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HYDRAULIK UND HYDROMECHANIK Übungsteil - Department ...

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Institut für Hydraulik und landeskulturelle Wasserwirtschaft<br />

<strong>Department</strong> Wasser-Atmosphäre-Umwelt<br />

Universität für Bodenkultur Wien<br />

LVA Nr. 815 100<br />

<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong><br />

Übungsteil<br />

Gerhard KAMMERER Wien, SS 06


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

INHALTSVERZEICHNIS ..................................................................................................................2<br />

ALLGEMEINES..................................................................................................................................4<br />

Lehrziel............................................................................................................................................5<br />

Lehrinhalt ........................................................................................................................................5<br />

Empfehlungen .................................................................................................................................5<br />

Lehrveranstaltungen .................................................................................................................5<br />

Skriptum...................................................................................................................................5<br />

Literatur....................................................................................................................................6<br />

1. EIGENSCHAFTEN VON FLÜSSIGKEITEN...............................................................................7<br />

1.1 Dichte .......................................................................................................................................7<br />

1.2 Gewicht ....................................................................................................................................7<br />

1.3 Zähigkeit...................................................................................................................................8<br />

1.4 Oberflächenspannung...............................................................................................................9<br />

1.5 Kapillarität..............................................................................................................................10<br />

1.6 Sättigungsdampfdruck............................................................................................................12<br />

1.7 Fluiddruck ..............................................................................................................................13<br />

2. HYDROSTATIK...........................................................................................................................16<br />

2.1 Hydrostatischer Druck auf ebene Flächen .............................................................................18<br />

2.2 Druck auf zusammengesetzte oder gekrümmte Oberflächen in Hauptlage ...........................20<br />

2.3 Flüssigkeiten in anderen Kraftfeldern ....................................................................................22<br />

3. AUFTRIEB <strong>UND</strong> SCHWIMMEN ...............................................................................................24<br />

4. HYDRODYNAMIK .....................................................................................................................26<br />

4.1 Grundlagen für die Berechnung von Strömungen..................................................................26<br />

4.2 Bernoulli-Gleichung...............................................................................................................27<br />

4.3 Erweiterte Bernoulli-Gleichung .............................................................................................30<br />

4.4 Laminare Rohrströmung ........................................................................................................31<br />

4.5 Turbulente Rohrströmung ......................................................................................................35<br />

4.5.1 Rohrrauigkeit ................................................................................................................36<br />

4.5.2 Berechnung des Rohrreibungsbeiwertes λ....................................................................37<br />

4.5.3 Rohrdurchmesser ..........................................................................................................40<br />

4.5.4 Berechnung der Verlusthöhe h v ....................................................................................41<br />

Inhaltsverzeichnis S. 2


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

4.6 Rohrleitungsberechnung.........................................................................................................43<br />

4.6.1 Grundfall 1....................................................................................................................43<br />

4.6.2 Grundfall 2....................................................................................................................44<br />

4.6.3 Grundfall 3....................................................................................................................44<br />

4.6.4 Grundfall 4....................................................................................................................44<br />

4.6.5 Grundfall 5....................................................................................................................46<br />

4.6.6 Grundfall 6....................................................................................................................48<br />

4.7 Teilfüllung im Kreisprofil ......................................................................................................53<br />

4.8 Nichtkreisförmige Querschnitte .............................................................................................55<br />

4.8.1 Vollfüllung im beliebigen Normprofil..........................................................................56<br />

4.8.2 Teilfüllung im beliebigen Normprofil ..........................................................................58<br />

4.9 Pumpenbemessung .................................................................................................................59<br />

4.9.1 Ermittlung des Bemessungspunktes .............................................................................59<br />

4.9.2 Leistungsbedarf.............................................................................................................59<br />

4.9.3 Zulässige Saughöhe ......................................................................................................60<br />

5. KRÄFTE BEI STATIONÄREN STRÖMUNGSVORGÄNGEN................................................63<br />

6. ABFLUSS IN OFFENEN GERINNEN........................................................................................66<br />

6.1 Stationär-gleichförmige Wasserbewegung ............................................................................66<br />

6.2 Hydraulisch günstiger Fließquerschnitt .................................................................................68<br />

6.3 Fließzustand in offenen Gerinnen ..........................................................................................69<br />

6.3.1 Grenzzustand im Rechteckprofil...................................................................................71<br />

6.3.2 Grenzzustand im symmetrischen Trapezprofil .............................................................71<br />

6.4 Stationärer, leicht ungleichförmiger Abfluss – Stau- und Senkungslinien ............................73<br />

6.4.1 Berechnung nach TOLKMITT .....................................................................................74<br />

6.4.2 Standard-Step-Verfahren ..............................................................................................78<br />

6.4.3 Inverse Probleme bei den Verfahren nach RÜHLMANN oder TOLKMITT ..............81<br />

6.5 Stationärer, stark ungleichförmiger Abfluss ..........................................................................84<br />

6.5.1 Überfälle .......................................................................................................................84<br />

6.6 Instationärer Abfluss ..............................................................................................................86<br />

7. GEO<strong>HYDRAULIK</strong>.......................................................................................................................87<br />

8. ANHANG......................................................................................................................................89<br />

8.1 Hydraulisch günstiges Trapezprofil bei vorgegebener Böschungsneigung ...........................89<br />

8.2 Froudesches Ähnlichkeitsgesetz ............................................................................................91<br />

8.3 Überfallbeiwert bei freien Überfällen und bei breitkronigen Wehren ...................................91<br />

LITERATURVERZEICHNIS ...........................................................................................................95<br />

Inhaltsverzeichnis S. 3


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

ALLGEMEINES<br />

Nummer der LV: 815 100<br />

Titel:<br />

Hydraulik und Hydromechanik<br />

Typ:<br />

Vorlesung mit Übungen (VU)<br />

Wochenstunden: SS 5.0<br />

Termine: siehe Stundenplan im Internet. Die Termine am Dienstag finden im Hörsaal<br />

XX in der Muthgasse und jene am Donnerstag im EH03 im Exner-Haus<br />

statt. Der Übungsteil wird voraussichtlich an folgenden Terminen abgehalten:<br />

18. Kalenderwoche: Di 02.05. 14:00–15:30<br />

19. Kalenderwoche: Di 09.05. 11:30–13:00 und 14:00–15:30<br />

20. Kalenderwoche: Di 16.05. 14:00–15:45 Do 18.05. 14:30–16:00<br />

21. Kalenderwoche: Di 23.05. 14:00–15:45<br />

22. Kalenderwoche: Di 30.05. 14:00–15:45<br />

23. Kalenderwoche: Do 08.06. 14:30–16:00<br />

24. Kalenderwoche: Di 13.06. 14:00–15:45<br />

25. Kalenderwoche: Di 20.06. 14:00–15:45 Do 22.06. 14:30–16:00<br />

26. Kalenderwoche: Di 27.06. 14:00–15:45 Do 29.06. 14:30–16:00<br />

Wechsel zwischen Vorlesungs- und Übungseinheiten sind kurzfristig möglich,<br />

werden jedoch zum vorhergehenden Termin (Vorlesungen oder Übungen) verlautbart.<br />

Stellung im Lehrplan: Pflichtfach im 2. Semester des Bakkalaureatstudiums Kulturtechnik und<br />

Wasserwirtschaft<br />

Vortragende: Vorlesungsteil: ao. Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Willibald LOISKANDL<br />

Übungsteil: Ass.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Gerhard KAMMERER<br />

Institut:<br />

Hydraulik und landeskulturelle Wasserwirtschaft, Muthgasse 18, Haus B<br />

(Emil-Perels-Haus), Stiege 2, 4. Stock (<strong>Department</strong> Wasser-Atmosphäre-<br />

Umwelt)<br />

Sprechstunden Dr. KAMMERER: im Büro (Zimmer 04/67) montags von 10–12 Uhr bzw. nach<br />

Vereinbarung (telefonisch unter Tel.Nr. 01 36006 5487 oder per E-Mail<br />

gerhard.kammerer@boku.ac.at)<br />

Anmeldung: nicht erforderlich; es sind jedoch die Angaben für das Programm entweder in<br />

der ersten (oder zweiten) Übungsstunde oder später in den Sprechstunden bei<br />

Dr. KAMMERER zu beziehen. Programmangaben, die in einem früheren<br />

Studienjahr bezogen wurden, sind nach wie vor gültig, selbst wenn sie schon<br />

über 10 Jahr alt sein sollten!<br />

Programm-Mappe: Die vier Programme sind nachvollziehbar auszuarbeiten und in einer blauen<br />

Flügelmappe, die zumindest mit Namen, Matrikelnummer und Programm-<br />

Angabennummer zu beschriften ist, abzugeben. Zu allen Beispielen sind Prinzipskizzen<br />

anzufertigen.<br />

Allgemeines S. 4


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Leistungsnachweis: erfolgt für die gesamte Lehrveranstaltung als Kombinationsprüfung in zwei<br />

schriftlichen Teilen an einem Tag, wobei zuerst die Vorlesungs- und nach einer<br />

kurzen Pause die Übungsteilprüfung stattfindet.<br />

In der Übungsteilprüfung sind drei Rechenbeispiele zu lösen und gemeinsam<br />

mit der ausgearbeiteten Programm-Mappe abzugeben (auch im Falle der Prüfungswiederholung).<br />

Im Gegensatz zur Vorlesungsteilprüfung können hierbei<br />

die Übungsunterlagen, die Programm-Mappe, die Unterlagen zum Vorlesungsteil<br />

und sonstige Unterlagen verwendet werden.<br />

Prüfungshinweise: Aktuelles, Richtlinien zu den Durchführungsbestimmungen, Termine, Anmeldung<br />

und Noten sind in der Homepage des Institutes für Hydraulik und landeskulturelle<br />

Wasserwirtschaft<br />

http://www.wau.boku.ac.at/ihlw.html<br />

unter „Prüfungen“ zu finden. Bei Problemen bitte das Sekretariat (per Mail<br />

dietmar.fellner@boku.ac.at oder Tel.Nr. 01 36006 5450) kontaktieren.<br />

Sobald die Prüfungen beurteilt sind, werden die Ergebnisse anonymisiert im<br />

Internet und per Aushang vor dem Institut (4. Stock) bekannt gegeben. Detailergebnisse<br />

für die Kombinationsprüfung sind auf der Programm-Mappe (auch<br />

bei negativem Abschluss!) vermerkt, die vormittags im Sekretariat des Instituts<br />

im 2. Stock bei Fr. NOWOTNY unbedingt abzuholen ist.<br />

Lehrziel<br />

Die Übungen sollen die Anwendung der Grundkenntnisse aus der klassischen Hydraulik und aus<br />

der Geohydraulik für ingenieurtechnische Aufgaben vermitteln und damit eine hydraulische<br />

Berechnung, Bemessung oder Dimensionierung wasserbaulicher Vorhaben ermöglichen.<br />

Lehrinhalt<br />

Hydrostatik, Rohrhydraulik, Gerinnehydraulik, Wehrhydraulik, Geohydraulik<br />

Empfehlungen<br />

Lehrveranstaltungen<br />

Vorausgehende Lehrveranstaltungen:<br />

875 . 101 VU Mechanik MOLIN<br />

Weiterführende Lehrveranstaltungen:<br />

815 . 300 VU Hydrodynamik LOISKANDL<br />

Skriptum<br />

Die Beispielangaben variieren von Studienjahr zu Studienjahr. Darüber hinaus wird versucht, die<br />

erklärenden allgemeinen Texte in den Übungsunterlagen mitunter zu verbessern bzw. zu erweitern.<br />

Sie stellen eine Ergänzung zu den Unterlagen für den Vorlesungsteil dar und umfassen die wich-<br />

Allgemeines S. 5


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

tigsten, jedoch keineswegs alle Ansätze zur Lösung der Beispiele. Die Vorlesungsunterlagen sind<br />

daher nicht nur unabdingbar für die Theorie des Stoffes, sondern auch zur Lösung vieler Übungsbeispiele<br />

und auch der Prüfungsbeispiele des Übungsteils.<br />

Daraus folgt unmittelbar, dass die Übungsunterlagen weder den gesamten Lehrinhalt des Übungsteils<br />

abdecken noch für die Teilprüfungsvorbereitung ausreichend sind.<br />

Die Übungsunterlagen des aktuellen Jahrgangs als auch des vorangegangenen Jahrgangs können als<br />

pdf-Dokument im Internet unter der Adresse<br />

http://www.wau.boku.ac.at/4400.html<br />

heruntergeladen werden. Die alten Unterlagen enthalten zu rund einem Drittel andere Beispiele als<br />

die des laufenden Jahrgangs und stellen daher eine zusätzliche Quelle für die Prüfungsvorbereitung<br />

bzw. für die Vertiefung des Stoffs dar. Für den Prüfungsstoff sind immer die Studienunterlagen und<br />

die Vorlesung des aktuellen Jahrgangs maßgeblich, Wenn also zwischen dem Lehrveranstaltungsbesuch<br />

und der Prüfungsvorbereitung mehrere Studienjahre verstrichen sein sollten, ist das Herunterladen<br />

der aktuellen Version der Übungs- und Vorlesungsunterlagen ratsam.<br />

Literatur<br />

Die beiden folgenden Bücher enthalten etliche durchgerechnete Beispiele und viele Beispielangaben<br />

mit Lösungen. Das erste Buch zeichnet sich durch eine eher knappe und das zweite durch eine<br />

vorzügliche Darstellung der Theorie aus; dieses ist daher als Lehr- und als Übungsbuch gleichermaßen<br />

gut geeignet. Beide Werke decken allerdings nicht den gesamten Stoffumfang ab, insbesondere<br />

nicht die Geohydraulik.<br />

GILES R. 1977. Fluid Mechanics and Hydraulics. 2 nd ed SI (metric) edition. New York: McGraw-<br />

Hill Book Company, Schaum´s Outline Series<br />

STREET R L, WATTERS G Z, VENNARD J K. 1996. Elementary Fluid Mechanics. 7 th ed. New<br />

York: John Wiley & Sons, Inc<br />

Allgemeines S. 6


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

1. EIGENSCHAFTEN VON FLÜSSIGKEITEN<br />

1.1 Dichte<br />

Flüssigkeiten sind annähernd dichtebeständige Fluide, d. h. die Abhängigkeit der Dichte von der<br />

Temperatur und vom Druck ist für die meisten Anwendungsfälle vernachlässigbar klein. Die Dichte<br />

ist dann auch ortsunabhängig und an Stelle des Differenzialquotienten kann der einfache Quotient<br />

eines masseerfüllten Kontinuums gesetzt werden:<br />

ρ =<br />

Masse<br />

Volumen = m V<br />

[ρ] = kg·m −3 Dichte<br />

[m] = kg Masse<br />

[V] = m 3 Volumen<br />

Die Dichte von Wasser weist bei 4 °C ihr Maximum mit ρ W = 999,97 kg/m 3 auf und beträgt z. B. bei<br />

20 °C 998,21 kg/m 3 . Auf Grund der geringen Abhängigkeit von der Temperatur und vom Druck<br />

wird in den Übungen generell – sofern nicht anders angegeben – mit ρ W = 1,00×10 3 kg/m 3 gerechnet.<br />

1.2 Gewicht<br />

Gemäß NEWTON unterliegt die Masse im Schwerefeld der Erde einer Anziehungskraft, dem Gewicht:<br />

F = G · M ·m<br />

r 2<br />

[F] = kg·m·s −2 Gewicht<br />

[G] = m 3·kg −1·s −2 newtonsche Gravitationskonstante; G = (6,6742±0,0010)×10 −11 −2<br />

m<br />

3·kg<br />

−1·s<br />

[M] = kg Erdmasse; M = 5,977×10 24 kg<br />

[m] = kg Masse des betrachteten Objektes<br />

[r] = m Abstand der Schwerpunkte<br />

Für Flüssigkeiten nahe der Erdoberfläche kann für r der durchschnittliche Erdradius R gesetzt werden.<br />

Werden die somit bekannten Größen G, M und r zur Fallbeschleunigung g zusammengefasst<br />

g = G ·M /R¯2 ,<br />

[R¯] = m durchschnittlicher Erdradius; R¯ = 6371000 m (am Äquator: R = 6378,140 km,<br />

Polarradius R = 6356,755 km)<br />

ergibt sich das Gewicht einer Masse vereinfacht zu<br />

F = g ·m.<br />

[g] = m·s −2 Fallbeschleunigung. Der Normwert beträgt für Österreich und international<br />

g n = 9,80665 m/s 2 und schwankt zwischen 9,7960 m/s 2 (Gipfel des Großglockners)<br />

und 9,8095 m/s 2 (nördliches Niederösterreich) [ON V118, 1996]. In<br />

den Übungen wird einheitlich mit g = 9,81 m/s 2 gerechnet.<br />

Eigenschaften von Flüssigkeiten S. 7


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

1.) Berechne die Dichte ρ und die relative Dichte ρ rel einer Ölsorte mit dem Volumen V<br />

und dem Gewicht G.<br />

G = 46,8 kN<br />

V = 5,60 m 3<br />

1.3 Zähigkeit<br />

Als Zähigkeit wird jenes Verhalten von Flüssigkeiten bezeichnet, der Verschiebung von Flüssigkeitsteilchen<br />

gegeneinander einen (geringen) Widerstand oder innere Reibung entgegenzusetzen.<br />

Ein Maß für die Zähigkeit ist die dynamische Viskosität η, die bei laminarer Strömung newtonscher<br />

Flüssigkeiten als Proportionalitätsfaktor zwischen der herrschenden Schubspannung und dem<br />

Geschwindigkeitsgradienten definiert ist:<br />

τ = η · dv<br />

dn<br />

(1-1)<br />

[τ] = kg·m −1·s −2 Schubspannung<br />

[η] = kg·m −1·s −1 dynamische Viskosität<br />

[v] = m·s −1 Fließgeschwindigkeit<br />

[n] = m Ortskoordinate normal zur Bewegungsrichtung<br />

Die Dimension der dynamischen Viskosität η ist daher dim η = M L −1 T −1 , die Einheit [η] = N·s·m −2<br />

oder Pa·s. η ist eine stark temperaturabhängige (und strömungsabhängige) Stoffgröße.<br />

Eine davon abgeleitete Stoffgröße ist der Quotient aus der dynamischen Viskosität und der Dichte<br />

ν = η ρ .<br />

[ν] = m 2·s −1 kinematische Viskosität<br />

Diese abgeleitete Größe ist unabhängig vom Masse- und Kraftbegriff und daher eine kinematische<br />

Größe. ν wird demnach als kinematische Viskosität bezeichnet.<br />

Als Näherungsformel für die Temperaturabhängigkeit der kinematischen Viskosität von Wasser<br />

kann nach POISEUILLE [zitiert in BOLLRICH und PREISZLER, 1990] folgende Funktion (in<br />

Form einer zugeschnittenen Größengleichung) benutzt werden:<br />

ν H2O (t)<br />

1,78×10 −6<br />

−1<br />

m<br />

2·s<br />

=<br />

1 + 0,0337·(t / °C) + 0,000221·(t / °C) 2 (1-2)<br />

[ν H2O ] = m 2·s −1 kinematische Viskosität von Wasser<br />

[t] = °C vorgegebene Temperatur<br />

2.) Eine laminar strömende Flüssigkeit besitzt die dynamische Viskosität η. Berechne die<br />

Geschwindigkeit, den Geschwindigkeitsgradienten und die Schubspannung an der<br />

Berandung und in einer Entfernung n = 25 mm, 50 mm und 75 mm unter der Annahme,<br />

dass<br />

a) eine lineare Geschwindigkeitsverteilung und<br />

Eigenschaften von Flüssigkeiten S. 8


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

b) eine parabolische Geschwindigkeitsverteilung<br />

vorliegt!<br />

η = 0,048 Pa·s<br />

In beiden Fällen betrage die Geschwindigkeit<br />

v an der Berandung (n = 0) 0 m/s und an der<br />

Stelle n = 75 mm, an der sich bei b) der<br />

Parabelscheitel (= v max ) befindet, 1,125 m/s.<br />

1.4 Oberflächenspannung<br />

Verantwortlich für die Oberflächenspannung sind die nach verschiedenen Richtungen unterschiedlich<br />

starken intermolekularen Anziehungskräfte [MORTIMER und MÜLLER, 2003], also Dipol-<br />

Dipol-Kräfte bei polaren Molekülen, Wasserstoffbrücken und bei unpolaren Molekülen London-<br />

Kräfte. Stoffe weisen im flüssigen Zustand wesentlich größere Dichten und damit geringere mittlere<br />

Teilchenabstände auf als im gasförmigen. Während Moleküle im Inneren einer Flüssigkeit von allen<br />

Seiten gleich starken Anziehungskräften unterliegen, werden sie an der Grenzfläche zu einer<br />

Gasphase bzw. zu Gasgemischen wie Luft von der flüssigen Phase viel stärker angezogen als von<br />

der Gasphase. Daraus folgt, dass für die Verschiebung von Molekülen an der Grenzfläche in<br />

Richtung der Gasphase bzw. für die Vergrößerung der Flüssigkeitsoberfläche (bzw. des Abstandes<br />

zu seinen flüssigen Nachbarmolekülen) Arbeit verrichtet werden muss. Der Quotient aus der Arbeit,<br />

die zur Vergrößerung der Oberfläche erforderlich ist, und der Größe des Flächenzuwachses wird als<br />

Oberflächenspannung σ bezeichnet:<br />

σ = Arbeit<br />

Fläche = Kraft<br />

Länge<br />

[σ] = N·m −1 Oberflächenspannung<br />

Die Dimension von σ wird demnach gebildet aus Kraft/Länge: dim σ = M L T −2 L −1 = M T −2 . Nachdem<br />

Moleküle im Inneren von Flüssigkeiten stark vereinfacht betrachtet von 12 Nachbarmolekülen<br />

angezogen werden und solche an der Grenzfläche von 9, beträgt die Energie, die man aufwenden<br />

muss, um ein Molekül an die Oberfläche zu bringen, etwa ein Viertel derjenigen, um es ganz aus<br />

der Flüssigkeit zu befreien. Die Oberflächenenergie pro Molekülfläche beträgt also etwa ¼ der<br />

Verdampfungsenergie bzw. der latenten Energie [VOGEL, 1999].<br />

Die experimentelle Bestimmung der Oberflächenspannung kann z. B. mit der Blasendruckmethode,<br />

mit der Steighöhenmethode, mit dem Du-Noüy-Tensiometer, mit der Wilhelmy-Platten-Methode<br />

und mit anderen Verfahren erfolgen. Bei 20 °C beträgt die Oberflächenspannung von (reinem)<br />

Wasser gegen Luft σ = 0,0728 N/m. Allerdings können kleinste Verunreinigungen die Oberflächenspannung<br />

von Wasser stark verändern. Die Oberflächenspannung nimmt mit steigender Temperatur<br />

ab (σ (t = 10 °C) = 0,0742 N/m).<br />

3.) Ein kleiner Wassertropfen steht bei der Temperatur t mit Luft in Kontakt und hat einen<br />

Durchmesser d. Wie groß ist die Oberflächenspannung, wenn der Druck im Inneren<br />

des Tröpfchens um p größer ist als der Atmosphärendruck?<br />

t = 25 °C d = 0,04 mm p = 610 Pa<br />

Eigenschaften von Flüssigkeiten S. 9


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

4.) Wie groß ist der Kohäsionsdruck im Inneren einer Luftblase mit dem Durchmesser d<br />

in Wasser?<br />

d = 5,0 mm<br />

σ = 0,073 N/m<br />

5.) Ein Wassertropfen hängt an einem Rohr mit dem Außenradius r 0 ,<br />

aus dem Flüssigkeit nachdringt, bis der Tropfen unter seinem eigenen<br />

Gewicht abreißt. Wie schwer wird der Tropfen und welchen<br />

Radius nimmt er – als Kugel genähert – ein?<br />

σ = 0,0728 N/m<br />

r 0 = 1,0 mm<br />

1.5 Kapillarität<br />

Die Oberflächenspannung als Resultat unterschiedlicher Anziehungskräfte an der Oberfläche von<br />

Flüssigkeiten gegenüber Gasen ist nur ein Spezialfall von Grenzflächenspannungen zwischen beliebigen<br />

Stoffen, die eine eigene Phase bilden. Stoßen z. B. eine Gasphase (Gasgemische, Dämpfe;<br />

z. B. Luft (1)), ein tropfbares Fluid (Flüssigkeit; z. B. Wasser (2)) und ein fester Stoff (3) zusammen,<br />

so treten drei Randspannungen auf, wobei die Grenzflächenspannung zwischen einem tropfbaren<br />

Fluid (Flüssigkeit) und der Gasphase als Oberflächenspannung (σ 12 ) und der Spannungsunterschied<br />

zwischen den zwei Fluiden und dem festen Stoff als Haftspannung bezeichnet wird<br />

(σ 13 − σ 23 ) [BOHL, 1989]. Je nach der Größe der drei Randspannungen bildet sich an der Schnittlinie<br />

der drei Begrenzungsflächen ein Benetzungswinkel α zwischen dem festen Stoff und der<br />

Grenzfläche 12 aus. Wenn die Oberfläche 12 in Ruhe verharrt, müssen die Grenzflächenspannungen<br />

im Berührungspunkt B der untenstehenden Skizze im Gleichgewicht sein und es muss in<br />

Wandrichtung (nach unten gerichtete x-Achse) für die Summe der x-Komponenten der Spannungsvektoren<br />

gelten<br />

σ 13 x + σ 23 x + σ 12 x = 0.<br />

In vektorieller Schreibweise lässt sich diese Gleichung als Summe der Skalarprodukte der Spannungsvektoren<br />

mit dem Einheitsvektor in x-Richtung i = ⎜ ⎛ 1<br />

⎝ 0⎠ ⎟⎞ darstellen:<br />

σ 13 ·i + σ 23 ·i + σ 12 ·i = 0. (1-3)<br />

Um den funktionalen Zusammenhang zwischen den Oberflächenspannungen und dem Benetzungswinkel<br />

herzustellen, wird nun von Verhältnissen wie in der Abbildung 1-1 links ausgegangen. σ 13<br />

besitzt die Größe | σ 13 | = σ 13 und ist in diesem Beispiel nach oben bzw. in umgekehrter x-Richtung<br />

orientiert, σ 23 nach unten bzw. in x-Richtung (| σ 23 | = σ 23 ).<br />

Die Skalarprodukte der soeben durch Größe und Richtung festgelegten Vektoren sind definitionsgemäß<br />

anzusetzen mit a ·b = | a |·| b |·cos φ:<br />

|σ 13 |·| i |·cos π + | σ 23 |·| i |·cos 0 + | σ 12 |·| i |·cos α = 0<br />

σ 13·1·(−1) + σ 23·1·1 + σ 12·1·cos α = 0<br />

−σ 13 + σ 23 + σ 12 ·cos α = 0.<br />

Alternativ kann man die Spannungsvektoren und den Einheitsvektor durch ihre Richtungskomponenten<br />

angeben. Gleichung 1-3 nimmt für das Beispiel lt. Abbildung 1-1 links folgende Gestalt an<br />

Eigenschaften von Flüssigkeiten S. 10


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

⎛−σ 13⎞<br />

⎜ ⎟<br />

⎝ 0 ⎠<br />

·⎝⎜ ⎛ 1<br />

0 ⎠ ⎟⎞ + ⎝ ⎜⎛ σ 23<br />

0 ⎠ ⎟⎞ ·⎝ ⎜⎛ 1<br />

0 ⎠ ⎟⎞ + ⎝ ⎜⎛ σ 12·cos α<br />

σ ⎠ ⎟⎞ 12·sin α ·⎝ ⎜⎛ 1<br />

0 ⎠ ⎟⎞ = 0.<br />

Die zweidimensionalen Skalarprodukte sind gemäß a ·b = a 1 ·b 1 + a 2 ·b 2 zu bilden, sodass man für<br />

die Gleichung −σ 13·1 + 0·0 + σ 23·1 + 0·0 + σ 12 ·cos α · 1 + σ 12 ·sin α · 0 = 0 erhält.<br />

Für den Benetzungswinkel gilt also cos α = σ 13 − σ 23<br />

σ 12<br />

. (1-4)<br />

Abbildung 1-1:<br />

Benetzungswinkel α bei verschiedenen 3-Stoff-Systemen<br />

Je nach der Größe der drei Grenzflächenspannungen lassen sich verschiedene Fälle unterscheiden:<br />

– Ist wie in der Abbildung 1-1 links σ 13 < σ 23 und damit die Haftspannung negativ, muss σ 12 für<br />

ein Kräftegleichgewicht nach oben (in Richtung 13) gerichtet sein und α > 90°, es bildet sich<br />

eine konvexe Oberfläche bzw. eine Kapillardepression aus, das System ist nicht benetzend (z. B.<br />

Luft und Quecksilber gegen Glas).<br />

– Ist hingegen σ 13 > σ 23 , muss σ 12 nach unten weisen und α < 90°, es liegt eine konkave<br />

Oberfläche vor. Taucht man z. B. ein enges Röhrchen in eine Flüssigkeit, wird die Flüssigkeit<br />

im Inneren des Rohres hochgezogen (Kapillaraszension).<br />

– Wenn ein Festkörper die Moleküle einer Flüssigkeit stärker anzieht als diese einander bzw. die<br />

Adhäsionskräfte gegenüber den Kohäsionskräften überwiegen, ist σ 23 wie in der Abbildung<br />

1-1 Mitte entgegengesetzt orientiert. Das ist z. B. zwischen flüssigem Wasser und Glas der Fall.<br />

Die Grenzflächenspannung ist dann negativ (obwohl Grenzflächenspannungen an sich genauso<br />

wenig wie Drücke negativ sein können; darüber hinaus wurde σ 23 als Betrag eines Vektors festgelegt,<br />

der mathematisch auch nicht negativ sein kann. Negativ ist die Grenzflächenspannung in<br />

diesem Fall deswegen, weil σ 23 wegen seiner umgekehrten Orientierung mit negativem Vorzeichen<br />

in die Gleichung 1-4 einzusetzen ist, um den richtigen Benetzungswinkel zu erhalten. Den<br />

Regeln für die Vektorrechnung zufolge müsste man | σ 23 |·| i |·cos π ansetzen, was natürlich dasselbe<br />

ergibt). Ein Drei-Stoff-System, dessen Oberflächenspannungen sich wie diejenigen in der<br />

Abbildung 1-1 Mitte verhalten, ist benetzend. Ein solches System bilden z. B. Wasser und Luft<br />

zusammen mit Glas. Ein System, in dem die Oberflächenspannung σ 23 negativ ist, muss nicht<br />

zwangsläufig einen Kapillaranstieg ergeben. Es wäre z. B. denkbar, dass für das Fluid (1)<br />

anstelle Luft ein Fluid gesetzt wird, das gegenüber der festen Wand (3) eine noch negativere<br />

Oberflächenspannung aufweist als (2) und die Haftspannung daher negativ ist.<br />

Eigenschaften von Flüssigkeiten S. 11


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

– Negative Grenzflächenenergien zwischen zwei Flüssigkeiten führt zur völligen Durchmischung;<br />

die beiden Flüssigkeiten können keine getrennten Phasen ausbilden.<br />

– Wenn die Haftspannung größer ist als die Oberflächenspannung (σ 13 − σ 23 > σ 12 ), gibt es keinen<br />

Benetzungswinkel, mit dem ein Kräftegleichgewicht erzielbar wäre; der Stoff (2) überzieht die<br />

gesamte Oberfläche der festen Wand (z. B. Petroleum)(siehe Abbildung 1-1 rechts).<br />

Für die Messung des Benetzungswinkels α gibt es Spezialinstrumente, die nach der Sessile-Drop-<br />

Methode oder nach der Tilting-Plate-Methode arbeiten [BREZESINSKI und MÖGEL, 1993].<br />

6.) Eine kreiszylindrische Kapillare ist in<br />

eine Flüssigkeit eingetaucht. Gib eine<br />

Herleitung für die Steighöhe h an, wenn<br />

der Benetzungswinkel α und die Oberflächenspannung<br />

σ 12 bekannt sind!<br />

1.6 Sättigungsdampfdruck<br />

Entsprechend ihrer kinetischen Herkunft aus der Boltzmann-Verteilung [VOGEL, 1999] lässt sich<br />

die Abhängigkeit des Sättigungsdampfdrucks p S über einer freien Oberfläche reinen Wassers durch<br />

folgende Funktion (in Form einer zugeschnittenen Größengleichung) darstellen [SMITH, 1992]:<br />

pS () t<br />

= 611⋅e<br />

Pa<br />

⎛ 17,27 ⋅t<br />

/°C ⎞<br />

⎜<br />

⎟<br />

⎝t<br />

/°C+<br />

237,3⎠<br />

(1-5)<br />

[p S ] = Pa Sättigungsdampfdruck<br />

[t] = °C Temperatur<br />

Einzelne Tabellenwerte sind auch im Vorlesungsskriptum [LOISKANDL] zu finden. Sinkt der<br />

Druck in einer Flüssigkeit unter den Sättigungsdampfdruck, beginnt die Flüssigkeit zu verdampfen<br />

(genau genommen gehen mehr Wassermoleküle von der Flüssigkeit in die Umgebungsluft über als<br />

umgekehrt Wasserdampfmoleküle von der Flüssigkeitsoberfläche aufgenommen werden); steigt er<br />

wieder an, kondensiert der Dampf. Bei einem Atmosphärendruck p at = 1000 hPa (≡ 1 bar) herrscht<br />

übrigens bei 0 °C ein Sättigungsdampfdruck von lediglich 17 hPa (= 17 mbar), das heißt, dass im<br />

Gleichgewichtszustand über einer freien Wasseroberfläche 17 von 1000 Gasmolekülen H 2 O-<br />

Moleküle sind [FLÜHLER, 1991]. Trotzdem ist Wasserdampf hinter Stickstoff, Sauerstoff und<br />

Argon und noch vor Kohlendioxid das vierthäufigste Gas in der Atmosphäre.<br />

Eigenschaften von Flüssigkeiten S. 12


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

1.7 Fluiddruck<br />

p = Normalkraft F n<br />

Fläche A<br />

bzw. p = dF n<br />

dA<br />

[p] = N·m −2 ≡ Pa Druck. Die Dimension des Drucks ist dim p = M L −1 T −2<br />

Der Druck ist eine skalare Größe, d. h. er ist in einem Punkt eines Fluids (Flüssigkeit, Gas, Dampf)<br />

nach allen Richtungen gleich groß (Satz von PASCAL). Für den Druck ist in der Hydraulik neben<br />

der normgerechten Einheit Pa auch die Einheit bar gebräuchlich:<br />

1bar ≡ 10 5 Pa.<br />

Man kann den Druck auch als Druckhöhe angeben:<br />

h p = p<br />

ρ ·g<br />

[h p ] = m Druckhöhe<br />

[p] = Pa Druck<br />

[ρ] = kg·m −3 Dichte der Flüssigkeit<br />

Umgekehrt gilt p = h D ·ρ H2O ·g .<br />

Die Druckhöhe von 1 m Wassersäule entspricht daher einem Druck in der Einheit Pascal von<br />

1 m×9,81 m/s 2 ×1000 kg/m 3 = 9810 Pa = 9,81 kPa = 0,0981 bar.<br />

Umgekehrt entspricht der Druck von 1 bar einer Druckhöhe in der Einheit m von<br />

1 bar<br />

9,81 m/s 2 ×1000 kg/m 3 = 10 5 −2<br />

Pa 100 000 kg·m−1·s<br />

−2<br />

9810 kg·m<br />

−2·s<br />

= −2<br />

9810 kg·m<br />

−2·s<br />

= 10,19 m WS.<br />

Drücke können nur in Relation zu einem Bezugsdruck p 0 gemessen werden und wären demnach<br />

genau genommen als relative Drücke (früher: Überdruck) zu bezeichnen. Wird als Bezugsdruck der<br />

Druck im absoluten Vakuum herangezogen, spricht man vom absoluten Druck. Bezugsdrücke sind<br />

immer als Absolutdrücke anzugeben.<br />

Sofern nicht extra ausgewiesen, ist unter dem Druck immer der relative Druck mit dem herrschenden<br />

Luftdruck als Bezugsdruck zu verstehen (es ist zu beachten, dass die Luftdruckangabe in der<br />

Meteorologie ein um die Seehöhe korrigierter bzw. auf Meeresniveau bezogener Wert ist!). Der<br />

absolute Druck an einem Punkt im Raum ist dann die Summe des relativen, auf den Luftdruck<br />

bezogenen Drucks und des (absoluten) Bezugsdrucks bzw. Luftdrucks p 0 :<br />

p abs = p 0 + p rel<br />

[p abs ] = Pa absoluter Druck<br />

[p 0 ] = Pa Bezugsdruck; z. B. atmosphärischer Luftdruck. p 0 ist immer ein Absolutdruck.<br />

[p rel ] = Pa relativer Druck<br />

Bei vielen hydraulischen Problemstellungen ist die Kenntnis des Absolutdrucks bzw. des Luftdrucks<br />

nicht erforderlich. Eine Ausnahme hiervon ist z. B. die Ermittlung der zulässigen Saughöhe<br />

für Pumpen.<br />

Flüssigkeitsdruck S. 13


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Der Luftdruck in der Atmosphäre nimmt mit der Höhe über dem Meeresspiegel deutlich ab; die<br />

Abhängigkeit vom Wettergeschehen ist weniger ausgeprägt. Näherungsweise kann daher von der<br />

Höhenlage auf den Luftdruck geschlossen werden und umgekehrt vom Luftdruck auf die Höhe über<br />

dem Meeresspiegel. Für diesen Zweck hat die ICAO (International Civil Aviation Organization)<br />

eine Normatmosphäre mit folgenden Bezugswerten auf Meereshöhe definiert:<br />

Luftdruck p 0 = 1013,25 hPa<br />

Lufttemperatur t 0 = 15 °C<br />

Luftdichte ρ 0 = 1,225 kg/m 3<br />

Vom Meeresniveau bis in eine Höhe von 11 km wurde ein Temperaturgradient von dT /dz =<br />

−0,0065 K/m für die Normatmosphäre angenommen.<br />

Ist die auf einem bestimmten Höhenniveau aktuelle Temperatur tiefer als die der Normatmosphäre,<br />

ist der Luftdruck höher, bei höherer Temperatur kleiner als der entsprechende Luftdruck der Normatmosphäre.<br />

Die Schwankungsbreite infolge des Wettergeschehens kann durch den höchsten je<br />

gemessenen Luftdruckwert von 1083,8 mbar in Ostsibirien [BOHL, 1989] und den Druck im Inneren<br />

tropischer Wirbelstürme von 880 mbar umrissen werden.<br />

Tabelle 1-1:<br />

Abhängigkeit des Luftdrucks der Normatmosphäre von der Höhenlage<br />

Höhe über Meeresspiegel 0 m 1000 m 2000 m 3000 m 8000 m 10000 m<br />

Luftdruck p 0 / hPa 1013,25 898,74 794,95 701,08 354 258<br />

Der Druck ist eine maßgebliche Kenngröße hydraulischer Maschinen wie Pressen, Hebeböcke<br />

Nietmaschinen etc.. Die wesentliche Aufgabe solcher Maschinen ist oft entweder eine Druck- oder<br />

eine Kraftübersetzung. Während bei den Druckübersetzern zwei Fluidräume vorliegen, die durch<br />

den Übersetzerkolben getrennt werden, schließen bei den Kraftübersetzern zwei bewegliche Kolben<br />

einen Fluidraum ab.<br />

Druckübersetzer (Schema)<br />

hydraulischer Hebebock (Kraftübersetzer; Schema)<br />

A... Druckluftzylinder B... Druckwasserzylinder<br />

K... Druckluftkolben T ... Tauchkolben<br />

a .... Druckluftleitung b.... Druckwasserleitung<br />

(Zuleitung)<br />

(Ableitung)<br />

c .... offener Stutzen (Verbindung zur atmosphärischen<br />

Luft)<br />

K Lastkolben T...Tauchkolben<br />

Flüssigkeitsdruck S. 14


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

7.) Zwei Druckwasserkammern sind durch ein selbsttätiges Hubventil<br />

(Tellerventil) voneinander getrennt. Der Durchmesser des<br />

Ventiltellers beträgt 120 mm, der Durchmesser der Ventilsitzöffnung<br />

90 mm und der absolute Druck in der oberen Kammer<br />

p abs = 25 bar.<br />

Bestimme den erforderlichen absoluten Mindestdruck in der unteren Kammer, damit<br />

sich das Ventil öffnet!<br />

8.) Der Tauchkolbendurchmesser d in einem<br />

Gewichtsakkumulator beträgt 350 mm, der Hub<br />

s = 1200 mm und die Belastung G = 18 t.<br />

Bestimme:<br />

a) den (relativen) Flüssigkeitsdruck<br />

b) die Gesamtdruckenergie bei vollem Hub.<br />

Flüssigkeitsdruck S. 15


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

2. HYDROSTATIK<br />

Die Hydrostatik ist die Lehre von den ruhenden Flüssigkeiten und den Kräften, die sich in ihnen<br />

unter der Wirkung äußerer Kräfte ausbilden. Die Grundaufgabe der Hydrostatik ist die Bestimmung<br />

der Druckverteilung (des „Druckfeldes“) in einer homogenen schweren Flüssigkeit.<br />

Die allgemeine Wasserdruckgleichung als Folge des Schwerefeldes der Erde lautet<br />

p W = ρ W ·g ·z<br />

[p W ] = N·m −2 Wasserdruck (relativer Druck mit p 0 als Bezugsdruck)<br />

[ρ W ] = kg·m −3 Dichte von Wasser, kann als konstant angesehen werden: ρ W = 1000 kg/m 3<br />

[z] = m Zum Erdschwerpunkt gerichtete Ortskoordinate mit Nullpunkt an der Wasseroberfläche<br />

Allgemein gilt für den Druck in einer Tiefe z für Flüssigkeiten, wenn außer der Erdanziehung keine<br />

weiteren äußeren Kräfte herrschen<br />

p = p 0 + ρ ·g ·z<br />

[p] = N·m −2 absoluter Flüssigkeitsdruck<br />

[p 0 ] = N·m −2 Bezugsdruck bzw. absoluter Druck auf Höhe der Bezugsebene, z. B. Luftdruck<br />

auf freier Wasseroberfläche<br />

[ρ] = kg·m −3 Dichte der Flüssigkeit<br />

[z] = m Zum Erdschwerpunkt gerichtete Ortskoordinate mit Nullpunkt auf Höhe der<br />

Bezugsebene<br />

Der Druck nimmt demnach mit der Tiefe linear zu.<br />

9.) Bestimme den Druck in einer Tiefe h unter der freien Wasseroberfläche.<br />

h = 6,00 m<br />

10.) Bestimme den Druck in einer Tiefe h in Öl.<br />

h = 10,00 m ρ rel = 0,750<br />

11.) Bestimme den absoluten Druck in Aufgabe 9, wenn das Barometer H mm Quecksilbersäule<br />

zeigt.<br />

H = 760 mm ρ rel Hg = 13,57<br />

12.) In welchen Tiefen herrscht in Öl (ρ rel = 0,75) und in Wasser ein Druck p?<br />

p = 2,75 bar<br />

13.) a) Rechne die Druckhöhe h von Wasser in die entsprechende Höhe für Öl<br />

(ρ rel = 0,750) und<br />

b) rechne die Druckhöhe H von Quecksilber (ρ rel = 13,57) in die entsprechende<br />

Höhe für Öl um.<br />

h = 15,0 m<br />

H = 600 mm<br />

Hydrostatik S. 16


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

14.) Wie groß muss die Kraft P sein, die das abgebildete System im Gleichgewicht hält,<br />

wenn das Gewicht von A vernachlässigt wird?<br />

b) Was würde sich ändern, wenn keine Erdanziehung<br />

vorläge?<br />

Grundfläche Kolben A: A A = 4,00×10 −3 m 2<br />

Grundfläche Zylinder B: A B = 0,400 m 2<br />

Der Behälter und die Verbindungsrohre<br />

sind mit Öl (ρ rel = 0,75) gefüllt.<br />

Gewicht des Zylinders B G B = 40,0 kN<br />

15.) An dem Manometer bei A liest man p ab. Bestimme<br />

a) die Höhe der Flüssigkeiten in den offenen Piezo-<br />

Rohren E, F und G und<br />

b) die Auslenkung h 1 des Quecksilbers im U-Rohr-<br />

Manometer.<br />

p = −17200 Pa<br />

Das Gewicht der Luft wird vernachlässigt.<br />

16.) Der Druckverlust durch einen Rohreinbau X soll mit<br />

einem Differenzialmanometer gemessen werden, das<br />

Öl (ρ rel = 0,75) als Manometerflüssigkeit enthält. Die<br />

Strömungsflüssigkeit weist eine Dichte ρ rel = 1,50 auf.<br />

Berechne den Druckhöhenunterschied zwischen A<br />

und B, der zu der in der Skizze angegebenen<br />

Ölauslenkung führt.<br />

Hydrostatik S. 17


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

2.1 Hydrostatischer Druck auf ebene Flächen<br />

Bei ebenen Flächen kann die resultierende Kraft direkt angesetzt werden (die Ermittlung aus der<br />

Horizontal- und Vertikalkomponente bedeutet keine Vereinfachung). Die Größe F der resultierenden<br />

Druckkraft F auf eine ebene Fläche ist gleich dem Produkt aus dem für den Flächenschwerpunkt<br />

geltenden Druck und der Größe der gedrückten Fläche.<br />

F = ρ ·g ·z S ·A<br />

[F] = kg·m·s −2 Größe der resultierende Druckkraft, normal zur gedrückten Ebene gerichtet<br />

[A] = m 2 gedrückte ebene Fläche<br />

[z S ] = m Abstand des Schwerpunktes von A von der Flüssigkeitsoberfläche (die z-Achse<br />

weist vertikal von dieser nach unten)<br />

Die Druckkraft F greift hierbei nicht im Schwerpunkt der Fläche, sondern auf Grund der Zunahme<br />

des Drucks mit der Tiefe im darunter liegenden Druckmittelpunkt D an:<br />

y M =<br />

I x<br />

y S ·A<br />

[y M ] = m y-Abstand des Druckmittelpunktes von der Schnittlinie der Wandebene mit dem<br />

Flüssigkeitsspiegel (= x-Achse). Die y-Achse verläuft von der Flüssigkeitsoberfläche<br />

in der Falllinie der die Wand A enthaltenden Ebene nach unten<br />

[I x ] = m 4 Flächenträgheitsmoment von A bezüglich der x-Achse (Schnittlinie der<br />

Wandebene mit dem Flüssigkeitsspiegel)<br />

[y S ] = m y-Abstand des Flächenschwerpunktes von A von der x-Achse<br />

Durch die Zuhilfenahme des Satzes von STEINER kann das Trägheitsmoment um die x-Achse I x<br />

durch das Trägheitsmoment I S um den Flächenschwerpunkt von A ersetzt werden:<br />

y M =<br />

I S<br />

y S ·A + y S = e y + y S<br />

[I S ] = m 4 Flächenträgheitsmoment von A bezüglich der Horizontalen durch den Flächenschwerpunkt<br />

[e y ] = m Exzentrizität (Ausmittigkeit); y-Abstand Flächenschwerpunkt S – Druckmittelpunkt<br />

D<br />

17.) Bestimme die durch den Wasserdruck hervorgerufene resultierende<br />

Kraft auf die rechteckige Platte AB sowie deren<br />

Kraftangriffspunkt von O.<br />

h 1 = 2,00 m<br />

h 2 = 2,50 m<br />

A AB = b ·h 2 = 1,00 m×2,50 m = 2,50 m 2<br />

Hydrostatik S. 18


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

18.) Bestimme die durch das Wasser hervorgerufene resultierende Kraft auf die Dreiecksfläche<br />

und den Kraftangriffspunkt.<br />

z A = 2,00 m<br />

h = 1,50 m<br />

b = 1,00 m<br />

α = 45°<br />

19.) Ein rechtwinkeliges Dreieck liegt in einer um 45° geneigten Ebene mit der Kathete b<br />

um y 0 schräg unter dem Wasserspiegel.<br />

Zu ermitteln sind<br />

a) die Größe der Wasserdruckkraft F auf das<br />

Dreieck und<br />

b) die Lage des Druckmittelpunktes D.<br />

b = 2,00 m<br />

h = 1,00 m<br />

y 0 = 1,00 m<br />

20.) In der vertikalen Seitenwand eines Wasserbehälters befindet sich eine kreisrunde<br />

Öffnung von 300 mm Durchmesser, die mit einer drehbar gelagerten Klappe verschlossen<br />

wird. Die waagrechte Drehachse liegt 190 mm über dem Mittelpunkt der<br />

Öffnung. An der Klappe ist ein waagrechter Hebel befestigt. Er trägt einen verschiebbaren<br />

Belastungskörper, dessen Gewichtskraft die Klappe andrückt. Die Klappe soll<br />

sich selbsttätig öffnen, sobald der Wasserstand die Höhe von 0,8 m über dem Mittelpunkt<br />

der Öffnung erreicht. Dabei soll der Belastungskörper in 550 mm Abstand von<br />

der Drehachse stehen. Bestimme hierfür<br />

a) die Druckkraft gegen die Klappe,<br />

b) die Lage des Druckmittelpunkts und<br />

c) die erforderliche Masse des Belastungskörpers.<br />

d) Um welche Strecke muss der Belastungskörper<br />

weiter nach außen gerückt werden, wenn sich die<br />

Klappe erst bei 1 m Wasserstand öffnen soll?<br />

Anmerkung: Die Masse des Hebels wird vernachlässigt<br />

Hydrostatik S. 19


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

2.2 Druck auf zusammengesetzte oder gekrümmte Oberflächen in Hauptlage<br />

Bei jenen Oberflächen, deren Schnitte mit Horizontalebenen parallele Geraden sind (Schnittgeraden),<br />

zerfällt die Projektion der Oberfläche auf eine zur Schnittgeraden normalen Vertikalebene in<br />

eine Kurve. Die Oberfläche kann hierbei z. B. aus mehreren ebenen oder einfach gekrümmten Teilflächen<br />

bestehen. Die resultierende hydrostatische Druckkraft wird bei solchen Oberflächen aus<br />

einer horizontalen und einer vertikalen Komponente gebildet.<br />

Die maßgebliche Angriffsfläche für die horizontale Komponente der resultierenden Druckkraft F h<br />

ist die Horizontalprojektion A h der Oberfläche auf eine zur Schnittgeraden parallelen Vertikalebene;<br />

die Größe von F h entspricht dem Produkt der Fläche A h mit dem Druck in ihrem Flächenschwerpunkt:<br />

F h = ρ ·g ·z Sh ·A h<br />

[F h ] = N Größe der Horizontalkomponente der resultierenden Druckkraft<br />

[A h ] = m Horizontalprojektion der Oberfläche<br />

[z Sh ] = m Schwerpunktkoordinate der Projektionsfläche A h , vertikaler Abstand des<br />

Schwerpunktes von A h von der Flüssigkeitsoberfläche<br />

F h greift in der Tiefe z Fh =<br />

I Sh<br />

z Sh ·A h<br />

+ z Sh<br />

an.<br />

[I Sh ] = m 4 Flächenträgheitsmoment der Projektionsfläche um die horizontale Gerade durch<br />

ihren Schwerpunkt<br />

Die Größe der vertikalen Komponente der resultierenden Druckkraft entspricht dem Gewicht des<br />

auflastenden bzw. verdrängten Flüssigkeitsvolumens (Vertikalprisma über der Fläche):<br />

F v = ρ ·g ·V<br />

[F v ] = N Größe der Vertikalkomponente der Druckkraft<br />

[V] = m 3 prismatisches Volumen, gebildet von der Oberfläche und deren Vertikalprojektion<br />

auf die Flüssigkeitsoberfläche<br />

F v greift im Schwerpunkt des auflastenden bzw. verdrängten Volumens an und ist nach unten bzw.<br />

nach oben gerichtet.<br />

F h und F v liegen in derselben Vertikalebene, ihre Wirkungslinien schneiden sich daher in einem<br />

Punkt. Dieser Punkt ist genau so ein Punkt der Wirkungslinie der Druckkraftresultierenden F wie<br />

der Angriffspunkt auf der Oberfläche. Die Größe F der Resultierenden beträgt<br />

F = F h 2 + F v<br />

2<br />

und ihr Richtungswinkel gegenüber der Horizontalen α = arc tan (F v /F h ) (Quadranten beachten!).<br />

Ist die Horizontalprojektion der Fläche ein Rechteck in Hauptlage mit der Breite b (diese ist<br />

gleich der Länge der Schnittgeraden der Fläche mit einer beliebigen Horizontalebene), so entspricht<br />

der Angriffspunkt der Horizontalkomponente der Druckkraft dem Schwerpunkt des Drucktrapezes<br />

bzw. Druckdreieckes. Weiters muss dann auch die Vertikalprojektion ein Rechteck sein und das<br />

auflastende bzw. verdrängte Volumen V entspricht der Summe aller Auflast- und Auftriebsflächen<br />

multipliziert mit der Breite b:<br />

Hydrostatik S. 20


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

F v = ρ ·g ·b ·A v<br />

[F v ] = N Größe der Vertikalkomponente der Druckkraft<br />

[A v ] = m 2 Summe aller Auflast- und Auftriebsflächen (Fläche der Horizontalprojektion des<br />

Vertikalprismas auf eine zu seiner Oberfläche normalen Vertikalebene; diese<br />

Ebene schließt mit der Projektionsebene für die Horizontalkraft einen rechten<br />

Winkel ein). A v ist nicht die vertikale Projektionsfläche!<br />

[b] = m Breite der Fläche (in Richtung der Schnittgeraden)<br />

Die Wirkungslinie von F v verläuft durch den Schwerpunkt der verbleibenden positiven oder negativen<br />

Fläche A v , F v ist je nach dem Vorzeichen der Fläche nach oben oder nach unten gerichtet.<br />

21.) Eine kreiszylindrische Stauklappe, welche in O drehbar gelagert ist, wird durch eine<br />

vertikale Aufhängung in der dargestellten Staustellung gehalten. Welche Seilzugkraft<br />

F S hat die Aufhängung je Meter Klappenbreite aufzunehmen?<br />

Die auf der Stauwand angreifende resultierende<br />

Wasserdruckkraft F geht durch<br />

den Kreismittelpunkt M und kann in ihrer<br />

Wirkungslinie bis M verschoben werden.<br />

22.) Die halbkegelförmige Stütze ABE muss einen halbzylindrischen<br />

Turm ABCD tragen. Berechne die Horizontal- und die Vertikalkomponente<br />

der Kraft, mit der Wasser auf die Stütze ABE wirkt.<br />

r = 0,6 m<br />

h 1 = 1,0 m<br />

h 2 = 2,0 m<br />

23.) An einem Walzenwehr sind folgende Daten gegeben:<br />

b = 15,00 m<br />

d = 3,00 m<br />

α = 50°<br />

β = 65°<br />

Gesucht werden:<br />

z 0 , ∆z und die resultierende Gesamtdruckkraft<br />

aus den Flüssigkeitsdrücken<br />

nach Größe und Richtung.<br />

Hydrostatik S. 21


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

2.3 Flüssigkeiten in anderen Kraftfeldern<br />

Treten neben der Erdschwere noch andere äußere Kräfte auf, so sind die Flächen gleichen Drucks in<br />

einer homogenen Flüssigkeit im Allgemeinen keine Parallelflächen zur Erdoberfläche mehr. Der<br />

Verlauf der freien Oberfläche und weiterer Flächen gleichen Druckes hängt dann vom vorhandenen<br />

Kraftfeld ab, dessen Richtung im Allgemeinen nicht mehr zum Erdmittelpunkt zeigt und dessen<br />

Größe im Raum veränderlich sein kann.<br />

Werden Flüssigkeiten einer konstanten Beschleunigung oder einer konstanten Rotation unterworfen,<br />

sind die auftretenden Kräfte bzw. das Kraftfeld zeitlich konstant. Da sich die Teilchen hierbei<br />

relativ zueinander und auch dem Rand (Gefäß) gegenüber in Ruhe befinden, sind auch diese Aufgabenstellungen<br />

zur Hydrostatik zu zählen.<br />

24.) Ein rechteckiger Behälter (L, B, T) enthält Wasser (Tiefe t). Er wird in Längsrichtung<br />

konstant mit a beschleunigt.<br />

a) Berechne die Kraft, die das Wasser auf jedes der beiden Tankenden ausübt!<br />

b) Zeige, dass die Kraftdifferenz gleich jener Kraft ist, die zur Beschleunigung der<br />

Flüssigkeit notwendig ist!<br />

L = 6,00 m<br />

B = 2,10 m<br />

T = 1,80 m<br />

t = 0,900 m<br />

a = 2,453 m/s 2<br />

25.) Ein würfelförmiger Behälter ist mit Öl (ρ rel = 0,752) gefüllt.<br />

Bestimme die Kraft auf die Behälterseite<br />

a) wenn eine Beschleunigung a senkrecht nach oben und<br />

b) wenn a senkrecht nach unten wirkt!<br />

c) Bestimme den Druck auf den Behälterboden,<br />

wenn die Beschleunigung 9,81 m/s 2 senkrecht<br />

nach unten beträgt!<br />

a = 4,9 m/s 2<br />

b = 1,5 m<br />

Hydrostatik S. 22


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

26.) Ein offener zylindrischer Behälter enthält Wasser (Höhe h). Der Zylinder rotiert um<br />

seine Symmetrieachse.<br />

a) Wie groß kann maximal die Winkelgeschwindigkeit<br />

werden, ohne dass<br />

Wasser verschüttet wird?<br />

b) Welche Drücke herrschen auf dem<br />

Behälterboden bei C und D, wenn<br />

ω = 6,0 rad/s ist?<br />

H = 2,0 m<br />

h = 1,5 m<br />

Ø = 1,0 m<br />

Flüssigkeiten in anderen Kraftfeldern S. 23


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

3. AUFTRIEB <strong>UND</strong> SCHWIMMEN<br />

Der Auftrieb F A , den ein Körper erfährt wenn er in eine Flüssigkeit eingetaucht wird, ist eine aufwärts<br />

gerichtete Kraft, die gleich groß ist wie das Gewicht des von ihm verdrängten Flüssigkeitsvolumens.<br />

Die vertikale Wirkungslinie der Auftriebskraft verläuft durch den Schwerpunkt des verdrängten<br />

Flüssigkeitsvolumens – dem Verdrängungsschwerpunkt S V .<br />

Ist der Auftrieb F A gleich seiner Gewichtskraft G, dann schwimmt der Körper, wenn ein Teil seines<br />

Volumens aus der Flüssigkeit herausragt, und er schwebt, wenn er vollständig eingetaucht ist. Bei<br />

schwimmenden Körpern bezeichnet man die Flüssigkeitsoberfläche als Schwimmebene, die<br />

Schnittfläche des Körpers mit der Schwimmebene als Schwimmfläche oder Wasserlinienfläche. Im<br />

Gleichgewichtszustand liegen der Angriffspunkt der Gewichtskraft – das ist der Körperschwerpunkt<br />

S K – und der Verdrängungsschwerpunkt S V auf einer gemeinsamen vertikalen Wirkungslinie, der<br />

Schwimmachse [BOHL, 1989].<br />

Die Lagestabilität eines schwebenden oder schwimmenden Körpers wird durch die Lage von S V<br />

und S K bestimmt:<br />

S V über S K : stabiles Gleichgewicht (Gewichtsstabilität). Der Körper kehrt nach dem Wegfall einer<br />

Störung oder Auslenkung wieder in seine Ausgangslage zurück<br />

S V = S K : indifferentes Gleichgewicht. Stetige Körperdrehung durch Kraftwirkung, deren<br />

Schnelligkeit direkt proportional zur Kraftgröße ist. Im allg. nur bei Körpern mit<br />

homogener Massenverteilung (Kugeln oder Kreiszylinder)<br />

S V unter S K : das Gleichgewicht ist bei schwebenden Körpern labil. Eine angreifende Kraft verursacht<br />

eine Kippbewegung bzw. eine Drehung des Körpers, bis er in eine stabile<br />

(Schwimm-)Lage gelangt.<br />

Schwimmende Körper nehmen trotz des unterhalb des Körperschwerpunktes liegenden<br />

Verdrängungsschwerpunktes dann eine stabile Lage ein, wenn in leicht verdrehter<br />

Lage (infolge eines Störmomentes) die Auftriebskraft im neuen Verdrängungsschwerpunkt<br />

S V ' und die Gewichtskraft in S K ein rückdrehendes Moment bilden bzw.<br />

wenn das Metazentrum M über S K liegt (Formstabilität). Das Metazentrum M ist der<br />

Schnittpunkt der (vertikalen) Wirkungslinie der Auftriebskraft F A mit der Schwimmachse<br />

in gedrehter Lage, sein Abstand von S K die metazentrische Höhe h m . h m ist<br />

positiv, wenn M über S K liegt und damit die Formstabilität gegeben ist, andernfalls<br />

negativ. Ist h m = 0, liegt eine indifferente Schwimmlage vor, ist h m < 0, eine labile;<br />

der Körper kentert.<br />

h m = I S<br />

V − h K<br />

[h m ] = m metazentrische Höhe<br />

[I S ] = m 4 Flächenträgheitsmoment der Schwimmfläche, bezogen auf die Schwimmachse<br />

[V] = m 3 Verdrängungsvolumen<br />

[h K ] = m Abstand zwischen S K und S V bei vertikaler Schwimmachse. h K ist positiv, wenn<br />

S K über S V liegt.<br />

Auftrieb und Schwimmen S. 24


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

27.) Ein Stein hat in Luft das Gewicht G 1 und eingetaucht<br />

in Wasser das Gewicht G 2 . Berechne sein<br />

Volumen und die relative Dichte.<br />

G 1 = 400 N<br />

G 2 = 222 N<br />

28.) Ein Aräometer hat das Gewicht G und besitzt am oberen<br />

Ende einen zylindrischen Hals mit dem Durchmesser<br />

d. Um wie viel wird es in Öl (ρ rel = 0,78) tiefer<br />

eintauchen als in Alkohol (ρ rel = 0,821)?<br />

G = 17,78×10 −3 N<br />

d = 2,534 mm<br />

29.) Ein Holzblock schwimmt in Wasser, wobei er mit der Höhe t aus dem Wasser ragt.<br />

Legt man ihn in Glyzerin (ρ rel = 1,35), ragt er mit t 1 heraus. Bestimme die relative<br />

Dichte des Holzes.<br />

t = 34 mmt 1 = 67 mm<br />

30.) Für einen Senkkasten aus Beton mit den in der Abbildung<br />

eingetragenen Abmessungen ist die Schwimmfähigkeit<br />

und die Schwimmstabilität zu untersuchen.<br />

Die Dichte des Betons beträgt ρ Beton = 2,20 t/m 3 .<br />

Auftrieb und Schwimmen S. 25


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

4. HYDRODYNAMIK<br />

Die Hydrodynamik ist die Lehre von der Bewegung des Wassers und den dabei wirksamen Kräften.<br />

4.1 Grundlagen für die Berechnung von Strömungen<br />

Bewegungsvorgänge von Fluiden sind grundsätzlich räumlicher Natur bzw. dreidimensional. Zur<br />

mathematischen Erfassung ist meist die Vereinfachung notwendig, die dritte Dimension nur durch<br />

mittlere Verhältnisse zu berücksichtigen und die Strömung quasi zweidimensional anzusehen. Bei<br />

vielen Strömungsproblemen ist eine Mittelung der bestimmenden Zustandsgrößen sogar über zwei<br />

Dimensionen hinreichend genau und damit vertretbar; die Strömung kann durch ein eindimensionales<br />

Strömungsmodell behandelt werden. Ein solches ist insbesondere die Fadenströmung, bei der<br />

die Gesamtheit aller Stromlinien, die durch eine Fläche hindurchtreten, zu einem gedachten Stromfaden<br />

zusammengefasst werden. Die einhüllende Mantelfläche der Stromlinien wird hierbei als<br />

Stromröhre bezeichnet. Die verschiedenen physikalischen Größen wie Druck und Geschwindigkeit<br />

werden über den Stromfadenquerschnitt gemittelt und auf die Achse der Stromröhre bezogen. Der<br />

gesamte Strömungsvorgang wird somit durch die sich entlang der Achse (und eventuell mit der<br />

Zeit) ändernden Zustandsgrößen beschrieben.<br />

Die mittlere Fließgeschwindigkeit v in einem Stromröhrenquerschnitt mit der Fläche A wird definiert<br />

durch v¯ = 1 A ·⌡ ⌠<br />

A<br />

v dA<br />

[ v ] = m·s −1 mittlere Fließgeschwindigkeit im betrachteten Querschnitt; v¯ = f (t)<br />

[v] = m·s −1 Komponente der Fließgeschwindigkeit normal zu A in einem beliebigen Punkt<br />

des Stromröhrenquerschnittes; v = f (r, t)<br />

[A] = m 2 Fläche des Stromröhrenquerschnittes<br />

Das in der Zeit dt durch den Stromröhrenquerschnitt A hindurchtretende differenzielle Volumen dV<br />

beträgt<br />

dV = dt ·⌡⌠ v dA .<br />

A<br />

Pro infinitesimaler Zeitspanne dt ergibt sich daher ein Volumen von<br />

[Q] = m 3·s −1 Durchfluss, Volumenstrom<br />

Das zeitliche Verhalten einer Strömung kann sein:<br />

dV<br />

dt = ⌡ ⌠ v dA = Q = v¯ ·A<br />

A<br />

● Stationär: In allen Punkten des Strömungsgebietes ändert sich die Geschwindigkeit mit<br />

der Zeit nicht; sie ist in den einzelnen Punkten unabhängig von der Zeit:<br />

dv /dt = 0. Wegen dQ /dt = A ·(dv /dt) = 0 ist auch der Durchfluss Q konstant<br />

(dQ /dt = 0).<br />

● Instationär: Die Geschwindigkeit in den einzelnen Punkten des Strömungsgebietes ist<br />

zeitlich veränderlich: v = f (t). Demzufolge variiert auch der Durchfluss zeit-<br />

Grundlagen für die Berechnung von Strömungen S. 26


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

lich: Q = f (t).<br />

Das räumliche Verhalten einer Strömung kann sein:<br />

●<br />

●<br />

Gleichförmig: Die Geschwindigkeit im ganzen Strömungsgebiet ist unabhängig vom Ort,<br />

d. h. zu einem bestimmten Zeitpunkt herrschen in jedem Querschnitt gleiche<br />

Fließverhältnisse (z. B. Rohr mit d = konstant)<br />

Ungleichförmig: Die Geschwindigkeit in verschiedenen Punkten des Strömungsgebietes ist<br />

verschieden (z. B. Rohr mit veränderlichem Durchmesser oder Abfluss im<br />

natürlichen Gerinne bei konstantem Durchfluss).<br />

Der Strömungszustand kann sein:<br />

● Laminar: Die Stromlinien verlaufen parallel, die Strömung erfolgt quasi geschichtet.<br />

● Turbulent: Der Hauptströmungsrichtung sind räumlich und zeitlich ungeordnete Schwankungsbewegungen<br />

(Längs- und Querströmungen, Flechtströmung) überlagert.<br />

Kontinuitätsgleichung für dichtebeständige Fluide in zeitlich konstanten Strömröhren<br />

Das Flüssigkeitsvolumen, das in jedem Querschnitt einer Stromröhre in einer bestimmten<br />

Zeitdifferenz hindurchtritt, ist konstant.<br />

Q = v¯1 ·A 1 = v¯2 ·A 2 = konstant<br />

[v¯1] = m·s −1 mittlere Fließgeschwindigkeit im betrachteten Querschnitt (zumeist einfach mit<br />

v bezeichnet)<br />

[A i ] = m 2 Querschnittsfläche der Stromröhre an der betrachteten Stelle<br />

4.2 Bernoulli-Gleichung<br />

Ideale, reibungsfreie Flüssigkeiten geben in isothermalen hydraulischen Prozessen keine dissipative<br />

Energie ab. Die hydraulische Energie einer Flüssigkeitsmasse als Summe der potentiellen und der<br />

kinetischen Energie ist daher längs des Strömungsweges in einer Stromröhre bei stationärer<br />

Strömung konstant. Dieser Sachverhalt wird durch den Satz von BERNOULLI ausgedrückt:<br />

Bei der stationären Bewegung einer idealen, nur der Schwere als Massenkraft<br />

unterworfenen Flüssigkeit ist für alle Punkte einer Stromlinie die Summe aus<br />

Geschwindigkeits-, Druck- und Ortshöhe konstant.<br />

Die einzelnen Teilenergien und die Gesamtenergie lassen sich in verschiedenen Dimensionen und<br />

Einheiten angeben. Bei dichtebeständigen Fluiden werden sie zumeist auf das Gewicht der strömenden<br />

Masse bezogen. Die Energie E besitzt bekanntlich dieselbe Dimension wie die Arbeit – also<br />

dim E = M L 2 T −2 –, und das Gewicht ist eine Kraft mit dim G = M L T −2 . Die Division dieser<br />

Größen ergibt demnach dim H = L als Dimension der solcherart bezogenen Energie, der so genannten<br />

Energiehöhe H (In SI-Einheiten: [H] = J/N = m).<br />

Die Höhenform der Bernoulli-Gleichung lautet<br />

v 2<br />

2g + p<br />

ρ ·g + z = H = konstant .<br />

Grundlagen für die Berechnung von Strömungen S. 27


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

⎡v 2 ⎤<br />

⎢ ⎥<br />

⎣2g⎦<br />

= m Höhe der kinetischen Energie bzw. Geschwindigkeitshöhe h g ; jene Höhe, die ein<br />

Körper herunterfallen muss, um die Geschwindigkeit v im freien Fall zu erlangen<br />

[PRANDTL et al., 1990].<br />

Bei der Näherung der Strömung in einer Stromröhre durch eine Fadenströmung<br />

ist zu beachten, dass h g die kinetische Energie der durch den gesamten Stromröhrenquerschnitt<br />

hindurch tretenden Masse ρ ·Q pro Zeiteinheit repräsentieren<br />

soll [BOLLRICH und PREISZLER, 1992]. Durch ein differenzielles Flächenelement<br />

dA strömt in der differenziellen Zeit dt die Masse dm = ρ ·v ·dA ·dt<br />

mit der kinetischen Energie dE kin = dm ·v 2 /2<br />

bzw. dE kin = ρ ·v 3 ·dA ·dt /2.<br />

Die durch den gesamten Stromröhrenquerschnitt pro Zeitelement dt tretende<br />

Masse besitzt daher die kinetische Energie E kin = ρ ·dt<br />

2 ·⌡ ⌠ v 3 dA.<br />

A<br />

Die Masse selbst beträgt m = ρ ·dt ⌡ ⌠v dA.<br />

A<br />

Die kinetische Energiehöhe bzw. die Geschwindigkeitshöhe h g erhält man durch<br />

den Bezug auf das Gewicht der Masse m ·g:<br />

h E kin ≡ h g =<br />

1<br />

m ·g · ρ ·dt<br />

2 ·⌡ ⌠ v 3 dA =<br />

A<br />

ρ ·dt ·⌡⌠ v 3 dA ⌡ ⌠ v 3 dA<br />

A<br />

2·g ·ρ ·dt ⌡ ⌠v dA = A<br />

2·g ·⌡⌠ v dA .<br />

A<br />

A<br />

Nachdem zumeist nur die mittlere Geschwindigkeit v¯ bekannt ist – nicht jedoch<br />

die Verteilung von v –, soll nun h g als Funktion von v¯ dargestellt werden. Die<br />

Masse m lässt sich mit v¯ = 1 A ·⌡ ⌠<br />

A<br />

v dA sogar einfacher ausdrücken –<br />

m = ρ ·v¯ ·A ·dt –<br />

⌡⌠ v 3 dA<br />

A<br />

womit sich für die Geschwindigkeitshöhe h g =<br />

2·g ·v¯ ·A<br />

⌡⌠ v 3 dA<br />

A ergibt. Nach Erweiterung dieser Gleichung zu h g =<br />

v¯3 ·A · 2·g<br />

⌡⌠ v 3 dA<br />

A<br />

und Einführung des Beiwertes α =<br />

v¯3 ·A<br />

erhält man schließlich<br />

v¯2<br />

h g = α ·<br />

2·g .<br />

[α] = dim.los Geschwindigkeitshöhenausgleichsbeiwert. α beträgt bei laminarer Strömung<br />

exakt 2 (maximaler Fall), während bei den in der Praxis auftretenden turbulenten<br />

Strömungen 1,01 < α < 1,10 gilt (je turbulenter bzw. je größer Re, desto kleiner<br />

α) und α daher zumeist vernachlässigt wird.<br />

⎡ p ⎤<br />

⎢ ⎥<br />

⎣ρ ·g ⎦<br />

= m Druckenergiehöhe h E Druck oder kurz Druckhöhe h p , Steighöhe der Flüssigkeit in<br />

einem vertikalen Steigrohr mit dem Druck p am unteren Ende<br />

[z] = m Lageenergiehöhe h E Lage ; Höhe über Vergleichshorizont. Die Summe aus der<br />

Druckhöhe und der Lageenergiehöhe wird als Höhe der potentiellen Energie<br />

h E pot bzw. als Piezometerhöhe bezeichnet: h E pot = h E Druck + h E Lage = p /(ρ ·g) + z<br />

Bernoulli-Gleichung S. 28


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

[H] = m Gesamtenergiehöhe<br />

Weniger üblich als der Bezug auf das Gewicht ist der auf die Masse der strömenden Flüssigkeit mit<br />

der Dimension L 2 T −2 für die Energieglieder (auch erhältlich durch Multiplikation der Höhenform<br />

der Bernoulli-Gleichung mit g) (SI-Einheit: J/kg). Hingegen liefert der Bezug der Energie auf das<br />

Volumen der strömenden Flüssigkeit (Multiplikation mit ρ ·g) eine Größe mit der Dimension<br />

M L −1 T −2 – derselben Dimension, die auch der Druck besitzt. Diese auf das Volumen bezogene<br />

Energie wird als Energiestromdichte bezeichnet (SI-Einheit: J/m 3 oder Pa).<br />

31.) Eine Schlauchleitung von 50 mm lichtem Durchmesser, in der ein Überdruck von<br />

3,92 bar herrscht (abgelesen an einem Manometer), schließt mit einem Mundstück<br />

(Düse) ab, das sich auf einen lichten Mündungsdurchmesser von 20 mm verengt.<br />

Bestimme<br />

a) die Austrittsgeschwindigkeit des Wassers,<br />

b) die Strömungsgeschwindigkeit im Schlauch und<br />

c) den Volumenstrom in l/min!<br />

32.) Wasser fließt von A nach B; der Durchfluss Q und die Druckhöhe in A sind bekannt.<br />

Bestimme unter Vernachlässigung der Energieverlusthöhe zwischen A und B die<br />

Druckhöhe bei B.<br />

Q = 0,400 m 3 /s<br />

p A<br />

ρ ·g<br />

= 7,00 m WS<br />

d A = 0,300 m<br />

d B = 0,600 m<br />

z A = 10,00 m<br />

z B = 15,00 m<br />

Bernoulli-Gleichung S. 29


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

33.) Welcher Wasserstrom Q (ρ H2O = 1000 kg/m 3 )<br />

fließt durch das dargestellte Venturi-Rohr, wenn<br />

zwischen freiem Rohr (Ø = 80 mm) und Einschnürungsstelle<br />

(Ø = 60 mm) die Auslenkung<br />

des Quecksilbermanometers h beträgt?<br />

Die Reibungsverluste sollen vernachlässigt<br />

werden.<br />

ρ Hg = 13570 kg/m 3<br />

h = 30 cm<br />

4.3 Erweiterte Bernoulli-Gleichung<br />

Für reale, zähe Flüssigkeiten muss der Bernoulli-Gleichung ein weiterer Energiehöhenbetrag – die<br />

Verlusthöhe h v – hinzugefügt werden:<br />

v 2<br />

2·g + p<br />

ρ ·g + z + h v = H 0 = konstant<br />

[h v ] = m Verlusthöhe; dissipative Energie, die in eine von der einfachen Bernoulli-<br />

Gleichung nicht erfasste Form übergeführt wird<br />

[H 0 ] = m Energiehöhe des Ausgangshorizontes<br />

Die Energiehöhe H ist dann längs des Strömungsweges nicht mehr konstant, sondern die um die<br />

entsprechende Verlusthöhe reduzierte Energiehöhe des Ausgangshorizontes: H = H 0 − h v .<br />

Die Ermittlung der Energieverlusthöhe h v ist das zentrale Problem der Druckrohrberechnung<br />

[BOLLRICH und PREISZLER, 1990]. Die gesamte Verlusthöhe h v vom Ausgangshorizont bis zum<br />

betrachteten Horizont setzt sich im Allgemeinen aus der Reibungsverlusthöhe h r und aus örtlichen<br />

Einzelverlusten h v ö zusammen [BOLLRICH und PREISZLER, 1990]:<br />

h v = h r + Σ h v ö .<br />

[h r ] = m Reibungsverlusthöhe (entlang der normalen Rohrstrecke)<br />

[h v ö ] = m örtlicher Einzelverlust (z. B. Ein-, Austrittsverlust, Krümmer, Einbauten usw.)<br />

Während die örtlichen Einzelverluste jeweils einen Sprung im Energielinienverlauf verursachen,<br />

bewirkt der Reibungsverlust entlang einer geraden Rohrstrecke ohne bzw. zwischen den Einbauten<br />

eine kontinuierliche Abnahme der Gesamtenergiehöhe, das so genannte Rohrreibungsgefälle I r , das<br />

dem Energieliniengefälle I E gleichzusetzen ist. Die Reibungsverlusthöhe h r entspricht dem Produkt<br />

aus dem Reibungsgefälle und der Länge des Stromfadens vom Ausgangshorizont bis zum<br />

betrachteten Horizont (ohne Einbauten): h r = I r ·l<br />

[l] = m Länge des Stromfadens<br />

[I r ] = dim.los Rohrreibungsgefälle<br />

[I E ] = dim.los Energieliniengefälle<br />

Bernoulli-Gleichung S. 30


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

34.) Eine Pumpe BC fördert Öl (ρ rel = 0,762) mit dem Volumenstrom Q in einen Behälter.<br />

Der Energieverlust zwischen A und B ist gleich h v 1 , der von C nach D gleich h v 2 .<br />

a) Welche Leistung muss die Pumpe auf<br />

das System übertragen?<br />

b) Zeichne die Energielinie!<br />

Q = 0,16 m 3 /s<br />

h v 1 = 2,5 J/N<br />

h v 2 = 6,5 J/N<br />

4.4 Laminare Rohrströmung<br />

In realen Flüssigkeiten übertragen benachbarte Flüssigkeitsteilchen mit unterschiedlicher Fließgeschwindigkeit<br />

in Strömungsrichtung Schubspannungen. Betrachtet man die Strömung in einem<br />

sehr engen Rohr bei kleinen Geschwindigkeiten, so stellt man fest, dass die Fließbewegung eines<br />

beliebigen Flüssigkeitsteilchens und damit aller Teilchen wand- bzw. rohrachsenparallel erfolgt.<br />

Eine solche Strömung erfolgt quasi geschichtet und wird daher als laminar bezeichnet. Laminares<br />

Fließen kommt in Druckrohrleitungen kaum vor. Fließvorgänge im Boden können hingegen meist<br />

als laminar betrachtet werden [BOLLRICH und PREISZLER, 1992].<br />

Die Schubspannung hat bei laminarer Strömung ihre Ursache im Austausch von Molekülen infolge<br />

Diffusion zwischen den Schichten unterschiedlicher Geschwindigkeit. Dieses Verhalten der Zähigkeit<br />

der strömenden Flüssigkeit äußert sich in der viskosen Reibung, die bei laminarer Strömung der<br />

ausschließliche Grund für die irreversibel in Wärme umgewandelte hydraulische Energie, kurz<br />

hydraulische Verlustenergie ist.<br />

Gegenüber der Rohrwand herrscht zwar ebenfalls eine Schubspannung (und zwar die größte), doch<br />

findet dort keine Diffusion und damit auch kein Energieverlust statt. Die Ursache der Wandschubspannung<br />

liegt vielmehr in der Adhäsionskraft, die die Rohrwand auf die unmittelbar an ihr angelagerten<br />

Flüssigkeitsmoleküle ausübt und dazu führt, dass diese Fluidmoleküle ebenso wie die Wand<br />

in Ruhe verharren und demzufolge keine Reibung verursachen. Deshalb ist der hydraulische Energieverlust<br />

bei laminarem Fluss unabhängig von der Rohrrauigkeit bzw. vom Rohrmaterial. Die<br />

Strömungsgeschwindigkeit beträgt also an der Rohrwand Null:<br />

v Wand = 0 .<br />

35.) Die Strömung in einem horizontalen kreisrunden Rohr verläuft laminar unter stationären<br />

und gleichförmigen Bedingungen. Gib eine Herleitung für die Verteilung der<br />

Schubspannung τ in einem Querschnitt an!<br />

Erweiterte Bernoulli-Gleichung S. 31


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Gemäß des Impulssatzes muss die Änderung des Impulsstromes gleich der Summe<br />

der angreifenden äußeren Kräfte (plus Gewichtskraft) sein. Betrachtet man das vom<br />

Radius r und der Länge l gebildete Kontrollvolumen, weist die laminare und damit<br />

ausschließlich in x-Richtung erfolgende Strömung in beiden Stirnflächen denselben<br />

Impulsstrom und damit keine Änderung auf. Die aus der Druckkraft im Eintrittsquerschnitt,<br />

der längs der Zylindermantelfläche wirkenden Reaktionskraft infolge des Reibungswiderstandes<br />

– der sich bei laminarer Strömung ausschließlich in der Schubspannung<br />

τ äußert – und der Druckkraft im Austrittsquerschnitt gebildete Summe der<br />

äußeren Kräfte in x-Richtung muss daher ebenfalls Null sein:<br />

Äußere Kräfte in Strömungsrichtung: p 1 ·(r 2 ·π) − p 2 ·(r 2 ·π) + τ außen ·(2·r ·π ·l) = 0.<br />

Für die Schubspannung erhält man also τ außen = (p 2 − p 1 )<br />

2·l<br />

·r .<br />

Die innere Schubspannung wirkt in Fließ- bzw. Achsenrichtung und ist positiv; die<br />

entgegengesetzt gerichtete äußere Schubspannung und demzufolge auch die<br />

Differenz p 2 − p 1 sind negativ und p 2 stets kleiner ist als p 1 . Es sei τ = τ innen ; dann gilt<br />

τ außen = −τ und daher<br />

τ = (p 1 − p 2 )<br />

2·l<br />

·r . (4-1)<br />

Für r = 0 ist die Schubspannung demnach Null und nimmt proportional mit r zu. Der<br />

Wert an der Wand mit r = r 0 (Rohrradius) wird als (innere) Wandschubspannung τ 0<br />

bezeichnet. Möchte man die Druckdifferenz durch den Reibungsverlust h r bzw. durch<br />

das Energieliniengefälle I E = Reibungsgefälle I r ersetzen, ist der Satz von<br />

BERNOULLI anzuwenden:<br />

2<br />

v 1<br />

2·g + p 1<br />

ρ ·g + z 1 = v 2 2<br />

2·g + p 2<br />

ρ ·g + z 2 + h v<br />

Für gleichförmigen, horizontalen Fluss ist v 1 2<br />

2·g = v 2 2<br />

2·g und z 1 = z 2 (h v = h r ). Es folgt<br />

p 1 − p 2 = ρ ·g ·h r und τ = ρ ·g ·h r<br />

2·l<br />

·r = ρ ·g ·I r<br />

2<br />

·r. (4-2)<br />

Diese Beziehung (4-1) gilt auch bei geneigtem Rohr (τ in Rohrachsenrichtung), nicht<br />

hingegen Gl. 4-1, weil dann zu den Druckkräften noch Gewichtskräfte hinzutreten<br />

und die Druckdifferenz nicht nur von der Verlusthöhe bzw. die Schubspannung nicht<br />

nur von der Druckdifferenz abhängt.<br />

Ausgangspunkt für die Ermittlung der bei laminarem Fluss herrschenden Geschwindigkeitsverteilung<br />

ist das Ergebnis des obigen Beispieles (Nr. 35), wonach die Schubspannung τ proportional mit<br />

dem Radius von der Rohrachse nach außen zunimmt und an der Rohrwand den Wert τ 0 innehat. Da<br />

bei laminarer Strömung davon auszugehen ist, dass die Fließbewegung eines beliebigen Flüssigkeitsteilchens<br />

und damit aller Teilchen wand- bzw. rohrachsenparallel erfolgt, muss zwischen der<br />

Geschwindigkeit (in Achsenrichtung) und der Schubspannung die Beziehung 1-1 für newtonsche<br />

Flüssigkeiten gelten:<br />

τ = −η · dv<br />

dr . (4-3)<br />

[v] = m·s −1 Fließgeschwindigkeit (in Achsenrichtung); v = f (r)<br />

Laminare Rohrströmung S. 32


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

[r] = m Radius (radiale Ortskoordinate normal zur Rohrachse). r weist zur Wand hin und<br />

damit in die entgegengesetzte Richtung von n in Gl. 1-1: r = r 0 − n, dr /dn = −1<br />

und dv /dn = (dv /dr) · (dr /dn) = −dv /dr .<br />

[τ] = N·m −2 innere Schubspannung (in Achsenrichtung); τ = τ (r) = ρ ·g ·h r<br />

2·l<br />

·r (4-4)<br />

[l] = m Rohrlänge, Länge des betrachteten Rohrabschnittes<br />

36.) Leite für stationäre, laminare Rohrströmung folgende Beziehungen ab:<br />

a) die Beziehung der Geschwindigkeit in einem beliebigen Punkt des Querschnittes<br />

und der Geschwindigkeit in der Rohrmitte und<br />

b) die Gleichung der Geschwindigkeitsverteilung!<br />

Für jede laminare Strömung newtonscher Flüssigkeiten gilt Formel 1-1 und für die<br />

laminare Rohrströmung im besonderen Gl. 4-4. Die beiden Ausdrücke für τ werden<br />

nun gegenübergestellt: −η · dv<br />

dr = ρ ·g ·h r<br />

2·l<br />

·r<br />

Nach Variablentrennung −η dv = ρ ·g ·h r<br />

2·l<br />

·r dr<br />

und Integration, wobei die von r oder v nicht abhängenden Ausdrücke h r / l und η zusammengefasst<br />

werden<br />

v<br />

− ⌡ ⌠ dv = ρ ·g ·h r<br />

2·l ·η ·⌡ ⌠ r dr<br />

v max<br />

0<br />

−(v − v max ) = ρ ·g ·h r<br />

4·l ·η ·r 2 ,<br />

ergibt sich für v v = v max − ρ ·g ·h r ·r 2<br />

4·l ·η<br />

.<br />

Da die Geschwindigkeit an der Rohrwand (r = r 0 ) Null beträgt, muss dort gelten<br />

0 = v max − ρ ·g ·h 2<br />

r ·r 0<br />

4·l ·η<br />

,<br />

womit v max = ρ ·g ·h 2<br />

r ·r 0<br />

4·l ·η<br />

= ρ ·g ·h r ·d 2<br />

16·l ·η<br />

ist. Für v als Funktion von r erhält man schließlich<br />

v (r) = ρ ·g ·h r ·(r 2 0 − r 2 )<br />

4·l ·η<br />

.<br />

Kennzeichnend für die laminare Rohrströmung ist also das parabolische Geschwindigkeitsprofil,<br />

nebenbei auch die Unabhängigkeit der Fließgeschwindigkeit im Rohr von der Wandrauigkeit<br />

(v Wand = 0). Bei kreisrunden Rohren ergibt die über der Querschnittsfläche aufgetragene Geschwindigkeitsverteilung<br />

ein Drehparaboloid, und da dessen Volumen gleich dem halben Volumen des<br />

umschreibenden Zylinders beträgt, ist die mittlere Geschwindigkeit genau halb so groß wie die maximale<br />

im Scheitel bzw. in der Rohrachse: v¯ = v max /2 .<br />

[v¯] = m·s −1 mittlere Fließgeschwindigkeit über den Rohrquerschnitt, v¯ = Q /A<br />

[v max ] = m·s −1 maximale Fließgeschwindigkeit, Geschwindigkeit in der Rohrachse<br />

Das Ergebnis des Beispiels Nr. 36 v max = ρ ·g ·h r ·r 0<br />

2<br />

4·η ·l<br />

r<br />

bzw. v = ρ ·g ·h r<br />

4·η ·l · (r 0 2 − r 2 )<br />

Laminare Rohrströmung S. 33


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

liefert für v¯ v¯ = ρ ·g ·h r ·d 2<br />

32·η ·l<br />

, (4-5)<br />

woraus sich mit v¯ = v, r 0 = d /2 und η /ρ = ν das lineare Widerstandsgesetz für laminare Rohrströmung<br />

ergibt: h r =<br />

32·ν ·v ·l<br />

g ·d 2<br />

[h r ] = m Verlusthöhe<br />

[ν] = m 2·s −1 kinematische Viskosität; ν = η /ρ, siehe S. 8<br />

[v] = m·s −1 mittlere Fließgeschwindigkeit über den Rohrquerschnitt (v = v ), v = Q /A<br />

[l] = m Leitungslänge<br />

[d] = m Durchmesser des (kreisrunden) Rohres<br />

bzw.<br />

[I r ] = dim.los Rohrreibungsgefälle<br />

[I E ] = dim.los Energieliniengefälle<br />

I r = I E = h r<br />

l<br />

=<br />

32·ν ·v<br />

g ·d 2 (4-6)<br />

Ersetzt man den Durchmesser in Gleichung 4-5 durch den Radius (d = 2·r 0 ), lässt sich der Fluss<br />

unter Berücksichtigung der Kontinuität Q = v¯ 2·r 02·π ansetzen durch<br />

Q = ρ ·g ·h r ·r 04·π<br />

8·l ·η<br />

(4-7)<br />

[r 0 ] = m Rohrradius<br />

Das ist das Gesetz von Hagen und Poiseuille, wonach der Fluss proportional mit dem Reibungsgefälle<br />

und zur vierten Potenz mit dem Durchmesser zunimmt.<br />

Möchte man die laminare Rohrströmung auch mit dem an und für sich nur für die turbulente<br />

Strömung geltenden, quadratischen Widerstandsgesetz nach Darcy-Weisbach I r = λ ·v 2 /(2·g ·d)<br />

(Gleichung 4-11) behandeln, so muss dieses für den laminaren Fall in die Formel 4-6 übergehen:<br />

I r = λ ·v 2 32·ν ·v<br />

2·g ·d<br />

=<br />

g ·d 2 (4-8)<br />

Das ist genau dann gewährleistet, wenn man für den Rohrreibungsbeiwert λ (Gleichung 4-8 nach λ<br />

aufgelöst) λ = 64·ν<br />

v ·d . (4-9)<br />

[λ] = dim.los Rohrreibungsbeiwert oder Widerstandszahl<br />

einsetzt. Weil das Rohrreibungsgefälle I r bei laminarer Strömung nicht von der Rohr- bzw. Wandrauigkeit<br />

k abhängt, ist für diesen Fall klarerweise auch λ (im Gegensatz zur turbulenten Strömung)<br />

unabhängig von k.<br />

Ob unter den gegebenen hydraulischen Zustandsgrößen laminare oder turbulente Strömung vorliegt,<br />

hängt vom Verhältnis zwischen den auftretenden Trägheitskräften und den zähen Reibungskräften<br />

ab. Ein Maß für dieses Verhältnis ist die dimensionslose Reynolds-Zahl, die sich neben der<br />

dynamischen Viskosität aus einer charakteristischen Geschwindigkeit und einer charakteristischen<br />

Länge zusammensetzt. Für die beiden letzteren Parameter werden in der Rohrhydraulik die mittlere<br />

Geschwindigkeit v¯ und der Rohrdurchmesser d verwendet:<br />

Laminare Rohrströmung S. 34


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Re = v¯·d<br />

ν<br />

(4-10)<br />

[Re] = dim.los Reynolds-Zahl<br />

[v¯] = m·s −1 mittlere Fließgeschwindigkeit (im weiteren wird für die mittlere Fließgeschwindigkeit<br />

v¯ der Einfachheit halber nur v verwendet)<br />

Als Grenzwert für den Übergang von laminarer zu turbulenter Strömung dient die kritische<br />

Reynolds-Zahl Re krit . Wenn Re < Re krit ist, liegt laminare Strömung vor, andernfalls im Allgemeinen<br />

turbulente. Der Standardwert für die Gegebenheiten der Rohrhydraulik bzw. unter den<br />

Annahmen für Formel 4-10 beträgt Re krit = 2320 .<br />

Der Umschlag kann abhängig davon, wann die Laminarströmung gestört wird, auch erst bei Re-<br />

Zahlen erfolgen, die wesentlich größer sind als Re krit , im Grenzfall bis Re = 5×10 4 [BOLLRICH und<br />

PREISZLER, 1992].<br />

Man kann mit Hilfe der Reynolds-Zahl auch den Rohrreibungsbeiwert λ einfacher ausdrücken. Für<br />

laminare Verhältnisse erhält man (4-10 in 4-9 eingesetzt)<br />

λ = 64<br />

Re .<br />

4.5 Turbulente Rohrströmung<br />

Grundsätzlich wirkt die Zähigkeit der Flüssigkeit und damit die Schubspannung τ auch bei turbulenter<br />

Strömung. Darüber hinaus jedoch werden makroskopische Flüssigkeitsmengen, die Turbulenzballen,<br />

quer zur Hauptströmungsrichtung versetzt. Daraus resultiert eine zusätzliche Schubspannung<br />

infolge Turbulenz, deren zeitliches Mittel proportional dem Quadrat der Geschwindigkeit<br />

ist. Im Gegensatz zum laminaren Fluss, bei dem eine proportionale Beziehung zwischen der<br />

mittleren Fließgeschwindigkeit und dem Reibungsgefälle besteht, ist der Zusammenhang bei<br />

turbulenter Strömung quadratisch. Das entsprechende quadratische Widerstandsgesetz von Darcy<br />

und Weisbach gibt den Energieabfall entlang einer Druckrohrleitung an:<br />

I r = λ ·v 2<br />

2·g ·d<br />

(4-11)<br />

[I r ] = dim.los Rohrreibungsgefälle = Energieliniengefälle I E<br />

[λ] = dim.los Widerstandszahl oder Rohrreibungsbeiwert; λ ist eine Funktion der äußeren<br />

Wandreibung, ausgedrückt durch die hydraulische Rauigkeit k sowie der inneren,<br />

viskosen Reibung, ausgedrückt durch die Reynolds-Zahl Re: λ = λ (k, Re)<br />

In diesem Gesetz tritt eine neue Größe auf – der so genannte Rohrreibungsbeiwert λ –, der insbesondere<br />

von der hydraulischen Rauigkeit k abhängt. Neben der kinematischen Viskosität des Mediums<br />

(siehe S. 8) muss daher bei turbulenter Rohrströmung auch die hydraulische Rauigkeit k<br />

bekannt sein.<br />

Laminare Rohrströmung S. 35


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

4.5.1 Rohrrauigkeit<br />

In der Prandtl-Colebrook-Formel wird von den Durchschnittswerten einer mittleren, so genannten<br />

hydraulischen Rauigkeit k der Rohrwandung ausgegangen [ÖWWV-Regelblatt 5, 1980], die nicht<br />

nur durch die an sich messbare Größe der Wanderhebung bzw. der natürlichen Rauigkeit, sondern<br />

auch durch die Form und Verteilung der Wandunebenheiten maßgeblich bestimmt wird. Die hydraulische<br />

Rauigkeit kann daher nicht einfach durch Messungen der Vertiefungen und Erhebungen<br />

an der Rohrwand bestimmt werden; k ist keine geometrische, sondern eine nur im hydraulischen<br />

Versuch bestimmbare Größe [BOLLRICH und PREISZLER, 1992]. Diese Größe wird als<br />

äquivalente Sandrauigkeit bezeichnet, weil sie dem Durchmesser von Sandkörnern als Wandoberfläche<br />

entspricht, die dieselbe hydraulische Rauigkeit zeitigen wie das eigentliche Rohrmaterial.<br />

In Abwasserkanälen tritt der Einfluss der natürlichen, hauptsächlich vom Baustoff abhängigen Rauigkeit<br />

gegenüber den Einflüssen der baulichen oder betrieblichen Rauigkeiten auf das Abflussvermögen<br />

der Kanäle zurück. Die letzteren Rauigkeiten ergeben sich u. a. aus den Wirkungen der<br />

Stoßverbindungen, den Abweichungen vom rechnerischen Querschnitt der Kanäle und anderen Einflüssen<br />

der Fertigung und der Kanalverlegung sowie aus Einflüssen der Seiteneinläufe, aber auch<br />

durch Ablagerungen. Auch der Einfluss der Bauwerke auf das Abflussvermögen der Abwasserkanäle<br />

soll hier bereits bis zu einem gewissen Grad berücksichtigt werden. Darüber hinaus erhöht<br />

sich die Rauigkeit im Laufe der Betriebszeit durch physikalische und chemische Einflüsse – hervorgerufen<br />

durch das fließende Medium Abwasser. Weil die hydraulische Leistungsfähigkeit für die<br />

ganze Lebenszeit des Kanals zu garantieren ist, muss die Veränderung der Rauigkeit bei der Planung<br />

eines Kanalstranges mit berücksichtigt werden.<br />

Die Endrauigkeit als Summe aller genannten Rauigkeiten, die sich beim Betrieb von Abwasserkanälen<br />

einstellt, soll als betriebliche Rauigkeit k b bezeichnet werden.<br />

Nach Abwägung dieser für die Praxis erheblichen Einflüsse empfiehlt das ÖWWV-Regelblatt 5<br />

[1980], die für die Entwässerungsnetze in Frage kommenden Kanäle mit folgenden betrieblichen<br />

Rauigkeiten zu dimensionieren (siehe Skriptum VO Hydraulik I [LOISKANDL] S. 84):<br />

a) Normale Abwasserkanäle, das sind Kanäle mit seitlichen Zuflüssen (z. B. Hausanschlüsse,<br />

Straßenabläufe und Zubringerkanäle) sowie mit Einsteigschächten, aber auch gekrümmte Kanalstrecken<br />

k b = 1,5 mm<br />

b) Lange gerade Abwasserkanäle (Transportkanäle), das sind Kanäle ohne seitliche Zuflüsse,<br />

ohne Hausanschlüsse und ohne Einsteigschächte (außer Aufsatzschächten) sowie kurze<br />

Druckrohrleitungen, Drosselstrecken und Düker<br />

k b = 1,0 mm<br />

c) Druckrohrleitungen über 500 m Länge k b = 0,4–1,0 mm<br />

Das sind Sonderfälle (z. B. Seeleitungen), bei denen die richtige Einschätzung der betrieblichen<br />

Rauigkeit im Hinblick auf die Pumpenauslegung von großer Bedeutung ist. Der k b -Wert<br />

ist daher in jedem Einzelfall auf Grund der vorgesehenen Ausführung der Druckleitung (Anzahl<br />

der Rohrverbindungen, Fließgeschwindigkeit) im Bereich von k b = 0,4–1,0 mm zu wählen.<br />

Reibungsverluste für Armaturen sind in diesen k b -Werten im Allgemeinen enthalten.<br />

d) Gemäß LAUTRICH [1976] weisen Kreis- und Eiprofile in Sonderausführung bei geraden<br />

Rohrstrecken, Kanälen und Drosselstrecken ohne Einsteigschächten und Seitenzuläufen sowie<br />

Abwasserdruckrohren folgende betriebliche Rauigkeit auf: k b = 0,25 mm<br />

e) Reinwasserleitungen für Druckrohr-Hauptleitungen aus kreisrunden, isolierten Stahl- und<br />

Guss- sowie Asbestzementrohren [LAUTRICH, 1976] k b = 0,1 mm.<br />

Turbulente Rohrströmung S. 36


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

4.5.2 Berechnung des Rohrreibungsbeiwertes λ<br />

Im turbulenten Fall (Re > Re krit = 2320) sind für die Ermittlung des Rohrreibungsbeiwertes λ drei<br />

Bereiche – der glatte Bereich, der Übergangsbereich und der raue Bereich – zu unterscheiden. Die<br />

Formel von PRANDTL und COLEBROOK für den Übergangsbereich, die für den glatten und<br />

für den Übergangsbereich verwendet wird, lautet<br />

1λ = −2·log ⎝ ⎜⎛ 2,51<br />

Re · λ + k<br />

3,71·d<br />

⎠ ⎟⎞ . (4-12)<br />

[k] = m hydraulische Rauigkeit; Materialkonstante, von der Rohrbeschaffenheit abhängig<br />

λ in der Prandtl-Colebrook-Formel (4-12) ist iterativ zu bestimmen. Aus der umgewandelten Form<br />

1<br />

λ =<br />

(4-13)<br />

4·log 2 ⎝ ⎜⎛ 2,51<br />

Re · λ + k<br />

3,71·d⎠ ⎟⎞<br />

kann λ bequem rekursiv iteriert werden (mit schneller Konvergenz). Am einfachsten beginnt man<br />

mit dem Startwert λˆ0 = 0,02<br />

und setzt so oft den aus der Formel 4-13 erhaltenen Wert erneut in die Formel ein, bis der eingesetzte<br />

Wert und der aus der Formel erhaltene Wert nur mehr unwesentlich von einander abweichen.<br />

Die zulässige Abweichung ∆λ zul , die natürlich von der Differenz zwischen dem letzten und vorletzten<br />

Iterationsschritt unterschritten worden sein muss (∆λ vorh = | λˆn − λˆn−1|), ist von Fall zu Fall<br />

verschieden, es sollten aber mindestens 4 signifikante Stellen bestimmt werden. Ob die zulässige<br />

Abweichung nicht zu groß gewählt wurde sollte dadurch überprüft werden, indem man die mit λˆn<br />

und mit λˆn−1 ermittelten Endergebnisse miteinander vergleicht (wenn z. B. der Durchfluss Q in l/s<br />

auf die Einerstelle genau gefragt ist und das mit λˆn berechnete Q nicht mehr als ein Zehntel vom mit<br />

λˆn−1 berechneten Q abweicht, war die Ermittlung von λ ausreichend genau).<br />

Prinzipiell ist festzuhalten, dass die Abweichung ∆λ zwischen den Iterationsschritten keinesfalls der<br />

Genauigkeit von λ entspricht. Bei rekursiven Iterationen mit ungünstigem Konvergenzverhalten<br />

kann der wahre Wert selbst dann noch um Zehnerpotenzen vom Näherungswert abweichen, wenn<br />

die Abweichung zwischen zwei Iterationsschritten bereits sehr klein ist. Das ist bei der Iteration von<br />

λ zwar nicht der Fall, doch treten in der Hydraulik nicht selten implizite Gleichungen auf, bei denen<br />

ein rekursives Iterationsverfahren überhaupt nicht konvergent ist.<br />

Definiert man den dimensionslosen Ausdruck Moody = Re · λ · k<br />

d<br />

als Moody-Wert, so lautet die Grenzkurve zwischen dem hydraulisch rauen und dem Übergangsbereich<br />

Moody = 200 ,<br />

wobei Werte ≤ 200 den Übergangsbereich kennzeichnen und Werte über 200 den rauen Bereich.<br />

Im rauen Bereich hängt λ nur von der relativen Rauigkeit ε = k /d ab, der Einfluss der Zähigkeit ist<br />

vernachlässigbar. Experimentell wurde folgender empirischer Zusammenhang festgestellt:<br />

Turbulente Rohrströmung S. 37


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

1<br />

λ rau =<br />

4·log 2 ⎝ ⎜⎛<br />

3,71·d<br />

k ⎠ ⎟⎞<br />

. (4-14)<br />

Dementsprechend wurde die Prandtl-Colebrook-Formel 4-12 von COLEBROOK so formuliert,<br />

dass sie für den Grenzfall Re = ∞ genau die Beziehung 4-14 ergibt.<br />

Eine mögliche Strategie bei der Ermittlung von λ besteht darin vorerst anzunehmen, dass λ im rauen<br />

Bereich liegt. λ rau kann dann mit Gl. 4-14 explizit berechnet werden. Sollte sich bei der Überprüfung<br />

des Bereiches mit Moody herausstellen, dass λ im Übergangsbereich liegt, ist λ rau sicher ein besserer<br />

Startwert für die anschließende Iteration nach Gl. 4-13 als λˆ0 = 0,02.<br />

In der Literatur wird bei turbulenter Rohrströmung überwiegend für alle drei Bereiche die Prandtl-<br />

Colebrook-Formel verwendet [LAUTRICH, 1976]. Bei Moody-Werten knapp über 200 erhält man<br />

dabei geringfügig größere λ-Werte als mit Re = ∞. Für die mittlere Geschwindigkeit ergibt sich<br />

dann bei kreisförmigen Profilen<br />

v = ⎜ ⎛ −2·log ⎜ ⎛ 2,51·ν<br />

⎝ ⎠ ⎟⎞<br />

⎝ d · 2·g ·I ⎠ ⎟⎞<br />

r ·d + k<br />

3,71·d<br />

· 2·g ·I r ·d (4-15)<br />

[v] = m·s −1 (mittlere) Fließgeschwindigkeit<br />

[ν] = m 2·s −1 kinematische Viskosität<br />

[d] = m Rohrdurchmesser<br />

[I r ] = dim.los Rohrreibungsgefälle<br />

[k] = m (absolute) Rohrrauigkeit<br />

und für den Durchfluss Q = d 2 ·π<br />

4 · ⎝ ⎜⎛ −2·log ⎜ ⎛ 2,51·ν<br />

⎠ ⎟⎞<br />

⎝ d · 2·g ·I ⎠ ⎟⎞<br />

r ·d + k<br />

3,71·d<br />

· 2·g ·I r ·d . (4-16)<br />

[Q] = m 3·s −1 Durchfluss, Q = v ·A<br />

Unter diesen Voraussetzungen wäre die Ermittlung von Re und λ nicht erforderlich, weil diese in<br />

den beiden Gleichungen 4-15 und 4-16 gar nicht auftreten. Es sollte jedoch jedenfalls das Fließverhalten<br />

und bei turbulenter Strömung auch der Bereich überprüft und daher gezwungenermaßen<br />

auch Re bzw. λ und Moody berechnet werden.<br />

Turbulente Rohrströmung S. 38


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Abbildung 4-1: Moody-Diagramm [BOLLRICH und PREIßLER, 1992]<br />

Turbulente Rohrströmung S. 39


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

4.5.3 Rohrdurchmesser<br />

Im Zusammenhang mit dem Durchmesser werden von Herstellern handelsüblicher Rohre oft 4 Größen<br />

angegeben: der Außendurchmesser, die Wandstärke, der Innendurchmesser und die Nennweite.<br />

Prinzipiell entspricht der Innendurchmesser eines Rohres dem Außendurchmesser weniger der<br />

zweifachen Wandstärke, doch können sowohl Außendurchmesser als auch Wandstärke und Innendurchmesser<br />

auf Grund der Fertigungstoleranzen an einer bestimmten Stelle des Rohres von den<br />

Angaben mehr oder weniger abweichen. Darüber hinaus ist die angegebene Wandstärke mitunter<br />

als Mindestwandstärke zu verstehen. Es ist daher denkbar, dass der Außendurchmesser herstellungstechnisch<br />

nahezu konstant ist und der Innendurchmesser je nach der aktuellen Wandstärke<br />

entsprechend kleiner. Wie auch immer; der für die hydraulische Berechnung maßgebliche Durchmesser<br />

d ist grundsätzlich der Innendurchmesser d innen des Rohres (ein wenig komplizierter ist der<br />

Sachverhalt bei gewellten Dränrohren; bei diesen ist der hydraulisch äquivalente Durchmesser<br />

heranzuziehen, der geringfügig größer ist als d innen ). Darauf wird auch im ÖWWV-Regelblatt 5<br />

[1980] extra hingewiesen. Die sehr starke Abhängigkeit des Abflusses vom Durchmesser (mit der<br />

vierten Potenz bei laminarer Strömung laut Formel 4-7, bezüglich turbulenter Strömung siehe<br />

insbesondere Gl. 4-16) erfordert eine möglichst genaue Angabe des Durchmessers.<br />

Die Nennweite DN (= frz. diamètre nominal, wörtlich übersetzt „Nenndurchmesser“; der gleichwertige<br />

deutsche Terminus ist jedoch „Nennweite“) von Rohren ist wohl in diversen Normen geregelt,<br />

doch stellt sie genau genommen weder eine physikalische Größe dar, noch ist ihr eine solche<br />

eindeutig zuzuordnen. Sie ist vielmehr eine Bezeichnung, die sich am Durchmesser in mm orientiert.<br />

Warum die Nennweite DN nicht so ohne weiteres als Maß für d in der Abflussberechnung<br />

benutzt werden sollte, wird im nachfolgenden Beispiel eindringlich aufgezeigt. Bei den Druckrohren<br />

aus duktilem Gusseisen (Bezeichnung GGG PN 10 oder PN 16 o. a.) entspricht sie hingegen<br />

genau dem maßgeblichen Durchmesser, nämlich dem Innendurchmesser d innen in mm.<br />

37.) Für ein handelsübliches Kanalrohr aus PVC-hart mit der Nennweite DN 125 wird ein<br />

Außendurchmesser von 125 mm und eine Wandstärke von 3,0 mm angegeben, für<br />

ein PVC-Druckrohr DN 125 PN 10 (PN = frz. pression nominal, Nenndruck) ein Außendurchmesser<br />

von 140 mm, eine Wandstärke von 6,7 mm und ein Innendurchmesser<br />

von 126,6 mm und für ein PVC-Druckrohr DN 125 PN 16 ebenso 140 mm<br />

Außendurchmesser, jedoch 10,4 mm Wandstärke und 119,2 mm Innendurchmesser.<br />

Gib exemplarisch für die folgenden Gegebenheiten den Fehler an, der begangen<br />

wird, wenn an Stelle des Innendurchmessers die Nennweite in mm verwendet wird!<br />

Das Reibungs- bzw. Sohlgefälle I r betrage 5 ‰, die betriebliche Rauigkeit k b =<br />

1,0 mm und ν = 1,31×10 −6 m 2 /s (Wasser bei 10 °C).<br />

Beim Kanalrohr aus PVC-hart kann ein Innendurchmesser von höchstens 125 mm −<br />

2×3,0 mm = 119 mm angesetzt werden. Die Bezeichnung PN bei den Druckrohren<br />

drückt in etwa den zulässigen Innendruck in bar aus. Die Ergebnisse der Berechnung<br />

(Grundfall 4) samt Zwischenwerten wurden in der folgenden Tabelle zusammengefasst.<br />

Turbulente Rohrströmung S. 40


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Rohr<br />

D<br />

mm<br />

v<br />

m/s<br />

Re<br />

(-)<br />

Moody<br />

(-)<br />

Λ<br />

(-)<br />

Q<br />

l/s<br />

Fehler<br />

%<br />

Kanal PVC DN 125 119 0,562 51007 82,5 0,037026 6,25 −12,2<br />

DN 125 PN 16 119,2 0,5622 51151 82,5 0,037004 6,27 −11,9<br />

125 0,580 55387 84,5 0,036395 7,12 0<br />

DN 125 PN 10 126,6 0,5854 56578 85,1 0,036234 7,37 +3,5<br />

LAUTRICH [1976] * 125 0,57 7,1<br />

k = 0,1 mm ** 125 0,741 70663 8,5 0,022360 9,09<br />

* : Tabellenwerte von LAUTRICH [1976]<br />

** : k b = 0,1 mm anstatt 1,0 mm<br />

Würde man die Nennweite DN 125 bei allen drei Rohren als hydraulischen Durchmesser<br />

in mm verwenden, also d = 125 mm, beträgt der relative, auf den Durchfluss<br />

bezogene Fehler für das Kanalrohr −12,2 % und für das Druckrohr PN 16 −11,9 %!<br />

Diese Rohre wären also deutlich unterdimensioniert; lediglich beim Druckrohr PN 10<br />

wäre eine gewisse Leistungsreserve gegeben. Einen ähnlichen Fehler würde man<br />

begehen, wenn man den Tabellenwert von LAUTRICH [1976] direkt verwendet<br />

(vorletzte Zeile in der obigen Tabelle).<br />

Es soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass die Wandrauigkeit (äquivalente Sandrauigkeit)<br />

der Rohre etwa nur ein Zehntel der angesetzten betrieblichen Rauigkeit<br />

beträgt. Trotz der Muffenstöße (Baulänge der angeführten Rohre maximal 6 m) kann<br />

deshalb ein deutlich größeres Abflussvermögen vorliegen (siehe letzte Zeile der<br />

Tabelle), solange nicht etwa Ablagerungen, Alterungserscheinungen u. dergl. dazu<br />

führen, dass die angesetzte betriebliche Rauigkeit k b eher über- denn unterschritten<br />

wird.<br />

4.5.4 Berechnung der Verlusthöhe h v<br />

Wie bereits erwähnt, setzt sich die gesamte Verlusthöhe h v vom Ausgangshorizont bis zum betrachteten<br />

Horizont im Allgemeinen nicht nur aus der Reibungsverlusthöhe h v , sondern auch aus<br />

örtlichen Einzelverlusten h v ö zusammen: h v = h r + Σ h v ö .<br />

Zumeist wird für die einzelnen örtlichen Reibungsverluste h v ö ein empirischer Ansatz verwendet,<br />

bei dem sie auf die Geschwindigkeitshöhe bezogen werden:<br />

h v ö = ζ ö · v 2<br />

2·g<br />

[ζ ö ] = dim.los Verlustbeiwert (Widerstandszahl)<br />

Damit ergibt sich für h v : h v = I r ·l + ( ∑ζ ö )· v 2<br />

2·g<br />

bzw. h v = λ ·v 2<br />

2·g ·d ·l + ( ∑ζ ö )· v 2<br />

2·g<br />

(4-17)<br />

oder h v =<br />

⎝<br />

⎜ ⎛ ⎠ ⎟⎞ λ · l<br />

d + ∑ζ ö · v 2<br />

2·g . (4-18)<br />

Turbulente Rohrströmung S. 41


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Für Formel 4-18 wird natürlich vorausgesetzt, dass die betrachtete Rohrstrecke einen einheitlichen<br />

Durchmesser und damit eine einheitliche Geschwindigkeit aufweist. Bei Schiebern, Ventilen und<br />

dergl. ist der lichte Durchgang selbst im geöffnetem Zustand oft kleiner als der hydraulisch äquivalente<br />

Durchmesser. Die werkseitig angegebenen oder in Tabellenwerken zu findenden Verlustbeiwerte<br />

ζ beziehen sich jedoch nicht auf die tatsächliche, örtlich scharf begrenzte Geschwindigkeit,<br />

sondern auf eine Bezugsgeschwindigkeit. Diese ist in der Regel die Fließgeschwindigkeit im geraden<br />

Rohr hinter der örtlichen Störung [BOLLRICH und PREISZLER, 1992], weil sich der Verlust<br />

hauptsächlich dort entfaltet. Die Bezugsgeschwindigkeit ergibt sich aus dem Durchfluss und dem<br />

Bezugsdurchmesser, der durch die Nennweite bzw. durch die Bezeichnung des Formstückes oder<br />

der Armatur bestimmt ist. Z. B. ist für eine Druckleitung DN 80 PN 16 in Stahlausführung ein<br />

Absperrschieber DN 80 (PN 16) zu verwenden, dessen Bezugsdurchmesser dem der geraden Leitung<br />

d = 80 mm entspricht. Bei Erweiterungs- oder Reduktionsstücken (z. B. FFR 400/300) ist die<br />

Angabe des zweiten Durchmessers bzw. der Innendurchmesser des abgehenden Rohres maßgebend.<br />

Sofern die Nennweiten sämtlicher Einbauten der betrachteten Rohrstrecke mit der Nennweite des<br />

geraden Rohres übereinstimmen, kann mit einer einheitlichen Geschwindigkeit bzw. mit der Formel<br />

4-18 gerechnet werden. Bezüglich der Nennweite und dem hydraulisch relevanten Innendurchmesser<br />

siehe im vorherigen Kapitel 4.5.3.<br />

38.) Gib eine Formel für die herrschende Schubspannung an der Rohrwand als Funktion<br />

der mittleren Geschwindigkeit bei turbulenter Strömung an!<br />

Die Schubspannung an der Wand τ 0 beträgt laut Formel 4-2<br />

τ 0 = ρ ·g ·h r<br />

2·l<br />

·r 0 = ρ ·g ·I r ·d<br />

4<br />

.<br />

Gleichwohl gilt das quadratische Widerstandsgesetz von DARCY und WEISBACH<br />

(4-11) I r = λ ·v 2<br />

2·g ·d ,<br />

dessen Ausdruck für I r in die obige Gleichung eingesetzt wird:<br />

2<br />

2<br />

ρ ·g ·d ·λ ·v λ ·ρ ·v<br />

τ 0 =<br />

4·2 ·g ·d<br />

=<br />

8<br />

.<br />

39.) Bestimme:<br />

a) die Schubspannung an der Wand eines von Wasser durchströmten Rohres<br />

(Durchmesser d) bei gegebener Verlusthöhe h r und zugehöriger Rohrlänge l,<br />

b) die Schubspannung in der Entfernung x von der Rohrachse<br />

c) und die mittlere Geschwindigkeit v beim gegebenen Wert λ!<br />

d = 250 mm ρ = 1000 kg/m 3 l = 300 m<br />

h r = 12,0 m x = 50,0 mm λ = 0,030<br />

Turbulente Rohrströmung S. 42


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

4.6 Rohrleitungsberechnung<br />

Grundsätzlich sind bei der Rohrleitungsberechnung kreisrunder Rohre unter Vollfüllung<br />

6 Grundfälle zu unterscheiden, die nachstehend zusammengefasst sind.<br />

Tabelle 4-1:<br />

6 Grundfälle der Rohrleitungsberechnung<br />

Grundfall 1 2 3 4 5 6<br />

gegeben d, v d, Q Q, v d, I r bzw. h v v, I r bzw. h v Q, I r bzw. h v<br />

gesucht Q, I r bzw. h v v, I r bzw. h v d, I r bzw. h v Q, v d, Q d, v<br />

Die Fälle 1 bis 3 können direkt gelöst werden; die Fälle 4 bis 6 nur iterativ. Ein mehr oder weniger<br />

erhöhter Berechnungsaufwand ergibt sich bei den einzelnen Fällen dann, wenn neben dem Reibungsverlust<br />

h r noch örtliche Einzelverluste h v ö zu berücksichtigen sind.<br />

Prinzipiell ist immer eine Kontrolle des Strömungsverhaltens (laminar oder turbulent) und<br />

im turbulenten Fall eine Kontrolle des Bereiches (glatt, Übergang oder rau) durchzuführen.<br />

Wenn der Rohrreibungsbeiwert λ iterativ bestimmt werden muss, ist auf eine ausreichende Genauigkeit<br />

des Resultates zu achten.<br />

4.6.1 Grundfall 1<br />

Gegeben: d, v<br />

Gesucht: Q, I r bzw. h v<br />

1. Schritt: Q = v · d 2·π<br />

4<br />

(Q = v ·A bzw. A = d 2·π /4)<br />

[Q] = m 3·s −1 Durchfluss<br />

[v] = m·s −1 Fließgeschwindigkeit; jene mittlere Fließgeschwindigkeit, deren Produkt mit der<br />

Querschnittsfläche der Stromröhre genau den Fluss Q ergibt<br />

[d] = m Durchmesser<br />

2. Schritt: Mit v und d → Re = v ·d<br />

ν<br />

[Re] = dim.los Reynolds-Zahl<br />

[ν] = m 2·s −1 kinematische Viskosität des Strömungsmediums<br />

ε = k d<br />

[ε] = dim.los relative Rauigkeit<br />

[k] = m absolute Rauigkeit; Materialkonstante, von der Rohrbeschaffenheit abhängig<br />

3. Schritt: Mit Re und ε → Berechnung von λ mittels der Formel für den vorliegenden Bereich<br />

(Übergangsbereich oder rauer Bereich; Kontrolle z. B. mit Moody-Diagramm)<br />

[λ] = dim.los Rohrreibungsbeiwert<br />

Rohrleitungsberechnung S. 43


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

4. Schritt: Quadratisches Widerstandsgesetz für turbulente Rohrströmung (Darcy-Weisbach-<br />

Formel): I r = λ ·v 2<br />

2·g ·d<br />

[I r ] = dim.los Rohrreibungsgefälle<br />

5. Schritt: a) ohne örtliche Einzelverluste: h r = I r ·l = λ ·v 2 ·l<br />

2·g ·d<br />

[h v ] = m Verlusthöhe<br />

[l] = m Leitungslänge<br />

b) mit Berücksichtigung örtlicher Einzelverluste (z. B. Ein-, Austrittsverluste, Einbauten<br />

usw.): h v = ⎜ ⎛ λ · l<br />

⎝ d + ∑ζ ö<br />

⎠ ⎟⎞ · v 2<br />

2·g<br />

[ζ ö ] = dim.los Verlustbeiwert oder Widerstandszahl<br />

4.6.2 Grundfall 2<br />

Gegeben: d, Q<br />

Gesucht: v, I r bzw. h v<br />

1. Schritt: v = 4·Q<br />

d 2·π<br />

2. Schritt: Weiter bei Grundfall 1, 2. Schritt.<br />

4.6.3 Grundfall 3<br />

Gegeben: Q, v<br />

Gesucht: d, I r bzw. h v<br />

4·Q<br />

1. Schritt: d rechn =<br />

π ·v<br />

I) Kann ein beliebiger Rohrdurchmesser verwendet werden, dann ist d = d rechn und<br />

mit v und d bei Grundfall 1, 2. Schritt fortzusetzen.<br />

II) Andernfalls ist der rechnerische Durchmesser auf einen Normdurchmesser bzw. einen<br />

erhältlichen Rohrdurchmesser d gew aufzurunden: d = d gew . Da das System mit d,<br />

v und Q überbestimmt ist, muss festgelegt werden, welche der beiden Größen v und<br />

Q in der Angabe vorgegeben bleibt und welche abweichen darf.<br />

2. Schritt: a) wenn Q einzuhalten ist: Mit d und Q weiter bei Grundfall 2, 1. Schritt<br />

4.6.4 Grundfall 4<br />

Gegeben: d, I r bzw. h v<br />

Gesucht: Q, v<br />

b) wenn v einzuhalten ist: Mit d und v weiter bei Grundfall 1, 1. Schritt<br />

Da ohne Kenntnis des hydraulischen Bereiches weder v und Q noch λ direkt berechnet werden können,<br />

muss iterativ vorgegangen werden. Hierfür bietet sich folgende Berechnungskette an:<br />

Grundfall 1 S. 44


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

vˆi → Re ˆ i → λˆi → Iˆ r i bzw. hˆ v i → vˆi+1<br />

Das Verfahren ist eine rekursive Iteration (weil der Endwert eines Schleifendurchlaufes zugleich<br />

der Anfangswert der nächsten Schleife ist und aus diesem Wert sämtlichen neuen Werte der<br />

Schleife folgen). Die Schleife ist so oft zu durchlaufen, bis hˆ v i hinreichend genau mit dem gegebenen<br />

h v übereinstimmt.<br />

1. Schritt: Schleifenanzahl i = 0. Startwert für vˆ:<br />

a) ohne ζ: Sind keine örtlichen Verluste ζ ö vorhanden, kann das Reibungsgefälle I r<br />

bei gegebenem h r berechnet werden aus I r = h r /l<br />

und vˆ0 = ⎜ ⎛ −2·log ⎜ ⎛ 2,51·ν<br />

⎝ ⎠ ⎟⎞<br />

⎝ d · 2·g ·I ⎠ ⎟⎞<br />

r ·d + k<br />

3,71·d<br />

· 2·g ·I r ·d .<br />

Da erst die Gültigkeit des für die Formel angenommenen Übergangsbereiches<br />

verifiziert werden muss, ist der Wert für v nur eine erste Annahme.<br />

b) mit ζ: Einfachste Möglichkeit: vˆ0 = 1,0 m/s<br />

Zumeist spart man eine Schleife (eventuell auch zwei), wenn man Gleichung<br />

4-18 h v = ⎜ ⎛ λ · l<br />

⎝ d + ∑ζ ö<br />

⎠ ⎟⎞ · v 2<br />

2·g<br />

nach v auflöst: vˆ0 =<br />

2·g ·h v<br />

λˆ0 · l .<br />

d + ∑ζ ö<br />

Für λ setzt man am einfachsten λˆ0 = 0,02.<br />

2. Schritt: Re ˆ i = vˆi ·d<br />

ν<br />

3. Schritt: Mit Re ˆ i und ε ist die für den vorliegenden Bereich gültige Formel für λ (Kontrolle mit<br />

Moody-Diagramm) auszuwerten → λˆi<br />

4. Schritt: Iˆ r i = λˆi 2<br />

·vˆi<br />

2·g ·d<br />

5. Schritt: a) ohne ζ: hˆ v i = λˆi 2<br />

·vˆi ·l<br />

2·g ·d<br />

b) mit ζ: hˆ v i = vˆi 2<br />

2·g · ⎝ ⎜⎛ λˆi · l<br />

d + ∑ζ ö<br />

⎠ ⎟⎞<br />

6. Schritt: a) Wenn hˆ v i ≈ h v ist,<br />

dann ist<br />

v = vˆi, λ = λˆi, I r = Iˆ r i<br />

und Q = v · d 2·π<br />

4 .<br />

b) Anderenfalls ist ein verbesserter Wert für vˆ anzunehmen:<br />

Grundfall 4 S. 45


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

4.6.5 Grundfall 5<br />

Gegeben: v, I r bzw. h v<br />

Gesucht: d, Q<br />

vˆi+1 =<br />

2·g ·h v<br />

λˆi · l<br />

d + ∑ζ ö<br />

Die nächste Schleife (i = i + 1) ist mit dem 2. Schritt zu beginnen.<br />

Dieser Grundfall kann mit zwei verschiedenen Verfahren gelöst werden. Die Entscheidung, welches<br />

Verfahren benutzt wird, hängt hauptsächlich davon ab, ob ein beliebiger Durchmesser gewählt werden<br />

kann oder nur bestimmte Normdurchmesser. In letzterem Fall ist das Verfahren A deutlich besser.<br />

Bei frei wählbarem Durchmesser ist hingegen das Verfahren B vorteilhafter, weil es im Allgemeinen<br />

schneller konvergiert und daher weniger Schleifen erfordert.<br />

Verfahren A:<br />

dˆi → Re ˆ i → λˆi → Iˆ r i bzw. hˆ v i<br />

Bei dieser Berechnungskette wird dˆ so lange variiert, bis hˆ v hinreichend genau mit dem gegebenen<br />

h v übereinstimmt. Der Berechnungsablauf ist prinzipiell unabhängig davon, ob I) für d ein beliebiger<br />

Durchmesser zulässig ist oder II) nur bestimmte Normdurchmesser verwendet werden können.<br />

Bei II) wird man zumeist mit drei bis vier Schleifen das Auslangen finden.<br />

1. Schritt: Schleifenanzahl i = 0. Startwert für d; z. B. mit geschätztem λˆ = 0,02:<br />

a) ohne ζ: dˆ0 = 0,02·v 2<br />

2·g ·I<br />

bzw. dˆ 0 = 0,02·v 2 ·l<br />

r 2·g ·h r<br />

0,02 ·l<br />

b) mit ζ: dˆ 0 =<br />

2·g ·h v<br />

v 2 − ∑ζ ö<br />

Wenn nur bestimmte Normdurchmesser verwendet werden können, empfiehlt sich für<br />

dˆ 0 der nächstkleinere Durchmesser.<br />

2. Schritt: Re ˆ i = v ·dˆ i<br />

ν<br />

3. Schritt: Mit Re ˆ i und ε ist die für den vorliegenden Bereich gültige Formel für λ (Kontrolle mit<br />

Moody-Diagramm) auszuwerten → λˆi<br />

4. Schritt: Iˆ r i = λˆi v 2<br />

2·g ·dˆi<br />

5. Schritt: a) ohne ζ: hˆ v i = λˆi v 2 ·l<br />

2·g ·dˆi<br />

b) mit ζ: hˆ v i = v 2<br />

2·g · ⎝ ⎜⎛ λˆi · l + ∑ζ ö<br />

dˆ ⎠ ⎟⎞<br />

i<br />

6. Schritt: a) Der endgültige Durchmesser liegt dann vor, wenn<br />

Grundfall 4 S. 46


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

I) ein beliebiger Durchmesser verwendet werden kann und hˆ v i ≈ h v ist;<br />

dann ist d = dˆi, λ = λˆi und Q = v · d 2·π<br />

4 .<br />

II) ein vorgegebener Durchmesser zu wählen und hˆ v i ≤ h v ist;<br />

dann ist d = dˆi, λ = λˆi und Q = v · d 2·π<br />

4 .<br />

Die vorgegebene Geschwindigkeit wird exakt eingehalten, die sich ergebende<br />

Verlusthöhe ist allerdings geringer als der Angabewert oder zufällig gleich.<br />

Soll hingegen die Verlusthöhe exakt eingehalten werden, ist mit d und h v und<br />

dem Grundfall 4 die sich ergebende Fließgeschwindigkeit zu ermitteln.<br />

b) Anderenfalls ist ein verbesserter Wert dˆ i+1 anzunehmen.<br />

I) Wenn ein beliebiger Durchmesser verwendet werden kann und i ≥ 1 ist, kann<br />

der neue Durchmesser dˆ i+1 z. B. aus zwei bekannten Wertepaaren (dˆj, hˆ v j) –<br />

nicht notwendigerweise aus der letzten (i) und vorletzten (i − 1) Schleife –<br />

mittels linearer Iteration bestimmt werden:<br />

ˆ<br />

i−1<br />

·( dˆ i − dˆi−1 ).<br />

dˆ i+1 = dˆi−1 + h v − h v<br />

hˆ v i − hˆ v i−1<br />

Eine weitere Möglichkeit besteht in der rekursiven Iteration mittels<br />

λˆi ·l<br />

dˆ i+1 =<br />

2·g ·h<br />

.<br />

v<br />

v 2 − ∑ζ ö<br />

Das Verfahren A geht dann in das Verfahren B über.<br />

II) Stehen nur Rohre mit vorgegebenen Nennweiten bzw. Durchmessern zur<br />

Verfügung, dann ist für dˆi+1 der nächstgrößere Durchmesser zu wählen.<br />

Weiter mit i = i + 1 und dem 2. Schritt.<br />

Verfahren B:<br />

λˆi → dˆ i → Re ˆ i → λˆi+1<br />

Prinzipiell könnte man diese rekursive Iteration mit jedem der vier Werte beginnen, doch empfiehlt<br />

sich λ als Startwert. Nachdem die vorgegebene mittlere Fließgeschwindigkeit v als Konstante in die<br />

Berechnung eingeht, wird sie bei dieser Berechnungskette exakt eingehalten. Nach dem Erreichen<br />

des Abbruchkriteriums muss die Änderung von d bzw. Q mit der Änderung von λˆ und damit die<br />

Genauigkeit der Berechnung überprüft werden. Zur Kontrolle sind daher die mit λˆi und mit λˆi−1<br />

berechneten d- bzw. Q-Werte zu vergleichen. Ist die Änderung noch groß, sind weitere Iterationsschleifen<br />

zu durchlaufen.<br />

1. Schritt: Schleifenanzahl i = 0. Startwert für λˆ: λˆ0 = 0,02<br />

2. Schritt: a) ohne ζ: dˆi = λˆi ·v 2<br />

2·g ·I<br />

bzw. dˆi = λˆi ·v 2 ·l<br />

r 2·g ·h r<br />

Grundfall 5 S. 47


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

λˆi ·l<br />

b) mit ζ: dˆ i =<br />

2·g ·h v<br />

v 2 − ∑ζ ö<br />

3. Schritt: Re ˆ i = v ·dˆ i<br />

ν<br />

4. Schritt: Mit Re ˆ i und ε ist die für den vorliegenden Bereich gültige Formel für λ (Kontrolle mit<br />

Moody-Diagramm) auszuwerten → λˆi+1<br />

5. Schritt: a) Falls λˆi+1 ≈ λˆi, dann ist λ = λˆi<br />

b) andernfalls ist mit i = i + 1 beim 2. Schritt fortzusetzen.<br />

6. Schritt: I) Kann ein beliebiger Rohrdurchmesser verwendet werden, dann ist<br />

d = dˆ i und Q = v · d 2·π<br />

4 .<br />

Kontrolle der Genauigkeit durch Vergleich der Werte dˆ i und dˆ i−1. Falls die Werte<br />

noch signifikant verschieden sind, war das Abbruchkriterium für λˆ zu groß. Dieses<br />

ist daher zu verkleinern. Es sind noch weitere Iterationsschleifen zu durchlaufen,<br />

wobei mit i = i + 1 beim 2. Schritt fortzusetzen ist.<br />

4.6.6 Grundfall 6<br />

II) Andernfalls ist der rechnerische Durchmesser auf einen Normdurchmesser bzw. einen<br />

erhältlichen Rohrdurchmesser d = d gew aufzurunden. Da das System mit d, v<br />

und I r bzw. h v überbestimmt ist, muss festgelegt werden, welche der beiden Größen<br />

v und I r bzw. h v in der Angabe vorgegeben bleibt und welche abweichen darf.<br />

Gegeben: Q, I r bzw. h v<br />

Gesucht: d, v<br />

a) wenn v einzuhalten ist: Mit d und v weiter bei Grundfall 1, 1. Schritt<br />

b) wenn I r bzw. h v einzuhalten ist: Mit d und I r bzw. h v<br />

weiter bei Grundfall 4, 1. Schritt<br />

Dieser Grundfall ist der aufwändigste. Es werden wieder zwei Verfahren A und B vorgestellt, die<br />

sich beide nur geringfügig von denen für den Grundfall 5 unterscheiden. Allerdings ist das Verfahren<br />

B für den Grundfall 6 unzweckmäßig, wenn örtliche Einzelverluste vorhanden sind.<br />

Verfahren A:<br />

dˆi → vˆi → Re ˆ i → λˆi → Iˆ r i bzw. hˆ v i → dˆi+1<br />

Bei dieser Berechnungskette wird dˆ so lange variiert, bis hˆ v hinreichend genau mit dem gegebenen<br />

h v übereinstimmt. Der Berechnungsablauf ist prinzipiell unabhängig davon, ob für d I) ein beliebiger<br />

Durchmesser zulässig ist oder II) nur bestimmte Normdurchmesser verwendet werden können.<br />

Bei II) wird man zumeist mit drei bis vier Schleifen das Auslangen finden.<br />

1. Schritt: Schleifenanzahl i = 0. Startwert fürdˆ; z. B. mit geschätztem λˆ = 0,02:<br />

Grundfall 5 S. 48


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

a) ohne ζ: Aus dem Gesetz von Darcy-Weisbach I r = λ ·v 2<br />

2·g ·d bzw. h r = λ · l d · v 2<br />

2·g und<br />

v = 4·Q<br />

d 2·π folgt dˆ 0 =<br />

5 8·λˆ ·Q 2<br />

g ·π 2 ·I r<br />

bzw. dˆ0 =<br />

5 8·λˆ ·Q 2 ·l<br />

g ·π 2 ·h r<br />

.<br />

II) Wenn nur bestimmte Normdurchmesser verwendet werden können, empfiehlt<br />

sich für die erste Berechnungsschleife eine Rohrnennweite, deren zugehöriger<br />

Rohrdurchmesser deutlich kleiner ist als dˆ0.<br />

b) mit ζ: Wenn man in Gleichung 4-18 h v = v 2<br />

2·g · ⎝ ⎜⎛ λ · l<br />

d + ∑ζ ö<br />

⎠ ⎟⎞ v mit Hilfe der Beziehung<br />

v = 4·Q<br />

d 2·π ersetzt, erhält man h 8·Q 2<br />

v =<br />

d 4 · π 2 ·g · ⎝ ⎜⎛ λ · l<br />

d + ∑ζ ö<br />

⎠ ⎟⎞ .<br />

Diese Gleichung lässt sich nicht nach d auflösen bzw. d nicht als explizite Funktion<br />

von h v und Q darstellen. BOLLRICH und PREISZLER [1992] empfehlen die Gleichung<br />

in der Form d =<br />

5 8·Q 2<br />

π 2 ·g ·h v<br />

· 5 ( )<br />

λ ·l + d ·∑ζ ö iterativ zu lösen. (4-19)<br />

Eine andere Umformung führt zur Nullstellensuche eines Polynoms fünften Grades<br />

d 5 ·h v · π 2 ·g<br />

8·Q 2 − d ·∑ζ ö − λ ·l = 0. (4-20)<br />

dˆ 0 muss jedenfalls entweder iterativ bestimmt oder ganz einfach geschätzt werden.<br />

II) Wenn nur bestimmte Normdurchmesser verwendet werden können, lohnt sich<br />

der Aufwand für eine genauere Ermittlung des Startwertes dˆ0 nicht. Eine mögliche<br />

Strategie besteht darin, mit einer Rohrnennweite zu beginnen, die man<br />

mit ziemlicher Sicherheit als nicht ausreichend erachtet und dˆ von Schleife zu<br />

Schleife genau um eine Stufe zu erhöhen, bis der ausreichende Durchmesser<br />

gefunden ist.<br />

2. Schritt: vˆi = 4·Q<br />

dˆ i 2 ·π<br />

3. Schritt: Re ˆ i = vˆi ·dˆi<br />

ν<br />

4. Schritt: Mit Re ˆ i und εˆi = k / dˆi ist die für den vorliegenden Bereich gültige Formel für λ (Kontrolle<br />

mit Moody-Diagramm) auszuwerten → λˆi<br />

5. Schritt: Iˆ r i = λˆi 2<br />

·vˆi<br />

2·g ·dˆ ˆi<br />

6. Schritt: a) ohne ζ: hˆ r i = λˆi 2<br />

·vˆi ·l<br />

2·g ·dˆ ˆi<br />

b) mit ζ: hˆ v i = vˆi 2<br />

2·g · ⎝ ⎜⎛ λˆi · l + ∑ζ ö<br />

dˆ ⎠ ⎟⎞<br />

i<br />

Grundfall 6 S. 49


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

7. Schritt: a) Der endgültige Durchmesser liegt dann vor, wenn<br />

I) ein beliebiger Durchmesser verwendet werden kann und hˆ v i ≈ h v ist;<br />

dann ist d = dˆi, λ = λˆi und v = vˆi.<br />

II) ein vorgegebener Durchmesser zu wählen und hˆ v i ≤ h v ist;<br />

dann ist d = dˆi, λ = λˆi und v = vˆi.<br />

Im Falle i = 0 (erster Schleifendurchlauf) ist sicherzustellen, dass das nächstkleinere<br />

Rohr nicht mehr ausreichen würde.<br />

Der vorgegebene Durchfluss wird exakt eingehalten, die sich ergebende Verlusthöhe<br />

ist allerdings geringer als der Angabewert oder zufällig gleich.<br />

Soll hingegen die Verlusthöhe exakt eingehalten werden, ist mit d und h v und<br />

dem Grundfall 4 der sich ergebende Durchfluss zu ermitteln.<br />

b) Anderenfalls ist ein verbesserter Wert dˆ i+1 anzunehmen.<br />

I) Wenn ein beliebiger Durchmesser verwendet werden kann und i ≥ 1 ist, kann<br />

der neue Durchmesser dˆ i+1 z. B. aus zwei bekannten Wertepaaren (dˆj, hˆ v j) –<br />

nicht notwendigerweise aus der letzten (i) und vorletzten (i − 1) Schleife –<br />

mittels linearer Iteration bestimmt werden:<br />

ˆ<br />

i−1<br />

·( dˆ i − dˆi−1 ).<br />

dˆ i+1 = dˆi−1 + h v − h v<br />

hˆ v i − hˆ v i−1<br />

Für a) – ohne ζ – besteht als zweite Möglichkeit die rekursive Iteration mit<br />

5 8·λˆi ·Q<br />

dˆ 2<br />

5 8·λˆi ·Q<br />

i+1 =<br />

g ·π 2 ·I<br />

bzw. dˆ 2 ·l<br />

i+1 =<br />

r g ·π 2 ·h<br />

.<br />

r<br />

Für b) – mit ζ – ist die rekursive Iteration nicht zu empfehlen, weil zusätzlich d<br />

iterativ bestimmt werden muss (siehe oben).<br />

II) Stehen nur Rohre mit vorgegebenen Nennweiten bzw. Durchmessern zur Verfügung,<br />

dann ist für dˆi+1 der nächstgrößere Durchmesser zu wählen.<br />

Weiter mit i = i + 1 und dem 2. Schritt.<br />

Verfahren B:<br />

λˆi → dˆ i → vˆi → Re ˆ i → λˆi+1<br />

Wenn örtliche Einzelverluste vorhanden sind, muss dˆ i in der Berechnungskette iterativ bestimmt<br />

werden. In diesem Fall ist das Verfahren B daher unzweckmäßig. Wenn keine ζ-Werte zu berücksichtigen<br />

sind, ist die Anzahl der erforderlichen Schleifen – ähnlich wie beim Grundfall 5 – beim<br />

Verfahren B im Allgemeinen kleiner als beim Verfahren A. Der vorgegebene Durchfluss wird exakt<br />

eingehalten. Bei diesem Grundfall muss die Änderung von v bzw. von d mit der Änderung von λˆ<br />

und damit die Genauigkeit der Berechnung überprüft werden. Zur Kontrolle sind daher die mit λˆi-1<br />

und mit λˆi berechneten v- bzw. d-Werte zu vergleichen. Ist die Änderung noch groß, sind weitere<br />

Iterationsschleifen zu durchlaufen.<br />

1. Schritt: Startwert für λˆ: λˆ0 = 0,02<br />

Grundfall 6 S. 50


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

2. Schritt: a) ohne ζ: dˆi =<br />

5 8·λˆi ·Q 2<br />

g ·π 2 ·I r<br />

bzw. dˆ i =<br />

5 8·λˆi ·Q 2 ·l<br />

g ·π 2 ·h r<br />

b) mit ζ: Rekursiv-iterative Lösung der Gleichung 4-19<br />

dˆ i =<br />

5 8·Q 2<br />

π 2 ·g ·h · 5<br />

v<br />

( λˆi ·l + dˆi ·∑ζ ö )<br />

oder iterative Nullstellensuche der Gleichung 4-20<br />

dˆ i 5 · hv · π 2 ·g<br />

8·Q 2 − dˆ i ·∑ζ ö − λ ·l = 0 .<br />

3. Schritt: vˆi = 4·Q<br />

dˆ i 2 ·π<br />

4. Schritt: Re ˆ i = vˆi ·dˆi<br />

ν<br />

5. Schritt: Mit Re ˆ i und εˆi = k / dˆi ist die für den vorliegenden Bereich gültige Formel für λ (Kontrolle<br />

mit Moody-Diagramm) auszuwerten → λˆi+1<br />

6. Schritt: a) Falls λˆi+1 ≈ λˆi, dann ist λ = λˆi<br />

b) andernfalls ist die nächste Schleife mit i = i + 1 beim 2. Schritt fortzusetzen.<br />

7. Schritt: I) Kann ein beliebiger Rohrdurchmesser verwendet werden, dann ist<br />

d = dˆ i und v = vˆi.<br />

Die erzielte Genauigkeit ist durch Vergleich der mit λˆi bzw. mit λˆi+1 berechneten<br />

Werte für v und d zu kontrollieren. Falls die Werte noch signifikant unterschiedlich<br />

sind, müssen noch weitere Iterationsschleifen durchlaufen werden, wofür mit<br />

i = i + 1 beim 2. Schritt fortzusetzen ist.<br />

II) Andernfalls ist der rechnerische Durchmesser auf einen Normdurchmesser bzw. einen<br />

erhältlichen Rohrdurchmesser d = du aufzurunden. Da das System mit d, Q und<br />

I r bzw. h v überbestimmt ist, muss festgelegt werden, welche der beiden Größen Q<br />

und I r bzw. h v in der Angabe vorgegeben bleibt und welche abweichen darf.<br />

a) wenn Q einzuhalten ist: Mit d und Q weiter bei Grundfall 2, 1. Schritt<br />

b) wenn I r bzw. h v einzuhalten ist: Mit d und I r bzw. h v<br />

weiter bei Grundfall 4, 1. Schritt<br />

40.) Durch eine horizontale Rohrleitung von 50 mm Durchmesser und 1,00 km Länge<br />

fließen stündlich 10 m 3 Heizöl mit einer kinematischen Viskosität von 40×10 −6 m 2 /s<br />

und einer Dichte von 900 kg/m 3 . Wie groß ist die für den Transport erforderliche<br />

Druckdifferenz zwischen Ein- und Austrittsquerschnitt?<br />

41.) Aus einem oben offenen Wasserbehälter führt eine gerade, waagrechte und ins Freie<br />

mündende Rohrleitung (scharfkantiger Eintritt). Die Rohrleitung setzt sich aus zwei<br />

Teilstücken zusammen, der Übergang ist plötzlich.<br />

Bestimme:<br />

Grundfall 6 S. 51


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

a) die Strömungsgeschwindigkeiten in<br />

beiden Teilstücken,<br />

b) den Volumenstrom,<br />

c) die Eintrittsverlusthöhe,<br />

d) die Verengungsverlusthöhe und<br />

e) die Verlusthöhen für die einzelnen<br />

Teilstücke.<br />

f) Zeichne die Energielinie und die<br />

Drucklinie!<br />

H = 10,0 m über Rohrachse d 1 = 100 mm l 1 = 12,0 m<br />

k = 1×10 −3 m d 2 = 80 mm l 2 = 2,0 m<br />

ζ E = 0,5 ζ Eng = 0,21<br />

42.) Zum Antrieb einer Strahlturbine mit dem Wirkungsgrad η führt aus einem Stausee<br />

eine Druckrohrleitung, die sich aus zwei Teilstücken zusammensetzt und in einer<br />

waagrecht gerichteten Düse endet. Das erste Teilstück (d 1 ) beginnt beim gerundeten<br />

Rohreintritt und reicht bis zum 1. Knickpunkt (l 1 ). Das zweite Teilstück (d 2 ) reicht vom<br />

1. Knickpunkt bis zum Düsenaustritt (d 3 ). Die Verengung tritt allmählich ein.<br />

Bestimme:<br />

a) die Ausflussgeschwindigkeit,<br />

b) den Volumenstrom,<br />

c) das Nutzgefälle,<br />

d) die Nutzleistung!<br />

H = 349,0 − 241,0 = 108,0 m<br />

k = 1,5×10 −3 m<br />

ζ E = 0,1<br />

ζ Kr = 0,3<br />

ζ eng = 0,05<br />

d 1 = 750 mm<br />

l 1 = 64 m<br />

d 2 = 600 mm<br />

l 2 = 116 m<br />

d 3 = 220 mm<br />

η = 0,82<br />

43.) Die Hauptzuleitung für ein städtisches Versorgungsgebiet (k b = 0,4 mm, d =<br />

100,0 mm, Länge l = 2700 m) muss infolge erhöhten Wasserbedarfs erweitert werden.<br />

Welcher Durchmesser ist für einen neu zu verlegenden Parallelstrang zu wählen,<br />

damit in der Zuleitungsstrecke bei einem künftigen Wasserverbrauch von<br />

Q = 77,00 l/s die Verlusthöhe infolge Rohrreibung von h r = 102,3 m nicht überschritten<br />

wird (ν = 1,31×10 −6 m 2 /s)?<br />

Beispiele zur Rohrhydraulik (Vollfüllung im Kreisprofil) S. 52


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

44.) Der 19,00 m lange Grundablass einer Talsperre soll so bemessen werden, dass bei<br />

einem Durchfluss von Q = 7,90 m 3 /s der Wasserspiegel nicht höher als 39,00 m über<br />

die Rohrachse des Grundablasses ansteigt. Bei der Berechnung ist der Einlaufverlust<br />

mit ζ E = 0,05 und der durch die Absperrorgane verursachte Energiehöhenverlust mit<br />

ζ S = 0,47 zu berücksichtigen. k b = 1,5 mm, ν = 1,31×10 −6 m 2 /s.<br />

4.7 Teilfüllung im Kreisprofil<br />

Nachdem sich bei Teilfüllung in einem geschlossenen Profil ein freier Wasserspiegel einstellt, wäre<br />

sie an und für sich als Strömung in einem offenen Gerinne zu betrachten. In der Abwassertechnik<br />

erfolgt der Abfluss mitunter im selben Rohr selten unter Druck bei Vollfüllung, manchmal nahezu<br />

drucklos unter Vollfüllung und sehr häufig unter Teilfüllung, sodass oft alle drei Situationen untersucht<br />

werden müssen. Für die Berechnung der Teilfüllung in geschlossenen Profilen (Kreisrohr,<br />

Eiprofil, Maulprofil usw.) wird daher üblicherweise die Rohrhydraulik zur Berechnung der Vollfüllung<br />

benutzt und von der Vollfüllung auf die Teilfüllung mittels Verhältniszahlen geschlossen.<br />

Im Gegensatz zur Vollfüllung ist die Rohrgeometrie bei Teilfüllung nicht bloß durch den Durchmesser<br />

d charakterisiert. Dementsprechend kann das hydraulische Verhalten in Bezug auf die Geometrie<br />

nicht mehr als alleinige Funktion des Durchmessers betrachtet werden. Wie sich später in der<br />

Gerinnehydraulik zeigen wird, ist der für das hydraulische Verhalten maßgebliche Geometrieparameter<br />

bei beliebigen Fließquerschnitten nicht der Durchmesser d, sondern der hydraulische Radius<br />

R. R ist definiert als Quotient der Fließquerschnittsfläche A und des benetzten Umfanges U:<br />

R = A/U.<br />

Da R V = d /4 ist, ist für die Teilfüllung (wie im Prinzip auch für<br />

nichtkreisförmige Querschnitte) in den Formeln d durch 4·R zu<br />

ersetzen. Nach dieser Modifikation sind sämtliche für die Vollfüllung<br />

geltenden Formeln (Reynolds-Zahl, quadratisches<br />

Widerstandsgesetz von Prandtl-Colebrook, Formeln für λ) auch<br />

für die Teilfüllung anwendbar. Die Invarianten bei Voll- und bei<br />

Teilfüllung sind der Rauigkeitsbeiwert k und das Reibungsgefälle<br />

I r , das bei Teilfüllung dem Sohlgefälle I S entspricht.<br />

Während bei der Vollfüllung 6 Grundfälle zu unterscheiden sind, treten bei der Teilfüllung praktisch<br />

nur zwei Probleme auf. Zumeist kennt man den Teilabfluss Q T und möchte wissen, welche<br />

Füllhöhe h sich hierfür ergibt. Im umgekehrten Fall kennt man h und hat Q T zu ermitteln. Diese<br />

beiden Fälle sowie sämtliche anderen bei der Teilfüllung auftretenden Strömungsprobleme werden<br />

dadurch gelöst, indem man Beziehungen zwischen dem hydraulischen Strömungsgeschehen bei<br />

Teilfüllung und dem bei Vollfüllung herstellt. Als Kern dieser Beziehungen hat sich die Näherungsannahme<br />

nach FRANKE und SCHMIDT (zitiert von LAUTRICH [1976])<br />

[λ V ] = dim.los Reibungsbeiwert bei Vollfüllung<br />

[λ T ] = dim.los Reibungsbeiwert bei Teilfüllung<br />

λ<br />

λ<br />

V<br />

T<br />

18<br />

⎛ RT<br />

⎞<br />

= ⎜ ⎟<br />

RV<br />

⎝<br />

⎠<br />

Beispiele zur Rohrhydraulik (Vollfüllung im Kreisprofil) S. 53


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

[R V ] = m hydraulischer Radius bei Vollfüllung. R V = d 2·π/4<br />

d ·π<br />

bzw. R V = d 4<br />

[R T ] = m hydraulischer Radius bei Teilfüllung. R T als Funktion von d und h/d:<br />

( 4arcsin sin4arcsin ( ))<br />

Adhd ( , / ) d⋅ ⋅ h d − ⋅ h d<br />

Rdhd ( , / ) = = RT<br />

=<br />

U( d, h/ d) 16⋅arcsin<br />

hd<br />

bewährt, mit deren Hilfe man zu den maßgeblichen Formeln gelangt:<br />

v<br />

v<br />

T<br />

V<br />

⎡ ⎛ h⎞ h ⎛ h⎞⎤<br />

⎢ ⎜1−2⋅ ⎟⋅ ⋅⎜1−<br />

⎟⎥<br />

⎢ ⎝ d ⎠ d ⎝ d ⎠<br />

= 1 −<br />

⎥<br />

⎢<br />

h ⎥<br />

arc sin<br />

⎢⎣<br />

d ⎥⎦<br />

5<br />

8<br />

0 ≤ h d ≤ 1 (4-21)<br />

13 5<br />

8 8<br />

−<br />

QT<br />

2 ⎡ h ⎛ h⎞ h ⎛ h⎞⎤ ⎡ h ⎤<br />

= ⎢ arc sin − ⎜ 1 − 2 ⋅ ⎟⋅ ⋅⎜ 1 − ⎟⎥ ⋅⎢ arc sin ⎥<br />

QV<br />

π ⎢⎣<br />

d ⎝ d ⎠ d ⎝ d ⎠⎥⎦<br />

⎣ d ⎦<br />

0 ≤ h d<br />

≤ 1. (4-22)<br />

[d] = m Durchmesser des Kreisrohres (normal auf die Rohrachse gemessen)<br />

[h] = m Füllhöhe bei Teilfüllung. LAUTRICH [1976] weist extra darauf hin, dass die<br />

senkrechte Wassertiefe nach DIN 4044 mit dem Formelzeichen t bezeichnet<br />

wird. Die hydraulische Berechnung von Rohrleitungen, Rinnen und Gräben erfolgt<br />

jedoch mit dem Querschnitt A, der rechtwinkelig zur Sohle, also zu I S , verläuft.<br />

Die Füllhöhe in Abwasserkanälen und Rinnen wird nach denselben Grundsatz,<br />

also ebenfalls rechtwinkelig zu I S berechnet.<br />

Im Wasserbau, wo meist verhältnismäßig schwache I S vorhanden sind, ist der<br />

Unterschied zwischen t und h so gering, dass er praktisch unberücksichtigt bleiben<br />

kann (der Fehler beträgt bis I S = 50 ‰ weniger als 1 Promille). Abwasserkanäle<br />

und Rinnen haben jedoch vielfach ein stärkeres I S , sodass hier eben h und<br />

nicht t zu setzen ist.<br />

[h/d] = dim.los<br />

Füllungsgrad, Quotient aus h und d. h/d schwankt zwischen dem leeren Rohr<br />

und der Vollfüllung mit 0 ≤ h/d ≤ 1<br />

[v V ] = m·s −1 (mittlere) Fließgeschwindigkeit bei Vollfüllung<br />

[v T ] = m·s −1 (mittlere) Fließgeschwindigkeit bei Teilfüllung<br />

[Q V ] = m 3·s −1 Abfluss bei Vollfüllung<br />

[Q T ] = m 3·s −1 Abfluss bei Teilfüllung<br />

Bei der Analyse des Kurvenverlaufs fällt auf, dass für h/d > 0,5 Q T /Q V -Werte > 1 auftreten. Dies<br />

wurde früher als unrealistisch betrachtet und die Luftreibung in der verbleibenden schmalen Kalotte<br />

ins Treffen geführt, der durch die modifizierte Funktion nach THORMANN [1944] mit vergrößertem<br />

benetztem Umfang Rechnung getragen wurde. Mittlerweile wurde durch Untersuchungen<br />

jedoch nachgewiesen, dass die Gleichungen 4-21 und 4-22 uneingeschränkt gültig sind und die<br />

Abminderung nach THORMANN zu verwerfen ist [ATV-DVWK A 110, 2001].<br />

Wegen der Problematik der Belüftung bzw. des Lufteinschlusses bei Kanalisationsleitungen, verbunden<br />

mit der daraus resultierenden Gefahr des Zuschlagens der Leitungen, wird die Teilfüllungskurve<br />

für das Abflussverhältnis bei<br />

Q T<br />

Q<br />

= 1<br />

V<br />

abgebrochen [ATV-DVWK A 110, 2001] (bei geringsten Einflüssen instationärer oder inhomogener<br />

Natur wie Abflussschwankungen oder Seiteneinläufe schlägt das Rohr zu, d. h. der Abfluss findet<br />

Teilfüllung im Kreisprofil S. 54


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

unter Vollfüllung statt. Teilfüllung stellt sich erst dann wieder ein, wenn der Abfluss unter Q V<br />

sinkt). Bei Profilen mit flacher Decke (Kreis-, Ei- und Maulprofil sind wohl nicht als solche zu verstehen)<br />

wird empfohlen, die Teilfüllungskurven für die Abflüsse je nach Breite des Querschnittes<br />

10 bis 20 cm unter Scheitel abzubrechen, wobei in diesen Fällen der Teilabfluss größer als der Abfluss<br />

unter Vollfüllung sein kann.<br />

Die Teilfüllungskurve für das Fließgeschwindigkeitsverhältnis wird ebenfalls abgebrochen, und<br />

zwar an der Stelle h/d, an der Q T /Q V = 1 erreicht wird. Für Profile mit flacher Decke erfolgt dies<br />

ebenfalls bei 10 bis 20 cm unter Scheitel.<br />

Auf Grund der diversen Näherungsannahmen liegt die Genauigkeit von v T /v V bzw. Q T /Q V aus den<br />

obigen Formeln in einer Größenordnung, die bei einer einfachen Ablesung der Werte im obenstehenden<br />

Diagramm durchaus erreicht werden kann. In der Praxis ist daher die Verwendung des Diagramms<br />

ausreichend genau.<br />

Abbildung 4-2:<br />

Teilfüllung im Kreisprofil (ohne Abminderung für die Luftreibung)<br />

4.8 Nichtkreisförmige Querschnitte<br />

Wie im Prinzip schon bei der Teilfüllung (Kapitel 4.7) für das Kreisprofil gezeigt, tritt der vierfache<br />

hydraulische Radius R an die Stelle des Durchmessers d als bestimmende Größe der Geometrie.<br />

Versuche und theoretische Überprüfungen haben bestätigt, dass die Annahme nach FRANKE und<br />

SCHMIDT und die Verwendung der daraus folgenden, formenspezifischen Beziehungen v T /v V und<br />

Q T /Q V uneingeschränkt für alle Querschnittsformen gerechtfertigt ist [ATV-DVWK A 110, 2001].<br />

Teilfüllung im Kreisprofil S. 55


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Es existiert eine Anzahl an genormten nichtkreisförmigen<br />

Querschnitten, z. B. Eiprofil, Maulprofil,<br />

gedrücktes Maulprofil, Parabelprofil usw.. Ihr<br />

Umfang ist aus Kreisbogenstücken mit unterschiedlichen<br />

Radien zusammengesetzt, die alle in<br />

einem genormten Verhältnis zum Grundradius r<br />

stehen. Z. B. setzt sich die Breite B des genormten<br />

normalen Eiprofils insgesamt aus 2r zusammen,<br />

während die Profilhöhe H = 3r beträgt (siehe<br />

nebenstehende Abbildung).<br />

Der normale Maulquerschnitt ist ebenfalls 2r<br />

breit, hingegen nur (3/2)r hoch. Abbildung 4-3: Abmessungen des genormten<br />

normalen Eiprofils<br />

4.8.1 Vollfüllung im beliebigen Normprofil<br />

Die Profildaten des nichtkreisförmigen Querschnittes A, U, R, v und Q können durch Verhältniszahlen<br />

zwischen dem Wert des nichtkreisförmigen Querschnittes und dem Wert des zugeordneten<br />

Kreisquerschnittes angegeben werden. Der Radius r des zuzuordnenden Kreisprofils ist gleich dem<br />

Grundradius r des nichtkreisförmigen Querschnittes. Die Verhältniszahlen c A , c U usw. sind für<br />

einige Profile im Vorlesungsskriptum [LOISKANDL] vermerkt. Konkret gilt:<br />

c A = π · AV Nichtkreis<br />

A V Kreis<br />

bzw. A V Nichtkreis = c A ·r 2<br />

[c A ] = dim.los Verhältniswert; Quotient zwischen der Querschnittsfläche des nichtkreisförmigen<br />

Profils bei Vollfüllung und dem zugehörigen Kreisprofil bei Vollfüllung<br />

multipliziert mit π. Man erhält z. B. für das normale Eiprofil c A Ei = 4,5941<br />

[A V Nichtkreis ] = m 2 Querschnittsfläche des nichtkreisförmigen Profils. Z. B. weist das normale Eiprofil<br />

900/1350 eine Höhe H = 1,350 m auf und laut Querschnittsdefinition einen<br />

Grundradius r = H/3 = 450 mm. Die Querschnittsfläche dieses Profils beträgt<br />

demnach A V Ei 900/1350 = 4,5941×0,450 2 = 0,9303 m 2<br />

[A V Kreis ] = m 2 Querschnittsfläche des Kreisprofils. A V Kreis = r 2 ·π<br />

[r] = m Grundradius des Nichtkreisprofils = Radius des zuzuordnenden Kreisprofils.<br />

Z. B. gilt für das genormte normale Eiprofil r = H/3 oder r = B/2.<br />

c U = 2π · UV Nichtkreis<br />

U V Kreis<br />

bzw. U V Nichtkreis = c U ·r<br />

[c U ] = dim.los Verhältniswert; Quotient der benetzten Umfänge des Nichtkreisprofils und des<br />

Kreisprofils bei Vollfüllung multipliziert mit der Konstanten 2π.<br />

Z. B. beträgt für das normale Eiprofil c U Ei = 7,9299<br />

[U V Nichtkreis ] = m Umfang des nichtkreisförmigen Profils. Z. B. weist das normale Eiprofil<br />

900/1350 einen Umfang U V Ei 900/1350 = 7,9299×0,450 = 3,568 m auf.<br />

[U V Kreis ] = m 2 Querschnittsfläche des Kreisprofils. U V Kreis = 2·r ·π<br />

c R = 1 2 · RV Nichtkreis<br />

R V Kreis<br />

bzw. R V Nichtkreis = c R ·r<br />

[c R ] = dim.los Verhältniswert; halber Quotient der hydraulischen Radien des Nichtkreisprofils<br />

und des Kreisprofils bei Vollfüllung.<br />

Nichtkreisförmige Querschnitte S. 56


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Es gilt R V Nichtkreis = A V Nichtkreis<br />

U<br />

und R V Kreis = A V Kreis<br />

V Nichtkreis<br />

U<br />

.<br />

V Kreis<br />

Nach Division der oberen Gleichung durch die untere erhält man<br />

R V Nichtkreis<br />

R V Kreis<br />

U V Kreis<br />

= A V Nichtkreis<br />

A<br />

·<br />

V Kreis U<br />

.<br />

V Nichtkreis<br />

Durch Substitution mit den Verhältniswerten gelangt man schließlich zu<br />

2·c R = c A<br />

π · 2π<br />

c<br />

bzw. c R = c A<br />

U c<br />

.<br />

U<br />

Daraus ergibt sich z. B. für das normale Eiprofil c R Ei = 4,5941<br />

7,9299 = 0,5793.<br />

[R V Nichtkreis ] = m Hydraulischer Radius des nichtkreisförmigen Profils.<br />

Für das normale Eiprofil 900/1350: R V Ei 900/1350 = 0,5793×0,450 = 0,2607 m.<br />

Zur Kontrolle: R V Ei 900/1350 = A V Ei 900/1350 0,9303 m2<br />

U<br />

=<br />

V Ei 900/1350 3,568 m<br />

= 0,2607 m.<br />

[R V Kreis ] = m Hydraulischer Radius des Kreisprofils. R V Kreis = r /2 bzw. R V Kreis = d /4<br />

c v = v V Nichtkreis<br />

v V Kreis<br />

bzw. v V Nichtkreis = c v ·v V Kreis<br />

[c v ] = dim.los Verhältniswert; Quotient der mittleren Fließgeschwindigkeiten des Nichtkreisprofils<br />

und des Kreisprofils bei Vollfüllung.<br />

Es gilt<br />

v<br />

v<br />

V Nichtkreis<br />

V Kreis<br />

⎛RV Nichtkreis<br />

⎞<br />

= ⎜ ⎟<br />

⎝<br />

RV Kreis ⎠<br />

Wegen R V Nichtkreis<br />

R<br />

= 2·c R und v V Nichtkreis<br />

V Kreis<br />

v<br />

= c v<br />

V Kreis<br />

folgt daraus c v = (2·c R ) 5/8 = (2·c A /c U ) 5/8 .<br />

Z. B. beträgt für das normale Eiprofil c v Ei = (2×0,5793) 5/8 = 1,0964.<br />

[v V Nichtkreis ] = m Mittlere Fließgeschwindigkeit im nichtkreisförmigen Profil bei Vollfüllung.<br />

Z. B. für das normale Eiprofil 900/1350: v V Ei 900/1350 = 1,0964×v V d = 900 mm .<br />

[v V Kreis ] = m Mittlere Fließgeschwindigkeit im zugeordneten Kreisprofil bei Vollfüllung.<br />

v V Kreis ist u. a. eine Funktion von d, I E , k b , λ, ν usw..<br />

c Q = Q V Nichtkreis<br />

Q V Kreis<br />

bzw. Q V Nichtkreis = c Q ·Q V Kreis<br />

[c Q ] = dim.los Verhältniswert; Quotient der Durchflusses des Nichtkreisprofils und des Kreisprofils<br />

bei Vollfüllung.<br />

Setzt man Q = v ·A für die Vollfüllung im Nichtkreisprofil und im Kreisprofil an<br />

Q V Nichtkreis = v V Nichtkreis ·A V Nichtkreis<br />

Q V Kreis = v V Kreis ·A V Kreis ,<br />

dividiert weiters die obere Gleichung durch die untere und ersetzt die Verhältnisse<br />

laut Definition, so erhält man c Q = c v · cA<br />

π = (2·c R) 5/8 · cA<br />

π = (2·c A /c U ) 5/8 · cA<br />

π<br />

⎛ 4,5941 ⎞ 4,5941<br />

Z. B. ergibt sich für das normale Eiprofil c Q = ⎜2⋅ ⋅ = 1,6034<br />

7,9299<br />

⎟<br />

.<br />

⎝ ⎠ π<br />

[Q V Nichtkreis ] = m Durchfluss im nichtkreisförmigen Profil bei Vollfüllung.<br />

Z. B. für das normale Eiprofil 900/1350: Q V Ei 900/1350 = 1,6034×Q V d = 900 mm .<br />

[Q V Kreis ] = m Durchfluss im zugeordneten Kreisprofil bei Vollfüllung. Q V Kreis ist u. a. eine<br />

Funktion von d, I E , k b , λ, ν usw..<br />

5<br />

8<br />

.<br />

5<br />

8<br />

Nichtkreisförmige Querschnitte S. 57


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Für die Ermittlung der Unbekannten bzw. der Lösung des entsprechenden Grundfalles bei der Vollfüllung<br />

im nichtkreisförmigen Querschnitt ist diesem vorerst der entsprechende Kreisquerschnitt<br />

und mittels der dimensionslosen Verhältniszahlen die Größen der Bestimmungsparameter im Kreisprofil<br />

zuzuordnen. Hernach erfolgt die Lösung des Grundfalles für Vollfüllung im Kreisprofil und<br />

die Übertragung der Ergebnisse auf den nichtkreisförmigen Querschnitt.<br />

4.8.2 Teilfüllung im beliebigen Normprofil<br />

Die praktische Berechnung erfolgt genau so wie im Kreisprofil durch die Erstellung dimensionsloser<br />

Verhältniszahlen zwischen der Teilfüllung im nichtkreisförmigen Querschnitt und der Vollfüllung<br />

in diesem Querschnitt, wobei im Füllungsgrad h/H des Nichtkreisprofils h die Füllhöhe und<br />

H die Profilhöhe bedeutet. Die Auswertung geschieht mittels Diagrammen ähnlich der Abbildung<br />

4-2, von denen einige im Vorlesungsskriptum [LOISKANDL] zu finden sind. Zu beachten ist nur,<br />

dass in der älteren Literatur noch der Einfluss der Luftreibung berücksichtigt ist und die Diagramme<br />

daher von jenen aus der neuesten Vorschrift [ATV-DVWK A 110, 2001] abweichen.<br />

Abbildung 4-4:<br />

Teilfüllung im normalen Eiprofil (ohne Abminderung für die Luftreibung)<br />

45.) In welcher Höhe und mit welcher Geschwindigkeit erfolgt der Durchfluss von<br />

Q = 157,00 l/s in einem Abwasserkanal (Eiprofil, 500/750, k b = 1,5 mm)<br />

(ν = 0,131×10 −5 m 2 /s), der ein Sohlgefälle von I S = 2,76 ‰ aufweist?<br />

Nichtkreisförmige Querschnitte S. 58


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

4.9 Pumpenbemessung<br />

4.9.1 Ermittlung des Bemessungspunktes<br />

Die notwendige (manometrische) Förderhöhe H, die eine vorzusehende Pumpe imstande sein muss<br />

zu erbringen um z. B. von einem Behälter oder Brunnen ins Leitungsnetz zu fördern, entspricht der<br />

Differenz der Gesamtenergiehöhe und setzt sich aus dem Höhenunterschied zwischen Einlaufniveau<br />

und der Höhe des ungünstigsten Punktes im Netz, der notwendigen Druck- und Geschwindigkeitshöhe<br />

in diesem Punkt und dem gesamten (saug- und druckseitigen) Höhenverlust zusammen. Die<br />

Geschwindigkeitshöhe beim Zulauf (Brunnen) kann zumeist vernachlässigt werden. Gemeinsam<br />

mit dem zu erbringenden Förderstrom Q ergibt das den Bemessungspunkt für die Pumpe. Der<br />

Bemessungspunkt ist gleichzeitig ein Punkt der Rohrkennlinie oder Anlagenkennlinie. Weitere<br />

Wertepaare für die Rohrkennlinie erhält man, wenn man für größere und kleinere Q-Werte die zugehörigen<br />

Energiehöhendifferenzen berechnet. Beim Startpunkt der Rohrkennlinie mit Q = 0 entspricht<br />

die Förderhöhe dem geodätischen Höhenunterschied (gegebenenfalls plus Druckhöhe am<br />

Auslauf). Jede Pumpe besitzt bei der Normdrehzahl eine bestimmte Kennlinie (Drosselkurve), die<br />

bei Kreiselpumpen vor allem vom Laufrad (insbesondere auch vom Laufraddurchmesser) abhängt.<br />

Von den zur Wahl stehenden Pumpen samt zugehöriger Laufräder ist nun jene auszuwählen, deren<br />

Kennlinie den Bemessungspunkt ausreichend abdeckt. Der tatsächliche Betriebspunkt der Pumpe ist<br />

nicht der Bemessungspunkt, sondern der Schnittpunkt der Pumpenkennlinie mit der Rohrkennlinie<br />

(sofern die Pumpe nicht drehzahlgeregelt wird).<br />

4.9.2 Leistungsbedarf<br />

Der theoretische Leistungsbedarf P theor oder die Nutzleistung der Pumpe ergibt sich aus<br />

P theor = ρ ·g ·Q ·H<br />

[P theor ] = kg·m 2·s −3 ≡ W theoretische Pumpenleistung<br />

[Q] = m 3·s −1 Förderstrom<br />

[ρ] = kg·m −3 Dichte des Fördermediums<br />

[H] = m (manometrische) Förderhöhe<br />

Der tatsächlich erforderliche Leistungsbedarf P erf oder die vom Antrieb her aufgenommene mechanische<br />

Leistung einer Pumpe ist auf Grund von Strömungsverlusten in der Pumpe größer als der<br />

theoretische Leistungsbedarf. Das Verhältnis aus theoretischer Leistung und erforderlicher Pumpenleistung<br />

ist der Pumpenwirkungsgrad η P :<br />

η P = P theor ρ ·g ·Q ·H<br />

P<br />

=<br />

erf P erf<br />

[P erf ] = W erforderlicher Leistungsbedarf<br />

[η P ] = dim.los Pumpenwirkungsgrad<br />

Der Pumpenwirkungsgrad ist im Allgemeinen weder konstant noch proportional zur Fördermenge.<br />

Es muss daher entweder der Pumpenwirkungsgrad oder der erforderliche Leistungsbedarf vom Hersteller<br />

als Kennlinie im Pumpendiagramm extra angegeben werden.<br />

Da auch der Antriebsmotor eine um den Kehrwert des Motorwirkungsgrades η M höhere Leistung<br />

aufnimmt als er an die Pumpe abgibt, beträgt die notwendige Antriebsleistung<br />

Pumpenbemessung S. 59


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

P A =<br />

ρ ·g ·Q ·H<br />

η P ·η M<br />

.<br />

In der Praxis treten für die Bemessung noch Sicherheitszuschläge hinzu, die bis 7,5 kW Antriebsleistung<br />

etwa 20 %, von 7,5 kW bis 40 kW etwa 15 % und ab 40 kW etwa 10 % ausmachen [KSB].<br />

4.9.3 Zulässige Saughöhe<br />

Um sicherzustellen, dass das Fördermedium an der Stelle in der Pumpe, an der der niedrigste absolute<br />

Druck herrscht, nicht verdampft, muss der vorhandene Druck an dieser Stelle um ein bestimmtes<br />

Maß über dem Sättigungsdampfdruck der Flüssigkeit liegen. Die entsprechende Stelle ist der<br />

Laufradeintrittspunkt einer Kreiselpumpe, und die erforderliche Mindestdruckhöhe wird als NPSH-<br />

Wert (Net Positive Suction Head) bezeichnet. Der deutsche Ausdruck „Haltedruckhöhe“ besitzt<br />

dieselbe physikalische Bedeutung, ist jedoch in Deutschland definitionsgemäß auf den Mittelpunkt<br />

des Pumpensaugstutzens bezogen. Da der Druck am Laufradeintrittspunkt dann noch von der Aufstellung<br />

der Pumpe (horizontal, vertikal oder schräg) bzw. von der Höhenlage des Laufradeintrittspunktes<br />

und des Saugstutzenmittelpunktes zueinander abhängt, wird im praktischen Gebrauch nur<br />

mehr der NPSH-Wert verwendet. Der NPSH vorh -Wert der Anlage ergibt sich aus<br />

p S<br />

NPSH vorh = p S<br />

ρ ·g + v S 2<br />

2g + z S − p D<br />

ρ ·g<br />

⎡ ⎤<br />

⎢ ⎥<br />

⎣ρ ·g ⎦<br />

= m absolute Druckhöhe am Mittelpunkt des Eintrittsquerschnittes des Saugstutzens<br />

2<br />

⎡v S ⎤<br />

⎢ ⎥<br />

⎣ 2g ⎦<br />

= m mittlere Geschwindigkeitshöhe am Saugstutzeneintrittsquerschnitt<br />

[z S ] = m geodätischer Höhenunterschied zwischen dem Mittelpunkt des Eintrittsquerschnittes<br />

des Saugstutzens und dem Laufradeintrittspunkt. Der achsenparallele<br />

Abstand der beiden Punkte ist ein Konstruktionsmaß und daher vom Pumpenhersteller<br />

anzugeben; z S ; ergibt sich daraus je nach Orientierung der Pumpe. z S<br />

ist negativ, wenn der Laufradeintrittspunkt darüber liegt; bei horizontaler Aufstellung<br />

der Pumpe ist zumeist z S = 0.<br />

⎡ p D ⎤<br />

⎢ ⎥<br />

⎣ρ ·g ⎦<br />

= m Sättigungsdampfdruckhöhe des Fördermediums; von der Temperatur abhängig<br />

Bemerkenswert ist, dass die Geschwindigkeitshöhe beim Saugstutzeneintritt in der Haltedruckhöhe<br />

definitionsgemäß inkludiert ist.<br />

Der NPSH erf -Wert der Pumpe nimmt im Allgemeinen mit der Fördermenge zu und ist als Kennlinie<br />

vom Pumpenhersteller (inklusive des z S -Wertes) anzugeben.<br />

Sinkt der absolute Druck in der Saugleitung oder in der Pumpe bis zum Laufradeintritt unter den<br />

von der herrschenden Temperatur abhängigen Sättigungsdampfdruck, verdampfen Teile der Flüssigkeit<br />

und gehen in den gasförmigen Zustand in Form von Blasen über. Steigt der Druck in der<br />

Flüssigkeit beim Durchtritt durch die Pumpe wieder über den Sättigungsdampfdruck an (das ist i. a.<br />

bereits kurz nach dem Laufradeintritt der Fall), zerfallen die Dampfblasen schlagartig mit Schallgeschwindigkeit.<br />

Dieses als Kavitation bezeichnete Verhalten erzeugt Vibrationen, ein laut knatterndes<br />

Geräusch und örtlich scharf begrenzte Wasserschläge, die zur Zerstörung insbesondere des<br />

Laufrades führen können. Ausreichende Sicherheit gegen Kavitation liegt dann vor, wenn<br />

Pumpenbemessung S. 60


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

NPSH vorh > NPSH erf .<br />

Abbildung 4-5:<br />

Typische Kennlinien einer Hochdruck-Kreiselpumpe mit verschiedenen<br />

Laufrädern und einer Druckstufe (links) bzw. zwei Druckstufen (rechts)<br />

46.) Eine Kreiselpumpe fördert aus einem Brunnen Wasser (t = 15 °C, Förderstrom = Q)<br />

durch eine Rohrleitung (d) in einen Hochbehälter. Die Saugleitung enthält einen<br />

Saugkorb mit Fußventil (ζ Sk ) und zwei 90°-Krümmer (ζ Kr ). Die 180 m lange Druckleitung<br />

enthält ein Ventil (ζ V ) und vier 90°-Krümmer.<br />

Bestimme:<br />

a) die Fördergeschwindigkeit,<br />

b) die Geschwindigkeitshöhe,<br />

c) die Verlusthöhe der Saugleitung,<br />

d) die Verlusthöhe der Druckleitung,<br />

e) die Verlusthöhe der gesamten Leitung,<br />

f) die geodätische Förderhöhe,<br />

g) die manometrische Förderhöhe,<br />

h) die Pumpen-Antriebsleistung mit gegebenem Wirkungsgrad η.<br />

i) Prüfe, ob die geodätische Saughöhe unter der höchstzulässigen<br />

Saughöhe bleibt!<br />

Q = 50 m 3 /h geod. Höhendifferenz saugseitig: H S = 4,5 m ζ Sk = 4,6<br />

d = 0,1 m l S = 8,0 m ζ V = 2,7<br />

k = 1×10 −3 m geod. Höhendifferenz druckseitig: H D = 22,0 m ζ Kr = 0,4<br />

t = 15 °C l D = 180 m η = 0,8<br />

Luftdruck p a = 0,99 bar NPSH erf = 1,24 m z S = 0<br />

Pumpenbemessung S. 61


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

47.) Eine Ortschaft soll eine zentrale Wasserversorgung erhalten. Das benötigte Wasser<br />

wird dem Grundwasser entnommen und mittels eines Pumpwerks in einen Erdbehälter<br />

(WSP = 187,30 m ü. A.) gehoben. Dieser Behälter dient in Bezug auf den<br />

Ortswasserverbrauch als Gegenbehälter. Die 3800 m lange Pumpendruckleitung bis<br />

zum Versorgungsschwerpunkt A soll aus Schleudergussrohren (k b = 0,4 mm) mit einem<br />

Durchmesser d 1 = 150,0 mm ausgeführt werden, während die Leitung von A bis<br />

zum Behälter (l 2 = 1100,0 m) ebenfalls in Schleudergussrohren, jedoch mit einem<br />

Durchmesser d 2 = 400,0 mm, vorgesehen ist. Welche von den im Beiblatt durch ihre<br />

Kennlinie dargestellten Pumpen ist für die Hebung eines Wasservolumens pro Zeiteinheit<br />

von Q = 17,20 l/s vorzusehen, wenn der abgesenkte Grundwasserspiegel auf<br />

der Höhe H GW = 134,80 m ü. A. liegt? Mit welcher Leistung arbeitet in diesem Fall die<br />

Pumpe? (η = 0,80).<br />

Pumpenbemessung S. 62


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

5. KRÄFTE BEI STATIONÄREN STRÖMUNGSVORGÄNGEN<br />

Grundlage für die Berechnung der auftretenden Kräfte bei stationären Strömungsvorgängen dichtebeständiger<br />

Fluide ist der Impulssatz. Er kann anhand der Zeichnung im Vorlesungsskriptum<br />

[LOISKANDL] u. a. folgendermaßen hergeleitet werden [PRANDTL et al., 1990]:<br />

Bei stationärer Fadenströmung einer Flüssigkeit mit der Dichte ρ und dem Volumenstrom Q wird<br />

eine Kontrollmasse M zum Zeitpunkt t durch zwei Stellen (1) und (2) des Stromfadens und den zugehörigen<br />

Querschnittsflächen A 1 und A 2 abgegrenzt. Während der kleinen Zeitspanne dt bewegen<br />

sich alle Teilchen fort und M verschiebt sich in den Bereich zwischen den Stellen (1´) und (2´).<br />

Während sich also der Gesamtimpuls zum Zeitpunkt t aus den Teilchenimpulsen in den zwei Bereichen<br />

zwischen (1) und (1´) und zwischen (1´) und (2) zusammensetzte, befindet sich die Kontrollmasse<br />

und der zugehörige Impuls zum Zeitpunkt t + dt nun in den zwei Bereichen zwischen (1´) und<br />

(2) und zwischen (2) und (2´). Die Masse dm 1 , die im Bereich zwischen (1) und (1´) weggefallen<br />

und die Masse dm 2 , die im Bereich zwischen (2) und (2´) hinzugetreten ist, entspricht aus Kontinuitätsgründen<br />

derjenigen, die durch die Querschnittsflächen (1) bzw. (2) in der Zeit dt hindurchgetreten<br />

ist: dm 1 = dm 2 = dm = ρ ·Q·dt. Der Gesamtimpuls der Kontrollmasse betrug daher zum<br />

Zeitpunkt t ·dm ·v 1 = ρ ·Q ·dt ·v 1 plus dem Impuls der Masse im Bereich zwischen (1´) und (2), und er<br />

ist zum Zeitpunkt t + dt gleich dem Impuls der Masse im Bereich zwischen (1´) und (2) plus dm ·v 2<br />

= ρ ·Q ·dt ·v 2 . Die Impulsänderung, = Gesamtimpuls zum Zeitpunkt t + dt weniger Gesamtimpuls<br />

zum Zeitpunkt t, ist daher ρ ·Q ·dt ·v 2 − ρ ·Q ·dt ·v 1 = ρ ·Q ·(v 2 − v 1 ) ·dt. Die Änderung des Impulses der<br />

Kontrollmasse mit der Zeit , gleichbedeutend mit der hinzugeführten Kraft, entspricht daher<br />

ρ ·Q ·(v 2 − v 1 ) ·dt<br />

dt<br />

= ρ ·Q ·(v 2 − v 1 ).<br />

Um diese Impulsänderung (bezogen auf die Änderung der Zeit) zu bewirken, muss an die Kontrollmasse<br />

eine entsprechend große Summe an äußeren Kräften angreifen.<br />

Kurz gefasst: Die zeitliche Änderung des Impulses der Masse ist gleich der vektoriellen Summe der<br />

an ihr angreifenden äußeren Kräfte (einschließlich der inneren Körperkräfte):<br />

⋅ ⋅( 2 − 1)<br />

= ∑<br />

ρ Q v v R<br />

[ρ ·Q ·v] = kg·m·s −2 Impulsstrom<br />

[ΣR] = N Summe an gerichteten äußeren Kräften plus innere Körperkräfte (Gewichtskraft).<br />

Die äußeren Kräfte greifen auf sämtlichen Teilstücken der Berandung des<br />

Kontrollvolumens an:<br />

ΣR = F R + p 1 ·A 1 + p 2 ·A 2 + F G<br />

[F R ] = N (äußere) Reaktionskraft, die die gesamte Wand auf die Flüssigkeit ausübt<br />

[p i ·A i ] = N gerichtete äußere Druckkraft auf eine Querschnittsfläche i<br />

[F G ] = N Gewicht der im Kontrollvolumen eingeschlossenen Masse (innere Körperkraft)<br />

Für eine zweidimensional-vertikale Strömung erhält man demnach für die beiden Komponenten der<br />

Reaktionskraft der Wand F R (x-Achse horizontal, z-Achse vertikal nach oben)<br />

F R x = ρ ·Q ·(v 2 x − v 1 x ) − P 1 x − P 2 x<br />

und F R z = ρ ·Q ·(v 2 z − v 1 z ) − P 1 z − P 2 z − F G z .<br />

[F R i ] = N Komponente der Reaktionskraft der Wand auf das Strömungsmedium<br />

[v 2 i ] = m·s −1 Komponente der Fließgeschwindigkeit im Austrittsquerschnitt<br />

[v 1 i ] = m·s −1 Komponente der Fließgeschwindigkeit im Eintrittsquerschnitt<br />

Kräfte bei stationären Strömungsvorgängen S. 63


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

[P 1 i ] = N Komponente der äußeren Druckkraft im Eintrittsquerschnitt<br />

[P 2 i ] = N Komponente der äußeren Druckkraft im Austrittsquerschnitt<br />

[F G z ] = N z-Komponente der Gewichtskraft (weist nach unten und ist daher negativ)<br />

Die Dimension der zeitlichen Änderung des Impulses entspricht der Kraft. Der Impulssatz wird in<br />

der Hydromechanik auch als Stützkraftsatz formuliert:<br />

Die vom Mantel einer Stromröhre auf die strömende Flüssigkeit ausgeübte<br />

Kraft zuzüglich der Massenkraft steht mit den in den geschnittenen Fließflächen<br />

angreifenden Stützkräften im Gleichgewicht.<br />

Die Summe aus Druckkraft und Impulsstrom in einem beliebigen Fließquerschnitt ergibt hierbei die<br />

Stützkraft F S<br />

F S = p ·A + ρ ·Q ·v.<br />

48.) Ein Rohr (Länge l, Durchmesser d) transportiert Wasser von A (Höhe h 1 ) nach B (h 2 ).<br />

Die Schubspannung zwischen Rohrwand und Flüssigkeit auf Grund der Reibung beträgt<br />

τ. Wie groß ist die Druckänderung im Rohr und die Verlusthöhe?<br />

l = 200 m<br />

d = 300 mm<br />

h 1 = 25,00 m<br />

h 2 = 37,00 m<br />

τ = 30,0 N/m 2<br />

49.) Durch einen vertikal stehenden Reduzierbogen<br />

300 mm / 200 mm fließt Wasser. Der Druck am Krümmereingang<br />

beträgt 70 kPa und am Ausgang 8,31 kPa. Als<br />

Verlustbeiwert des Krümmers (bezogen auf die Austrittsgeschwindigkeit)<br />

ist ζ Kr = 0,23 anzusetzen.<br />

Berechne die Kraft, die die Flüssigkeit auf den Krümmer<br />

ausübt, wenn sein Volumen 0,085 m 3 beträgt!<br />

50.) Eine feste Fläche teilt den Strahl so, dass in jede<br />

Richtung der gleiche Durchfluss herrscht.<br />

Bestimme für die Anfangsgeschwindigkeit v die<br />

x- und y-Komponenten der Kraft, die die Fläche<br />

im Gleichgewicht hält!<br />

Q = 60,0 l/s<br />

v = 15 m/s<br />

Kräfte bei stationären Strömungsvorgängen S. 64


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

51.) Ein Strahl (Durchmesser d, Geschwindigkeit<br />

v 1 ) trifft auf eine Schaufel, die<br />

sich mit v 2 in derselben Richtung bewegt.<br />

Der Ablenkwinkel der Schaufel ist<br />

150°. Nimm an, dass keine Reibung<br />

herrscht und berechne die x- und y-<br />

Komponente der Kraft des Wassers auf<br />

die Schaufel.<br />

d = 75 mm<br />

v 1 = 35 m/s<br />

v 2 = 20 m/s<br />

52.) Ein Rasensprenger ist an eine Wasserleitung angeschlossen, die einen Wasserdruck<br />

p = 4,71 bar liefert. Das Gerät hat folgende Abmessungen:<br />

d 1 = 15 mm<br />

d 2 = 7 mm<br />

r = 200 mm δ = 45°<br />

a) Wie groß ist die stündlich austretende<br />

Wassermenge Q? b) Wie groß<br />

ist das erzeugte Drehmoment M bei<br />

stehendem Drehkopf (Flüssigkeitsreibung<br />

wird vernachlässigt)?<br />

53.) Der unten abgebildete rundkronige Überfall wird von Wasser überströmt.<br />

Bestimme die Größe und den<br />

Angriffspunkt der horizontalen<br />

Kraft, die das Wasser auf das<br />

Wehr ausübt, wenn Wasser als<br />

ideale Flüssigkeit betrachtet<br />

wird. Das Wehr ist 10 Fuß breit.<br />

(1 m = 3,281 Fuß)<br />

(1 N = 0,2248 lb (pound force))<br />

Kräfte bei stationären Strömungsvorgängen S. 65


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

6. ABFLUSS IN OFFENEN GERINNEN<br />

Offene Gerinne haben einen freien Wasserspiegel. Hierzu zählen z. B. Flüsse, Kanäle und Freispiegelleitungen.<br />

Die in der Praxis bei der Betrachtung des Abflusses in einem offenen Gerinne am häufigsten<br />

auftretende Frage ist diejenige nach dem Zusammenhang zwischen Wasserstand und Durchfluss<br />

(= Schlüsselkurve).<br />

6.1 Stationär-gleichförmige Wasserbewegung<br />

In der Hydraulik ist für die Berechnung der mittleren Geschwindigkeit in einem Gerinneprofil die<br />

Formel von Gauckler-Manning-Strickler weit verbreitet:<br />

v = k St·R 2/3·I E<br />

1/2<br />

[v] = m·s −1 mittlere Geschwindigkeit<br />

[k St ] = m 1/3·s −1 Rauigkeitsbeiwert; dimensionsbehaftet. Werte für übliche Gerinneauskleidungen<br />

siehe Vorlesungsskriptum [LOISKANDL]<br />

[I E ] = dim.los Energieliniengefälle. Bei einer stationären, gleichförmigen Wasserbewegung gilt<br />

Sohlgefälle I S = Wasserspiegelgefälle I W = Energieliniengefälle I E = Gefälle I.<br />

[R] = m hydraulischer Radius (wird nach DIN 4044 [1980] als hydraulische Querschnittstiefe<br />

bezeichnet)<br />

R = A U = Fließquerschnittsfläche<br />

benetzter Umfang<br />

Der Abfluss Q in m 3 /s ergibt sich zu<br />

Q = v ·A = k St ·R 2/3·I E<br />

1/2·A = k St ·A 5/3·U −2/3·I 1/2<br />

E<br />

Nach I aufgelöst ergibt die Strickler-Formel:<br />

v 2<br />

I E =<br />

k St2·R 4/3 .<br />

Gerinnedaten im Rechteckprofil<br />

U<br />

A<br />

h<br />

b<br />

[h] = m Abflusstiefe. Die hydraulische Berechnung von Rohrleitungen, Abwasserkanälen,<br />

Rinnen und Gräben erfolgt mit dem Querschnitt A, der rechtwinkelig zur<br />

Sohle – also zu I S – verläuft. Für die Ermittlung von A und U ist daher streng genommen<br />

die rechtwinkelig zur Sohle gemessene Abflusstiefe heranzuziehen.<br />

In der Praxis wird hingegen zumeist die senkrechte Wassertiefe gemessen bzw.<br />

angegeben, die nach DIN 4044 mit dem Formelzeichen t zu bezeichnen ist.<br />

Im Wasserbau, wo meist verhältnismäßig schwache I S vorhanden sind, ist der<br />

Unterschied zwischen t und h so gering, dass er praktisch unberücksichtigt bleiben<br />

kann (der Fehler beträgt bis I S = 50 ‰ weniger als 1 Promille): h ≈ t<br />

[b] = m Gerinnebreite<br />

Gerinneströmung – stationär-gleichförmige Wasserbewegung S. 66


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Die Fließquerschnittsfläche beträgt A Rechteck = b ·h<br />

und der benetzte Umfang<br />

U Rechteck = b + 2 ·h.<br />

Der hydraulische Radius als Quotient R = A /U ergibt sich damit zu<br />

b ·h<br />

R Rechteck =<br />

b + 2 ·h .<br />

Gerinnedaten im symmetrischen Trapezprofil<br />

B<br />

U<br />

A h<br />

m<br />

1<br />

x<br />

s<br />

[h] = m Abflusstiefe<br />

[s] = m Sohlbreite<br />

[B] = m Spiegelbreite; Breite des Wasserspiegels bei gegebener Abflusstiefe h<br />

[m] = dim.los Böschungsneigung; für m → 0 geht das Trapez- in ein Rechteckgerinne über<br />

Wenn sich die (einseitige) horizontale benetzte Böschungsbreite x zur Abflusstiefe wie m : 1 verhält,<br />

ergibt sich für die Böschungsbreite<br />

x<br />

h = m 1<br />

→ x = m ·h.<br />

Für ein symmetrisches bzw. gleichschenkeliges Trapezprofil beträgt die Spiegelbreite B somit<br />

B symm. Trapez = s + 2·m ·h<br />

und die Fließquerschnittsfläche A laut Trapezformel A = (s + B)/2·h<br />

oder A symm. Trapez = (s + m ·h) ·h (6-1)<br />

bzw. A symm. Trapez = s ·h + m ·h 2 .<br />

Die benetzte Böschungslänge ergibt sich aus x 2 + h 2 = m 2·h 2 + h 2 = h · m 2 + 1 und damit<br />

der benetzte Umfang zu U symm. Trapez = s + 2 ·h · m 2 + 1 . (6-2)<br />

Für den hydraulischen Radius R = A /U gilt schließlich<br />

(s + m ·h) ·h<br />

R symm. Trapez =<br />

s + 2 ·h · m 2 + 1 . (6-3)<br />

Gerinnedaten im Trapezprofil mit unterschiedlichen Böschungsneigungen<br />

U Trapez = s + h · ( 1 + m 2 + 1 + n 2 )<br />

[m] = dim.los rechts- bzw. linksseitige Böschungsneigung; für m → 0 und n → 0 geht das<br />

Trapez- in ein Rechteckgerinne über<br />

[n] = dim.los Böschungsneigung des anderen Ufers<br />

A Trapez = [s + h · (m + n)/2] ·h<br />

U Trapez =<br />

[s + h · (m + n)/2] ·h<br />

s + h · ( 1 + m 2 + 1 + n 2 )<br />

Gerinneströmung – stationär-gleichförmige Wasserbewegung S. 67


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

54.) Gesucht ist die Abflusstiefe h in einem Rechteckkanal.<br />

Q = 6,79 m 3 /s<br />

I = 0,10 ‰<br />

b = 6,10 m<br />

k St = 67 m<br />

1/3·s<br />

−1<br />

55.) Mit welchem Gefälle I soll eine Rohrleitung (Ø d) verlegt werden, damit sie bei einem<br />

bestimmten Abfluss Q genau halb voll ist?<br />

d = 610 mm Q = 0,17 m 3 −1<br />

/s k St = 77 m<br />

1/3·s<br />

56.) Zu ermitteln ist in einem trapezförmigen Erdkanal, dessen Wandung aus mittlerem<br />

Kies besteht, der stationär gleichförmige Abfluss Q in Abhängigkeit von der Wassertiefe<br />

h.<br />

I = 0,9 ‰<br />

k St = 40 m<br />

s = 5,0 m<br />

1 : m = 1 : 3<br />

1/3·s<br />

−1<br />

6.2 Hydraulisch günstiger Fließquerschnitt<br />

Beim Entwurf offener Gerinne können die Profilparameter der gewählten Querschnittsform (z. B.<br />

Sohlbreite und Böschungsneigung eines Trapezprofils) so bestimmt werden, dass entweder<br />

a) bei gegebenem Q, I und k St und damit festgelegtem hydraulischen Radius R die Fließquerschnittsfläche<br />

A und der benetzte Umfang U im Minimum sind<br />

b) bei vorgegebenem A, I und k St der benetzte Umfang U im Minimum, der hydraulische Radius R<br />

und damit der Abfluss Q im Maximum sind<br />

c) bei gegebenem A, Q und k St der hydraulische Radius U im Minimum, R im Maximum und damit<br />

das Gefälle I im Minimum vorliegen [BOLLRICH und PREISZLER, 1990].<br />

Ein hydraulisch günstiger Fließquerschnitt ist also in allen drei Fällen dadurch gekennzeichnet,<br />

dass der benetzte Umfang U minimal ist.<br />

Die theoretisch günstigste Querschnittsform ist der Halbkreis. Alle anderen Profilformen sind dann<br />

günstig, wenn sie der Halbkreisform nahe kommen.<br />

Bei Rechteckprofilen ist der hydraulisch günstige Gerinnequerschnitt jener, bei dem die Abflusstiefe<br />

h halb so groß ist wie die Gerinnebreite b. U ist also gleich 2·b, und A = b 2 /2. Der hydraulische<br />

Radius beträgt dann R = b 4 .<br />

Bei gegebenem Abfluss Q, k St und I (Fall a)) lassen sich durch die Zusatzbedingung des hydraulisch<br />

günstigen Querschnittes sowohl die Gerinnebreite b als auch die Abflusstiefe h ermitteln. Setzt man<br />

die Ausdrücke für A und R in die Strickler-Formel ein und löst nach b auf, so erhält man<br />

Q = k St ·(b /4) 2/3·I 1/2·b 2 /2 → b 8/3 7/3<br />

= Q ·k St<br />

−1·I<br />

−1/2·2<br />

b = Q 3/8·k St<br />

−3/8·I −3/16·2 7/8 .<br />

Gerinneströmung – stationär-gleichförmige Wasserbewegung S. 68


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Das hydraulisch günstigste Trapezprofil ist jenes, das einem halben Sechseck entspricht. Die Böschungsneigung<br />

beträgt dann 60º bzw. 1/m = tan 60º = 3 → m = 1/ 3. Weiters ist h = s · 3/2,<br />

U = 3·s, A = s 2·3 · 3/4 und R = s · 3/4.<br />

Die Ausdrücke für A und R werden in die Strickler-Formel eingesetzt und diese nach s aufgelöst:<br />

Q = k St ·(s · 3/4) 2/3·I 1/2·s 2·3· 3/4 → s 8/3 10/3<br />

= Q ·k St<br />

−1·I<br />

−1/2·3<br />

−11/6·2<br />

s = Q 3/8·k St<br />

−3/8·I −3/16·3 −11/16·2 5/4 .<br />

Bei einer Böschungsneigung im Trapezprofil von 1 : 1/ 3 = 1 : 0,577 sind viele natürliche Materialien<br />

nicht standfest. Derart steile Böschungen sind auch aus anderen Gründen nicht erwünscht. Man<br />

wählt daher zumeist die Böschungsneigung vor (z. B. m = 2 oder m = 3) und ermittelt die Sohlbreite<br />

bzw. die Abflusstiefe unter der Bedingung des hydraulisch günstigen Querschnittes. Die Herleitung<br />

der Formeln 8-7 und 8-6 ist im Anhang 8.1 zu finden:<br />

s = 2·h ·( m 2 + 1 − m)<br />

2 2/3<br />

bzw. h = ⎢ ⎡ Q<br />

⎣ k ⎦ ⎥⎤<br />

St · I · 2· m 2 + 1 − m<br />

57.) Ein gleichförmiges Gerinne mit Rechteckquerschnitt ist für einen Abfluss<br />

Q = 10,0 m 3 /s hydraulisch günstig zu dimensionieren. Das Sohlgefälle und der<br />

Strickler-Beiwert sind bekannt.<br />

3/8<br />

.<br />

I S = 0,1 ‰<br />

−1<br />

k St = 52,63 m<br />

1/3·s<br />

6.3 Fließzustand in offenen Gerinnen<br />

Die Strickler-Formel lässt darauf schließen, dass ein bestimmter Abfluss in einem Gerinne sowohl<br />

durch steileres Gefälle (größere mittlere Fließgeschwindigkeit) und geringere Wassertiefe als auch<br />

durch geringeres Gefälle (kleinere Fließgeschwindigkeit) und größere Wassertiefe erreicht werden<br />

kann, wobei die Energiehöhe als Summe aus Geschwindigkeitshöhe v 2 /(2g) und Wassertiefe jeweils<br />

unterschiedlich ist. Setzt man die Energiehöhe für ein offenes Gerinne näherungsweise mit einheitlicher<br />

Geschwindigkeit v nach BERNOULLI an [BOLLRICH und PREISZLER, 1992]<br />

[H E ] = m Energiehöhe<br />

[h] = m Abflusstiefe<br />

H E = h + v2<br />

2g<br />

Q 2<br />

und ersetzt man v mit Q/A H E = h +<br />

2g ·A 2 ,<br />

so hängt die Energiehöhe bei konstant angenommenem Abfluss Q nur mehr von der Abflusstiefe ab<br />

dH E<br />

und ihr Extremwert beträgt<br />

dh = 0 = 1 − Q 2<br />

g ·A 3 · dA<br />

Q 2<br />

dh<br />

bzw.<br />

g ·A 3 · dA<br />

dh<br />

= 1. (6-4)<br />

[Q] = m 3·s −1 vorgegebener Abfluss<br />

[A] = m 2 Fließquerschnitt<br />

Dieser Extremwert bzw. die minimale Energiehöhe H E min tritt bei der Abflusstiefe h gr – der sogenannten<br />

Grenztiefe oder kritischen Tiefe – auf, für die<br />

dA<br />

dh = g ·A3<br />

Q 2 gilt. (6-5)<br />

Hydraulisch günstiger Fließquerschnitt S. 69


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Nachdem A in einem beliebigen Gerinnequerschnitt als das Integral der (von der Tiefe h abhängigen)<br />

Spiegelbreite B über die Abflusstiefe h aufgefasst werden kann<br />

A = ⌡ ⌠B (h) dh ,<br />

entspricht<br />

dA (h)<br />

dh<br />

dA<br />

= B (h) oder einfacher<br />

dh = B .<br />

Damit lässt sich die Gl. 6-5 (oder Gl. 6-4) für den Grenzzustand umformen zu Q 2 ·B<br />

g ·A 3 = 1 .<br />

Der dimensionslose Ausdruck auf der linken Seite zeigt dabei nicht nur den Grenzzustand an (wenn<br />

er genau 1 ergibt), sondern dient allgemein als Maß für den Strömungszustand in offenen Gerinnen<br />

[BOLLRICH und PREISZLER, 1992]. Aufgrund der Bedeutung dieses Ausdrucks hat seine Wurzel<br />

als Froude-Zahl Fr einen eigenen Namen erhalten:<br />

Q 2·B<br />

Fr =<br />

g ·A 3 (auch: Fr = v<br />

g · A / B ) . (6-6)<br />

Die Froude-Zahl kennzeichnet das Verhältnis aus Schwer- und Trägheitskraft.<br />

Neben der Froude-Zahl nimmt die Grenztiefe h gr bei der Beschreibung des Abflusszustandes in<br />

offenen Gerinnen eine zentrale Stellung ein.<br />

● Der Abflussvorgang ist strömend, wenn h > h gr ;<br />

● Der Abflussvorgang ist schießend, wenn h < h gr ;<br />

● Der Grenzzustand liegt vor, wenn h = h gr .<br />

Weiters beschreiben noch das Grenzgefälle oder kritische Gefälle und die Grenzgeschwindigkeit v gr ,<br />

die v gr = Q A gr<br />

beträgt, den Grenzzustand.<br />

[v gr ] = m·s −1 Grenzgeschwindigkeit; jene mittlere Geschwindigkeit, die die Geschwindigkeitshöhe<br />

v 2 /(2g) im Grenzzustand ergibt:<br />

v gr = 2 ·g ·(H E min − h gr )<br />

[Q] = m 3·s −1 vorgegebener Abfluss<br />

[A gr ] = m 2 Fließquerschnitt im Grenzzustand<br />

Für die minimale Energiehöhe H E min erhält man nach BERNOULLI<br />

H E min = h gr + v gr 2<br />

2g = h gr +<br />

Q 2<br />

2g ·A gr<br />

2 .<br />

Eine Formel für das Grenzgefälle erhält man z. B. durch die Umwandlung der Strickler-Formel:<br />

I gr =<br />

Q 2<br />

k St<br />

2<br />

·A gr<br />

2<br />

·R gr<br />

4/3<br />

Tabelle 6-1:<br />

Zusammenfassung der Kriterien für den Fließzustand<br />

Fließzustand Abflusstiefe Fließgeschwindigkeit Gefälle Froude-Zahl<br />

Strömen h > h gr v < v gr I E < I E gr Fr < 1<br />

Grenzzustand h = h gr v = v gr I E = I E gr Fr = 1<br />

Schießen h < h gr v > v gr I E > I E gr Fr > 1<br />

Fließzustand in offenen Gerinnen S. 70


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Insbesondere im breiten Rechteckgerinne gilt mit B = b und A/B = A/b = h (siehe Vorlesungsskriptum<br />

[LOISKANDL] S. 114)<br />

Fr =<br />

v<br />

g · h =<br />

Strömungsgeschwindigkeit<br />

Fortpflanzungsgeschwindigkeit einer kleinen Störung ,<br />

sodass durch die Erregung einer kleinen Störung an der Oberfläche und der Beobachtung der Ausbreitungsform<br />

auf den Strömungszustand im Gerinne geschlossen werden kann. Bei schießendem<br />

Abfluss (Fr > 1) ist die Strömungsgeschwindigkeit größer als die Wellenausbreitungsgeschwindigkeit,<br />

sodass sich eine Störung an einer Stelle im Gerinne oberwasserseitig nicht fortpflanzen kann,<br />

ja ganz allgemein der Oberwasserspiegel nicht vom Unterwasserspiegel abhängt. Diese Tatsache ist<br />

für die Analyse der ungleichförmigen Strömung (Wasserspiegelanalyse, Wehrhydraulik) von grundlegender<br />

Bedeutung.<br />

6.3.1 Grenzzustand im Rechteckprofil<br />

Die Auswertung der Bestimmungsgleichung 6-5 liefert folgende Formeln für das Rechteckprofil:<br />

h gr =<br />

3<br />

α · Q 2<br />

g ·b 2 (6-7)<br />

[h gr ] = m Grenztiefe<br />

[α] = dim.los Geschwindigkeitshöhenausgleichswert. α ist ein Korrekturbeiwert für die Abweichung<br />

der aus der mittleren Geschwindigkeit v¯ berechneten Geschwindigkeitshöhe<br />

¯¯2<br />

v<br />

2·g<br />

von der tatsächlichen mittleren Geschwindigkeitshöhe<br />

2·g (siehe<br />

Seite 28); zumeist wird näherungsweise α = 1 gesetzt<br />

[Q] = m 3·s −1 Abfluss<br />

[b] = m Sohlbreite<br />

Definiert man den Quotienten<br />

q = Q b<br />

als spezifischen Abfluss (in m 2·s −1 ),<br />

so beträgt die Grenztiefe auch h gr =<br />

weiters folgt aus Gl. 6-7 und Q 2<br />

b 2·h 2 = v2 v gr =<br />

3<br />

α ·q 2<br />

g ;<br />

g<br />

α ·h gr (6-8)<br />

und<br />

H E min = g ·h gr<br />

2g + h gr = 3 2 · h gr<br />

[H E min ] = m kleinstmögliche Energiehöhe bei gegebenem Abfluss im Rechteckprofil<br />

Wegen B = b und A/B = A/b = h lässt sich die Froude-Zahl im Rechteckprofil berechnen mit<br />

Fr =<br />

v<br />

g ·h .<br />

Für den Grenzzustand gilt Fr =<br />

v gr<br />

= 1 .<br />

g ·h gr<br />

6.3.2 Grenzzustand im symmetrischen Trapezprofil<br />

Aus der Beziehung 6-5 dA /dh = g ·A 3 /Q 2 für den Grenzzustand ist zu folgern, dass für die Ermittlung<br />

der Grenztiefe h gr die beiden Größen A und dA/dh als Funktionen von h zu bilden sind.<br />

Fließzustand in offenen Gerinnen S. 71


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Die Fließquerschnittsfläche A im symmetrischen Trapezprofil beträgt laut Formel 6-1<br />

A = (s + m ·h) ·h<br />

oder A = s ·h + m ·h 2 .<br />

dA<br />

Die Ableitung nach h ergibt<br />

dh<br />

= s + 2 ·m ·h = B<br />

Die Ableitung und der Ausdruck für A werden nun in Formel 6-5 substituiert, wobei h nun nicht<br />

mehr variabel ist, sondern h gr entspricht:<br />

s + 2 ·m ·h gr = g ·(s + m ·h gr) 3 ·h gr<br />

3<br />

Q 2<br />

und somit h gr =<br />

(s + 2·m ·h gr ) ·Q 2<br />

g ·(s + m ·h gr ) 3 = h gr 3<br />

1<br />

s + m ·h gr<br />

·<br />

3 Q 2 (s + 2·m ·h gr )<br />

g<br />

.<br />

Für die Abweichung der aus der mittleren Geschwindigkeit v¯ berechneten Geschwindigkeitshöhe<br />

v¯ 2<br />

2·g von der tatsächlichen mittleren Geschwindigkeitshöhe ¯¯ v 2<br />

2·g<br />

ist noch der Beiwert α hinzuzufügen:<br />

h gr =<br />

1<br />

s + m ·h gr<br />

·<br />

3<br />

α ·Q 2 (s + 2·m ·h gr )<br />

g<br />

(6-9)<br />

[m] = dim.los Böschungsneigung, horizontales Maß bei vertikalem Maß = 1; 1/m = tan β<br />

[s] = m Sohlbreite<br />

[α] = dim.los Geschwindigkeitshöhenausgleichswert; als Näherung kann α = 1 gesetzt werden<br />

58.) In einem Rechteckgerinne sind zu bestimmen<br />

a) das erforderliche Gefälle um den Abfluss Q zu gewährleisten,<br />

b) die Grenztiefe und das kritische Gefälle beim Abfluss Q und<br />

c) das kritische Gefälle und den Abfluss Q 1 bei der Abflusstiefe h<br />

Q = 11 m 3 /s<br />

k St = 60 m<br />

1/3·s<br />

−1<br />

h<br />

b = 6,00 m<br />

= 1,00 m<br />

59.) In einem Rechteckgerinne herrscht stationärer Abfluss.<br />

a) Wie hoch ist ein Hindernis (Sohlschwelle) mindestens zu bauen, damit kritische<br />

Verhältnisse auftreten?<br />

b) Wie weit ist das Gerinne einzuengen, um kritische Verhältnisse zu erzeugen?<br />

h = 1,50 m I = 0,001<br />

b = 3,00 m<br />

−1<br />

k St = 66,7 m<br />

1/3·s<br />

Fließzustand in offenen Gerinnen S. 72


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

6.4 Stationärer, leicht ungleichförmiger Abfluss – Stau- und Senkungslinien<br />

In der Natur herrscht stets ungleichförmiger Abfluss vor (Profiländerungen). Als leicht ungleichförmig<br />

kann der Abfluss unter anderem dann bezeichnet werden, wenn die Modellannahmen für die<br />

Berechnung der Grenztiefe noch gültig sind und keine Wechselsprünge auftreten. Die bei Wasserbauwerken<br />

auftretenden Querschnittsänderungen bedingen oft einen stark ungleichförmigen Abfluss,<br />

sodass die hydraulischen Verhältnisse an solchen Bauwerken selbst nicht Gegenstand dieses<br />

Kapitels, sondern erst des nächsten sind. Hingegen ist der Wasserspiegelverlauf ober- bzw. unterhalb<br />

der Einbauten zumeist nur schwach ungleichförmig und daher mit den in diesem Kapitel vorgestellten<br />

Methoden zu berechnen.<br />

Unterschieden wird zwischen ungleichförmig verzögertem (Staulinie) und ungleichförmig beschleunigtem<br />

(Senkungslinie) Abfluss. Für die Berechnung ist es wichtig, welcher Fließzustand<br />

vorliegt. Besondere Bedeutung für die variable Abflusstiefe kommt zwei Bezugsgrößen zu, der<br />

Normalabflusstiefe h n und der Abflusstiefe an der Knickstelle h 0 . Die Normalabflusstiefe entspricht<br />

der Abflusstiefe, die dasselbe Gerinne beim selben Volumenstrom Q unter gleichförmigem Abfluss<br />

aufweisen würde. Die beiden Werte h n und h 0 bilden den Anfangs- und Endpunkt (oder umgekehrt)<br />

der Stau- oder Senkungslinie. Bei strömendem Abfluss wird die Lage des Wasserspiegels entgegen<br />

der Fließrichtung, bei schießendem Abfluss in Fließrichtung berechnet. Theoretisch reicht der Stau<br />

bzw. die Absenkung bis ins Unendliche; praktisch beginnt oder beendet man die Stau- oder Senkungsberechnung<br />

dort, wo der Wasserstand bei der Staulinie nur mehr um 1 % größer, bei der Senkungslinie<br />

nur mehr um 0,5 % kleiner als der Wasserstand für gleichförmigen stationären Abfluss<br />

ist:<br />

h = 1,01·h n oder h − h n<br />

h<br />

= 0,01 bzw. h = 0,995·h n oder h n − h<br />

n h<br />

= 0,005.<br />

n<br />

Die für die Stau- oder Senkungslinienberechnung zur Verfügung stehenden Methoden können in<br />

zwei Gruppen eingeteilt werden:<br />

Methoden der direkten Integration<br />

●<br />

●<br />

Rechteckquerschnitte nach RÜHLMANN<br />

Parabelquerschnitte nach TOLKMITT<br />

Die entsprechenden Funktionswerte können aus Tabellen entnommen werden.<br />

Die Methoden nach RÜHLMANN und TOLKMITT eignen sich vor allem für die Berechnung der<br />

Stau- und Senkungslinien in künstlichen Gerinnen.<br />

Indirekte abschnittsweise Berechnung (Standard-Step-Verfahren)<br />

– besonders bei ungleichförmigen Profilen<br />

– die Berechnung erfolgt durch ein Iterationsverfahren in tabellarischer Form<br />

– ∆x wird fix angenommen<br />

– für die Wassertiefe wird vorerst ein Schätzwert angenommen, dessen Richtigkeit mit der letzten<br />

Spalte der tabellarischen Berechnung überprüft wird.<br />

Stationärer, leicht ungleichförmiger Abfluss – Stau- und Senkungslinien S. 73


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

6.4.1 Berechnung nach TOLKMITT<br />

Das Verfahren nach TOLKMITT und das Standard-Step-Verfahren werden sowohl allgemein als<br />

auch an einem konkreten, unten stehenden Beispiel erläutert.<br />

60.) Gerinne mit Trapezprofil:<br />

s = 4,00 m<br />

m = 2<br />

I = 1,0 ‰<br />

−1<br />

k St = 33 m<br />

1/3·s<br />

a) Wie groß ist die Wassertiefe, wenn der zu bewältigende Volumenstrom Q =<br />

45,0 m 3 /s beträgt? Mit welcher mittleren Geschwindigkeit bewegt sich das Wasser,<br />

schießender oder strömender Abfluss?<br />

b) Durch einen Geländebruch entsteht ein Sohlknick, sodass an der Knickstelle eine<br />

Absenkung des Wasserspiegels um ∆z = 0,83 m auftritt. Gesucht: Verlauf der<br />

Spiegellinie oberhalb des Sohlknicks (in 1/5-Punkten bezogen auf y bzw. y 0 der<br />

Tolkmitt-Formel).<br />

c) Zu ermitteln ist die Spiegellinie unter den gleichen Bedingungen wie in Punkt b)<br />

mit der Methode der indirekten abschnittsweisen Berechnung. Die Profilabstände<br />

sind aus den Ergebnissen der vorhergehenden Berechnung zu übernehmen, um<br />

damit einen direkten Vergleich der beiden Berechnungsmethoden zu erhalten.<br />

Für die Ermittlung des Wasserspiegelverlaufes in einem Parabelprofil nach TOLKMITT müssen die<br />

Normalabflusstiefe und die Grenztiefe bekannt sein. Vorerst ist die Normalabflusstiefe h n im (symmetrischen)<br />

Trapezprofil zu berechnen. Der hydraulische Radius beträgt laut Formel 6-3<br />

R = A U = (s + m ·h) ·h<br />

s + 2·h · m 2 + 1 .<br />

Die Strickler-Formel v = k St ·R 2/3 ·I 1/2<br />

oder Q = k St ·R 2/3 ·I 1/2 ·A<br />

liefert mit den Beziehungen für das symmetrische Trapezprofil<br />

Q = k st · ⎜ ⎛ (s + m ·h) · h<br />

2/3<br />

⎝ s + 2·h · m 2 + 1⎠ ⎟⎞ ·I 1/2 ·(s + m ·h) ·h .<br />

Diese Gleichung kann nicht explizit nach h aufgelöst werden, h ist daher iterativ zu bestimmen.<br />

Mit den gegebenen Bestimmungsstücken von Beispiel Nr. 60 lautet die Gleichung<br />

45,0 = 33 · ⎜ ⎛ 2/3<br />

(4,0 + 2 ·h/m) · h/m<br />

⎝ 4,0 + 2·h/m · 2 2 + 1⎠ ⎟⎞ ·0,001<br />

1/2 ·(4,0 + 2 ·h/m) ·h/m<br />

oder 43,1220 = ⎜ ⎛ 2/3<br />

(4,0 + 2 ·h/m) · h/m<br />

⎝ 4,0 + 2· 5 ·h/m ⎠ ⎟⎞ ·(4,0 + 2 ·h/m) ·h/m<br />

und man erhält mit den folgenden Schätzwerten<br />

Verfahren nach TOLKMITT S. 74


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

ĥ i / m Qˆ i / (m 3·s −1 )<br />

1,00 4,97<br />

2,00 19,23<br />

3,00 44,99<br />

3,01 45,31<br />

3,001 45,02<br />

Die Normalabflusstiefe beträgt 3,00 m<br />

und die Fließgeschwindigkeit mit v = Q /A<br />

v<br />

m·s −1 = 45<br />

(4,0 + 2,0×3,00)×3,00<br />

= 1,500; v = 1,500 m/s.<br />

Im nächsten Schritt ist die Grenztiefe zu bestimmen. Die Formel für den Trapezquerschnitt unter<br />

der Annahme, dass der Korrekturbeiwert für die mittlere Geschwindigkeitshöhe α = 1 beträgt, lautet<br />

bei gleichen Böschungsneigungen (siehe Gleichung 6-9 auf Seite 72)<br />

h gr =<br />

1<br />

s + m ·h gr<br />

·<br />

3 Q 2<br />

g (s + 2·m ·h gr) .<br />

Mit den gegebenen Größen ist h gr ebenfalls iterativ (in diesem<br />

Fall rekursiv) zu berechnen:<br />

hˆ gr i+1<br />

m = 1<br />

3<br />

4,00 + 2,0 ·hˆ gr i / m · 45,0 2<br />

9,81 (4,00 + 2·2 ·h ˆ<br />

gr i / m)<br />

Die Grenztiefe beträgt h gr = 1,752 m.<br />

h > h gr (3,00 > 1,75) → strömender Fließzustand<br />

hˆ gr i / m<br />

3,000<br />

1,489<br />

1,822<br />

1,734<br />

1,757<br />

1,751<br />

1,752<br />

hˆ gr i+1 / m<br />

1,489<br />

1,822<br />

1,734<br />

1,757<br />

1,751<br />

1,752<br />

1,752<br />

Um die für Parabelquerschnitte gültige Tolkmitt-Formel anwenden zu können, muss der Trapezquerschnitt<br />

in einen hydraulisch ähnlichen Parabelquerschnitt übergeführt werden. Dabei kann nicht<br />

einfach angenommen werden, dass die Abflusstiefe im Parabelquerschnitt und die im Trapezprofil<br />

gleich sein müssen; vielmehr muss in beiden Profilen ein ähnlicher Strömungszustand vorliegen.<br />

Das wird durch die Anwendung des Froudeschen Ähnlichkeitsgesetzes gewährleistet (siehe Anhang<br />

8.2). Anstelle der Gleichheit der beiden Froude-Zahlen gemäß Gl. 6-6 wird<br />

Fr 2 Trapez = Fr 2 Parabel bzw. Q 2<br />

g · ⎝ ⎜⎛ B<br />

A 3 ⎠ ⎟⎞ Trapez = Q 2<br />

g · ⎝ ⎜⎛ B<br />

A 3 ⎠ ⎟⎞ Parabel bzw. ⎜ ⎛ B<br />

⎝ A 3 ⎠ ⎟⎞ Trapez = ⎜ ⎛ B<br />

⎝ A 3 ⎠ ⎟⎞ Parabel<br />

verlangt. Daraus folgt, dass abgesehen vom Durchfluss die Querschnittsfläche A und die Spiegelbreite<br />

B gleich sein müssen, die Abflusstiefen hingegen nicht gleich sind. Die weitere Invariante ist<br />

der Abstand x von der Knickstelle, er ist im Trapez- und im Parabelprofil gleich.<br />

Wenn die Parabel-Funktion h P (b) = a ·b 2<br />

[h P ] = m Abflusstiefe im Parabelprofil als Funktion der halben Spiegelbreite b<br />

[a] = dim.los Formparameter. a ist so zu bestimmen, dass das Parabelprofil bei derselben<br />

Spiegelbreite B wie im Trapezprofile auch denselben Fließquerschnitt A aufweist<br />

[b] = m halbe Spiegelbreite<br />

lautet, dann beträgt die zwischen der b-Achse bzw. Abszisse und der halben Parabel befindlichen<br />

Fläche (0 ≤ b ≤ B/2)<br />

B/2<br />

⌡ ⌠ a ·b 2 db = ⎪ a ·b 3 B/2 3 + C ⎪ ⎪⎪ = a ·B3<br />

0 24 .<br />

0<br />

Das die halbe Parabel (0 ≤ b ≤ B/2) umschreibende Rechteck weist die Breite B/2 und die Höhe<br />

y (B/2) = a ·(B/2) 2 auf. Der gesuchte Flächeninhalt A/2 innerhalb der Halbparabel ist daher<br />

A<br />

2 = B 2 · a ·B2<br />

4 − a ·B3<br />

24 = a ·B3<br />

12<br />

Verfahren nach TOLKMITT S. 75


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

und die von der ganzen Parabel mit der Spiegelbreite B aufgespannte Fläche beträgt A = a ·B3<br />

6 .<br />

Bei gegebener Fläche A und Spiegelbreite B im Trapez errechnet sich dann der Formparameter a<br />

der Parabel aus A = a ·B3<br />

6<br />

→ a = 6 ·A<br />

B 3<br />

und die zu h T gehörige, durch A und B bzw. a festgelegte Wassertiefe in der Parabel h P beträgt<br />

h P = 6 ·A<br />

B 3 · ⎝ ⎜⎛ B<br />

2<br />

2 ⎠ ⎟⎞ = 3A<br />

2B ·<br />

Die Fließquerschnittsfläche A und die Spiegelbreite B im Trapez sind Funktionen der Abflusstiefe<br />

h T im Trapez. Der Formparameter a und die Abflusstiefe h P im Parabelprofil sind Funktionen von A<br />

und B. Damit sind a und h P eigentlich Funktionen von h T :<br />

a = 6 ·A<br />

B 3 = 6 ·(s + m ·h T) ·h T<br />

(s + 2 ·m ·h T ) 3 .<br />

Daraus folgt zwangsläufig, dass a nicht konstant über die Lauflänge des Gerinnes mit variabler<br />

Wassertiefe ist, sondern variabel.<br />

Bei gegebener Wassertiefe im Trapezprofil h T ergibt sich die Spiegelbreite (siehe oben) zu<br />

B = s + 2 ·m ·h T und die Querschnittsfläche A = (s + m ·h T ) ·h T ; die zugehörige Wassertiefe im Parabelprofil<br />

lautet dann<br />

h P = 3A<br />

2B = 3 ·(s + m ·h T) ·h T<br />

2 ·(s + 2 ·m ·h T ) .<br />

Für den gegebenen Fall:<br />

h P<br />

m = 3×(4,00 + 2,0·h T/m) ·h T /m<br />

2×(4,00 + 2×2,0·h T /m)<br />

Laut Angabe (Bsp. Nr. 60) ist die Wassertiefe im Trapezprofil an der Knickstelle um<br />

∆z = 0,83 m gegenüber der Normalabflusstiefe abgesenkt. Die Wassertiefe an der<br />

Knickstelle h 0 beträgt daher h 0 = h n − ∆z = 3,00 m − 0,83 m = 2,17 m.<br />

Die den einzelnen Wassertiefen im Trapezprofil zugeordneten Wassertiefen im Parabelprofil<br />

betragen<br />

Trapez h T / m B / m A / m 2 h P / m Parabel<br />

h n T 3,000 16,001 30,007 2,813 h n P<br />

h gr T 1,752 11,008 13,147 1,791 h gr P<br />

h 0 T 2,170 12,682 18,103 2,141 h 0 P<br />

Ist umgekehrt die Abflusstiefe im Parabelprofil gegeben und die entsprechende Tiefe im Trapez zu<br />

bestimmen, so ist die Umkehrfunktion gegeben durch<br />

h P = 3A<br />

2B = 3 ·(s + m ·h T) ·h T<br />

2 ·(s + 2 ·m ·h T )<br />

→ h P ·2 ·(s + 2 ·m ·h T ) = 3 ·(s + m ·h T ) ·h T<br />

2·s ·h P + 4 ·m ·h T ·h P = 3 ·s ·h T + 3 ·m ·h T<br />

2<br />

→<br />

h 2 T + 3 ·s − 4 ·m ·h P<br />

3 ·m<br />

·h T − 2 ·s ·h P<br />

3 ·m = 0<br />

h T = 4 ·m ·h P − 3 ·s + (3 ·s − 4 ·m ·h P ) 2 + 24 ·s ·m ·h P<br />

6 ·m<br />

Verfahren nach TOLKMITT S. 76


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Die Formel für die Stau- bzw. Senkungsweite lautet nach TOLKMITT (siehe Vorlesungsskriptum<br />

LOISKANDL):<br />

x = h n P<br />

I S<br />

· [y 0 − y + µ · (f (y) − f (y 0 ))] (6-10)<br />

[x] = m Stau- bzw. Senkungsweite<br />

[h n P ] = m der Normalabflusstiefe im Trapezprofil zugeordnete Abflusstiefe im Parabelprofil<br />

[I S ] = dim.los Sohlgefälle<br />

[y 0 ] = dim.los dimensionsloser, konstanter Verhältniswert:<br />

y 0 = h 0 P / h n P<br />

[h 0 P ] = m der Abflusstiefe an der Knickstelle im Trapezprofil zugeordnete Abflusstiefe im<br />

Parabelprofil<br />

[y] = dim.los dimensionsloser Verhältniswert an der Stelle x mit der Wassertiefe h x P :<br />

y = h x P / h n P<br />

[h x P ] = m Wassertiefe im Parabelprofil mit dem Abstand x vom Knickpunkt (bzw. an der<br />

Stelle x)<br />

h<br />

4 gr P<br />

h n P<br />

[µ] = dim.los dimensionsloser Beiwert: µ = 1 − ⎜ ⎛ ⎝ ⎠ ⎟⎞<br />

[f (y)] = dim.los Wert der Tolkmitt-Funktion für y:<br />

f (y) = 1 4 · ln ⎝ ⎜⎛ y + 1<br />

±y 1 ⎠ ⎟⎞ + 1 2 · arc tan (y)<br />

y in der Winkelfunktion besitzt die Einheit Radiant. Im gegebenen Fall liegt eine<br />

Senkungslinie vor, die Abflusstiefe an einer beliebigen Stelle x ist stets kleiner<br />

als die Normalabflusstiefe und y ist stets kleiner als 1. Da das Argument der Logarithmus-Funktion<br />

positiv sein muss, müssen für die Senkungslinie folgende<br />

Vorzeichen zutreffen: f (y) = 1 4 · ln ⎝ ⎜⎛ y + 1<br />

−y + 1 ⎠ ⎟⎞ + 1 2 · arc tan (y)<br />

Die Werte für die Tolkmitt-Funktion f (y) können auch aus der Tabelle im Vorlesungsskriptum<br />

LOISKANDL durch Linearinterpolation gewonnen werden.<br />

[f (y 0 )] = dim.los Wert der Tolkmitt-Funktion für y 0 (Senkungslinie):<br />

f (y 0 ) = 1 4 · ln ⎝ ⎜⎛ y 0 + 1<br />

−y ⎠ ⎟⎞<br />

0 + 1 + 1 2 · arc tan (y 0)<br />

Weil, wie schon erwähnt, die Absenkkurve stromaufwärts theoretisch erst im Unendlichen die Normalabflusstiefe<br />

erreicht, wird als Endpunkt der Senkungslinie nicht h n P , sondern 99,5 % von h n P<br />

gewählt. Laut Angabe ist die Senkungslinie in 5 Abschnitte mit gleichen y-Differenzen aufzuteilen.<br />

Da y und h x P zueinander proportional sind, wird dadurch auch die Abflusstiefe im Parabelprofil in<br />

konstante Differenzen aufgeteilt, nicht aber im Trapezprofil, weil die Abflusstiefe im Trapezprofil<br />

eine nichtlineare Funktion der Tiefe im Parabelprofil ist.<br />

y i = y 0 + i · ⎛ 0,995 − y 0<br />

⎝⎜<br />

5 ⎠ ⎟⎞ für i = 0 bis inkl. 5<br />

Abflusstiefe im Parabelprofil: h x P = y i ·h n P .<br />

Für die vorliegenden Angaben betragen die konstanten Werte<br />

y 0 = h 0 P / h n P = 2,141 / 2,813 = 0,76111<br />

f (y 0 ) = 1 4 · ln ⎝ ⎜⎛ 0,76111 + 1<br />

−0,76111 + 1 ⎠ ⎟⎞ + 1 2 · arc tan 0,76111 = 0,82470<br />

Verfahren nach TOLKMITT S. 77


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

µ = 1 − ⎜ ⎛ 4<br />

h gr P<br />

⎝ h ⎠ ⎟⎞ = 1 − ⎜ ⎛ 4<br />

1,791<br />

n P ⎝ 2,813 ⎠ ⎟⎞ = 0,83568 ,<br />

die Senkungsweite bzw. die Formel nach TOLKMITT lautet dann<br />

x = h n P<br />

I · [y 0 − y + µ · (f (y) − f (y 0 ))] = 2,813<br />

S 0,001 · [0,76111 − y + 0,83568 · (f (y) − 0,82470)]<br />

x = 202,32419 − 2813 ·y + 2350,7678 ·f (y)<br />

und die Abflusstiefe im Trapezprofil<br />

Tabelle 6-2:<br />

h T = 4 ·m ·h P − 3 ·s + (3 ·s − 4 ·m ·h P ) 2 + 24 ·s ·m ·h P<br />

6 ·m<br />

h T<br />

m = 4×2,0 ·h P / m − 3×4,00 + (3×4,00 − 4×2,0 ·h P / m) 2 + 24×4,00×2,0 ·h P / m<br />

6×2,0<br />

h T<br />

m = 8,0 ·h P / m − 12,00 + (12,00 − 8,0 ·h P / m) 2 + 192,00 ·h P / m<br />

12,0<br />

Beispiel Nr. 60; Abflusstiefen nach TOLKMITT<br />

1 2 3 4 5 6<br />

i y i h i P / m f(y i ) x i / m h i T / m<br />

0 0,76125 2,141 0,82491 0 2,170<br />

1 0,80800 2,273 0,90041 45,92 2,331<br />

2 0,85475 2,404 0,99038 125,84 2,492<br />

3 0,90150 2,536 1,10690 268,17 2,655<br />

4 0,94825 2,667 1,28648 558,69 2,818<br />

5 0,995 2,799 1,88869 1842,40 2,983<br />

6.4.2 Standard-Step-Verfahren<br />

Die Berechnung ist nach dem Rezept im Vorlesungsskriptum [LOISKANDL] in tabellarischer<br />

Form (siehe Tabelle 6-3) durchzuführen.<br />

Eine grundlegende Annahme des Verfahrens besteht darin, dass das Energieliniengefälle in jedem<br />

Abschnitt konstant ist und aus den gemittelten Profildaten des Anfangs- und des Endquerschnittes<br />

berechnet werden kann. Je kürzer die einzelnen Abschnitte (Spalte 1 in der nachfolgenden Tabelle<br />

6-3) sind bzw. je feiner die Diskretisierung ist, desto genauer wird die Näherung. Um das Ergebnis<br />

mit der Berechnung nach TOLKMITT vergleichen zu können, sind in den ermittelten x-Abständen<br />

(Spalte 5 der Tabelle 6-2) jedenfalls Berechnungsquerschnitte anzusetzen (Index i für den Querschnitt<br />

in Spalte 2 der Tabelle 6-3). Die Intervalle ∆x zwischen den Berechnungsquerschnitten<br />

(Tabelle 6-3, Spalte 4) sind mit Ausnahme des letzten voraussichtlich ausreichend eng, nur das<br />

letzte Intervall ist in zwei gleich große Abschnitte zu unterteilen. Daraus ergibt sich die Stationierung<br />

in der dritten Spalte der Tabelle 6-3, bei strömendem Fließzustand vom Knickpunkt ausgehend<br />

gegen die Fließrichtung stromaufwärts. Vom bekannten Startquerschnitt im Knickpunkt mit dem<br />

Index 0 sind die gegebene Abflusstiefe h 0 (Spalte 5) und die Profildaten erforderlich, um später das<br />

Mittel zwischen Anfangs- und Endquerschnitt des Abschnittes bilden zu können. Der Fließquerschnitt<br />

A (Spalte 6) und der benetzte Umfang U (Spalte 7) als Funktion der Abflusstiefe sind für den<br />

symmetrischen Trapezquerschnitt durch die Beziehungen (Formeln 6-1 und 6-2)<br />

Verfahren nach TOLKMITT S. 78


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

A i = (s + m ·h i ) ·h i<br />

und U i = s + 2 ·h i · m 2 + 1<br />

gegeben. Der hydraulische Radius R i (Spalte 8) für den betrachteten Querschnitt beträgt R i = A i / U i .<br />

Die Fließgeschwindigkeit im Querschnitt (Spalte 9) erhält man mit dem angegeben Durchfluss aus<br />

v i = Q / A i<br />

und die Geschwindigkeitshöhe (Spalte 10) aus h g i = v i 2<br />

2 ·g .<br />

Die Abflusstiefe h 1 im Endquerschnitt des ersten Abschnittes mit dem Index 1 ist vorerst nicht bekannt;<br />

als erste Schätzung ist natürlich das Resultat der Berechnung nach TOLKMITT zu empfehlen<br />

(Spalte 5, zweite Zeile der Tabelle 6-2). Damit sind auch im Endquerschnitt die Werte für A, U,<br />

R, v und h g berechenbar. Nun wird das arithmetische Mittel R m = (R 0 + R 1 )/2 (Spalte 11) und<br />

v m = (v 0 + v 1 )/2 (Spalte 12) für den ersten Abschnitt gebildet und nach STRICKLER das mittlere<br />

2 −2<br />

Energieliniengefälle I E (Spalte 13) für den Abschnitt errechnet: I E = v m ·k St ·R −4/3 m .<br />

Das mittlere Energieliniengefälle mal der Abschnittslänge ∆x (Spalte 4) ergibt den Energiehöhenverlust<br />

h v (Spalte 14) für den Abschnitt, d. h. die Energielinie muss im Endquerschnitt (stromaufwärts)<br />

um h v höher liegen:<br />

h v = I E ·∆x<br />

Die Abflusstiefe h 0 plus der Geschwindigkeitshöhe h g 0 ergibt die Höhenlage der Energielinie im<br />

Querschnitt 0 über der Flusssohle, addiert man h v hinzu und zieht die Geschwindigkeitshöhe in 1<br />

und den Unterschied in den Sohlhöhen (Spalte 15) ∆z = I S ·∆x ab, so verbleibt die Abflusstiefe h 1 :<br />

h 1 = h 0 + h g 0 − h g 1 + h v − ∆z<br />

Stimmt die errechnete Abflusstiefe h 1 (Spalte 16) mit der angenommenen (Spalte 5) ausreichend<br />

genau überein, so ist die Abflusstiefe gefunden, andernfalls dient das Ergebnis als neue Schätzung<br />

für h 1 (Spalte 5, nächste Zeile), mit der die Profildaten und die mittleren Abschnittswerte neu berechnet<br />

müssen. An Stelle des rekursiven Iterierens kann man auch ab zwei Wertepaaren linear einen<br />

neuen Schätzwert errechnen.<br />

Nach der Berechnung des Querschnittes 1 geht man zum nächsten Abschnitt über und legt einen<br />

Schätzwert für h 2 fest usw..<br />

Die Abflusstiefe im letzten Profil muss natürlich geringfügig kleiner sein als die Normalabflusstiefe.<br />

Ist sie größer und liegt kein Rechenfehler vor, so war die Diskretisierung zu grob und die Profilintervalle<br />

müssen durch Aufnahme zusätzlicher Querschnitte verkleinert werden.<br />

Standard-Step-Verfahren S. 79


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Tabelle 6-3: Beispiel Nr. 60; Senkungslinienberechnung mit dem Standard-Step-Verfahren S. 80<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16<br />

i Station ∆x h i A i U i R i v i h g i R m v m I E h v ∆z h i+1<br />

6 5<br />

4 3 Abschn. 2 Abschn. 1<br />

0 0,0 2,170 18,103 13,706 1,321 2,486 0,315<br />

1,360 2,358 3,387 0,156 2,342<br />

2,331 20,186 14,423 1,400 2,229 0,253<br />

45,92<br />

1,363 2,349 3,353 0,154 0,046 2,344<br />

2,342 20,338 14,474 1,405 2,213 0,250<br />

1,363 2,348 3,348 0,154<br />

2,344<br />

1 45,92 2,344 20,365 14,483 1,406 2,210 0,249<br />

1,442 2,110 2,508 0,200 2,508<br />

2,492 22,389 15,145 1,478 2,010 0,206<br />

79,92<br />

1,446 2,100 2,476 0,198 0,080 2,509<br />

2,508 22,612 15,216 1,486 1,990 0,202<br />

1,446 2,099 2,474 0,198<br />

2,509<br />

2 125,84 2,509 22,626 15,221 1,487 1,989 0,202<br />

1,522 1,905 1,904 0,271 2,670<br />

142,33 2,655 24,713 15,872 1,557 1,821 0,169<br />

0,142<br />

1,525 1,897 1,881 0,268<br />

2,670<br />

3 268,18 2,670 24,938 15,941 1,564 1,804 0,166<br />

1,600 1,731 1,470 0,427 2,833<br />

2,818 27,158 16,604 1,636 1,657 0,140<br />

1,604 1,724 1,454 0,422 2,830<br />

290,52 2,833 27,384 16,670 1,643 1,643 0,138<br />

0,291<br />

1,603 1,725 1,457 0,423 2,831<br />

2,830 27,338 16,656 1,641 1,646 0,138<br />

1,603 1,725 1,456 0,423<br />

2,831<br />

4 558,69 2,831 27,353 16,661 1,642 1,645 0,138<br />

1,658 1,614 1,219 0,782 2,982<br />

2,901 28,428 16,972 1,675 1,583 0,128<br />

641,86<br />

1,678 1,580 1,150 0,738 0,642 2,948<br />

2,982 29,713 17,336 1,714 1,515 0,117<br />

1,672 1,590 1,169 0,750<br />

2,958<br />

5 1200,55 2,958 29,332 17,229 1,702 1,534 0,120<br />

641,86 1,710 1,522 1,040 0,688 0,642 2,988<br />

6 1842,41 2,988 29,808 17,363 1,717 1,510 0,116


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Abbildung 6-1:<br />

Wasserspiegellinienverlauf für Beispiel Nr. 60 nach TOLKMITT und nach<br />

dem Standard-Step-Verfahren<br />

6.4.3 Inverse Probleme bei den Verfahren nach RÜHLMANN oder TOLKMITT<br />

Wenn eine bestimmte Abflusstiefe h bei schwach ungleichförmigem Verlauf gegeben ist und die<br />

Stelle bzw. Stau- oder Senkungsweite x gesucht ist, an der diese auftritt, handelt es sich um ein<br />

direktes Problem. Beim inversen Problem ist hingegen die Stelle x gegeben und die an dieser Stelle<br />

auftretende Abflusstiefe h gefragt. Das inverse Problem lässt sich im Gegensatz zum direkten nicht<br />

analytisch lösen, weil die Rühlmann- bzw. die Tolkmitt-Funktion nicht nach der gesuchten Variable<br />

y aufgelöst werden kann.<br />

Als numerische Lösung drängt sich eine rekursive Iteration auf, weil sowohl die Rühlmann- als<br />

auch die Tolkmitt-Funktion leicht zu y = g (F (y)) bzw. y = g (f (y)) umgeformt werden kann. Die<br />

rekursive Iteration konvergiert jedoch nicht bzw. gegen einen falschen Wert und scheidet daher aus.<br />

Es empfiehlt sich vielmehr ein graphisches Verfahren mit anschließender numerischer Verfeinerung<br />

mittels Probierverfahren oder anderer Methoden (Nullstellensuche z. B. mit Intervallhalbierungsmethode,<br />

Sekantenverfahren, Beschleunigung nach AITKEN, quadratisches Verfahren nach<br />

MÜLLER oder andere). Für die graphische Lösung beginnt man mit der Tolkmitt-Beziehung 6-10<br />

x = h n P<br />

I · [y 0 − y + µ · (f (y) − f (y 0 ))]<br />

S<br />

und trennt f (y) vom Rest der Beziehung:<br />

y + x · IS<br />

h n P<br />

− y 0 = µ · (f (y) − f (y 0 ))<br />

1<br />

µ · y + 1 µ · ⎝ ⎜⎛ x · IS<br />

h<br />

− y 0<br />

⎠ ⎟⎞ + f (y 0 ) = f (y) .<br />

n P<br />

Stationärer, leicht ungleichförmiger Abfluß – Stau- und Senkungslinien S. 81


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Während in dieser Gleichung rechts nur mehr die Tolkmitt-Funktion f (y) aufscheint, stellt die linke<br />

Seite eine Gerade G (y) dar. Die Lösung der Gleichung ist also der Schnitt einer Geraden mit der<br />

Tolkmitt-Funktion. Wenn man zwei Wertepaare der Geraden berechnet (mit y = 0 und y = 1 für die<br />

Senkungslinie und mit y = 1 und y = 2,5 für die Staulinie), diese in der zutreffenden Abbildung<br />

unten einträgt, verbindet und mit der Tolkmitt-Funktion schneidet, erhält man entweder einen oder<br />

zwei Schnittpunkte, wobei nur einer physikalisch sinnvoll ist. Dieses graphische Resultat für y<br />

sollte auf zwei Stellen genau sein und lässt sich numerisch leicht verfeinern.<br />

Nachdem die Rühlmann-Beziehung identisch aufgebaut ist, gelangt man zur analogen Gleichung<br />

1<br />

µ · y + 1 µ · ⎝ ⎜⎛ x · IS<br />

h<br />

− y 0<br />

⎠ ⎟⎞ + F (y 0 ) = F (y) .<br />

n P<br />

Es ist nur zu beachten, dass der Koeffizient µ und natürlich auch die Rühlmann-Funktionswerte<br />

F (y) bzw. F (y 0 ) unterschiedlich zu berechnen sind.<br />

Abbildung 6-2:<br />

Tolkmitt- und Rühlmann-Funktion für die Senkungslinie<br />

Stationärer, leicht ungleichförmiger Abfluß – Stau- und Senkungslinien S. 82


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Abbildung 6-3:<br />

Tolkmitt- und Rühlmann-Funktion für die Staulinie<br />

61.) Ein Rechteckgerinne geht mit einem Sohlknick in eine Schussrinne über.<br />

Gesucht sind a) die Senkungslänge und<br />

b) die Wassertiefe 500 m oberhalb des Sohlknicks.<br />

b = 6,00 m I S = 0,8 ‰<br />

Q = 15,0 m 3 /s k St = 50 m<br />

1/3·s<br />

−1<br />

Stationärer, leicht ungleichförmiger Abfluß – Stau- und Senkungslinien S. 83


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

6.5 Stationärer, stark ungleichförmiger Abfluss<br />

Unter diesem Kapitel sind Beispiele mit Wechselsprung, der Wehrhydraulik (Überfallströmungen)<br />

oder sonstiger Einbauten zusammengefasst.<br />

6.5.1 Überfälle<br />

Der Überfall ist ein Abflussvorgang, bei dem Wasser über die Oberkante eines Staubauwerkes läuft<br />

[BOLLRICH und PREISZLER, 1992], es wird jedoch auch das überströmte Bauwerk selbst als<br />

Überfall und seine Oberkante als Überfallkrone oder Überfallkante bezeichnet. An Querschnittsformen<br />

werden<br />

a) ausgerundete (rundkronige) Wehre wie z. B Stauwehre und Hochwasserüberfälle,<br />

b) scharfkantige Wehre, insbesondere Messwehre und<br />

c) breitkronige Wehre z. B als Grundwehre und Sohlschwellen<br />

unterschieden. Unter der Überfallhöhe h bei einem Wehr wird die Höhendifferenz zwischen dem<br />

unbeeinflussten Oberwasserspiegel und der Überfallkrone bzw. dem Wehrscheitel verstanden<br />

[BOLLRICH und PREISZLER, 1992]. Sie ist etwa im Abstand 3·h bis 4·h oberhalb der Überfallkrone<br />

zu messen. Von dort senkt sich der Strahl bis zur Überfallkrone erheblich ab und erreicht<br />

beim vollkommenen Überfall im Bereich der Überfallkrone annähernd Grenztiefe.<br />

Vom hydraulischen Verhalten her ist zwischen dem vollkommenen Überfall – der durch den Fließwechsel<br />

vom Strömen zum Schießen im Bereich der Überfallkrone gekennzeichnet ist und dessen<br />

Abfluss demzufolge vom Unterwasser unbeeinflusst bleibt – und dem unvollkommenen Überfall –<br />

bei dem der Fließwechsel nicht stattfindet und ein Einfluss entgegen der Fließrichtung möglich ist –<br />

unterschieden werden.<br />

Bei der hydraulischen Berechnung einer Überfallströmung ist von einem der zwei mehr oder weniger<br />

gegensätzlichen Näherungsansätzen auszugehen, die im Anhang 8.3 zu finden sind. Während<br />

der erste eher auf rundkronige Wehre und Messwehre zutrifft, ist der zweite Ansatz für breitkronige<br />

Wehre nahe liegend. Beide Ansätze führen praktisch zur selben Formel, in der den Abweichungen<br />

zwischen den Modellansätzen und der tatsächlichen Überfallströmung hauptsächlich durch einen<br />

Anpassungsfaktor, dem so genannten Überfallbeiwert µ Rechnung getragen wird. Abgesehen von<br />

diversen Einschränkungen ist diese so genannte Poleni-Formel die maßgebliche Beziehung für alle<br />

Querschnittsformen (ausgerundete, scharfkantige und breitkronige Wehre):<br />

Q = 2 3 ·µ ·B · 2 ·g ·h 3/2 ,<br />

[Q] = m 3·s −1 Wehrabfluss<br />

[µ] = dim.los Überfallbeiwert<br />

[B] = m Länge der Wehrkrone (Breite des Abflusses über dem Wehr)<br />

[h] = m Überfallhöhe; Höhe des unbeeinflussten Oberwasserspiegels über dem Wehrscheitel;<br />

ist etwa im Horizontalabstand 3·h bis 4·h vor der Wehrkrone zu messen<br />

in der die Abflussbreite B und die Überfallhöhe h relativ einfach gemessen werden können. Die Abflussberechnung<br />

bei Überfällen läuft demnach auf die genaue Erfassung der die jeweilige geometrische<br />

Form kennzeichnenden Überfallbeiwerte hinaus [BOLLRICH und PREISZLER, 1992].<br />

Überfälle S. 84


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Rundkronige und scharfkantige Wehre<br />

Bei jenen Wehrströmungen, bei denen sich entweder nach der Wehrkante ein freier Strahl mit einer<br />

der freien Atmosphäre ausgesetzten Strahlober- als auch -unterfläche ausbildet oder bei denen der<br />

Abfluss unmittelbar über dem Wehrrücken (unterwasserseitig) praktisch drucklos erfolgt und die als<br />

freie Überfallströmungen bezeichnet werden könnten, sind die meisten Berechnungsansätze von<br />

schwach ungleichförmigen Gerinnen jedenfalls nicht zutreffend. Um bei solchen Wehren entweder<br />

bei gegebener Überfallhöhe den Abfluss oder bei gegebenem Abfluss die Überfallhöhe ermitteln zu<br />

können, muss daher entweder die Überfallhöhe-Abfluss-Beziehung (auch als Wehrcharakteristik<br />

bezeichnet) oder zumindest der Überfallbeiwert µ (unter Annahme der Gültigkeit der Poleni-Formel)<br />

bekannt sein.<br />

Breitkronige Wehre<br />

Im Gegensatz zu rundkronigen und scharfkantigen Wehren erfolgt die Überströmung von breitkronigen<br />

Wehren, also z. B. stark überhöhten Sohlschwellen insbesondere mit flachen Rampen, mit<br />

annähernd parallelen Strombahnen und damit ähnlich wie in leicht ungleichförmigen Gerinnen.<br />

Insbesondere kann als erste Näherung angenommen werden, dass sich über dem Wehrrücken die<br />

Grenztiefe einer gleichförmigen Strömung in einem Rechteckprofil mit gleicher Breite einstellt.<br />

Wenn die Zuströmgeschwindigkeit im Oberwasser klein und die Geschwindigkeitshöhe dort vernachlässigbar<br />

ist, sollte die Überfallhöhe etwa der minimalen Energiehöhe über dem Wehrrücken<br />

entsprechen.<br />

62.) Im Zuge einer Flussregulierung ist das bestehende Gefälle durch die Errichtung von<br />

Absturzbauwerken zu verringern.<br />

a) Welches Regulierungsgefälle ist zu wählen, damit in dem 13,50 m breiten Flussbett<br />

ein Hochwasserabfluss von Q = 50 m 3 /s bei einer mittleren Durchflussgeschwindigkeit<br />

von 1,54 m/s gewährleistet ist? Der Rauigkeitsbeiwert nach<br />

STRICKLER kann mit k St = 35,0 angenommen werden. Ufer 1 zu 2,0 geböscht.<br />

b) Wie groß sind die Höhen der Absturzbauwerke mindestens anzuordnen, um eine<br />

wirksame Verminderung der mechanischen Energie zu erreichen?<br />

63.) Um welches Maß steigt bei Hochwasser der Oberwasserspiegel eines Flusses über<br />

die Krone eines 25,50 m breiten, festen Überfallwehres an, wenn der maximale Abfluss<br />

75,00 m 3 /s beträgt? Der Abflussbeiwert ist mit µ = 0,75 anzunehmen.<br />

64.) Der unter 12° geneigte Rechen eines Tiroler Wehres liegt innerhalb eines 2,5 m breiten<br />

Gerinnes mit Rechteckquerschnitt. Die Rechenstäbe sind 2 cm dick und liegen in<br />

4 cm lichtem Abstand. Der Kontraktionsbeiwert µ kann mit 0,9 angenommen werden.<br />

Folgende Fragen sind zu beantworten:<br />

a) Wie lang muss der Rechen werden, wenn Q o = 7,0 m 3 /s zufließen und vollständig<br />

in das abzweigende Gerinne gelangen sollen?<br />

Überfälle S. 85


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

b) Wie groß ist der Restabfluss Q u im Hauptgerinne bei einem Zufluss von Q o =<br />

16 m 3 /s und der in a) festgelegten Rechenlänge?<br />

c) Welche Wassertiefe stellt sich für Q o = 16 m 3 /s am oberen und unteren Rechenende<br />

ein?<br />

6.6 Instationärer Abfluss<br />

65.) In einem Werkskanal mit rechteckigem Querschnitt (Mühlgerinne, b = 3,70 m) wird<br />

der mit der Höhe h = 1,85 m erfolgende Abfluss von Q = 2,60 m 3 /s auf Q 1 = 1,04 m 3 /s<br />

plötzlich gedrosselt.<br />

a) Wie groß ist die infolge des Stauschwalles auftretende Spiegelerhöhung des<br />

Oberwassers?<br />

b) Wie groß ist die maximale Schwallhöhe im Werkskanal bei plötzlichem, vollkommenem<br />

Abschluss des Einlaufschützes vor der Wasserkraftmaschine?<br />

Überfälle S. 86


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

7. GEO<strong>HYDRAULIK</strong><br />

Grundlage der gesamten Strömungsberechnung in der Geohydraulik ist das Gesetz von DARCY:<br />

q = −k ·i (7-1)<br />

[q] = m·s −1 Durchflussrate, auf den Querschnitt bezogener Fluss; besitzt genau genommen<br />

die Dimension L 3 L −2 T −1 ; auch als Filtergeschwindigkeit v f bezeichnet<br />

[k] = m·s −1 k-Wert oder Durchlässigkeitsbeiwert (eigentlich von der dynamischen Viskosität<br />

und damit der Temperatur des Strömungsmediums abhängig). Der k-Wert<br />

wird häufig auch in der Einheit m/d angegeben.<br />

[i] = dim.los Standrohrspiegelgefälle; auch Gradient des hydraulischen Gesamtpotenzials H,<br />

das sich in der Geohydraulik vornehmlich aus Lage- und Druckpotenzial zusammensetzt:<br />

H = p<br />

ρ ·g + z<br />

[H] = m Gesamtpotenzialhöhe oder Standrohrspiegelhöhe im betrachteten Punkt<br />

[ p<br />

ρ ·g ] = m Druckhöhe im betrachteten Punkt<br />

[z] = m geodätische Höhe des betrachteten Punktes über dem Vergleichsniveau<br />

Das Potenzialgefälle zwischen zwei Punkten kann angegeben werden als<br />

i = H 2 − H 1<br />

l<br />

.<br />

[H 1 ] = m Gesamtpotenzialhöhe oder Standrohrspiegelhöhe im Punkt 1<br />

[H 2 ] = m Gesamtpotenzialhöhe oder Standrohrspiegelhöhe im Punkt 2<br />

[l] = m Länge des Fließweges zwischen den Punkten 1 und 2<br />

Da der Fluss immer von Punkten höheren Potenzials zu Punkten niedrigeren Potenzials und damit<br />

entgegen der Richtung des Gradienten erfolgt, ist die rechte Seite der Gleichung 7-1 mit negativem<br />

Vorzeichen versehen.<br />

66.) Von einem Fluss infiltriert Wasser in den umgebenden Grundwasserkörper, der nach<br />

unten hin durch eine undurchlässige Schicht begrenzt ist.<br />

Mit welcher Zuströmung in das<br />

Grundwasser ist pro m Länge des<br />

Flusses zu rechnen?<br />

67.) Die untenstehende Abbildung zeigt einen flachen Hang mit einer relativ dünnen<br />

Lockergesteinsauflage, der in einen Fluss entwässert. Das Gefälle des Hanges<br />

beträgt 2 %, der Boden ist sandiger Lehm mit einem k-Wert von 2,5 m/d. In einer<br />

Geohydraulik S. 87


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Tiefe von 6,0 m steht undurchlässiger Fels an. Derzeit dient der Fluss als Vorfluter für<br />

eine Kläranlage, deren Abfluss in Zukunft auf dem Hang versickert und dadurch<br />

zusätzlich gereinigt werden soll. Das infiltrierte Wasser bewegt sich hangabwärts und<br />

strömt schließlich wieder dem Fluss zu; ein Oberflächenabfluss muss jedenfalls verhindert<br />

werden.<br />

Wie groß ist die maximale<br />

Hanglänge, die gleichzeitig<br />

bewässert werden kann, wenn<br />

die Aufbringungsrate der<br />

Beregnung 2 cm/d beträgt?<br />

68.) Für einen Grundwasserstrom wurde aus Messungen der Grundwasserspiegellage in<br />

mehreren Beobachtungsrohren die Strömungsrichtung und das Grundwassergefälle<br />

mit I = 0,0033 ermittelt. Zum Zwecke der Wassererschließung wurde ein Versuchsbrunnen<br />

mit einem Halbmesser von r 0 = 0,20 m bis zur undurchlässigen Bodenschichte<br />

abgeteuft und die Mächtigkeit des Grundwasserstromes mit H = 9,30 m<br />

festgestellt.<br />

Um die Durchlässigkeit des Grundwasserleiters zu ermitteln, wurden senkrecht zur<br />

Strömungsrichtung zu beiden Seiten des Versuchsbrunnens Beobachtungsrohre im<br />

Abstand von 5 m, 20 m und 50 m von diesem niedergebracht und die Grundwasserspiegelabsenkung<br />

im Zusammenhang mit einigen durchgeführten Dauerpumpversuchen<br />

eingemessen, die nachstehend angeführt sind.<br />

Absenkung s / m<br />

Nr. Q / (l·s −1 ) Br B1 B2 B3 B4 B5 B6<br />

1 5,30 0,624 0,335 0,149 0,149 0,335 0,624<br />

2 8,48 1,021 0,542 0,239 0,239 0,542 1,021<br />

3 12,72 1,581 0,825 0,360 0,360 0,825 1,581<br />

a) Wie groß ist die Durchlässigkeit des Grundwasserleiters?<br />

b) Wie groß ist die maximale Entnahmemenge des Versuchsbrunnens?<br />

c) Wie viele Entnahmebrunnen mit r 0 = 0,20 m sind erforderlich, um die für Wasserversorgungszwecke<br />

in Aussicht genommene Entnahmemenge von 101,60 l/s zu<br />

gewährleisten, und wie groß ist die gegenseitige Entfernung der Brunnen senkrecht<br />

zur Grundwasserströmungsrichtung mindestens anzunehmen, um eine<br />

gegenseitige Beeinflussung auszuschließen?<br />

Geohydraulik S. 88


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

8. ANHANG<br />

8.1 Hydraulisch günstiges Trapezprofil bei vorgegebener Böschungsneigung<br />

Das hydraulisch günstigste Trapezprofil ist das halbe Sechseck mit einer Böschungsneigung von<br />

1 : 1/ 3 = 1 : 0,577 . Bei einer so hohen Böschungsneigung sind viele natürliche Materialien nicht<br />

standfest. Derart steile Böschungen sind auch aus anderen Gründen nicht erwünscht. Man wählt<br />

daher zumeist die Böschungsneigung vor (z. B. m = 2 oder m = 3) und ermittelt die Sohlbreite<br />

bzw. die Abflusstiefe unter der Bedingung des hydraulisch günstigen Querschnittes.<br />

Die logische Vorgangsweise bestünde darin, die Strickler-Formel<br />

Q = k St ·[(s + m ·h) ·h] 5/3 ·[ s + 2·h · m 2 + 1]<br />

−2/3 ·I 1/2<br />

nach s oder h aufzulösen und den hierfür gefundenen Ausdruck in der Formel für den benetzten<br />

Umfang U = s + 2·h · m 2 + 1<br />

zu substituieren. U hinge dann nur mehr von einer Variablen ab, könnte nach dieser differenziert<br />

werden und müsste den gesuchten Extremwert liefern. Das Problem besteht nur darin, dass sich die<br />

Strickler-Formel nicht explizit nach s oder h auflösen lässt.<br />

Stattdessen wird die Formel für U (Funktion 6-2) nach s aufgelöst:<br />

s = U − 2·h · m 2 + 1 (8-1)<br />

und dieser Ausdruck für s in der Formel für A (Funktion 6-1) A = s ·h + m ·h 2 substituiert<br />

A = (U − 2·h · m 2 + 1 ) ·h + m ·h 2<br />

A = h 2 ·(m − 2 · m 2 + 1 ) + h ·U. (8-2)<br />

Löst man weiters die Strickler-Formel nach A auf: A = Q 3/5 −3/5 ·k St ·U 2/5 ·I −3/10<br />

und stellt die gefundenen Ausdrücke für A gegenüber, so erhält man<br />

h 2 ·(m − 2 · m 2 + 1 ) + h ·U = Q 3/5 −3/5 ·k St ·U 2/5 ·I −3/10<br />

bzw. h 2 ·(m − 2 · m 2 + 1 ) + h ·U − U 2/5 ·Q 3/5 −3/5 ·k St ·I −3/10 = 0 .<br />

Diese Gleichung lässt sich nicht nach U auflösen bzw. U nicht als explizite Funktion U (h) darstellen.<br />

Um diese Schwierigkeit zu umgehen, wird ihre linke Seite als konstante Funktion<br />

F (U, h) = h 2 ·(m − 2 · m 2 + 1 ) + h ·U − U 2/5 ·Q 3/·k −3/5<br />

St ·I −3/10 = 0 (8-3)<br />

aufgefasst, deren vollständiges Differenzial natürlich auch Null sein muss:<br />

dF = ∂F ∂F<br />

∂U · dU +<br />

∂h · dh = 0.<br />

Nachdem U eine Funktion der einzigen unabhängigen Variablen h ist, muss für die infinitesimale<br />

Zunahme dU = dU<br />

dh · dh gelten. Dieser Ausdruck wird nun für dU eingesetzt:<br />

∂F<br />

∂U · dU ∂F<br />

dh · dh +<br />

∂h · dh = 0<br />

⎛∂F<br />

⎞<br />

⎜<br />

⎟<br />

⎝∂U · dU<br />

dh + ∂F<br />

∂h ⎠ · dh = 0 .<br />

Die linke Seite ist nur dann für beliebige Zunahmen dh gleich Null, wenn der Klammerausdruck<br />

∂F<br />

Null ist:<br />

∂U · dU<br />

dh + ∂F<br />

∂h = 0 .<br />

Jetzt gelangt die Extremwertbedingung dU /dh = 0 zur Anwendung, sodass für die Stelle des Extremwertes<br />

gelten muss<br />

∂F<br />

∂U · 0 + ∂F<br />

∂h = 0 → ∂F<br />

∂h = 0 .<br />

Es ist daher die partielle Ableitung von F (U, h) (Funktion 8-3) nach h zu bilden<br />

Anhang – Sohlbreite im hydraulisch günstigen Trapezprofil bei gegebener Böschungsneigung S. 89


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

∂F<br />

∂h<br />

= 2·h ·(m − 2 · m 2 + 1 ) + U = 0 →<br />

U = 2·h ·(2 · m 2 + 1 − m) . (8-4)<br />

A wird dann mit Gl. 8-2 zu A = h 2 ·(m − 2 · m 2 + 1 ) + h ·2·h ·(2 · m 2 + 1 − m)<br />

bzw. A = h 2 · (2· m 2 + 1 − m) . (8-5)<br />

Der hydraulische Radius beträgt also R = h 2 · (2· m 2 + 1 − m)<br />

2·h · (2 · m 2 + 1 − m) = h 2 .<br />

Die Ausdrücke für R und A werden nun in die Strickler-Formel eingesetzt und diese nach h aufgelöst:<br />

Q = k St ·h 2/3 ·2 −2/3 ·I 1/2 ·h 2 ·(2 · m 2 + 1 − m) → h 8/3 −1<br />

= Q ·k St ·I −1/2 ·2 2/3 ·(2 · m 2 + 1 − m) −1<br />

h = Q 3/8 −3/8 ·k St ·I −3/16 ·2 1/4 ·(2 · m 2 + 1 − m) −3/8<br />

bzw. h = ⎢ ⎡ ⎣ k ⎦ ⎥⎤<br />

St· I · 2 2/3 3/8<br />

2 · m 2 .<br />

+ 1 − m<br />

(8-6)<br />

s folgt aus der Beziehung 8-1 s = U − 2·h · m 2 + 1 und der Funktion 8-4<br />

U = 4·h · m 2 + 1 − 2 ·m ·h s = 2·h ·( m 2 + 1 − m) . (8-7)<br />

Damit ist bei gegebener Böschungsneigung jene Trapezgerinneform gefunden, die den kleinsten<br />

benetzten Umfang aufweist. Damit ist jedoch nicht bewiesen, dass auch der Fließquerschnitt A im<br />

Minimum ist. Für diesen Nachweis wird genauso vorgegangen wie oben, nur sind Ausdrücke für A<br />

zu bilden (weil schließlich ∂A/∂h = 0 gesetzt werden soll). Ausgehend von Gl. 6-1 A = s ·h + m ·h 2<br />

erhält man für die Sohlbreite s = A/h − m ·h .<br />

s in U (6-2) eingesetzt ergibt U = A/h − m ·h + 2 ·h · m 2 + 1 . (8-8)<br />

Die Strickler-Formel wird nun nach U aufgelöst Q = k St ·A 5/3 ·U −2/3 ·I 1/2 →<br />

3/2<br />

U = k St ·A 5/2 ·I 3/4 ·Q −3/2 . Die Gegenüberstellung der beiden Ausdrücke für U liefert<br />

3/2<br />

k St ·A 5/2 ·I 3/4 ·Q −3/2 = A/h − m ·h + 2 ·h · m 2 + 1<br />

oder A 5/2 3/2 ·k St ·I 3/4 ·Q −3/2 − A ·h −1 + m ·h − 2 ·h · m 2 + 1 = 0.<br />

Dieselben Überlegungen wie zuvor (F (A, h) = 0,<br />

∂F<br />

∂A<br />

∂F<br />

∂A · ∂A<br />

∂h + ∂F<br />

dA<br />

∂h<br />

= 0) und die Extremwertbedingung<br />

dh<br />

∂F<br />

∂A<br />

· dA +<br />

∂h · dh = 0, dA =<br />

∂h · dh,<br />

∂F<br />

= 0 führen erneut zur Gleichung<br />

∂h = 0:<br />

∂F<br />

∂h = −A · (−1) ·h−2 + m − 2 · m 2 + 1 = 0 → A ·h −2 = 2 · m 2 + 1 − m<br />

A = h 2 · (2 · m 2 + 1 − m) .<br />

Diese Gleichung stimmt mit Gl. 8-5 überein. Durch Einsetzen dieses Ausdrucks von A in Gl. 8-8<br />

erhält man weiters U = h · (2 · m 2 + 1 − m) − m ·h + 2 ·h · m 2 + 1<br />

oder U = 2 ·h · (2 · m 2 + 1 − m) .<br />

Auch U stimmt mit der zuvor abgeleiteten Formel 8-4 überein. Daraus folgt natürlich wieder, dass<br />

R = h/2 ist und sich nach Einsetzen von A und R (oder U) in der Strickler-Formel dieselben Werte<br />

für h und schließlich für s ergeben. Das hydraulisch günstige Trapezprofil mit dem kleinsten benetzten<br />

Umfang U ist also tatsächlich auch dasjenige mit dem kleinsten Fließquerschnitt A.<br />

Anhang – Sohlbreite im hydraulisch günstigen Trapezprofil bei gegebener Böschungsneigung S. 90


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

8.2 Froudesches Ähnlichkeitsgesetz<br />

Den Modellgesetzen der Hydraulik zufolge setzt die Forderung nach mechanischer Ähnlichkeit eines<br />

Modells (M) mit der Natur (N) geometrische, kinematische und dynamische Ähnlichkeit voraus<br />

[BOLLRICH et al., 1989]. Die dynamische Ähnlichkeit basiert auf der geometrischen und kinematischen<br />

Ähnlichkeit und besagt, dass in Natur und Modell einander entsprechenden Kräfte<br />

stets im gleichen Verhältnis stehen. In hydraulischen Problemen treten vornehmlich Schwere-,<br />

Trägheits- und Reibungskräfte auf. Darüber hinaus können Kapillar-, Elastizitäts- und andere Kräfte<br />

von Bedeutung sein. Da volle dynamische Ähnlichkeit bei gleicher Flüssigkeit in Natur und Modell<br />

nicht erreicht werden kann, beschränkt man sich darauf, die jeweils zwei dominierenden Kräftearten<br />

zu berücksichtigen. Bei allen Fließvorgängen mit freiem Wasserspiegel (d. h Abfluss in offenen<br />

Gerinnen, über Wehre, Abstürze, Schwall und Sunk) als auch beim Fließen in Druckrohrströmungen<br />

mit voll ausgebildeter Turbulenz (hydraulisch raues Verhalten) überwiegen die Schwere- und<br />

Trägheitskräfte (nicht jedoch bei der Strömung im Boden, bei der die Trägheitsreaktionen wegen<br />

der geringen Geschwindigkeiten vernachlässigt werden können). Dem Froudeschen Ähnlichkeitsgesetz<br />

zufolge ist das Verhältnis aus der Schwerkraft im Modell und in der Natur dann gleich dem<br />

Verhältnis aus der Trägheitskraft in der Natur und im Modell, wenn gilt<br />

Fr N<br />

Fr<br />

= 1.<br />

M<br />

[Fr N ] = dim.los Froude-Zahl in der Natur<br />

[Fr M ] = dim.los Froude-Zahl im entsprechenden Modell<br />

Als Froude-Zahl im Froudeschen Ähnlichkeitsgesetz wird anstelle der Definitionsgleichung 6-6<br />

zumeist eine erweiterte Form verwendet. Hierfür wird einerseits Q/A mit v substituiert und andererseits<br />

der Quotient aus dem Fließquerschnitt A und der Spiegelbreite B als charakteristische Länge l<br />

Q v<br />

aufgefasst Fr =<br />

A · g · A g ·l ,<br />

B<br />

womit für Fr N und Fr M die Bestimmungsgleichungen Fr N =<br />

v N<br />

g ·l N<br />

und Fr M =<br />

v M<br />

g ·l M<br />

erhält.<br />

[l N ] = m charakteristische Länge in der Natur<br />

[v N ] = m·s −1 Fließgeschwindigkeit in der Natur<br />

[l M ] = m die der charakteristischen Länge in der Natur l M entsprechende Länge im Modell<br />

[v M ] = m·s −1 Fließgeschwindigkeit im Modell<br />

8.3 Überfallbeiwert bei freien Überfällen und bei breitkronigen Wehren<br />

Berechnungsansatz für freie Überfälle<br />

Der Begriff des freien Überfalls existiert in der Fachliteratur nicht. Unter freien Überfallströmungen<br />

sollen jene Wehrströmungen verstanden werden, bei denen sich entweder nach der Wehrkante ein<br />

freier Strahl mit einer der freien Atmosphäre ausgesetzten Strahlober- als auch -unterfläche ausbildet<br />

oder bei denen der Abfluss unmittelbar über dem Wehrrücken (unterwasserseitig) praktisch<br />

drucklos erfolgt.<br />

Der hydraulische Ansatz für diese Überfallströmungen geht davon aus, dass die Strömung einer<br />

idealen Flüssigkeit unmittelbar nach dem (vertikalen) Scheitelquerschnitt bzw. ab der Überfallkante<br />

quasi drucklos erfolgt, d. h. dass im Scheitelquerschnitt überall Atmosphärendruck vorliegt. Das<br />

trifft sicher auf scharfkantige Wehre relativ genau zu, bei denen die Überfallströmung die Wehrkante<br />

als freier Strahl verlässt, der an der Ober- und Unterseite dem Luftdruck ausgesetzt ist, doch<br />

erfolgt auch der Abfluss an der Oberfläche rundkroniger Wehre unter vielen Bedingungen annä-<br />

Anhang – Überfallbeiwert bei freien Überfällen und bei breitkronigen Wehren S. 91


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

hernd drucklos. Wenn man weiters unterstellt, dass in allen Punkten der Vertikalen gleiche Energiehöhe<br />

vorliegt und die Lageenergie jedenfalls von unten nach oben zunimmt, muss die kinetische<br />

Energie bzw. die Geschwindigkeit von unten nach oben abnehmen, und zwar genau parabolisch mit<br />

dem Scheitel auf der Höhe der Energielinie. Oberwasserseitig nimmt das Abstichmaß von der Energielinie<br />

zur Gerinnesohle bei der Anströmung des Wehres ab (bei oberwasserseitiger senkrechter<br />

Wehrwand praktisch nahezu diskontinuierlich); die zur Verfügung stehende Energiehöhe wird also<br />

kleiner und der Strömungszustand muss energetisch günstiger werden, woraus bei angenommenen<br />

strömendem Abfluss folgt, dass die Abflusstiefe kleiner und gemäß der Kontinuität die Geschwindigkeitshöhe<br />

größer werden muss, d. h. der Wasserspiegel senkt sich bei der Anströmung des Wehres<br />

auf ein bestimmtes Maß ab und erreicht über der Krone den Wert n ·h, wobei n vorderhand nicht<br />

bekannt ist.<br />

CHADWICK und MORFETT [1993] treffen deshalb die nicht nur Ihrer Meinung nach drastische<br />

Annahme, dass keine Absenkung erfolgt und gelangen damit für eine ideale Flüssigkeit zu folgender<br />

Beziehung<br />

3 3<br />

⎡ 2 2 2 ⎤<br />

2<br />

2<br />

o<br />

o<br />

ideal<br />

2<br />

⎢⎛ v ⎞ ⎛v<br />

⎞<br />

Q = ⋅B⋅ g ⋅ + −<br />

⎥<br />

⎜h<br />

⎟ ⎜ ⎟ ,<br />

3 ⎢ 2 2 ⎥<br />

⎢<br />

⎝ g ⎠ ⎝ g ⎠<br />

⎣<br />

⎥⎦<br />

[Q ideal ] = m 3·s −1 modellhafter Abfluss einer idealen Flüssigkeit<br />

[B] = m Länge der Wehrkrone (Breite des Abflusses über dem Wehr)<br />

[h] = m Überfallhöhe; Höhe des unbeeinflussten Oberwasserspiegels über dem Wehrscheitel;<br />

ist etwa im Horizontalabstand 3h—4h vor der Wehrkrone zu messen<br />

[v o ] = m·s −1 Zulaufgeschwindigkeit; Fließgeschwindigkeit im unbeeinflussten Oberwasser<br />

woraus unter Vernachlässigung der oberwasserseitigen Zuströmgeschwindigkeit v o die Beziehung<br />

Q ideal = 2 3 ·B · 2 ·g ·h 3/2 (8-9)<br />

wird. Diese Größe kann als größter denkbarer Wert für Q bei gegebener Überfallhöhe h angesehen<br />

werden.<br />

BOLLRICH und PREISZLER [1992] gehen von denselben Ansätzen aus, betrachten aber eine Absenkung<br />

als gegeben und erhalten<br />

3 3<br />

⎡ 2 2 2 ⎤<br />

2<br />

2<br />

o<br />

o<br />

2<br />

⎢⎛ v ⎞ ⎛ v ⎞<br />

Q = ⋅B⋅ g ⋅ + − (1 − ) ⋅ +<br />

⎥<br />

⎜h ⎟ ⎜ n h ⎟ ,<br />

3 ⎢ 2 2 ⎥<br />

⎢<br />

⎝ g ⎠ ⎝ g ⎠<br />

⎣<br />

⎥⎦<br />

2<br />

Q = ⋅<br />

3<br />

⋅ ⋅ ⋅<br />

⎢⎣<br />

− − 2 . (8-10)<br />

[h 0 ] = m (vertikale) Abflusstiefe über dem Wehrscheitel<br />

[n] = dim.los Verhältniswert; Verhältnis zwischen der Absenkung über dem Wehrscheitel als<br />

Differenz zwischen der oberwasserseitigen Abflusstiefe h und der Abflusstiefe<br />

über dem Wehrscheitel und der oberwasserseitigen Abflusstiefe:<br />

n = (h − h 0 ) / h<br />

Umgekehrt ergibt sich die Abflusstiefe über dem Wehrscheitel aus<br />

h 0 = (1 − n) ·h<br />

3<br />

bzw. B 2g<br />

h<br />

⎡<br />

1 ( 1 n) ⎤<br />

⎥⎦<br />

Aus dieser Gleichung folgt nicht, wie stark sich der Wasserspiegel absenkt, aus ihr lässt sich nur<br />

ableiten, dass sich ein gegebener Abfluss Q sowohl bei kleinem h und größerem n als auch umgekehrt<br />

abführen lässt. Auch die Überlegung, dass sich aus der minimalen Energiehöhe, die zur Abfuhr<br />

von Q über das Wehr erforderlich ist, ein Maß für die Absenkung ergibt, hilft nicht weiter,<br />

denn die Energiehöhe ist praktisch ident mit der Überfallhöhe h, und die ist natürlich im Minimum,<br />

wenn n im Maximum und damit 1 ist – dieser Fall ist jedoch (siehe oben) physikalisch unmöglich.<br />

Anhang – Überfallbeiwert bei freien Überfällen und bei breitkronigen Wehren S. 92<br />

3<br />

2


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

Sowohl CHADWICK und MORFETT als auch BOLLRICH und PREISZLER weisen darauf hin,<br />

dass reale Überfallströmungen von den modellhaften idealer Flüssigkeiten insbesondere aus folgenden<br />

Gründen abweichen:<br />

– die (vertikale) Druckverteilung ist selbst bei Freistrahlen keinesfalls konstant Null,<br />

– die Geschwindigkeitsverteilung entspricht nicht dem Modell<br />

– bei der Überfallströmung realer Flüssigkeiten treten Verluste auf, die in den Beziehungen zusätzlich<br />

berücksichtigt werden müssen.<br />

Diesen im Ansatz vernachlässigten, insbesondere auf der Reibung beruhenden Einflüssen wird von<br />

CHADWICK und MORFETT dadurch Rechnung getragen, indem das Modell für den Zusammenhang<br />

zwischen dem Abfluss an einem Wehr und der Überfallhöhe – einer Beziehung, die die gleiche<br />

Bedeutung wie die Schlüsselkurve eines offenen Gerinnes besitzt und als Überfallcharakteristik<br />

bezeichnet werden kann – um einen Faktor, dem so genannten Überfallbeiwert µ erweitert wird. Sie<br />

nehmen also an, dass der sich aus Formel 8-9 ergebende Fluss zum realen Fluss über ein bestimmtes<br />

Wehr proportional ist:<br />

µ = Q real<br />

Q<br />

.<br />

ideal<br />

BOLLRICH und PREISZLER ersetzen einfach den die oberwasserseitige Strahlabsenkung repräsentierenden<br />

Faktor [1 − (1 − n) 3/2 ] durch den Überfallbeiwert und erwähnen, dass in µ außerdem<br />

noch die im Ansatz vernachlässigten Einflüsse (Reibung, genaue Druck- und Geschwindigkeitsverteilung<br />

infolge Stromfadenkrümmung usw.) erfasst werden, was auf den Ansatz<br />

µ ≈ 1 − (1 − n) 3/2<br />

hinausläuft. Dass µ für BOLLRICH und PREISZLER eine Funktion des Absenkfaktors n ist – aber<br />

auch anderer Einflüsse – geht auch aus dem Kommentar zur Weisbach-Formel (Seite 404) hervor,<br />

in dem sie extra erwähnen, dass bei der Ableitung der Weisbach-Formel der augenscheinliche Einfluss<br />

der Strahlabsenkung nicht gesondert erfasst und von vornherein im Überfallbeiwert enthalten<br />

sei. Für die Betrachtungsweise µ = f (n) spricht, dass die Strahlabsenkung n selbst ein Ausdruck des<br />

Reibungseinflusses ist und daher durch deren Messung bzw. Bestimmung ein guter Näherungswert<br />

für µ gefunden werden kann und zur Berücksichtigung der anderweitigen Einflüsse, die von der<br />

Absenkung nicht widerspiegelt werden, nur noch abgeändert werden muss. Wie groß diese anderweitigen<br />

Einflüsse im Verhältnis zur Absenkung sind, wird von den beiden Autoren nicht erwähnt.<br />

Es wird von ihnen auch keine umgekehrte Aussage getroffen, wie genau sich die Absenkung aus<br />

dem Überfallbeiwert angeben lässt bzw. wie genau man mit der Kenntnis der Abflusshöhe über<br />

dem Wehrscheitel und des Überfallbeiwertes µ mittels der Beziehungen n = f (µ) und h = h Scheitel /n<br />

den Abfluss bestimmen kann.<br />

Vermutlich um einen Richtwert für die Größe von µ zu erhalten, benutzen BOLLRICH und<br />

PREISZLER [1992] die Annahme, dass genau auf der Überfallkrone die Grenztiefe auftritt, woraus<br />

sich n = 2/3 ergäbe. Dieser Schluss setzt stillschweigend die Annahmen für die Grenztiefe in einem<br />

(unendlich) breiten Rechteckprofil mit schwach ungleichförmigem Verlauf voraus, nämlich eine<br />

hydrostatische Druckverteilung und eine konstante Geschwindigkeit über die Tiefe – also Annahmen,<br />

die in krassem Gegensatz zu denen für die Formel 8-10 oder 8-9 stehen. Im Übrigen ist ein<br />

schwach ungleichförmiger Verlauf bei rundkronigen Wehren und bei Messwehren oberwasserseitig<br />

keinesfalls gegeben, sodass der Wasserspiegelverlauf bzw. die zur Abfuhr eines bestimmten Flusses<br />

Q erforderliche Überfallhöhe h aus der Grenztiefenformel bestenfalls abgeschätzt werden kann. Die<br />

Anwendbarkeit des Konzeptes der Grenztiefe bzw. der minimalen Energiehöhe – das für schwach<br />

ungleichförmige Gerinne entwickelt wurde – für stark ungleichförmige Strömungen bzw. für freie<br />

Überfallströmungen muss generell bezweifelt werden. Im Gegensatz dazu würde eine potenzialtheoretische<br />

Berechnung selbst mit der Bernoulli-Gleichung als stark vereinfachtes Modell schon zu<br />

relativ plausiblen Druck- und Geschwindigkeitsverteilung bzw. Wasserspiegellagen führen<br />

[CHADWICK und MORFETT, 1993]. Die Annahme von BOLLRICH und PREISZLER (n = 2/3)<br />

erscheint unter diesen Gesichtspunkten relativ weit hergeholt und wurde demgemäß von den Autoren<br />

wohl eher als Richtgröße für den Überfallbeiwert denn als gültige Beziehung zwischen Abfluss-<br />

Anhang – Überfallbeiwert bei freien Überfällen und bei breitkronigen Wehren S. 93


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

tiefe am Wehrscheitel und Überfallhöhe bzw. als Ansatz für die Berechnung der erforderlichen<br />

Überfallhöhe verstanden. Wie auch immer, die beiden Autoren folgern nun<br />

µ = 1 − (1 − 2/3) 3/2 = 0,808<br />

und implizieren somit, dass in der Absenkung sämtliche Einflüsse enthalten sind bzw. keine anderen<br />

existieren.<br />

Man erhält letzten Endes aus beiden Herleitungen die so genannte Poleni-Formel<br />

Q = 2 3 ·µ ·B · 2 ·g ·h 3/2 ,<br />

[Q] = m 3·s −1 Wehrabfluss<br />

[µ] = dim.los Überfallbeiwert<br />

[B] = m Länge der Wehrkrone (Breite des Abflusses über dem Wehr)<br />

[h] = m Überfallhöhe; Höhe des unbeeinflussten Oberwasserspiegels über dem Wehrscheitel;<br />

ist etwa im Horizontalabstand 3·h bis 4·h vor der Wehrkrone zu messen<br />

in der die Abflussbreite B und die Überfallhöhe h relativ einfach gemessen werden können. Die Abflussberechnung<br />

bei Überfällen läuft demnach auf die genaue Erfassung der die jeweilige geometrische<br />

Form kennzeichnenden Überfallbeiwerte hinaus [BOLLRICH und PREISZLER, 1992].<br />

Im Vergleich zum „Richtwert“ für µ = 0,808 wird für das unterdruckfreie Standardprofil (ein rundkroniges<br />

Wehr) ein Wert von µ = 0,745 angegeben, also ein ähnlicher Wert, während LOISKANDL<br />

für ein scharfkantiges Messwehr µ ≈ 0,64 nach POLENI angibt. Daraus folgt, dass µ = 0,808 den<br />

Abfluss für die meisten Wehre überschätzt. Aus der Diskrepanz zwischen µ = 0,808 und µ ≈ 0,64<br />

folgt nicht zwangsläufig, dass beim scharfkantigen Messwehr n ≠ 2/3 sein muss, weil durchaus<br />

denkbar ist, dass die anderen, nicht von der Absenkung widerspiegelten Einflüsse – die im Wert<br />

0,808 als nicht vorhanden erachtet wurden – eben zu der Reduktion auf 0,64 führen.<br />

Wie auch immer, BOLLRICH und PREISZLER geben dimensionslose Koordinaten des Überfallstrahles<br />

über ein scharfkantiges Wehr an, die auch für das Standardprofil gültig sind. An der vorderen,<br />

oberwasserseitigen Kante des Wehres, die sich im Horizontalabstand 0,3·h vor dem etwas höher<br />

liegenden Scheitel befindet, beträgt die Wassertiefe 0,126·h + 0,831·h, also insgesamt 0,957·h<br />

über der Kante bzw. 0,831·h über dem Scheitel; direkt über dem Scheitel beträgt die Wassertiefe<br />

0,740·h. Die Absenkung auf 2/3·h wird erst unterwasserseitig im Horizontalabstand von etwa 0,2·h<br />

erreicht (vertikale Wassertiefe gemessen von der Wasseroberfläche bis zum Scheitelniveau). Man<br />

sieht also, dass sich die Wassertiefe über dem Wehrscheitel in horizontaler Richtung stark ändert<br />

und daher eine genaue Messung – egal ob an der oberwasserseitigen Wehrvorderkante oder genau<br />

über dem Scheitel – kaum möglich ist. Darüber hinaus hängt die Absenkung von der geometrischen<br />

Ausführung des Wehres ab und ebenso vom Abfluss – während beim Bemessungsabfluss der Druck<br />

am Wehrrücken genau Null sein sollte, ist er bei kleinerem Q positiv und bei größerem negativ.<br />

In Erwägung dieser Umstände sollte die Wassertiefe über dem Überfall nur dann zur Abschätzung<br />

des Wehrabflusses herangezogen werden, wenn die Überfallhöhe schlecht gemessen werden kann.<br />

CHADWICK und MORFETT [1993] gehen übrigens auf die Absenkung überhaupt nicht ein; sie<br />

erwähnen weder, dass sich über dem Wehr annähernd die Grenztiefe – oder vielmehr ein minimaler<br />

Energiezustand – einstellt, noch dass daraus die Absenkung abgeschätzt werden könnte.<br />

NAUDASCHER [1987] beschreibt unter anderem die Abhängigkeit des Überfallbeiwertes bei Abweichungen<br />

von der Standard-Wehrform und bei Unter/Überdrücken am Wehrrücken; die Größe<br />

der Wassertiefe über dem Wehrrücken tritt als Parameter überhaupt nicht auf.<br />

Anhang – Überfallbeiwert bei freien Überfällen und bei breitkronigen Wehren S. 94


<strong>HYDRAULIK</strong> <strong>UND</strong> <strong>HYDROMECHANIK</strong> – ÜBUNGSTEIL<br />

LITERATURVERZEICHNIS<br />

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und -leitungen. Hennef, Deutschland: GFA – Gesellschaft zur Förderung der Abwassertechnik<br />

e V<br />

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BOHL W. 1989. Technische Strömungslehre. 8te Aufl. Würzburg: Vogel Buchverlag<br />

BOLLRICH G et al. 1989. Technische Hydromechanik/2. Berlin: VEB Verlag für Bauwesen<br />

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bearbeitete Aufl. Berlin: Verlag für Bauwesen<br />

BOUWER H. 1978. Groundwater Hydrology. New York: McGraw-Hill Book Company<br />

BREZESINSKI G, MÖGEL H J. 1993. Grenzflächen und Kolloide: Physikalisch-chemische<br />

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KALIDE W. 1973. Aufgabensammlung zur technischen Strömungslehre. 2te Aufl. München: Carl<br />

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KALIDE W. 1976. Technische Strömungslehre – Einführung. 4te Aufl. München: Carl Hanser<br />

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KSB. Auslegung von Kreiselpumpen. Frankenthal: KSB Aktiengesellschaft<br />

LAUTRICH R. 1976. Tabellen und Tafeln zur hydraulischen Berechnung von Druckrohrleitungen,<br />

Abwasserkanälen und Rinnen. 2te Aufl. Hamburg: Paul Parey<br />

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NAUDASCHER E. 1987. Hydraulik der Gerinne und Gerinnebauwerke. Wien: Springer Verlag<br />

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