7 Baulicher Schallschutz (PDF, 18,6 MB) - Technische Akustik

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123 4. Baulicher Schallschutz 4.1 Einleitung Bauakustik Im Rahmen der angewandten Akustik fallen in das Gebiet der Raumakustik alle Schallerscheinungen, die sich innerhalb eines Raumes abspielen. Die Zielsetzung der Bauakustik besteht hingegen darin, das Eindringen von Geräuschen in einen Raum zu verhindern, sie umfasst also den Schallschutz durch Schalldämmung. Der Begriff „Schutz“ sagt bereits, dass hier Menschen vor unerwünschter Geräuschbelästigung, sei es innerhalb eines Gebäudes oder durch die Schallübertragung der Fassade geschützt werden sollen. Die Bedeutung des Schallschutzes wird deutlich ausgedrückt in Statistiken über die Lärmbelästigung, Bild 4.1. Man sieht, dass die Verkehrsarten, insbesondere der Straßenverkehrslärm und der Lärm durch Nachbarn eine hohe Priorität besitzen, wenn es darum geht, Menschen in ihren Wohnungen, in denen sie sich ja erholen wollen, zu schützen. Bild 4.1. Anteil der bundesweit Lärmbetroffenen als Funktion der Lärmart Die Eigenschaften des Schalls werden oft mit denen des Lichts verglichen, und in der Tat gibt es insbesondere in der Raumakustik zwischen beiden viele Parallelen. Doch während es keine prinzipiellen Schwierigkeiten bereitet, einen Raum gegen den Einfall von Licht völlig abzuschirmen, gelingt dies für den Schall nur mehr oder weniger unvollkommen, eine gänzlich schallundurchlässige Wand gibt es praktisch nicht. Nur sehr wenige feste Stoffe lassen Licht durch oder leiten es weiter, wie z. B. Glas. Dagegen wird Schall von allen festen Körpern übertragen, übrigens auch von allen Flüssigkeiten und Gasen. Wir müssen also davon ausgehen, dass jedes Bauteil eine Schallerregung weiterleitet. Doch wenn es auch keinen absoluten Schutz gegen die Übertragung von Geräuschen gibt, eine völlige akustische Isolation vielleicht auch gar nicht sinnvoll ist („Aquariumeffekt“), so wissen wir aus Erfahrung, dass der Grad der Schallübertragung sehr verschieden groß ausfallen kann. Wenn bestimmte Standards nicht eingehalten werden, führt das eben zu Häusern mit sog. hellhörigen Wohnungen, dem gilt es vorzubeugen. Für den Architekten und Bauingenieur kommt es in erster Linie darauf an zu wissen, wie Wände, Decken und die anderen, zum Bau gehörenden Teile, angeordnet, aufgebaut und beschaffen sein müssen, damit die Menschen im Gebäude ausreichend gegen die Übertragung von Geräuschen geschützt sind. Im Rahmen der Bauakustik werden hierfür Regeln aufgestellt und Unterlagen geschaffen. Doch in Planung und Ausführung hängen die Maßnahmen die sich daraus ergeben, von dem Grad der Schalldämmung ab, der entweder durch

123<br />

4. <strong>Baulicher</strong> <strong>Schallschutz</strong><br />

4.1 Einleitung Bauakustik<br />

Im Rahmen der angewandten <strong>Akustik</strong> fallen in das Gebiet der Raumakustik alle<br />

Schallerscheinungen, die sich innerhalb eines Raumes abspielen. Die Zielsetzung<br />

der Bauakustik besteht hingegen darin, das Eindringen von Geräuschen in einen<br />

Raum zu verhindern, sie umfasst also den <strong>Schallschutz</strong> durch Schalldämmung. Der<br />

Begriff „Schutz“ sagt bereits, dass hier Menschen vor unerwünschter<br />

Geräuschbelästigung, sei es innerhalb eines Gebäudes oder durch die<br />

Schallübertragung der Fassade geschützt werden sollen.<br />

Die Bedeutung des <strong>Schallschutz</strong>es wird<br />

deutlich ausgedrückt in Statistiken über<br />

die Lärmbelästigung, Bild 4.1.<br />

Man sieht, dass die Verkehrsarten,<br />

insbesondere der Straßenverkehrslärm<br />

und der Lärm durch Nachbarn eine<br />

hohe Priorität besitzen, wenn es darum<br />

geht, Menschen in ihren Wohnungen, in<br />

denen sie sich ja erholen wollen, zu<br />

schützen.<br />

Bild 4.1. Anteil der bundesweit<br />

Lärmbetroffenen als Funktion der Lärmart<br />

Die Eigenschaften des Schalls werden<br />

oft mit denen des Lichts verglichen, und<br />

in der Tat gibt es insbesondere in der<br />

Raumakustik zwischen beiden viele<br />

Parallelen. Doch während es keine<br />

prinzipiellen Schwierigkeiten bereitet,<br />

einen Raum gegen den Einfall von Licht völlig abzuschirmen, gelingt dies für den<br />

Schall nur mehr oder weniger unvollkommen, eine gänzlich schallundurchlässige<br />

Wand gibt es praktisch nicht.<br />

Nur sehr wenige feste Stoffe lassen Licht durch oder leiten es weiter, wie z. B. Glas.<br />

Dagegen wird Schall von allen festen Körpern übertragen, übrigens auch von allen<br />

Flüssigkeiten und Gasen. Wir müssen also davon ausgehen, dass jedes Bauteil eine<br />

Schallerregung weiterleitet.<br />

Doch wenn es auch keinen absoluten Schutz gegen die Übertragung von<br />

Geräuschen gibt, eine völlige akustische Isolation vielleicht auch gar nicht sinnvoll ist<br />

(„Aquariumeffekt“), so wissen wir aus Erfahrung, dass der Grad der<br />

Schallübertragung sehr verschieden groß ausfallen kann. Wenn bestimmte<br />

Standards nicht eingehalten werden, führt das eben zu Häusern mit sog. hellhörigen<br />

Wohnungen, dem gilt es vorzubeugen.<br />

Für den Architekten und Bauingenieur kommt es in erster Linie darauf an zu wissen,<br />

wie Wände, Decken und die anderen, zum Bau gehörenden Teile, angeordnet,<br />

aufgebaut und beschaffen sein müssen, damit die Menschen im Gebäude<br />

ausreichend gegen die Übertragung von Geräuschen geschützt sind.<br />

Im Rahmen der Bauakustik werden hierfür Regeln aufgestellt und Unterlagen<br />

geschaffen. Doch in Planung und Ausführung hängen die Maßnahmen die sich<br />

daraus ergeben, von dem Grad der Schalldämmung ab, der entweder durch


124<br />

gesetzlich bindende Mindestanforderungen oder darüber hinaus durch privatrechtlich<br />

vereinbarte Anforderungen, beispielsweise in Komfortbauten, erreicht werden muss.<br />

Der "ausreichende" Schutz gegen die Übertragung von Geräuschen hängt zunächst<br />

von dem Verwendungszweck benachbarter Räume ab. Die Regelwerke<br />

unterscheiden Kategorien wie Wohnungen, Unterrichtsräume, Krankenzimmer,<br />

Hotelzimmer und Büros, das bedeutet, was zwischen zwei Büroräumen einer Firma<br />

noch als ausreichende Dämmung gegen eine Schallübertragung angesehen werden<br />

kann, reicht für zwei nebeneinander liegende Wohnungen nicht aus. Eine zwischen<br />

benachbarten Wohnungen ausreichende Schalldämmung genügt wiederum nicht,<br />

wenn an eine Wohnung eine Gaststätte grenzt.<br />

Dass in diesen Fällen verschieden große Anforderungen an die Schalldämmung<br />

gestellt werden müssen, ist ohne weiteres einzusehen. Aber über das. was nun in<br />

jedem Fall als ausreichend gelten kann, müssen wir uns letztlich auf menschliche<br />

Urteile stützen, und was der eine für ausreichend hält, empfindet der andere als<br />

unzureichend. Wie in fast allen Anwendungsbereichen der praktischen <strong>Akustik</strong><br />

stoßen wir auch hier wieder auf das Problem, die Urteile über<br />

Sinneswahrnehmungen, die nie einheitlich sind, in einen Bewertungsmaßstab<br />

umzuformen. Die Bewertung „ausreichend" kann sich daher nur auf das Urteil eines<br />

statistischen Durchschnittes beziehen.<br />

So ist es zu verstehen, dass es immer Menschen gibt, die - von ihrem Standpunkt zu<br />

Recht - die in Normvorschriften als ausreichend bezeichneten Schalldämmungen für<br />

nicht ausreichend halten. Dieser Umstand führt in der Praxis nicht selten zu<br />

unliebsamen Differenzen, wenn nämlich ein Bauherr nach Fertigstellung seines<br />

Hauses über eine zu große Geräuschbelästigung klagt, die Überprüfung dann aber<br />

ergibt, dass die einschlägigen Normvorschriften eingehalten sind.<br />

Der Architekt ist ohne besondere Vereinbarungen nur verpflichtet, die vom<br />

Gesetzgeber als ausreichend bezeichneten Schalldämmungen zu erreichen.<br />

Mancher Bauherr, der informiert worden wäre, hätte aber für einen verbesserten<br />

<strong>Schallschutz</strong> die dazu erforderlichen Mittel bereitgestellt, welche die<br />

Gesamtbaukosten auch nur unwesentlich vergrößert hätten, wenn die höhere<br />

Schalldämmung von vornherein eingeplant worden wäre. Dagegen ist eine<br />

nachträgliche Verbesserung einer unzureichenden Schalldämmung immer mit relativ<br />

großen Kosten verbunden.<br />

Noch ein beachtenswerter Umstand beeinflusst in der Praxis das Urteil über die<br />

Qualität einer Schalldämmung. Die meisten Klagen über einen angeblich nicht<br />

ausreichenden <strong>Schallschutz</strong> kommen nämlich aus Wohngegenden, in denen der<br />

Pegel der allgemeinen Umgebungsgeräusche sehr niedrig liegt, also aus<br />

sogenannten ruhigen Wohngebieten. Diese auf den ersten Blick merkwürdige<br />

Tatsache ist aber leicht zu erklären. Von einem höheren Grundgeräuschpegel<br />

beispielsweise in einer großen Stadt, werden die normalerweise in einem<br />

Mehrfamilienhaus produzierten Geräusche, die bei einer nach Norm ausreichenden<br />

Schalldämmung noch übertragen werden, überdeckt, bei geringerem<br />

Grundgeräuschpegel dagegen werden sie hörbar und stören dann. Hieraus folgt als<br />

Nutzanwendung, dass gerade bei Häusern in ruhigen Wohngegenden eine<br />

gegenüber den Mindestanforderungen höhere Schalldämmung angestrebt werden<br />

sollte.<br />

Um den Grad einer Schalldämmung festlegen und feststellen zu können, sind<br />

besondere Dämmmaße gebräuchlich, die auf genormten Messverfahren basieren,<br />

darauf soll später noch ausführlicher eingegangen werden.


125<br />

Erst wenn bei der Planung eines Baues klar geworden ist, wie hoch der <strong>Schallschutz</strong><br />

sein muss, können in einem Nachweis die Maßnahmen im einzelnen festgelegt<br />

werden, durch die man eine entsprechende Schalldämmung erreicht. Entsprechend<br />

den verschiedenen möglichen Geräuschursachen sind verschiedenartige<br />

Maßnahmen erforderlich. Um für jede der möglichen Geräuschursachen eine<br />

wirksame Schalldämmung anzulegen, muss man wissen, auf welche Weise<br />

Geräusche von der Geräuschquelle über die Bauteile in fremde Wohn- und<br />

Arbeitsräume gelangen können.<br />

1. Anregung von trennenden Bauteilen durch die Geräuschquelle, Bild 4.2 :<br />

Bild 4.2. Die verschiedenen Arten der Bauwerksanregung und –übertragung<br />

© Verlag Europa Lehrmittel, Nourney, Vollmer GmbH<br />

a) die Bauteile werden durch Luftschall angeregt, das heißt von Schallwellen, die<br />

zum Beispiel durch Sprechen, Singen, von Musikinstrumenten oder von<br />

Lautsprechern in Rundfunk- und Fernsehgeräten erzeugt werden und beim<br />

Ausbreiten in der Luft auf Bauteile auftreffen, die den Luftraum begrenzen.<br />

b) ein Bauteil wird direkt zu Körperschall, das sind mechanische Schwingungen im<br />

hörakustischen Frequenzbereich, angeregt, d.h. zwischen dem Geräuscherzeuger<br />

und dem Bauteil besteht eine mehr oder weniger feste mechanische Verbindung.<br />

Hierzu gehört die Anregung des Fußbodens durch die Geräusche, die beim Begehen<br />

erzeugt werden, der sogenannte Trittschall. Mit dieser Anregungsart haben wir es<br />

aber auch zu tun, wenn beispielsweise Teile, die zur Wasserversorgung eines<br />

Hauses gehören, wie Leitungen, Armaturen, Wasch-. Toiletten- und Wannenbecken<br />

fest mit einer Wand oder Decke verbunden sind. Hierbei wird Körperschall beim


126<br />

Einlaufen oder Auslaufen von Wasser erzeugt. Entsprechendes gilt auch für fest<br />

montierte haustechnische Geräte und Anlagen, wie Fahrstühle, Müllschlucker,<br />

Heizungen, etc..<br />

2. Wege der Schallübertragung über die Bauteile.<br />

Es gibt prinzipiell zwei Wege, auf denen Geräusche über die Bauteile übertragen<br />

werden, Bild 4.3 :<br />

a) der direkte Weg, hierunter versteht man die Schallübertragung unmittelbar durch<br />

die gemeinsame Trennwand oder Trenndecke zwischen zwei Räumen.<br />

b) der indirekte Weg oder Nebenweg, auch mit Flankenübertragung oder<br />

Schalllängsleitung bezeichnet. Hierbei handelt es sich um die Schallausbreitung in<br />

den Bauteilen als feste Körper (Körperschall-Leitung).<br />

Bild 4.3. Die verschieden möglichen Schallquellen und Übertragungswege in einem<br />

Bauwerk. © RWE Bau-Handbuch <strong>Technische</strong>r Ausbau<br />

Während der Schall auf dem direkten Weg praktisch nur in die unmittelbar<br />

benachbarten Räume übertragen wird, gelangen Schallanteile auf dem indirekten<br />

Weg im Prinzip in alle Räume eines Gebäudes.<br />

Die Schallabstrahlung eines über den indirekten Weg angeregten Bauteiles hängt<br />

von bestimmten Eigenschaften der Wände oder Decken ab, ob sie die Schallanteile,<br />

stark oder schwach in den angrenzenden Luftraum abstrahlen. Nicht zuletzt wird eine<br />

Schalldämmung also auch hiervon beeinflusst und muss berücksichtigt werden.


127<br />

Zusammenfassung<br />

1. Luft-<strong>Schallschutz</strong>. Er umfasst alles, was mit der Dämmung der Geräusche<br />

zusammenhängt, die Wände oder Decken direkt durch Luftschall zur<br />

Schallübertragung anregen. Er wird gekennzeichnet durch das Schalldämmmaß R<br />

(R W ).<br />

2. Luft-<strong>Schallschutz</strong> gegen den Außenlärm, also hauptsächlich gegen den Lärm des<br />

Straßenverkehrs. Der Außenlärm regt in erster Linie die gesamte Fassade eines<br />

Gebäudes durch Luftschall an, wobei die Fenster oft Schwachstellen darstellen. Die<br />

Fassade wird ebenfalls gekennzeichnet durch das Schalldämmmaß R res (R Wres ).<br />

3. Der Tritt-<strong>Schallschutz</strong>. Er bezieht sich speziell auf die Übertragung der Geräusche,<br />

die am Fußboden durch Tritte, fallende Gegenstände u. a. entstehen. Hierbei handelt<br />

es sich also um eine direkte Körperschall- Anregung eines Bauteils, Kenngröße<br />

Normtrittschallpegel L n (L nW ).<br />

4. Schutz gegen die Übertragung von Geräuschen, die durch haustechnische oder<br />

sonstige technische Einrichtungen erzeugt werden. Die Geräuschquellen, die in<br />

diese Gruppe fallen, regen ein Bauteil hauptsächlich auf direktem Wege zur<br />

Schallübertragung an, die Anregung durch direkten Luftschall ist dagegen meist zu<br />

vernachlässigen. Hier darf ein bestimmter Schalldruckpegel nicht überschritten<br />

werden.<br />

In allen Fragen des <strong>Schallschutz</strong>es sollte sich der Architekt oder Bauingenieur in der<br />

Praxis an das Normblatt DIN 4109 halten, es trägt den Titel: „<strong>Schallschutz</strong> im<br />

Hochbau“ (1989). Neben den bauaufsichtlich bindenden Mindestanforderungen im<br />

Hauptblatt an die oben erwähnten Kenngrößen, findet man darin auch Empfehlungen<br />

für höhere Anforderungen oder zum <strong>Schallschutz</strong> im eigenen Bereich (DIN 4109,<br />

Beiblatt 2 und VDI 4100 „Vorschläge für einen erhöhten <strong>Schallschutz</strong> in Wohnungen“<br />

(1989, zukünftig in DIN 4109, Teil 10). Das Beiblatt 1 der DIN 4109 gibt schließlich<br />

einen ausführlichen Zusammenhang zwischen Konstruktion und Schalldämmung und<br />

ist für den Nachweis hilfreich. Die in der DIN 4109 aufgeführten Regeln gelten als<br />

anerkannte Regeln der Baukunst, die Mindestforderungen müssen auch dann erfüllt<br />

werden, wenn dies zwischen dem Bauherrn und dem Architekten nicht ausdrücklich<br />

vereinbart ist. Die DIN 4109 ist hauptsächlich bauteilbezogen, das heißt, es wird nicht<br />

gefragt wie laut es später tatsächlich ist, sondern es werden Mindestwerte der<br />

akustischen Kenngrößen an die trennenden Bauteile vorgegeben, deren Einhaltung<br />

gewährleistet, dass die Lärmbelastung/ -belästigung auf ein im Mittel erträgliches<br />

Maß reduziert ist. Deswegen ist das Interesse an einem erhöhten Schutzbedürfnis<br />

durchaus gerechtfertigt.<br />

Ergänzende Literatur<br />

HARTMANN, G.: Praktische <strong>Akustik</strong>, Bd. 2: Raum- und Bauakustik. R. Oldenbourg<br />

Verlag München 1968.


128<br />

4.2 Möglichkeiten zum <strong>Schallschutz</strong><br />

Prinzipiell gibt es verschiedene Möglichkeiten in Gebäuden <strong>Schallschutz</strong> zu<br />

betreiben:<br />

Gegenseitige Rücksichtnahme<br />

Dieser an sich selbstverständliche, gesellschaftliche Aspekt des Zusammenlebens,<br />

lässt sich in der Praxis manchmal schwer umsetzen, er funktioniert umso besser, je<br />

intakter beispielsweise eine Hausgemeinschaft ist. Er kann aber nur zusätzlich<br />

wirksam sein, ein <strong>Schallschutz</strong>, der sich gänzlich darauf verlässt, wäre in hohem Maß<br />

unrealistisch.<br />

Primärer <strong>Schallschutz</strong> (Emissionsminderung)<br />

Hier ist das Ziel durch Wahl anderer Schallquellen oder durch Maßnahmen an den<br />

Schallquellen (geräuscharme Konstruktionen) von vornherein weniger Schall zu<br />

erzeugen. Leider sind im Rahmen der Bauakustik die Möglichkeiten dieser höchst<br />

effektiven <strong>Schallschutz</strong>maßnahmen begrenzt, weil durch bauliche Maßnahmen,<br />

weder die Schallerzeugung von Fahrzeugen noch von nachbarlichen Hi-Fi-Anlagen<br />

etc. beeinflusst werden können. Bei haustechnischen Anlagen (Armaturen,<br />

Heizkesseln, Aufzügen etc.) sollte man jedoch immer versuchen, alle Möglichkeiten<br />

der Schallvermeidung auszunutzen und lärmarme Produkte und Verfahren<br />

einzusetzen.<br />

Sekundärer <strong>Schallschutz</strong> (Verminderung der Schalltransmission)<br />

Dabei werden die vorhandenen Schallquellen als gegeben hingenommen und es<br />

wird versucht durch Planungsmaßnahmen, Schallabsorption und hauptsächlich durch<br />

Schalldämmung (in Zukunft vielleicht auch durch Antischallquellen) den Lärm an<br />

denjenigen Orten zu vermindern, an denen er unerwünscht ist. Dieses ist die<br />

eigentliche Aufgabe des baulichen <strong>Schallschutz</strong>es.<br />

Was kann man sich unter planerischen Maßnahmen vorstellen? Diese sind durchaus<br />

wichtig zu nehmen, wie die nachfolgenden Bilder zeigen, mit ihnen sollte jede<br />

bauakustische Planung beginnen. Man kann damit unter Umständen spätere<br />

Probleme verhindern und höhere Anforderungen an die Schalldämmung von vorne<br />

herein ausschließen.<br />

Bild 4.4 zeigt Möglichkeiten Einfluss durch die Lage einer zu schützenden Bebauung<br />

zu nehmen, inklusive des Ausnutzens der Eigenabschirmung, während in Bild 4.5<br />

dargestellt ist, dass man auch durch geschickte Grundrissaufteilung Räume, wie<br />

Wohn- oder Schlafzimmer so legen kann, dass innerhalb des Bauwerks solche<br />

schutzbedürftigen Räume zusammengefasst und von den Fassaden und<br />

geräuscherzeugenden Wohnungsteilen, wie Küchen und Bäder, getrennt werden<br />

können.<br />

Diese Aussage bezieht sich auch auf die Nutzungsaufteilung bezüglich mehrerer<br />

Stockwerke, Bild 4.6 und Bild 4.7, als grundsätzlich günstig gilt also Nasszelle bzw.<br />

Küche neben und/oder über Nasszelle bzw. Küche und zusätzlich<br />

nichtschutzbedürftige Räume zur „Pufferung“. Ebenso sollten andere haustechnische<br />

Anlagen von schutzbedürftigen Räumen entkoppelt sein, Beispiel Aufzugsschacht.


129<br />

Bild 4.4. Planerische Maßnahmen zum baulichen <strong>Schallschutz</strong><br />

Bild 4.5. Günstige Grundriss-Nutzungsgestaltung. W= Wohnen,<br />

S= Schlafen, E= Essen, K= Küche, B= Bad, WG= Wintergarten.<br />

© VDI-Verlag Düsseldorf


130<br />

Bild 4.6. Bauakustisch ungünstiger Grundriss hinsichtlich Sanitärgeräuschen u. ä.<br />

© VDI-Verlag Düsseldorf<br />

Bild 4.7. Bauakustisch günstiger Grundriss hinsichtlich Sanitärgeräuschen u. ä.<br />

© VDI-Verlag Düsseldorf


131<br />

,,Tertiärer“ <strong>Schallschutz</strong><br />

Dies ist kein <strong>Schallschutz</strong> im physikalischen Sinne: Dabei wird ausgenutzt, dass das<br />

Gehör informationslose oder auch mehr oder weniger angenehme Geräusche bis zu<br />

einem gewissen Grade und bis zu einer nicht unbeträchtlichen Lautstärke akzeptiert.<br />

Dadurch ist es möglich, störende (weil informationshaltige oder ,,ärgerliche“)<br />

Geräusche zu ,,verdecken“; das heißt zu übertönen. Ein harmloses Beispiel ist der<br />

plätschernde Springbrunnen im Garten zur Verdeckung von Verkehrslärm. Höchst<br />

umstritten sind Lautsprecher in den Decken von Büroräumen, die ein ständig<br />

gleiches nicht sonderlich lautes (ca. 40 dB(A)) Rauschen erzeugen und damit als<br />

Störung empfundene, andere Geräusche etwas verdecken.<br />

Im Zusammenhang mit den prinzipiellen <strong>Schallschutz</strong>maßnahmen muss noch<br />

folgender wichtiger Aspekt erwähnt werden: <strong>Schallschutz</strong>probleme bestehen immer<br />

aus der Behandlung mehrerer Schallquellen und zahlreicher<br />

Schallübertragungswege. Leider wird das Endresultat bei einem <strong>Schallschutz</strong>problem<br />

oft davon bestimmt, welche Schallquelle wenig beachtet und welche<br />

Schallübertragungswege „vergessen“ wurden. Konkret: Die beste Dämmung gegen<br />

Verkehrslärm, gegen Trittschall, gegen Luftschall etc. nützt wenig, wenn die<br />

Benutzung eines Druckspülers dem Nachbarn den Schlaf raubt. Die besten Fenster,<br />

dicksten Wände, weichsten Teppiche, geräuschärmsten Armaturen etc. kommen<br />

nicht richtig zur Wirkung, wenn alle paar Minuten ein Zug in einem dicht beiliegenden<br />

Tunnel vorbeirumpelt. Die Berücksichtigung aller Geräuschquellen und das Auffinden<br />

aller Schallübertragungswege ist die wichtigste Aufgabe der Bauakustik im<br />

Planungsstadium.<br />

4.3 Luftschalldämmung<br />

4.3.1 Erläuterung des Begriffs, Definition des Schalldämm-Maßes<br />

Physikalisch erfolgt die Luftschallübertragung dadurch, dass durch den Schall<br />

(Wechseldruck) die Wände und Decken oder auch die Wandungen einer<br />

Maschinenkapsel in ganz kleine Bewegungen -im Nanometer- bis Mikrometerbereich<br />

d.h. 10 -9 bis 10 -6 m - versetzt werden. Diese winzigen Wand- bzw.<br />

Deckenbewegungen versetzen auf der ,,anderen Seite" die Luft wiederum in<br />

Wechselbewegungen; d.h. sie verursachen Schallabstrahlung. Man hat es also mit<br />

einer Umwandlung Luftschall - Körperschall - Luftschall zu tun. Bei der Übertragung<br />

durchdringt nur ein Bruchteil der auffallenden Schallleistung das trennende Bauteil,<br />

weswegen weniger Schall abgestrahlt wird als auf das Bauteil auffällt. Dieses hat<br />

verschiedene Ursachen, Bild 4.8. Zum einen treten Effekte auf, die im Abschnitt<br />

Raumakustik bereits Bedeutung hatten, nämlich Reflexion und Absorption, zum<br />

anderen sind es Verluste durch Körperschalldämpfung des schwingenden Bauteils<br />

selber und Körperschallfortleitung in das gesamte Bauwerk („Energiezerstreuung“).


132<br />

Zur Kennzeichnung der<br />

Luftschalldämmung wird das<br />

im allgemeinen immer<br />

frequenzabhängige<br />

Schalldämmmaß R in dB<br />

verwendet. Es ist definiert<br />

durch das logarithmierte<br />

Verhältnis der auf einer Seite<br />

eines Bauteiles auffallenden<br />

Schallleistung P 1 zu der auf<br />

der anderen Seite<br />

abgestrahlten Schallleistung<br />

P 2 (in der Literatur manchmal<br />

auch Schallisolationsmaß)<br />

Bild 4.8. Schalldurchgang durch ein Trennelement. (1)<br />

auftreffender Schall, (2) reflektierter Schall, (3) Verlust<br />

durch Struktur, (4) Verlust durch Körperschallableitung, (5)<br />

abgestrahlter Schall. © Verlag Tribüne Berlin<br />

P1<br />

R = 10log<br />

P<br />

Wie man sieht, ist das<br />

Schalldämmmaß ein<br />

Relativmaß, das bedeutet<br />

hier, je größer (!) das Schalldämmmaß ist, umso besser ist die Schalldämmung.<br />

2<br />

4.3.2 Messung des Schalldämmmaßes (DIN EN ISO 140)<br />

Die Messung kann im Labor oder am Bau stattfinden, zur Unterscheidung bekommt<br />

der Buchstabe R einen Strich, wenn die Messungen unter Praxisbedingungen<br />

erfolgten, R ′. Warum diese Unterscheidung, zeigt schematisch Bild 4.9.<br />

Bild 4.9.<br />

Luftschallübertragungswege<br />

zwischen<br />

benachbarten<br />

Räumen<br />

(schematisch)<br />

© Verlag für<br />

Bauwesen Berlin


133<br />

Im Prüfstand handelt es sich im Wesentlichen nur um Direktschallübertragung, das<br />

bedeutet man bekommt Aussagen nur über das trennende Bauteil alleine, während<br />

Bild 4.10. Messung des Schalldämmmaßes R im nebenwegsfreien Labor-<br />

Prüfstand. © Bruel&Kjaer<br />

in der Praxis alle Flanken und Einbaubedingungen das Ergebnis beeinflussen. Das<br />

Messprinzip ist aber in beiden Fällen identisch und wird in Bild 4.10 dargestellt. Zwei<br />

Räume werden durch ein bauakustisch unbekanntes Bauteil der geometrischen<br />

Fläche S Wand getrennt. Man misst den Schalldruckpegel jeweils im künstlich<br />

angeregten Senderaum (L pSende ) und im Empfangsraum (L pEmpfang ) sowie die<br />

Nachhallzeit im Empfangsraum, um dort die äquivalente Absorptionsfläche A empfang<br />

bestimmen zu können (SABINE- Formel, vergleiche den Abschnitt Raumakustik; bei<br />

Anregung eines Raumes mit einer bestimmten Schallleistung, hängt die Höhe des<br />

Schalldruckpegels im Raum immer von seinem Absorptionsvermögen ab). Aus dem<br />

oben definierten Leistungsverhältnis wird dann eine Pegelgleichung in folgender<br />

Form<br />

SWand<br />

R = LpSende<br />

− LpEmpfang<br />

+10log .<br />

Aempfang<br />

Auf ähnliche Art und Weise kann beispielsweise auch die Schalldämmung von<br />

Bild 4.11. Messung des<br />

Schalldämmmaßes eines<br />

Fassadenelementes in situ.<br />

© Bruel&Kjaer


134<br />

Fassadenelementen in situ bestimmt werden, wie Bild 4.11 zeigt.<br />

Gemessen wird in jedem Fall in Terzen im bauakustischen Frequenzbereich<br />

zwischen 100 Hz und 3150 Hz, erweitert auch zwischen 50 Hz und 5000 Hz. Das<br />

Ergebnis ist im allgemeinen immer frequenzabhängig.<br />

4.3.3 Andere Dämm-Maße<br />

Das Labor-Schalldämmmaß ist eine reine bauteilbezogene Größe, sie sagt nichts<br />

darüber aus, wie laut es in einem Raum später tatsächlich sein wird, wenn man nicht<br />

die anregende Schallleistung, die schallübertragende Fläche und die Absorption im<br />

Empfangsraum genau kennt. Das Schalldämmmaß ist zum Beispiel immer dann<br />

notwendig, wenn Anforderungen aus der DIN 4109 nachgewiesen werden müssen<br />

oder aber wenn die Schalldämmung in einem Bauwerk aus mehreren<br />

Einzelelementen mit bekannten Einzel-Dämmmaßen errechnet werden muss. Im<br />

Sinne des <strong>Schallschutz</strong>es wäre es sinnvoll in Standardbauten direkt auf den<br />

Schalldruckpegel eines schutzbedürftigen Raumes schließen zu können. Aus diesem<br />

Grund haben sich in letzter Zeit immer mehr auch andere Größen durchgesetzt,<br />

siehe ISO 140-4, dabei sind üblich:<br />

Die auf eine Bezugs-Nachhallzeit bezogene Standard-Schallpegeldifferenz D nT in dB<br />

T<br />

DnT = LS −LE<br />

−10log<br />

T<br />

o<br />

sowie die auf eine Bezugs-Absorptionsfläche bezogene Norm-Schallpegeldifferenz<br />

D n in dB<br />

A<br />

Dn = LS −LE<br />

−10log ,<br />

A<br />

o<br />

darin bedeuten:<br />

L S zeitlich und örtlich gemittelter Schalldruckpegel im Senderaum in dB<br />

L E zeitlich und örtlich gemittelter Schalldruckpegel im Empfangsraum in dB<br />

A äquivalente Schallabsorptionsfläche im Empfangsraum in m 2<br />

A o äquivalente Bezugs-Schallabsorptionsfläche, im allgemeinen 10 m 2 , bei<br />

Klassenzimmern und Schulen 25 m 2<br />

T Nachhallzeit im Empfangsraum in sec<br />

T o Bezugs-Nachhallzeit in sec, in Wohnbauten 0.5 sec.<br />

Zur Kennzeichnung der Schalldämmung sind zum Beispiel für transportable Kabinen<br />

in der Simultanübersetzung auch einfache Pegeldifferenzen LS<br />

− LE<br />

möglich. Man<br />

muss sich aber darüber im Klaren sein, das eine einfache Pegeldifferenz immer von<br />

den akustischen Eigenschaften des Empfangsraumes abhängt und man sie<br />

beispielsweise durch Anbringen von Absorption beeinflussen kann. Deswegen ist die<br />

Angabe bei Simultankabinen an ganz spezifische Bedingungen geknüpft, die in einer<br />

DIN 56924 Teil 2 festgelegt sind.<br />

Da die Nachhallzeiten verschieden großer Wohnräume aufgrund ihrer Möblierung in<br />

der Praxis nur wenig schwanken, werden in diesem Bereich Standard-<br />

Schallpegeldifferenzen in den letzten Jahren europaweit anstelle des


135<br />

Schalldämmmaßes immer häufiger angewendet, auch werden voraussichtlich in<br />

Deutschland Mindestanforderungen auf diese Größe mittelfristig umgestellt (DIN<br />

4109). Zusammen mit der Fläche S des trennenden Bauteils in m 2 sowie dem<br />

Volumen des Empfangraumes V E in m 3 lassen sich die Größen ineinander<br />

umrechnen:<br />

D<br />

nT<br />

VE<br />

VE<br />

= Dn<br />

+ 10log = R′ + 10log −5.<br />

30<br />

S<br />

Auch Schallpegeldifferenzen sind im allgemeinen immer frequenzabhängig.<br />

4.3.4 Bewertetes Schalldämmmaß (DIN EN ISO 717)<br />

Um ein praktikableres Maß zu erhalten, wird nach DIN EN ISO 717 aus dem<br />

Frequenzverlauf der Schalldämmung ein Einzahlwert generiert, das sogenannte<br />

bewertete Schalldämmmaß R W bzw. R′<br />

W , die Vorgehensweise gilt analog auch für<br />

die Schallpegeldifferenzen (D nW , ; D nT, W ). Das bewertete Schalldämmmaß wird<br />

gebildet, in dem der frequenzabhängig vorliegende Schalldämmverlauf mit einer<br />

sogenannten Bezugskurve (oder Sollkurve) verglichen wird, Bild 4.12.<br />

Bild 4.12. Bezugskurve und<br />

Prozedere zur Bestimmung<br />

des bewerteten Schalldämmmaßes<br />

Rw (Beispiel 41 dB).<br />

B= Bezugskurve,<br />

Bv= verschobene Bezugskurve,<br />

M= gemessener<br />

Verlauf, U= zugelassene<br />

mittlere Abweichung.<br />

© Springer Verlag


136<br />

Die Bezugskurve hat den idealisierten Verlauf des Schalldämmmaßes einer 25 cm<br />

dicken Vollziegelwand. Bei der Bewertung wird sie soweit nach oben oder unten<br />

verschoben, bis die Summe der mittleren Unterschreitungen durch die<br />

Schalldämmkurve über alle Terzwerte nicht mehr wie 2 dB beträgt. Die Verschiebung<br />

erfolgt in ganzzahligen dB-Schritten. Das bewertete Schalldämm-Maß ist dann der<br />

Wert der verschobenen Bezugskurve bei 500 Hz.<br />

Veraltet und nur noch in früherer Literatur gebräuchlich ist das sogenannte<br />

Luftschallschutzmaß LSM, das sich aus dem bewerteten Schalldämmmaß berechnet<br />

zu<br />

LSM = −52.<br />

R W<br />

4.3.5 Spektrum-Anpassungswerte<br />

An dem Verlauf der Bezugskurve ist kritisiert worden, dass sie die im Wohnbereich<br />

oder durch Verkehr verursachten Geräuschspektren zu wenig berücksichtigt, indem<br />

sie tiefe Frequenzen zu gering, hohe Frequenzen dagegen zu stark bewertet. Aus<br />

diesem Grunde sind in der DIN EN ISO 717 sogenannte Spektrum-<br />

Anpassungswerte C und C tr definiert. Damit lässt sich abschätzen, wie sich ein<br />

Bauteil oder ein Gebäude gegenüber unterschiedlichen Lärmarten, wie zum Beispiel<br />

Wohnlärm oder Verkehrslärm, verhält. Ausgangsgrößen zur Bestimmung der<br />

Spektrum- Anpassungswerte sind die in den Bildern 4.13 und 4.14 dargestellten<br />

Referenzspektren.<br />

Bild 4.13. Referenzspektrum (Abewertetes<br />

rosa Rauschen ) zur<br />

Berechnung des Spektrum-<br />

Anpassungswertes C. © Verlag f.<br />

Bauwesen Berlin<br />

Bild 4.14. Referenzspektrum (Abewerteter<br />

städtischer<br />

Straßenverkehr ) zur Berechnung des<br />

Spektrum- Anpassungswertes C tr .<br />

© Verlag f. Bauwesen Berlin<br />

Das eine Referenzspektrum (rosa Rauschen) dient vor allem der Nachbildung von<br />

Wohngeräuschen, aber auch von Straßen- und Schienenverkehrsgeräuschen bei<br />

hohen Geschwindigkeiten. Das andere Referenzspektrum bildet das Geräusch


137<br />

innerstädtischen Straßenverkehrs nach, ist aber auch für Schienenverkehr mit<br />

geringer Geschwindigkeit verwendbar. Die Spektren sind A- bewertet und so<br />

normiert, dass ihr Gesamtschalldruckpegel 0 dB beträgt. Zur Bestimmung der<br />

Spektrum- Anpassungswerte sind folgende Schritte notwendig<br />

bzw.<br />

n<br />

( Lpi<br />

−Ri<br />

)/ 10<br />

R A =−10log<br />

10<br />

∑<br />

i=<br />

1<br />

n<br />

( Lpi , tr −Ri<br />

)/ 10<br />

R Atr , =−10log ∑10<br />

i=<br />

1<br />

dB(A)<br />

dB(A) ,<br />

darin sind<br />

L pi bzw. L pi, tr Werte des verwendeten Referenzspektrums<br />

R i Werte des Schalldämm-Spektrums (auch D nT, i oder D ni , )<br />

i Index für das entsprechende Terz- (oder Oktav)band.<br />

Die Spektrum- Anpassungswerte C und C tr ergeben sich dann aus der Differenz mit<br />

dem bewerteten Schalldämmmaß<br />

bzw.<br />

C = R −R<br />

A<br />

W<br />

C = R −R<br />

tr A, tr W .<br />

4. 3. 6 Anregung und Abstrahlung einer Wand, Koinzidenz<br />

Die Frage ist, in welcher Form nun die Wand schwingt, wenn sie durch eine<br />

auftreffende (ebene) Luftschallwelle mit der Wellenlänge λ in m angeregt wird und<br />

auf der anderen Seite wieder Schall abstrahlt. Entscheidend ist dabei die sogenannte<br />

Spurwelle. Die Spurwelle ist nichts anderes als die unter dem Auftreffwinkel ϑ (zur<br />

Flächennormalen) auf die Wand projizierte Luftschallwelle mit der<br />

Spurwellenlänge λ S<br />

λ<br />

S<br />

= λ c<br />

ϑ<br />

= .<br />

sin f ⋅ sin ϑ<br />

Die Spurwelle bewirkt nun die Anregung der Wand mit gleicher Frequenz, Phase und<br />

Kraft, dabei wird bei den meisten plattenähnlichen Strukturen wie Wände, Decken,<br />

etc der Wellentyp „Biegewelle“ mit der Wellenlänge λ Be erzwungen,<br />

λ<br />

Be<br />

= λ ,<br />

S


138<br />

Bild 4.15. Wie man sieht, erzeugt eine unter ϑ = 0 ° einfallende Luftschallwelle keine<br />

Biegewelle, weil die Spurwellenlänge unendlich ist, die Wand schwingt als ganzes<br />

mit ihrem Flächengewicht hin und her. Das andere Extrem ist ein Einfallswinkel von<br />

ϑ = 90 ° , der sogenannte „streifende Einfall“, hier sind Luft- und Spurwellenlänge<br />

gleich, weil sin90°= 1 ist, die Spurwellenlänge λ S kann also nie kleiner als λ<br />

werden.<br />

Bild 4.15. Entstehung einer<br />

erzwungenen Biegewelle. (1)<br />

auftreffende Schallwelle, (2)<br />

reflektierte Schallwelle, (3)<br />

durchgelassene Schallwelle,<br />

(4) schwingende Platte.<br />

© Verlag Tribüne Berlin.<br />

Nun gehört aber zu jeder plattenähnlichen Struktur, wie sie eine Wand darstellt, ohne<br />

erzwungene Anregung, nur aufgrund der Abmessung und des Materials, eine<br />

sogenannte freie Biegewellenlänge λ B<br />

λ<br />

B<br />

π<br />

= ⋅<br />

f<br />

2<br />

4<br />

B<br />

m′′<br />

mit<br />

f Frequenz in Hz<br />

m ′′ Masse pro Fläche in kg/m 2<br />

B bez. Biegesteife in N/m, hier<br />

3<br />

E h<br />

B = ⋅<br />

1 − µ<br />

2 12<br />

mit<br />

E Elastizitätsmodul in N/m 2<br />

µ Querkontraktionszahl 0,3...0,4<br />

h Wanddicke in m.<br />

Erfolgt jetzt die Anregung der Wand so, dass die Spurwellenlänge bzw. erzwungene<br />

Biegewellenlänge gerade mit der freien Biegewellenlänge übereinstimmt, also<br />

λS = λBe = λB<br />

ist, dann ergeben sich resonanzartige Erhöhungen der Wandschwingungen, was zu<br />

einer Verminderung der Schalldämmung führt; diese Eigenschaft bezeichnet man mit<br />

Spuranpassung oder Koinzidenz, die dazu gehörende Frequenz mit<br />

Koinzidenzfrequenz. Die niedrigste Koinzidenzfrequenz ergibt sich für einen


139<br />

Einfallswinkel von 90° (streifender Einfall), bei der dann entsprechend der obigen<br />

Gleichungen gilt<br />

λ = λ B<br />

Die zu dieser Bedingung gehörende Frequenz heißt Koinzidenz-Grenzfrequenz f g .<br />

Durch Einsetzen der obigen Formelzusammenhänge erhält man<br />

f<br />

g<br />

2<br />

c<br />

= ⋅<br />

2π<br />

m′′ = ⋅<br />

4 1 ρ<br />

64 , 10 ⋅ ⋅<br />

B h E<br />

wand<br />

mit c Luftschallwellenlänge etwa 340 m/s, ρ wand Dichte des Wandmaterials in kg/m 3<br />

(eben, homogen).<br />

Bei einem Schallfeld in einem geschlossenen Raum treffen aufgrund der vielen<br />

Reflexionen (Diffusität) die Schallwellen unter allen möglichen Winkeln 90°... 0° auf<br />

eine Wand oder Decke (verallgemeinert Platten) auf, so dass oberhalb der<br />

Koinzidenz-Grenzfrequenz eine ganze Reihe von Koinzidenzfrequenzen auftreten,<br />

was zu einem Schalldämmungseinbruch in einem breiteren Frequenzbereich führt.<br />

Die Tiefe dieses Einbruchs ist vom Verhältnis der Plattenabmessungen zur<br />

Wellenlänge der Koinzidenzgrenzfrequenz sowie von den Strukturverlusten<br />

(Dämpfung) des Plattenmaterials abhängig. Große Platten mit hohen Verlusten<br />

haben einen geringen Koinzidenzeinbruch, wobei dickere Platten sogar ein fast<br />

konstantes Schalldämmmaß in diesem Bereich aufweisen.<br />

Damit die Schalldämmung im interessierenden bauakustischen Frequenzbereich<br />

nicht verschlechtert wird, sollten die Koinzidenz-Grenzfrequenzen der verwendeten<br />

Bauteile außerhalb dieses Bereiches liegen. Nach DIN 4109 sollte f g entweder<br />

kleiner 200 Hz oder größer 2000 Hz sein. Eine hohe Koinzidenzgrenzfrequenz<br />

erreicht man gemäß der Gleichung für Bauteile, die entweder dünn und von hoher<br />

Dichte oder biegeweich sind; dazu zählen in der Praxis beispielsweise Glas (max. 5<br />

mm dick), Putzschalen (max. 15 mm dick), Sperrholz (max. 7 mm dick),<br />

Holzspanplatten (max. 10 mm dick), Gipskartonplatten (max 12,5 mm dick),<br />

Holzwolle-Leichtbauplatten mit einseitiger Putzschicht. Eine niedrige<br />

Koinzidenzgrenzfrequenz ergibt sich entsprechend für dicke biegesteife Bauteile<br />

bzw. Materialien geringer Dichte. Dazu zählen in der Praxis normale Einfachwände<br />

aus üblichen Baustoffen, die mindestens 10 cm dick sind und ein Flächengewicht<br />

aufweisen, das größer etwa 100 kg/m 2 ist. Zwischen den beiden genannten<br />

Bereichen liegen zum Beispiel 50 bis 80 mm dicke Wandbauplatten aus Leichtbeton<br />

oder Gips und 20 bis 50 mm dicke Platten aus Schwerbeton, siehe Bild 4.16.<br />

Abstrahlung von Biegewellen<br />

Auch bezüglich der Schallabstrahlung von Biegewellen von plattenähnlichen<br />

Strukturen gilt es eine Besonderheit zu erwähnen, die mit den verschieden<br />

abhängigen Wellenlängen λ bzw. λ B zu tun hat. Während für Luftschall der<br />

bekannte Zusammenhang<br />

c 340 1<br />

λ = ≅ ~<br />

f f f


140<br />

gilt, kann man aus den bisher angegebenen Formeln ableiten, dass für Biegewellen<br />

eine andere Beziehung besteht, nämlich<br />

λ<br />

B<br />

c B 2π<br />

B 1<br />

= = ⋅ 4 ~ .<br />

f f m′′<br />

f<br />

Trägt man diese beiden Relationen über die Frequenz auf, kommt man auf Bild 4.17.<br />

Bild 4.16.<br />

Koinzidenz-<br />

Grenzfrequenzen für<br />

Platten aus<br />

unterschiedlichem<br />

Material und<br />

verschiedener Dicke.<br />

© Springer Verlag<br />

Bild 4.17. Luftschallwellenlänge (a) im Vergleich mit Biegewellenlängen<br />

von Platten (Stahl) unterschiedlicher Dicke h (b ..h). © Verlag Tribüne<br />

Berlin.


141<br />

Es gibt in Abhängigkeit von Plattenmaterial und Dicke folgende Bereiche: die<br />

Biegewellenlänge ist kleiner als die Luftschallwellenlänge, die Schallabstrahlung ist<br />

schlecht (Ausgleich der Luftwechselbewegungen vor der Platte, sog. Nahfeld); die<br />

Biegewellenlänge ist größer als die Luftschallwellenlänge, hier ist die<br />

Schallabstrahlung gut; als Grenze tritt wieder diejenige Frequenz auf, bei der beide<br />

Wellenlängen gleich sind (Koinzidenz).<br />

4.3.7 Schalldämmmaß einschaliger Wände oder Decken<br />

Einschalige, homogene Wände (auch Einfachwände genannt) sind dadurch<br />

gekennzeichnet, dass beide Wandseiten die gleiche Biegebewegung ausführen, wie<br />

in Bild 4.15 bereits schematisch dargestellt ist, also keine Abhängigkeiten über die<br />

Dicke auftreten (Dicke


142<br />

Theoretisch lässt sich dieser Verlauf (Kurve (a)) in seinen verschiedenen Abschnitten<br />

wie folgt beschreiben:<br />

Bei sehr tiefen Frequenzen, wenn die Abmessungen in die Größenordnung der<br />

Wellenlängen kommen, können stehende Wellen auf der Wand auftreten (f Bn ). Dieser<br />

Effekt wird hier nicht weiter quantifiziert.<br />

Unterhalb der Koinzidenz-Grenzfrequenz und Flächenabmessungen > Biegewellenlänge<br />

R<br />

f< f g<br />

=<br />

⋅f ⋅ m′′<br />

20log π − 3dB , ~ 20log f, ~ 20logm′′<br />

ρ ⋅ c<br />

(sogenanntes Massengesetz nach BERGER), R steigt mit Verdopplung der Frequenz<br />

mit 6 dB an und bei gegebener Frequenz mit Verdoppelung des Flächengewichts<br />

ebenfalls um 6 dB. Bei Zimmertemperatur kann man für ρ ⋅c<br />

≅400 Ns/m 3 ansetzen.<br />

Praktisch ist auch eine entsprechend zugeschnittene Größengleichung<br />

f ρWand<br />

hWand<br />

Rf< f = 20log + 20log + 20log<br />

−105dB<br />

g<br />

Hz<br />

3<br />

kg/m mm<br />

.<br />

Für ein R w von 53 dB wird ein Wandgewicht von mehr als 380 kg/m 2 benötigt.<br />

Neben dem Flächengewicht ist der zweitwichtigste Parameter die Biegesteife B.<br />

Diese kommt, zusammen mit den Strukturverlusten η (Körperschall-<br />

Strukturdämpfung der Wand), zusätzlich oberhalb der Koinzidenz ins Spiel und führt<br />

auf einen steileren Verlauf, wie das Bild 4.<strong>18</strong> zeigt<br />

R<br />

f> f =<br />

g<br />

π ⋅f ⋅ m′′<br />

f 2η<br />

20log + 10log + 10log<br />

ρ ⋅ c f π .<br />

g<br />

Im Bereich des Koinzidenzeinbruches kann man nur einen Ausdruck für ein mittleres<br />

frequenzunabhängiges Schalldämmmaß angeben<br />

π ⋅fg<br />

⋅ m′′<br />

2η<br />

Rf≅f<br />

≅ 20log<br />

+ 10log<br />

g<br />

ρ ⋅ c π<br />

mit f g der bekannte Ausdruck für die Koinzidenz-Grenzfrequenz.<br />

Die zweite Kurve (b) in Bild 4.<strong>18</strong> zeigt an, dass bei Trennelementen die kleinere<br />

Abmessungen haben, als sie im Bauwerk typisch vorkommen, beispielsweise bei<br />

Maschinenkapseln, die Schalldämmung geringer sein kann.<br />

4.3.8 Beispiele der Schalldämmung von Einfachwänden oder Decken<br />

Aufgrund der erwähnten unterschiedlichen Einflüsse weisen im vorgegebenen<br />

bauakustischen Frequenzbereich und sonst gleichen Bedingungen, sehr steife


143<br />

Wände eine geringere Schalldämmung auf als sehr weiche Wände, wie Bild 4.19<br />

zeigt. Wie man sieht, hat eine einfache Sperrholzplatte eine wesentlich höhere<br />

Luftschalldämmung als ein durch Sandwichbauweise versteiftes etwa gleich<br />

schweres Türblatt. Ebenso hat ein einfaches Stahlblech eine höhere Dämmung als<br />

ein in einer Richtung wesentlich steiferes Trapezblech. Das Ideal wäre eine Bleiwand<br />

oder eine ähnliche „schlappe“ Masse.<br />

Bild 4.19. Einfluss der Formsteife auf das Schalldämmmaß bei annähernd gleichem<br />

Flächengewicht<br />

In Bild 4.20 lässt sich sehr gut die Frequenzabhängigkeit der Koinzidenz unter dem<br />

Bild 4.20. Schalldämmmaß<br />

einer biegeweichen<br />

Konstruktion (a): 13 mm<br />

Gipsplatte m= 13 kg/m 2 , Rw=<br />

27 dB im Vergleich mit zwei<br />

biegesteifen Strukturen (b): 70<br />

mm Gipswand m= 70 kg/m 2 ,<br />

Rw= 35 dB und (c) 12 mm<br />

Glas m= 30 kg/m 2 , Rw= 35 dB.<br />

Deutlich sichtbarer Einfluss<br />

des Koinzidenzeffektes.<br />

© Verlag f. Bauwesen Berlin<br />

Einfluss von Materialart und Materialdicke ablesen. In Bild 4.21 sind schließlich noch<br />

ein paar Messergebnisse von verschiedenen Wandtypen dargestellt.


144<br />

Bild 4.21. Gemessene Luftschalldämmung verschiedener homogener Einfachwände.<br />

4.3.9 Einfluss von Ausführungsmängeln bei Einfachwänden oder Decken<br />

Ein offenes Fenster hat das Schalldämmmaß von 0 dB. Daran ist zu sehen, dass<br />

Löcher und Undichtigkeiten ein Schalldämmmaß verringern können. Beispiele sind<br />

unverputzte gemauerte Wände oder Wände aus porenförmigen Baumaterial. Obwohl<br />

die flächenbezogenen Massen von Putzschichten gegenüber denen der Rohwände<br />

nur einen geringen Anteil haben, kann ihr Fehlen katastrophale Folgen für das<br />

Schalldämmmaß haben, wie Bild 4.22 zeigt. Ähnlich verhält es sich mit


145<br />

porenförmigen Baumaterial. Ein Zuschlämmen der Poren erhöht die Schalldämmung<br />

in signifikanter Weise, Bild 4.23.<br />

Bild 4.22. Einfluss einer Putzschicht<br />

von m= 3 kg/m 2 auf die<br />

Schalldämmung einer 17.5 cm<br />

dicken Kalksandstein-Wand. (a)<br />

unverputzt, Rw= 39 dB; (b) mit<br />

beidseitigem Putz, Rw= 55 dB.<br />

© Verlag f. Bauwesen Berlin<br />

Bild 4.23. Schalldämmung einer 11.5<br />

cm dicken Bimsbetonsteinwand m=<br />

85 kg/m2. (a) unverputzt, Rw= 12<br />

dB; (b) einseitig geschlämmt, Rw=<br />

40 dB. © Verlag f. Bauwesen Berlin


146<br />

4.3.10 Schalldämmung mehrschaliger Trennelemente, Doppelwände<br />

Da einschalige Bauteile sehr schwer sein müssen, um eine für den Wohnungsbau<br />

ausreichende Schalldämmung zu erreichen (Massengesetz !), werden auch<br />

mehrschalige Bauteile verwendet, bei denen bei geeignetem Aufbau mit relativ<br />

geringem Gewicht eine vergleichsweise höhere Schalldämmung erzielt werden kann.<br />

Beispiele von Doppelwänden sind, Bild 4.24, Decken mit gutem schwimmenden<br />

Estrich oder mit weich abgehängten Unterdecken, getrennte Doppel- oder<br />

Reihenhauswände, Gipskartonplatten (oder ähnliches) auf getrennten Ständern,<br />

Doppelfenster.<br />

Bild 4.24. Prinzipaufbauten zweischaliger Trennelemente. © Verlag Europa-<br />

Lehrmittel, Nourney Vollmer GmbH.<br />

Hinsichtlich des Schalldämmverhaltens unterscheiden sich gute, das heißt<br />

entkoppelte Doppelwände von Einfachwänden dadurch, dass die der Schallquelle<br />

abgewandte Seite wesentlich weniger schwingt und abstrahlt, als die dem Schall<br />

zugewandte. Dieser Vorteil wird allerdings dadurch erkauft, dass in einem schmalen<br />

Frequenzgebiet - das möglichst unter 80 Hz und damit für das Ohr schlecht<br />

wahrnehmbar, liegen sollte - ein Resonanzphänomen auftritt, das die<br />

Schalldämmung verschlechtert. Dieses kommt dadurch zustande, dass die beiden<br />

Flächengewichte der Einzelschalen m 1<br />

′′ bzw. m 2<br />

′′ zusammen mit der Federsteife des<br />

Zwischenraums s ′′ eine mechanische Resonanz f R , auch „Tonpilzresonanz“<br />

genannt, bilden, Bild 4.25. Die Resonanzfrequenz in Hz errechnet sich allgemein zu<br />

mit<br />

s<br />

fR = 1<br />

⋅ ′′<br />

2π m′′<br />

′′⋅ ′′<br />

m′′ =<br />

m 1 m 2<br />

m′′ + m′′<br />

1 2


147<br />

als resultierende gesamte Flächenmasse. Wie man den beiden Gleichungen ansieht,<br />

ist die Resonanzfrequenz, die auch als Abstimmfrequenz bezeichnet wird, von der<br />

Masse der leichteren Wand mehr abhängig, als von der schwereren.<br />

Bild 4.25.<br />

Veranschaulichung<br />

der Tonpilzresonanz<br />

bei Doppelwand –<br />

Konstruktionen.<br />

© Verlag Europa-<br />

Lehrmittel Nourney<br />

Vollmer GmbH.<br />

Wenn die Zwischenschicht der Dicke d L Luft ist, ergibt sich mit dem Kompressionsmodul<br />

(Federsteife) von Luft<br />

f<br />

R<br />

=<br />

60<br />

d ⋅ m′′<br />

L<br />

.<br />

Für Zwischenschichten der Dicke d aus faserigen Materialien oder sehr weichen<br />

Schäumen erhält man<br />

f<br />

R =<br />

C ⋅ 60<br />

d⋅ m′′<br />

mit C ≈ 1 , wenn eine der Wandschalen (z.B. Vorsatzschale oder untergehängte<br />

Decke) weniger als 20mm dick ist und C ≈ 3, wenn beide Wandschalen dicker als<br />

100 mm sind (zum Beispiel Reihenhauswände), dabei ist d die Dicke des<br />

Zwischenraums in Metern und m 1<br />

′′ bzw. m 2<br />

′′ die Masse pro Flächeneinheit (kg/m 2 ) der<br />

beiden Wandschalen. Als Anhaltswerte für dickenbezogene Steifen von<br />

Zwischenschichten in MN/m 2 können gelten:<br />

Luftschicht: s ′′ ≈ 0,138 MN/m 2<br />

Weichfaserige lockere Zwischenschicht: s ′′ ≈ 0,14 MN/m 2<br />

gepresste Fasermatten: s ′′ ≈ 0,28 MN/m 2<br />

Hartschaum: s ′′ ≈ 1,5 MN/m 2<br />

Holzwolleleichtbauplatten: s ′′ ≈ 2 MN/m 2<br />

Bauschutt im Doppelwandzwischenraum: s ′′ ≈ 1 MN/m 2 .<br />

Den prinzipiellen Verlauf des Schalldämmmaßes über der Frequenz gegenüber dem<br />

der Einfachwand zeigt Bild 4.26. Oberhalb des Resonanzeinbruches steigt das<br />

Schalldämmmaß wesentlich steiler an, der Gewinn ∆R in dB liegt bei


148<br />

f<br />

∆R = 40log für f > fR<br />

.<br />

fR<br />

Nicht vermeiden lässt sich dagegen auch bei der Doppelwand der<br />

Koinzidenzeinbruch. Nicht dargestellt ist in der Abbildung ein weiterer nachteiliger<br />

Effekt der Doppelwand, der dadurch entsteht, dass in dem Wandzwischenraum<br />

stehende Wellen mit der Frequenz f λ, n in Hz auftreten können, wenn der Abstand d<br />

ein ganzzahliges Vielfaches n der halben Luftschallwellenlänge λ 2 beträgt,<br />

sogenannte Hohlraumresonanzen<br />

fλ, n = 170<br />

n<br />

d<br />

mit<br />

d Schalenabstand in m<br />

n natürliche Zahlen 1,2,3 .....<br />

Bei einem Schalenabstand von 10 cm könnten demnach Verminderungen der<br />

Schalldämmung bei 1700 Hz, 3400 Hz, 5100 Hz, etc auftreten. Dieser Effekt macht<br />

sich allerdings in der Praxis nicht so gravierend bemerkbar, weil allgemein immer<br />

schallabsorbierendes- und damit auch wärmeisolierendes- Füllmaterial im<br />

Zwischenraum Verwendung findet, durch das die Hohlraumresonanzen bedämpft<br />

werden. Solch ein Füllmaterial hat also mehrere wichtige Funktionen zu leisten, die<br />

Steifebeeinflussung bezüglich der Tonpilzresonanz wurde bereits weiter oben<br />

erwähnt.<br />

Bild 4.26. Prinzipieller Verlauf<br />

des Schalldämmmaßes einer<br />

zweischaligen Konstruktion über<br />

der Frequenz. © Springer Verlag


149<br />

Will man das Schalldämmmaß der doppelschaligen Konstruktion aus den Maßen der<br />

Einzelschalen R 1 und R 2 abschätzen, sind folgende Beziehungen hilfreich<br />

4 ⋅f ⋅d<br />

R = R1+ R2<br />

+ 20log π für f > fR<br />

und <<br />

c<br />

c<br />

R = R1+ R2<br />

+ 6 dB für f ><br />

4⋅<br />

d<br />

c<br />

4⋅<br />

d<br />

.<br />

In Bild 4.27 ist dargestellt, um wie viel sich die bewerteten Schalldämmmaße von<br />

Doppelwänden mit verschiedenem Zwischenraum und resultierendem<br />

Flächengewicht von denen einer Einfachwand bei entsprechend gleichem Gewicht<br />

unterscheiden können.<br />

Bild 4.27. Erreichbare bewertete<br />

Schalldämmmaße zweischaliger<br />

Wände (b) in Abhängigkeit vom<br />

Flächengewicht und dem<br />

Schalenabstand. (a) einschalige<br />

Wand zum Vergleich. © Springer<br />

Verlag<br />

4.3.11 Wände mit Vorsatzschalen<br />

Hierunter versteht man zweischalige Wandkonstruktionen aus einer biegesteifen und<br />

einer biegeweichen Schale- der sogenannten Vorsatzschale. Diese Kombination ist


150<br />

akustisch eine günstige Lösung, wenn die Tonpilz- Resonanzfrequenz richtig gewählt<br />

ist und der Koinzidenzeffekt der einzelnen Schalen beachtet wird. Eine starke<br />

"Verstimmung" der beiden Schalen wird dabei dadurch realisiert, dass die<br />

Koinzidenzgrenzfrequenz der schweren Schale zu den möglichst tiefen, die der<br />

leichten dagegen zu den hohen Frequenzen hin verschoben wird. So können die<br />

Bild 4.28. Beispiele von Massivwänden mit biegeweichen Vorsatzschalen. (a) angedübeltes<br />

Holzständerwerk (schlecht); (b) freistehendes Holzständerwerk (sehr gut); (c) freistehende<br />

Metallprofilständer (sehr gut); (d) Verbundplatten (Polystyrol) und Gipskartonplatten (nicht so<br />

gut, hängt von Steife ab); (e) Verbundplatten aus MKF und Gipskartonplatten (besser).<br />

© Verlag f. Bauwesen Berlin<br />

hohe Masse der biegesteifen Schale und die geringe Schallabstrahlung der<br />

biegeweichen Schale optimal ausgenutzt werden. Die biegesteife Schale ist dabei im<br />

Regelfall die tragende konstruktive Wand, die zum Beispiel aus Mauerwerk oder<br />

Beton besteht. Vor dieser Massivwand wird die zweite Schale, die Vorsatzschale<br />

errichtet. Als Vorsatzschalen dienen meist dünne, 10 bis 30 mm dicke Platten, wie<br />

Gipskarton-, Span- oder Faserzementplatten, Holzwolle-Leichtbauplatten,<br />

Holzverschalungen usw., Bild 4.28; auch Wärmeverbundsysteme kann man in diese<br />

Kategorie einordnen, wobei die Putzschicht die Rolle der biegeweichen Schale<br />

übernimmt.<br />

Im Hinblick auf eine möglichst niedrige Resonanzfrequenz (f R < 80 Hz ist<br />

anzustreben) liegt der optimale Abstand zwischen den Schalen bei 40 bis 80 mm.<br />

Um die Vorsatzschale befestigen und einen ausreichenden Abstand zur Massivwand<br />

gewährleisten zu können, wird in der Regel eine Unterkonstruktion benötigt. Hierzu<br />

dient meistens ein hölzernes oder metallisches Ständerwerk. Ungünstig ist es, wenn<br />

die biegeweichen Platten an angedübelten Ständerwerken oder gar direkt an der<br />

Tragwand befestigt werden. Günstig ist eine Befestigung mittels freistehender<br />

Ständerwerke. Eine Montage als Verbundplatten, bei denen die biegeweiche Schale<br />

mit der Dämmschicht einen Verbund bildet, ist ebenfalls vorteilhaft, wobei diese an<br />

die Massivwand nur punktweise angeklebt werden sollten. Der Hohlraum sollte mit<br />

porösem Schallabsorptionsmaterial (längenspezifischer Strömungswiderstand r > 5<br />

kPa/m 2 ) und einem Füllungsgrad nicht unter 60% gefüllt sein. Der Einfluss der<br />

Hohlraumbedämpfung ist bei diesen Wandarten besonders groß. Bei speziellen


151<br />

Konstruktionen (Verbundplatten) übernimmt eine etwas steifere Dämmschicht die<br />

Rolle der Unterkonstruktion.<br />

Für Resonanzfrequenzen unter 200 Hz kann man näherungsweise mit folgenden<br />

bewerteten Luftschallverbesserungsmaßen ∆R w rechnen:<br />

f R < 80 Hz: ∆R w = 35 - 0,5 R w dB<br />

80 < f R < 125 Hz: ∆R w = 32 - 0,5 R w dB<br />

125 < f R < 200 Hz: ∆R w = 28 - 0,5 R w dB,<br />

dabei ist R w das bewertete Schalldämm-Maß der Massivwand ohne Vorsatzschale in<br />

dB. Resonanzfrequenzen oberhalb 200 Hz bewirken keine Verbesserung der<br />

Schalldämmung, sondern können diese sogar noch verschlechtern.<br />

Wärmeverbundsysteme haben im allgemeinen nur dann akustisch einen Nutzen,<br />

wenn die dynamische Steife der Dämmschicht 10 MN/m 3 und weniger beträgt.<br />

4.3.12 Fenster<br />

Für die Schalldämmung von Fenstern gelten dieselben physikalischen Prinzipien wie<br />

für Einfach- und Doppelwände – vorausgesetzt, dass sie mechanisch dicht<br />

schließen. Insbesondere die relativ hohe Resonanzfrequenz bei Doppelscheiben, der<br />

Koinzidenzeinbruch allgemein, sowie die notwendigen Randeinspannungen machen<br />

sich bei Fenstern besonders nachteilig bemerkbar. Für den Bau hoch<br />

schalldämmender Fenster sind prinzipiell schwere Scheiben und große<br />

Scheibenabstände erforderlich. Bei dünnem Isolierglas mit Scheibenabstand unter<br />

24 mm ist die Dämmung schlechter als die einer Einfachscheibe mit gleichem<br />

Gesamtgewicht. Um eine hohe Schalldämmung von Isolierglasscheiben zu erreichen<br />

sind folgende Konstruktionsmerkmale erforderlich:<br />

• Wahl von mindestens einer Scheibe mit einer hohen flächenbezogenen Masse<br />

(Glasdicke > 6 mm);<br />

• Einsatz unterschiedlich dicker Scheiben (voneinander abweichende<br />

Koinzidenzgrenzfrequenzen der einzelnen Scheiben, so dass dieser Effekt<br />

„verschmiert“ wird);<br />

• Realisierung eines großen Scheibenabstandes (>24 mm= tiefe<br />

Resonanzfrequenz);<br />

• Schwergasfüllung im Scheibenzwischenraum (höhere Schalldämmung<br />

oberhalb der Resonanzfrequenz);<br />

• Verwendung von Verbundsicherheitsglas (Verschiebung der<br />

Koinzidenzgrenzfrequenz der Scheiben zu höheren Frequenzen hin).<br />

Beispiele sind in Tabelle 40, DIN 4109, Beibl.1 zu finden. Im Zusammenhang mit<br />

Fenstern ist auch auf Rolladenkästen zu achten, die Schwachstellen darstellen<br />

können (siehe DIN 4109, Beiblatt 1, Tab. 41).<br />

4.3.13 Doppelfassaden<br />

Eine besondere Rolle spielen moderne Glas-Doppelfassaden (GDF) bezüglich ihrer<br />

Schalldämmung. Vom Prinzip her sind sie doppelschalige Trennelemente mit<br />

erhöhter Schalldämmung gegenüber Einzelschalen, aufgrund ihres Aufbaus ist aber<br />

folgendes zu beachten:


152<br />

Der Schalenabstand ist im allgemeinen viel größer als bei normalen Doppelwänden,<br />

so dass der Luftspalt je nach konstruktivem Aufbau eher als Flachraum betrachtet<br />

werden muss. Der Innengeräuschpegel und damit die Anforderung an eine<br />

Gesamtschalldämmung, ergibt sich dann durch den zweifachen Übergang des<br />

Außenlärms über Außenhaut- Zwischenraum- Innenhaut- Innenraum. Dieser<br />

Zusammenhang ist nicht so leicht in Näherungsformeln zu pressen. Zahlenmäßig<br />

liegt die Erhöhung der Schalldämmung gegenüber einer Einfachfassade eher bei<br />

derjenigen durch eine Vorsatzschale, also in der Größenordnung 15 bis 20 dB.<br />

Lüftungsöffnungen in der Außenscheibe verringern die Schalldämmung, darstellbar<br />

durch ein resultierendes Schalldämmmaß (s. 4.3.16).<br />

Bild 4.29. Einfluss<br />

der Lüftungsöffnung<br />

auf die Innenraum-<br />

Pegelminderung von<br />

Außenlärm durch<br />

Doppelfassaden.<br />

© Verlag<br />

Ernst&Sohn<br />

Bild 4.29 zeigt diesen Einfluss in Form der Schallpegelminderung im Innenraum<br />

bezüglich des Außenlärms. Allerdings werden die theoretischen Pegelminderungen<br />

in der Praxis selten erreicht. Wie die gestrichelte Messkurve aus einem<br />

Prüfstandsversuch zeigt, kann die praktisch erreichbare Schalldämmwirkung<br />

erheblich kleiner sein, ab ca. 16 % Lüftungs-Öffnungsanteil ist hier praktisch keine<br />

Pegelminderung mehr vorhanden. Der dargestellte Pegelminderungsverlauf gilt<br />

prinzipiell nicht nur für GDF, sondern (vgl. rechts oben im Bild) auch für zum Beispiel<br />

transparente "Prallscheiben" vor dem Fenster. Daraus folgt, dass man zum<br />

Lärmschutz nicht unbedingt GDF braucht. Man kann - auch bei einer sich in große<br />

Höhen erstreckenden Hochhausfassade - eine traditionelle Fensterfassade mit<br />

Prallscheiben vorsehen und erreicht damit die gleiche <strong>Schallschutz</strong>wirkung. Der<br />

höhere <strong>Schallschutz</strong> alleine ist deshalb kein Argument für den Einsatz einer GDF.<br />

Die sogenannte „Telefonie“ im GDF-Spalt kann Schall von Stockwerk zu Stockwerk<br />

übertragen, aber auch innerhalb einer Stockwerksebene. Damit erhöht sich der<br />

Innengeräuschpegel unabhängig von der Schalldämmung und die akustische<br />

Intimität von geschlossenen Räumen kann verloren gehen. Dieser Effekt hängt ab<br />

von den Abständen der Innenfensterflächen zueinander und lässt sich durch<br />

Anbringen von Absorberflächen und vertikalen bzw. horizontalen Schotten im Spalt<br />

beeinflussen, was Bild 4.30 veranschaulicht. Eine praktische Lösung wäre das


153<br />

Anbringen von Schalldämpferkulissen an den Schotten, wobei allerdings zu beachten<br />

ist, dass solch eine Maßnahme auch strömungstechnische, thermische und<br />

lichttechnische Nachteile mit sich bringt, weil die Spaltdurchlüftung (insbesondere bei<br />

Horizontalschotten) und der Tageslichteinfall reduziert werden würden. Es sind hier<br />

also immer komplexe Wechselwirkungen zu beachten.<br />

Bild 4.30. Telefonie-Effekt bei GDF- Fassaden. Schallpegeldifferenz zwischen<br />

zwei benachbarten Räumen in Abhängigkeit vom Fensterabstand und von<br />

Schallübertragung durch einen Schacht. © Ernst&Sohn<br />

Ein anderer Effekt ist in diesem Zusammenhang noch erwähnenswert. Wenn die<br />

Außenlärmeinwirkung durch eine Doppelfassade reduziert wird, hat dieses Folgen für<br />

die subjektive Wahrnehmung der Innengeräusche. Man hört den Nachbarn über die<br />

Raumtrennwände hinweg besser als ohne mit der Folge, dass das Schalldämmmaß<br />

der Zwischenwände höher sein muss als ohne GDF, was eine Verteuerung des<br />

Innenausbaus mit sich zieht. Man hat es also hier mit vielen Einflussgrößen zu tun,<br />

die es von Fall zu Fall abzuwägen gilt.<br />

4.3.14 Türen<br />

Einfache Türen sind, wie Fenster, schalltechnische Schwachstellen. Ihre<br />

Schalldämmung lässt sich durch einen doppelschaligen Aufbau erhöhen,<br />

wirkungsvoll aber nur dann, wenn auch der Aufwand an Dichtungskonstruktionen<br />

erhöht wird, insbesondere der Bodenspalt bedarf besonderer Beachtung.<br />

Bild 4.31 fasst in tabellarischer Form einige entscheidende Merkmale zusammen.<br />

Demnach ist es möglich Schalldämmmaße zu erzielen, die praktisch zwischen 22 dB<br />

und 37 dB liegen, mit Spezialkonstruktionen aber auch Werte bis 50 dB erreichbar<br />

sind. Am wirkungsvollsten sind sogenannte Schallschleusen, bei denen es sich um<br />

zwei völlig getrennte im Abstand von mindestens einem Meter angeordnete


154<br />

Einzeltüren handelt, wobei die Laibung des Zwischenraums zusätzlich<br />

schallabsorbierend ausgestattet ist. Solche Lösungen findet man in Konzertsälen und<br />

Studios, die Schalldämmung kann je nach Ausführung über 60 dB liegen.<br />

Die erreichbaren geringeren Schalldämmmaße von Fenstern und Türen im Vergleich<br />

zu Wandkonstruktionen sind aber in normalen Anwendungen deswegen nicht so<br />

gravierend, weil sie meistens in Zusammenwirken mit anderen Bauteilen zu sehen<br />

sind. Das dadurch auftretende resultierende Schalldämmmaß ist nicht nur von den<br />

Einzelmaßen abhängig, sondern auch von den jeweiligen Flächenanteilen der<br />

Bild 4.31. Konstruktionseinflüsse bei Türblättern und kompletten Türen auf das<br />

Schalldämmmaß.© Verlag f. Bauwesen Berlin.<br />

Einzelelemente, wie der Abschnitt weiter unten zeigt. Eine Ausnahme machen<br />

allerdings Fassaden, wenn sie gänzlich aus Glas sind, hier ist es oft notwendig,<br />

spezielles <strong>Schallschutz</strong>glas zu verwenden.<br />

4.3.15 Einfluss von Ausführungsmängeln bei Doppelwänden<br />

Doppelwände können - wenn sie richtig dimensioniert und sorgfältig gebaut sind - bei<br />

relativ niedrigem Gesamtgewicht eine hohe Schalldämmung aufweisen. Es ist


155<br />

allerdings auch möglich, dass ihre Schalldämmung durch Dimensionierungs- oder<br />

Ausführungsfehler ausgesprochen schlecht ist. Es gibt hierfür drei Gründe:<br />

a) Verwendung eines zu dünnen oder zu steifen Zwischenmaterials<br />

(Dimensionierungsfehler), Bild 4.32.<br />

Bild 4.32. Einfluss der Steife der Zwischenschicht auf das Schalldämmmaß einer<br />

doppelschaligen Haustrennwand.<br />

b) Vorhandensein von Schallbrücken (Mörtelbrücken, häufigster Ausführungsfehler).<br />

Da das Wesentliche einer Doppelwand<br />

darin besteht, dass die dem Schall<br />

abgewandte Wand wesentlich weniger<br />

schwingt als die dem Schall<br />

zugewandte, sind starre Verbindungen -<br />

sog. Schallbrücken - für die Dämmung<br />

schädlich.<br />

Sind aus konstruktiven Gründen,<br />

beispielsweise im Trockenausbau,<br />

Verbindungen zwischen den Wänden<br />

unvermeidlich, dann sollten sie elastisch<br />

sein. Als Beispiel sei angegeben, dass<br />

eine Doppelwand aus 12,5 mm<br />

Gipskartonplatten mit 100 mm<br />

Wandabstand folgende bewerteten<br />

Schalldämmmaße hat: vollkommene<br />

Trennung R w = 52dB; Verbindung durch<br />

etwas nachgiebige C-Profile aus<br />

Stahlblech R w = 45 dB; Verbindung<br />

Bild 4.33. Einfache Vorsatzschale auf<br />

Lattenrost mit elastischen Zwischenstreifen<br />

und Hohlraumbedämpfung. © DAL<br />

durch starre Holzständer R w = 37 dB<br />

(Abstand der Verbindungselemente 500<br />

- 600 mm).<br />

Bild 4.33 zeigt, wie man auch mit


156<br />

einfacher, billiger Holzlattung eine wirkungsvolle Vorsatzschale installieren kann<br />

(Verbesserung gegenüber der Einfachwand ca. 15 dB), in dem die Lattung über<br />

elastische Streifen angekoppelt wird. Als elastisch kann ein Verbindungselement<br />

dann gelten, wenn es bei horizontaler Anordnung des Trennelements durch das<br />

Eigengewicht der leichteren Wandschale um mehr als 0,2 mm zusammengedrückt<br />

wird (C-Profile, Σ oder Ω-Bügel etc.). Bei sehr biegeweichen, selten befestigten<br />

Vorsatzschalen sind Schallbrücken weniger gefährlich als bei biegesteifen.<br />

c) Nebenweg- bzw. Flankenübertragung (Konstruktionsfehler). Bild 4.34 zeigt<br />

beispielhaft den Einfluss den eine einschalige Untergeschoßwand auf eine<br />

zweischalige Haustrennwand haben kann. Aufgrund der längeren Übertragungswege<br />

macht sich dieser Effekt im Obergeschoß kaum noch bemerkbar. Dieser Effekt tritt<br />

vergleichbar auf, wenn die Kellerdecke durchlaufend wäre oder aber auch, wenn<br />

Verbindungen über eine Dachkonstruktion vorhanden sind. Allgemein lässt sich<br />

feststellen, dass insbesondere sehr leichte und hoch schalldämmende Doppelwände<br />

wegen der sog. Flankenübertragung häufig nicht zur Wirkung kommen.<br />

Bild 4.34. Einfluss der Schallübertragung durch flankierende Bauelemente.<br />

(a) Schalldämmmaß der Trennwand im Obergeschoß, Rw= 66 dB;<br />

(b) Schalldämmmaß der Trennwand im Erdgeschoß durch Nebenweg über<br />

einschalige Untergeschoßwand deutlich verschlechtert, Rw= 59 dB.<br />

© Fraunhofer IRB Verlag.<br />

4.3.16 Kombination von Bauteilen, resultierendes Schalldämmmaß<br />

In zahlreichen Fällen werden Räume durch zusammengesetzte Bauteile begrenzt.<br />

Typische Kombinationen sind Wand/Tür, Wand/Fenster (Fassade) oder Wand/Schlitz


157<br />

bzw. Loch. Wenn die Schalldämmmaße R W,i der Einzelbauteile und deren Flächen S i<br />

bekannt sind, dann kann man das resultierende Schalldämmmaß der<br />

Gesamtanordnung R Wres , in dB nach folgender Gleichung ermitteln<br />

⎡ n<br />

1<br />

⎤<br />

−Rwi<br />

, / 10<br />

RWres<br />

, =−10log ⎢ ⋅∑Si<br />

⋅10<br />

⎣<br />

S<br />

⎥<br />

ges i=<br />

1<br />

⎦<br />

mit<br />

S ges Gesamtfläche.<br />

Bei Schlitzen und Löchern gilt näherungsweise R W = 0 dB; das heißt, ein Schlitzanteil<br />

von S 1 /S 2 = 1/1000 (bei einem schlecht schließenden Fenster keine Seltenheit)<br />

beschränkt das Schalldämmmaß auf maximal 30 dB. Man denke auch daran, dass<br />

zwischen Fenster- oder Türrahmen und Mauerwerk häufig nur dünne Putzschichten<br />

mit ca. 20 - 30 dB Dämmung und nicht unbeträchtlichen Flächenanteilen vorhanden<br />

sind.<br />

Sucht man im Rahmen einer Planung zum Beispiel für eine Fassade das notwendige<br />

Schalldämmmaß der einzubauenden Fenster R W, Fenster , wenn folgende Daten<br />

vorgegeben sind: Gesamt-Schalldämmmaß R Wres , nebst Gesamtfassadenfläche<br />

S ges , Schalldämmmaß R WWand , und Fläche S Wand der Netto- Wandkonstruktion, sowie<br />

die Fensterfläche S Fenster , muss man obige Gleichung folgendermaßen umformen:<br />

R<br />

W,<br />

Fenster<br />

⎡ 1<br />

RWres<br />

, R ,<br />

=− log ⋅⎛<br />

−<br />

−<br />

10<br />

Sges<br />

⋅ −SWand<br />

⋅<br />

S ⎝<br />

10 10<br />

⎣<br />

⎢<br />

Fenster<br />

/ 10 WWand / 10<br />

⎞⎤<br />

⎠<br />

⎦<br />

⎥<br />

dB.<br />

4.3.17 Nebenweg- bzw. Flankenübertragung<br />

Durch eine Schallquelle in einem Raum wird nicht nur das trennende Element direkt,<br />

sondern es werden mehr oder weniger alle vorhandenen Wände und Decken des<br />

Bauwerks in Schwingungen versetzt. Diese Schwingungen werden als Körperschall<br />

über alle möglichen anderen Übertragungswege- den Nebenwegen- weitergeleitet<br />

und in benachbarte Räume als Luftschall abgestrahlt. Diesen Effekt erfasst man<br />

durch Messungen am realen Bauwerk, er findet eine Berücksichtigung im bereits<br />

erwähnten Bau-Schalldämmmaß, R’ bzw. R’ W . Für die Planung liegt aber diese<br />

Größe nicht vor, das heißt man muss rechnen, dafür findet man in der DIN 4109,<br />

Beibl.1 ausführlich beschriebene Prozeduren, wobei man normalerweise immer nur<br />

zwei benachbarte Räume gleichzeitig betrachtet. Die Schalldämmung der möglichen<br />

einzelnen Nebenwege ist durch das sogenannte Flankendämmmaß R L, i definiert<br />

SWand<br />

RLi , = LpSende − LpEmpfang, i +10 log ,<br />

A<br />

empfang<br />

dieser Ausdruck ist die bereits bekannte, nun verallgemeinerte Formel, die für jeden<br />

Übertragungsweg anwendbar ist, wenn jeweils alle anderen Wege unterdrückt sind.


158<br />

Es bedeuten im einzelnen: i<br />

Nummer des Übertragungsweges, S Wand Fläche<br />

desjenigen Trennelementes, das beiden Räumen gemeinsam ist, L pEmpfang,<br />

i<br />

Schalldruckpegel im Empfangsraum, wenn der Schall nur über den Weg i alleine<br />

übertragen wird.<br />

In Bild 4.9 sind ja die verschieden möglichen Nebenwege (in zwei Dimensionen)<br />

bereits skizziert, wobei der Weg (2) – die Flankenübertragung- in der Praxis der<br />

wichtigste ist, über ihn wird im allgemeinen genauso viel Schall übertragen, wie über<br />

die Wege (3) und (4) gemeinsam. Man beschränkt sich deshalb in drei Dimensionen<br />

meistens auf die maximal vier Flanken. Die Flankenübertragung stellt die obere<br />

Grenze für die zwischen zwei Räumen erreichbare Schalldämmung dar, wenn man<br />

die Schalldämmung des direkten Trennelementes höher und höher treiben würde.<br />

Für den Massivbau mit homogenen Einfachwänden bzw. -decken und den üblichen<br />

starren Verbindungen kann man die i einzelnen bewerteten Flanken-Schalldämm-<br />

Maße R LwRi , , , relativ einfach berechnen (Index R steht für „Rechenwert“)<br />

ST<br />

RLwRi , , , = RFlwi , , + Dvi<br />

, +10log<br />

S<br />

Li ,<br />

mit<br />

R Fl, w, i normales bewertetes Schalldämmmaß des i-ten flankierenden Bauteils ohne<br />

Nebenwege,<br />

S T Fläche des trennenden Bauteils,<br />

S L, i Fläche des i-ten flankierenden Bauteils im Empfangsraum.<br />

D vi , ist das sogenannte Verzweigungsdämmmaß in dB, also die Abnahme der<br />

Körperschallpegel an den Verbindungsstellen zwischen Längs- und Trennbauteil,<br />

Bild 4.35.<br />

Bild 4.35. Erläuterung zum<br />

Begriff des Verzweigungs-<br />

Dämmmaßes bei<br />

Flankenübertragung.<br />

Im Massivbau mit homogenen Einfachwänden bzw. -decken und den üblichen<br />

starren Verbindungen ist D vi , annähernd frequenzunabhängig und nur durch die<br />

Flächengewichte gegeben


159<br />

D<br />

vi ,<br />

m′′<br />

T<br />

= 20log<br />

+ 12<br />

m′′<br />

m′′<br />

T<br />

für ≥ 0.4<br />

m′′<br />

Li , Li ,<br />

m′′<br />

T<br />

Dvi<br />

, = 4 dB für < 0.4<br />

m′′<br />

Li ,<br />

mit<br />

m′′<br />

T flächenbezogene Masse des trennenden Bauteils<br />

m′′<br />

Li , flächenbezogene Masse des i-ten Flankenbauteils.<br />

Somit kann nun das bewertete Gesamtschalldämmmaß R′<br />

wR , als energetische<br />

Summation des nebenwegsfreien Schalldämmmaßes des Trennelementes selber<br />

R wR , und den Schalldämmmaßen der (vier) flankierenden Bauelemente R LwRi , , ,<br />

abschließend berechnet werden zu<br />

⎡ wR<br />

−<br />

4<br />

′, =− 10log⎢10 + ∑10<br />

⎣⎢<br />

i=<br />

1<br />

R , RLwRi<br />

, , ,<br />

−<br />

R<br />

10 10<br />

wR<br />

⎤<br />

⎥ .<br />

⎦⎥<br />

Flankenübertragung kann insbesondere beim Skelettbau mit leichten flankierenden<br />

Wandelementen und komplizierten Abhängigkeiten der Verzweigungsdämmung eine<br />

größere Rolle spielen, hierfür sind in der DIN 4109 und in der DIN 12354<br />

verschiedene modifizierte Berechnungs- und Abschätzverfahren beschrieben.<br />

Bild 4.36, Bild 4.37 und Bild 4.38 zeigen einige Messbeispiele im Zusammenhang<br />

mit Nebenweg bzw. Flankenübertragung. Aufgetragen ist jeweils das<br />

Flankenschalldämmmaß, nicht das Gesamtmaß, über der Frequenz. In Bild 4.38 ist<br />

auch die Wirkung der Nebenwegübertragung bei abgehängten Schallschluckdecken<br />

zu ersehen. In diesem Fall wird der Schall nicht über einer schwingenden Wand<br />

sondern über einen flankierenden Lufthohlraum übertragen, was man beispielsweise<br />

durch Einbringen eines absorbierenden Schottes vermindern kann.<br />

Bild 4.36. Einfluss des Verhältnisses der Flächengewichte Trennwand zu Flankenwand<br />

auf die Flankenübertragung.


160<br />

Bild 4.37. Einfluss der Flankenübertragung über schwimmenden Estrich oder Teppichboden<br />

und Gegenmaßnahme.<br />

Bild 4.38. Flankenübertragung bei einer untergehängten Decke und Maßnahmen zur<br />

Unterdrückung.


161<br />

4.4 Trittschalldämmung<br />

4.4.1 Erläuterung des Begriffs, Definition des Norm-Trittschallpegels<br />

Unter Trittschall versteht man die unmittelbare Körperschallanregung von Decken<br />

durch Tritte, herunterfallende Gegenstände, Stühlerücken, Wasch- und<br />

Spülmaschinen etc..<br />

Bild 4.39. Schematische Darstellung der Trittschallübertragungswege<br />

innerhalb eines Gebäudes.. © Verlag f.<br />

Bauwesen Berlin.<br />

Welche Trittschallübertragungswege<br />

in Gebäuden<br />

möglich sind zeigt Bild 4.39,<br />

wie man sieht ist Trittschall<br />

nicht nur für mehrgeschossige<br />

Gebäude von Stockwerk<br />

zu Stockwerk relevant, wo<br />

eine Ausbreitung in der<br />

Vertikalen und Diagonalen<br />

auftreten kann, sondern<br />

ebenso auch bei<br />

nebeneinander liegenden<br />

Räumen in der Horizontalen.<br />

Neben dem direkten<br />

Trittschall über eine<br />

Trenndecke, sind, ähnlich<br />

wie bei der Luftschallübertragung,<br />

zahlreiche<br />

Nebenwege möglich.<br />

Die Stärke vom Trittschall<br />

wird charakterisiert durch<br />

den sog. Normtrittschallpegel<br />

L n in dB. Es handelt sich<br />

dabei um den mittleren<br />

Schalldruckpegel im bauakustischen Terzfrequenzbereich in einem Empfangsraum,<br />

der, wegen der Vergleichbarkeit, von einer genormten Maschine, dem<br />

Trittschallhammerwerk oder auch „Normtrampler“, auf einer Senderaumdecke<br />

erzeugt wird, Bild 4.40. Damit das Ergebnis von den jeweiligen raumakustischen<br />

Eigenschaften des Empfangsraumes unabhängig ist, wird der Schallpegel auf eine<br />

Bezugs-Absorptionsfläche umgerechnet<br />

AE<br />

Ln<br />

= LpE<br />

+10log<br />

Ao<br />

mit<br />

L pE Örtlich und zeitlich gemittelter Schalldruckpegel im Empfangsraum bei<br />

Hammerwerkanregung der untersuchten Decke in dB,<br />

A E äquivalente Schallabsorptionsfläche des Empfangsraums in m 2 , bestimmbar aus<br />

der Nachhallzeit (SABINE),<br />

A o Bezugsabsorptionsfläche, im allgemeinen 10 m 2 , bei Klassenzimmern in Schulen<br />

25 m 2 .


162<br />

Bild 4.40.<br />

Anregung einer<br />

Trenndecke mit<br />

einem Norm-<br />

Hammerwerk<br />

(H) zur<br />

Bestimmung des<br />

Norm-<br />

Trittschallpegels<br />

(schematisch)<br />

© Springer<br />

Verlag<br />

Da es sich bei L n um einen absoluten Pegel handelt, ist, im Gegensatz zum relativen<br />

Luftschalldämmmaß, der Trittschallschutz umso besser, je niedriger (!) der Norm-<br />

Trittschallpegel ist.<br />

Wenn an der Trittschallübertragung, wie am Bau üblich, auch Flankenwege beteiligt<br />

sind, wird der Norm-Trittschallpegel analog zur Verfahrensweise bei der<br />

Luftschalldämmung als L′<br />

n gekennzeichnet. Daneben wird manchmal ein Standard-<br />

Trittschallpegel L′<br />

nT verwendet<br />

To<br />

L′ nT = LpE<br />

+ 10log<br />

TE<br />

mit<br />

T E Nachhallzeit im Empfangsraum in sec<br />

T o Bezugsnachhallzeit, für Wohnräume 0,5 sec.<br />

Zwischen den Größen besteht folgender Zusammenhang<br />

V<br />

L′ nT = L′ n −10log<br />

30<br />

mit<br />

V Volumen des Empfangsraumes in m 3 .<br />

Rohdecken besitzen eine unzureichende Trittschalldämmung und bedürfen daher<br />

immer einer Verbesserung durch eine Deckenauflage, wie beispielsweise<br />

schwimmende Estriche und/oder weiche Bodenbeläge, etwa Teppichböden. Die<br />

Verbesserung der Trittschalldämmung kann allgemein als Differenz der Norm-<br />

Trittschallpegel einer Decke ohne L n,0 und mit Deckenauflage L n über den<br />

bauakustischen Terz-Frequenzbereich angegeben werden<br />

∆L= L −L<br />

n, 0( ohne) n( mit)<br />

und heißt dann Trittschallminderung ∆L in dB. Diese Größe ist kennzeichnend für die<br />

trittschallmindernde Wirkung einer Deckenauflage. Im Prüfständen wird die


163<br />

Trittschallminderung von Deckenauflagen an einer homogenen Stahlbetondecke mit<br />

einer Dicke von 130 ± 30 mm (vorzugsweise 140 mm) gemessen. Wie Messungen<br />

belegen, hängt die Trittschallminderung von Deckenauflagen bei bauüblichen<br />

Massivdecken nur wenig vom Rohdeckenaufbau ab, das gilt nicht für die im<br />

folgenden Abschnitt beschriebenen Einzahlwerte. Auch die Flankenübertragung und<br />

die Übertragungsrichtung (vertikal oder horizontal) haben erfahrungsgemäß nur<br />

geringen Einfluss. Dies gilt strenggenommen allerdings nur für einschalige Decken.<br />

Beim Vorhandensein von Unterdecken kann die Trittschallminderung von<br />

schwimmenden Estrichen in vertikaler Richtung um bis zu etwa 3 dB niedriger<br />

ausfallen. Die annähernde Invarianz der Trittschallminderung von Deckenauflagen<br />

gegenüber dem Aufbau der Rohdecke bildet die grundlegende Voraussetzung für die<br />

rechnerische Vorhersage der Trittschalldämmung in Massivbauten nach DIN 4109<br />

und bei dem Berechnungsverfahren nach DIN 12 354-2.<br />

Alle bis hier beschriebenen Trittschallgrößen sind frequenzabhängig und<br />

entsprechend über den bauakustischen Terz-Frequenzbereich darzustellen.<br />

4.4.2 Bewerteter Normtrittschallpegel<br />

Um eine Einzahlangabe, analog zur Luftschalldämmung, auch für den<br />

Trittschallschutz zu erhalten, wird der frequenzabhängige Norm-Trittschallpegel (oder<br />

Standard-Trittschallpegel) mit einer Bezugskurve verglichen, Bild 4.41. Zur Bildung<br />

des bewerteten Norm-Trittschallpegels L n, w bzw. L′<br />

n, w oder des bewerteten Standard-<br />

Trittschallpegels L′<br />

nT, w , wird nun diese Bezugskurve so weit verschoben, bis die<br />

mittlere Überschreitung 2 dB nicht übersteigt. Der bewertete Norm- oder Standard-<br />

Trittschallpegel ist der Wert der verschobenen Bezugskurve bei 500 Hz.<br />

Um ein Gefühl für die Größenordnungen zu bekommen: bei einem L′<br />

n, w von mehr als<br />

53 dB sind Gehgeräusche (in festen Schuhen) normalerweise noch zu hören, bei L′<br />

n,<br />

w<br />

< 43 dB ist das nur noch wenig der Fall.<br />

Bild 4.41. Bestimmung des<br />

bewerteten Norm-<br />

Trittschallpegels (hier 52 dB) aus<br />

dem frequenzabhängigen Norm-<br />

Trittschallpegel (M) mit Hilfe<br />

einer Bezugskurve (B, Bv).


164<br />

4.4.3 Bewertete Trittschallminderung<br />

Man kann in Umkehrung der oben angegebenen Gleichung den Trittschallpegel einer<br />

Fertigdecke (Rohdecke mit Deckenauflage) bestimmen, indem man die bekannte<br />

Trittschallminderung einer Deckenauflage vom Norm-Trittschallpegel einer Rohdecke<br />

subtrahiert<br />

Ln<br />

= Ln,0 −∆ L .<br />

Dieses muss aber frequenzabhängig (!) erfolgen, es ist leicht einzusehen, dass<br />

dieser Vorgang nicht auf Einzahlangaben anwendbar ist, da die Deckenauflage nicht<br />

nur den Gesamtpegel, sondern aufgrund ihrer frequenzabhängigen Wirkung auch<br />

das Frequenzspektrum des Trittschalls verändert, so dass die Verminderung des<br />

bewerteten Norm-Trittschallpegels abhängig vom Frequenzspektrum der Rohdecke<br />

unterschiedlich groß ausfallen kann.<br />

Um dennoch eine einheitliche Vorherberechnung der Trittschalldämmung anhand<br />

von Einzahlangaben zu ermöglichen, wurden eine Bezugsdecke (genauer gesagt<br />

eine Bezugs-Rohdecke) und eine Bezugs-Deckenauflage in die Normung eingeführt,<br />

deren akustische Eigenschaften das idealisierte Verhalten typischer praxisüblicher<br />

Bauteile repräsentieren, zu diesen Bezugsbauteilen gehören die Begriffe Norm-<br />

Trittschallpegel der Bezugsdecke L nr ,,0 und Trittschallminderung der Bezugs-<br />

Deckenauflage ∆L r .<br />

Die bewertete Trittschallminderung ∆L w in dB wird nun mit Hilfe des bewerteten<br />

Norm-Trittschallpegels der Bezugs-Rohdecke L nr ,,, 0 w in folgender Form bestimmt<br />

∆Lw = Lnr ,,, 0 w− Lnr ,, w = 78 −Lnr ,, w .<br />

L nrw ,, ist nun der bewertete Trittschallpegel einer fiktiven Fertigdecke, der sich ergibt,<br />

wenn man die zuvor bestimmte frequenzabhängige Trittschallminderung ∆L von der<br />

Frequenzkurve des vorgegebenen Trittschallpegels der Bezugsdecke L nr ,,0<br />

subtrahiert Lnr<br />

, = Lnr<br />

, , 0 −∆ L und die normale Normkurve von Bild 4.41 anwendet. Diese<br />

Zusammenhänge sind zum besseren Verständnis noch einmal in Bild 4.42<br />

dargestellt.<br />

Bild 4.42.<br />

Ermittlung der<br />

bewerteten<br />

Trittschall-<br />

Minderung einer<br />

Deckenauflage.<br />

© Verlag f.<br />

Bauwesen Berlin


165<br />

4.4.4 Äquivalenter bewerteter Norm-Trittschallpegel<br />

Um nun auch den bewerteten Norm-Trittschallpegel von Fertigdecken in der<br />

Planungsphase mit Hilfe der bewerteten Trittschallminderung berechnen zu können,<br />

benötigt man für eine beliebige Rohdecke eine weitere normierte Größe, den<br />

sogenannten äquivalenten bewerteten Norm-Trittschallpegel L neq , , 0 , w . Dieser ist<br />

folgendermaßen definiert: zunächst wird die genormte Trittschallminderung ∆L r der<br />

Bezugs-Deckenauflage terzweise vom bekannten Normtrittschallpegel L n,0 einer<br />

interessierenden Rohdecke abgezogen<br />

Lnx , = Ln,<br />

0 −∆ Lr<br />

.<br />

Man erhält damit den Norm-Trittschallpegel L nx , einer gedachten, aus der geprüften<br />

Rohdecke und der Bezugs-Deckenauflage bestehenden Fertigdecke. Daraus bildet<br />

man nun ganz normal den bewerteten Norm-Trittschallpegel L nxw , , . Der äquivalente<br />

bewertete Normtrittschallpegel ergibt sich, wenn nun zu diesem L nxw , , der Fertigdecke<br />

die bewertete Trittschallminderung ∆L r der Bezugs-Deckenauflage addiert wird<br />

Lneq , , 0, w = Lnxw , , + ∆ Lrw , = Lnxw<br />

, , + 19 .<br />

Sind der äquivalente bewertete Norm-Trittschallpegel einer Rohdecke und die<br />

bewertete Trittschallminderung einer Deckenauflage bekannt, beispielsweise aus<br />

Regelwerken, so lässt sich daraus der bewertete Norm-Trittschallpegel L′<br />

nwR , , der aus<br />

diesen Bauteilen errichteten Fertigdecke nach DIN 4109 als Einzahlwert abschätzen<br />

(Index R steht für theoretische Größe (Rechenwert))<br />

L′ nwR , , = Lneq , , 0, wR , −∆ LwR<br />

, .<br />

Andererseits kann man für jede Massivdecke mit bekanntem äquivalenten<br />

bewerteten Norm-Trittschallpegel eine Deckenauflage nach deren ∆L wR , auswählen,<br />

so dass Anforderungen an den maximal zulässigen Trittschallpegel erfüllt werden<br />

können. Ferner muss man unbedingt noch beachten, dass die Norm DIN 4109<br />

vorschreibt, dass der errechnete Wert von L′<br />

nwR , , mindestens 2dB niedriger sein<br />

muss, als die in DIN 4109 genannten Anforderungen (sog. Vorhaltemaß). Liegt der<br />

zu schützende Raum nicht unmittelbar unter der betrachteten Decke, sondern schräg<br />

darunter (zum Beispiel Wohnraum schräg unter einem Bad), dann dürfen von dem<br />

berechneten L′<br />

nwR , , 5dB abgezogen werden, sofern die zugehörigen Trennwände<br />

ober- und unterhalb der Decke eine flächenbezogene Masse von ≥150kg/m 2 haben.<br />

Für weitere Raumanordnungen sind Korrekturwerte angegeben.<br />

Das beschriebene Prozedere erscheint im ersten Moment umständlich zu sein, ist<br />

aber aus den genannten Gründen der Vergleichbarkeit von Bauteilen mit ihren<br />

Einzahlwerten unerlässlich. Die Berechnung beruht, um das noch einmal zusammen<br />

zu fassen, im Grundsatz auf folgender Vorgehensweise: Zu dem geprüften Bauteil<br />

(Deckenauflage oder Rohdecke) wird ein genormtes Bezugsbauteil (Bezugsdecke<br />

oder Bezugs-Deckenauflage) hinzugefügt, so dass eine gedachte Fertigdecke<br />

entsteht. Der bewertete Norm-Trittschallpegel dieser Fertigdecke wird berechnet.


166<br />

Anschließend wird das verwendete Bezugsbauteil wieder entfernt, was sich<br />

rechnerisch in einer Addition oder Subtraktion der entsprechenden Einzahlangabe<br />

äußert. Auf diese Weise wird erreicht, dass sich die berechneten Einzahlangaben auf<br />

eine einheitliche, praxistypische Bausituation beziehen und dass die anhand der<br />

Einzahlangaben berechnete Trittschalldämmung auf eben diese Bausituation<br />

zugeschnitten ist.<br />

4.4.5 Spektrum- Anpassungswerte<br />

Ähnlich wie bei der Luftschalldämmung wird auch bezüglich der Bewertung der<br />

Trittschalldämmung die Kritik geäußert, dass die Bezugskurve die<br />

Trittschalldämmung nicht ihrer tatsächlichen Störwirkung gemäß, sondern bei tiefen<br />

Frequenzen zu gering, bei hohen Frequenzen dagegen zu stark bewertet. So werden<br />

zum Beispiel Holzfußböden mit hohen Trittschallpegeln bei niedrigen Frequenzen<br />

(manchmal sogar mit starken Spitzen) offensichtlich zu gut eingestuft. Sinnvoll wäre<br />

die Anwendung von speziellen, den Beanspruchungen besser angepassten<br />

Bezugskurven oder die Benutzung modifizierter Norm-Hammerwerke (Versuche<br />

existieren mit geeigneten elastischen Belägen der Hammer oder die Verwendung<br />

herabfallender Autoreifen oder Gummibälle). Als Kompromisslösung wird zur<br />

Verbesserung der Bewertung auch hier ein Spektrum- Anpassungswert C, für Gehen<br />

eingeführt, bisher aber zur Anwendung nur empfohlen (DIN EN ISO 717-2).<br />

4.4.6 Ausführungsbeispiele<br />

Bild 4.43 zeigt abschließend einige Beispiele für die definierten Trittschallgrößen<br />

sowie das bewertete Schalldämmmaß R w für Massivdecken. In Bild 4.44 und Bild<br />

4.45 findet man Ausführungsbeispiele für Holzbalkendecken. Bei Holzbalkendecken<br />

besteht eine sehr große Spannweite, hinsichtlich des Trittschallschutzes und wegen<br />

der fehlenden Massen ist der Aufwand eine gute Dämmung zu erreichen oft sehr<br />

groß. Schwere Decken mit massiven Balken und mehrlagigem Fußboden- bzw.<br />

Unterdeckenaufbau haben einen ausreichenden bis guten Trittschallschutz (sind<br />

aber oft nicht so gut wie ihr Ruf). Leichte Decken mit Balken, die gerade den<br />

Anforderungen der Statik genügen, können bei starr befestigtem Fußboden und<br />

Unterdecke sehr laut sein.


167<br />

Bild 4.43. Beispiele Luftund<br />

Trittschalldämmung von<br />

Massiv- Rohdecken (ohne<br />

Auflagen)<br />

Bild 4.44. Beispiele von<br />

Schalldämmdaten von<br />

Holzbalken-Decken.


168<br />

Bild 4.45. Verbesserung des<br />

Trittschallschutzes von<br />

Holzbalken-Decken durch<br />

Unterdecken verschiedener<br />

Anbringungsarten.<br />

In Bild 4.46 sind bewertete Trittschallminderungspegel (Rechenwerte) für<br />

verschiedene Deckenauflagen angegeben (siehe auch DIN 4109, Beibl. 1). Bild 4.47<br />

zeigt den fachgerechten Aufbau nebst Wandanschluss schwimmender Estriche,<br />

bestehend aus einer weichen Dämmschicht, einer Feuchtigkeitssperre und einem<br />

Estrich aus Zement, Asphalt etc.. Schalltechnisch betrachtet ist ein schwimmender<br />

Estrich eine Vorsatzschale, das heißt, es existiert eine Tonpilzresonanz, die<br />

möglichst tief sein soll. Daraus folgt, dass die Dämmschicht möglichst weich und der<br />

Estrich schwer sein sollte. Einige Beispiele von dynamischen flächenbezogenen<br />

Steifigkeiten sind:<br />

Glas- oder Steinwolle 10mm dick: s' ≈ 20 MN/m 3<br />

Kokosfaser 10 mm dick; s' ≈ 27 MN/m 3<br />

Schaumstoff 10mm dick: s' ≈ 20-200 MN/m 3<br />

Korkschrot 10mm dick: s' ≈ 100 MN/m 3 .<br />

Auch mit weichen Bodenbelägen, wie beispielsweise mit Teppichen alleine, ließen<br />

sich relativ hohe Trittschallminderungen erreichen. Da der auftreffende Hammer und<br />

der elastische Belag als Masse-Feder-System wirken, ergibt sich ein ähnlicher<br />

Frequenzverlauf wie bei schwimmenden Estrichen, wobei die Resonanzfrequenz<br />

jedoch im allgemeinen höher liegt. Nach DIN 4109 dürfen aber weiche Bodenbeläge<br />

beim Nachweis der Trittschalldämmung in Wohngebäuden nicht voll und nur in


169<br />

Bild 4.46.<br />

Bewertete<br />

Trittschall-<br />

Verbesserungsmaße<br />

für<br />

schwimmende<br />

Deckenauflagen<br />

(Estriche).<br />

© Beuth Verlag<br />

Bild 4.47.<br />

Ausführungsbeispiele<br />

für<br />

fachgerechten<br />

schwimmenden<br />

Estrich incl.<br />

Wandanschluss.<br />

Verbindung mit einem schwimmenden Estrich angerechnet werden, da ein späterer<br />

Austausch der Beläge zu <strong>Schallschutz</strong>mängeln führen könnte. Außerdem ist zu


170<br />

beachten, dass solche Art von Bodenbeläge im Gegensatz zu schwimmenden<br />

Estrichen nur die Trittschalldämmung, nicht aber die Luftschalldämmung verbessern.<br />

4.4.7 Holzbalkendecken und Trittschallminderung<br />

Obwohl der Norm-Trittschallpegel für alle Arten von Decken, das heißt sowohl für<br />

Massiv- als auch für Holzdecken, in gleicher Weise bestimmbar ist- ist die<br />

einheitliche Anwendung der bewerteten Trittschallminderung für Deckenauflagen auf<br />

Holzbalkendecken ungeeignet. Gleichartige Deckenauflagen, insbesondere<br />

schwimmende Estriche, bewirken hier unterschiedliche Trittschallminderungen. Im<br />

allgemeinen sind diese bei hohen Frequenzen geringer. Für eine holzbaubezogene<br />

bewertete Trittschallminderung gibt es noch keine genormte Definition. In Analogie ist<br />

vorgeschlagen worden, sie unter Bezug auf den schematisierten Frequenzverlauf<br />

des Norm-Trittschallpegels einer üblichen Holzbalkendecke zu bilden.<br />

4.4.8 Ausführungsmängel<br />

Die im Zusammenhang mit Doppelwänden bereits erwähnten Schallbrücken wirken<br />

sich beim Trittschallschutz verheerender aus als beim Luftschallschutz, siehe Bild<br />

4.48 und zählen zu den Hauptausführungsmängeln beim Trittschallschutz.<br />

Bild 4.48.<br />

Einfluss von<br />

Schall-Brücken<br />

auf den Norm-<br />

Trittschallpegel


171<br />

Die in der Praxis häufigsten Schallbrücken bei schwimmenden Estrichen sind<br />

fehlende oder schlampig verlegte Deckenrandstreifen und Rohrdurchführungen in<br />

Böden, sowie durchgedrückte Mörtelbrücken. Man beachte, dass auch zwischen<br />

übereinanderliegenden Bädern und zwischen Bädern und schräg darunterliegenden<br />

Wohnräumen ein ausreichender Trittschallschutz gewährleistet sein muss.<br />

Untergehängte Decken haben nicht die trittschalldämmende Wirkung eines<br />

,,umgekehrten schwimmenden Estrichs“, weil der Trittschall, der in die Decke<br />

eingeleitet wird, oft auf die flankierenden Wände übertragen und von dort abgestrahlt<br />

wird. Die Verbesserung des Trittschallschutzes kann, im Widerspruch zu Bild 4.44,<br />

somit gering sein; man sollte daher in solchen Fällen immer mindestens einen<br />

weichen Gehbelag mit ∆L wR , > 20 dB vorsehen.<br />

4.4.9 Nebenwegs- bzw. Flankenübertragung<br />

(Einfluss verschiedener Übertragungswege)<br />

Da es sich beim Trittschall um eine Form der Körperschallanregung handelt,<br />

kommen von den für die Luftschallübertragung genannten Nebenwegen praktisch<br />

nur die Flankenwege in Betracht. Dabei ist im Falle der Trittschallübertragung von<br />

einer Decke in den direkt darunter gelegenen Raum, der Beitrag der Flankenwege<br />

natürlich gering. Nur dann, wenn die flankierenden Wände im Vergleich zur Decke im<br />

Mittel sehr leicht sind (Massenverhältnis etwa < 3), ist durch Flankenwegübertragung<br />

mit einem merklichen Beitrag von etwa 3 bis 4 dB zum Trittschallpegel zu rechnen.<br />

Probleme der Trittschallübertragung kann es aber nicht nur in vertikaler, sondern<br />

auch in horizontaler oder diagonaler Übertragungsrichtung geben. Das ist<br />

insbesondere bei der Trittschallanregung von Treppenläufen, Treppenpodesten,<br />

Fluren, Verteilergängen u. ä. der Fall. Hier ist der Einfluss der Bauteilverzweigungen<br />

auf die Flankenübertragung bedeutungsvoll. Näherungsweise kann man damit<br />

rechnen, dass der in einem horizontal oder diagonal angrenzenden Raum<br />

hervorgerufene Trittschallpegel im Vergleich zur vertikalen Übertragung um die auf<br />

Bild 4.49 dargestellte Schnellepegeldifferenz vermindert ist.<br />

Bild 4.49. Schnellepegel-<br />

Minderungen beim Übergang über<br />

verschiedene Bauteilverzweigungen<br />

in Abhängigkeit vom jeweiligen<br />

Masseverhältnis. © Verlag f.<br />

Bauwesen Berlin


172<br />

Maßnahmen zur Trittschallminderung (in der Regel Deckenauflagen) können<br />

entsprechend niedriger dimensioniert werden. Bei diagonaler Trittschallübertragung<br />

ist auch eine im Empfangsraum angeordnete Unterdecke ein wirksamer<br />

Trittschallschutz. Wie beim Luftschall werden bei der Trittschallübertragung ebenfalls<br />

zunehmend Berechnungsmethoden in das internationale Normenwerk eingeführt, die<br />

es ermöglichen, den Einfluss des direkten Weges und der Flankenwege einzeln zu<br />

erfassen und zusammenzufügen (DIN EN 12354-2).<br />

4.4.10 Treppen<br />

Der für Treppen sinnvollerweise geforderte Trittschallschutz bereitet manchmal<br />

Schwierigkeiten, weil weiche Gehbeläge vom Standpunkt der Hygiene und des<br />

Brandschutzes abgelehnt werden. Um trotzdem einen ausreichenden<br />

Trittschallschutz zu gewährleisten, sind folgende Punkte zu beachten:<br />

• Schutzbedürftige Räume wie Schlafzimmer, Kinderzimmer, etc. nicht<br />

unmittelbar neben das Treppenhaus anordnen<br />

• falls möglich Treppenstufen nicht direkt in Wohnungswänden verankern<br />

• Trittplatten/Stellplatten oder Winkelstufen schwimmend (d.h. auf elastischen<br />

Schichten) verlegen<br />

• Fertigtreppen unter Zwischenlagen von gelochten bzw. gerippten<br />

Gummimatten elastisch aufstellen, siehe Beispiel Bild 4.50.<br />

Bild 4.50. Trittschallschutz von Treppen.


173<br />

4.5 Haustechnische Anlagen<br />

Für den <strong>Schallschutz</strong> relevante haustechnische Anlagen sind:<br />

• Wasserinstallationen<br />

• Heizungen<br />

• Aufzüge<br />

• Müllschlucker<br />

• Abluftschächte<br />

• Klima- oder Belüftungsanlagen, etc..<br />

Die von diesen Einrichtungen erzeugten Schallpegel dürfen nach DIN 4109 im<br />

nächstgelegenen fremden Wohn- bzw. Schlafraum nicht mehr als 30 dB(A), in<br />

Unterrichts- und Arbeitsräumen maximal 35 dB(A) erzeugen. Das heißt, hier wird<br />

kein bestimmtes Dämmmaß wie beim Luft- und Trittschallschutz vorgegeben,<br />

sondern nur ein einfacher A-bewerteter Schalldruckpegel, wobei es sich hier um das<br />

Kurzzeitgeräusch (keine Mittelung) ohne die Berücksichtigung einzelner<br />

Geräuschspitzen handelt. Um 5 - 10 dB(A) niedrigere Grenzwerte als in DIN 4109<br />

sind in der VDI Richtlinie 4100 für die <strong>Schallschutz</strong>klassen II und III genannt, sie<br />

sollten zumindest für Wohnungen mit erhöhten Ansprüchen eingehalten werden. Da<br />

es im Planungsstadium oft schwer abschätzbar ist, wie die Einhaltung dieser<br />

Anforderungen gewährleistet werden kann, weil die Anregung und Ausbreitung<br />

dieser Art von Geräuschen in einem Bauwerk sehr kompliziert ist, sollten einige<br />

Grundsätze eingehalten werden, um Störungen durch haustechnische Anlagen zu<br />

vermeiden:<br />

• Einschalige Wände an oder in denen Armaturen oder Wasserinstallationen<br />

einschließlich Abwasserleitungen montiert sind, müssen eine<br />

flächenbezogene Masse von mindestens 220 kg/m 2 haben.<br />

• Alternativ geräuscharme Armaturen und Anlagen benutzen, bei<br />

Wasserinstallationen sind das Armaturen der Gruppe 1, die unter definierten<br />

Laborbedingungen weniger als 20 dB(A) erzeugen, während normale<br />

Armaturen 10 dB(A) lauter sind.<br />

• Grundrisse so planen, dass der räumliche Abstand zwischen haustechnischen<br />

Anlagen und schutzbedürftigen Räumen möglichst groß ist (keine Armatur an<br />

Schlafzimmerwand des Nachbarn !), Bild 4.7 zeigt bezüglich des<br />

<strong>Schallschutz</strong>es günstige Grundrisse.<br />

• Zur Entkopplung von Körperschallanregung elastische Zwischenlagen<br />

verwenden, Beispiele siehe Bild 4.51.<br />

• Möglicherweise gesamte Sanitärinstallation auf eine extra Wand entkoppelt<br />

vom übrigen Bauwerk montieren, sogenannnte Vorwandinstallation<br />

(insbesondere beim Trockenausbau).<br />

• Abluftschächte für jede Wohnung getrennt anordnen oder mit Schalldämpfern<br />

versehen.<br />

• Aggregate wie Fahrstuhlmotoren, Ventilatoren oder Pumpen elastisch lagern,<br />

damit wird der ins Bauwerk eingeleitete Körperschall vermindert. Aufgepasst<br />

werden muss dabei aber, weil die Hauptübertragung manchmal auch direkt<br />

über den Luftschall erfolgen kann, was die Bemühungen der<br />

Körperschallisolierung zum Teil wieder aufhebt, BildxxRVLVDI4100. In<br />

solchen Fällen müsste das Aggregat gekapselt und gegebenenfalls elastisch<br />

gelagert werden.


174<br />

Bild 4.51. Beispiele<br />

von elastischen<br />

Zwischenlagen zur<br />

Entkopplung von<br />

Geräuschen der<br />

Wasserinstallation<br />

vom Bauwerk.<br />

Bei großen haustechnischen Anlagen, wie Notstromdiesel oder dieselbetriebene<br />

Wärmepumpen empfiehlt es sich, diese Aggregate vom Wohngebäude, Krankenhaus<br />

etc. baulich zu trennen; außerdem sollte man die Unterstützung von Spezialfirmen<br />

und/oder erfahrenen Beratern hinzuziehen.<br />

Ausgewählte ergänzende Literatur<br />

AMMON, J. 1992: Zeitgemäße Sanitärinstallation. Möglichkeiten und Grenzen des<br />

<strong>Schallschutz</strong>es. Zeitschrift für Lärmbekämpfung 39, S. 158- 164.<br />

GERTIS, K. 1999: Sind neuere Fassadenentwicklungen bauphysikalisch sinnvoll?<br />

Teil2: Glas-Doppelfassaden (GDF). Bauphysik 21, H. 2, S. 54- 66.<br />

KÖTZ, W.D. 1998: Zur Berechnung der erforderlichen Schalldämmung bei Räumen<br />

mit mehreren Außenwänden. Zeitschrift für Lärmbekämpfung, Jg. 45. H. 2, S. 73- 76.<br />

LIPS, W. 1999: Lärmbekämpfung in der Haustechnik. Kontakt & Studium Band 594,<br />

Expert Verlag.<br />

LUTZ, P. 1992: Schalldämmung und Schalllängsleitung von Steildächern. WKSB 31,<br />

S. 16- 21<br />

SCHOLL, W. 2001: Impact Sound Insulation: The Standard Tapping Machine Shall<br />

Learn to Walk. Building Acoustics Vol. 8, No 4, S. 245- 256.<br />

Veit, I. 1998: Bauakustik. Kontakt & Studium Band 569, Expert Verlag.<br />

WEBER, L., KOCH, S. 1999: Anwendung von Spektrum- Anpassungswerten.<br />

Bauphysik 21, H. 4, S. 3- 6 und H. 6, S.7-11.<br />

Zentralverband Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (ZVSHK) 2002: Merkblatt zum<br />

<strong>Schallschutz</strong>.


175<br />

4.6 <strong>Schallschutz</strong>planung<br />

4.6.1 Regelwerke, Grundlagen<br />

4.6.1.1 DIN 4109 „<strong>Schallschutz</strong> im Hochbau“<br />

Der <strong>Schallschutz</strong> hat, wie bereits erwähnt, die Aufgabe Menschen in ihren<br />

Aufenthaltsräumen vor unerwünschten, unzumutbaren Belästigungen durch fremde<br />

Geräusche zu schützen. Für alle an der Bauplanung und Bauausführung Beteiligten<br />

ist die Anforderungs - und Bewertungsgrundlage für baulichen <strong>Schallschutz</strong> die als<br />

<strong>Technische</strong> Baubestimmung baurechtlich eingeführte Norm DIN 4109 - <strong>Schallschutz</strong><br />

im Hochbau Ausgabe November1989, neben dem ebenfalls als <strong>Technische</strong><br />

Baubestimmung eingeführten Beiblatt 1 der DIN 4109. Diese DIN 4109 ist in erster<br />

Linie ein Instrument des Bauordnungsrechts, das der Gefahrenabwehr dienen soll.<br />

Da das Bauordnungsrecht nach dem ,,Grundsatz der Verhältnismäßigkeit" stets vom<br />

“Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs" ausgeht, enthält die DIN 4109 lediglich<br />

rechtlich bindende Mindest-Anforderungen an den <strong>Schallschutz</strong> zur Vermeidung von<br />

Gesundheitsgefahren. Werden die in der DIN 4109 aufgeführten Grundsätze und<br />

Ausführungsanweisungen beachtet, ist der nach dem Bauordnungsrecht geschuldete<br />

Mindestschallschutz eingehalten. So soll sichergestellt werden, dass Menschen, die<br />

sich in üblichen Wohn- und Arbeitsräumen innerhalb von Gebäuden aufhalten, vor<br />

unzumutbaren Belästigungen durch Schallübertragung geschützt werden. Dies<br />

bedeutet aber nicht, dass bei Einhaltung der Anforderungen keine Belästigungen<br />

mehr auftreten können. Geräusche aus benachbarten Räumen oder von außen<br />

können immer noch wahrgenommen werden. Nach der Diktion der DIN 4109 ergibt<br />

sich daraus die Notwendigkeit zu gegenseitiger Rücksichtnahme durch Vermeiden<br />

unnötigen Lärms. Der staatlich festgelegte Mindestschallschutz zwischen<br />

Wohnungen bildet somit auf einer Skala möglicher <strong>Schallschutz</strong>qualitätsniveaus das<br />

untere Ende. Ein Unterschreiten ist unzulässig. Der Gesetzgeber hat aber auch<br />

Möglichkeiten zu höheren Anforderungen oder zum <strong>Schallschutz</strong> im eigenen Bereich<br />

in Form von Empfehlungen offen gehalten (DIN 4109, Beiblatt 2).<br />

4.6.1.2 VDI 4100 - Vorschläge für einen erhöhten <strong>Schallschutz</strong> in Wohnungen<br />

Häuser und Wohnungen mit erhöhtem Wohnstandard suggerieren Mietern bzw.<br />

Käufern, dass die Wohnobjekte über einen erhöhten <strong>Schallschutz</strong> verfügen. Oftmals<br />

möchten Bauherren jedoch lediglich die Mindest-<strong>Schallschutz</strong>anforderungen nach<br />

DIN 4109 erfüllen. Die Mieter beziehungsweise Käufer erwarten aber in Anbetracht<br />

des übrigen hohen Komforts und des entsprechenden Preises einen verbesserten<br />

<strong>Schallschutz</strong>. Werden zwischen den Parteien im Vorfeld keine besonderen<br />

Vereinbarungen bezüglich des <strong>Schallschutz</strong>es getroffen, stehen sich die Beteiligten<br />

meist alsbald vor Gericht gegenüber. Und Richter haben in der Vergangenheit<br />

regelmäßig entschieden, dass sich das Niveau des geschuldeten <strong>Schallschutz</strong>es an<br />

den durch die Baubeschreibung erweckten Erwartungen zu orientieren hat.<br />

Bauherren verlangen daher nach eindeutig definierten Kriterien, damit sie in ihren<br />

Wohnungen angemessenen <strong>Schallschutz</strong> realisieren können. Es werden also<br />

<strong>Schallschutz</strong>anforderungen für Wohnungen benötigt, die über den Mindeststandard<br />

des Gesundheitsschutzes hinausgehen und anhand derer erst erhöhte Wohnqualität<br />

klassifiziert werden kann. Bereits 1994 veröffentlichte der Verein Deutscher<br />

Ingenieure die vom Normenausschuss <strong>Akustik</strong>, Lärmminderung und<br />

Schwingungstechnik (NALS) im DIN und VDI erarbeitete Richtlinie VDl 4100 -


176<br />

<strong>Schallschutz</strong> von Wohnungen - Kriterien für Planung und Beurteilung. Die Richtlinie<br />

definiert drei <strong>Schallschutz</strong>stufen für die Beurteilung unterschiedlicher Qualitäten des<br />

baulichen <strong>Schallschutz</strong>es, Bild 4.52.<br />

Bild 4.52. Wahrnehmung von üblichen Geräuschen aus Nachbarwohnungen und Zuordnung<br />

in drei <strong>Schallschutz</strong>stufen (SSt). © VDI Verlag.<br />

Durch die Zuordnung der <strong>Schallschutz</strong>stufen zu üblichen Baubewertungsstufen lässt<br />

sich die Qualität einer Wohnung in punkto <strong>Schallschutz</strong> in Bauverträgen festlegen<br />

und als wertsteigernde Eigenschaft beschreiben.<br />

Bild 4.53. Bauakustische Kennwerte für den <strong>Schallschutz</strong> in Mehrfamilienhäusern.<br />

© VDI-Verlag.


177<br />

Für die bautechnische Quantifizierung sind den <strong>Schallschutz</strong>stufen zahlenmäßig<br />

festgelegte bauakustische Kennwerte für die jeweiligen Schallübertragungswege<br />

bzw. Geräuschquellen zugeordnet, Bild 4.53 gilt für Mehrfamilienhäuser, Bild 4.54<br />

zeigt die entsprechenden Werte für Doppel- und Reihenhäuser, während in Bild 4.55<br />

die Empfehlungen für den eigenen Wohn- beziehungsweise Arbeitsbereich<br />

aufgelistet sind.<br />

Bild 4.54. Bauakustische Kennwerte für den <strong>Schallschutz</strong> in Doppel- und Reihenhäusern.<br />

© VDI-Verlag.<br />

Die <strong>Schallschutz</strong>stufen stehen als Einzahlkriterien für die erforderliche Abstimmung<br />

der Anforderungen in den verschiedenen bauakustischen Teilbereichen<br />

(Luftschallschutz, Trittschallschutz etc.).<br />

Die Beurteilung subjektiver Höreindrücke ist eine schwierige Materie. In die VDl 4100<br />

sind Daten aus der akustischen Beratungspraxis eingeflossen. Da die gegebenen<br />

Umstände nicht in jedem Fall gleich sein können, kann es zu abweichenden<br />

persönlichen Urteilen kommen.


178<br />

Bild 4.55. Bauakustische Kennwerte für den <strong>Schallschutz</strong> innerhalb des eigenen Wohnoder<br />

Arbeitsbereiches. © VDI Verlag.<br />

<strong>Schallschutz</strong>stufe I entspricht den Anforderungen der DIN 4109.<br />

Werden die Werte der <strong>Schallschutz</strong>stufe I eingehalten, so finden Menschen bei<br />

üblichen Wohngegebenheiten im allgemeinen Ruhe und müssen sich nicht<br />

besonders einschränken, um Vertraulichkeit zu wahren. Diese Stufe würde man bei<br />

einer Wohnung erwarten, die auch in ihrer sonstigen Ausstattung üblichen<br />

Komfortansprüchen genügt.<br />

Die Kennwerte der <strong>Schallschutz</strong>stufe II wurden soweit wie möglich analytisch<br />

abgeleitet; die vorgenommenen Ableitungen werden in der Richtlinie ausführlich<br />

beschrieben. Die so ermittelten Werte sind nicht identisch mit den Werten in Beiblatt<br />

2 der DIN 4109, in welchem die Werte für den erhöhten <strong>Schallschutz</strong> teilweise nur<br />

um wenige Dezibel über den Mindestanforderungen liegen.<br />

Die Kennwerte der <strong>Schallschutz</strong>stufe III ergeben sich aus Stufe ll, indem man für die<br />

Eingangsparameter der analytischen Ableitung höhere dem Ruheschutz dienende<br />

Werte einsetzt. Bei der Luftschalldämmung wird etwa von den drei Dezibel höheren<br />

Dämmwerten ungefähr eine Halbierung der Lautstärke der aus der Nachbarwohnung<br />

herüber dringenden Sprache erwartet. Beim Trittschallschutz sowie beim Schutz vor<br />

Installationsgeräuschen und vor Außengeräuschen wurde der im Lärmschutz übliche<br />

Verbesserungsschritt von 5 dB(A) beibehalten. Stufe III kann man bei einer Wohnung<br />

erwarten, die auch in ihrer sonstigen Ausstattung gehobenen Komfortansprüchen<br />

genügt.<br />

Die Auswahl einer geeigneten Schutzstufe wird dadurch erleichtert, dass in der<br />

Richtlinie auch statistische Angaben über die bei den verschiedenen Stufen zu<br />

erwartenden Preisunterschiede und die in der Baupraxis anzutreffenden


179<br />

<strong>Schallschutz</strong>niveaus gemacht werden. Damit Menschen in ihrem Zuhause Ruhe<br />

finden, müssen keine hohen Summen zusätzlich investiert werden. Entscheidend ist,<br />

dass von Anfang an bauakustische Kriterien bei der Planung von Wohnfläche<br />

beachtet werden und die handwerkliche Bauausführung sorgfältig überwacht wird.<br />

Dann sind die Mindestanforderungen an den <strong>Schallschutz</strong> (oft) ohne Mehrkosten zu<br />

übertreffen. Werden moderne Bauweisen in Verbindung mit optimierten Grundrissen<br />

angewendet, lassen sich bei gleichzeitig verbessertem <strong>Schallschutz</strong> sogar Baukosten<br />

einsparen und zusätzliche Wohnfläche gewinnen. Eine im Auftrag des<br />

Umweltbundesamtes 1999 durchgeführte Untersuchung ergab, dass die<br />

Kostenunterschiede für unterschiedliche bauakustische Niveaus im Verhältnis zu<br />

sonst am Bau üblichen Preisspannen generell eher gering sind. Die Untersuchung<br />

offenbart allerdings auch, dass sich traditionelle Massivbauweisen bei der<br />

Realisierung höherer <strong>Schallschutz</strong>stufen häufig unwirtschaftlich verhalten. Die<br />

Ursachen dafür sind vor allem die erforderliche hohe flächenbezogene Masse bei<br />

den flankierenden Bauteilen sowie der damit verbundene Wohnflächenverlust.<br />

Wenn man ein mehrstufiges Bewertungssystem für den <strong>Schallschutz</strong> von<br />

Wohnungen einführen will, reichen die Festlegungen in Beiblatt 2 zu DIN 4109 nicht<br />

aus. Seit 1995 arbeitet ein paritätisch zusammengesetzter Gemeinschaftsausschuss<br />

von NABau und NALS im DIN und VDI an einer Harmonisierung der Inhalte von<br />

Beiblatt 2 der DIN 4109 und VDI 4100. Ziel ist es, beide Regelwerke durch ein<br />

Normenblatt zu ersetzen. Im Juni 2000 wurde dazu der Entwurf DIN 4109 -<br />

<strong>Schallschutz</strong> im Hochbau Teil 10: Vorschläge für einen erhöhten<br />

<strong>Schallschutz</strong> von Wohnungen - veröffentlicht.<br />

4.6.2 Vorgehensweise bei der Planung<br />

4.6.2.1 Einordnung in schallschutztechnische Kategorien<br />

Man muss zunächst prüfen, ob es sich bei dem geplanten Vorhaben um einen<br />

Bau handelt, der vorwiegend Lärm abstrahlt (emittiert), beispielsweise:<br />

• Industrieanlage oder größerer Gewerbebetrieb<br />

• Sportstätte<br />

• Flughafen<br />

• Autobahn,<br />

hier muss die Nachbarschaft geschützt werden und es gelten vollkommen andere<br />

Regelwerke als bisher angesprochen; oder aber es handelt sich um ein vor Lärm zu<br />

schützendes Bauwerk mit:<br />

• Wohnräumen<br />

• Schlafräumen, einschließlich Übernachtungsräume in Hotels und ähnliches<br />

• Bettenräume in Krankenhäusern und Sanatorien<br />

• Unterrichtsräumen in Schulen, Hochschulen, Kongresscenter<br />

• Büroräume (ohne Großraumbüros), Praxisräume, Sitzungsräume und<br />

ähnliches.<br />

Hier gilt im wesentlichen die DIN 4109 und verwandte Richtlinien wie die VDI 4100.<br />

4.6.2.2 Anforderungen an den <strong>Schallschutz</strong> - relevante Regelwerke<br />

Man muss als Nächstes generell fragen:<br />

Bestehen überhaupt gesetzliche Mindestanforderungen oder Richtwerte und wenn<br />

ja, welche ?


<strong>18</strong>0<br />

Sind vertraglich zu regelnde Anforderungen zu empfehlen oder gewünscht (z. B.<br />

erhöhter <strong>Schallschutz</strong>, <strong>Schallschutz</strong> im eigenen Bereich) ?<br />

4.6.2.3 Anforderungen an die Schalldämmung der Außenbauteile<br />

Die akustische Umgebung des Bauvorhabens bestimmt die (Mindest-)<br />

Anforderungen an das Schalldämmmaß der Außenbauteile (Fassade, Fenster incl.<br />

Lüftung und Rollädenkästen), Dach), das kann sich sowohl auf ein emittierendes, als<br />

auch auf ein vor Lärm zu schützendes Bauwerk beziehen.<br />

Lärmemittierende Bauten<br />

Bezüglich lärmemittierender Nutzungen gibt es abhängig von der Lärmart<br />

Regelwerke, die maximale Immissionswerte in der Nachbarschaft vorschreiben<br />

• Straßen- und Schienenverkehr: Verkehrslärmschutzverordnung -16.BImSchG<br />

(1990) (nur für Neubauten oder wesentliche Änderungen)<br />

• Luftverkehr: Fluglärmgesetz (1986) (z. Zt. in Überarbeitung)<br />

• Industrie- und Gewerbeanlagen: <strong>Technische</strong> Anleitung -Lärm (1998)<br />

• größere Sport- und Freizeitanlagen: Sportanlagen-Lärmschutzverordnung -<br />

<strong>18</strong>. BImSchG und TA-Lärm,<br />

woraus sich, falls an den Quellen direkt keine Geräuschbekämpfung betrieben<br />

werden kann, Anforderungen an die, soweit vorhanden, baulichen Hüllen ableiten<br />

lassen (z.B. bei einer Industriehalle). In diesem Zusammenhang ist folgende<br />

Gleichung hilfreich, mit der sich die Geräuschübertragung aus einem lauten Raum<br />

nach außen abschätzen lässt, unter der Voraussetzung einer ungestörten<br />

Schallausbreitung aussen<br />

LAeq, innen −LAeq, Immissionsort ≅ R′ W − 10logS+ 20logs+<br />

12 dB(A)<br />

mit<br />

L Aeq,innen mittlerer Schalldruckpegel im lauten Raum in dB(A)<br />

L Aeq,Immissionsort Schalldruckpegel am Immissionsort in dB(A) im Abstand s in m<br />

R′<br />

W bewertetes Bau-Schalldämmmaß des schallabstrahlenden Teils der Fassade in<br />

dB<br />

S Fläche dieses Fassadenteils in m 2 .<br />

Richtwerte (Grenzwerte) sind in den genannten Regelwerken nicht immer einheitlich,<br />

sie unterscheiden sich auch in Abhängigkeit von der Baunutzung (BauNVO):<br />

• Kurgebiete<br />

• reine Wohngebiete<br />

• allgemeine Wohn- und Kleinsiedlungsgebiete<br />

• Kern-, Dorfgebiete<br />

• Mischgebiete<br />

• Gewerbegebiete<br />

• Industriegebiete.<br />

In der DIN <strong>18</strong>005 "<strong>Schallschutz</strong> im Städtebau" Beiblatt 1 zu Teil1 findet man<br />

Orientierungswerte, vereinheitlicht für alle Quellen.<br />

Zu schützende Bauwerke<br />

Bei zu schützender Bebauung im Sinn der DIN 4109, auf diese Situation sollen die<br />

weiteren Ausführungen beschränkt bleiben, ist im allgemeinen der sog. maßgebliche<br />

Außenlärmpegel gefragt, der in Pegelbereiche eingeteilt wird. Dieser wird bestimmt<br />

durch die (energetische) Summe der Immissionsanteile aller geräuschemittierenden


<strong>18</strong>1<br />

Quellen im Außenbereich, die baulich nicht mit dem zu schützenden Bereich<br />

verbunden sind, wie:<br />

• Straßen-, Schienen-, Wasser- und Luftverkehr<br />

• Industrie- und Gewerbeanlagen (Anhang 4. BImSchG)<br />

• größere Sport- und Freizeitanlagen.<br />

Woher kommen die notwendigen Eingangsdaten?<br />

Bei bestehender Bebauung und Infrastruktur:<br />

Durch Messung am zukünftigen Standort des geplanten Projekts (eher unüblich).<br />

Nach §47a BImSchG sind die Städte und Gemeinden angehalten sog.<br />

Lärmminderungspläne für schutzwürdige Gebiete aufzustellen. Zu solch einer<br />

Planung gehört neben der flächendeckenden Erfassung von Lärmquellen<br />

(Emissionskataster), auch die genaue Ermittlung der Lärmbelastungen und ihrer zu<br />

erwartenden Entwicklung, sog Schallimmissionspläne oder auch Lärmkataster (s.<br />

zum Beispiel www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas). Diese Daten<br />

könnten für den in Frage kommenden Standort genutzt werden, müssen eventuell<br />

noch um eine Entfernungsabnahme korrigiert werden.<br />

Bei völliger Neuerschließung incl. Infrastruktur oder fehlendem Lärmkataster:<br />

In diesem Fall müssen die Immissions-Schalldruckpegel anhand von Prognosedaten<br />

(z.B. die zukünftige Verkehrsmenge oder Emissionskenndaten (Schalleistungen) von<br />

Quellen) und von Geländedaten (beeinflusst die Schallausbreitung) berechnet<br />

werden, dafür stehen folgende Regelwerke zur Verfügung:<br />

• Straßenverkehr: Richtlinie für Lärmschutz an Straßen (RLS 90)<br />

• Schienenverkehr: Schall 03 (DB), DIN 45642<br />

• Rangierbahnhöfe: Schall 04 (DB)<br />

• Wasserverkehr: DIN <strong>18</strong>005 Teil1<br />

• Luftverkehr: Fluglärmgesetz, DIN 45643<br />

• Industrie- und Gewerbeanlagen (incl. Hafenanlagen): TA-Lärm<br />

• größere Sport- und Freizeitanlagen: TA Lärm.<br />

Bezüglich des Gültigkeitsbereichs der TA-Lärm wird, wenn keine konkreten Werte<br />

vorliegen, der der jeweiligen Gebietskategorie zugeordnete Tages-<br />

Immissionsrichtwert zugrunde gelegt.<br />

In der DIN <strong>18</strong>005 Teil 1 "<strong>Schallschutz</strong> im Städtebau" findet man außerdem<br />

allgemeine Berechnungsverfahren für die meisten Lärmquellen, in DIN 4109 ein<br />

vereinfachtes Prozedere für den Straßenverkehr.<br />

Bei Vorhandensein größerer Ausbreitungswege mit Geländestrukturen müssen<br />

verschiedene Schallausbreitungsmechanismen berücksichtigt werden (VDI 2714,<br />

zum Teil in den genannten Regelwerken integriert). Spezielle Regelwerke existieren<br />

bzgl. der Schallimmission durch Baustellen (Baulärmgesetz).<br />

Man muss also eine Aufstellung über mögliche signifikante Quellen mit ihren<br />

Immissionsanteilen machen, die auf das Bauwerk einwirken. Daraus bestimmt man<br />

die Höhe des maßgeblichen Außenlärmpegels nach Gl.(1) DIN 4109. Man nutzt,<br />

wenn möglich, geländespezifische Vorteile wie Wälle, Einschnitte, natürliche und<br />

bauliche Abschirmungen und auch Eigenabschirmungen der Gebäude aus, in denen<br />

sich schutzbedürftige Räume befinden werden, vergleiche auch Bild 4.4. Wie das im<br />

Außenlärmpegel berücksichtigt werden kann, findet man in Hinweisen in der DIN<br />

4109 Abschn. 5.5 (s. auch VDI 2714 "Schallausbreitung im Freien" oder VDI 2571<br />

"Schallabstrahlung von Industriebauten").


<strong>18</strong>2<br />

Mit den gewonnenen Daten bestimmt man nun weiterhin die Mindestanforderungen<br />

an die Schalldämmung der Außenbauteile nach Tabelle 8 bis 10, der DIN 4109<br />

(resultierendes Bau-Schalldämmmaß), wobei Außenbauteile, die unterschiedlich zur<br />

maßgeblichen Lärmquelle orientiert sind und damit möglicherweise unterschiedlichen<br />

Außenlärmpegeln ausgesetzt sind, separat zu behandeln sind. Ferner ist zu<br />

berücksichtigen:<br />

• die jeweilige Nutzungsart<br />

• die Raumgeometrie.<br />

Bei zusammengesetzten Außenbauteilen (z.B. Fassadenwand plus Fenster) muss<br />

eine Aufspaltung des resultierenden Schalldämmmaßes in die Einzelschalldämmmaße<br />

in Abhängigkeit der jeweiligen Flächenanteile (Tab. 10 DIN 4109 oder<br />

Abschn. 11 DIN 4109 Beibl. 1) vorgenommen werden. Bei sehr hohen Gebäuden ist<br />

in vielen Fällen die äußere Lärmeinwirkung auf eine Fassade nicht gleichmäßig über<br />

die gesamte Fassadenfläche verteilt. Das liegt daran, dass beispielsweise niedrige<br />

Nachbargebäude im unteren Bereich lärmabschirmend wirken oder dass die<br />

Lärmintensität nach oben hin abnimmt. Bild 4.56 zeigt dieses an Hand eines<br />

konkreten Beispiels, wie bei einer 100 m hohen Fassade der Schalldruckpegel und<br />

damit das in diesem Fall erforderliche Schalldämmmaß verteilt sind. Man erkennt,<br />

dass erhebliche Pegelunterschiede vorhanden sein können, in deren Folge das<br />

erforderliche Schalldämmmaß der Fassade lokal zwischen ca. 30 und 50 dB<br />

schwanken kann. Eine Fassade braucht somit nicht an jeder Stelle den gleichen<br />

<strong>Schallschutz</strong> aufzuweisen. Bei einer normalen Wand-Fensterfassade könnte man der<br />

Pegelverteilung dadurch Rechnung tragen, dass in der Fassade Fenster<br />

unterschiedlicher <strong>Schallschutz</strong>klasse eingebaut werden.<br />

Bild 4.56. Beispiel für die<br />

mögliche Verteilung des<br />

Außen-Schalldruckpegels<br />

und damit für das<br />

erforderliche Schalldämmmaß<br />

über die Höhe der<br />

Fassade eines<br />

Hochhauses. © Verlag<br />

Ernst&Sohn.<br />

Wenn man frei von den Mindestanforderungen der DIN 4109 ist, kann man allgemein<br />

das erforderliche Bauschalldämmmaß eines Außenbauteils R′<br />

W näherungsweise<br />

berechnen aus:<br />

R′ W = LAeq1− LAeq2 + 10log( S A)+<br />

3<br />

dB


<strong>18</strong>3<br />

hierbei sind<br />

L Aeq1 äquivalenter Dauerschallpegel des Geräusches etwa 2 m vor der Fassade in<br />

dB(A)<br />

L Aeq2 zulässiger oder gewünschter äquivalenter Dauerschallpegel im Innenraum in<br />

dB(A)<br />

S geometrische Fläche der Fassade in m 2<br />

A äquivalente Schallabsorptionsfläche des Innenraumes in m 2 (10 m 2 für ein<br />

normales Wohnzimmer).<br />

4.6.2.4 Anforderungen an den <strong>Schallschutz</strong> innerhalb des umbauten Raums<br />

Die Schallquellen und die Schallausbreitungsmechanismen in einem Gebäude sind<br />

vielfältig und kompliziert. Wie in den vorigen Kapiteln ausführlich dargelegt wurde,<br />

unterscheidet man Luftschalldämmung (die Quelle strahlt Luftschall ab, bevor das<br />

Bauwerk damit angeregt wird und dessen Schwingungen an anderer Stelle wieder in<br />

Form von Luftschall abgestrahlt werden, gekennzeichnet durch das Schalldämmmaß,<br />

R (frequenzabhängig) oder R W<br />

(Einzahlwert) und Trittschalldämmung (die Quelle regt<br />

das Bauwerk direkt durch mechanische Wechselkräfte zu Schwingungen an<br />

(Körperschall), die an anderer Stelle in Form von Luftschall abgestrahlt werden,<br />

gekennzeichnet durch den Normtrittschallpegel, Ln oder L n,W<br />

). Eine Sonderrolle<br />

spielen die Geräusche der Wasserinstallation und sonstiger haustechnischer<br />

Anlagen (z. B. Lüftung, Heizung, Fahrstuhl), hier handelt es sich im allgemeinen auch<br />

vorwiegend um Körperschallanregung, gekennzeichnet durch den immittierten<br />

Schalldruckpegel in dB(A). Die Schallausbreitung in einem Gebäude erfolgt nicht nur<br />

über das jeweilige trennende Bauteil (Wand, Decke) in einer Vorzugsrichtung<br />

(horizontal oder vertikal), sondern auch über die flankierenden Bauteile sowie vertikal<br />

und diagonal über die verschiedenen Stockwerke.<br />

Man ordnet das Gebäude mit seiner Raumnutzung schalltechnisch ein. Dabei<br />

versucht man zunächst, in Abstimmung mit dem architektonischen und<br />

haustechnischen Konzept, grundsätzlich einen hinsichtlich des <strong>Schallschutz</strong>es<br />

günstigen Grundriss mit seinen Funktionszuordnungen zu finden. Das gilt ganz<br />

besonders für Konzepte wie Wohnen und Arbeiten, vergleiche auch die Bilder 4.5,<br />

4.6, 4.7. Man legt möglichst nie schutzbedürftige Räume neben bzw. räumlich über<br />

oder unter laute Räume, beispielsweise eine Küche oder den Sanitärbereich neben<br />

ein Schlafzimmer oder einen Fahrstuhlschacht neben ein Wohn- oder Schlafzimmer.<br />

Man konzentriert möglichst laute Bereiche und entkoppelt diese von den zu<br />

schützenden Gebäudeteilen durch geometrischen Abstand, durch weitere nicht<br />

schützenswerte leisere "Pufferbereiche" (zum Beispiel Flure, Abstellkammern) oder<br />

durch bauliche Maßnahmen. Hierzu findet man Informationen in Beiblatt 2, DIN 4109,<br />

Abschn. 2.4 und 2.5. Sollten diese Prinzipien nicht einzuhalten sein, müssen<br />

möglicherweise Maßnahmen getroffen werden, wie Vorwandinstallation im<br />

Sanitärbereich, der Einsatz besonders geräuscharmer Armaturen oder die elastische<br />

Aufhängung oder Montage von geräuschführenden Rohrleitungen, es gibt zum<br />

Beispiel von einigen Herstellern sog. <strong>Schallschutz</strong>-Montagesets für<br />

Sanitäreinrichtungen.<br />

Nach Ausschöpfung dieser mehr planerischen Maßnahmen, legt man nun die<br />

Mindestanforderungen oder gewünschten Forderungen an die Schalldämmung der<br />

Trennwände, -decken und der Türen in konkreten Zahlen fest.


<strong>18</strong>4<br />

Bezüglich der Mindestanforderungen für schutzbedürftige Räume (Wohn-<br />

Schlafräume, Unterrichtsräume, Krankenzimmer, Hotelzimmer, Büros) gegenüber<br />

der Schallübertragung aus fremdem Wohn- oder Arbeitsbereich gilt die Tabelle 3 im<br />

Hauptblatt der DIN 4109, abhängig von der Gebäudekategorie:<br />

• Geschoßhäuser mit Wohnungen und Arbeitsräumen<br />

• Einfamilien-Doppelhäuser und Reihenhäuser<br />

• Beherbergungsstätten<br />

• Krankenhäusern und Sanatorien<br />

• Schulen und vergleichbare Unterrichtsbauten.<br />

Um einen Eindruck zu bekommen zeigt Bild 4.57 einen Ausschnitt aus der DIN 4109,<br />

beschränkt auf die Luftschalldämmung.<br />

Für die Wasserinstallation, haustechnische Anlagen und Betriebe gelten die<br />

Anforderungen an den zulässigen maximalen Schalldruckpegel aus Tabelle 4,<br />

Abschn. 4 in DIN 4109 (Anmerkg.: die Zahlenwerte in Tab. 4, Zeile 1, Spalten 2 und<br />

3 sind mit Änderung 2001 auf 30 dB(A) gesenkt worden). Man muss die Definitionen<br />

der DIN beachten, was unter haustechnische Anlagen und Betriebe zu verstehen ist.<br />

Betriebe sind zum Beispiel kleinere Handwerks- und Gewerbebetriebe,<br />

Zahnarztpraxen, Gaststätten, Kinos oder Theater, soweit sie mit dem zu schützenden<br />

Bereich in irgendeiner Form baulich verbunden sind.<br />

Beachtenswert sind auch die allgemeinen Anforderungen an die Geräte und<br />

Armaturen der Wasserinstallation, Tab. 6 und Abschn. 4.3 der DIN 4109 und was in<br />

Abschn. 7.1 und 7.2 über die Wasserinstallation angemerkt ist.<br />

Anforderungen zwischen "besonders lauten" (s. auch hier bei Definition) und<br />

schutzbedürftigen Räumen sind in der Tabelle 5 DIN 4109 zu finden. Diese Tabelle<br />

findet beispielsweise Anwendung, wenn sich Gaststätten in Wohnhäusern befinden.<br />

Für den jeweils eigenen Wohn- und/oder Arbeitsbereich verwendet man die Werte<br />

aus den Empfehlungen Beiblatt 2 zu DIN 4109; Bild 4.57 oder die weiter oben<br />

gezeigten Richtwerte aus VDI 4100.<br />

Unterliegt der Entwurf nicht den Mindestanforderungen nach DIN 4109, benutzt man<br />

entweder diese zur Orientierung oder man verwendet ebenfalls die Werte aus den<br />

Empfehlungen Beiblatt 2 zu DIN 4109 oder die Richtwerte aus VDI 4100. Es sei noch<br />

einmal darauf hingewiesen, das einer über die Mindestanforderungen<br />

hinausgehender <strong>Schallschutz</strong> gesondert zwischen dem Bauherrn, dem<br />

Entwurfsverfasser und den bauausführenden Gewerken vertraglich zu vereinbaren<br />

ist. Bei juristischen Prozessen um den "geschuldeten <strong>Schallschutz</strong>" wird sonst im<br />

allgemeinen vom Stand des technisch Machbaren ausgegangen.


<strong>18</strong>5<br />

Bild 4.57. Auszug aus <strong>Schallschutz</strong>anforderungen aus DIN 4109 für<br />

verschiedene Nutzungskategorien. © KSV- Verband, Hannover.


<strong>18</strong>6<br />

Bild 4.58. Empfehlungen für den normalen und erhöhten <strong>Schallschutz</strong>; Luft- und<br />

Trittschalldämmung von Bauteilen zum Schutz gegen Schallübertragung aus dem<br />

eigenen Wohn- oder Arbeitsbereich. DIN 4109, Beibl. 2, Tab. 3. © Beuth-Verlag<br />

4.6.2.5 Schalltechnischer Eignungsnachweis<br />

Die nächste Aufgabe besteht darin, den planerisch, rechnerischen Nachweis<br />

zu führen, dass die gewählte Konstruktion und die verwendeten trennenden<br />

Bauelemente (z. B. Massivwand, Trockenausbauwand, Decke mit schwimmendem<br />

Estrich, Fenster, Fassadenwand, etc.) die geforderten beziehungsweise vorgegeben<br />

und vereinbarten Schalldämmwerte erfüllt.


<strong>18</strong>7<br />

Wenn keine speziellen akustischen Daten vorliegen, verwendet man allgemein das<br />

Beiblatt 1 der DIN 4109 "Ausführungsbeispiele und Rechenverfahren". Hier findet<br />

man Tabellen und Berechnungsgrundlagen für die Bestimmung der Schalldämmmaße<br />

und des Normtrittschallpegels gängiger Konstruktionen innerhalb folgender<br />

Kategorien:<br />

Luftschalldämmung in Gebäuden in Massivbauart<br />

• Trennende Bauteile<br />

• Einfluss flankierender Bauteile (s. auch Beispiele Abschn. 3.4 DIN 4109,<br />

Beibl.1)<br />

Trittschalldämmung in Gebäuden in Massivbauart<br />

• Decken mit oder ohne schwimmenden Estrich und Gehbelägen<br />

• Holzbalkendecken<br />

• Treppenläufe und -podeste<br />

Luftschalldämmung in Gebäuden in Skelett- und Holzbauart<br />

Resultierendes Schalldämmmaß (Direkt- und Flankenübertragung)<br />

• Vereinfachter Nachweis<br />

• Rechnerische Ermittlung (s. auch Beispiele Abschn. 5.6 DIN 4109,<br />

Beibl.1)<br />

Ausführungsbeispiele<br />

• horizontale Schallübertragung<br />

• vertikale Schallübertragung<br />

Trittschalldämmung in Gebäuden in Skelett- und Holzbauart<br />

Haustechnische Anlagen und Betriebe<br />

• Nachweis einer ausreichenden Luft- und Trittschalldämmung zwischen<br />

besonders lauten und schutzbedürftigen Räumen (incl. Lüftungsschächte und<br />

Kanäle)<br />

Außenbauteile<br />

• Außenwände, Decken und Dächer<br />

• Fenster und Glassteinwände<br />

• Rollladenkästen.<br />

Wenn sich eine im Rahmen des Entwurfs vorgegebene konstruktive Lösung nicht<br />

einordnen lässt, muss man eine angenähert vergleichbare Konstruktion finden, man<br />

kann anhand physikalischer Zusammenhänge versuchen das Schalldämmmaß<br />

theoretisch abzuschätzen (s. bauakustische Grundlagen) oder man bekommt Daten<br />

vom Hersteller, wenn es sich um vorgefertigte Standard-Bauelemente handelt.<br />

Wichtig ist, dass man bei einer Planung immer auf der "sicheren Seite" liegt.<br />

Vergessen darf man nie den Einfluss der Nebenwegs- (Flanken-)übertragung zu<br />

berücksichtigen (Definition siehe Hauptblatt DIN 4109, Anhang A.5.6 bis A.5.7; Beibl.<br />

1 DIN 4109: Abschn. 3 für Massivbauten, Abschn. 5.3, 5.4 für Skelettbauten)<br />

Bei manchen Berechnungen sind Korrekturwerte erforderlich, beispielsweise das<br />

sog. Vorhaltemaß (Definition s. Hauptblatt DIN 4109, Anhang A.4).<br />

So kann man für Fenster, wenn man nicht die Tabelle 40 im Beibl. 1 DIN 4109<br />

nutzen kann, pauschal ansetzen:<br />

R<br />

= R −3−2 dB.<br />

W, Fenster WGlasscheibe<br />

,<br />

Das Schalldämmmaß der Glasscheibe erhält man z.B. vom Hersteller, 3 dB dienen<br />

der Minderung durch den Fensterrahmen, 2 dB ist das Vorhaltemaß (zur Sicherheit)


<strong>18</strong>8<br />

für eine weitere Minderung der Schalldämmung durch den Einbau in die<br />

Gebäudewand.<br />

Es sei ferner auf ein Berichtigungsblatt zur DIN 4109 von Aug. 1992 hingewiesen,<br />

sowie auf Änderungen der Tabellen 23 und 40 im Beibl. 1 DIN 4109.<br />

Zukünftig wird im Rahmen der Harmonisierung die Vorgehensweise nach Beiblatt 1<br />

(Ausführungsbeispiele, Rechenverfahren) ersetzt werden. Dann wird es eine<br />

übergreifende europäische Bauregelliste geben, in der die gängigen Bauelemente<br />

mit ihren, auch akustischen, Daten, einheitlich verzeichnet sind. Der<br />

Schalldämmnachweis wird dann nach DIN 12354 "Berechnung der akustischen<br />

Eigenschaften von Gebäuden aus den Bauteileigenschaften" errechnet. Dafür<br />

werden Computerprogramme zur Verfügung stehen.<br />

Ausgewählte zusätzliche Literatur<br />

Bundesverband der Deutschen Zementindustrie 1994: Statistisches Kompendium<br />

zum Kongress ZUKUNFT WOHNEN<br />

Große Sternumfrage zum Thema “Mein Wunsch-Haus” 1996, eine Aktion von Stern<br />

und Schwäbisch Hall, Gruner+Jahr Verlag<br />

JABLONSKI, M. 1999: “Kosten des <strong>Schallschutz</strong>es im Wohnungsbau”.<br />

Umweltbundesamt F+E 29655 714<br />

JUD, S. 2002: Aktueller Stand des <strong>Schallschutz</strong>es in der Gebäudetechnik aus der<br />

Sicht eines Regelsetzers. Gesundheitsingenieur 123, H. 3, S 126- 132<br />

KÖTZ, W. 1998: Zur Berechnung der erforderlichen Schalldämmung bei Räumen mit<br />

mehreren Außenwänden. Zeitschrift für Lärmbekämpfung 45, H. 2, S 73- 76<br />

KÖTZ, W. 2000: Vorbeugender <strong>Schallschutz</strong> im Wohnungsbau. BBauBl , Heft 12, S.<br />

?<br />

KÜRER, R. 1993: “VDI 4100 <strong>Schallschutz</strong> von Wohnungen - Kriterien für die Planung<br />

und Beurteilung”. Zeitschrift für Lärmbekämpfung 40, S. 37- 42<br />

PFEIFFER, U.; ZEITZEN, B. 1994: “Mehr Wohnungen für weniger Geld. Bericht der<br />

Kommission Kostensenkung und Verringerung von Vorschriften im Wohnungsbau”.<br />

Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, S. 55, 99 u.170<br />

WALDEN, R. 1995: Lärm und Ruhe in ihrer Bedeutung für Wohnqualität. Zeitschrift<br />

für Lärmbekämpfung 42, S.155-168

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