04.11.2012 Aufrufe

2010 Sommer - Hoffnungstaler Anstalten Lobetal

2010 Sommer - Hoffnungstaler Anstalten Lobetal

2010 Sommer - Hoffnungstaler Anstalten Lobetal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Zwischen <strong>Lobetal</strong><br />

und Hoffnungstal<br />

Brief an den Freundeskreis · <strong>Sommer</strong> <strong>2010</strong><br />

Gemeinschaftsausgabe mit dem „Boten von Bethel“<br />

Musik kennt<br />

keine Grenzen


Musik kennt<br />

keine Grenzen<br />

im <strong>Sommer</strong> fühlen sich die meisten von uns wohler als zu anderen<br />

Jahreszeiten. Wärmere Tage und ein meist blauer Himmel<br />

zeigen ihre Wirkung. Mit der Aussicht auf Ferien oder der<br />

noch frischen Erinnerung an erholsame Tage fällt uns manches<br />

leichter. Ähnlich positive Gefühle verbinden wir mit Musik.<br />

Die Vorlieben sind unterschiedlich, aber egal ob wir unsere<br />

Lieblingsmusik hören oder sogar selber musizieren – fast immer<br />

hat Musik etwas Entspannendes und Anregendes.<br />

In dieser Ausgabe des Boten von Bethel und des Briefes an den<br />

Freundeskreis möchten wir Ihnen einige Facetten zeigen. Musik<br />

als befreiendes Element hat in Bethel und <strong>Lobetal</strong> viele Seiten,<br />

vom Gemeindegesang im Gottesdienst bis zu Konzerten. In<br />

unseren Einrichtungen kann Musik Gotteslob und Vergnügen<br />

sein, Therapie oder auch Brücke zwischen Menschen. Allemal<br />

weitet sie die Seele und erhöht die Lebensqualität. Das gilt be ­<br />

sonders für Menschen, die mit Einschränkungen leben müssen.<br />

„Ermuntert einander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen<br />

Liedern, singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen“<br />

schreibt der Apostel Paulus im Epheserbrief (Kap. 5,19). Musik<br />

2<br />

Ulrich Pohl<br />

Titelfoto: Der Klang seiner Gitarre zaubert ein Lächeln auf<br />

Jürgen Melches Gesicht. (Lesen Sie dazu S. 4)<br />

Dr. Johannes Feldmann<br />

Liebe Freundinnen und Freunde Bethels und <strong>Lobetal</strong>s,<br />

ist Ausdruck von Lebensfreude und Gemeinschaft, und sie<br />

kann die klingende Antwort der Gemeinde Christi auf die froh<br />

machende Botschaft des Evangeliums sein. Und was kann<br />

schöner klingen als die sanften Töne der Musiktherapie für frühgeborene<br />

Babys? Lesen Sie darüber in den folgenden Berichten.<br />

Für all Ihr Interesse an unserer Arbeit und für Ihre Unterstützung<br />

danken wir Ihnen sehr und grüßen Sie in herzlicher Verbundenheit<br />

aus Bethel und <strong>Lobetal</strong>.<br />

Pastor Ulrich Pohl ist Vorsitzender des<br />

Vorstands der v. Bodelschwinghschen<br />

Stiftungen Bethel<br />

Pastor Dr. Johannes Feldmann<br />

Leiter der <strong>Hoffnungstaler</strong><br />

<strong>Anstalten</strong> <strong>Lobetal</strong><br />

Viele Menschen in Bethel erfreuen sich an der Musik.


Mit der Gitarre durch den Tag<br />

Im Flur lag ein Stück Glück<br />

In sonnigen Farben schimmern die Gardinen. Ein gemütliches<br />

Sofa und ein orangeroter Boden zaubern Wärme in den kleinen<br />

Raum. Doch am liebsten sitzt Jürgen Melches dort im Dunkeln.<br />

Auf seinem Schoß liegt eine Gitarre. Vorsichtig zupft er eine<br />

Saite, neigt den Kopf und lauscht. Er mag es, wie die Töne<br />

schwingen. Er lässt ihnen die Zeit, sich zu entwickeln, bevor er<br />

lächelnd an den nächsten Saiten zupft.<br />

Musik spielt eine große Rolle<br />

Die Gitarre begleitet den 62­jährigen Mann durch den Tag.<br />

Jürgen Melches lebt im Betheler Haus Emmaus. In der Einrichtung<br />

für ältere Menschen mit Behinderung gibt es viel<br />

Abwechslung für die Bewohner. Gemeinsam kann gekocht,<br />

gespielt oder gebastelt werden. Es gibt Lesekreise, und Ausflüge<br />

werden gemacht. „Aber eine besonders große Rolle spielt die<br />

Musik“, erklärt Bethel­Mitarbeiterin Ely Bitzer. „Alle können<br />

an ihr teilhaben, auch Menschen, die sehr eingeschränkt sind.<br />

Für manche ist es ein großer Erfolg, selbst Töne oder sogar<br />

einen Rhythmus gestalten zu können.“<br />

Allein etwas Schönes schaffen<br />

Genauso geht es Jürgen Melches. Auch wenn er keine Griffe<br />

beherrscht, gibt ihm der Klang der Gitarre das Gefühl, ganz allein<br />

etwas Schönes zu schaffen. Das schenkt ihm Selbstbewusstsein.<br />

Der stille Mann, der nur leise und verwaschen spricht, wird von<br />

seinen Mitbewohnern nun anders wahrgenommen. Sie loben<br />

sein Spiel, und er ist stolz darauf. Sogar an einer Musikgruppe<br />

nimmt Jürgen Melches teil, seit er vor zwei Jahren das Ins trument<br />

buchstäblich gefunden hat. „Die lag da draußen. Auf dem<br />

Flur“, flüstert der Mann im Rollstuhl und hält seine Gitarre<br />

dabei ganz fest.<br />

4<br />

Musiktherapie für Frühgeborene<br />

Auch ein Lied hilft beim Wachsen<br />

Ein blaues Deckchen umhüllt den kleinen Joel. Es hebt und senkt<br />

sich schnell, mit jedem seiner Atemzüge. Er ist noch so zart, so<br />

winzig – eine Handvoll Mensch inmitten blinkender Technik.<br />

Viel zu früh kam Joel in der 25. Schwangerschaftswoche auf<br />

die Welt. Gerade einmal 600 Gramm hat er gewogen. Seither<br />

liegt er in einem Brutkasten auf der Frühgeborenen­Intensiv ­<br />

station im Betheler Kinderzentrum. Flackernde Kurven und<br />

Zahlen auf den Kontrollmonitoren überwachen seine Atmung,<br />

den Herzschlag, die Sauerstoffsättigung. Ohne diese hochtechnische<br />

Medizin, das Engagement der Ärzte und Pfleger hätten<br />

so früh geborene Kinder wie Joel keine Chance zu überleben.<br />

Doch das allein reicht nicht aus.<br />

Die Stimme kann beruhigen<br />

„All unser Einsatz zielt darauf ab, dass sich die Kinder möglichst<br />

normal entwickeln können“, sagt Oberärztin Dr. Ursula Weller.<br />

„Aber die Therapie ‚Mama‘ ist oft die beste, die man machen<br />

kann. Und auch die Musiktherapie ist ein guter Baustein.“ Der<br />

warme menschliche Kontakt und eine beruhigende Stimme<br />

seien enorm wichtig für die Kinder. Sie setzen den notwendigen<br />

und manchmal auch schmerzhaften Behandlungen positive<br />

Erlebnisse entgegen.<br />

Die Musiktherapeutin Friederike Haslbeck vertraut auf die<br />

Kraft ihrer Stimme, wenn sie mit den winzigen Wesen auf der<br />

Intensivstation arbeitet. „Schon die ganz Kleinen können hören<br />

und reagieren auch auf Geräusche. Doch was sie hier wahrnehmen,<br />

ist emotionsleer, ist nicht mehr der warme, pulsierende<br />

Herzschlag der Mutter“, erklärt sie. Das Piepsen der Monitore, das<br />

Rauschen der Klimaanlage, die schnaufenden Beatmungsgeräte<br />

seien akustische Stressfaktoren für die Kinder. „Ich schaffe für<br />

sie eine Art Klangbett, das die anderen Geräusche maskiert.“<br />

5


Joel darf für die Therapie noch nicht aus dem Inkubator genommen<br />

werden. Deshalb öffnet Friederike Haslbeck die runde<br />

Seiten klappe des Brutkastens und legt ganz vorsichtig ihre Hand<br />

auf die Brust und den Bauch des Jungen. Joel ist wach. Sein<br />

Gesicht zeigt, dass er nörgelt, doch eine Stimme fehlt ihm noch.<br />

Die Therapeutin beginnt zu singen. Dabei achtet sie genau auf<br />

den Atemrhythmus des Frühgeborenen. Immer drei bis vier<br />

Atem züge werden begleitet von einem langen Ton. In der Höhe<br />

variiert der Gesang nur minimal. Eine besondere Stimmung<br />

ent steht. Es ist, als würde eine Fee ein Wiegenlied summen.<br />

Wie eine hüllende Decke legen sich die Töne über die anderen<br />

Geräusche. Die Atmung des Babys wird gleich mä ßiger, sein<br />

Gesicht entspannt sich. Nur die winzigen Finger bewegen sich<br />

sanft hin und her. Dann seufzt es und schlummert ein.<br />

Die Kinder entwickeln sich besser<br />

Noch eine Weile ruht die Hand der Frau auf der Brust des Frühgeborenen.<br />

„Das war eine ganz schöne Therapie“, flüstert sie.<br />

„Schlaf ist so wichtig für die Kleinen. So bleibt ihnen viel mehr<br />

Energie, um zu wachsen.“ Viele Studien hätten inzwischen<br />

ge zeigt, dass Musiktherapie dabei hilft, dass sich die Kinder<br />

besser entspannen. Oft könnten sie früher entlassen werden und<br />

sich besser entwickeln als Kinder, die keine Therapie bekommen<br />

haben, berichtet Friederike Haslbeck. Dennoch wird Musiktherapie<br />

für Frühchen in nur wenigen Kliniken in Deutsch land<br />

angeboten. In Bethel kann sie dank Spenden finanziert werden.<br />

Joels Mutter Natalia Wölk ist froh über alles, was ihrem Sohn<br />

hilft. Jeden Tag ist sie bei ihm, berührt ihn, spricht mit ihm. „Am<br />

Anfang hatte ich etwas Angst, ihn anzufassen, so klein war er“,<br />

erzählt die junge Mutter. „Aber ich bin einfach glücklich über<br />

unser Kind. Wir wissen, dass die Entscheidung über sein Leben<br />

bei Gott liegt. Das gibt uns Kraft und Ruhe.“ Joel scheint das zu<br />

spüren. Er schlummert und wächst.<br />

Ganz sanft berührt die Musiktherapeutin den winzigen Jungen.<br />

7


Der Reichenwalder Liedermacher<br />

Melodien um Mitternacht<br />

„Lebenszeichen, ja das sind wir! Nana­Nanana!“ Lautstark und<br />

mit sichtlich viel Spaß singen die 13 Frauen und Männer auf der<br />

kleinen Bühne ihr Chorlied – das Lied vom Reichenwalder<br />

„Lebens zeichen­Chor“. Sie klatschen mit den Händen und<br />

wie gen sich rhythmisch hin und her. Mitten unter ihnen steht<br />

Michael Proske. Den linken Fuß lässig auf einen Stuhl gestellt,<br />

begleitet der große, hagere Mann die Sänger mit seiner Gitarre.<br />

Dabei ist er nicht ohne Stolz, denn es sind zum großen Teil seine<br />

Texte und Melodien, die seine Chorfreunde anstimmen.<br />

Nur ganz selten muss Michael Proske auf die Papierseiten vor<br />

ihm auf dem Notenständer schauen. Der 37­Jährige, der an einer<br />

Epilepsie leidet, kennt natürlich jede Strophe aus dem Effeff. So<br />

kann er sich voll und ganz auf sein Gitarrenspiel konzentrieren<br />

und die Musik genießen.<br />

Kompositionen am Computer<br />

Der Chor der Wohnstätten Reichenwalde, einer Einrichtung für<br />

behinderte Menschen in Brandenburg, liegt Michael Proske<br />

sehr am Herzen. In seiner Freizeit verbringt er häufig mehrere<br />

Stunden damit, sich neue Lieder für „Lebenszeichen“ auszudenken.<br />

Manchmal verwendet er die Stücke bekannter<br />

Musikgruppen und denkt sich dazu andere Texte aus, oder ihm<br />

fällt plötzlich eine eigene Melodie ein. Das geschieht meistens<br />

mitten in der Nacht. „Dann stehe ich auf und setze mich sofort<br />

an meinen Computer“, sagt er lächelnd. Michael Proske nutzt für<br />

seine Lieder moderne Hilfsmittel. Über ein Mikrofon und ein<br />

spezielles Softwareprogramm singt oder spielt er seine Ideen auf<br />

seinen PC, damit sie nicht verloren gehen.<br />

Mit seinen Liedtexten setzt sich der an Epilepsie erkrankte<br />

Michael Proske für Menschen mit Behinderung ein.<br />

8


Chorleiterin Sylvia Woltag hebt ihre Hände und stimmt das<br />

nächste Lied an. „Wir sind wir“ ist der Titel. Text und Melodie<br />

sind von Michael Proske. Alle mögen das Lied, allein wegen<br />

seines Textes. In der zweiten Strophe heißt es: „Ihr sollt wissen,<br />

wir sind nicht anders, nicht anders als ihr. Wir können lesen,<br />

schreiben, rechnen und malen so wie ihr. Alle sprechen wir die<br />

gleiche Sprache, keiner soll anders sein.“<br />

Am Leben teilhaben<br />

Behinderungen spielen in allen Liedern von Michael Proske<br />

eine wichtige Rolle. Er nutzt seine Musik, um Verständnis für<br />

behinderte Menschen zu wecken und sich für ihre gleichberechtigte<br />

Teilhabe am Leben in der Gesellschaft einzusetzen. „Man<br />

soll uns einfach Mensch sein lassen“, sagt Michael Proske mit<br />

energischem Ton. Der verheiratete Familienvater, der seit zwei<br />

Jahren relativ selbstständig im benachbarten Storkow lebt und<br />

ambulant von den Wohnstätten Reichenwalde betreut wird,<br />

schreibt alle seine Gedanken und Empfindungen direkt auf. Die<br />

erste Strophe des Lebenszeichen­Chorliedes, in der er „Freiheit,<br />

Freiheit für jedermann“ fordert, ist ihm unmittelbar nach einem<br />

epileptischen Anfall eingefallen. „Damit will ich behinderten<br />

Menschen sagen ‚Gebt nicht auf! Habt Mut und Hoffnung!’.“<br />

Chorproben in der „Knolle“<br />

Einmal in der Woche proben die Chormitglieder in der „Knolle“,<br />

einem kleinen Café auf dem ruhig und idyllisch gelegenen<br />

Gelände der Einrichtung, die zu <strong>Lobetal</strong> gehört. In den<br />

Reichenwalder Wohn stätten werden 88 Frauen und Männer mit<br />

unterschiedlichen Behinderungen betreut.<br />

Zum Abschluss der einstündigen Probe will eine Bewohnerin<br />

unbedingt noch einmal das Chorlied singen. Auch wenn dabei<br />

nicht immer der richtige Ton getroffen wird, sind alle begeistert<br />

dabei. „Noten sind Schall und Rauch“, bemerkt Michael Proske<br />

schmunzelnd und mit einem Augenzwinkern.<br />

10<br />

Integratives Musikprojekt plant Konzert<br />

Den Kirchenraum mit Klang erfüllen<br />

Geschickt kurvt ein Zivildienstleistender den Rollstuhl um die<br />

Ecke. „Da geht’s lang!“, sagt die junge Frau, die von ihm<br />

chauffiert wird, lachend. Die 29­jährige Katharina Könemann<br />

freut sich auf einen besonderen Nachmittag. Zwar wird in der<br />

Betheler Einrichtung Rehoboth, in der Katharina Könemann<br />

seit einem Schlaganfall lebt, immer viel Musik gehört, doch<br />

dies mal geht es darum, selbst welche zu machen.<br />

Mit Spaß dabei: Katharina Könemann und Anna trommeln gemeinsam.


„Musik ist mein Leben“, sagt die junge Frau. Deshalb kommt<br />

ihr ein Projekt, bei dem Schülerinnen und Schüler der 5. Klasse<br />

einer Hauptschule gemeinsam mit Bewohnerinnen und Bewohnern<br />

des Hauses Rehoboth musizieren, gerade recht. Die Gruppe<br />

experimentiert dabei mit Alltagsgegenständen, denen besondere<br />

Töne entlockt werden. Der Leiter des Musikprojekts, Olaf Pyras,<br />

hat etwa Mundstücke auf gebogene Metallrohre geklebt. Wenn<br />

sie angeblasen werden, klingen sie wie Schweizer Alphörner.<br />

Auch Plastikschläuche hat er mitgebracht. Sie heulen, wenn man<br />

sie kräftig schleudert.<br />

Trommeln auf dem Luftballon<br />

Katharina Könemann bevorzugt Schlaginstrumente. Mit einer<br />

Hand klopft sie im Takt auf einen dicken gelben Ballon. Durch<br />

ein Mikrofon wird der Ton verstärkt und entwickelt sich zu<br />

einem wahren Paukenschlag. Die junge Frau freut sich darüber.<br />

„Seit dem Schlaganfall bin ich linksseitig gelähmt. Aber mit<br />

der rechten Hand kann ich trommeln. Das Gefühl, etwas ganz<br />

alleine machen zu können, ist für mich unbeschreiblich schön“,<br />

betont sie. Es ist schwer für sie, zu akzeptieren, dass sie sonst bei<br />

allen Verrichtungen des Alltags auf Hilfe angewiesen ist.<br />

Abwechslung im Alltag schaffen<br />

Der Schlaganfall hat eine tiefe Kluft in ihrem Leben hinterlassen.<br />

„Ich bekam starke Kopfschmerzen und bin von Arzt zu Arzt ge ­<br />

laufen“, berichtet die Germanistin. Doch niemand habe sie ernst<br />

genommen. Auf einem Spaziergang sei sie plötzlich umgefallen.<br />

„Ich bin noch nach Hause gekommen und habe telefoniert.<br />

Mehr weiß ich nicht.“ Als sie wieder zu sich kam, lag sie im<br />

Krankenhaus. Seitdem kann Katharina Könemann nicht mehr<br />

laufen. Sie vergisst viel. Zum Lesen fehlt ihr die Konzentration.<br />

Umso mehr ist das Projekt in der Hauptschule eine willkommene<br />

Abwechslung für Katharina Könemann. Doch es gehe dabei<br />

nicht nur ums Musizieren. Auch der integrative Aspekt sei wichtig,<br />

12<br />

erläutert die Betheler Pastorin Nicole Frommann. „Wir gehen<br />

raus aus der Einrichtung. Die Menschen mit Behinderung sollen<br />

Kontakt zu Menschen in der Nachbarschaft be kommen. Und die<br />

Schülerinnen und Schüler Kontakt zu ihnen.“<br />

Die elfjährige Schülerin Anna hat sich neben Katharina<br />

Könemann gesetzt. „Möchten Sie etwas trinken?“, fragt das<br />

fürsorgliche Mädchen in der Pause. Katharina Könemann ist<br />

dankbar für das Glas Mineralwasser, das Anna ihr reicht. Die<br />

beiden verstehen sich auf Anhieb gut. „Mir ist der Austausch mit<br />

Jüngeren sehr wichtig“, sagt die 29­jährige Frau im Rollstuhl.<br />

Menschen langfristig fördern<br />

In Rehoboth gehört der Austausch zum Konzept. In der Betheler<br />

Einrichtung, die dank des Jahresspendenprojektes 2005 errichtet<br />

werden konnte, leben Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen,<br />

die ihren Alltag nicht mehr allein bewältigen<br />

können. Sie wurden wie Katharina Könemann mitten aus ihrem<br />

Leben gerissen – durch einen Unfall, einen Schlaganfall oder<br />

einen Herzstillstand. Mit speziellen Übungen und Therapien<br />

wird in Rehoboth versucht, die Betroffenen langfristig zu fördern<br />

und ihnen ein Leben in Gemeinschaft zu ermöglichen.<br />

Freude ins Leben bringen<br />

Das integrative Musikprojekt bringt auf ungewöhnliche Weise<br />

Freude in das Leben der Menschen. Mit kleinen Bewegungen<br />

können sie dabei Großes bewirken. Katharina Könemann und<br />

vier andere Bewohner des Hauses Rehobot gehören zum Orchester.<br />

Der Berufsmusiker Olaf Pyras hat große Pläne mit ihnen<br />

und den Mädchen und Jungen von der Hauptschule. Er will ein<br />

Kirchenkonzert veranstalten. Der Musikexpertin Katharina<br />

Könemann ist sofort klar, dass die Akustik in einer Kirche etwas<br />

ganz Besonderes ist. „Ich freue mich schon auf den Moment,<br />

wenn der ganze Kirchenraum mit Klang erfüllt ist“, sagt sie mit<br />

glänzenden Augen.<br />

13


Kurz berichtet aus <strong>Lobetal</strong><br />

Jubiläum<br />

in Blütenberg<br />

Liebe Leserinnen<br />

und Leser,<br />

Ende Juni konnten wir mit einem Festgottesdienst in Blütenberg das<br />

75-jährige Bestehen unserer dortigen Wohnstätten begehen. 1935<br />

schrieb Anstaltsleiter Pastor Paul Braune: „So fassten wir den Mut,<br />

in Blütenberg, nahe von Eberswalde, ein Heim neu einzurichten.<br />

Es han delt sich dabei um ein kleines Landgut, das völlig einsam im<br />

Hügelland liegt...“ In vielfältiger Weise hat sich das „verfallene Gut<br />

Blütenberg“ entwickelt. Zeitzeuge aus den Anfangstagen ist das<br />

„Haupthaus“. Hier wurden und werden in fröhlicher Runde Feste<br />

und Feiern im Jahreskreis begangen. Die Glocke lädt zum Gottesdienst<br />

ein. Viele Bewohnerinnen, Bewohner und Einwohner nehmen<br />

gern daran teil. Die landwirtschaftliche Prägung ist bis heute erhalten<br />

geblieben. Die Erträge dienen als Futter der <strong>Lobetal</strong>er und Dreibrücker<br />

Rinder. Darüber hinaus werden die Äpfel der betagten und neuen<br />

Bäume zu <strong>Lobetal</strong>er Apfelsaft verarbeitet. Heute leben Männer und<br />

Frauen in rekonstruierten bzw. neu gebauten Wohn stätten. Viele<br />

Möglichkeiten der Alltagsgestaltung können genutzt werden, dazu<br />

gehören das Malen in der<br />

Kreativen Werk statt, Reiten<br />

auf Blütenberger Pferden und<br />

gemeinsame Ausflüge.<br />

Mit freundlichen Grüßen,<br />

Ihr Matthias Waldmann<br />

(Leiter Wohnstättenverbund)<br />

Dank Ihrer Hilfe konnten wir in den zurückliegenden<br />

Monaten in unseren Arbeitsbereichen Spenden u.a. einsetzen für:<br />

· Gartenmöbel für das Seniorenheim Haus Esther<br />

· ein Wasserbett für therapeutische Zwecke im Johann-Hinrich-<br />

Wichern-Haus in Rüdnitz<br />

· zwei spezielle Therapiesattel für unsere Reittherapie<br />

· die Ausstattung eines Computerraumes zur Schulung<br />

von Menschen mit Behinderung<br />

· einen klappbaren Wickeltisch für pflegebedürftige<br />

Beschäftigte im Tagesförderbereich Kapernaum<br />

· ein neues Fernsehgerät und Musikinstrumente für Dreibrück<br />

· ein Dusch- und Pflegestuhl für das Rosenhaus in Erkner<br />

· ein Elektromobil für gehbeeinträchtige Bewohner<br />

der Wohnstätte Eben-Ezer<br />

· verschiedene Sportgeräte und Werkzeuge für die<br />

Jugendwohn einrichtung Wendepunkt in Rüdnitz<br />

Sachspenden: Noch tragbare, gut erhaltene Damen-, Herren-,<br />

Kinderbekleidung und -wäsche, Schuhe, Tisch- und Bettwäsche,<br />

Bilderbücher, Spiele sowie gebrauchte Briefmarken und alte Münzen<br />

oder Ansichtskarten nehmen wir weiterhin gern entgegen. Sie<br />

können diese bei uns abgeben. Postsendungen bitte freimachen,<br />

da wir die Versandkosten nicht übernehmen können.<br />

Paketanschrift: Dankort, Ortsteil <strong>Lobetal</strong><br />

Bodelschwinghstraße 5, 16321 Bernau b. Berlin<br />

Ansprechpartner:<br />

Spenden-Telefon 03338-66263 (Herr Mag), Fax 03338-66260<br />

Info-Telefon 03338-66277 (Herr Bertheau, Frau Waldschmidt)<br />

Alt-Kleiderspenden 03338-66360 (Brockensammlung <strong>Lobetal</strong>)<br />

Spendenkonto der <strong>Hoffnungstaler</strong> <strong>Anstalten</strong> <strong>Lobetal</strong>:<br />

KD-Bank eG, Konto-Nr. 22 22 24, Bankleitzahl 350 601 90<br />

Gemeinsame Ausgabe des Boten von Bethel und des Briefes an den<br />

Freundeskreis der <strong>Hoffnungstaler</strong> <strong>Anstalten</strong> <strong>Lobetal</strong>.<br />

Bethel-Verlag, Bielefeld, Herausgeber: Ulrich Pohl und Dr. Johannes Feldmann,<br />

v. Bo delschwinghsche Stif tungen Bethel, Postfach 13 02 60, 33545 Bie lefeld.<br />

Mitglied des Gemeinschafts werkes der Evan ge li schen Publizistik.<br />

Erscheinungsweise vierteljährlich. Redaktion: Jens U. Garlichs (verantwort lich), Heike Lep kojis.<br />

Text: Silja Harrsen, Gunnar Kreutner, Heike Lepkojis.<br />

Fotos: Reinhard Elbracht, Gunnar Kreutner.<br />

Gedruckt auf 100% Recyclingpapier Steinbeis-Charisma-Silk. ISSN 0935-3941.<br />

15


Erweiterungsbau in Rüdnitz begonnen<br />

Seit Mitte April entsteht mitten in Rüdnitz ein Erweiterungsbau<br />

für den Wohn- und Betreuungsverbund für Menschen mit Abhän -<br />

gig keitserkrankung. Der Bau war notwendig geworden, um die<br />

sehr dezentral gelegene Wohneinrichtung Langerönner Mühle<br />

direkt im Ortskern zu integrieren. Dabei richtet sich das Haus mit<br />

neuem Konzept an abhängigkeitskranke Menschen mit zusätzlichen<br />

gesundheitlichen Störungen. Die Wohnbedingungen werden sich<br />

er heblich verbessern. So können nach Inbetriebnahme die 24 Therapieplätze<br />

überwiegend in Einzelzimmern und einer barriere freien<br />

Wohngruppe angeboten werden. Die beiden Nachbargebäude er -<br />

halten neue Fenster<br />

und ihre ursprüngliche,<br />

ansprechende<br />

Fassadengestaltung.<br />

Das direkt angrenzende<br />

Gründerzeit-<br />

Gebäude wird nach<br />

neuestem Wohnstan<br />

dard um gebaut.<br />

Die drei Gebäude<br />

werden sich gut in<br />

das bestehende<br />

Dorf straßen-Ensemble einfügen. Alle Bewohnerinnen und Bewohner<br />

begleiten derzeit aufmerksam das Baugeschehen und freuen sich<br />

schon auf die Fertigstellung Ende <strong>2010</strong>.<br />

In herzlicher Verbundenheit<br />

Ihre <strong>Hoffnungstaler</strong> <strong>Anstalten</strong><br />

<strong>Lobetal</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!