A. Lerndaten 11. Teil: Schuld B. Inhaltsübersicht 11. Teil C ...

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Lernprogramm Strafrecht 11. Teil 265 _____________________________________________________________________ BGH NStZ 2002, 141: „Jedenfalls soweit das LG den Angekl. gemäß § 33 wegen der Messerstiche für entschuldigt hält, die er führte, als der Nebenkläger bereits am Boden lag und nicht mehr in der Lage war, etwas gegen den Angekl. zu unternehmen und sich diesem zu widersetzen, ist seine rechtliche Beurteilung des Geschehens fehlerhaft. In diesem Zeitpunkt lag kein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff des Nebenkl. gegen den Angekl. mehr vor. Es entschuldigte den Angekl. nicht, dass er dies aus panischer Angst und Verwirrung nicht erkannte. § 33 kommt dem Täter, der aus einem der dort genannten astehnischen Affekten handelt, nur so lange zu Gute, bis die Notwehrlage und Angriffsgefahr endgültig beseitigt ist [...].“ Der BGH weist darauf hin, dass sich der Täter zwar in einem Erlaubnistatbestandsirrtum befunden habe, dies schließe aber die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tatbegehung [hier: gefährliche Körperverletzung] nicht aus. Die Entscheidung bitte nachlesen! dd) Problem 3: § 33 gilt grds. nicht für die Fälle des Putativnotwehrexzesses = irrige Annahme des Angriffs und Überschreitung der Grenzen der Notwehr - der in Putativnotwehr Handelnde darf zur Verteidigung nicht mehr tun, als wenn er in wirklicher Notwehr wäre - doch ist, wenn der Täter unvermeidbar irrig einen Angriff annimmt, § 33 analog anzuwenden, wenn er bei wirklicher Notwehrlage gegeben wäre (nach a.A. soll § 17 zur Anwendung gelangen). c) Rechtsprechung BGH NStZ 1989, 474: § 33 greift auch dann ein, wenn der Täter in Kenntnis der wahren Sachlage aus den dort genannten Affekten seine Notwehrbefugnis bewusst überschreitet. BGH NStZ-RR 1999, 264: Der in § 33 geforderte (asthenische) Effekt braucht nicht die überwiegende Ursache für die Notwehrüberschreitung sein. Es genügt, dass er neben anderen gefühlsmäßigen Regungen für die Notwehrüberschreitung mitursächlich war. BGHSt 39, 133, 139 [Fall Sonntag]: Besteht infolge der von dem Angegriffenen schuldhaft mitverursachten Notwehrlage noch ein (wenn auch eingeschränktes) Notwehrrecht nach § 32, so ist grundsätzlich auch Raum für die Anwendung des § 33, sofern der Täter die Grenzen der (eingeschränkten) Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken überschreitet. Dies gilt aber dann nicht, wenn sich der rechtswidrig Angegriffene planmäßig in eine tätliche Auseinandersetzung mit seinem Gegner eingelassen hat, um unter Ausschaltung der für die Konfliktlösung zuständigen und erreichbaren Polizei den ihm angekündigten Angriff mit eigenen Mitteln abzuwehren und die Oberhand über seinen Gegner zu gewinnen. © Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. U. Schlegel 2006.2

Lernprogramm Strafrecht 11. Teil 266 _____________________________________________________________________ Zur (durch den BGH ebenfalls abgelehnten) Heranziehung von § 34 s.o. RN 141. BGH NStZ 1995, 76, 77: Im Hinblick auf die vom Gesetzgeber vorgesehene völlige Straflosigkeit selbst bei bewusster Überschreitung der erforderlichen Notwehr, muss - worauf das LG zutreffend hinweist - ein gesteigertes Maß an Angst vorliegen, um die Voraussetzungen der Furcht i.S.d. § 33 zu begründen. Zu verlangen ist 'ein durch das Gefühl des Bedrohtseins verursachter Störungsgrad, bei dem die Fähigkeit, das Geschehen richtig zu verarbeiten, erheblich reduziert war'. Gemeint ist damit, dass der Täter aktuell auf Grund einer besonders intensiven, gesteigerten Gemütsbewegung und -erregung gehandelt haben muss und gerade durch ein solches Ausmaß der Angst zu Handlungen hingerissen worden ist, die das Maß des Erforderlichen überschreiten. BGH NStZ 1995, 177: Die Anwendbarkeit des § 33 wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass sich der Angegriffene dem Angriff durch Flucht oder vorsorgliche Einschaltung der Polizei hätte entziehen können. υ Anmerkung: Dieser Fall unterscheidet sich von dem in BGHSt 39, 133 entschiedenen (s.o.) dadurch, dass der Täter dort die bewaffnete Auseinandersetzung mit seinen Gegnern noch vor Beginn des rechtswidrigen Angriffs und außerhalb des von den Angreifern vorgesehenen Tatortbereichs auf öffentlicher Straße gesucht hat, um seinerseits den erwarteten Angriffen zuvorzukommen. 166 Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens a) Die Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens ist nach h.M. nicht schlechthin als "übergesetzlicher Entschuldigungsgrund" anzuerkennen (Wessels/Beulke, AT, RN 451). b) Ausnahme: Ganz außergewöhnliche Konfliktsituationen (Beispiel: NS-Ärzte während der "Euthanasieaktion") - W/B, a.a.O., RN 452: "In einer so ungewöhnlichen, nahezu unlösbaren Pflichtenkollision vermag die Rechtsordnung keinen Schuldvorwurf zu erheben, wenn der Täter seine Entscheidung nach bestem Gewissen trifft und sein vom Rettungszweck bestimmtes Handeln unter den gegebenen Umständen das einzige Mittel darstellt, noch größeres Unheil für Rechtsgüter von höchstem Wert zu verhindern." RN 167 bleibt unbesetzt! © Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. U. Schlegel 2006.2

Lernprogramm Strafrecht <strong>11.</strong> <strong>Teil</strong><br />

265<br />

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BGH NStZ 2002, 141: „Jedenfalls soweit das LG den Angekl. gemäß<br />

§ 33 wegen der Messerstiche für entschuldigt hält, die er führte, als der<br />

Nebenkläger bereits am Boden lag und nicht mehr in der Lage war, etwas<br />

gegen den Angekl. zu unternehmen und sich diesem zu widersetzen,<br />

ist seine rechtliche Beurteilung des Geschehens fehlerhaft. In diesem<br />

Zeitpunkt lag kein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff des Nebenkl.<br />

gegen den Angekl. mehr vor. Es entschuldigte den Angekl.<br />

nicht, dass er dies aus panischer Angst und Verwirrung nicht erkannte.<br />

§ 33 kommt dem Täter, der aus einem der dort genannten astehnischen<br />

Affekten handelt, nur so lange zu Gute, bis die Notwehrlage und<br />

Angriffsgefahr endgültig beseitigt ist [...].“<br />

Der BGH weist darauf hin, dass sich der Täter zwar in einem Erlaubnistatbestandsirrtum<br />

befunden habe, dies schließe aber die Strafbarkeit<br />

wegen fahrlässiger Tatbegehung [hier: gefährliche Körperverletzung]<br />

nicht aus. Die Entscheidung bitte nachlesen!<br />

dd)<br />

Problem 3: § 33 gilt grds. nicht für die Fälle des Putativnotwehrexzesses<br />

= irrige Annahme des Angriffs und Überschreitung der Grenzen<br />

der Notwehr - der in Putativnotwehr Handelnde darf zur Verteidigung<br />

nicht mehr tun, als wenn er in wirklicher Notwehr wäre - doch ist,<br />

wenn der Täter unvermeidbar irrig einen Angriff annimmt, § 33 analog<br />

anzuwenden, wenn er bei wirklicher Notwehrlage gegeben wäre (nach<br />

a.A. soll § 17 zur Anwendung gelangen).<br />

c) Rechtsprechung<br />

BGH NStZ 1989, 474: § 33 greift auch dann ein, wenn der Täter in<br />

Kenntnis der wahren Sachlage aus den dort genannten Affekten seine<br />

Notwehrbefugnis bewusst überschreitet.<br />

BGH NStZ-RR 1999, 264: Der in § 33 geforderte (asthenische) Effekt<br />

braucht nicht die überwiegende Ursache für die Notwehrüberschreitung<br />

sein. Es genügt, dass er neben anderen gefühlsmäßigen Regungen<br />

für die Notwehrüberschreitung mitursächlich war.<br />

BGHSt 39, 133, 139 [Fall Sonntag]: Besteht infolge der von dem Angegriffenen<br />

schuldhaft mitverursachten Notwehrlage noch ein (wenn<br />

auch eingeschränktes) Notwehrrecht nach § 32, so ist grundsätzlich<br />

auch Raum für die Anwendung des § 33, sofern der Täter die Grenzen<br />

der (eingeschränkten) Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken<br />

überschreitet. Dies gilt aber dann nicht, wenn sich der rechtswidrig Angegriffene<br />

planmäßig in eine tätliche Auseinandersetzung mit seinem<br />

Gegner eingelassen hat, um unter Ausschaltung der für die<br />

Konfliktlösung zuständigen und erreichbaren Polizei den ihm angekündigten<br />

Angriff mit eigenen Mitteln abzuwehren und die Oberhand über<br />

seinen Gegner zu gewinnen.<br />

© Eisenbeis Rechtsanwaltsges. mbH/RA Dr. U. Schlegel 2006.2

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