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Link 05. Geschichtliche Darstellung des Landes ... - Draheim, Horst

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In der Ausgrabung II (Abb. 17), innerhalb <strong>des</strong> gotischen Burgwohnflügels, wurde im nord-westlichen Teil ein in der<br />

historischen Überlieferung bisher unbekanntes, über 8 m tiefes, trichterförmiges gemauertes Kerkerloch, von 3,5 m<br />

Durchmesser am Eingang und etwa 1 m auf dem Boden (Abb. 57) aufgedeckt. Dieses Kerkerloch mochte der<br />

Anfang eines geplanten Turms darstellen, der jedoch nie fertiggestellt wurde.<br />

In der Ausgrabung III - vom Burghof über das Einfahrtstor, den Hügelhang und über den nördlichen<br />

Wassergraben hin - wurden ein Teil der Pflasterung <strong>des</strong> Hofes, Überreste vom Pfahlwerk einer zerstörten<br />

Zugbrücke, die die Burg mit ihrer Umgebung verband, sowie das ursprüngliche Bett <strong>des</strong> Wassergrabens, <strong>des</strong>sen<br />

Ufer mit einer Holzkonstruktion und Steinen gefestigt waren - aufgedeckt.<br />

Die Ausgrabung IV umfasste den ganzen inneren, östlichen Teil <strong>des</strong> Burghofes. Im nord-östlichen Teil wurde ein<br />

tiefer Keller mit Nischen in der nördlichen Kurtine entdeckt (Abb. 60 und 62), dann die Fundamente <strong>des</strong> Hauses<br />

<strong>des</strong> Starostengehilfen aus dem XVII.Jh. (Abb. 61 und 63). Unter dem Fußboden und den Fundamenten dieses<br />

Bauwerks wurde eine rätselhafte kreisförmige Konstruktion aus Ziegelsteinen auf einem anderen gewaltigen<br />

steinernen Fundament aufgedeckt (Abb. 65 und 66). Der Durchschnitt dieser Futtermauer betrug 3,7m x 4,1 m.<br />

Ihre Form lässt die Vermutung zu, dass es entweder ein Wasserbehälter war oder zu anderen ähnlichen<br />

Wirtschaftszwecken diente. Das Vorhandensein dieser Konstruktion, sowie die Größe der verwendeten<br />

Ziegelsteine lassen annehmen, dass der Behälter gleichzeitig mit der mittelalterlichen Burg entstanden sein<br />

musste.<br />

Besonderer Aufmerksamkeit in dieser Ausgrabung bedarf auch die Aufdeckung <strong>des</strong> Skeletts eines Mannes unter<br />

der frühmittelalterlichen Brandschicht, der im Alter von 45-50 Jahren gestorben sein muss und in einem Holzsarg<br />

begraben wurde (Abb. 67). Dieses ziemlich rätselhafte Grab, gewiss nicht ohne Zusammenhang mit der<br />

mittelalterlichen “Stadt”, weist auf die bedeutende Stellung hin, welche der Verstorbene einmal eingenommen<br />

haben musste.<br />

Die in allen Grabungen vorgefundenen Brandschichten zeugen von einigen “Stadt”- sowie Burgbränden. Die<br />

Mächtigkeit der aufgedeckten Funde reichte hinab bis zu 6 m unter die heutige Höhenlage <strong>des</strong> Hofes. Insgesamt<br />

wurden 7 wesentliche, sich deutlich abzeichnende, chronologisch übereinandergelagerte Schichten identifiziert. Die<br />

ersten fünf hingen mit dem neuzeitlichen Aufbau <strong>des</strong> Schlosses, die zwei weiteren mit der frühmittelalterlichen<br />

“Stadt” zusammen.<br />

Auf Grund der Funde wurde festgestellt, dass die “Stadt” - höchstwahrscheinlich in der Mitte <strong>des</strong> XIII.Jh. durch<br />

einen Brand zerstört wurde, und dass der nächste Ansiedlungsprozess bereits im Mittelalter und zwar im XIV.Jh.<br />

erfolgte.<br />

Das vielfältige Gut, dass im Zuge der Ausgrabungen aufgedeckt wurde, läßt den Versuch wenigstens einer<br />

Teilrekonstruktion <strong>des</strong> alltäglichen Lebens der Burgbewohner zu. Aus den überlieferten Beständen ist der<br />

militärische Charakter dieses Baues ersichtlich. Die perfekte Kunst der Veredelung <strong>des</strong> Raseneisenerzes, der aus<br />

den nahegelegenen Sümpfen leicht zu gewinnen war, sowie die weitere Schmiedeverarbeitung - ermöglichten die<br />

Herstellung von militärischem Gerät.<br />

Es wurde eine große Anzahl von verschiedenen Armbrustpfeil- und Speerspitzen, Teilen <strong>des</strong> Pferdegeschirrs,<br />

Messern, Äxten, Schwertern u.a. vorgefunden (Abb. 70). Auch Werkzeuge, die im Alltag der damaligen Menschen<br />

unabkömmlich waren, konnten so hergestellt werden, Spaten, Karste, Nägel, Bohrer, Nadeln, Ahlen und anderes<br />

(Abb. 71-72) wurden vorgefunden.<br />

Die gesellschaftlich-wirtschaftlichen Verhältnisse im Mittelalter bewirkten, dass eine Burg selbständig sein und eine<br />

eigene wirtschaftliche Basis besitzen musste. Bei der Burg von <strong>Draheim</strong> wurde ein zwischen dem Wassergraben<br />

und der Burg Drawa nördlich gelegenes Landgut (später Adlig <strong>Draheim</strong>) diesen Anforderungen gerecht. Die<br />

Hauptaufgaben dieses Landgutes war die Bereitstellung von Lebensmittelreserven für die Besatzung der Burg. Die<br />

vorgefundene Menge von Tierknochen weist auf eine hochentwickelte Tierzucht von Kühen, Schweinen, Ziegen,<br />

Schafen und Hausgeflügel hin. Es scheint, dass trotz der vielen Wälder, von denen die Burg umgeben war, das<br />

Jagdwesen recht wenig entwickelt war, große Bedeutung hingegen wurde der Fischerei beigemessen, was die<br />

große Menge von Fischüberresten sowie Fischfanggeräten - wie etwa Netzwirbel, Angelhaken, Stacheln u.a. -<br />

bestätigt. Auch die Urbarmachung vom Waldgut scheint im Lichte der überlieferten Gegenstände keine größere<br />

Rolle gespielt zu haben. Das Getreide wurde am Ort gemahlen. Ein ebenso hohes Niveau <strong>des</strong> technologischen<br />

Könnens weist auch die damalige Keramik auf. Es wurde eine ganze Reihe von keramischen Formen entwickelt,<br />

die auf das Mittel- Spätmittelalter und die Neuzeit hinwiesen (Abb. 73-74 und 78).<br />

Von anderen Beschäftigungen, die der hiesigen Bevölkerung bekannt waren, wären hier die Weberei, Schneiderei,<br />

Gerberei sowie Schuhmacherei zu nennen. Von der Existenz dieses Handwerks zeugen solche Gegenstände wie<br />

Nadeln, Ahlen, Weberschiffchen, Borsten, Lederstücke u.ä. (Abb. 72).<br />

Stand: 17.02.2003<br />

Autor: <strong>Horst</strong> <strong>Draheim</strong> • E-Mail: horst.draheim@web.de

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