: Anwesend beim zweiten Hausbesuch in Prozent<br />

Die Tendenz zeigt, dass auch bei nachfolgenden <strong>Beratung</strong>sgesprächen der Anteil<br />

der anwesenden Personen weiter abnimmt. Das hat auch da<strong>mit</strong> zu tun, dass die<br />

Angehörigen nach dem ersten <strong>Beratung</strong>sgespräch die Beraterin kennengelernt<br />

haben <strong>und</strong> das Vertrauen gegeben war, die betroffenen <strong>Senioren</strong> das Gespräch<br />

auch alleine führen zu lassen.<br />

4.1.5 Wichtigste Bezugspersonen<br />

Eine Bezugsperson zu haben ist sehr wichtig. Nicht nur, weil die <strong>Senioren</strong> aufgr<strong>und</strong><br />

der Sehbehinderung oder Blindheit auf Hilfe <strong>und</strong> Unterstützung angewiesen sind,<br />

sondern auch weil sie dadurch ein Minimum an sozialen Kontakt haben, der wichtig<br />

ist, für ein seelisches <strong>und</strong> körperliches Wohlbefinden. Wie die Zahlen zeigen, leben<br />

viele der vor allem weiblichen beratenden Seniorinnen alleine. Aufgr<strong>und</strong> des<br />

<strong>Sehverlust</strong>es können sie viele alltägliche Dinge nicht mehr verrichten, was auch<br />

46


edeutet, dass die dadurch entstehende Zeit nicht mehr richtig ausgefüllt werden<br />

kann. Das hat häufig zur Folge, dass die Tage sehr lang sind <strong>und</strong> nicht mehr<br />

sinnstiftend gefüllt werden können. Wenn nun Kinder, Enkelkinder, Partner oder<br />

Nachbarn vorhanden sind, die ab <strong>und</strong> zu vorbeischauen <strong>und</strong> in Interaktion <strong>mit</strong> den<br />

<strong>Senioren</strong> treten, dann ist das eine große Erleichterung. Daher sind auch Angebote<br />

wie Ehrenamtliche Besuchsdienste enorm wichtig <strong>und</strong> sinnstiftend für die <strong>Senioren</strong>.<br />

Bei den beratenden <strong>Senioren</strong> sind die Kinder 27 (36,3%) (45 Personen) <strong>und</strong> die<br />

PartnerInnen (17,7%) (22 Personen) die wichtigsten Bezugspersonen, die sich die<br />

„Betreuung“ auch oftmals teilen (10,5% Partner <strong>und</strong> Kinder; 4,8% Kinder <strong>und</strong><br />

Enkelkinder). Insgesamt stellen sie in 69,3% die wichtigsten Ansprechpartner. Auch<br />

andere Verwandte übernehmen oft diese Funktion (Enkelkinder 4,0% (5); Neffen <strong>und</strong><br />

Nichten 6,5% (8); Geschwister 3,2% (4)). Daneben kümmern sich vor allem<br />

Nachbarn <strong>und</strong> Bekannte aus dem Ort um die <strong>Senioren</strong> 7,3% (9 Personen). Für 2,4%<br />

(3 Personen) ist das Pflegepersonal der wichtigste Ansprechpartner, 4% (5<br />

Personen) haben überhaupt keine zentrale Bezugsperson. Bei weiteren 3,2% (4<br />

Personen) blieb unklar, wer die wichtigste Bezugsperson ist.<br />

Wichtigste Bezugspersonen (in Prozent)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

17,7<br />

36,3<br />

10,5<br />

6,6 7,3 4,8 4 3,2 2,4 4 3,2<br />

Abbildung 10: Wichtigste Bezugspersonen in Prozent<br />

27 Sehr häufig sind die „Kinder“ auch schon im Rentenalter.<br />

47


4.1.6 Abstand der Hausbesuche zueinander<br />

Die Abstände zwischen den Hausbesuchen gestalten sich recht different. Zwischen<br />

dem ersten <strong>und</strong> zweiten Hausbesuch lagen minimal weniger als ein Monat <strong>und</strong><br />

maximal neun Monate. Diese große Spannweite reduziert sich, wenn man den<br />

Abstand zwischen dem zweiten <strong>und</strong> dritten Hausbesuch betrachtet. Dort lag das<br />

Maximum bei 3 Monaten. In beiden Gruppen liegt der typische Abstand bei 4-8<br />

Wochen (60 % <strong>und</strong> 66,7% der Fälle). Es lässt sich festhalten, dort wo sich der<br />

Kontakt über einen längeren Zeitraum erstreckt, intensiviert sich auch die zeitliche<br />

Betreuung.<br />

Die Terminvereinbarung <strong>mit</strong> den <strong>Senioren</strong> für Erst- <strong>und</strong> Folgehausbesuche richtete<br />

sich nach dem weiteren <strong>Beratung</strong>sbedarf. Die große Nachfrage <strong>und</strong> die begrenzten<br />

zeitlichen Ressourcen innerhalb der Projektphase erlaubten es nicht immer, pro-aktiv<br />

Folgetermine zu vereinbaren, um den Kontakt zu halten, wenn kein offensichtlicher<br />

weiterer <strong>Beratung</strong>sbedarf gegeben war, obwohl dies in vielen Fällen wünschenswert<br />

gewesen wäre <strong>und</strong> dem psychosozialen Konzept der <strong>Beratung</strong> entsprochen hätte.<br />

Stattdessen wurde die vorhandene Zeit für die Erstberatung weiterer <strong>Senioren</strong> <strong>und</strong><br />

offensichtliche, notwendige Folgeberatung bei konkretem Bedarf genutzt. Es ist<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich jedoch da<strong>von</strong> auszugehen, wenn eine pro-aktive Herangehensweise<br />

gewählt wird <strong>und</strong> die <strong>Senioren</strong> aktiv <strong>von</strong> der <strong>Senioren</strong>beratung kontaktiert werden,<br />

dass dann auch die Folgeberatungen steigen werden.<br />

4.2 Demografische Daten<br />

4.2.1 Altersverteilung<br />

Das Durchschnittsalter lag bei 83 Jahren. Die älteste Ratsuchende war 96 alt, die<br />

Jüngste war 63 Jahre alt. An der Tabelle wird ersichtlich, dass fast 70 % der<br />

<strong>Senioren</strong> über 80 Jahre alt waren <strong>und</strong> so<strong>mit</strong> die meisten zur Gruppe der Hochaltrigen<br />

zählen.<br />

48


Altersverteilung<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

8,9%<br />

(11)<br />

21,8%<br />

(27)<br />

46%<br />

(57)<br />

22,6%<br />

(28)<br />

0,8%<br />

(1)<br />

60-69 70-79 80-89 90-99 Keine Angaben<br />

Abbildung 11: Altersverteilung<br />

4.2.2 Geschlechterverteilung in der <strong>Beratung</strong><br />

An der <strong>Beratung</strong> haben 29 Männer (23,4%) <strong>und</strong> 95 (76,6%) Frauen teilgenommen<br />

Geschlechterverteilung<br />

männlich;<br />

23,4 %<br />

(29)<br />

weiblich;<br />

76,6%<br />

(95)<br />

Abbildung 12: Geschlechterverteilung<br />

49


4.2.3 Familienstand<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

11,3<br />

2,4<br />

Familienstand<br />

(in Prozent)<br />

27,4<br />

1,6<br />

53,2<br />

ledig in Partnerschaft verheiratet geschieden verwitwet keine Angaben<br />

4<br />

Abbildung 13: Familienstand in Prozent<br />

Von den 124 Ratsuchenden sind 66 53,2% verwitwet, 27,4% (34 Personen) sind<br />

verheiratet, 2,4% (3 Personen) leben in einer Partnerschaft, 11,3% (14 Personen)<br />

sind ledig <strong>und</strong> gerade mal 1,6% (2 Personen) sind geschieden. Bei 4% (5 Personen)<br />

liegen keine Angaben über den Familienstand vor. Hierbei zeigt sich ein deutlicher<br />

Zusammenhang (p=0,00) zwischen Geschlecht <strong>und</strong> Familienstand. Die Frauen leben<br />

häufiger alleine <strong>und</strong> sich überwiegend verwitwet.<br />

50


100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Verteilung Geschlecht <strong>und</strong> Familienstand (absolute Werte)<br />

76<br />

allein<br />

in Partnerschaft<br />

19<br />

18<br />

11<br />

männlich<br />

weiblich<br />

Abbildung 14: Verteilung Geschlecht <strong>und</strong> Familienstand<br />

4.2.4 Wohnform<br />

Die Wohnformen lassen sich grob in vier Kategorien unterteilen: zur Miete, im<br />

Eigentum, im Eigentum <strong>mit</strong> der Familie <strong>und</strong> in einer stationären <strong>Senioren</strong>einrichtung.<br />

Die meisten <strong>Senioren</strong> wohnen in ihrem Eigentum (60,5%), da<strong>von</strong> 25% zusammen<br />

<strong>mit</strong> anderen Familien<strong>mit</strong>gliedern. 25,8% wohnen zur Miete <strong>und</strong> 12,2% in einem<br />

Altenheim.<br />

51


12<br />

2<br />

Wohnform<br />

(in Prozent)<br />

zur Miete<br />

26<br />

im Eigentum<br />

25<br />

im Eigentum <strong>mit</strong> der<br />

Familie<br />

Altenheim<br />

35<br />

sonstiges<br />

Abbildung 15: Wohnform in Prozent<br />

4.2.5 Wohnsituation<br />

Die Wohnsituation gestaltet sich sehr unterschiedlich. Die größte Gruppe, 51<br />

Personen, (41,1%) lebt alleine. Die nächste Gruppe <strong>mit</strong> 22 Personen (17,7%) lebt <strong>mit</strong><br />

dem Partner oder der Partnerin zusammen. 15 Personen (12,1%) sind alleinstehend,<br />

leben aber in getrennten Wohnungen in einem Haus <strong>mit</strong> den Kindern. 6,5% (8<br />

Personen) sind alleinstehend <strong>und</strong> leben im selben Haushalt wie die Kinder. Weitere 8<br />

Personen (6,5%) leben <strong>mit</strong> ihrem Partner, der Partnerin <strong>und</strong> den Kindern in einem<br />

Haus, jedoch in getrennten Wohnungen. Ebenfalls 15 Personen (12,1%) der<br />

Beratenen sind in einer stationären Einrichtung untergebracht. Darüber hinaus finden<br />

sich weitere Wohnlösungen, wie Leben <strong>mit</strong> Geschwistern oder anderen Verwandten<br />

(insgesamt 4%).<br />

52


Wohnsituation<br />

(in Prozent)<br />

allein<br />

6,5<br />

12,1 4<br />

41,1<br />

Mit Kindern in einem Haus,<br />

getrennte Wohnungen<br />

Im Haushalt der Kinder<br />

Mit Partner ohne Kinder<br />

17,7<br />

6,5<br />

12,1<br />

<strong>mit</strong> Partner, im gleichen Haus<br />

wie Kinder, getrennte<br />

Wohnungen<br />

Heim, stationäre Einrichtung<br />

Sonstiges<br />

Abbildung 16: Wohnsituation in Prozent<br />

53


4.3 Geographische Verteilung/Wohnort<br />

14<br />

(11,3%)<br />

86<br />

(69,4%)<br />

3 (2,4%)<br />

1 (0,8%)<br />

4<br />

(3,2%)<br />

15<br />

(12,1%)<br />

Abbildung 17: Landkarte <strong>von</strong> Marburg-Biedenkopf <strong>und</strong> angrenzenden Landkreisen<br />

(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Landkreis_Marburg-Biedenkopf, Stand 23.9.2013)<br />

69,4% (86 Fälle) der <strong>Beratung</strong>snutzer kamen aus dem Landkreis Marburg<br />

Biedenkopf. 12,1 % (15) aus dem Landkreis Gießen <strong>und</strong> 11,3 % (14) aus dem Kreis<br />

Waldeck-Frankenberg. Weitere Landkreise waren: Lahn-Dill-Kreis (4; 3.2 %),<br />

Schwalm-Eder-Kreis (3; 2.4%); Vogelsbergkreis (1; 0,8 %) <strong>und</strong> Wetteraukreis (1;<br />

0,8%).<br />

Für die Teilnehmenden an der <strong>Beratung</strong> spielt jedoch weniger die Frage, in welchem<br />

Landkreis sie wohnen eine Rolle, als vielmehr die Frage ob dieses Wohnen städtisch<br />

oder ländlich geprägt ist. Dazu wird im Folgenden zwischen Stadt (z. B. Gießen),<br />

Mittelzentrum (z. B. Frankenberg) <strong>und</strong> ländlich (z. B. Angelburg) unterschieden.<br />

Diese „Zentren“ unterscheiden sich folgendermaßen. Als städtische Zentren zählen<br />

jene, die über eine gute Angebots- <strong>und</strong> Infrastruktur verfügen. Das heißt, hier gibt es<br />

eine ausreichende medizinische Versorgung, es gibt genügend<br />

Einkaufsmöglichkeiten <strong>und</strong> auch der ÖPNV ist so gut ausgebaut, dass alle Angebote<br />

erreicht werden können. Als Mittelzentrum werden die Gegenden bezeichnet, die<br />

über eine durchschnittliche Infrastruktur verfügen <strong>und</strong> Ähnlichkeiten <strong>mit</strong> einem<br />

städtischen Zentrum haben. Also, auch hier gibt es eine ausreichende medizinische<br />

Erstversorgung. Es gibt Einkaufsmöglichkeiten <strong>und</strong> auch der ÖPNV ist zumindest<br />

54


direkt im Mittelzentrum noch gut. Schwieriger wird es für die Ortsteile <strong>und</strong><br />

Wohnviertel. Hier gibt es eine schlechtere Versorgung <strong>und</strong> Anbindung. Auch die<br />

<strong>Beratung</strong>sstruktur <strong>und</strong> Ehrenamtlichen Angebote wie Besuchs- <strong>und</strong> Begleitdienste<br />

etc. gibt es nur sehr vereinzelt. Als ländliche Zentren oder Gebiete werden jene<br />

Gegenden bezeichnet, die eine schlechte Infrastruktur haben. Dort ist die<br />

medizinische Versorgung unterbesetzt, die Erreichbarkeit <strong>von</strong> Einkaufs- <strong>und</strong><br />

Versorgungsmöglichkeiten sind sehr eingeschränkt, weil vieles in sogenannten<br />

peripheren Einkaufszentren gelegen ist. Auch die <strong>Beratung</strong>s- <strong>und</strong> Angebotsstruktur<br />

ist kaum ausgebaut <strong>und</strong> die Erreichbarkeit der Angebote ist für die Betroffenen häufig<br />

nicht gegeben. Das bedeutet, dass jene, die <strong>von</strong> einer Sehbehinderung oder<br />

Erblindung im Alter betroffen sind <strong>und</strong> in ländlichen Zentren leben, weit größere<br />

Einschränkungen aufgr<strong>und</strong> mangelnder Infrastruktur erfahren als andere.<br />

Neben der geographischen Lage, in der die Betroffenen leben, spielt auch der Grad<br />

der Sehbehinderung eine große Rolle bei der Erreichbarkeit der Angebote. Selbst<br />

wenn jemand in einem städtischen Zentrum lebt, aber aufgr<strong>und</strong> einer starken<br />

Sehbehinderung nicht mehr in der Lage ist, diese Angebot zu erreichen, dann erlebt<br />

auch dieser starke Einschränkungen in seiner Selbständigkeit <strong>und</strong> Mobilität. Hier ist<br />

es das Ziel der <strong>Senioren</strong>beratung zu schauen, ob die Person <strong>mit</strong> Hilfe eines<br />

Orientierung- <strong>und</strong> Mobilitätsunterrichtes wieder in der Lage wäre, die Angebote zu<br />

erreichen oder ob es aufgr<strong>und</strong> weitere ges<strong>und</strong>heitlicher Einschränkungen gar nicht<br />

mehr möglich ist, alleine das Haus zu verlassen. Dann müssen andere Möglichkeiten<br />

der Unterstützung gef<strong>und</strong>en werden.<br />

55


Wohnort<br />

(in Prozent)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

52,4<br />

26,6<br />

21<br />

Stadt Mittelzentrum Ländlich<br />

Abbildung 18: Wohnort in Prozent<br />

Von den beratenden <strong>Senioren</strong> leben 26,6% (33 Personen) in einem städtischen<br />

Umfeld, 21% (26 Personen) in einem Mittelzentrum <strong>mit</strong> teilweise eingeschränkter<br />

Infrastruktur, insbesondere was ärztliche Versorgung <strong>und</strong> Erreichbarkeit <strong>von</strong><br />

Einkaufsmöglichkeiten angeht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Infrastruktur in<br />

städtischen Gebieten zwingend besser ist. Auch eine Wohnung in einem reinen<br />

Wohngebiet einer Stadt kann zu einer eingeschränkten Infrastruktur führen. Über die<br />

Hälfte 52,4% (65 Personen) lebt jedoch in einem ländlichen Umfeld.<br />

An diesem Ergebnis lässt sich auch erkennen, warum das zugehende<br />

<strong>Beratung</strong>sangebot über die Grenzen Marburg-Biedenkopfs hinaus große Nachfrage<br />

erfährt. Es ist da<strong>von</strong> auszugehen, wenn das <strong>Beratung</strong>sangebot in allen Regionen<br />

Marburg-Biedenkopfs bekannter wird, die Nachfrage noch weiter ansteigen wird.<br />

4.4 Infrastrukturelle Gegebenheiten<br />

Wie eben beschrieben wohnen die <strong>Senioren</strong> in sehr unterschiedlichen<br />

Wohngegenden, was dazu führt, das die Infrastruktur (Geschäfte, Ärzte, Banken) vor<br />

Ort sich ebenfalls sehr unterschiedlich gestaltet. In 21,8% der Fälle (27 Personen) ist<br />

die Infrastruktur vor Ort gut entwickelt <strong>und</strong> die Befragten sind auch ges<strong>und</strong>heitlich<br />

<strong>und</strong> trotz Sehbehinderung in der Lage, diese selbständig zu erreichen. Für 18,5% (23<br />

Personen) ist die ebenfalls gut gestaltete Infrastruktur, aufgr<strong>und</strong> <strong>von</strong><br />

56


ges<strong>und</strong>heitlichen Beeinträchtigungen, neben der Sehbehinderung, nicht mehr ohne<br />

Hilfe durch Familie oder Dienstleister erreichbar. 18,6% verfügen über eine<br />

eingeschränkte Infrastruktur vor Ort. Da<strong>von</strong> können 9,7% (12 Personen) diese<br />

selbständig erreichen, während es für 8,9% (11 Personen) aus ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Gründen nicht mehr möglich ist, die vorhandenen infrastrukturellen Angebote zu<br />

nutzen. 22 der <strong>Senioren</strong> (17,7%) leben in Wohngebieten oder Dörfern, die über keine<br />

oder nur eine sehr eingeschränkte Infrastruktur verfügen, so dass für alle<br />

Besorgungen Hilfe durch Dritte in Anspruch genommen werden muss, weil es eines<br />

PKWs bedarf, um die Geschäfte, Ärzte etc. zu erreichen. Für 23,4% (29 Personen)<br />

der Fälle liegen keine Informationen über die lokale Infrastruktur vor.<br />

Infrastruktur<br />

(in Prozent)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

21,8<br />

vorhanden<br />

<strong>und</strong><br />

selbstständig<br />

erreichbar<br />

18,5<br />

vorhanden,<br />

aber nicht<br />

erreichbar<br />

9,7 8,9<br />

teils<br />

vorhanden &<br />

selbstständig<br />

erreichbar<br />

teils<br />

vorhanden,<br />

aber nicht<br />

erreichbar<br />

17,7<br />

nicht<br />

vorhanden<br />

23,4<br />

Fehlende<br />

Angaben<br />

Abbildung 19: Infrastruktur in Prozent<br />

Zusätzlich lässt sich zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Struktur<br />

des Wohnortes <strong>und</strong> der verfügbaren Infrastruktur besteht. Je städtischer das Umfeld<br />

ist, desto besser sind die vorhandene Infrastruktur <strong>und</strong> ihre Erreichbarkeit.<br />

57


Zusammenhang Infrastruktur <strong>und</strong> Wohnort<br />

Prozent<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Stadt Mittelzentrum ländlich<br />

Regionaltyp<br />

vorhanden <strong>und</strong> selbsständig<br />

erreichbar<br />

vorhanden aber nicht<br />

erreichbar<br />

teils vorhanden <strong>und</strong><br />

selbsständig erreichbar<br />

teils vorhanden <strong>und</strong> nicht<br />

erreichbar<br />

nicht vorhanden<br />

Abbildung 20: Zusammenhang Infrastruktur <strong>und</strong> Wohnort<br />

4.5 Medizinische Daten<br />

4.5.1 Art der Augenerkrankung<br />

Ein Großteil der <strong>Beratung</strong>steilnehmenden weist mehr als eine ophthalmologische<br />

Erkrankung auf. (Insgesamt wurden <strong>von</strong> 119 Personen 197 Diagnosen genannt.) Die<br />

<strong>mit</strong> Abstand häufigste Diagnose ist AMD. 85 der 119 (71,4%) sind entweder <strong>von</strong> der<br />

trockenen oder der feuchten AMD betroffen. An zweiter Stelle finden sich bei 24<br />

Betroffenen (20,2%) eine Glaukomerkrankung. 20 der 119 (16,8%) sind ebenfalls<br />

<strong>von</strong> einem Grauen Star betroffen. Bei 10,1% (12 Personen) der Diagnosen treten die<br />

Augenerkrankungen in Zusammenhang <strong>mit</strong> diabetischen Prozessen auf. Außerdem<br />

werden noch folgende Ursachen benannt: Netzhautverkrümmungen, neurologische<br />

Ursachen <strong>und</strong> Durchblutungsstörungen, Karzinom, Gesichtsfeldeinschränkungen<br />

sowie RP (zusammengenommen 26,1%; 31 der Nennungen). 20 Betroffene (16,8%)<br />

haben eine Kataraktoperation hinter sich, hier lautet die Diagnose dann<br />

Pseudophakie (Kunstlinse).<br />

Dies stellt ein deutlich verändertes Prävalenzmuster gegenüber der<br />

Gesamtbevölkerung dar. Durch das hohe Alter der Stichprobe dominieren die<br />

altersbedingten Erkrankungen wie AMD; Glaukom <strong>und</strong> Katarakt. Die verbesserte<br />

Versorgung <strong>von</strong> Diabetes-Patienten führt zu einer Reduzierung der<br />

Folgeerkrankungen.<br />

58


Art der Augenerkrankung (Mehrfachnennung)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

71,4 %<br />

20,2% 16,8 %<br />

10,1%<br />

16,8%<br />

26,1%<br />

4%<br />

Abbildung 21: Art der Augenerkrankung (Mehrfachnennung)<br />

4.5.2 Visus <strong>und</strong> Grad der Sehbehinderung<br />

Der Gesamtvisus <strong>und</strong> so<strong>mit</strong> der Grad der Sehbehinderung ergibt sich aus dem Visus<br />

des besseren Auges. Die Angaben stammen aus den Angaben der Patienten oder,<br />

wenn vorhanden, aus Arztbriefen. 29% (36 Personen) der Beratenen weisen einen<br />

Visus <strong>von</strong> 0,02 oder weniger auf. Gesetzlich gesehen liegt hier der Status einer<br />

Blindheit vor. Da<strong>mit</strong> sind die Betroffenen in Hessen Blindengeld berechtig. 12,9% (16<br />

Personen) verfügen über einen Visus zwischen 0,021 <strong>und</strong> 0,05. Gesetzlich gesehen<br />

liegt hier der Status einer hochgradigen Sehbehinderung vor. Da<strong>mit</strong> sind die<br />

Betroffenen in Hessen Sehbehindertengeld berechtig. In der Gruppe <strong>mit</strong> einem Visus<br />

zwischen 0,05 <strong>und</strong> 0,3 finden sich 33,1% (41 Personen) der <strong>Beratung</strong>steilnehmer.<br />

Gesetzlich liegt hier der Status einer Sehbehinderung vor. Ab einem Visus <strong>von</strong> 0,3<br />

<strong>und</strong> kleiner bezuschussen die Krankenkassen optische <strong>und</strong> elektronische Hilfs<strong>mit</strong>tel.<br />

20,2% (25 Personen) fallen noch nicht unter die gesetzlichen Definitionen einer<br />

Sehbehinderung, erfahren aber bereits jetzt im Alltag, durch eine erhebliche<br />

Sehminderung, Einschränkungen <strong>und</strong> Schwierigkeiten. Bei 4,8% lagen noch keine<br />

Angaben zum Sehvermögen vor.<br />

In der Regel sagt man, dass man ab einem Visus <strong>von</strong> 0,4 in der Lage ist,<br />

Zeitungsdruck zu lesen. Daher ist eine Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong><br />

59


Sehhilfenanpassung 28 enorm wichtig, denn durch eine individuelle <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong><br />

Anpassung vergrößernder optischer oder elektronischer Hilfs<strong>mit</strong>tel ist es häufig<br />

möglich, die Betroffenen wieder in die Lage zu versetzen, dass sie wieder Zugang zu<br />

Informationen <strong>und</strong> Kommunikation selbstbestimmt wählen können.<br />

Visus/Grad der Sehbehinderung<br />

(in Prozent)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

29<br />

12,9<br />

33,1<br />

15,3<br />

4 5,7<br />

Abbildung 22: Visus/Grad der Sehbehinderung<br />

4.5.3 Beginn der Sehbehinderung<br />

Die Angaben zum Eintritt der Seheinschränkung/Sehbehinderung beziehen sich auf<br />

das Jahr 2013. Insgesamt ist es für die Befragten schwierig, genau zu sagen, wann<br />

die Seheinschränkungen begonnen haben, da der Prozess der zunehmenden<br />

Seheinschränkung oft langwierig <strong>und</strong> in Schüben verläuft <strong>und</strong> die Betroffenen eher<br />

ungefähre Angaben machen können. Die meisten suchen die <strong>Beratung</strong> auf,<br />

nachdem sie sich schon einige Zeit selbst <strong>mit</strong> der veränderten Sichtigkeit beschäftigt<br />

haben. Viele weisen auch eine langjährige Vorgeschichte, teilweise seit Geburt oder<br />

Kindheit auf.<br />

28 Für eine ausführliche Erklärung, was unter einer Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Sehhilfenanpassung zu<br />

verstehen ist siehe Kapitel 5.4.1.1<br />

60


Beginn der Sehbehinderung<br />

(in Prozent)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

8,1<br />

1,6<br />

15,3 17,7<br />

7,3<br />

3,2<br />

6,5<br />

4 4<br />

8,1<br />

2,4<br />

21,8<br />

Abbildung 23: Beginn der Sehbehinderung in Prozent<br />

4.5.4 Verlauf der Sehbehinderung<br />

Allgemein lässt sich sagen, dass fast alle Formen der Augenerkrankungen im Alter<br />

einen progressiven Verlauf haben, das heißt, dass sie sich stetig verschlechtern. Die<br />

Verläufe sind sehr individuell, auch bei gleicher Diagnose können sich die Verläufe<br />

stark <strong>von</strong>einander unterscheiden. Daher können hier keine allgemeinen Aussagen<br />

getroffen werden, sondern es muss der Einzelfall betrachtet werden, um Aussagen<br />

über den Verlauf der Sehbehinderung machen zu können.<br />

4.5.5 Teilnahme an einer Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong><br />

Sehhilfenanpassung 29<br />

In 36,6% (45 Personen) der Fälle, hatten die <strong>Senioren</strong> eine Low Vision <strong>Beratung</strong><br />

innerhalb der letzten beiden Jahre. Da<strong>von</strong> haben sieben Personen, die empfohlenen<br />

Hilfs<strong>mit</strong>tel noch nicht bekommen, 14 Personen erleben gewissen Schwierigkeiten in<br />

der Nutzung des jeweils empfohlenen Hilfs<strong>mit</strong>tels, 19 Betroffene weisen eine gute<br />

Nutzung des empfohlenen Hilfs<strong>mit</strong>tels aus <strong>und</strong> erleben dadurch eine Verbesserung<br />

der Lesefähigkeit. Bei 9% (11 Personen) liegt die Low Vision <strong>Beratung</strong> länger als<br />

zwei Jahre zurück, da<strong>von</strong> haben 4 Personen keine Schwierigkeiten <strong>mit</strong> ihren<br />

29 Für eine ausführliche Erklärung, was unter einer Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Sehhilfenanpassung zu<br />

verstehen ist sie Kapitel 5.4.2.1<br />

61


empfohlenen Hilfs<strong>mit</strong>teln. Wohingegen 7 Betroffene einige Schwierigkeiten im<br />

Umgang <strong>mit</strong> den Hilfs<strong>mit</strong>teln haben. Das kann verschiedene Gründe haben, zum Teil<br />

kann es sein, dass sich das Sehvermögen weiter verschlechtert hat <strong>und</strong> dass das vor<br />

einem längeren Zeitraum empfohlene optische oder elektronische Hilfs<strong>mit</strong>tel nicht<br />

mehr das Passende ist oder die betroffene Person hatte sich eine größere<br />

Verbesserung durch das Hilfs<strong>mit</strong>tel erhofft, als letztlich eingetreten ist, was dazu<br />

führt, dass gerade Bildschirmlesegeräte nicht genutzt werden. 22% (27 Personen)<br />

haben eine Low Vision <strong>Beratung</strong> nach der <strong>Beratung</strong> durch die<br />

<strong>Senioren</strong>beratungsstelle oder einen Termin dafür vereinbart (6 Personen). 32,5% (40<br />

Personen) hatten noch keine Low Vision <strong>Beratung</strong>, da<strong>von</strong> hatten 15 Personen<br />

(12,2%) noch keinen Bedarf oder kein Interesse, in 25 Fällen (20,3%) wurden<br />

Informationen zur Low Vision <strong>Beratung</strong> an die <strong>Senioren</strong> weitergegeben. Da<strong>von</strong> gab<br />

es in 4 Fällen finanzielle Probleme, da die Low Vision <strong>Beratung</strong> nicht mehr <strong>von</strong> allen<br />

gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, müssen zahlreiche Betroffene,<br />

die Low Vision <strong>Beratung</strong> selbst bezahlen.<br />

Abbildung 24: Darstellung des zeitlichen Abstandes zu einer Low Vision <strong>Beratung</strong>.<br />

4.6 Allgemeine ges<strong>und</strong>heitliche Situation<br />

4.6.1 Angaben zur Pflegestufe<br />

Viele Betroffene erleben aufgr<strong>und</strong> ihrer Sehbehinderung große Einschränkungen im<br />

Alltag <strong>und</strong> wünschen sich sehr häufig Unterstützung, z. B. beim Kochen oder bei der<br />

Hausreinigung. Bei der Körperpflege hingegen sind sehr viele noch gut in der Lage,<br />

sich selbst zu versorgen <strong>und</strong> zurechtzukommen, daher haben sie häufig noch keinen<br />

Anspruch auf eine Pflegestufe, denn bei dieser muss nachgewiesen sein, dass<br />

62


sowohl Hilfe bei der Körperpflege als auch im Haushalt benötigt wird <strong>und</strong> das ist<br />

häufig noch nicht der Fall. Obwohl, auch im Sinne eines Präventionsgedankens, eine<br />

Unterstützung im Alltag für viele sehr gewinnbringend wäre, um ihre Selbständigkeit<br />

aufrecht zu erhalten <strong>und</strong> eine verfrühte Pflegebedürftigkeit aufzuhalten.<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

33,1<br />

22,6<br />

Pflegestufe<br />

(in Prozent)<br />

9,7<br />

nein ja, Stufe 1 ja, Stufe 2 ja, Stufe 3 wird<br />

beantragt<br />

0,8<br />

4 4,8<br />

abgelehnt<br />

25<br />

keine<br />

Angaben<br />

Abbildung 25: Pflegestufe in Prozent<br />

Nicht für alle Beratenden liegen Auskünfte über eine Pflegestufe vor. Bei 31<br />

Personen (25%) fehlen diese Angaben. 33,1% (41 Personen) der <strong>Senioren</strong> haben<br />

zurzeit keine Pflegestufe, was bei einem Altersdurchschnitt <strong>von</strong> 83 Jahren sehr<br />

beachtlich ist. Bei 4,8% (6 Personen) wurde eine Pflegestufe abgelehnt, 4% (5<br />

Personen) beantragen gerade eine Pflegestufe oder eine Höherstufung. 22,6% (28<br />

Personen) haben die Pflegestufe 1, 9,7% (12 Personen) die Pflegestufe 2 <strong>und</strong> 0,8%<br />

(1 Person) die Pflegestufe 3. Diese Angaben zeigen, dass sehr viele der<br />

Ratsuchenden keine oder die Pflegestufe 1 haben, was bedeutet, dass sie körperlich<br />

<strong>und</strong> geistig noch so ges<strong>und</strong> sind, dass sie in der Lage sind, ihren Alltag<br />

weitestgehend selbständig zu bewerkstelligen, dass sie aber aufgr<strong>und</strong> der<br />

Sehbehinderung zunehmend Einschränkungen in der Selbständigkeit wahrnehmen.<br />

Sie sind aber aufgr<strong>und</strong> ihrer doch relativ guten ges<strong>und</strong>heitlichen Verfassung in der<br />

Lage, die blinden- <strong>und</strong> sehbehindertenspezifischen Hilfs<strong>mit</strong>tel <strong>und</strong><br />

Unterstützungsmöglichkeiten anzuwenden <strong>und</strong> umzusetzen. Dies trägt wiederum zu<br />

einer weiteren Erhaltung der Selbständigkeit <strong>und</strong> Aktivität bei. Wenn sie <strong>mit</strong> Hilfe <strong>von</strong><br />

Markierungspunkten, Kontrasten oder Beleuchtung in der Lage bleiben, den Herd<br />

63


<strong>und</strong> die Waschmaschine zu bedienen, dann erleben sie eine große Erleichterung,<br />

verb<strong>und</strong>en <strong>mit</strong> der Hoffnung <strong>und</strong> Motivation, weiterhin alltägliche Dinge verrichten zu<br />

können.<br />

Darüber hinaus stellt sich in den <strong>Beratung</strong>en auch immer wieder heraus, dass<br />

gerade Personen ohne Pflegestufe über das gesamte Themengebiet der<br />

Unterstützungsleistungen im Alter relativ wenig wissen <strong>und</strong> kaum informiert sind, weil<br />

sie bisher keinerlei Hilfsleistungen in Anspruch nehmen mussten. Gerne nehmen sie<br />

daher weitere Informationen oder die konkrete Weiterver<strong>mit</strong>tlung durch die<br />

<strong>Senioren</strong>beratung an Anbieter der Altenhilfe in Anspruch.<br />

Bei Personen ab Pflegestufe 2 stößt die <strong>Senioren</strong>beratung teilweise an ihre Grenzen,<br />

denn durch weitere körperliche Einschränkungen ist es manchmal für die betroffenen<br />

Personen schwierig, <strong>mit</strong> dem entsprechenden Hilfs<strong>mit</strong>tel umzugehen. Oder auch bei<br />

Demenzerkrankungen zu erinnern, für was das Hilfs<strong>mit</strong>tel nützt <strong>und</strong> wie es<br />

angewandt wird. Die Aspekte einer psychosozialen <strong>Beratung</strong> sind bei Menschen ab<br />

Pflegestufe 2 nicht unmöglich, aber nur sehr eingeschränkt möglich. Hier ist es<br />

sinnvoll das Pflegepersonal oder die Angehörigen im Umgang <strong>mit</strong> blinden oder<br />

sehbehinderten <strong>Senioren</strong> zu schulen.<br />

4.6.2 Multimorbidität<br />

Sehr häufig ist es im Alter so, dass mehrere Erkrankungen auftreten, diese müssen<br />

jedoch nicht immer stark einschränkend sein, das hängt <strong>von</strong> der jeweiligen<br />

Erkrankung ab.<br />

64


Abbildung 26: Darstellung der zusätzlichen körperlichen Beeinträchtigungen<br />

In dem vorliegenden Bericht wird unterschieden zwischen „guter ges<strong>und</strong>heitlicher<br />

Verfassung“; „eine weitere Beeinträchtigung zusätzlich zur Sehbehinderung“ z. B.<br />

Schwerhörigkeit, Herz-Kreislauferkrankung, Gehbehinderung, Rheuma etc.<br />

„Mehrfacherkrankungen“, das heißt, neben der Sehbehinderung liegen noch<br />

mindestens zwei weitere Erkrankungen vor, z. B. Gehbehinderung <strong>und</strong><br />

Schwerhörigkeit, Herz-Kreislauferkrankung <strong>und</strong> Diabetes etc. Sowie<br />

„Multimorbidität“, hierunter fallen alle schwerwiegenden Erkrankungen, die auch die<br />

Sehbehinderung überwiegen z. B. Krebserkrankung, hochgradige Demenz,<br />

chronische Lungenerkrankungen, Dialysepatienten etc. Nicht <strong>mit</strong> allen betroffenen<br />

<strong>Senioren</strong> wurden über die weiteren körperlichen Beeinträchtigungen neben der<br />

Sehbehinderung gesprochen. Es war vor allem ein Anliegen herauszufinden, ob die<br />

Sehbehinderung die größte Einschränkung für die Betroffenen darstellt.<br />

65


100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

6,4<br />

gute ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Verfassung<br />

Ges<strong>und</strong>heitliche Verfassung<br />

(in Prozent)<br />

20,3<br />

eine weitere<br />

Beeinträchtigung<br />

31<br />

Mehrfacherkrankung<br />

22 20,3<br />

Multimorbidität<br />

Keine Angaben<br />

Abbildung 27: Ges<strong>und</strong>heitliche Verfassung in Prozent<br />

Von den zu beratenden Personen sind 6,4% (8 Personen) in einer guten<br />

ges<strong>und</strong>heitlichen Verfassung. 20,3% (25 Personen) haben neben der<br />

Sehbehinderung eine weitere Beeinträchtigung. 31% (38 Personen) haben mehr als<br />

zwei weitere Erkrankungen neben der Sehbehinderung. 22% (27 Personen) haben<br />

neben der Sehbehinderung weitere schwerwiegende ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Beeinträchtigungen. Bei 20,3% (25 Personen) liegen keine genauen Auskünfte über<br />

die weiteren ges<strong>und</strong>heitlichen Beeinträchtigungen vor.<br />

4.7 Zugang zu Kommunikation <strong>und</strong> Informationen<br />

Die Möglichkeit, sich Zugang zu Kommunikation <strong>und</strong> Informationen über Telefon,<br />

Zeitungen, Nachrichten, das Internet etc. zu verschaffen, zählt zu den<br />

Gr<strong>und</strong>bedürfnissen eines Menschen. <strong>Senioren</strong>, die ihr Leben lang, über eine visuelle<br />

Kommunikationsfähigkeit verfügt haben, werden im Alter, wenn diese Fähigkeit<br />

aufgr<strong>und</strong> einer altersbedingten Augenerkrankung nachlässt, große Verluste <strong>und</strong><br />

Einschränkungen erleben <strong>und</strong> auf Hilfe/Unterstützung bzw. die passenden Hilfs<strong>mit</strong>tel<br />

angewiesen sein, wenn sie den Zugang zu Kommunikation <strong>und</strong> Information aufrecht<br />

erhalten möchten. Eines der häufigsten Themen in der <strong>Senioren</strong>beratung ist daher<br />

66


auch der Verlust der Lesefähigkeit, das heißt, dass normale Schriftgrößen kaum<br />

mehr oder nur noch sehr mühsam gelesen werden kann <strong>und</strong> so<strong>mit</strong> der Zugang zu<br />

Informationen <strong>und</strong> Kommunikation zunehmend schwieriger wird. Innerhalb der<br />

<strong>Beratung</strong>en werden verschiedene Nutzungsmöglichkeiten angesprochen, aber nicht<br />

immer wird in jeder <strong>Beratung</strong> jede Zugangsmöglichkeit zur Kommunikation <strong>und</strong><br />

Information gleich gewichtet, daher gibt es nicht <strong>von</strong> allen Personen Angaben zu den<br />

einzelnen Themen wie Telefonnutzung, Fernseh- <strong>und</strong> Radionutzung.<br />

4.7.1 Lesbarkeit <strong>von</strong> Schwarzschrift<br />

Lesen als Informationsbeschaffung <strong>und</strong> Freizeitbeschäftigung <strong>und</strong> „nicht mehr lesen<br />

können“ sind immer wiederkehrende zentrale Themen in der <strong>Beratung</strong>, da diese<br />

Einschränkung im Alltag besonders drastisch empf<strong>und</strong>en wird. Entsprechend hoch<br />

sind die Bestrebungen, wieder besser Lesen zu können. Von den Ratsuchenden<br />

können 12,1% (15 Personen) Schwarzschrift noch gut lesen, 8,9% (11 Personen)<br />

kommen <strong>mit</strong> Großdruck oder einer größeren Schriftart noch aus. 35,1% (39<br />

Personen) benötigen zum Lesen ein Hilfs<strong>mit</strong>tel (entweder eine Lupe, ein BLG) 28,2%<br />

(35 Personen) können auch <strong>mit</strong> optischen oder elektronischen Hilfs<strong>mit</strong>teln nur<br />

äußerst mühsam lesen <strong>und</strong> 17,7% (22 Personen) können gar nicht mehr lesen, sie<br />

haben dann entweder ein Vorlesesystem oder sind auf die Hilfe <strong>von</strong> Anderen<br />

angewiesen, da<strong>mit</strong> ihnen etwas vorgelesen wird. Für 1,6% (2 Personen) liegen keine<br />

Angaben vor.<br />

67


Lesbarkeit <strong>von</strong> Schwarzschrift<br />

(in Prozent)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

12,1<br />

8,9<br />

31,5<br />

ja Ja (Großdruck) Ja, <strong>mit</strong><br />

Hilfs<strong>mit</strong>tel<br />

(Brille, Lupe,<br />

BLG)<br />

28,2<br />

Ja, aber<br />

mühsam<br />

17,7<br />

1,6<br />

Nein, gar nicht Keine Angaben<br />

Abbildung 28: Lesbarkeit <strong>von</strong> Schwarzschrift in Prozent<br />

4.7.2 Umgang <strong>mit</strong> offiziellen Schreiben, Vereinbarung <strong>von</strong> Terminen etc.<br />

Der Umgang <strong>mit</strong> der Korrespondenz <strong>und</strong> die Pflege des Terminkalenders sind<br />

wichtige Aspekte im Erleben <strong>von</strong> Unabhängigkeit <strong>und</strong> Selbständigkeit <strong>und</strong> genau<br />

diese Aspekte stellen häufig eine große Herausforderung für die <strong>Senioren</strong> dar. Viele<br />

sind aufgr<strong>und</strong> fehlender blinden- <strong>und</strong> sehbehindertenspezfischer Hilfs<strong>mit</strong>tel, wie z. B.<br />

einem Penfriend zum auditiven Speichern <strong>von</strong> Terminen, auf die Hilfe anderer<br />

angewiesen. Entsprechend wird in 53,5% (54 Personen) der Antworten angegeben,<br />

dass sich enge Familienangehörige (Partner, Kinder, nahe Verwandten) um die<br />

Korrespondenz kümmern oder die <strong>Senioren</strong> darin unterstützen. Weitere 1,6% (2<br />

Personen) werden durch Fre<strong>und</strong>e, Nachbarn <strong>und</strong> Bekannte <strong>und</strong> 2,4% durch<br />

professionelle Dienstleister begleitet. In 29% (36 Personen) der Antworten wird<br />

beschrieben, dass das Lesen <strong>und</strong> Verfassen <strong>von</strong> Briefen <strong>und</strong> die Vereinbarung <strong>von</strong><br />

Terminen (noch) weitestgehend selbständig erledigt wird, entweder Mithilfe <strong>von</strong><br />

Lupen <strong>und</strong> geeigneter Beleuchtung oder eines BLG. Typisch ist hier auch eine<br />

Mischform, die sich durch die selbständige Bearbeitung der Korrespondenz <strong>und</strong> <strong>mit</strong><br />

teilweiser Unterstützung durch die Familie kennzeichnet. Bei 23,4% (29 Personen)<br />

stellte sich im <strong>Beratung</strong>sgespräch nicht klar heraus, wie der Umgang <strong>mit</strong> der Post<br />

<strong>und</strong> der Terminvereinbarung gehandhabt wird.<br />

68


Umgang <strong>mit</strong> offiziellen Schreiben etc.<br />

(in Prozent)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

43,5<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Hilfe durch Familie<br />

etc.<br />

1,6 2,4<br />

Hilfe druch<br />

Fre<strong>und</strong>e &<br />

Bekannte<br />

Professionelle<br />

Hilfe_Dienstleister<br />

29<br />

selbstständig<br />

23,4<br />

Fehlende Angaben<br />

Abbildung 29: Umgang <strong>mit</strong> offiziellen Schreiben in Prozent<br />

4.7.3 Nutzung eines Bildschirmlesegeräts<br />

Wenn optische Hilfs<strong>mit</strong>tel, wie Lupen nicht mehr ausreichen, weil der<br />

Vergrößerungsbedarf höher als 12-fach ist, dann wird den Betroffenen ein<br />

Bildschirmlesegerät 30 empfohlen, <strong>mit</strong> Hilfe dessen sie sich eine bis zu einer 60-<br />

fachen Vergrößerung einstellen können. Nicht <strong>von</strong> allen liegen Auskünfte darüber<br />

vor, ob sie ein BLG haben oder nicht. Für 16,1% (20 Personen) liegen keine<br />

Ergebnisse vor. 53,3% (66 Personen) haben kein BLG, weil ihr Vergrößerungsbedarf<br />

noch nicht entsprechend hoch war. 14,5% (18 Personen) haben ein BLG <strong>und</strong> können<br />

es gut verwenden. 4% (5 Personen) haben zwar ein BLG, aber sie haben <strong>mit</strong> der<br />

Handhabung Schwierigkeiten. Manchmal ist der Vergrößerungsbedarf dann schon so<br />

hoch, dass es extrem mühsam ist, <strong>mit</strong> dem BLG etwas zu lesen. 4% (5 Personen)<br />

wurde ein BLG empfohlen, aber sie haben sich dagegen entschieden, hauptsächlich,<br />

weil sie vor der Technik zurückgeschreckt sind. Bei 4% (5 Personen) ist die<br />

Beantragung für ein BLG in die Wege geleitet <strong>und</strong> ebenfalls 4% (5 Personen) hatten<br />

ein BLG, haben es aber wieder zurückgegeben, weil sie da<strong>mit</strong> nicht<br />

zurechtgekommen sind.<br />

30 Für die Erklärung, was ein BLG ist, siehe Fußnote 13 im vorliegenden Bericht.<br />

69


Ein Gr<strong>und</strong> dafür ist, dass die Einweisung in den Gebrauch <strong>und</strong> die Handhabung des<br />

BLGs häufig zu kurz ist, so dass die betroffenen <strong>Senioren</strong> dann <strong>mit</strong> dem Gerät nicht<br />

zurechtkommen. Während der <strong>Senioren</strong>beratung bestand immer wieder die<br />

Möglichkeit, die einzelnen Funktionen des Gerätes gemeinsam auszuprobieren <strong>und</strong><br />

zu üben. Ein regelmäßiger Gebrauch des BLGs ist wichtig, denn so werden die<br />

einzelnen Funktionen selbstverständlicher <strong>und</strong> der Umgang <strong>mit</strong> der Zeit leichter. In<br />

diesem Zusammenhang ist es auch gut, wenn die Angehörigen darüber informiert<br />

sind, wie das BLG funktioniert <strong>und</strong> die betroffene Person auch dazu animieren,<br />

selbständig am BLG zu lesen. Aber <strong>und</strong> das wird vor allem am BLG sichtbar, ein<br />

Lesen, wie es vor der Augenerkrankung möglich war, wird so, auch <strong>mit</strong> BLG häufig<br />

nicht mehr möglich sein.<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

14,5<br />

Vorhandensein eines Bildschirmlesegeräts (BLG)<br />

(in Prozent)<br />

4<br />

53,3<br />

4 4 4<br />

16,1<br />

Abbildung 30: Vorhandenseins eines Bildschirmlesegeräts (BLG) in Prozent<br />

4.7.4 Nutzung eines Daisyplayers<br />

<strong>Senioren</strong>, die ihr Leben lang sehr gerne <strong>und</strong> viel gelesen haben, leiden sehr<br />

darunter, dass dies nicht mehr gut geht. Auch <strong>mit</strong> Hilfe <strong>von</strong> optischen <strong>und</strong><br />

elektronischen Hilfs<strong>mit</strong>teln wie Lupe oder BLG ist das Lesen ganzer Bücher extrem<br />

mühsam <strong>und</strong> anstrengend. Als brauchbare Alternative können hier Hörbücher in<br />

Betracht gezogen werden. Aufgesprochene Literatur ermöglicht es, Menschen <strong>mit</strong><br />

70


einer Sehbehinderung einen breiteren Zugang zu Literatur <strong>und</strong> Informationen zu<br />

verschaffen.<br />

Im Rahmen der <strong>Senioren</strong>beratung wird diese Möglichkeit sehr häufig thematisiert<br />

<strong>und</strong> es besteht die Möglichkeit, dass sich die <strong>Senioren</strong> ein speziell für die<br />

Bedürfnisse blinder <strong>und</strong> sehbehinderter Menschen entwickeltes Abspielgerät, einen<br />

sogenannten Daisyplayer, auszuleihen <strong>und</strong> auszuprobieren, um zu sehen, ob sie <strong>mit</strong><br />

der Handhabung des Gerätes zurechtkommen <strong>und</strong> ob ihnen dieser Zugang zu<br />

Literatur zusagt.<br />

Mit dieser Möglichkeit sind die <strong>Senioren</strong> noch nicht so vertraut <strong>und</strong> manche scheuen<br />

sich davor, weil sie die Befürchtung haben, <strong>mit</strong> der Technik nicht zurecht zu<br />

kommen. Diese Hemmungen lassen sich gut abbauen, indem das Gerät als<br />

Leihgabe ausprobiert werden kann.<br />

Um einen Daisyplayer selbst zu besitzen, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Die<br />

<strong>Senioren</strong> können ihn käuflich erwerben, sie können ihn durch eine monatliche<br />

Gebühr ausleihen oder sie können versuchen, ihn als Hilfs<strong>mit</strong>telverordnung über die<br />

Krankenkasse zu beantragen.<br />

Bei 80 Personen (64,5%) wurde das Thema Daisy-Player während der <strong>Beratung</strong><br />

thematisiert <strong>und</strong>, wenn gewünscht, vorgestellt oder ausgeliehen. 6 Personen (4,8%)<br />

aller <strong>Beratung</strong>steilnehmer verfügen über einen Daisy-Player, weitere 4,8% (6<br />

Personen) über ein anderes Medium z. B. Mp3 Player oder ein Computerprogramm,<br />

<strong>mit</strong> denen Daisy-Hörbücher oder anderen Audioformate abgespielt werden können.<br />

4,8% zeigen Interesse an einem Daisy-Player, diese 6 Seniorinnen konnten im<br />

Rahmen der <strong>Beratung</strong> das Gerät ausprobieren. Und fast alle waren <strong>von</strong> dem Daisy-<br />

Player begeistert <strong>und</strong> haben ihn beantragt oder käuflich erworben. Da<strong>von</strong> wurden 4<br />

Personen bei der Beantragung des Gerätes bei der Krankenkasse durch die<br />

<strong>Senioren</strong>beraterin unterstützt. Der überwiegende Teil der <strong>Senioren</strong> hat keinen Daisy-<br />

Player. Entweder weil sie kein Interesse (44,4 %; 55 Personen) oder noch keinen<br />

Bedarf (2,4 %; 3 Personen) haben oder auch weil sie aufgr<strong>und</strong> <strong>von</strong> Hörproblemen<br />

diese Form der Kommunikation <strong>und</strong> Mediennutzung nicht mehr verwenden können<br />

(3,2 %; 4 Personen).<br />

71


Vorhandensein eines Daisy-Players<br />

(in Prozent)<br />

35,5<br />

4,8 4,8<br />

4,8<br />

3,2<br />

Ja , Daisyplayer<br />

Ja, anderes Gerät<br />

Nein, aber Interesse<br />

Kein Interesse<br />

Kein Bedarf<br />

Hörprobleme<br />

Keine Angaben<br />

2,4<br />

44,4<br />

Abbildung 31: Vorhandenseins eines Daisy-Players in Prozent<br />

4.7.5 Nutzung der Blindenbibliotheken<br />

Die <strong>Deutsche</strong> Blinden-Bibliothek stellt Bücher in Blindenschrift <strong>und</strong> DAISY-CDs zur<br />

kostenlosen Ausleihe zur Verfügung. Menschen <strong>mit</strong> einer Sehbehinderung oder<br />

Blindheit können dort eine kostenlose Mitgliedschaft beantragen. Im Rahmen der<br />

<strong>Senioren</strong>beratung bestand auch hier die Möglichkeit, darüber zu informieren <strong>und</strong> bei<br />

Interesse auch gemeinsam einen Antrag auszufüllen. Ähnlich wie <strong>mit</strong> dem Daisy-<br />

Player hatten die <strong>Senioren</strong> auch die Möglichkeit Hörbücher auszuprobieren, um für<br />

sich herauszufinden, ob ihnen dieser Zugang zu Literatur <strong>und</strong> Informationen zusagt.<br />

72


Nutzung der Blindenbibliothek<br />

(in Prozent)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

5,6 3,2<br />

14,5<br />

42,7<br />

4,8 4<br />

25<br />

0<br />

ja<br />

Antrag<br />

gestellt<br />

zeigt Interesse kein Interesse<br />

an<br />

Informationen<br />

noch kein<br />

Bedarf<br />

Hörprobleme<br />

keine<br />

Angaben<br />

Abbildung 32: Nutzung der Blindenbibliothek in Prozent<br />

Lediglich 5,6% (7 Personen) nutzen die Blindenbibliotheken bereits. Weitere 3,2% (4<br />

Personen) haben im Rahmen der <strong>Senioren</strong>beratung einen Antrag gestellt. Und<br />

14,5% (18 Personen) haben in der <strong>Beratung</strong> Interesse für eine Mitgliedschaft gezeigt<br />

<strong>und</strong> überlegen, einen Antrag zu stellen. Hier wurden das nötige Informationsmaterial<br />

<strong>und</strong> die Anmeldunterlagen dagelassen. 42,7% (53 Personen) haben kein Interesse<br />

an einer Mitgliedschat, 4,8% (6 Personen) sehen noch keinen Bedarf <strong>und</strong> bei 4% (5<br />

Personen) liegen akustische Probleme vor. Bei 25% (31 Personen) der Befragten<br />

war die Blindenbibliothek kein Thema während der <strong>Beratung</strong>.<br />

73


4.7.6 Telefonnutzung<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

55,6<br />

16,9<br />

Telefonnutzung<br />

(in Prozent)<br />

4<br />

ja ja, aber schwierig ja, <strong>mit</strong> Hilfe nein, gar nicht keine Angaben<br />

5,6<br />

18<br />

Abbildung 33: Telefonnutzung in Prozent<br />

Das Telefon stellt ein zentrales Kommunikations<strong>mit</strong>tel für die Seniorinnen dar. 55,6%<br />

(69 Personen) nutzen das Telefon noch. Für 16,9% (21 Personen) ist es schon<br />

schwieriger <strong>und</strong> häufig lassen sie sich nur noch anrufen oder haben<br />

Kurzwahlspeicher, die sie verwenden. 4% (5 Personen) können nur noch <strong>mit</strong> Hilfe<br />

anderer telefonieren. Lediglich 5,6% (7 Personen) geben an, das Telefon gar nicht<br />

mehr nutzen zu können. Von 18% (22 Personen) liegen keine Daten zu diesem<br />

Thema vor.<br />

In der <strong>Beratung</strong> wurde vor allem die Anschaffung <strong>von</strong> Telefonen <strong>mit</strong> großen Tasten<br />

sowohl in schnurloser Form als auch <strong>mit</strong> Schnur <strong>und</strong> eine sinnvolle Platzierung<br />

(Standort, Beleuchtung, etc.) thematisiert. Schwierigkeiten bereiten neben der<br />

Erkennung der richtigen Tasten die Speicherung <strong>von</strong> neuen <strong>und</strong> das Wählen<br />

unbekannter Nummern, die nicht alle erinnert werden können. In der <strong>Beratung</strong><br />

konnten verschiedene Telefonmodelle ausprobiert werden, um zu sehen, ob die<br />

Handhabung der Telefone auch im Alltag funktioniert. Die Umstellung auf ein<br />

Großtastentelefon oder ein sprechendes Telefon bringt häufig schon eine<br />

Erleichterung <strong>und</strong> Verbesserung im Umgang <strong>mit</strong> dem Telefon, ebenso das Anbringen<br />

<strong>von</strong> roten, taktilen Markierungspunkten auf den Funktionstasten.<br />

74


4.7.7 Fernsehnutzung<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

43,5<br />

ja<br />

6,5 8,1 5,6<br />

ja, aber<br />

problematisch<br />

Fernsehnutzung<br />

(in Prozent)<br />

36,3<br />

wenig oder kaum nein Keine Angaben<br />

Abbildung 34: Fernsehnutzung in Prozent<br />

Der Fernseher ist trotz Sehbehinderung ein wesentliches Informations- <strong>und</strong><br />

Freizeitmedium für die <strong>Senioren</strong>. Der Verlust dieses Mediums ist sehr groß, weil er<br />

auch sehr häufig als Zeitvertreib eingesetzt wird, hier eine brauchbare Alternative zu<br />

finden, ist nicht immer einfach. So nutzten 43,5% (54 Personen) weiterhin den<br />

Fernseher <strong>und</strong> unterstützen dies durch eigene Techniken indem sie z. B. den<br />

Abstand verkürzen <strong>und</strong> mehr hören als sehen. Hörfilme spielen keine Rolle. 6,5% (8<br />

Personen) finden es zunehmend schwieriger den Fernseher zu nutzen <strong>und</strong> weitere<br />

8,1% (10 Personen) nutzen ihn deshalb kaum noch. Lediglich 5,6% (7 Personen)<br />

geben an nicht mehr fernzusehen. Für 36,3 % (45 Personen) liegen noch keine<br />

Angaben vor.<br />

4.7.8 Radionutzung<br />

Das Radio hat ebenfalls einen hohen Stellenwert. Allerdings liegen bei 71 % (88<br />

Personen) keine Daten vor. Bei den <strong>Senioren</strong>, <strong>von</strong> denen Informationen vorliegen<br />

hören 77,8% (28 Personen) Radio (gesamt: 22,6 %). Weitere 8,3 % (gesamt 2,4 %; 3<br />

Personen) hören wenig oder selten Radio <strong>und</strong> 13,9 % (gesamt 4 %; 5 Personen)<br />

hören kein Radio mehr, weil es ihnen zu anstrengend ist oder sie die Sprecher<br />

schlecht verstehen.<br />

75


4.7.9 Umgang <strong>und</strong> Erfahrungen <strong>mit</strong> dem PC<br />

Aufgr<strong>und</strong> des hohen Alters der <strong>Senioren</strong> hat die überwiegende Mehrzahl dieser<br />

Personen keinen PC <strong>und</strong> hat zum Teil auch noch nie an einem PC gearbeitet. Daher<br />

liegen bei über der Hälfte (55,6%, 69 Personen) der Befragten keine Aussagen zur<br />

PC Nutzung vor. 11 Personen (8,8%) arbeiten <strong>mit</strong> einem PC, bei 3,2% (4 Personen)<br />

da<strong>von</strong> wird der Umgang durch die fortschreitende Sehbehinderung zunehmend<br />

erschwert. Mit 33,1% (41 Personen) gibt die größte Gruppe an, dass sie keinen PC<br />

hat. Drei Personen äußern den Wunsch, PC-Kenntnisse zu erwerben (2,4 %), der<br />

Großteil der Nichtnutzer möchte jedoch keine Kenntnisse mehr erwerben. Die<br />

Prognose ist jedoch, dass dieses Thema an Bedeutung gewinnen wird, denn für<br />

nachfolgende Generationen ist der Umgang <strong>mit</strong> dem PC wesentlich vertrauter.<br />

4.7.10 Umgang <strong>und</strong> Erfahrung <strong>mit</strong> Punktschrift<br />

Die <strong>Beratung</strong>steilnehmenden zeigen wenig bis kein Interesse daran, die Punktschrift<br />

zu erlernen. Das hohe Alter <strong>und</strong> die zusätzlichen Erkrankungen (Zittern,<br />

Empfindungsstörungen in den Fingern) machen den Erwerb der Punktschrift zudem<br />

schwierig <strong>und</strong> langwierig. Andere Medien der Kommunikation, insbesondere das<br />

Telefon werden vorgezogen.<br />

4.7.11 Zusammenfassung des Themenbereiches Zugang zu<br />

Kommunikation <strong>und</strong> Information<br />

Wie zuvor beschrieben, zählt der Zugang zu Informationen <strong>und</strong> Kommunikation über<br />

die unterschiedlichsten Medien als ein Gr<strong>und</strong>bedürfnis des Menschen. Nicht mehr<br />

lesen zu können ist häufig eines der ersten Schwierigkeiten, die Menschen <strong>mit</strong> einer<br />

altersbedingten Augenerkrankung erleben. Durch den progressiven Verlauf kommen<br />

immer mehr visuelle Bereiche hinzu, bei denen Beeinträchtigungen erlebt werden. Ist<br />

es z. B. lange Zeit noch möglich, durch die Verringerung des Abstandes Fernsehen<br />

zu sehen, kann es sein, dass dies zunehmend schwerer wird <strong>und</strong> die Bilder nur noch<br />

verschwommen oder in Umrissen wahrgenommen werden können. Häufig sind die<br />

betroffenen <strong>Senioren</strong> nicht ausreichend über blinden- <strong>und</strong> sehbehindertenspezifische<br />

Unterstützungsleistungen <strong>und</strong> Angebote wie Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Anpassung<br />

76


vergrößernder Sehhilfen, Mitgliedschaft in der Blindenhörbücherreich <strong>und</strong> spezielle<br />

Abspielgeräte informiert. Daher nimmt dieser gesamte Themenbereich „Zugang zu<br />

Kommunikation <strong>und</strong> Information“ im Rahmen der mobilen <strong>Senioren</strong>beratung einen<br />

sehr großen <strong>und</strong> wichtigen Platz ein.<br />

4.8 Beantragung <strong>von</strong> Unterstützungsleistungen<br />

Ein sehr wichtiges Thema innerhalb der <strong>Senioren</strong>beratungen sind die<br />

unterschiedlichen Möglichkeiten <strong>von</strong> Unterstützungsleistungen. Angefangen vom<br />

Schwerbehindertenausweis, über die Beantragung <strong>von</strong> Blinden- <strong>und</strong><br />

Sehbehindertengeld bis hin zu Informationen bei Pflegebedürftigkeit <strong>und</strong> zur<br />

Pflegestufe. Der Schwerbehindertenausweis, wie auch das Blinden- <strong>und</strong><br />

Sehbehindertengeld stellen einen Nachteilsausgleich für blinde <strong>und</strong> sehbehinderte<br />

Menschen dar. Blinde <strong>und</strong> hochgradig sehbehinderte Menschen können z. B.<br />

kostenfrei <strong>mit</strong> einer Begleitperson die Öffentlichen Verkehrs<strong>mit</strong>tel benutzen können.<br />

Blinde Menschen <strong>mit</strong> dem Merkmal BL im Schwerbehindertenausweis haben die<br />

Möglichkeit eine Reduzierung der R<strong>und</strong>funkgebühren zu beantragen. Das Blinden<strong>und</strong><br />

Sehbehindertengeld dient dazu, dass die Betroffenen ihren Nachteil dadurch<br />

ausgleichen können, dass sie sich Hilfs<strong>mit</strong>tel wie z. B. Lupen etc. besorgen können<br />

oder dass sie sich andere, aufgr<strong>und</strong> der Sehbehinderung oder Blindheit benötigte<br />

Hilfe- <strong>und</strong> Unterstützungsleistungen „einkaufen“ können.<br />

In der <strong>Senioren</strong>beratung wird auf diese unterschiedlichen Unterstützungsleistungen<br />

hingewiesen <strong>und</strong> bei Interesse werden die Anträge gemeinsam ausgefüllt <strong>und</strong><br />

<strong>mit</strong>unter <strong>von</strong> der <strong>Senioren</strong>beraterin auch direkt bei der Post eingeworfen.<br />

Entsprechend der Altersgruppe waren auch Fragen zur Einstufung in die Pflegestufe<br />

<strong>und</strong> die Nutzung <strong>von</strong> Pflegedienstleitungen <strong>und</strong> häuslicher Unterstützung wichtige<br />

Themen. Durch die gute Vernetzung <strong>mit</strong> anderen Anbietern im Landkreis Marburg-<br />

Biedenkopf wie z. B. dem Pflegestützpunkt konnte gerade bei diesen speziellen<br />

Fragen zu Pflegeleistungen der Kontakt hergestellt werden, was <strong>von</strong> den <strong>Senioren</strong><br />

sehr begrüßt wurde.<br />

77


4.8.1 Schwerbehindertenausweis<br />

41,1 % (51 Personen) haben einen Schwerbehindertenausweis. Bei weiteren 16,9%<br />

(21 Personen) läuft ein Antragsverfahren, das noch nicht abgeschlossen ist, bei 5,6<br />

% (7 Personen) da<strong>von</strong> gab es eine Unterstützung bei der Beantragung durch die<br />

<strong>Senioren</strong>beratung. 20,1 % (25 Personen) haben keinen Schwerbehindertenausweis,<br />

entweder weil sie diesen nicht benötigen (4%) oder noch keine Berechtigung besteht<br />

(16,1 %). Bei zwei Personen ist die Situation unklar, für 20,1% (27 Personen) liegen<br />

keine Angaben vor.<br />

Schwerbehindertenausweis<br />

(in Prozent)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

41,1<br />

16,1<br />

11,3<br />

ja nein Antrag ist im<br />

Prozess<br />

5,6<br />

Unterstützung<br />

bei der<br />

Beantragung<br />

4<br />

nein, kein<br />

Interesse<br />

21,8<br />

keine<br />

Angaben<br />

Abbildung 35: Schwerbehindertenausweis in Prozent<br />

4.8.2 Sehbehinderten- bzw. Blindengeld<br />

Anspruch auf Sehbehindertengeld besteht, wenn man auf dem besser sehenden<br />

Auge selbst <strong>mit</strong> Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr als 5 % (Visus 0,05) <strong>von</strong> dem<br />

sieht, was ein Mensch <strong>mit</strong> normaler Sehkraft erkennt. Anspruch auf Blindengeld<br />

besteht, wenn man auf dem besser sehenden Auge selbst <strong>mit</strong> Brille oder<br />

Kontaktlinsen nicht mehr als 2% (Visus 0,02) <strong>von</strong> dem sieht, was ein Mensch <strong>mit</strong><br />

normaler Sehkraft erkennt. Von den beratenden <strong>Senioren</strong> erhalten 18,5% (23<br />

Personen) bereits Blindengeld (BG). 7,3% (9 Personen) erhalten<br />

Sehbehindertengeld (SBG). Bei 3,2% (4 Personen) ist unklar ob es sich um das<br />

78


Blinden- oder um das Sehbehindertengeld handelt. Bei 16,2 % (20 Personen) läuft<br />

gerade ein Antragsverfahren, oftmals angeregt durch die <strong>Senioren</strong>beraterin. 29% (36<br />

Personen) der <strong>Beratung</strong>steilnehmenden sind aufgr<strong>und</strong> höherer Visusangaben nicht<br />

Blinden- oder Sehbehindertengeld berechtigt. Bei einer Person (0,8%) wurde der<br />

Antrag auf Blinde- oder Sehbehindertengeld abgelehnt <strong>und</strong> muss zu einem späteren<br />

Zeitpunkt erneut beantragt werden. Bei 25,8% (32 Personen) gibt es keine Auskunft,<br />

das hat häufig da<strong>mit</strong> zu tun, dass die Betroffenen selbst nicht genau wissen, wie<br />

hoch ihr Sehvermögen noch ist.<br />

Blinden- <strong>und</strong> Sehbehindertengeld<br />

(in Prozent)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

18,5<br />

7,3 8,9 7,3<br />

29<br />

3,2<br />

25,8<br />

Abbildung 36: Blinden- <strong>und</strong> Sehbehindertengeld in Prozent<br />

In den <strong>Beratung</strong>en kommt es auch immer wieder vor, dass Personen, die schon<br />

längst Anspruch auf Sehbehinderten- oder Blindengeld hätten, nicht ausreichend<br />

darüber informiert wurden, was sie für eine Beantragung benötigen <strong>und</strong> wie das<br />

weitere Vorgehen ist. Hier kann die <strong>Senioren</strong>beratung sehr gut unterstützen, indem<br />

gemeinsam die Anträge ausgefüllt werden <strong>und</strong> die nötigen Schritte in die Wege<br />

geleitet werden.<br />

79


4.9 Beleuchtung, Kontraste <strong>und</strong> Markierungen<br />

Ein wesentliches Element zur Verbesserung der Orientierung in der Wohnung sowie<br />

zur Aufrechterhaltung der Selbstversorgung sind die Themen „Beleuchtung,<br />

Kontraste <strong>und</strong> Markierungen“. Entsprechend häufig wurden diese Aspekte in den<br />

<strong>Beratung</strong>en thematisiert. 46% (57 Personen) erhielten eine <strong>Beratung</strong> zum Thema<br />

Beleuchtung, 4% (5 Personen) zum Thema Markierungen. Weitere 13,7% (17<br />

Personen) wurden zu beiden Themen beraten. Insgesamt erhielten also 63,7 % eine<br />

<strong>Beratung</strong> zum Thema „Beleuchtung, Kontraste <strong>und</strong> Markierungen“. Die übrigen<br />

<strong>Beratung</strong>steilnehmenden hatten entweder kein Interesse am Thema 2,4% (3<br />

Personen), 9,7% (12 Personen) hatten aufgr<strong>und</strong> des noch vorhandenen<br />

Sehvermögens noch keinen Bedarf oder 6,5% (8 Personen) waren bereits gut<br />

ausgestattet. Bei 4,8% (6 Personen) war über eine verbesserte Beleuchtung keine<br />

verbesserte Ausnutzung des vorhandenen Sehvermögens mehr möglich. Bei 12,9%<br />

(16 Personen) war das Thema Beleuchtung <strong>und</strong> Markierungen nicht Inhalt der<br />

<strong>Beratung</strong>.<br />

Thema: Beleuchtung, Kontraste <strong>und</strong> Markierungen<br />

(in Prozent)<br />

46<br />

ja, <strong>Beratung</strong> Beleuchtung<br />

2,4<br />

12,9<br />

ja, <strong>Beratung</strong> Markierungen<br />

4,8<br />

9,7<br />

ja, <strong>Beratung</strong> Beleuchtung &<br />

Markierungen<br />

nein, bereits gut ausgestattet<br />

nein, noch kein Bedarf<br />

6,5<br />

nein, keine<br />

Verbesserungsmöglichkeiten<br />

13,7<br />

4<br />

nein, kein Interesse<br />

keine Angaben<br />

Abbildung 37: Thema Beleuchtung, Kontraste <strong>und</strong> Markierungen in Prozent<br />

80


4.10 Orientierung <strong>und</strong> Mobilität<br />

4.10.1 Orientierung in der Wohnung<br />

Die Fähigkeit der Fortbewegung im <strong>und</strong> außerhalb des Hauses ist die Voraussetzung<br />

für eine unabhängige <strong>und</strong> selbstbestimmte Lebensführung. Bei einem <strong>Sehverlust</strong><br />

wird diese Fähigkeit zunehmend eingeschränkt. Während sich sehr viele <strong>Senioren</strong><br />

innerhalb ihrer Wohnung oder ihres Hauses noch gut orientieren <strong>und</strong> bewegen<br />

können, gibt es außerhalb des Hauses zahlreiche Hindernisse, die die Fortbewegung<br />

beeinträchtigen können. Wenn z. B. das Autofahren aufgegeben werden muss, dann<br />

sind die Betroffenen entweder auf Angehörige oder Taxen angewiesen. Wenn sie auf<br />

öffentliche Verkehrs<strong>mit</strong>tel umsteigen wollen, dann haben sie hier häufig<br />

Schwierigkeiten, die Busnummern oder die Anzeigentafeln zu erkennen. Die<br />

Fahrpläne befinden sich hinter Plexiglas, was zum Teil so stark spiegelt, dass die<br />

Zeiten nicht mehr gelesen werden können. Ebenso stellt die Bedienung der<br />

Fahrkartenautomaten für viele Betroffene ein Hindernis <strong>und</strong> eine Stresssituation dar.<br />

Je nach infrastrukturellen Gegebenheiten gibt es häufig keine öffentlichen<br />

Verkehrs<strong>mit</strong>tel, die die Betroffenen nutzen könnten. Wenn die blinden oder<br />

hochgradig Sehbehinderten <strong>Senioren</strong> ges<strong>und</strong>heitlich noch in der Lage sind, sich zu<br />

bewegen, dann lohnt sich die Überlegung, einen Schwerbehindertenausweis zu<br />

beantragen, denn sehr häufig können sie dann kostenfrei <strong>mit</strong> den öffentlichen<br />

Verkehrs<strong>mit</strong>teln unterwegs sein.<br />

Bei den beratenen <strong>Senioren</strong> ergibt sich folgendes Bild: Der überwiegende Teil der<br />

<strong>Senioren</strong> (74,2%) 92 Personen, können sich in der eigenen Wohnung gut bis sehr<br />

gut bewegen <strong>und</strong> orientieren. 18 Personen (14,5%) erleben – vor allem nachts –<br />

innerhalb der Wohnung Orientierungsschwierigkeiten oder Einschränkungen durch<br />

Gehbehinderungen <strong>und</strong> Schwindelanfälle. Lediglich 4% (5 Personen) können sich<br />

schlecht oder sehr schlecht in der eigenen Wohnung bewegen, was vor allem der<br />

Gehbehinderungen in Kombination <strong>mit</strong> der Sehbehinderung zuzuschreiben ist. Bei 9<br />

Personen (7,3%) liegen keine Informationen vor.<br />

Diese Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, die Personen in ihrem häuslichen<br />

Umfeld, <strong>mit</strong> Hilfe <strong>von</strong> Markierungs- <strong>und</strong> Kontrastmöglichkeiten, aber auch einer<br />

ausreichenden Beleuchtung dahingehend zu beraten <strong>und</strong> zu unterstützen, dass sie<br />

ihre Orientierung <strong>und</strong> Beweglichkeit in der ihnen vertrauten Umgebung aufrecht<br />

erhalten können.<br />

81


100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

74,2<br />

Bewegung & Orientierung in der Wohnung<br />

(in Prozent)<br />

14,5<br />

gut Mit Schwierigkeiten schlecht Keine Angaben<br />

4<br />

7,3<br />

Abbildung 38: Bewegung <strong>und</strong> Orientierung in der Wohnung in Prozent<br />

4.10.2 Orientierung <strong>und</strong> Bewegungsmöglichkeit außerhalb der<br />

Wohnung<br />

35,5% (44 Personen) können sich außerhalb der Wohnung noch gut bis sehr gut<br />

orientieren <strong>und</strong> fortbewegen. Dafür nutzen sie intensiv alle denkbaren Hilfs<strong>mit</strong>tel<br />

(Nordic Walking Stöcke, Gehstöcke, Rollatoren). Sie nutzen für ihre Mobilität auch<br />

öffentliche Verkehrs<strong>mit</strong>tel. 20,2% (25 Personen) können sich noch gut auf bekannten<br />

Wegen in der näheren Umgebung des häuslichen Umfeldes fortbewegen. Oftmals<br />

stellt hier die Gehbehinderung ein zusätzliches Hemmnis dar. Weitere 20,2% (25<br />

Personen) können das Haus nur noch in <strong>Begleitung</strong> einer weiteren Person, häufig<br />

Familienangehörige, verlassen <strong>und</strong> sind in ihrer Mobilität stark eingeschränkt <strong>und</strong><br />

abhängig <strong>von</strong> der Unterstützung anderer Personen. 12,9% (16 Personen) können<br />

das Haus gar nicht mehr verlassen oder nur unter sehr schwierigen Bedingungen.<br />

Für 11,3% (14 Personen) liegen keine Informationen dazu vor. Während sich<br />

innerhalb der Wohnung ein doch erheblicher Teil der Ratsuchenden noch gut<br />

orientieren <strong>und</strong> bewegen kann, nimmt dieser Anteil bei der Bewegung <strong>und</strong><br />

Orientierung außerhalb der Wohnung schon stark ab. Das hat zum Teil <strong>mit</strong><br />

geographischen Gegebenheiten wie Anstiegen vor dem Haus also z. B. Hanglage<br />

oder Treppenstufen oder dem Nichtvorhandensein <strong>von</strong> Aufzügen in Wohnhäusern zu<br />

82


tun, aber auch <strong>mit</strong> der Angst, aufgr<strong>und</strong> der Sehbehinderung zu stürzen <strong>und</strong> sich zu<br />

verletzen, was immer wieder vorkommt.<br />

In fremde Umgebungen wie z. B. in eine Klinik oder Ähnliches begeben sich die<br />

allermeisten <strong>Senioren</strong> jedoch nur noch in <strong>Begleitung</strong> <strong>von</strong> Anderen.<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Bewegung & Orientierung außerhalb der Wohnung<br />

(in Prozent)<br />

35,5<br />

gut - sehr gut<br />

20,2 20,2<br />

eingeschränkt auf<br />

die nähere<br />

Umgebung<br />

12,9<br />

nur in <strong>Begleitung</strong> verlässt das Haus<br />

nicht mehr<br />

11,2<br />

keine Angaben<br />

Abbildung 39: Bewegung <strong>und</strong> Orientierung außerhalb der Wohnung in Prozent<br />

4.10.3 Wunsch nach der Erhöhung der Mobilität<br />

Prinzipiell ist der Wunsch die eigene Mobilität wieder zu erhöhen durchaus dar. Sie<br />

ist aber nicht immer leicht zu erreichen. Wie oben geschildert hängt es einerseits<br />

vom ges<strong>und</strong>heitlichen Zustand der <strong>Senioren</strong> wie auch <strong>von</strong> den geographischen<br />

Gegebenheiten vor Ort ab. Eine Schulung in O&M <strong>und</strong> die Nutzung eines Langstocks<br />

stellt ein nicht unerhebliches „Annahme“ Problem dar. Er löst bei den <strong>Senioren</strong>/innen<br />

große Ängste <strong>und</strong> Bedenken aus. Dieses bezieht sich zum einen auf das<br />

Selbstvertrauen, die Schulung kognitiv <strong>und</strong> körperlich bewältigen zu können <strong>und</strong> zum<br />

anderen auf die Problematik der Sichtbarkeit der eigenen Behinderung für die<br />

Öffentlichkeit, sobald ein Langstock benutzt wird.<br />

Der Blindenlangstock wäre jedoch für ges<strong>und</strong>heitlich weniger eingeschränkte<br />

<strong>Senioren</strong> eine geeignete Möglichkeit, die eigene Mobilität zu erhöhen. Lediglich drei<br />

der Ratsuchenden (2,4%) haben derzeit einen Langstock den sie zu<br />

Orientierungszwecken einsetzen. 2 Personen (1,6%) haben zwar einen Langstock<br />

verwenden ihn aber nicht. 3,2% (4 Personen) haben derzeit eine Schulung bzw. eine<br />

83


Verlängerung der Schulung beantragt <strong>und</strong> 4% (5 Personen) zeigen Interesse an<br />

einer Schulung.<br />

Die größere Gruppe hat jedoch keinen Langstock. Bei 11,3% (14 Personen) ist<br />

lediglich bekannt, dass kein Langstock vorhanden ist. 16,1% (20 Personen) haben<br />

entweder kein Interesse oder Bedenken bezüglich der Möglichkeit, den Langstock<br />

einzusetzen, vor allem die da<strong>mit</strong> verb<strong>und</strong>enen Veröffentlichung der Sehbehinderung<br />

<strong>und</strong> das „Auffallen“ lösen Befürchtungen aus. Ein weiteres Problem stellt die<br />

ges<strong>und</strong>heitliche Situation der älteren Menschen dar, 13,7% (17 Personen) können<br />

aus ges<strong>und</strong>heitlichen Gründen (Gebehinderung, Rheuma, Arthrose) einen Langstock<br />

nicht mehr nutzen. 8,9% (11 Personen) haben aufgr<strong>und</strong> des verbleibenden<br />

Sehvermögens noch keinen Bedarf). Bei 38, 7% (48 Personen) liegen keine Daten<br />

zu diesem Thema vor.<br />

4.11 Selbstversorgung <strong>und</strong> Lebenspraktische Fähigkeiten (LPF)<br />

4.11.1 Einkaufen gehen<br />

Sich selbst versorgen zu können, ist ein weiterer wichtiger Aspekt <strong>von</strong> erlebter<br />

Selbständigkeit <strong>und</strong> Unabhängigkeit. Die Preisschilder nicht mehr lesen zu können<br />

oder sich im Supermarkt nicht mehr zurecht zu finden <strong>und</strong> auf Hilfe anderer<br />

angewiesen zu sein ist vor allem für viele sehbehinderte oder blinde Frauen ein<br />

Thema. 71,8% (60 Personen) gehen noch einkaufen, da<strong>von</strong> gehen 23,4% (29<br />

Personen) noch selbständig <strong>und</strong> alleine einkaufen. Unterstützung beim Einkaufen<br />

erfolgt überwiegend durch die Partner. Wo diese fehlen oder sie selbst krank sind,<br />

kommt die Hilfe <strong>von</strong> Kindern, Nichten <strong>und</strong> Neffen sowie den Enkelkindern (20,2%, 25<br />

Personen) Weitere Unterstützung bieten Nachbarn <strong>und</strong> Bekannte oder Dienstleister<br />

(4,8%, 6 Personen). 33,1% (41 Personen) gehen gar nicht mehr einkaufen, auch<br />

nicht in <strong>Begleitung</strong>. Dies bedeutet für sie einen hohen Verlust der Selbständigkeit<br />

<strong>und</strong> auch der Selbstbestimmung in Ernährungs- <strong>und</strong> Kleidungsfragen <strong>und</strong> häufig<br />

auch bei finanziellen Fragen. Für 18,5% (23 Personen) der Befragten liegen keine<br />

Antworten zu diesem Thema vor.<br />

84


100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

23,4 20,2<br />

Wie gehen Sie einkaufen?<br />

(in Prozent)<br />

4,8<br />

33,1<br />

18,5<br />

Abbildung 40: Wie gehen Sie einkaufen (in Prozent)<br />

Darüber hinaus hat das „Einkaufen gehen“ sehr oft auch eine soziale Funktion: „Man<br />

trifft jemanden unterwegs, man kann sich mal unterhalten, man kommt raus <strong>und</strong> hat<br />

was zu tun.“ Diese Möglichkeit fällt für die Betroffenen weg, wenn sie nicht mehr<br />

selbständig einkaufen gehen können. Selbst die, die noch einkaufen gehen, sind<br />

aufgr<strong>und</strong> ihrer Sehbehinderung häufig nicht mehr in der Lage, zu erkennen, wer<br />

ihnen über den Weg läuft <strong>und</strong> erleben häufig, dass sie nicht mehr angesprochen<br />

werden. Das Risiko einer sozialen Isolation ist gerade für alleinlebende <strong>Senioren</strong> <strong>mit</strong><br />

einer Sehbehinderung sehr groß.<br />

Die größten Probleme beim Einkaufen entstehen, weil zunächst die Preisschilder <strong>und</strong><br />

Mengenangaben nicht mehr gelesen werden können. Mit Fortschreiten der<br />

Seheinschränkung können dann auch zunehmend Produkte nicht mehr erkannt<br />

<strong>und</strong>/oder gef<strong>und</strong>en werden. Vor allem unbekannte Produkte oder neue<br />

Produktdesigns führen zu Komplikationen. Technische Geräte wie z. B. den<br />

Einkaufsfuchs möchten die <strong>Senioren</strong> häufig nicht beim Einkaufen verwenden, weil<br />

sie die Befürchtung haben, dass sie da<strong>mit</strong> auffallen. Schon vor dem Verwenden eine<br />

Lupe oder einer kleinen Taschenlampe als Einkaufshilfe scheuen sich manche.<br />

Eine weitere Quelle der Unsicherheit ist der Umgang <strong>mit</strong> Geld <strong>und</strong> die sichere<br />

Erkennung <strong>von</strong> Münzen <strong>und</strong> Scheinen. Ein Teil der <strong>Senioren</strong> gibt an, dass sie noch<br />

gut <strong>mit</strong> dem Abzählen des Geldes zurechtkommen. Für Einige stellt sich dies jedoch<br />

zunehmend als Hindernis heraus. Obwohl es hierfür eine ganze Reihe <strong>von</strong><br />

85


Hilfs<strong>mit</strong>teln gibt, zeigen die <strong>Senioren</strong> jedoch wenig Interesse daran. Während die<br />

Scheine meist noch lange gut erkannt werden, stellen vor allem die Münzen ein<br />

Problem dar. Die gängige Lösung hierfür ist, den Verkäuferinnen den Geldbeutel<br />

hinzuhalten <strong>und</strong> das Kleingeld entnehmen zu lassen.<br />

4.11.2 Selbständige Nahrungszubereitung <strong>und</strong> Nahrungsaufnahme<br />

Die Essenszubereitung ist ein wesentlicher Bereich der Selbstversorgung. Viele der<br />

Teilnehmenden folgen den Mustern, die sie bereits vor der Seheinschränkung hatten.<br />

Das bedeutet insbesondere, dass die Frauen versuchen, so lange wie möglich<br />

selbständig zu kochen, während die Männer diese Aufgabe oft an<br />

Familienangehörige abgeben. Fallen die Frauen für die Nahrungszubereitung aus,<br />

übernehmen oftmals ihre Partner, gemeinsam <strong>mit</strong> den Frauen, diese Aufgabe. 21%<br />

(26 Personen) beschreiben, dass sie noch gut selbst ihre Nahrung zubereiten<br />

können. 10,5% (13 Personen) bereiten ihre Speisen noch selbständig zu, erleben<br />

dabei jedoch schon erhebliche Schwierigkeiten. Das heißt, sie schränken sich in ihrer<br />

Essensauswahl ein <strong>und</strong> kochen z. B. Pellkartoffeln anstatt geschälter Kartoffeln.<br />

29,8% (37 Personen) können das Essen nicht mehr selbständig zubereiten. Da<strong>von</strong><br />

erhalten 9,7% (12 Personen) Essen auf Rädern oder vergleichbare Angebote, wie<br />

Essen im Speisesaal bei stationären Einrichtungen. 17,7% (22 Personen) werden<br />

<strong>von</strong> ihrer Familie versorgt, indem sie entweder <strong>mit</strong> der Familie Essen oder für sie<br />

<strong>mit</strong>gekocht wird. 2,4% (3 Personen) haben eine Haushaltshilfe, die auch die Nahrung<br />

zubereitet. Bei 8,1% (10 Personen) ist unklar, wer die Nahrung zubereitet. Für 30,6%<br />

(38 Personen) liegen keine Angaben vor.<br />

86


Selbständige Nahrungszubereitung<br />

(in Prozent)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

21<br />

10,5<br />

17,7<br />

9,7<br />

2,4<br />

8,1<br />

30,6<br />

Abbildung 41: Selbständige Nahrungszubereitung in Prozent<br />

Bei der Nahrungsaufnahme gestaltet sich die Situation deutlich anders. 51,6% (64<br />

Personen) können sich noch gut bei Tisch orientieren, 14,5% (18 Personen) erleben<br />

dabei Schwierigkeiten <strong>und</strong> bedürfen kleiner Hilfen. Nur zwei Personen (1,6%) können<br />

die Nahrung nicht mehr selbständig zu sich nehmen, was jedoch vor allem auf<br />

andere Erkrankungen zurückzuführen ist. Bei 1,6% (2 Personen) ist nicht genau<br />

festzustellen, wie gut sie <strong>mit</strong> der Nahrungsaufnahme zurechtkommen. Für 30,6% (38<br />

Personen) liegen noch keine Angaben zu diesem Thema vor.<br />

87


Selbständige Nahrungsaufnahme<br />

(in Prozent)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

51,6<br />

Allein <strong>und</strong> gut<br />

14,5<br />

Allein, aber <strong>mit</strong><br />

Schwierigkeiten<br />

1,6 1,6<br />

Nicht<br />

selbstständig<br />

unklar<br />

30,6<br />

Keine Angaben<br />

Abbildung 42: Selbständige Nahrungsaufnahme in Prozent<br />

4.11.3 Orientierung im Kleiderschrank <strong>und</strong> Anziehen der Kleidung<br />

Beim Thema Kleidung ist zwischen der Orientierung im Kleiderschrank <strong>und</strong> der<br />

Fähigkeit sich selbständig anzukleiden zu unterscheiden. Zur Gruppe derjenigen, die<br />

beides noch selbständig bewältigen können, gehören 29,8% (37 Personen), weitere<br />

9,7% (12 Personen) können sich ebenfalls noch selbständig ankleiden, erleben aber<br />

kleinere bis <strong>mit</strong>tlere Schwierigkeiten dabei. Dazu zählen, die Unterscheidung<br />

ähnlicher <strong>und</strong> dunkler Farben, das Schließen <strong>von</strong> Knöpfen <strong>und</strong> Reisverschlüssen<br />

oder die Orientierung im Schrank allgemein. Oftmals konnte hier <strong>mit</strong> der<br />

Verbesserung der Beleuchtung geholfen werden. 4,8% (6 Personen) benötigen auf<br />

Gr<strong>und</strong> dieser Probleme Hilfestellung bei der Kleidung, vielfach legen Angehörige die<br />

passende Kleidung raus, das Ankleiden erfolgt dann selbständig. 14,5% (18<br />

Personen) benötigen regelmäßig Unterstützung sowohl bei der Auswahl der Kleidung<br />

als auch beim Anziehen. Die Wäschepflege wird entweder selbst übernommen oder<br />

durch die Familie erledigt. In 41,1% (51 Personen) war dieses Thema während der<br />

<strong>Beratung</strong> kein Thema.<br />

Die Wäschepflege wird entweder noch selbständig erledigt oder <strong>von</strong> der Familie <strong>und</strong><br />

selten auch vom externen Dienstleistern übernommen. Wichtiges Hilfs<strong>mit</strong>tel sind<br />

auch hier Markierungspunkte, Dosierungshilfen <strong>und</strong> Beleuchtung (z. B.<br />

88


Taschenlampe) an der Waschmaschine, um diese Aufgabe möglichst lange selbst zu<br />

erledigen. Auch das Bügeln <strong>und</strong> Falten der Kleidung kann durch Hilfs<strong>mit</strong>tel<br />

unterstützt werden.<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Orientierung beim Anziehen <strong>und</strong> im Kleiderschrank<br />

(in Prozent)<br />

29,8<br />

selbstständig<br />

9,7<br />

<strong>mit</strong> kleineren<br />

Schwierigkeiten<br />

4,8<br />

14,5<br />

41,1<br />

<strong>mit</strong> Hilfestellung nur <strong>mit</strong> Hilfe Keine Angaben<br />

Abbildung 43: Orientierung im Kleiderschrank <strong>und</strong> beim Anziehen<br />

4.11.4 Eigenständige Körperpflege<br />

36,3 % (45) der <strong>Senioren</strong> können sich noch selbständig waschen <strong>und</strong> pflegen. 6,5%<br />

(8 Personen) erleben dabei bereits verschiedene Schwierigkeiten, wie z. B. bei der<br />

Nagelpflege <strong>und</strong> durch hohe Einstiege in den Duschen <strong>und</strong> Wannen. 8,9% (11<br />

Personen) erhalten Hilfe beim Duschen <strong>und</strong> Baden durch die Familie oder<br />

Pflegedienste, können aber die alltägliche Körperpflege ansonsten selbständig<br />

durchführen. 8,1% (10 Personen) werden regelmäßig <strong>von</strong> Familien<strong>mit</strong>gliedern <strong>und</strong><br />

7,3% (9 Personen) vom Pflegedienst gewaschen. Bei 33,1% (41 Personen) noch<br />

keine Daten vor.<br />

89


Körperpflege<br />

(in Prozent)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

36,3<br />

33,1<br />

30<br />

20<br />

10<br />

6,5 8,9 8,1 7,3<br />

0<br />

selbstständig<br />

<strong>mit</strong><br />

Schwierigkeiten<br />

Teil-Teils<br />

<strong>mit</strong><br />

Unterstützung<br />

der Familie<br />

Pflegedienst<br />

keine Angaben<br />

Abbildung 44: Körperpflege in Prozent<br />

4.11.5 Reinigung der Wohnung<br />

18,5% (23 Personen) können den Haushalt noch völlig selbständig oder <strong>mit</strong> kleinen<br />

<strong>und</strong> <strong>mit</strong>tleren Schwierigkeiten reinigen. Bei 22,6% (28 Personen) leisten<br />

Familienangehörige Unterstützung oder haben die Haushaltsreinigung vollständig<br />

übernommen. 24,2% (30 Personen) haben eine Haushaltshilfe. Die Unterstützung<br />

durch die Familie <strong>und</strong> die Haushaltshilfen gestaltet sich recht unterschiedlich <strong>und</strong><br />

reicht <strong>von</strong> einmal alle 14 Tage für 2 St<strong>und</strong>en bis 3x die Woche für mehrere St<strong>und</strong>en.<br />

Dort, wo noch keine Hilfe etabliert ist, finden sich drei Gruppen. Die erste Gruppe<br />

braucht noch keine Unterstützung, da sie den Haushalt noch selbständig führen<br />

kann. Die zweite Gruppe hätte gerne mehr Hilfe, kann sie sich aber entweder nicht<br />

leisten oder hat es noch nicht geschafft, das zu organisieren. Die dritte Gruppe<br />

bräuchte aus Sicht des Umfelds Hilfe, möchte dies aber nicht, um sich die<br />

Selbständigkeit zu erhalten <strong>und</strong> Beschämung zu vermeiden. In 34,7% (43 Personen)<br />

der Fälle wurde das Thema nicht besprochen.<br />

90


100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

15,3<br />

selbstständig<br />

Reinigung der Wohnung<br />

(in Prozent)<br />

3,2<br />

<strong>mit</strong><br />

Schwierigkeiten<br />

22,6 24,2<br />

34,7<br />

Familie Haushaltshilfe keine Angaben<br />

Abbildung 45: Reinigung der Wohnung in Prozent<br />

4.12 Thematische Schwerpunkte in der <strong>Beratung</strong><br />

Wie die Datenauswertung der <strong>Beratung</strong>en zeigen, gibt es sehr vielfältige <strong>und</strong><br />

umfassende Themenbereiche, über die die <strong>Senioren</strong> gerne sprechen <strong>und</strong> beraten<br />

werden möchte. Zusammenfassen lassen sich diese thematischen Schwerpunkte<br />

noch mal folgendermaßen:<br />

Werden die Beratenen gefragt, welche Einschränkungen sie durch die<br />

Sehbehinderung erfahren, dann ist das zentrale Thema der Verlust der Fähigkeit,<br />

selbständig zu lesen <strong>und</strong> zu schreiben <strong>und</strong> so <strong>von</strong> wesentlichen Teilen der visuell<br />

basierten Alltagskommunikation ausgeschlossen zu sein (Bücher <strong>und</strong> Zeitung lesen,<br />

Beschriftungen <strong>und</strong> Schilder wahrnehmen, Briefe lesen <strong>und</strong> beantworten etc.). Dies<br />

ist keineswegs untypisch, da der Verlust der Lesefähigkeit oft der erste Bereich ist, in<br />

dem die Seheinschränkung als tatsächliche Einschränkung im Alltag wahrgenommen<br />

wird <strong>und</strong> die Hilfe anderer Personen notwendig macht.<br />

Daher ist der <strong>Beratung</strong>swunsch zu allgemeinen blinden- <strong>und</strong><br />

sehbehindertenspezifischen Unterstützungsmöglichkeiten bei allen gegeben. Hinzu<br />

kommt bei vielen Beratenen eine große Angst vor der weiteren Verschlechterung des<br />

Sehvermögens oder gar dem vollständigen Verlust. Das heißt, die psychosozialen<br />

91


Aspekte im Umgang <strong>mit</strong> dem <strong>Sehverlust</strong> nehmen, wenn auch nicht immer sofort klar<br />

artikuliert, einen wichtigen Stellenwert ein.<br />

Ist die Seheinschränkung bereits weiter fortgeschritten werden auch die persönlich<br />

wahrgenommenen Einschränkungen konkreter auf die Sehbehinderung bezogen.<br />

Dazu zählt der Verlust der Selbständigkeit, insbesondere in der Mobilität <strong>und</strong> in der<br />

alltäglichen Lebensführung, so dass Themen wie geeignete Techniken <strong>und</strong><br />

Hilfs<strong>mit</strong>tel in den Vordergr<strong>und</strong> rücken. Bei einigen sind die Einschränkungen bereits<br />

so groß, dass sie alle Lebensbereiche umfassen.<br />

Die <strong>Senioren</strong>beratungsstelle bietet – wie oben beschrieben – ein umfangreiches<br />

Spektrum an Informationen, <strong>Beratung</strong>sleistungen <strong>und</strong> Unterstützung an. Gleichzeitig<br />

werden sehr vielfältige <strong>und</strong> komplexe Fragen an die Stelle gerichtet.<br />

4.12.1 Thematische Inhalte bei der ersten Kontaktaufnahme<br />

Die erste Kontaktaufnahme erfolgt in der Regel über das Telefon. Entweder durch<br />

die Betroffenen selbst, durch Familienangehörige oder durch die Weiterleitung <strong>von</strong><br />

anderen seniorenspezifischen Dienstleistern. Sehr häufig geht es in den ersten<br />

Telefongesprächen darum, zu erfahren, welche Augenerkrankung vorliegt, wie das<br />

verbliebene Sehvermögen ist, ob bereits Hilfs<strong>mit</strong>tel vorhanden sind <strong>und</strong> soweit<br />

möglich, worin der <strong>Beratung</strong>swunsch liegt. Es finden sich drei wesentliche<br />

Ausprägungen bei der ersten Kontaktaufnahme: Die meisten wünschen sich<br />

allgemeine Informationen zum Thema Hilfe- <strong>und</strong> Unterstützungsmöglichkeiten im<br />

Alltag bei Blindheit <strong>und</strong> Sehbehinderung (ca. 90 % der Nennungen). Einige konnten<br />

bei der ersten Kontaktaufnahme noch keine konkreten Wünsche formulieren oder<br />

waren sich unklar oder unsicher darüber, was die <strong>Beratung</strong> für sie bringen könnte.<br />

Hier wurde ein <strong>Beratung</strong>stermin angeboten, um in einem persönlichen Gespräch die<br />

genauen Anliegen zu klären.<br />

In ca. 30% der Fälle wurden bereits im ersten Telefonat Wünsche <strong>und</strong> Bedürfnisse<br />

formuliert. Das Schaubild zeigt, dass zentrale Themen dabei der Wunsch nach<br />

Informationen zu allgemeinen Hilfs<strong>mit</strong>teln für die Orientierung <strong>und</strong> selbständigen<br />

Gestaltung des Alltags sind. Zählt man die <strong>Beratung</strong>swünsche zu Beleuchtung,<br />

Kontrasten, Markierungen etc. hinzu, ist das das größte Themenfeld. Dem folgt die<br />

<strong>Beratung</strong> über den Zugang zu Informationen <strong>und</strong> Kommunikationsmöglichkeiten, <strong>mit</strong><br />

dem zentralen Thema „wieder lesen können“, aber auch telefonieren, hören <strong>von</strong><br />

92


Informationen <strong>und</strong> Hörbüchern, Unterschriften etc. Viele Personen hatten auch noch<br />

keinen Termin bei einer Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Sehhilfenanpassung, so dass auch<br />

dies ein weiteres wichtiges Thema ist, ebenso wie die Unterstützung bei der<br />

Beantragung <strong>von</strong> Unterstützungsleistungen <strong>und</strong> rechtlichen Fragen. Nicht zuletzt<br />

finden sich die Fragen nach Begleit- <strong>und</strong> Betreuungsangeboten sowie der Wunsch<br />

nach allgemeinem <strong>und</strong> blindenspezifischem Austausch.<br />

Abbildung 46: Thematische Inhalte bei der ersten Kontaktaufnahme<br />

Die thematischen Schwerpunkte beim ersten Hausbesuch waren eine erste<br />

allgemeine <strong>Beratung</strong> r<strong>und</strong> um das Thema „Hilfe <strong>und</strong> Unterstützungsmöglichkeiten bei<br />

einem <strong>Sehverlust</strong> im Alter“, es sei denn, es wurde bereits im ersten Telefongespräch<br />

ein bestimmtes Thema besprochen, das dann Hauptgegenstand der ersten <strong>Beratung</strong><br />

war. Die Form der Kommunikation richtete sich stark nach der individuellen,<br />

psychosozialen Situation der Menschen aus. Unter dem Aspekt „Widerstände <strong>und</strong><br />

Ängste“ ging es darum, im Gespräch die Angst der Betroffenen abzubauen, dass sie<br />

nicht mehr in der Lage sein werden, selbständig in ihrer Wohnung zu bleiben oder<br />

dass die <strong>Beratung</strong> zur Einweisung/Umzug in ein Altersheim führen könnte. Für viele<br />

ist es auch ein Wunsch, über die Sehbeeinträchtigung <strong>und</strong> die da<strong>mit</strong> verb<strong>und</strong>enen<br />

Auswirkungen zu sprechen. Auch die Themen, die zum Teil schon am Telefon<br />

93


angesprochen wurden, waren Bestandteil des Erstgesprächs, wie der Zugang zu<br />

Kommunikation <strong>und</strong> Information, Hilfs<strong>mit</strong>teln <strong>und</strong> Alltagshilfen, das Aufsuchen einer<br />

Low Vision <strong>Beratung</strong> (Terminvereinbarung im RES oder in Ausnahmefällen vor Ort),<br />

Unterstützungsleistungen <strong>und</strong> rechtliche Themen sowie die Orientierung innerhalb<br />

<strong>und</strong> außerhalb der eigenen Wohnung. Das Thema Beleuchtung, Kontraste,<br />

Markierungen diente dabei oftmals als Einstieg <strong>und</strong> Türöffner in die allgemeine<br />

<strong>Beratung</strong>. Ein weiteres wiederkehrendes Thema war die Organisation <strong>und</strong><br />

Gestaltung <strong>von</strong> Kontakten, Austauschmöglichkeiten <strong>und</strong> Begleitservices.<br />

Abbildung 47: Thematische Inhalte beim ersten <strong>Beratung</strong>sgespräch<br />

4.12.2 Thematische Inhalte der zweiten <strong>Beratung</strong>sgespräche<br />

Bei den zweiten Hausbesuchen zeigt sich eine Veränderung der<br />

Kommunikationsstruktur in den <strong>Beratung</strong>en. Zum einen finden sich Fortsetzungen<br />

<strong>von</strong> <strong>Beratung</strong>en zu Sachthemen, die beim ersten Besuch nicht abschließend<br />

behandelt wurden (z. B. Mitbringen eines Daisyplayers zum Ausprobieren,<br />

Fortführung der Korrespondenz zu Unterstützungsleistungen etc.). Es kann in den<br />

zweiten <strong>Beratung</strong>sgesprächen auch „überprüft“ werden, ob die im ersten Gespräch<br />

getroffenen Vereinbarungen umgesetzt wurden. Also z. B. ob eine entsprechende<br />

94


Beleuchtung angebracht wurde oder ob der Kontakt <strong>mit</strong> dem Pflegestützpunkt<br />

zustande kam oder ähnliches.<br />

Zum anderen verstärkte sich im zweiten <strong>Beratung</strong>sgespräch das Bedürfnis über die<br />

Erfahrungen <strong>mit</strong> der Sehbeeinträchtigung zu sprechen, auch unter dem Aspekt der<br />

eigenen Biographie. Also, die Thematisierung dessen, was jetzt nicht mehr möglich<br />

ist <strong>und</strong> früher ein großer Bestandteil des eigenen Lebens war, wie z. B. die Garten<strong>und</strong><br />

Hausarbeit, das Autofahren, das Reisen etc. Dies kann als zunehmendes<br />

Vertrauen <strong>und</strong> Einstieg insbesondere in die psychosozialen Aspekte der <strong>Beratung</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Begleitung</strong> durch die verschiedenen Phasen 31 gesehen werden. Auch sind ab<br />

dem zweiten <strong>Beratung</strong>sgesprächen sehr häufig keine weiteren Personen mehr<br />

anwesend, was das Kommunikationsverhalten der betroffenen <strong>Senioren</strong> ebenfalls<br />

dahingehend verändert, dass sie mehr <strong>von</strong> sich erzählen <strong>und</strong> zum Teil offener über<br />

ihre Schwierigkeiten im Umgang <strong>mit</strong> der Sehbehinderung sprechen.<br />

In der Konstellation der Themen ist der Schwerpunkt ähnlich dem der ersten<br />

Gespräche. Das Thema Orientierung <strong>und</strong> Mobilität tritt etwas verstärkter auf.<br />

Abbildung 48: Thematische Inhalte beim zweiten <strong>Beratung</strong>sgespräch<br />

31 Für die Unterscheidung in die unterschiedlichen Phasen siehe bitte Kapitel 3.2.8 „Psychosoziale<br />

Faktoren“.<br />

95


4.12.3 Zusammenfassung: Wichtigste <strong>Beratung</strong>sthemen<br />

Abbildung 49: Darstellung der wichtigsten <strong>Beratung</strong>sthemen<br />

Zusammenfassend lassen sich insgesamt vier zentrale Bereiche feststellen. Am<br />

häufigsten werden Kommunikationsprobleme benannt, insbesondere der Verlust der<br />

Lesefähigkeit <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> häufig auch der Möglichkeit zu schreiben, zu telefonieren<br />

oder fernzusehen schränkt die Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsmöglichkeiten der<br />

Betroffenen erheblich ein. Dieses Problem wird auch deshalb als so gravierend<br />

wahrgenommen, da es hier keine einfache Umgehungsstrategie wie in vielen<br />

Haushaltsdingen gibt. Der Umgang <strong>mit</strong> den Lesegeräten gestaltet sich oft schwierig,<br />

zum einen wegen der Komplexität der Geräte <strong>und</strong> zum anderen wegen des stetig<br />

nachlassenden Sehvermögens, das eine häufige Anpassung <strong>von</strong> Technik <strong>und</strong><br />

Geräten erfordert. Dies führt direkt zum zweiten Themenfeld: Hilfs<strong>mit</strong>tel. Viele der<br />

<strong>Senioren</strong> haben keinen oder nur einen unzureichenden Zugang zu geeigneten<br />

Hilfs<strong>mit</strong>teln <strong>und</strong> auch wenig Informationen darüber, welche Möglichkeiten der<br />

Unterstützung es gibt. Viele hatten zum Zeitpunkt der <strong>Beratung</strong> noch keine Low<br />

Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Sehhilfenanpassung in Anspruch genommen. Außerdem findet<br />

sich eine Vielzahl <strong>von</strong> selbst gekauften, oftmals nicht mehr geeigneten Hilfs<strong>mit</strong>teln in<br />

den Haushalten. Auch das Thema Umgebungsgestaltung <strong>mit</strong> Hilfe <strong>von</strong> Beleuchtung,<br />

Kontrasten <strong>und</strong> taktilen Markierungen ist für viele noch fremd <strong>und</strong> hat daher einen<br />

hohen Stellenwert in der <strong>Beratung</strong>.<br />

96


Der dritte große Themenbereich sind fehlende Informationen <strong>und</strong> Unsicherheiten bei<br />

rechtlichen <strong>und</strong> finanziellen Fragen. Dazu zählen die Beantragung <strong>von</strong> Blinden- oder<br />

Sehbehindertengeld <strong>und</strong> Schwerbehindertenausweis sowie eine mögliche Einstufung<br />

in eine Pflegestufe. Aber auch die Frage der Gr<strong>und</strong>sicherung bei unzureichender<br />

Rente oder Einkommen taucht immer wieder auf.<br />

Das vierte Thema fasst all diese Fragen zusammen <strong>und</strong> stellt sozusagen die Basis<br />

der zentralen Problemstellungen dar, auch wenn sie in den <strong>Beratung</strong>en zumindest<br />

am Anfang nicht explizit benannt werden. Die allgemeinen Einschränkungen durch<br />

die Sehbehinderung führen zunächst zu einer enormen psychischen Belastung, die<br />

aufgr<strong>und</strong> des häufig progressiven Verlaufs der Augenerkrankung ständig fortbesteht,<br />

auch wenn schon Fortschritte in der Auseinandersetzung <strong>mit</strong> der<br />

Sehbeeinträchtigung erzielt wurden. Eine weitere Belastung stellt die zunehmend<br />

eingeschränkte Selbständigkeit sowohl in der Haushaltsführung dar, wobei hier viele<br />

schon eigene Strategien entwickelt haben, auf die gut aufgebaut werden können, als<br />

vor allem auch in der Mobilität außerhalb des Hauses, die sehr schnell stark reduziert<br />

ist. Beides zusammen führt zu einer zunehmenden sozialen Isolation. Auch weitere<br />

medizinische Probleme tragen zu dieser Dynamik bei. Diese gilt es in der <strong>Beratung</strong><br />

zu erkennen <strong>und</strong> dem ggf. entgegen zu wirken.<br />

Mit dem Aufzeigen <strong>von</strong> blinden- <strong>und</strong> sehbehindertenspezifischen Hilfs<strong>mit</strong>teln, ist der<br />

viel schwierigere Schritt der Akzeptanz der Hilfs<strong>mit</strong>tel <strong>und</strong> der Erkrankung<br />

verb<strong>und</strong>en. Hilfs<strong>mit</strong>tel, die nach außen signalisieren, dass eine Blindheit oder<br />

Sehbehinderung vorliegt, werden zunächst häufig abgelehnt. Das hat<br />

unterschiedliche Gründe: Erstens sehen sich die betroffenen <strong>Senioren</strong> nicht als blind<br />

oder sehbehindert <strong>und</strong> sie möchten auch nicht als solche stigmatisiert werden.<br />

Zweitens haben viele der <strong>Senioren</strong> die Hoffnung, dass das Sehvermögen<br />

zurückkehrt <strong>und</strong> sind daher noch nicht bereit, bestimmte Hilfs<strong>mit</strong>tel anzunehmen.<br />

Ein weiterer Punkt, gerade bei der Akzeptanz <strong>von</strong> optischen <strong>und</strong> elektronischen<br />

Sehhilfen ist, dass die große Hoffnung besteht, <strong>mit</strong> einer passenden Lupe oder dem<br />

Bildschirmlesegerät (BLG) wieder so lesen zu können wie vor der Augenerkrankung.<br />

Wenn dies dann nicht der Fall ist, weil es sich hier um ein Hilfs<strong>mit</strong>tel handelt, dann<br />

sind viele sehr enttäuscht <strong>und</strong> verwenden insbesondere das BLG nicht mehr. Häufig<br />

mangelt es auch an der Unterstützung in der Handhabung der optischen <strong>und</strong><br />

elektronischen Hilfs<strong>mit</strong>tel. Wenn die <strong>Senioren</strong> über einen längeren Zeitraum z. B. in<br />

97


den Gebrauch des Bildschirmlesegerätes eingeführt würden, dann würden sich<br />

sicherlich Erfolge im Umgang da<strong>mit</strong> einstellen.<br />

In der <strong>Beratung</strong> ist der Umgang <strong>mit</strong> den optischen <strong>und</strong> elektronischen Hilfs<strong>mit</strong>teln ein<br />

wichtiges Thema, was die <strong>Senioren</strong> beschäftigt. Um die Betroffenen in ihrem<br />

Verarbeitungsprozess zu unterstützen, ist neben dem gemeinsamen Üben der<br />

Handhabung der Sehhilfen, vor allem auch des BLGs, das Zulassen der Frustration<br />

<strong>und</strong> Enttäuschung, dass die visuelle Kommunikationsfähigkeit nicht mehr so<br />

wiederhergestellt werden kann wie früher ein wichtiger Schritt bei der Verarbeitung<br />

der Augenerkrankung.<br />

98


5 Ergänzende Projektbausteine<br />

5.1 Öffentlichkeitsarbeit<br />

Die Öffentlichkeitsarbeit stellt ein wesentliches Element bei der Implementierung des<br />

<strong>Beratung</strong>sangebotes „Rat <strong>und</strong> Hilfe bei <strong>Sehverlust</strong>“ dar. Aber, wie erreicht man eine<br />

Zielgruppe, die schlecht sieht? Für die die Tageszeitungen <strong>und</strong> ausgelegten<br />

Informationsbroschüren kaum zugänglich sind? Die <strong>mit</strong> dem neuen Medium Internet<br />

oft nicht vertraut sind <strong>und</strong> der zugleich die Behinderung zunehmend die<br />

Möglichkeiten zum gesellschaftlichen Austausch nimmt, weil der Weg zum<br />

Fußballstadion, in die Gemeindehalle oder das Café beschwerlich wird, man die<br />

Bekannten <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e visuell nicht mehr erkennt? Um das <strong>Beratung</strong>sangebot „Rat<br />

<strong>und</strong> Hilfe bei <strong>Sehverlust</strong> im Alter“ einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen,<br />

hat das Projekt verschiedene Ansätze gewählt.<br />

Abbildung 50: Abbildung der Homepageseite: Quelle: http://www.blista.de/aktuelles/index.php?nr=392, Stand Juli 2013<br />

99


5.2 Wie haben die Klienten vom <strong>Beratung</strong>sangebot erfahren?<br />

Die Zugänge zur <strong>Beratung</strong> gestalteten sich recht unterschiedlich. Zunächst wurden<br />

58 32 Personen angeschrieben, die in den letzten zwei Jahren an einer Low Vision<br />

<strong>Beratung</strong> der blista teilgenommen hatten <strong>und</strong> deren Daten bereits vorlagen. Hier<br />

wurden Personen auf direktem Wege durch einen Informationsbrief auf das Angebot<br />

aufmerksam gemacht <strong>und</strong> telefonisch kontaktiert <strong>und</strong> es wurde ihnen die Möglichkeit<br />

einer häuslichen <strong>Beratung</strong> angeboten. Zum anderen wurde eine intensive<br />

Öffentlichkeitsarbeit durch Flyer, Presseberichte in Funk- <strong>und</strong> Printmedien, durch<br />

einen Artikel auf der blista-Homepage 33 <strong>und</strong> durch Vorträge bei unterschiedlichen<br />

<strong>Senioren</strong>veranstaltungen betrieben.<br />

Der im Juni 2012 hessenweit ausgestrahlte hr4-Radio-Beitrag hat weitere<br />

Seniorinnen <strong>und</strong> <strong>Senioren</strong> auf das Angebot aufmerksam gemacht, weiterhin erschien<br />

ein ganzseitiger Artikel in der regional verbreiteten Zeitschrift „Marburg life“ über das<br />

<strong>Beratung</strong>sangebot.<br />

Ein weiterer Weg der Öffentlichkeitsarbeit waren Vorträge in Einrichtungen für<br />

<strong>Senioren</strong> <strong>und</strong> bei <strong>Senioren</strong>nach<strong>mit</strong>tagen. Insgesamt wurde das <strong>Beratung</strong>sangebot<br />

bei 10 <strong>Senioren</strong>veranstaltungen im gesamten Landkreis Marburg-Biedenkopf<br />

vorgestellt <strong>und</strong> dadurch mehr als 260 Seniorinnen <strong>und</strong> <strong>Senioren</strong> erreicht.<br />

Insbesondere der Flyer erwies sich als hochwirksam, dieser wurde an alle<br />

Augenärzte <strong>und</strong> Allgemeinmediziner, Optiker, Apotheken, ambulante Pflegedienste,<br />

Orts- <strong>und</strong> <strong>Senioren</strong>beiräte im Landkreis Marburg-Biedenkopf geschickt. Die<br />

informativen Anschreiben enthielten die Bitte, die beigefügten Projektflyer<br />

auszulegen bzw. an die möglichen Interessenten weiterzugeben. Darüber hinaus<br />

32 Da<strong>von</strong> haben 22 (37,9%) das Angebot einer mobilen <strong>Beratung</strong> angenommen. 21 (36,2%) Personen<br />

hatten keinen weiteren <strong>Beratung</strong>sbedarf. 13 (61,5%) da<strong>von</strong> gaben an, dass sie <strong>mit</strong> den<br />

erworbenen Hilfs<strong>mit</strong>teln gut zurechtkämen <strong>und</strong> auch im Alltag keinen weiteren <strong>Beratung</strong>sbedarf<br />

hätten. 2 <strong>von</strong> den 21 leben bei ihren Angehörigen <strong>und</strong> werden <strong>von</strong> diesen auch betreut. 4<br />

Personen waren bereits verstorben <strong>und</strong> 2 wollten, ohne Angaben <strong>von</strong> Gründen, keine <strong>Beratung</strong>. 3<br />

Personen (5,1%) <strong>von</strong> den 58 Angeschriebenen wollten erst einen Low Vision Termin ausmachen<br />

<strong>und</strong> sich dann ggf. noch einmal melden. Eine der drei Personen hat einen neuen Low Vision<br />

Termin vereinbart <strong>und</strong> hatte danach erst mal keinen weiteren <strong>Beratung</strong>sbedarf. 5 Personen (8,6%)<br />

fanden das <strong>Beratung</strong>sangebot gut <strong>und</strong> wollten sich bei Bedarf wieder melden, was sie aber bisher<br />

nicht getan haben. 7 (12%) der 58 angeschriebenen Personen konnten mehrmals telefonisch nicht<br />

erreicht werden. Nachdem der Weg der schriftlichen Kontaktaufnahme <strong>mit</strong> ehemaligen K<strong>und</strong>en der<br />

Low Vision <strong>Beratung</strong> zu Beginn gewählt wurde, wurde er im Laufe des Projektes nicht mehr weiter<br />

aktiv verfolgt, da die <strong>Beratung</strong>sanfragen über andere Wege stetig zugenommen haben. Dennoch<br />

stellt die „Nachbetreuung“ ehemaliger Klienten der Low Vision <strong>Beratung</strong> ein wichtiger Zugangsweg<br />

zu betroffenen <strong>Senioren</strong> dar, der zukünftig intensiver genutzt werden kann <strong>und</strong> sollte.<br />

33 http://www.blista.de/aktuelles/index.php?nr=392<br />

100


wurden die Flyer u. a. an die Pflegestützpunkte Marburg-Biedenkopf <strong>und</strong> Gießen, an<br />

die mobile ambulante geriatrische Reha in Marburg-Wehrda <strong>und</strong> an die Augenklinik<br />

der Philipps-Universität Marburg verschickt bzw. verteilt. Entsprechend erwiesen sich<br />

die sozialen Kontakte <strong>und</strong> wichtigen Ansprechpartner als zentraler Zugang zum<br />

<strong>Beratung</strong>sangebot. Zu dieser Gruppe zählen in erster Linie die Angehörigen (Kinder,<br />

Partner, Enkelkinder, andere Verwandte), Fre<strong>und</strong>e, Nachbarn <strong>und</strong> Bekannte sowie<br />

die Hausärzte <strong>und</strong> Fachärzte.<br />

Auch die Rehabilitationseinrichtung für Blinde <strong>und</strong> Sehbehinderte (RES) der blista<br />

selbst war ein weiterer wichtiger Multiplikator des <strong>Beratung</strong>sangebotes. Zum einen<br />

wurden Personen, die zur Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> in den blista-Shop kamen oder<br />

an Schulungen in O&M <strong>und</strong> LPF teilnahmen, auf das <strong>Beratung</strong>sangebot<br />

hingewiesen, zum anderen wurden die Seniorinnen auch über Mitarbeiterinnen der<br />

blista auf das Angebot aufmerksam gemacht. Auch der LWV <strong>und</strong> die Selbsthilfe<br />

übernahmen eine solche ver<strong>mit</strong>telnde Funktion.<br />

Abbildung 51: Darstellung, wie der Kontakt zur <strong>Beratung</strong> zustande kam<br />

Als Fazit lässt sich festhalten, dass es die Vielfalt der eingesetzten Instrumente ist,<br />

die die Öffentlichkeitsarbeit zum Projekt „Rat <strong>und</strong> Hilfe bei <strong>Sehverlust</strong> im Alter“<br />

erfolgreich macht.<br />

101


5.3 Offene Informationsstelle für Ratsuchende<br />

Während des Projektzeitraumes gab es immer wieder Anfragen an die<br />

<strong>Senioren</strong>beratung über die Region Marburg-Biedenkopf hinaus. So recherchieren z.<br />

B. viele Angehörige, deren Eltern <strong>von</strong> einem <strong>Sehverlust</strong> betroffen sind, im Internet<br />

<strong>und</strong> gelangen so über den Internetauftritt der blista zu dem<br />

<strong>Senioren</strong>beratungsangebot. Die Anfragen sind sehr vielfältig, es geht zum Beispiel<br />

um die Frage, ob es blinden- <strong>und</strong> sehbehindertengerechte Altenwohnheime in<br />

Deutschland gibt <strong>und</strong> wenn ja, wo diese liegen. Es geht darum, herauszufinden,<br />

welche Unterstützungs- <strong>und</strong> <strong>Beratung</strong>smöglichkeiten es in der jeweiligen Region gibt,<br />

wo es mögliche Low Vision <strong>Beratung</strong>en gibt <strong>und</strong> es geht um die Ver<strong>mit</strong>tlung <strong>von</strong><br />

Kontaktdaten zur Blindenselbsthilfe. Aber es kommen auch Anrufe <strong>von</strong><br />

Einrichtungen, wie z. B. Reha-Einrichtungen oder Altenheimen, die <strong>mit</strong> blinden <strong>und</strong><br />

sehbehinderten <strong>Senioren</strong> zu tun haben, die sich für Informationsmaterial <strong>und</strong><br />

generelle Informationen zu Unterstützungsmöglichkeiten interessieren. Während der<br />

Projektlaufzeit gab es insgesamt 100 Anfragen <strong>mit</strong> einer Bearbeitungszeit <strong>von</strong><br />

durchschnittlich 20 Minuten. Auch hier zeigt sich, dass die Vernetzung <strong>und</strong><br />

Weiterleitung <strong>von</strong> Informationen über <strong>Sehverlust</strong> im Alter auch über den Landkreis<br />

Marburg-Biedenkopf hinaus <strong>von</strong> großem Interesse ist.<br />

5.4 Netzwerkarbeit<br />

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Projektes war die Netzwerkarbeit. Dadurch<br />

gelang es, sowohl die Übergänge zu blinden- <strong>und</strong> sehbehindertenspezifischen<br />

Diensten (Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Sehhilfenanpassung, Schulung in Orientierung<br />

<strong>und</strong> Mobilität sowie in Lebenspraktischen Fähigkeiten) herzustellen, als auch das<br />

Angebot zunehmend engmaschig <strong>mit</strong> alters- bzw. ges<strong>und</strong>heitsspezifischen<br />

Fachdiensten (<strong>Beratung</strong> zu Pflegeaspekten, geriatrische Rehabilitation,<br />

Wohnberatung etc.) zu verknüpfen. Hierbei lässt sich die Netzwerkarbeit unterteilen<br />

in die Netzwerkarbeit in der Region <strong>und</strong> die Netzwerkarbeit <strong>mit</strong> sehbehinderten <strong>und</strong><br />

blindenspezifischen Fachdiensten.<br />

102


5.4.1 Netzwerkarbeit in der Region<br />

Während der Projektzeit fand eine intensive Netzwerkarbeit im Landkreis Marburg-<br />

Biedenkopf <strong>und</strong> zum Teil angrenzender Landkreise statt. Nachfolgend einige<br />

Beispiele für Einrichtungen <strong>und</strong> Angebote, <strong>mit</strong> denen eine Vernetzung stattgef<strong>und</strong>en<br />

hat:<br />

• Pflegestützpunkte<br />

o <strong>Beratung</strong>szentrum <strong>mit</strong> integriertem Pflegestützpunkt Marburg, BiP<br />

o Pflegestützpunkt <strong>und</strong> BEKO Gießen<br />

• Stadt Marburg<br />

o Altenplanung Stadt Marburg<br />

o Fachbereich 4 - Arbeit, Soziales <strong>und</strong> Wohnen der Stadt Marburg<br />

o Pflegebüro Stadt Marburg<br />

o Diakonisches Werk Marburg<br />

• Landkreis<br />

o Freiwilligenagentur Marburg-Biedenkopf<br />

o <strong>Senioren</strong>beiräte im Landkreis Marburg-Biedenkopf<br />

o Diakonisches Werk Biedenkopf-Gladenbach<br />

• Pflegedienste <strong>und</strong> Dienstleister<br />

o Ambulante mobile geriatrische Reha des Klinikums Marburg-Wehrda<br />

o AWO Marburg<br />

o Verschiedene ambulante Pflegedienste in Marburg <strong>und</strong> Marburg-<br />

Biedenkopf<br />

• Selbsthilfe, Bürgerinitiativen u. a.<br />

o Blinden- <strong>und</strong> Sehbehindertenb<strong>und</strong> Hessen, Regionalgruppe Marburg,<br />

Frankenberg <strong>und</strong> Gladenbach etc.<br />

o Bürgervereine, z. B. Bürgerverein „Leben <strong>und</strong> Altwerden in Mardorf <strong>und</strong><br />

Umgebung“<br />

o <strong>Senioren</strong>netzwerk Cölbe<br />

o Gut Älterwerden in der Marbach<br />

o Dachverband der evangelischen Blinden- <strong>und</strong> evangelischen<br />

Sehbehindertenseelsorge<br />

Ein weiterer wichtiger Bestandteil, den es gerade im ländlichen Raum weiter<br />

auszubauen gilt, ist das bürgerschaftliche Engagement, denn ohne ehrenamtliches<br />

103


Engagement wird der Hilfe- <strong>und</strong> Unterstützungsbedarf langfristig nicht mehr gedeckt<br />

werden können.<br />

Jede Region, ob ländlich oder städtisch, weist regionale, kulturelle <strong>und</strong><br />

infrastrukturelle Unterschiede auf, die es bei der Angebotsstruktur für <strong>Senioren</strong> zu<br />

berücksichtigen gilt. Daher erscheint eine regionale oder quartiersbezogene<br />

Ausrichtung der <strong>Senioren</strong>arbeit, die speziell auf die Bedürfnisse <strong>und</strong> Anliegen einer<br />

Region ausgerichtet ist, sinnvoll. Insbesondere die gesetzliche Verankerung der<br />

Pflegestützpunkte 34 in den Landkreisen ist ein erster Schritt, um eine zentrale<br />

Anlaufstelle für <strong>Senioren</strong> <strong>und</strong> Ratsuchende zu schaffen. Ziel der Pflegestützpunkte<br />

ist es, eine neutrale <strong>und</strong> unabhängige <strong>Beratung</strong> r<strong>und</strong> um das Thema Pflege für alle<br />

Betroffenen <strong>und</strong> deren Angehörige zu gewährleisten. Daneben haben sie u. a. noch<br />

die Aufgabe, ein leistungsfähiges Netzwerk zur Koordination <strong>und</strong> Kooperation aller<br />

beteiligten Stellen <strong>und</strong> Fachkräfte aufzubauen sowie eine Vernetzung <strong>von</strong><br />

pflegerischen <strong>und</strong> sozialen Versorgungs- <strong>und</strong> Betreuungsangeboten anzuregen (vgl.<br />

Fußnote 34., Seite 4). Der Pflegestützpunkt Marburg-Biedenkopf hat, koordiniert<br />

durch die Stabsstelle Altenhilfe, Netzwerkkonferenzen im Landkreis-Marburg<br />

Biedenkopf angeregt, bei denen alle ambulanten <strong>und</strong> stationären Einrichtungen <strong>und</strong><br />

Angebote der Altenarbeit, aber auch Initiativen des bürgerschaftlichen Engagements<br />

die Möglichkeit haben, sich zweimal im Jahr in Form <strong>von</strong> regionalen Netzwerktreffen<br />

zu treffen, sich kennenzulernen, sich auszutauschen, wichtige Kontakte zu knüpfen<br />

<strong>und</strong> gemeinsame Themen zu erarbeiten. Dazu wurde der Landkreis Marburg-<br />

Biedenkopf in fünf Regionen unterteilt:<br />

34<br />

„Auf der Gr<strong>und</strong>lage des am 1. Juli 2008 in Kraft getretenen Gesetzes zur strukturellen<br />

Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetzt PfWG) sieht gemäß<br />

§ 92 c Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Einrichtung <strong>von</strong> Pflegestützpunkten in der<br />

gemeinsamen Trägerschaft der Pflege- <strong>und</strong> Krankenkassen sowie der nach Landesrecht zu<br />

bestimmenden Stellen für die wohnortnahe Betreuung im Rahmen der örtlichen Altenhilfe <strong>und</strong> für<br />

die Gewährung der Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII –<br />

Sozialhilfe) vor. Die Pflegeberatung gemäß § 7a SGB XI soll im Pflegestützpunkt angesiedelt<br />

werden“ (Quelle: http://www.marburgbiedenkopf.de/uploads/PDF/STAH/Stuetzpunktkonzept_Endf_2010_03.pdf,<br />

Seite 3).<br />

104


Abbildung 52: Darstellung der fünf Netzwerkregionen in Marburg-Biedenkopf; Quelle: http://www.marburgbiedenkopf.de/senioren/pflegestuetzpunkte/netzwerkkonferenzen/,<br />

Stand 19.11.2013<br />

Im Rahmen der durch den Pflegestützpunkt Marburg-Biedenkopf organisierten<br />

Netzwerktreffen war es möglich, das Projekt „Rat <strong>und</strong> Hilfe bei <strong>Sehverlust</strong> im Alter“<br />

durch einen Kurzvortrag in den fünf Regionen des Landkreises vorzustellen.<br />

Insgesamt konnten da<strong>mit</strong> ca. 150 professionelle <strong>und</strong> ehrenamtliche Mitarbeiterinnen<br />

<strong>und</strong> Mitarbeiter über das <strong>Beratung</strong>sangebot informiert werden. Die Erfahrungen<br />

zeigen, dass die Vorträge eine erhebliche Multiplikatorenfunktion entfalten <strong>und</strong> die<br />

Vernetzung des Angebots im Raum Marburg-Biedenkopf <strong>und</strong> angrenzenden<br />

Landkreisen verbessern.<br />

5.4.1.1 Netzwerkarbeit <strong>mit</strong> dem <strong>Deutsche</strong>n Blinden- <strong>und</strong> Sehbehindertenb<strong>und</strong><br />

Mit der Regionalgruppe Marburg des Blinden- <strong>und</strong> Sehbehindertenb<strong>und</strong>es Hessen<br />

fand ein intensiver Austausch statt. So wurde auf verschiedenen Veranstaltungen der<br />

Regionalgruppe, auf deren Mitgliederversammlung in Marburg, bei Stammtischtreffen<br />

in Gladenbach <strong>und</strong> Frankenberg sowie beim monatlichen Nach<strong>mit</strong>tagstreff in<br />

Marburg das <strong>Beratung</strong>sangebot vorgestellt <strong>und</strong> die Zusammenarbeit angeregt. Auch<br />

105


<strong>mit</strong> dem Angebot „Blickpunkt Auge“ der Blinden- <strong>und</strong> Sehbehindertenselbsthilfe fand<br />

ein Austausch <strong>und</strong> eine Zusammenarbeit statt.<br />

Das folgende Schaubild 35 veranschaulicht noch einmal die unterschiedlichen <strong>und</strong><br />

vielfältigen Wege der internen <strong>und</strong> externen Netzwerkarbeit.<br />

Ehrenamtliche<br />

Partner<br />

Einzelne Ehrenamtliche/<br />

Nachbarschaftshilfen<br />

DeBess, Dachverband der ev. Blinden- <strong>und</strong><br />

ev. Sehbehindertenseelsorge<br />

Besuchsdienst<br />

Johanniter<br />

Blinden- u. Seh-<br />

Behinderten-<br />

B<strong>und</strong> (Marburg,<br />

Gladenbach,<br />

Frankenberg)<br />

Rechte<br />

Behinderter<br />

EDV Menschen<br />

blista/interne<br />

Partner<br />

Sehr häufiger Kontakt<br />

Häufiger Kontakt<br />

Sporadischer Kontakt<br />

Sehr seltener Kontakt<br />

Richtung der Kooperation<br />

<strong>mit</strong> Fokus auf Ver<strong>mit</strong>tlung<br />

Z<br />

Altenplanung Stadt Marburg<br />

Sonstige<br />

Partner<br />

Apotheke<br />

Uni-Augenklinik MR u. Gießen<br />

(Sozialer Dienst <strong>und</strong> Augenarzt)<br />

Ärzte/Apotheken/<br />

Hilfs<strong>mit</strong>telfirmen<br />

Hausärzte<br />

Augenärzte<br />

div. Hilfs<strong>mit</strong>telfirmen<br />

Lotsin<br />

Marburg<br />

<strong>Beratung</strong>s- <strong>und</strong><br />

Koordinierungsstelle <strong>und</strong><br />

Pflegestützpunkt Gießen<br />

Diakonisches Werk<br />

Marburg <strong>und</strong> Biedenkopf-Gladenbach<br />

(je 2 MA beim PSP)<br />

Z<br />

Mobile ambulante<br />

geriatrische Reha<br />

Sozialamt Marburg<br />

AG <strong>Beratung</strong><br />

MR-Stadt<br />

Städtische<br />

Partner<br />

Partner aus dem Bereich Pflege<br />

Abbildung 53: Graphische Darstellung der Netzwerkkarte<br />

Abschließend lässt sich festhalten: Die <strong>Beratung</strong> <strong>von</strong> Menschen <strong>mit</strong> einem<br />

<strong>Sehverlust</strong> ist ein wichtiges Angebot in einer umfassenden Angebots- <strong>und</strong><br />

<strong>Beratung</strong>sstruktur, die der Landkreis Marburg-Biedenkopf zurzeit schon hat <strong>und</strong> den<br />

es zu verfestigen gilt. Die intensive Netzwerkarbeit hat dazu beigetragen, dass<br />

sowohl <strong>Senioren</strong>, die <strong>von</strong> einem <strong>Sehverlust</strong> betroffen sind, <strong>von</strong> anderen<br />

35 Erstellt <strong>von</strong>: Franke, Annette/Driebold, Sonja/Himmelsbach, Ines (2013): „Das Projekt LOTSE“<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Evaluation eines psychosozialen <strong>Beratung</strong>skonzepts für ältere Menschen <strong>mit</strong><br />

Sehbehinderung: Ergebnisse der qualitativen Netzwerkanalyse bei Ratsuchenden <strong>und</strong> <strong>Beratung</strong>.<br />

Vortrag auf dem DGGG-Kongress „Alter(n)lernen“; Symposium: „Das Projekt LOTSE - Ergebnisse<br />

der Entwicklung <strong>und</strong> Evaluation eines psychosozialen <strong>Beratung</strong>sprogramms für ältere Menschen<br />

<strong>mit</strong> Sehbehinderung, 20. September 2013, Ulm.<br />

106


Netzwerkpartnern an das <strong>Beratung</strong>sangebot verwiesen werden <strong>und</strong> ebenfalls<br />

<strong>Senioren</strong> durch die <strong>Senioren</strong>beratung an andere Anbieter der Altenhilfe weitergeleitet<br />

werden.<br />

Das Thema <strong>Sehverlust</strong> im Alter ist, im Vergleich zu anderen Themen wie<br />

beispielsweise Alzheimererkrankungen, noch sehr wenig bekannt. Es gilt eher als<br />

„normal“, dass Menschen im Alter schlechter sehen <strong>und</strong> hören, aber welche blinden<strong>und</strong><br />

sehbehindertenspezifischen Hilfs<strong>mit</strong>tel <strong>und</strong> Unterstützungsmöglichkeiten es gibt,<br />

ist noch nicht flächendeckend bekannt. Daher trägt das <strong>Beratung</strong>sangebot dazu bei,<br />

für dieses Thema zu sensibilisieren <strong>und</strong> zu informieren. 36 Letztlich muss<br />

Netzwerkarbeit <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit im Sinne einer permanenten<br />

Beziehungsarbeit betrieben werden.<br />

5.4.2 Netzwerkarbeit zu sehbehinderten <strong>und</strong> blindenspezifischen<br />

Fachdiensten<br />

Im Rahmen der <strong>Beratung</strong>sarbeit der <strong>Senioren</strong>beratung ist die Vernetzung zu anderen<br />

blinden- <strong>und</strong> sehbehindertenspezifischen <strong>Beratung</strong>sangeboten <strong>und</strong> Dienstleistungen<br />

enorm wichtig, um eine bedarfsgerechte <strong>Beratung</strong> durchführen zu können. Dazu<br />

gehören:<br />

1. Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Sehhilfenanpassung<br />

2. Orientierungs- <strong>und</strong> Mobilitätsunterricht (O&M) sowie Lebenspraktische<br />

Fähigkeiten (LPF)<br />

3. Blinden- <strong>und</strong> sehbehindertenspezifischer Hilfs<strong>mit</strong>telshop<br />

4. Die <strong>Deutsche</strong> Blindenbibliothek (Hörbücherei)<br />

Im Folgenden werden die einzelnen blinden- <strong>und</strong> sehbehindertenspezifischen<br />

Dienste kurz vorgestellt 37 <strong>und</strong> die Bedeutung für die <strong>Senioren</strong>beratung dargelegt.<br />

36 Vergleiche auch Punkt 5.7 Multiplikatorenschulungen zum Thema „Einführung <strong>und</strong> Sensibilisierung<br />

in die <strong>Beratung</strong>sarbeit <strong>mit</strong> blinden <strong>und</strong> sehbehinderten SeniorInnen“ für MitarbeiterInnen in der<br />

Altenarbeit <strong>und</strong> Altenhilfe“ in diesem Bericht.<br />

37<br />

Die Informationen dazu wurden der blista Broschüre: „Individuelle <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Hilfe für<br />

sehbehinderte <strong>und</strong> blinde Menschen – Reha <strong>Beratung</strong>szentrum“ entnommen <strong>und</strong> sind hier in kursiv<br />

dargestellt.<br />

107


5.4.2.1 Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Sehhilfenanpassung<br />

Der Ausdruck „Low Vision“ kommt aus dem Englischen <strong>und</strong> ist ein Synonym für alle<br />

Angebote geworden, die dazu beitragen, trotz einer verringerten Sehschärfe<br />

weiterhin ein selbständiges Leben führen zu können. Es gibt eine breite Palette <strong>von</strong><br />

unterschiedlichen Sehhilfen <strong>und</strong> Angeboten, die das Lesen erleichtern, den Zugang<br />

zu Informationen ermöglichen <strong>und</strong> bei der Bewältigung des Alltags helfen.<br />

Zur händlerneutralen <strong>Beratung</strong> gehören:<br />

‣ die Überprüfung der gr<strong>und</strong>legenden Sehfunktionen<br />

‣ eine Optimierung der Brillenwerte<br />

‣ Bestimmen <strong>und</strong> Erproben der geeigneten vergrößernden Sehhilfen<br />

‣ Optimierung der Beleuchtung <strong>und</strong> Ergonomie am Arbeitsplatz<br />

Eine optimal angepasste <strong>und</strong> der individuellen Bedarfslage entsprechende Sehhilfe<br />

<strong>und</strong>/oder optische <strong>und</strong> elektronische Vergrößerungen tragen entscheidend dazu bei,<br />

dass die Betroffenen ihr verbliebenes Sehvermögen optimal ausnutzen können. Im<br />

Rahmen einer Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Sehhilfenanpassung werden sie hier beraten<br />

<strong>und</strong> können die Sehhilfen ausprobieren. Im Rahmen der <strong>Senioren</strong>beratung ist es<br />

wichtig, zu erfahren, ob die Betroffenen optische oder elektronische Hilfs<strong>mit</strong>tel<br />

haben, ob <strong>und</strong> wie sie da<strong>mit</strong> zurechtkommen <strong>und</strong> <strong>mit</strong> ihnen gegebenenfalls den<br />

Umgang zu üben. Oder sie bei nicht vorhandenen oder nicht passenden Hilfs<strong>mit</strong>teln<br />

über die Möglichkeiten einer Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Sehhilfenanpassung zu<br />

informieren <strong>und</strong> dorthin weiterzuver<strong>mit</strong>teln.<br />

5.4.2.2 Schulung in Orientierungs- <strong>und</strong> Mobilitätsunterricht (O&M) sowie<br />

Lebenspraktischen Fähigkeiten (LPF)<br />

Die sichere <strong>und</strong> selbständige Fortbewegung im öffentlichen Raum <strong>und</strong> innerhalb <strong>von</strong><br />

Gebäuden ist das Ziel der Schulung in Orientierung <strong>und</strong> Mobilität (O&M). Der<br />

Unterricht beinhaltet eine Förderung der bewussten Wahrnehmung <strong>und</strong> den Erwerb<br />

gr<strong>und</strong>legender Orientierungsprinzipien. Je nach individuellem Sehvermögen kommen<br />

dabei optische Hilfs<strong>mit</strong>tel <strong>und</strong>/oder der Blindenlangstock zum Einsatz. Zu den<br />

Schulungsinhalten zählen:<br />

‣ Ver<strong>mit</strong>tlung <strong>von</strong> Orientierungsstrategien<br />

‣ Nutzung öffentlicher Verkehrs<strong>mit</strong>tel<br />

108


‣ Straßenüberquerung<br />

Lebenspraktische Fähigkeiten (LPF)<br />

Die Schulung der Wahrnehmung spielt auch für die räumliche Orientierung im Nah<strong>und</strong><br />

Mittelbereich eine große Rolle. Je nach Einsetzbarkeit des funktionalen<br />

Sehvermögens geht es beispielsweise um die richtige Beleuchtung in Räumen (…),<br />

um die kontrastreiche Gestaltung der un<strong>mit</strong>telbaren Umgebung <strong>und</strong> die Ver<strong>mit</strong>tlung<br />

spezifischer Basistechniken für die Alltagsgestaltung.<br />

Orientierung <strong>und</strong> Mobilität <strong>und</strong> Lebenspraktische Fähigkeiten sind sehr wichtige<br />

Themen, denn eine selbständige <strong>und</strong> sichere Fortbewegung <strong>und</strong> Orientierung sowie<br />

ein sicherer Umgang im Haushalt sind Gr<strong>und</strong>voraussetzungen für eine<br />

selbstbestimmte <strong>und</strong> unabhängige Lebensführung. Durch die enge Zusammenarbeit<br />

zwischen den Rehabilitationsfachkräften für O&M <strong>und</strong> LPF <strong>und</strong> der<br />

<strong>Senioren</strong>beraterin ist eine unkomplizierte Weiterver<strong>mit</strong>tlung gegeben. Auch kann die<br />

<strong>Senioren</strong>beraterin durch das Gespräch <strong>mit</strong> den Kolleginnen gute Anregungen zu<br />

Markierungsmöglichkeiten, Ordnungssystemen, Küchengestaltung etc. gewinnen<br />

<strong>und</strong> diese an die <strong>Senioren</strong> weitergeben.<br />

5.4.2.3 Blinden- <strong>und</strong> sehbehindertenspezifischer Hilfs<strong>mit</strong>telshop<br />

Die vielfältige Auswahl an blinden- <strong>und</strong> sehbehindertenspezifischen Hilfs<strong>mit</strong>teln, die<br />

im blista-Shop vorhanden sind, soll den Betroffenen den Alltag erleichtern (vgl.<br />

www.deutscherhilfs<strong>mit</strong>telvertrieb.de).<br />

Das Interesse an Informationen <strong>und</strong> der Umgang <strong>mit</strong> möglichen Hilfs<strong>mit</strong>teln innerhalb<br />

der <strong>Senioren</strong>beratung ist sehr groß. Die <strong>Senioren</strong> können die Hilfs<strong>mit</strong>tel<br />

kennenlernen, unter Anleitung ausprobieren <strong>und</strong> ausleihen. Großes Interesse<br />

besteht z. B. an „roten, taktilen Markierungspunkten“, sprechenden Uhren,<br />

sprechenden Haushaltsgeräten wie Küchenwaagen, Festnetztelefonen <strong>und</strong> Handys,<br />

Blindenplaketten <strong>und</strong> Daisy-Playern.<br />

Auch bei der Beantragung <strong>von</strong> Hilfs<strong>mit</strong>teln wie beispielsweise einem Daisy-Player<br />

über die Krankenkasse werden die interessierten <strong>Senioren</strong> beraten <strong>und</strong> bei der<br />

Antragsstellung unterstützt.<br />

109


5.4.2.4 Die <strong>Deutsche</strong> Blinden-Bibliothek (Hörbücherei)<br />

Die <strong>Deutsche</strong> Blinden-Bibliothek stellt Bücher in Blindenschrift <strong>und</strong> DAISY-CDs zur<br />

kostenlosen Ausleihe zur Verfügung. Ihr Archiv, als wissenschaftliche<br />

Präsenzbibliothek des Blindenwesens, umfasst ca. 50.000 Bücher <strong>und</strong> Zeitschriften<br />

in Normalschrift sowie eine Sammlung internationaler Kinder- <strong>und</strong> Jugendbücher.<br />

Voraussetzung für die Ausleihe <strong>von</strong> Blindenschrift- <strong>und</strong> Hörbüchern ist der Nachweis<br />

der Blindheit oder Sehbehinderung. Der Versand der Bücher wird <strong>von</strong> der <strong>Deutsche</strong>n<br />

Post AG portofrei übernommen.<br />

Um bei einer Sehbehinderung oder Blindheit weiterhin Zugang zu Informationen <strong>und</strong><br />

Kommunikation zu haben, bedarf es anderer Zugangswege. Das Lesen <strong>von</strong><br />

gedruckten Büchern ist auch <strong>mit</strong> Hilfe <strong>von</strong> optischen oder elektronischen Hilfs<strong>mit</strong>teln<br />

häufig sehr mühsam oder nicht mehr möglich. Daher stellen Hörbücher im Daisy<br />

Format <strong>und</strong> die dazu passenden Abspielgeräte (Daisy-Player 38 ) eine sehr gute<br />

Alternative dar.<br />

Im Rahmen der <strong>Senioren</strong>beratung können, durch Unterstützung der Blinden-<br />

Bibliothek, die interessierten <strong>Senioren</strong> einen Daisy-Player <strong>und</strong> die Daisy-CDs<br />

ausprobieren <strong>und</strong> ihn für 1-2 Wochen ausleihen, um herauszufinden, ob ihnen die<br />

Handhabung des Gerätes gelingt <strong>und</strong> ob ihnen der Zugang zu Informationen über<br />

aufgesprochene Literatur zusagt. Bei Interesse kann im Rahmen der <strong>Beratung</strong>, die<br />

Anmeldung für eine Mitgliedschaft bei der Blinden-Bibliothek gemeinsam ausgefüllt<br />

werden <strong>und</strong> die <strong>Senioren</strong>beraterin leitet die Anmeldung an die Blinden-Bibliothek<br />

weiter.<br />

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass für die mobile <strong>Beratung</strong> <strong>von</strong> <strong>Senioren</strong><br />

<strong>mit</strong> einem <strong>Sehverlust</strong> die enge Zusammenarbeit <strong>mit</strong> anderen blinden- <strong>und</strong><br />

sehbehindertenspezifischen Fachdiensten sehr wichtig <strong>und</strong> notwendig ist. Durch den<br />

schnellen <strong>und</strong> umfassenden Zugriff auf anderes, sehbehinderten- <strong>und</strong><br />

blindenspezifisches Fachwissen kann eine optimale Versorgung der Ratsuchenden<br />

gewährleistet werden. Daher ist die Vernetzung <strong>mit</strong> diesen Diensten oder eine<br />

38 „DAISY ist der Name eines weltweiten Standards für navigierbare, zugängliche Multimedia-<br />

Dokumente. Die Abkürzung DAISY steht für Digital Accessible Information System.“ (Quelle:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Digital_Accessible_Information_System, Stand 10.9.2013<br />

110


Ansiedlung der <strong>Senioren</strong>beratung für Menschen <strong>mit</strong> einem <strong>Sehverlust</strong> innerhalb der<br />

<strong>Deutsche</strong>n Blindenstudienanstalt sehr sinnvoll <strong>und</strong> gewinnbringend.<br />

5.5 Multiplikatorenschulung: „Einführung <strong>und</strong> Sensibilisierung in die<br />

<strong>Beratung</strong>sarbeit <strong>mit</strong> blinden <strong>und</strong> sehbehinderten SeniorInnen“<br />

Am 15. März 2013 fand eine ganztägige Multiplikatorenschulung zum Thema<br />

„Einführung <strong>und</strong> Sensibilisierung in die <strong>Beratung</strong>sarbeit <strong>mit</strong> blinden <strong>und</strong><br />

sehbehinderten SeniorInnen“ <strong>mit</strong> 21 interessierten Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern<br />

aus den Bereichen der stationären <strong>und</strong> ambulanten Altenpflege, vom ambulanten<br />

Hospiz, vom Diakonischen Werk, Mitarbeiterinnen des Sozial- <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitsamtes sowie einer ehrenamtlich Tätigen aus dem Landkreis Marburg-<br />

Biedenkopf statt.<br />

An diesem Tag ging es darum, die TeilnehmerInnen für das Thema „<strong>Sehverlust</strong> im<br />

Alter“ zu sensibilisieren <strong>und</strong> ihnen einen Einblick zu geben, was es aus medizinischer<br />

<strong>und</strong> psychosozialer Sicht heißt, im Alter an den Augen zu erkranken <strong>und</strong> dadurch<br />

einen <strong>Sehverlust</strong> zu erleiden. Darüber hinaus ging es um die Ver<strong>mit</strong>tlung praktischer,<br />

in ihrem Arbeitsalltag gut anwendbarer Unterstützungs- <strong>und</strong> Hilfsmöglichkeiten, die<br />

die Lebensqualität der betroffenen Menschen erhöhen <strong>und</strong> sie in ihrer<br />

Selbständigkeit unterstützen können.<br />

Durchgeführt wurde die Multiplikatorenschulung <strong>von</strong> einem Orthoptisten, zwei<br />

Fachkräften für Blinden- <strong>und</strong> Sehbehindertenrehabilitation <strong>und</strong> der<br />

<strong>Senioren</strong>beraterin. Thematische Schwerpunkte waren:<br />

(1) Einführung in altersbedingte Augenerkrankungen, die Möglichkeit einer Low<br />

Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Anpassung vergrößernder Sehhilfen;<br />

(2) Psychosoziale Auswirkungen <strong>von</strong> Sehbehinderung im Alter;<br />

(3) barrierefreie Gestaltung des Wohnraums <strong>und</strong> die Notwendigkeit einer<br />

optimalen Beleuchtung;<br />

(4) sehbehindertenspezifische Schulungsangebote für <strong>Senioren</strong>;<br />

(5) Informationen zu Nachteilsausgleichen für blinde <strong>und</strong> sehbehinderte<br />

Menschen.<br />

Einen wichtigen Teil der Multiplikatorenschulung stellte die Eigenerfahrung dar. Die<br />

TeilnehmerInnen konnten unter einer Simulationsbrille, die einen Visus <strong>von</strong> unter<br />

0,02 simulierte, einen „Kaffeenach<strong>mit</strong>tag“ erleben. Hierfür wurden die Tische im<br />

111


Seminarraum umgestellt <strong>und</strong> <strong>mit</strong> Kaffee <strong>und</strong> Kuchen ausgestattet. Bevor die<br />

Teilnehmerinnen den Raum betraten wurden ihnen die Simulationsbrillen aufgesetzt<br />

<strong>und</strong> so konnten sie „am eigenen Leib“ erfahren, was es für <strong>Senioren</strong> <strong>mit</strong> einer<br />

Sehbehinderung oder Blindheit bedeutet, an einem <strong>Senioren</strong>nach<strong>mit</strong>tag<br />

teilzunehmen. Im Anschluss an die Selbsterfahrung hatten die Teilnehmenden die<br />

Gelegenheit über folgende Fragen zu reflektieren:<br />

1. Welche Gefühle hat die ganze Situation bei mir ausgelöst?<br />

2. Welche Techniken habe ich angewandt, um mich im Raum zu orientieren?<br />

3. Welche Techniken habe ich angewandt, um zu essen <strong>und</strong> zu trinken?<br />

4. War Kommunikation am Tisch möglich? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum<br />

nicht?<br />

5. Wie war meine Wahrnehmung vom Raum <strong>und</strong> vom Essen?<br />

Der Aspekt der Eigenerfahrung in der Arbeit <strong>mit</strong> blinden- <strong>und</strong> sehbehinderten<br />

Menschen ist ganz entscheidend, denn nur durch das eigene Erleben <strong>und</strong> Erfahren<br />

der funktionalen Auswirkungen 39 <strong>von</strong> Blindheit <strong>und</strong> Sehbehinderung kann die nötige<br />

Sensibilität für die Bedürfnisse blinder <strong>und</strong> sehbehinderter <strong>Senioren</strong> ver<strong>mit</strong>telt<br />

werden. Auf die Teilnehmenden hatte die Selbsterfahrung einen großen Eindruck<br />

hinterlassen, weil sie so viel besser nachvollziehen konnten, wie eine alltägliche<br />

Situation wie der Kaffeenach<strong>mit</strong>tag für Menschen <strong>mit</strong> einer Sehbeeinträchtigung zu<br />

einer großen Herausausforderung werden kann. Auch die Gefühle <strong>und</strong> Emotionen,<br />

die diese Situation bei den Teilnehmenden ausgelöst hat, lässt sie sensibler werden.<br />

Für viele der Teilnehmenden war diese Erfahrung so beeindruckend, dass sie sich<br />

die Simulationsbrillen ausgeliehen haben, um im Rahmen einer eigenen,<br />

betriebsinternen Fortbildung ihre Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen zu schulen.<br />

Multiplikatorenschulungen wie diese sind sehr gewinnbringend, um für das Thema<br />

„<strong>Sehverlust</strong> im Alter“ zu sensibilisieren sowie den MitarbeiterInnen in den Bereichen<br />

der Altenhilfe konkrete Informationen <strong>und</strong> Hilfen <strong>mit</strong> an die Hand zu geben, wie sie<br />

erkennen können, dass jemand schlecht sieht <strong>und</strong> welche Unterstützung sie dann<br />

selbst anregen oder an wen sie weiterver<strong>mit</strong>teln können. Das gibt ihnen<br />

Handlungssicherheit <strong>und</strong> kommt letztlich den Betroffenen zugute.<br />

39 Für eine Definition <strong>von</strong> „Funktionalem Sehvermögen“ siehe bitte Fußnote 16.<br />

112


5.6 Eine Sensibilisierungseinheit <strong>mit</strong> Schülern der Stadtschule<br />

Marburg-Biedenkopf<br />

Die Schüler einer 8. Klasse der Stadtschule in Marburg-Biedenkopf haben die<br />

Möglichkeit, sich im Rahmen eines Wahlpflichtfaches ehrenamtlich im Bereich der<br />

Altenarbeit zu engagieren. Dafür, so die Idee, sollen sie ein Zertifikat erhalten, was<br />

ihnen bei der Ausbildungssuche helfen kann. Im Rahmen einer Projekteinheit fand<br />

eine Sensibilisierungseinheit <strong>mit</strong> den Schülern statt, <strong>mit</strong> dem Ziel, sie auf den<br />

Umgang <strong>mit</strong> blinden <strong>und</strong> sehbehinderten <strong>Senioren</strong> vorzubereiten, indem sie <strong>mit</strong> Hilfe<br />

<strong>von</strong> Simulationsbrillen <strong>und</strong> eines Altersanzuges selbst in die Situation versetzt<br />

wurden, dass sie schlecht sehen <strong>und</strong> körperlich beeinträchtigt sind. Im Rahmen<br />

dieser Unterrichtseinheit wurde das Thema „Sehbehinderung im Alter“ <strong>und</strong> welche<br />

Auswirkungen ein <strong>Sehverlust</strong> im Alter haben kann thematisiert.<br />

Im Rahmen einer Frühstückssituation hatten die 25 Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler die<br />

Möglichkeit unter einer Simulationsbrille, die Auswirkungen einer Sehbehinderung zu<br />

erleben. Der Eigenerfahrung folgte eine Reflexionseinheit, bei der es darum ging, die<br />

gewonnen Erfahrungen zu reflektieren, indem darüber gesprochen wurde, welche<br />

Gefühle der simulierte <strong>Sehverlust</strong> bei ihnen ausgelöst hat. Es ging darum, zu<br />

erfahren, ob eine Kommunikation <strong>mit</strong> den anderen am Tisch möglich war <strong>und</strong> wie sie<br />

herausgef<strong>und</strong>en haben, ob noch jemand am Tisch saß. Es ging um die Frage, ob sie<br />

bestimmte Esstechniken angewandt haben <strong>und</strong> wie sie sich den Raum erschlossen<br />

haben. Und letztlich auch um die Frage, wie die Wahrnehmung dessen war, was sie<br />

gerade gegessen haben.<br />

Diese Eigenerfahrung hat einen bleibenden Eindruck bei den Schülerinnen <strong>und</strong><br />

Schülern hinterlassen, denn durch Erfahrung dessen, was es heißt, nicht mehr gut<br />

sehen zu können, scheint der Lernerfolg <strong>und</strong> die Sensibilisierung für ältere<br />

Menschen <strong>mit</strong> <strong>Sehverlust</strong> am besten.<br />

113


5.7 Projektbegleitende Gruppenangebote für blinde <strong>und</strong><br />

sehbehinderte <strong>Senioren</strong><br />

Im November 2012 fand im Rahmen des Projektes ein Gruppenangebot für <strong>Senioren</strong><br />

zu dem Thema „Selbständig in der Küche trotz Sehbehinderung“ statt. Im Rahmen<br />

eines Samstagvor<strong>mit</strong>tags gab es für vier sehbehinderte Seniorinnen in der<br />

<strong>Deutsche</strong>n Blindenstudienanstalt e.V. in Marburg die Gelegenheit, einen Überblick<br />

über blinden- <strong>und</strong> sehbehindertenspezifische Küchengestaltung <strong>und</strong><br />

Arbeitsplatzorganisation zu gewinnen. Dafür wurden die eigens in der blista<br />

vorhandenen Lehrküchen durch eine Rehabilitationslehrerin <strong>und</strong> die<br />

<strong>Senioren</strong>beraterin vorgestellt.<br />

Anhand eines gemeinsam zubereiteten Obstsalates wurden Schneidetechniken <strong>und</strong><br />

die sichere Handhabung <strong>von</strong> Messer, Sparschäler <strong>und</strong> Apfelzerteiler erprobt. Die<br />

Teilnehmerinnen haben alle jahrzehntelange Erfahrungen in der Zubereitung <strong>von</strong><br />

Speisen, das heißt, hier konnte auf ein großes Wissen zurückgegriffen werden um es<br />

<strong>mit</strong> neuen blinden- <strong>und</strong> sehbehindertenspezifischen Schneidetechniken <strong>und</strong><br />

Ordnungssystemen zu ergänzen <strong>und</strong> zu optimieren.<br />

Auch das Thema Arbeitsplatzgestaltung in der Küche <strong>und</strong> Beleuchtung spielt im<br />

Zusammenhang <strong>mit</strong> einer Sehbehinderung eine große Rolle <strong>und</strong> wurde an diesem<br />

Tag thematisiert. Wenn das Sehvermögen nachlässt, dann ist es sehr wichtig, eine<br />

gute Beleuchtung zu haben, die dem Tageslicht sehr nahe kommt. Für die Arbeit in<br />

der Küche <strong>und</strong> am Arbeitsplatz sind Leuchten <strong>mit</strong> einem Schwenkarm sehr<br />

vorteilhaft, da sie auf die individuellen Bedürfnisse eingestellt werden können.<br />

Abbildung 54: Foto eines Küchentischs <strong>mit</strong> Beleuchtung<br />

114


Auch das Arbeiten <strong>mit</strong> Kontrasten, also beispielsweise das Verwenden einer hellen<br />

Unterlage <strong>und</strong> einem dunklen Schneidebrett trägt dazu bei, dass das verbliebene<br />

Sehvermögen optimal ausgenutzt werden kann.<br />

Abbildung 55: Weißes Tischset als Unterlage eines schwarzen Brettes, zur Verdeutlichung <strong>von</strong> Kontrastmöglichkeiten sowie eine<br />

Aufbewahrungsbox für die Schneideutensilien.<br />

Für die betroffenen Seniorinnen bot das Gruppenangebot einen Einblick in die<br />

vielfältigen Blinden- <strong>und</strong> Sehbehinderten-Arbeitstechniken in der Küche. Darüber<br />

hinaus bot der Vor<strong>mit</strong>tag auch die Möglichkeit, sich gegenseitig kennenzulernen <strong>und</strong><br />

über die jeweilige Augenerkrankung auszutauschen. Dies stellte sich bei dem<br />

Gruppenangebot als ein wichtiger Aspekt heraus, denn im Alltag haben die<br />

betroffenen <strong>Senioren</strong> nicht immer jemanden, der ihnen zuhört oder der verstehen<br />

kann, was es bedeutet, <strong>von</strong> einem <strong>Sehverlust</strong> im Alter betroffen zu sein. Dadurch,<br />

dass die Gruppengröße <strong>mit</strong> vier Personen sehr überschaubar war, gab es genug<br />

Zeit, dass jeder <strong>von</strong> sich erzählen konnte.<br />

Generell lässt sich sagen, dass das Interesse an Gruppenangeboten zu einem<br />

bestimmten Thema durchaus da ist, im ländlichen Raum stellt sich hier aber sehr<br />

schnell die Frage nach der Möglichkeit, dieses ambulante Angebot auch zu<br />

erreichen. Langfristig wäre hier eine Möglichkeit, dass man in den unterschiedlichen<br />

Regionen vor Ort Gruppen anbietet, um so die Zugangswege zu verkürzen.<br />

Es sind weitere Gruppenangebote geplant, vor allem das Interesse an Möglichkeiten<br />

der Handarbeit wie Knöpfe annähen, stricken <strong>und</strong> stopfen, ebenso an den Themen<br />

Ernährung <strong>und</strong> Augenges<strong>und</strong>heit ist sehr groß.<br />

115


5.8 Tag der offenen Tür im Reha-<strong>Beratung</strong>szentrum (RBZ) der<br />

blista<br />

Am 6. Juni 2013 fand im Rahmen des „Tags der Sehbehinderten“ im Reha-<br />

<strong>Beratung</strong>szentrum (RBZ) der blista ein Aktionstag zum Thema „<strong>Sehverlust</strong> im Alter“<br />

statt. Die Besucher hatten die Möglichkeit, sich über die vielfältigen Angebote des<br />

<strong>Beratung</strong>szentrums zu informieren <strong>und</strong> konkrete Anliegen <strong>mit</strong> den Fachleuten zu<br />

besprechen. Im Low Vision <strong>Beratung</strong>sraum konnten optische <strong>und</strong> elektronische<br />

Sehhilfen getestet werden. Viele <strong>Senioren</strong> waren erstaunt, welche technischen<br />

Möglichkeiten es gibt, trotz Sehbehinderung oder Blindheit am Computer oder <strong>mit</strong><br />

dem Handy selbständig zu arbeiten. Auch Hilfen für den Alltag <strong>und</strong> Hörbücher<br />

wurden vorgestellt. Gerade Dinge wie sprechende Uhren oder Markierungspunkte<br />

sind kleine Hilfen, die eine große Wirkung bei der Aufrechterhaltung der<br />

Selbständigkeit erzielen können. Da viele der etwa 50 Besucher selbst <strong>von</strong> einer<br />

Augenerkrankung betroffen sind, sehr häufig ist es die Altersabhängige<br />

Makuladegeneration (AMD), fand der Vortrag <strong>von</strong> Dr. Nadja Weber, Oberärztin an<br />

der Augenklinik der Universität Marburg, über gegenwärtige <strong>und</strong> zukünftige<br />

Behandlungsmöglichkeiten bei Makuladegeneration großen Anklang. Bereits<br />

während des Vortrages konnten Fragen gestellt werden <strong>und</strong> im Anschluss stand<br />

Frau Dr. Weber zur Verfügung, um die persönlichen Anliegen zu besprechen.<br />

Viele der Besucher waren das erste Mal im <strong>Beratung</strong>szentrum <strong>und</strong> konnten für sich<br />

neue Eindrücke <strong>und</strong> Wege kennenlernen, die es ihnen ermöglichen, trotz einer<br />

altersbedingten Augenerkrankung weiterhin ein selbstbestimmtes <strong>und</strong> selbständiges<br />

Leben zu führen. Aktionen wie diese tragen dazu bei, für das Thema <strong>Sehverlust</strong> im<br />

Alter zu sensibilisieren sowie den Betroffenen zu zeigen, welche Hilfs- <strong>und</strong><br />

Unterstützungsmöglichkeiten es zu dem Thema <strong>Sehverlust</strong> im Alter gibt.<br />

116


6 Fazit <strong>und</strong> Verstetigung des <strong>Beratung</strong>sangebots: „Rat <strong>und</strong><br />

Hilfe bei <strong>Sehverlust</strong> im Alter“<br />

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Ziel des Projektes, ein<br />

zugehendes <strong>Beratung</strong>sangebot für Menschen <strong>mit</strong> einem <strong>Sehverlust</strong> im Alter zu<br />

entwickeln <strong>und</strong> zu erproben gelungen ist.<br />

Die bisherigen <strong>Beratung</strong>szahlen <strong>von</strong> 242 <strong>Beratung</strong>sgesprächen <strong>und</strong> über 100<br />

Anfragen <strong>von</strong> außerhalb machen dies noch mal sehr deutlich. Wesentlich dabei ist<br />

der Aspekt der zugehenden <strong>Beratung</strong>, der <strong>von</strong> fast allen <strong>Senioren</strong> in Anspruch<br />

genommen wurde, weil sie einerseits aufgr<strong>und</strong> eingeschränkter Mobilität kaum eine<br />

Möglichkeit haben, das <strong>Beratung</strong>sangebot sonst in Anspruch zu nehmen <strong>und</strong> es<br />

andererseits auch begrüßen, wenn die Beraterin sie zu Hause aufsucht, um konkrete<br />

Hilfestellungen bei der Gestaltung der Umgebung zu geben.<br />

Wie die umfangreiche Datenauswertung gezeigt hat, erstrecken sich die<br />

<strong>Beratung</strong>swünsche <strong>von</strong> der konkreten Informationsver<strong>mit</strong>tlung zu blinden- <strong>und</strong><br />

sehbehindertenspezifischen Fachdiensten wie Low Vision <strong>Beratung</strong> <strong>und</strong> Anpassung<br />

vergrößernder Sehhilfen, über die Organisation <strong>und</strong> Beschaffung <strong>von</strong><br />

Unterstützungsleistungen <strong>und</strong> Hilfs<strong>mit</strong>teln, der Erarbeitung konkreter<br />

Lösungsstrategien im Haushalt bis hin zur Unterstützung bei der Verarbeitung <strong>und</strong><br />

Akzeptanz des <strong>Sehverlust</strong>es.<br />

Um dies zu erreichen fungiert die <strong>Senioren</strong>beraterin als „Zentrum“, in welchem<br />

Informationen gebündelt weitergegeben werden <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />

entsprechende Anträge gleich gemeinsam beantragt oder ausgefüllt werden.<br />

Informationen können dabei aus einer Hand abgefragt werden, werden dann aber,<br />

wenn nötig <strong>von</strong> den jeweiligen (Fach-)Experten ausgeführt, an die die<br />

<strong>Senioren</strong>beratung weiterverwiesen hat. Die Steuerung <strong>von</strong> einer Stelle aus verspricht<br />

Klarheit <strong>und</strong> Offenheit in der zerklüfteten Struktur der Betreuung bei Sehbehinderung<br />

im Alter <strong>und</strong> soll Parallelstrukturen vermeiden. Die <strong>Senioren</strong>beraterin begleitet <strong>und</strong><br />

gestaltet den Prozess <strong>mit</strong> <strong>und</strong> fungiert als Schnittstelle für alle Beteiligten, d. h. sie<br />

überprüft auch, ob getroffene Vereinbarungen in die Tat umgesetzt worden sind.<br />

Darüber hinaus kann sie ganz konkret – vor Ort – <strong>mit</strong> den Betroffenen<br />

Lösungsstrategien erarbeiten <strong>und</strong> sie bei der Umsetzung begleiten. Die<br />

Fokussierung auf eine <strong>Beratung</strong>sperson erscheint gerade in der starken<br />

Unübersichtlichkeit der <strong>Beratung</strong>s- <strong>und</strong> Unterstützungsangebote in Verbindung zu<br />

117


der altersbedingten Hilflosigkeit älterer Menschen notwendig. So soll ein Kontakt<br />

geschaffen werden, bei dem alle Informationen zusammenlaufen <strong>und</strong> zentral<br />

koordiniert werden. In der <strong>Beratung</strong> zeigt sich, dass die betroffenen <strong>Senioren</strong><br />

Vertrauen fassen, wenn sie merken, dass sich etwas bewegt <strong>und</strong> verändert. Wenn<br />

sie wissen, sie können nachfragen <strong>und</strong> um Hilfe bitten, ohne dass sie sich hilflos<br />

fühlen müssen. Das <strong>Beratung</strong>sangebot leistet für die betroffenen Menschen einen<br />

wichtigen Beitrag zum Erhalt <strong>von</strong> Lebensqualität <strong>und</strong> Teilhabe am Leben in der<br />

Gesellschaft <strong>und</strong> vermeidet oder verzögert im besten Fall eine Pflegebedürftigkeit<br />

<strong>und</strong> Heimunterbringung.<br />

Das <strong>Beratung</strong>sangebot für <strong>Senioren</strong> <strong>mit</strong> einem <strong>Sehverlust</strong> hat sich in der Landschaft<br />

der <strong>Senioren</strong>arbeit etabliert, wird <strong>von</strong> allen anderen Fachdiensten, Stabsstellen,<br />

Fachstellen <strong>und</strong> ehrenamtlich tätigen Personen hochgeschätzt. Diese Entwicklung ist<br />

auch an der stetig zunehmenden Vernetzung zu spüren <strong>und</strong> der Weiterleitung <strong>von</strong><br />

betroffenen <strong>Senioren</strong>, <strong>von</strong> anderen, allgemeinen <strong>Senioren</strong>diensten an die<br />

<strong>Beratung</strong>sstelle. Diese gute Vernetzung stellt zudem für die Beteiligten keine<br />

Einbahnstraße dar, da wir in jedem Einzelfall prüfen, welche allgemeinen Angebote<br />

erreichbar sind <strong>und</strong> aus Sicht des älteren Menschen gewünscht sind <strong>und</strong> in Frage<br />

kommen. So<strong>mit</strong> schließt die <strong>Senioren</strong>beratung für Menschen <strong>mit</strong> <strong>Sehverlust</strong> im<br />

Alter eine <strong>Beratung</strong>slücke.<br />

Deshalb, <strong>und</strong> das war ein weiteres Ziel der Projektphase, spricht alles dafür, das im<br />

Projekt entwickelte <strong>und</strong> erprobte Konzept in ein Regelangebot zu verstetigen. Dies ist<br />

nach 1,5 Jahren Projektlaufzeit vorerst nicht gelungen.<br />

Die blista hat jedoch, vor dem Hintergr<strong>und</strong> der großen Wichtigkeit der<br />

Aufgabenstellung, im Sommer 2013 entschieden, die Laufzeit des Projektes <strong>mit</strong>hilfe<br />

<strong>von</strong> Dritt<strong>mit</strong>teln um 5 Monate bis zum Jahresende 2013 zu verlängern. Insbesondere<br />

in 2013 sind vielfältige Versuche unternommen worden, das Projekt über die<br />

Kostenträger der Stadt <strong>und</strong> des Landkreises Marburg-Biedenkopf in eine<br />

Regelfinanzierung überzuleiten. Die blista hat in diesem Prozess großartige<br />

Unterstützung durch kommunale Vertreter aus unterschiedlichen Parteien erfahren.<br />

Im Sommer 2013 wurden, nach Aufforderung der städtischen <strong>und</strong> kommunalen<br />

Behörden, inhaltlich begründete Anträge für eine Regelfinanzierung an die<br />

zuständigen Behörden gestellt. Aus laufenden Haushaltsplanungen haben uns noch<br />

keinerlei Hinweise auf unsere Antragstellung erreicht. Die Wahl bzw. der daraus<br />

118


folgende Wechsel an der Spitze des Landkreises ist wahrscheinlich eine Zeit, in der<br />

keine wesentlichen Entscheidungen getroffen werden.<br />

Neben den kommunalen Ansprechpartnern haben wir auch bestehende Kontakte der<br />

blista zum hessischen Sozialministerium genutzt, um unser Anliegen vorzustellen<br />

<strong>und</strong> vorzubringen. Die Zielvorstellung besteht darin, das Land, den Landkreis <strong>und</strong> die<br />

Stadt Marburg da<strong>von</strong> zu überzeugen, dass ein gemeinsames Finanzierungsmodell<br />

im Landkreis Marburg-Biedenkopf umgesetzt <strong>und</strong> erprobt wird. Es gilt in der Zukunft<br />

dann auch zu prüfen, in welchem Maße eine gelungene <strong>Senioren</strong>beratung für blinde<br />

<strong>und</strong> sehbehinderte <strong>Senioren</strong> zu Ausgabenminderung im Bereich der Pflege <strong>und</strong><br />

Heimunterbringung führen <strong>und</strong> zur Erhaltung der weitestgehenden selbständigen<br />

Lebensführung der <strong>Senioren</strong> beitragen kann.<br />

Das entwickelte <strong>und</strong> erprobte <strong>Beratung</strong>sangebot ist darüber hinaus nicht auf die<br />

Region Marburg-Biedenkopf beschränkt, sondern lässt sich auch auf andere Gebiete<br />

Deutschlands übertragen.<br />

Die Perspektive des Angebots kann zudem nicht in einem antragsbasierten<br />

Verfahren bestehen, da bereits eine geringe Anzahl <strong>von</strong> Hausbesuchen eine<br />

spürbare Wirkung hinterlässt. Der bürokratische Aufwand für eine individuelle<br />

Beantragung, z. B. nach SGB 12 & 71 Altenhilfe wäre für alle beteiligten Personen<br />

nicht zumutbar, würde die Kosten unnötig erhöhen <strong>und</strong> würde zu unverhältnismäßig<br />

langen Wartezeiten führen.<br />

Wir haben während der gesamten Projektlaufzeit darauf geachtet, dass Wartezeiten<br />

lediglich in einem vertretbaren Maß entstehen <strong>und</strong> der Hausbesuch i. d. R. 1-2<br />

Wochen nach dem ersten telefonischen Kontakt zwischen der ratsuchenden Person<br />

<strong>und</strong> der <strong>Senioren</strong>beraterin erfolgte. Wir sind der Überzeugung, dass der Gr<strong>und</strong>satz,<br />

die Hilfe schnellst möglichst zu leisten nachdem der Bedarf bekannt geworden ist,<br />

gerade in der Arbeit <strong>mit</strong> <strong>Senioren</strong> einen besonders großen Stellenwert genießen<br />

muss.<br />

Nur wenn eine dauerhafte, neutrale <strong>und</strong> kostenfreie <strong>Beratung</strong> <strong>von</strong> <strong>Senioren</strong> <strong>mit</strong><br />

einem <strong>Sehverlust</strong> im Alter möglich ist, werden sich nachhaltige Effekte einstellen.<br />

Dieses Ziel gilt es weiterhin gemeinsam zu verfolgen.<br />

119


7 Literatur<br />

Bertram, Bernd (2005) In: „Der Augenarzt“, Dezember 2005, S.267-268. Quelle:<br />

http://cms.augeninfo.de/fileadmin/PDF/0512aa_267.pdf.<br />

Köwing, Gregor: Die ICF in der Rehabilitation späterblindeter Menschen.<br />

Bachelorarbeit. Hochschule Esslingen. Stuttgart 2009 (unveröffentlichtes<br />

Manuskript).<br />

Kast, Verena (1982 34 ) Trauern: Phasen <strong>und</strong> Chancen des psychischen Prozesses.<br />

Kreuz Verlag.<br />

Resnikoff S, Pascolini D, Etya’ale D, Kocur I, Pararajasegaram R, Pokharel GP,<br />

Mariotti SP, Global data on visual impairment in the year 2002, Bulletin of the<br />

World Health Organization 82 (2004), 844-851.<br />

Spring, Stefan (2012): Sehbehinderung <strong>und</strong> Blindheit: Entwicklung in der Schweiz.<br />

Online Resource: http://www.szb.ch/aktuell/szb-news/publikation-zur-zahlsehbehinderter-menschen.html;<br />

Stand 8.1.2013.<br />

SZBlind: ICF tool box. Zu Aktivitäten <strong>und</strong> Partizipation <strong>von</strong> hörsehbehinderten <strong>und</strong><br />

taubblinden Menschen. Arbeitsinstrument. Erstellt <strong>von</strong> Helena Schuler <strong>und</strong><br />

Catherine Woodtli. SZB <strong>Beratung</strong>sstellen für hörsehbehinderte <strong>und</strong> taubblinde<br />

Menschen. Februar 2010 (unveröffentlichtes Manuskript).<br />

Online Ressource:<br />

<strong>Deutsche</strong>r Blinden- <strong>und</strong> Sehbehindertenverband e.V. (DBSV):<br />

http://www.dbsv.org/infothek/zahlen-<strong>und</strong>-fakten, Stand 30.01.2013.<br />

DBSV: http://www.dbsv.org/infothek/augenerkrankungen/gruener-star/ Stand<br />

15.01.2013.<br />

DBSV: http://www.dbsv.org/infothek/augenerkrankungen/diabetische-retinopathie/,<br />

<strong>Deutsche</strong> Alzheimer Gesellschaft e.V.: http://www.deutschealzheimer.de/index.php?id=202,<br />

Stand 30.01.2013.<br />

DOG = <strong>Deutsche</strong> Ophthalmologische Gesellschaft (2012): Weißbuch zur Situation<br />

der ophthalmologischen Versorgung in Deutschland.<br />

http://www.dog.org/wpcontent/uploads/2013/03/DOG_Weissbuch_2012_fin.pdf<br />

Landkreis Marburg-Biedenkopf: http://www.marburgbiedenkopf.de/buergerservice/wissenswertes-<strong>und</strong>-statistik/daten-<strong>und</strong>fakten/daten-<strong>und</strong>-fakten-1/;<br />

Stand 10.01.2013. Stand 15.01.2013.<br />

Lauber, Sabine/Spenner Katharina (2012): EVAL-LPF I : Evaluation des Konzeptes<br />

<strong>und</strong> der Wirksamkeit des Unterrichts in Lebenspraktischen<br />

Fähigkeiten - LPF ; Kooperationsprojekt der <strong>Deutsche</strong>n<br />

Blindenstudienanstalt e.V. <strong>und</strong> des Fachbereichs<br />

Erziehungswissenschaften. Online Ressource: http://archiv.ub.unimarburg.de/es/2012/0019/view.html,<br />

Stand 20.11.2013<br />

120


Pro Retina: http://www.proretina.de/netzhauterkrankungen/makuladegeneration/altersabhaengig<br />

e-makuladegeneration/, Stand 30.1.2013.<br />

121


8 Anhang<br />

<strong>Beratung</strong>sbogen <strong>Senioren</strong>beratung<br />

122


<strong>Beratung</strong>sbogen <strong>Senioren</strong>beratung<br />

123


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

Daten zur <strong>Beratung</strong><br />

1 [K<strong>und</strong>ennummer] K<strong>und</strong>ennummer<br />

2 [Erstgespräch - Datum ] Datum des ersten Gesprächs/Telefonats<br />

3 [Erstgespräch- Dauer]Dauer des ersten Gesprächs/Telefonats<br />

4 Anmerkungen zum Erstgespräch/Telefonat<br />

5 Datum des 1. Hausbesuches<br />

6 Dauer des 1. Hausbesuchs<br />

7 Anmerkungen zum 1. Hausbesuch<br />

8 Wer war bei der 1. <strong>Beratung</strong> anwesend? Wie hat sich das ausgewirkt?<br />

9 Angabe der Wegezeit für die 1. <strong>Beratung</strong><br />

10 Datum des 2. Hausbesuches<br />

11 Dauer des 2. Hausbesuchs<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

124


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

12 Anmerkungen zum 2. Hausbesuch<br />

13 [Anwesende Personen] Wer war bei der 2. <strong>Beratung</strong> anwesend? Wie hat sich das<br />

auf die <strong>Beratung</strong> ausgewirkt?<br />

18 Datum des 2. Telefonats<br />

19 Dauer des 2. Telefonats<br />

20 Inhalt des 2. Telefonats<br />

25 Wie haben Sie <strong>von</strong> der <strong>Beratung</strong>smöglichkeit erfahren?<br />

26 [Offene Anmerkungen]Offene Anmerkungen zum <strong>Beratung</strong>sverlauf<br />

z.B. weitere Telefonate, weitere Besuche, etc.<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

125


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

Demographische Daten<br />

27 Wie lautet Ihr Nachname?<br />

28 Wie lautet Ihr Vorname?<br />

29 Wie lautet Ihr Geburtsdatum?<br />

30 Können Sie mir bitte Ihre Adresse nennen?<br />

31 Postleitzahl?<br />

32 Wohnort?<br />

33 Wie lautet Ihre Telefonnummer?<br />

34 Haben Sie eine Handynummer?<br />

35 Haben Sie eine E-Mailadresse?<br />

36 Geschlecht<br />

Bitte wählen Sie nur eine der folgenden Antworten aus:<br />

weiblich<br />

männlich<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

126


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

37 [Sprache] Welche ist Ihre Muttersprache?<br />

38 [Familienstand] Wie ist Ihr derzeitiger Familienstand?<br />

ledig/allein lebend<br />

in Partnerschaft<br />

verheiratet<br />

getrennt lebend<br />

geschieden<br />

verwitwet<br />

Sonstiges:<br />

39 [Kinder] Haben Sie Kinder? Wenn ja, wieviele?<br />

Anzahl der Kinder<br />

Im Haus?<br />

Außer Haus?<br />

40 [Wohnsituation] Wie gestaltet sich Ihre Wohnsituation derzeit? Leben Sie alleine?<br />

Wer lebt noch in Ihrem Haushalt?<br />

allein lebend<br />

<strong>mit</strong> Partner ohne Kinder<br />

<strong>mit</strong> Partner <strong>und</strong> minderjährigen Kindern<br />

Im Haushalt der Kinder<br />

Im Haushalt der Eltern<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

127


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

Wohngemeinschaft<br />

stationäre Unterbringung (Wohnheim, Altenheim, etc)<br />

seit wann leben Sie in ihrer Wohnung/Haus?<br />

Sonstiges:<br />

41 [Angehörige] Wichtige Ansprechpartner <strong>und</strong> Angehörige<br />

42 [Ärzte]<br />

Wer ist Ihr Hausarzt?<br />

Wer ist Ihr Augenarzt?<br />

Welche weiteren Ärzte konsultieren Sie?<br />

Sonstiges:<br />

Name, Adresse, Telefon?<br />

43 [Krankenkasse] Welcher Krankenkasse gehören Sie an?<br />

44 [Versicherungsnummer] Wie lautet Ihre Versicherungsnummer?<br />

45 [Medikation] Nehmen Sie Medikamente ein? Können Sie diese selbstständig<br />

dosieren?<br />

Code? Hilfe bei Dosierung? Kontinuität <strong>und</strong> zeitliche Einhaltung der Verschreibungen?<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

128


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

46 [Ges<strong>und</strong>heit] Wie gestaltet sich Ihre ges<strong>und</strong>heitliche Vorsorge <strong>und</strong> medizinische<br />

Versorgung?<br />

allgemeine Vorsorge ärztliche Versorgung<br />

47 [Biographie]<br />

Biographische Angaben /Lebensgeschichte/Schulabschluss<br />

48 [Berufstätigkeit] Sind Sie derzeit berufstätig?<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

129


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

Sehbehinderung/Sehbeeinträchtigung<br />

51 [Diagnose(n)] Welche Augenerkrankungen liegen vor?<br />

Diagnose<br />

% RA<br />

% LA<br />

% insgesamt<br />

Gesichtsfeldeinschränkungen<br />

Farbsehen<br />

Hell/Dunkelwahrnehmung<br />

Arztbrief? Diagnosedokumente? Eigene Messergebnisse?<br />

52 Wie ist der aktuelle Grad der Sehbehinderung?<br />

Bitte wählen Sie alle zutreffenden Antworten aus:<br />

beeinträchtigt<br />

sehbehindert<br />

hochgradig sehbehindert<br />

blind<br />

Sonstiges:<br />

beeinträchtigt, sehbehindert (über 5%), hochgradig sehbehindert (5-2%), blind (


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

54 [Zeitpunkt Diagnose] Wann wurde die erste Diagnose gestellt? Wann wurde die<br />

aktuelle Diagnose gestellt?<br />

55 [Letzter Bef<strong>und</strong>] Wann wurde die letzte Diagnose gestellt <strong>und</strong> wie lautet sie?<br />

Datum des letzten Augenärztlichen Bef<strong>und</strong>s Diagnose Behandelnder Arzt/Ärzte<br />

56 [Verlauf der Sehbeh.] Wie hat sich die Beeinträchtigung der Sehfähigkeit dann<br />

entwickelt?<br />

57 Wie sieht aktuell die Behandlung aus?<br />

Medikamente? OPs? anstehende Termine?<br />

58 [Sehhilfenanpassung] Waren Sie bereits bei einer Sehhilfenanpassung? Optiker?<br />

Orthopistin?<br />

59 [Low Vision <strong>Beratung</strong>]Haben Sie schon mal an einer Low Vision <strong>Beratung</strong><br />

teilgenommen?<br />

ja/nein Wenn ja, wo? Welche Empfehlungen gab es? Was da<strong>von</strong> ist schon umgesetzt?<br />

60 Welche Hilfs<strong>mit</strong>tel haben Sie bereits?<br />

Was wird wirklich genutzt? Welche Bedarfe sehen Sie?<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

131


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

61 [Soziale Hilfen] Welche Unterstützungsleistungen bekommen Sie?<br />

Schwerbehindertenausweis? (%)<br />

Blindengeld? Sehbehindertenbeihilfe?<br />

Pflegedienst?<br />

Pflegestufe?<br />

Haushaltshilfe?<br />

Ehrenamtliche Unterstützung?<br />

Sonstiges:<br />

62 [Finanzielle Lage] Welche finanziellen Mittel stehen zur Verfügung? Sind diese<br />

ausreichend?<br />

Werden die möglichen Hilfen in Anspruch genommen? Wie ist der Informationsstand (d 870)<br />

63 [Ges<strong>und</strong>heit allg.] Welche weiteren Beeinträchtigungen bestehen bei Ihnen?<br />

Gehör? Mobilität? Stoffwechselerkrankungen? Weitere Erkrankungen? Einschränkungen in Bezug auf die <strong>Beratung</strong>?<br />

64 [Sehbehinderung] Erleben <strong>und</strong> Umgang <strong>mit</strong> der Sehbehinderung (Einschätzung<br />

der Beraterin)<br />

65 [Pers. Interessen] Welche Hobbies, Freizeitaktivitäten, ehrenamtliche Tätigkeiten haben<br />

Sie vor der Erblindung/dem Eintritt der Sehbehinderung betrieben?<br />

Welche dieser Aktivitäten betreibt er jetzt noch? Welche dieser Aktivitäten möchte der/die KlientIn gerne wieder ausführen? (LPF relevant, eventuell Verweis auf LPF<br />

Schulung) (d855, d910 – d950)<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

132


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

66 [ZF: Sehbehinderung] Zusammenfassung zum Themenbereich Sehbehinderung<br />

Möglicher Denk <strong>und</strong> Besprechungsweg: 1. Ist-Zustand, Strategien <strong>und</strong> Ressourcen 2. Wichtigkeit des Themas 3. Zufriedenheit, Schwierigkeiten <strong>und</strong><br />

Veränderungswünsche 4. Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen 5. Hilfs<strong>mit</strong>tel 6. Ziele/Planung/Prioritäten<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

133


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

Kommunikation; Lernen <strong>und</strong> Wissen<br />

67 [Informationen] Wie erhalten Sie Ihre alltäglichen Informationen? Wie muss<br />

Information sein, da<strong>mit</strong> sie aufgenommen werden kann?<br />

Spezielle Interessen Anpassung der Umgebung, Hilfs<strong>mit</strong>tel Zeitbedarf, Ermüdung, Konzentration, Stress<br />

68 [Telefon <strong>und</strong> Handy] Nutzen Sie Telefon <strong>und</strong>/oder Handy? Welche Hindernisse<br />

ergeben sich dabei? Wie gehen Sie da<strong>mit</strong> um?<br />

Spezielle Geräte? Hilfestellungen/Markierungen?<br />

69 [Umgang <strong>mit</strong> PC]Umgang <strong>mit</strong> dem PC<br />

Bitte wählen Sie die zutreffenden Punkte aus <strong>und</strong> schreiben Sie einen Kommentar dazu:<br />

Haben Sie Erfahrungen im Umgang <strong>mit</strong> dem PC?<br />

Wo treten Schwierigkeiten auf?<br />

Ist es ihr/ihm möglich den PC blind zu bedienen?<br />

Möchte der/die KlientIn die PC Kenntnisse vertiefen?<br />

Sonstiges:<br />

Umgang <strong>mit</strong> der PC (d3601) Weiterverweisung an Kurse, <strong>Beratung</strong>, Hilfs<strong>mit</strong>tel?<br />

70 Lesen <strong>und</strong> Schreiben<br />

Bitte wählen Sie die zutreffenden Punkte aus <strong>und</strong> schreiben Sie einen Kommentar dazu:<br />

Können Sie (noch) Schwarzschrift lesen?<br />

Haben Sie ein Lesegerät? Andere Hilfs<strong>mit</strong>tel?<br />

Sind die Angebote der Blindenbibliothek bekannt?<br />

Haben Sie Erfahrung <strong>mit</strong> Punktschrift?<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

134


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

Besteht Interesse/Möglichkeit diese zu lernen?<br />

Sonstiges:<br />

Weiterverweisung an Kurse Punktschrift? Weiterverweisung an Hilfs<strong>mit</strong>telberatung? LPF Schulung (d 166, d170, d325,d345)<br />

71 [Hilfsm. Kommunikation] Welche technischen Hilfs<strong>mit</strong>tel zum Lesen <strong>und</strong><br />

Schreiben haben Sie bereits? Ist diese Ausstattung für den indiv. Bedarf<br />

ausreichend?<br />

Lesegerät<br />

Daisyplayer<br />

Schablonen<br />

Bibliotheken<br />

Fernseher<br />

Radio<br />

Sonstiges:<br />

Ausrüstung <strong>mit</strong> Hilfs<strong>mit</strong>teln (e1251)<br />

72 [Offizielle Kommunikation] Wie gehen Sie <strong>mit</strong> offiziellen Schreiben <strong>und</strong><br />

Dokumenten um? Wie gestalten Sie Ihre Zeit- <strong>und</strong> Terminplanung?<br />

Administrative Aufgaben Termin-, Zeitplanung Kontakte zu Ämtern, Steuern Hilfebedarf?<br />

73 [ZF Kommunikation]Zusammenfassung <strong>und</strong> weitere Entwicklung im Bereich<br />

Kommunikation.<br />

Möglicher Denk- <strong>und</strong> Besprechungsweg: 1. Ist-Zustand, Strategien <strong>und</strong> Ressourcen 2. Wichtigkeit des Themas 3. Zufriedenheit, Schwierigkeiten <strong>und</strong><br />

Veränderungswünsche 4. Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen 5. Hilfs<strong>mit</strong>tel 6. Ziele/Planung/Prioritäten<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

135


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

Orientierung <strong>und</strong> Mobilität<br />

74 [Häusl. Umgebung] Wie wohnen Sie zur Zeit?<br />

Bitte wählen Sie die zutreffenden Punkte aus <strong>und</strong> schreiben Sie einen Kommentar dazu:<br />

Wie wohnen Sie?<br />

Wie sieht es in der Wohnung aus <strong>mit</strong> Licht, Kontrast, Markierungen?<br />

Wie gut können Sie sich in Ihrer Wohnung bewegen?<br />

Wie gut können Sie sich außerhalb der Wohnung bewegen?<br />

Gibt es weitere alters- oder ges<strong>und</strong>heitsbedingte Einschränkungen?<br />

Welche Infrastruktur gibt es vor Ort? (Ärzte, Geschäfte, ÖPNV)<br />

Was würden Sie gerne lernen? Wo wünschen Sie sich Veränderung?<br />

Sonstiges:<br />

(e 150 – e 160) Mobilitätstraining? Hilfs<strong>mit</strong>tel? LPF Schulung? <strong>Beratung</strong> innerhalb der Wohnung?<br />

75 [Einkaufen] Einkaufen gehen<br />

Bitte wählen Sie die zutreffenden Punkte aus <strong>und</strong> schreiben Sie einen Kommentar dazu:<br />

Gehen Sie noch selbstständig einkaufen?<br />

Können sie Preisschilder <strong>und</strong> Produkte erkennen?<br />

Wer unterstützt Sie?<br />

Können Sie sich beim Geld orientieren?<br />

Gibt es Hilfebedarf?<br />

Sonstiges:<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

136


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

76 [Orientierung] Wie gut können Sie sich orientieren/fortbewegen?<br />

Können Sie sich in unterschiedlichen Umgebungen orientieren?<br />

Welche Probleme ergeben sich <strong>und</strong> wie gehen Sie da<strong>mit</strong> um?<br />

Möchten Sie Ihre Mobilität/Orientierung erhöhen?<br />

Wenn ja, in welchem Bereich?<br />

Orientierungsfähigkeit <strong>und</strong> Mobilität (d 470, d 4702, d460) häusliche Umgebung, nähere Umgebung, berufliche Umgebung, fremde Orte<br />

77 [Bewegung] Wie gut können Sie sich bewegen? Wie verschaffen Sie sich<br />

Bewegung?<br />

(Alltag, spezielles Bewegungsprogramm?)<br />

78 [Hilfe Mobilität] Nutzen Sie die Hilfe <strong>von</strong> Fre<strong>und</strong>en, Verwandten oder Passanten<br />

bei der Mobilität?<br />

Hilfe bei der Mobilität Sehende <strong>Begleitung</strong>, Information <strong>und</strong> Schulung <strong>von</strong> Angehörigen (e 310 – e320, e340, e355)<br />

79 [Blindenstock] Haben oder nutzen Sie einen Blindenstock? Können Sie sich die<br />

Nutzung vorstellen?<br />

Blindenstock (d465) Erfahrungen? Hindernisse? Schulung in O&M?<br />

80 [ZF O&M] Zusammenfasssung <strong>und</strong> weitere Entwicklung Orientierung <strong>und</strong> Mobilität<br />

Möglicher Denk- <strong>und</strong> Besprechungsweg: 1. Ist-Zustand, Strategien <strong>und</strong> Ressourcen 2. Wichtigkeit des Themas 3. Zufriedenheit, Schwierigkeiten <strong>und</strong><br />

Veränderungswünsche 4. Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen 5. Hilfs<strong>mit</strong>tel 6. Ziele/Planung/Prioritäten<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

137


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

Selbstversorgung<br />

81 [Tägliche Routine]<br />

Bitte wählen Sie die zutreffenden Punkte aus <strong>und</strong> schreiben Sie einen Kommentar dazu:<br />

Wie sieht Ihr täglicher Tagesablauf aus?<br />

Wo erfahren Sie Einschränkungen?<br />

Welche Hilfe nehmen Sie bereits in Anspruch?<br />

Welche Hilfe würden Sie darüber hinaus benötigen?<br />

Sonstiges:<br />

Tägliche Routine (d230, d240)<br />

82 [Essen <strong>und</strong> Trinken] Gibt es Einschränkungen beim Essen <strong>und</strong> Trinken? Wo<br />

sehen Sie Hilfebedarf? Gibt es Hindernisse beim Kochen <strong>und</strong> zubereiten der<br />

Speisen?<br />

Essen <strong>und</strong> Trinken (d550, d560) Orientierung am Tisch, zu Hause, im Restaurant, bei Fre<strong>und</strong>en, Kochen (d630) Zubereitungstechniken, Umgang <strong>mit</strong> Geräten <strong>und</strong><br />

Hilfs<strong>mit</strong>teln<br />

83 [Kleidung] Wie orientieren Sie sich im Kleiderschrank= Können Sie sich<br />

selbstständig ankleiden?<br />

Kleidung (d 540) Farbauswahl, Sortierung <strong>und</strong> Markierung <strong>von</strong> Kleidungsstücken? Wäschepflege?<br />

84 [Körperpflege] Können Sie sich selbstständig waschen <strong>und</strong> pflegen? Welche<br />

Hindernisse begegnen Ihnen?<br />

Code? Wer hilft? Orientierung Pflegeprodukte? Orientierung Bad? schminken/rasieren<br />

85 [Haushaltsaufgaben] Können Sie Ihre alltäglichen Aufgaben selbstständig erledigen?<br />

Welche Ordnungssysteme nutzen Sie? Welchen Hilfebedarf gibt es?<br />

Bitte wählen Sie die zutreffenden Punkte aus <strong>und</strong> schreiben Sie einen Kommentar dazu:<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

138


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

Reinigung <strong>von</strong> Flächen?<br />

Umgang <strong>mit</strong> Geräten?<br />

Ordnungssysteme?<br />

Wäsche?<br />

Umgang <strong>mit</strong> kleinen Kindern?<br />

Pflege <strong>von</strong> Pflanzen <strong>und</strong> Tieren?<br />

Sonstiges:<br />

Haushaltsaufgaben (d6400 – d6405) Wäschepflege, Reinigung der Küche <strong>und</strong> Wohnung, Haushaltsgeräte benutzen, Müll entsorgen? LPF-Schulung? Organisation <strong>von</strong><br />

Hilfe?<br />

86 [Hilfe im Haushalt]Haben Sie Hilfe im Haushalt? Wenn nein, benötigtigen Sie<br />

welche?<br />

Hilfe im Haushalt (e310 – e320, e340,e355) professionelle Hilfe/Pflege Haushaltsnahe Hilfe Ehrenamt Familie<br />

87 [Technische Hilfen?]Welche technischen Hilfs<strong>mit</strong>tel haben Sie bereits? Welche<br />

Wünsche hätten Sie noch?<br />

Technische Hilfen (e1158) tatsächliche Nutzung, Umgang, werden weitere Hilfs<strong>mit</strong>tel benötigt?<br />

88 [ZF Selbstversorgung] Zusammenfassung <strong>und</strong> weitere Schritte im Bereich<br />

Selbstversorgung<br />

Möglicher Denk- <strong>und</strong> Besprechungsweg: 1. Ist-Zustand, Strategien <strong>und</strong> Ressourcen 2. Wichtigkeit des Themas 3. Zufriedenheit, Schwierigkeiten <strong>und</strong><br />

Veränderungswünsche 4. Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen 5. Hilfs<strong>mit</strong>tel 6. Ziele/Planung/Prioritäten<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

139


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

Interpersonelle Interaktion <strong>und</strong> Beziehungen<br />

89 [Persönliche Bez.] Wie gestalten sich Ihre persönlichen Beziehungen?<br />

Wer sind Ihre wichtigsten Bezugspersonen?<br />

Wie gestaltet sich ihr familiäres Umfeld? (Kontakt, Reaktionen auf<br />

Sehbehinderung?)<br />

Partnerschaft/Beziehung<br />

Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Bekannte (Kontakt, Veränderungen)<br />

Gibt es Schwierigkeiten in der Alltagskommunikation <strong>und</strong> im Umgang <strong>mit</strong><br />

anderen?<br />

Gibt es konflikthafte Beziehungen? Unterstützende Beziehungen?<br />

Weitere Infos<br />

Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Fremde nicht erkennen, Formen der Ansprache <strong>und</strong> Interaktion, Symbole <strong>und</strong> Stigmatisierung<br />

Teilhabe an Gesprächsverlauf Sprachverständlichkeit, Wortschatz, Sprachverständnis/Höreinschränkungen<br />

90 [Gesell. Teilhabe] Wie nehmen Sie am Alltag <strong>und</strong> am gesellschaftlichen Leben teil?<br />

Wie gestalten Sie Ihre Freizeit?<br />

Werden Sie zu Hause besucht?<br />

Nehmen Sie an außerhäuslichen Veranstaltungen teil?<br />

(sozial, politisch, kulturell, sportlich, Bildung)<br />

Sind Sie in einem Verein, einer Selbsthilfegruppe, etc.<br />

Wie wichtig ist Ihnen Religion, spirituelle Zugänge?<br />

Sind Sie politisch interessiert?<br />

Wunsch nach Austausch? Wenn ja, wären Sie mobil?<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

140


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

91 [ZF Interaktion] Zusammenfassung der Fragen zur interpersonellen Interaktion<br />

<strong>und</strong> Beziehungen<br />

Möglicher Denk- <strong>und</strong> Besprechungsweg: 1. Ist-Zustand, Strategien <strong>und</strong> Ressourcen 2. Wichtigkeit des Themas 3. Zufriedenheit, Schwierigkeiten <strong>und</strong><br />

Veränderungswünsche 4. Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen 5. Hilfs<strong>mit</strong>tel 6. Ziele/Planung/Prioritäten<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

141


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

Psychosoziale Faktoren<br />

ICF 2, ICF 7,8,9<br />

92 [psychische Situation] Einschätzung der psycho-sozialen Situation aus Sicht der<br />

Beraterin.<br />

94 [Persönlichkeit] Fragen zur Persönlichkeit<br />

Welche Gewohnheiten haben sich <strong>mit</strong> Eintritt der Sehbehinderung<br />

verändert?<br />

Welche Strategien im Umgang <strong>mit</strong> der Sehbehinderung haben Sie<br />

entwickelt?<br />

Sonstiges:<br />

Persönlichkeit (d2402, d2302, d2303)<br />

93 [Einstellungen] Wie erlebt Sie die Einstellungen verschiedener Bezugspersonen<br />

Ihnen gegenüber? In der Familie, bei Fre<strong>und</strong>en, Kollegen, Arbeitgeber? Hat sich<br />

aufgr<strong>und</strong> Ihrer Augenerkrankung etwas verändert?<br />

Einstellungen (e 410 – e415, e420, e430)<br />

95 [Soziale Unterstützung] Wo bekommen Sie derzeit Unterstützung? Ist diese Hilfe<br />

aus Ihrer Sicht ausreichend? Wo nehmen Sie Defizite wahr?<br />

Familie<br />

Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Bekannte<br />

Ehrenamt<br />

Haushaltsnahe Hilfen<br />

Professionelle Hilfe<br />

Professionelle Hilfe? Familie? Fre<strong>und</strong>e? Haushaltshilfe? Unterstützung <strong>und</strong> Beziehungen (e 310 – e320, e340, e355)<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

142


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

96 Institutionelle Unterstützung? Hilfen außer Haus?<br />

Welche Unterstützungsformen kennen Sie?<br />

Welche institutionelle Unterstützung nehmen Sie bereits in Anspruch?<br />

Welche Erfahrungen haben Sie da<strong>mit</strong> bisher gemacht?<br />

Welche weiteren Informationen werden benötigt?<br />

97 Zusammenfassung <strong>und</strong> weitere Faktoren der Kategorie Psychosoziale Faktoren<br />

Möglicher Denk- <strong>und</strong> Besprechungsweg: 1. Ist-Zustand, Strategien <strong>und</strong> Ressourcen 2. Wichtigkeit des Themas 3. Zufriedenheit, Schwierigkeiten <strong>und</strong><br />

Veränderungswünsche 4. Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen 5. Hilfs<strong>mit</strong>tel 6. Ziele/Planung/Prioritäten<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

143


<strong>Beratung</strong>sbogen RES - <strong>Senioren</strong>beratung<br />

Zusammenfassung<br />

98 Zusammenfassung der <strong>Beratung</strong><br />

Worin sieht der/die KlientIn derzeit die größten Einschränkungen?<br />

Welches dieser Probleme sollte am ehesten angegangen werden?<br />

Wo kommt derzeit die meiste Unterstützung her?<br />

Wobei möchte er/sie mehr Unterstützung haben?<br />

Gibt es etwas, was wir noch nicht besprochen haben?<br />

Sonstiges:<br />

99 An welche anderen Einrichtungen wurde verwiesen bzw. Kontakt hergestellt?<br />

100 Welche der weiterver<strong>mit</strong>telten Angebote wurden angenommen? Wie war die<br />

Zusammenarbeit <strong>mit</strong> anderen Netzwerkpartnern?<br />

101 Zusammenfassung des <strong>Beratung</strong>sgespräches<br />

To-Do Liste<br />

102 Weitere im Laufe der <strong>Beratung</strong> hinzugekommene Themen <strong>und</strong> Ver<strong>mit</strong>tlungen<br />

© blista e.V., Marburg; Schuler&Woodtil 2010, SZB Schweiz; Köwing 2009<br />

144

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!