2010 Sommer - Hoffnungstaler Anstalten Lobetal
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Mit der Gitarre durch den Tag<br />
Im Flur lag ein Stück Glück<br />
In sonnigen Farben schimmern die Gardinen. Ein gemütliches<br />
Sofa und ein orangeroter Boden zaubern Wärme in den kleinen<br />
Raum. Doch am liebsten sitzt Jürgen Melches dort im Dunkeln.<br />
Auf seinem Schoß liegt eine Gitarre. Vorsichtig zupft er eine<br />
Saite, neigt den Kopf und lauscht. Er mag es, wie die Töne<br />
schwingen. Er lässt ihnen die Zeit, sich zu entwickeln, bevor er<br />
lächelnd an den nächsten Saiten zupft.<br />
Musik spielt eine große Rolle<br />
Die Gitarre begleitet den 62jährigen Mann durch den Tag.<br />
Jürgen Melches lebt im Betheler Haus Emmaus. In der Einrichtung<br />
für ältere Menschen mit Behinderung gibt es viel<br />
Abwechslung für die Bewohner. Gemeinsam kann gekocht,<br />
gespielt oder gebastelt werden. Es gibt Lesekreise, und Ausflüge<br />
werden gemacht. „Aber eine besonders große Rolle spielt die<br />
Musik“, erklärt BethelMitarbeiterin Ely Bitzer. „Alle können<br />
an ihr teilhaben, auch Menschen, die sehr eingeschränkt sind.<br />
Für manche ist es ein großer Erfolg, selbst Töne oder sogar<br />
einen Rhythmus gestalten zu können.“<br />
Allein etwas Schönes schaffen<br />
Genauso geht es Jürgen Melches. Auch wenn er keine Griffe<br />
beherrscht, gibt ihm der Klang der Gitarre das Gefühl, ganz allein<br />
etwas Schönes zu schaffen. Das schenkt ihm Selbstbewusstsein.<br />
Der stille Mann, der nur leise und verwaschen spricht, wird von<br />
seinen Mitbewohnern nun anders wahrgenommen. Sie loben<br />
sein Spiel, und er ist stolz darauf. Sogar an einer Musikgruppe<br />
nimmt Jürgen Melches teil, seit er vor zwei Jahren das Ins trument<br />
buchstäblich gefunden hat. „Die lag da draußen. Auf dem<br />
Flur“, flüstert der Mann im Rollstuhl und hält seine Gitarre<br />
dabei ganz fest.<br />
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Musiktherapie für Frühgeborene<br />
Auch ein Lied hilft beim Wachsen<br />
Ein blaues Deckchen umhüllt den kleinen Joel. Es hebt und senkt<br />
sich schnell, mit jedem seiner Atemzüge. Er ist noch so zart, so<br />
winzig – eine Handvoll Mensch inmitten blinkender Technik.<br />
Viel zu früh kam Joel in der 25. Schwangerschaftswoche auf<br />
die Welt. Gerade einmal 600 Gramm hat er gewogen. Seither<br />
liegt er in einem Brutkasten auf der FrühgeborenenIntensiv <br />
station im Betheler Kinderzentrum. Flackernde Kurven und<br />
Zahlen auf den Kontrollmonitoren überwachen seine Atmung,<br />
den Herzschlag, die Sauerstoffsättigung. Ohne diese hochtechnische<br />
Medizin, das Engagement der Ärzte und Pfleger hätten<br />
so früh geborene Kinder wie Joel keine Chance zu überleben.<br />
Doch das allein reicht nicht aus.<br />
Die Stimme kann beruhigen<br />
„All unser Einsatz zielt darauf ab, dass sich die Kinder möglichst<br />
normal entwickeln können“, sagt Oberärztin Dr. Ursula Weller.<br />
„Aber die Therapie ‚Mama‘ ist oft die beste, die man machen<br />
kann. Und auch die Musiktherapie ist ein guter Baustein.“ Der<br />
warme menschliche Kontakt und eine beruhigende Stimme<br />
seien enorm wichtig für die Kinder. Sie setzen den notwendigen<br />
und manchmal auch schmerzhaften Behandlungen positive<br />
Erlebnisse entgegen.<br />
Die Musiktherapeutin Friederike Haslbeck vertraut auf die<br />
Kraft ihrer Stimme, wenn sie mit den winzigen Wesen auf der<br />
Intensivstation arbeitet. „Schon die ganz Kleinen können hören<br />
und reagieren auch auf Geräusche. Doch was sie hier wahrnehmen,<br />
ist emotionsleer, ist nicht mehr der warme, pulsierende<br />
Herzschlag der Mutter“, erklärt sie. Das Piepsen der Monitore, das<br />
Rauschen der Klimaanlage, die schnaufenden Beatmungsgeräte<br />
seien akustische Stressfaktoren für die Kinder. „Ich schaffe für<br />
sie eine Art Klangbett, das die anderen Geräusche maskiert.“<br />
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