RUNDBRIEF (PDF) - Goetheanum
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Freie Hochschule für Geisteswissenschaft<br />
<strong>Goetheanum</strong><br />
Sektion für Sozialwissenschaften<br />
R U N D B R I E F<br />
Die Revolution sind wir!<br />
Das Wesen der<br />
„Geistigen Stiftung“<br />
Ethik oder Gier?<br />
Finanzmarktkrise und<br />
sozialer Organismus<br />
<strong>Goetheanum</strong><br />
Veranstaltungsrückblicke<br />
Berichte aus der<br />
Sektionsarbeit<br />
Veranstaltungsvorblick<br />
1<br />
Sommer 2009
2<br />
I N H A L T<br />
Geleitwort 3<br />
Aus der Forschungsarbeit<br />
Die Revolution sind wir! 4<br />
Das Wesen der „Geistigen Stiftung“ 13<br />
Ethik oder Gier? 23<br />
Finanzmarktkrise und sozialer Organismus <strong>Goetheanum</strong> 28<br />
Veranstaltungsrückblick und Arbeitsgruppen<br />
Hochschultreffen der Familienkultur (Kolloquium) 33<br />
Menschenwürde (Kolloquium) 35<br />
Die Herausforderung der Globalisierung 39<br />
Konfliktforschung (Kolloquium) 40<br />
Initiativkreis Ernährung 2009 (Kolloquium) 42<br />
Arbeitskreis Verbraucher 46<br />
Bericht vom Verbrauchertreffen 52<br />
Berichte aus der internationalen Sektionsarbeit<br />
Indien: Stand der Demeter-Bewegung 53<br />
Indien: Gateway-Zweig in Mumbai 54<br />
Indien: Sadhana Village 56<br />
Veranstaltungsvorblick<br />
Ins Gespräch kommen – soziale Verantwortung fördern 58<br />
Veranstaltungsüberblick 59<br />
Hausmitteilungen und Impressum 60
G r u s s w o r t<br />
Liebe Freunde<br />
Es ist mir eine Freude, Ihnen<br />
diesen neuen Rundbrief<br />
vorstellen zu dürfen. Mit Hilfe<br />
von Benjamin Kohlhase-Zöllner<br />
haben wir es geschafft, einen<br />
Rundbrief zu konzipieren, der<br />
unserer Arbeit ein neues Gesicht<br />
gibt. Der Sektionsbrief soll dazu<br />
dienen, ein Gespräch „unter<br />
den Sektionsangehörigen“<br />
zu ermöglichen. Er soll ein<br />
Austauschorgan sein für alle<br />
Menschen, die weltweit mit<br />
der Sektion in Zusammenhang<br />
stehen. Projekte, Ideen und<br />
Arbeitsergebnisse sollten<br />
vorgestellt werden können.<br />
So hoffe ich, dass mit der<br />
neuen Gestalt des Rundbriefes<br />
dieses „Gespräch unter den<br />
Beteiligten an der Sektion“ eine<br />
Intensivierung erfahren darf.<br />
Gerne wünsche ich Ihnen alles<br />
Gute für Ihre Arbeit.<br />
Mit herzlichen Grüssen<br />
Paul Mackay<br />
3
4<br />
Aus der Forschungsarbeit<br />
Die Revolution sind wir! (Joseph Beuys)<br />
Individualität als der Quell für soziale<br />
Veränderung<br />
von Ulrich Rösch<br />
Viele Menschen erschrecken heutzutage,<br />
wenn sie etwas von Revolution hören.<br />
Soziale Revolutionen bringen meistens nur<br />
äußere Veränderungen mit großem Leiden<br />
für die betroffenen aber unschuldigen<br />
Menschen mit sich. Man muss sehen, dass<br />
Revolutionen meistens dadurch verursacht<br />
wurden, dass nötige Veränderungen<br />
nicht rechtzeitig auf evolutionärem Wege<br />
stattgefunden haben.<br />
Entwicklungen gehen ihren Weg! Ähnliches<br />
geht aus Ähnlichem hervor. Manchmal<br />
gibt es Stauungen oder Stockungen, dann<br />
braucht es wieder Sprünge. Konservative<br />
oder phlegmatische Menschen fürchten<br />
heftige Veränderungen. Manchmal muss<br />
sich der Organismus aber bei Stauungen<br />
wehren, damit nicht ganze Organe<br />
absterben. Und so meint Beuys, dass<br />
unser sozialer Organismus dringender<br />
Veränderungen benötigt, damit er nicht<br />
ganz in seiner Totalität zugrunde geht.<br />
Beuys weist mit seinem Multiple „La<br />
rivoluzzione siamo noi“ darauf hin, dass<br />
wirkliche Transformation nur vom Menschen<br />
ausgehen kann. Der Mensch selbst kann<br />
nur der Quell für eine menschengemäße<br />
Veränderung sein. Dazu kommen muss aber<br />
das „wir“! In der modernen Zeit kann der<br />
Einzelne nicht mehr autokratisch und solitär<br />
handeln, sondern immer nur in Abstimmung<br />
mit den anderen Menschen. Eine solche<br />
Evolution wäre die Grundlage für ein<br />
gesundes Zusammenleben.<br />
Unser soziales Leben ist in eine tiefe Krise<br />
gekommen. Die Finanzkrise ist davon nur<br />
ein äußeres verdichtetes Phänomen. Alles<br />
schreit nach Veränderung. Bestehendes ist<br />
aber träge und möchte verharren. Wo sind
die Vorbilder, das Neue zu gestalten? Damit<br />
wir das Neue finden, bedarf es zunächst<br />
einmal Zukunftsbilder, Visionen. Diese<br />
dürfen nicht willkürlich und spekulativ sein.<br />
Sie müssen einem klaren und vertieften<br />
Denken entspringen. Das aber bedarf einer<br />
willensmäßigen Anstrengung in unserem<br />
Denken. Der Begriff, die Idee, als Grundlage<br />
unserer Vision sozialer Prozesse und<br />
Gestaltungen muss von jedem einzelnen<br />
individuell auf dem Schauplatz des je<br />
konkreten Bewusstseins hervorgebracht<br />
werden. Diese unabdingbare Voraussetzung,<br />
um unsere Welt zu einer besseren zu<br />
machen, ist schon schwer genug – doch<br />
nicht ausreichend. Hinzukommen muss die<br />
Verständigung mit einer genügend großen<br />
Zahl von Menschen, damit eine neue Idee<br />
wirksam werden kann.<br />
Man könnte sagen: Zu dem<br />
erkenntnismäßigen Erfahren des gesetz-<br />
mäßig Wirkenden muss ein künstlerisch-<br />
kreativer Prozess des freien Entwerfens<br />
sozialer Möglichkeiten hinzukommen.<br />
Dieser künstlerische Prozess kann aber nicht<br />
vom Einzelnen vollzogen werden, sondern<br />
nur in der Gemeinschaft, einem Kollegium,<br />
einer Assoziation freier Individualitäten. Hier<br />
kann und muss die Soziale Plastik wachsen,<br />
ein erneuerter, erweiterter Kunstprozess.<br />
So hätten wir uns also auf den Weg zu<br />
begeben von der Sozialwissenschaft zur<br />
Sozialen Kunst, d.h. wir müssen den<br />
Wissenschaftler durch den Künstler in uns<br />
ergänzen. Darin können wir die Beuyssche<br />
Nachfolgeschaft antreten. Er kann uns da<br />
als eines der bedeutendsten Vorbilder in der<br />
neueren Zeit gelten.<br />
Damit sind wir bei der Sozialen Kunst.<br />
Die bestehenden sozialen Verhältnisse,<br />
die menschlichen Beziehungen und<br />
Organisationen sind das plastische<br />
Material, mit dem der Künstler zu arbeiten<br />
hat und deren Gesetzmäßigkeiten er<br />
selbstverständlich kennen muss. Die<br />
„schöne“, künstlerische, soziale Form ist<br />
es, die es zu schaffen gilt. Die sozialen<br />
Fähigkeiten, die wir uns erworben<br />
haben, entsprechen dem handwerklichen<br />
Können des Künstlers. Die Idee, nach<br />
der wir hinarbeiten, entspringt den<br />
Gesetzmäßigkeiten des Sozialen. Es bedarf<br />
jedoch der künstlerischen Intuition, mit<br />
den anderen Menschen gemeinschaftlich,<br />
zum rechten Zeitpunkt, das Richtige zu<br />
tun. So können im Zusammenwirken freier<br />
Individuen der soziale Organismus oder<br />
Teile davon als Kunstwerk erscheinen.<br />
Nicht darum geht es, ein „Utopia“ zu<br />
schaffen, sondern die Welt nach ihren<br />
Gesetzmäßigkeiten so umzugestalten, dass<br />
sie den „schönen Schein“ (Schiller) einer<br />
5
6<br />
dem Menschen würdigen Gesellschaft<br />
erhält.<br />
So findet man Beuys‘ politische Aktionen in<br />
vollständiger Übereinstimmung mit diesem<br />
Freiheits- und Sozialimpuls. Besonders<br />
durch sein Wirken auf der Dokumenta<br />
1972 in Kassel wurde der Zusammenhang<br />
mit der damals beginnenden neuen Drei-<br />
gliederungsbewegung, den „Demokratie-<br />
und Dreigliederungsimpulsen“ deutlich.<br />
Angeregt durch diese Begegnungen<br />
mit den Vertretern des Achberger<br />
Dreigliederungszentrums beschäftigte<br />
sich Joseph Beuys nun auch mit dem<br />
bedeutenden Goetheanisten und Mitglied<br />
der Dornacher Freien Hochschule,<br />
Wilhelm Schmundt, dem er anlässlich<br />
des Jahreskongresses 1973 in Achberg<br />
begegnete. Eigenständig erforschte<br />
dieser die Wirklichkeit des sozialen<br />
Organismus. Klar und eindeutig zeigte<br />
er sich als Platoniker, der ganz in seinen<br />
erlebten Ideengefügen beheimatet war.<br />
Phänomenologie statt Ideologie war sein<br />
Grundsatz. Sein Grundwerk „Der soziale<br />
Organismus in seiner Freiheitsgestalt“<br />
wurde durch Herbert Witzenmann,<br />
dem Leiter der Sozialwissenschaftlichen<br />
Sektion und Vorstand am <strong>Goetheanum</strong>,<br />
als Studienmaterial der Freien Hochschule<br />
herausgegeben.<br />
Viele der treuen anthroposophischen<br />
Sozialkundler fanden Schmundts Arbeiten<br />
viel zu eigenständig und nicht mit ihrem<br />
eigenen Ansatz und ihren Vorstellungen<br />
übereinstimmend. Ganz anders Beuys,<br />
der von Anfang an die Bedeutung dieser<br />
goetheanistisch-sozialwissenschaftlichen<br />
Arbeiten Wilhelm Schmundts verstand.<br />
Er verehrte ihn als „unseren großen<br />
Lehrer“. Seinen Brief an den „lieben, sehr<br />
verehrten Wilhelm Schmundt“ endet er<br />
„In nicht nachlassender Liebe zu Ihnen und<br />
Ihrem Werk, stetig Ihr Joseph Beuys“. Das<br />
Beuyssche Werk lässt sich nach 1973 ohne<br />
Berücksichtigung dieser entscheidenden<br />
Begegnung mit Schmundt nicht richtig<br />
verstehen.<br />
Die Tafel zeigt die Verbindung Beuys‘ zu den<br />
Ideen der Dreigliederung und wie er gerade<br />
in der Kunst, dem künstlerischen Gestalten<br />
die Grundlage für die Kapitalbildung sah.<br />
Aber auch die – heute wieder ganz aktuelle,<br />
in die öffentliche Diskussion getretene<br />
– Trennung von Arbeit und Einkommen<br />
findet ihren Niederschlag in der Tafel: Arbeit<br />
kann und darf nicht bezahlt werden. „Wenn<br />
also bezahlt werden muss, dann muss mit<br />
Kunst bezahlt werden; es muss mit dem<br />
erweiterten Kunstbegriff, der identisch<br />
mit dem erweiterten Ökonomiebegriff<br />
ist, bezahlt werden. Und wenn nur mit<br />
diesem Kapital (siehe Tafel) bezahlt werden<br />
kann, muss es mit Menschenwürde und<br />
Menschenrecht bezahlt werden.“<br />
Der soziale Organismus entwickelt sich. Er<br />
macht Verwandlungen, Metamorphosen<br />
durch. So hat er sich von der Tauschwirtschaft<br />
zur Geldwirtschaft und schließlich zur<br />
Fähigkeitenwirtschaft gewandelt. Die<br />
Produktion findet ausgehend von den<br />
individuellen Fähigkeiten in umfassender<br />
Zusammenarbeit statt. Das Wirtschaftsleben<br />
hat sich zu einem „integralen System“<br />
(Eugen Löbl) entwickelt.<br />
Innerhalb des Wirtschaftslebens haben<br />
wir es ausschließlich mit Waren- und<br />
Werteströmen zu tun. Dem sozialen Glied<br />
des Wirtschaftslebens steht gegenüber das<br />
Geistesleben, welches im Wesentlichen
Ausschnitt aus einer Tafel von Joseph Beuys „Jeder Mensch ist ein Künstler – Auf dem Weg zur<br />
Freiheitsgestalt des sozialen Organismus“, die am 23. März 1978 in Achberg entstanden ist.<br />
auf den menschlichen Fähigkeiten beruht.<br />
Dazwischen liegt das dritte Gebiet, das<br />
Rechtsleben. Dort soll nur das allgemein<br />
Menschliche, nicht das Individuelle,<br />
nicht das Kollektive wirken. In diesem<br />
und durch dieses Rechtsgebiet muss die<br />
Menschenwürde geschützt werden.<br />
Das Geld vermittelt die Rechtsprozesse in den<br />
wirtschaftlichen Vorgängen. Es hat in der<br />
heutigen Zeit keinen Warencharakter mehr,<br />
es wird von den Zentralbanken in einem<br />
freien Vorgang geschöpft. Der geschöpfte<br />
Kredit wird über die Kreditbanken als<br />
kurzfristiger Kredit an die Unternehmen zur<br />
Finanzierung der Produktion weitergegeben<br />
und somit zum Unternehmerkapital. Es<br />
fließt durch die Einkommen aller Mitarbeiter<br />
in den Konsumbereich und wird dort<br />
zur Berechtigung, alle produzierten<br />
Waren und Dienstleistungen am Markt<br />
zu kaufen. Da sich der Geldkreislauf im<br />
modernen Wirtschaftsleben zu einem<br />
7
8<br />
geschlossenen System entwickelt hat,<br />
muss das Bankensystem dafür sorgen,<br />
dass alles herausgegebene Geld innerhalb<br />
eines bestimmten Zeitrahmens wieder<br />
zurückfließt, so dass der Kreislauf wieder<br />
geschlossen wird.<br />
Schon aus diesen wenigen Andeutungen<br />
kann deutlich werden, dass das Geld ein<br />
reines Rechtsdokument geworden ist.<br />
Überall dort, wo das Geld Warencharakter<br />
annimmt, muss es die sozialen Zusammen-<br />
hänge behindern. „Dadurch aber, dass<br />
das Geld ein wirkliches Wirtschaftsobjekt<br />
geworden ist, spiegelt es wirklich etwas<br />
Imaginäres den Menschen vor, und indem<br />
es so wirkt, tyrannisiert es zu gleicher Zeit<br />
die Menschen.“ (Rudolf Steiner: Soziale<br />
Zukunft, Dornach 1977, S. 50).<br />
Das dritte soziale Gebiet, das Rechtsleben,<br />
beinhaltet also alles das, was nicht<br />
unmittelbar mit der kreativen menschlichen<br />
Individualität zu tun hat und nicht mit der<br />
Zirkulation der wirtschaftlichen Werte. Es ist<br />
der Bereich, der jeden Menschen in gleicher<br />
Weise betrifft, darum nur das allgemein<br />
Menschliche zur Wirksamkeit kommen<br />
soll. So sieht man durch das unbefangene<br />
Studium der Phänomene, dass sich der<br />
soziale Organismus in der neueren Zeit zur<br />
Dreigliederung entwickelt hat: Erstens<br />
haben wir den Bereich, der es mit den<br />
Fähigkeiten des Menschen zu tun hat, die<br />
ganz an seine Individualität gebunden sind,<br />
das Geistesleben. Das, was der einzelne<br />
aus seinem persönlichen Schicksal mit auf<br />
die Erde bringt, kann auch nur aus dem<br />
einzelnen Bewusstsein beurteilt werden.<br />
Hier darf nur eines zum sozialen Prinzip<br />
werden: die Freiheit, „die Selbstbestimmung<br />
eines jeden Tätigen aus der Erkenntnis des<br />
Notwendigen heraus“ (Wilhelm Schmundt:<br />
Erkenntnisübungen zur Dreigliederung des<br />
sozialen Organismus, Achberg 1982, S. 44).<br />
Dem gegenüber steht das Gebiet, in dem<br />
es um die Verwirklichung sozialer Initiativen<br />
geht, das Wirtschaftsleben. Freie<br />
Angebote der Produzenten werden hier<br />
beurteilt durch gemeinschaftlich handelnde<br />
Konsumenten. Rudolf Steiner spricht hier<br />
von Assoziationen. Die Zusammenarbeit<br />
bringt die Warenwerte hervor, die immer<br />
auf andere Menschen gerichtet sind.<br />
Hierin verwirklicht sich in objektiver<br />
Weise das Prinzip der Brüderlichkeit.<br />
Dazwischen steht der ganze Bereich des<br />
Vereinbarens, Verpflichtens, Berechtigens,<br />
das Rechtsleben. Aus dem Prinzip der<br />
Freiheit, die wir aus dem Wesen der<br />
Individualität jedem Menschen zugestehen<br />
müssen, erfolgt konsequent, dass für die<br />
Rechtssphäre das soziale Prinzip für jeden in<br />
gleicher Weise Gültigkeit haben muss und<br />
somit die Gleichheit hier Grundbedingung<br />
sein muss.<br />
Hier müsste ein neuer Begriff von „Unter-<br />
nehmereigentum“ gebildet werden,<br />
der es dem Unternehmer ermöglicht,<br />
seine freie Initiative, seine Kreativität mit<br />
den entsprechenden Produktionsmitteln<br />
auszustatten. Er kann im Rahmen seiner<br />
Beauftragung durch die Assoziation<br />
selbstverantwortlich darüber verfügen. Die<br />
Produktionsmittel dürfen nicht willkürlich<br />
verkauft oder vererbt werden, der Begriff<br />
des privaten Eigentums entfällt – dieser<br />
macht im modernen Wirtschaftsleben<br />
keinen Sinn.<br />
Der zweite sinnwidrige Begriff ist Profit<br />
als Wirtschaftsantrieb. Der Überschuss
der Einnahmen über die Ausgaben kann<br />
kein Verfügungsrecht über irgendeinen<br />
Wirtschaftswert begründen. Es kann also<br />
das Erzielen eines solchen Gewinns nicht<br />
die Absicht sein, so wie dies die heutige<br />
Wirtschaft aus ihren tauschwirtschaftlichen<br />
Begriffsbildungen heraus praktiziert. Diese<br />
kann nur sein, qualitativ hochwertige<br />
Waren mit möglichst wenig Aufwand an<br />
Arbeit und Ressourcen für den Bedarf der<br />
Konsumenten unter menschenwürdigen<br />
Arbeitsbedingungen zu erzeugen. An<br />
die Stelle des materiellen Anreizes wird<br />
das Interesse am anderen, bedürftigen<br />
Menschen treten können. Dazu bedarf<br />
es aber der Vermittlung von Einsichten in<br />
den Gesamtzusammenhang der sozialen<br />
Verhältnisse, welche selbstverständlich alle<br />
Menschen auf der Erde einschliessen.<br />
Lohnarbeit ist der dritte Begriff, der noch aus<br />
der mittelalterlichen, tauschwirtschaftlichen<br />
Begriffswelt herrührt. Damit stehen die<br />
wichtigsten sozialen Konflikte und Probleme<br />
der Industriegesellschaft in Verbindung.<br />
Die Forderung von Karl Marx: Arbeitskraft<br />
darf nicht zur Ware werden, resultiert aus<br />
diesen überkommenen Lohnarbeitsver-<br />
hältnissen. Der moderne Mensch fühlt sich<br />
dadurch, dass seine Arbeitskraft zur Ware<br />
wird, in seiner Menschenwürde verletzt. In<br />
Wirklichkeit ist das Einkommen-Geben an<br />
die Mitarbeiter und an den Unternehmer<br />
selbst, überhaupt kein Wirtschafts-, sondern<br />
ein reiner Rechtsvorgang. Eine Bezahlung<br />
der Arbeit widerspricht der modernen<br />
Unternehmenswirtschaft. Also kann es sich<br />
nur darum handeln, allen Mitarbeitern im<br />
Rahmen des sozialen Ganzen ein gerechtes<br />
Einkommen zu gewährleisten. Der Vorgang<br />
des Einkommen-Gebens muss aus dem<br />
Wirtschaftsleben herausgehoben werden<br />
in die Sphäre des Rechtslebens. Jeder<br />
Mensch hat Recht auf ein Einkommen,<br />
damit er ein menschenwürdiges Auskom-<br />
men hat. Nur dann kann er seine Fähigkeiten<br />
den Mitmenschen in Freiheit zur Verfügung<br />
stellen.<br />
Man sieht, wie sich aus dem gewandelten<br />
Kapitalbegriff weite Konsequenzen<br />
ergeben. Es handelt sich nicht darum,<br />
Verbesserungsvorschläge zu machen, wie<br />
man das heutige Leben etwas humaner<br />
gestalten könnte. Es geht darum,<br />
Prozesse, die überall schon geschehen,<br />
mit den wesensgemäßen Begriffen zu<br />
schildern. Hat man jedoch einen solchen<br />
gewandelten Kapitalbegriff zur inneren<br />
Erfahrung gebracht, so kann sich daraus<br />
eine umfassende volkspädagogische<br />
Bewegung ergeben, die bei einer breiten<br />
Öffentlichkeit Verständnis findet. Joseph<br />
Beuys ging mit großem Beispiel voran!<br />
Erst wenn eine genügend große Zahl von<br />
Menschen aus solchen neuen Einsichten<br />
und Begriffen heraus die Gestaltung der<br />
Welt in die Hand nehmen wird, werden wir<br />
eine Gesundung der sozialen Verhältnisse<br />
erfahren können. Es kann sich nicht darum<br />
handeln, einen paradiesischen Zustand<br />
anzustreben, sondern die Krankheitsherde<br />
unserer Gesellschaft zu heilen, damit sich<br />
der soziale Organismus seinem Wesen<br />
entsprechend in einer gesunden Weise<br />
entwickeln kann.<br />
Alle Menschen, die daran aktiv<br />
mitwirken, sind Mit-Gestalter, Mit-<br />
Künstler an der Sozialen Skulptur.<br />
9
10<br />
Auf der Tafel „Kunst = Kapital“ findet man den Geldkreislauf in erweiterten<br />
Zusammenhängen.
Anhang von Ulrich Rösch in „Was ist<br />
Geld?“, FIU-Verlag Wangen<br />
Unter diesem Titel zeichnet Beuys einen Pfeil<br />
von der Kunst zur Ökonomie und darunter<br />
den gegenläufigen Pfeil, wobei er die<br />
wechselseitige Abhängigkeit kennzeichnet.<br />
Darüber erläutert er, indem er schreibt:<br />
„Kunst – Gestaltung – Kreativität = Arbeit“.<br />
Damit zeigt Beuys seinen Arbeitsbegriff auf.<br />
Die Arbeit urständet im Kreativitätspotential<br />
des Menschen. Sie wird tätig in den<br />
Unternehmen, um die Natur zu verwandeln,<br />
sodass sie ein konsumierbares Gut wird.<br />
Einen ganz wesentlichen Gesichtspunkt<br />
erhält diese Tafel dadurch, dass die<br />
demokratische Zentralbank hier als<br />
Herzorgan gezeichnet wird (mitte/links).<br />
Beuys verbindet damit auch eine neue<br />
physiologische Anschauung, die im<br />
Goetheanismus begründet ist, welcher das<br />
Herz als ein Harmonisierungsorgan und<br />
keinesfalls als Pumpe ansieht. So ist die<br />
Zentralbank nie als hierarchisches Organ<br />
zu verstehen, das Geld nach eigenem<br />
Gutdünken in die Wirtschaft hineinpumpt,<br />
sondern sie stellt sich als ein reines<br />
Regulierungsorgan dar.<br />
Die Bewegung des Geldes wird durch die<br />
Initiative der Menschen hervorgerufen. So<br />
schreibt Beuys bei den Unternehmungen<br />
(rechts daneben) dass es die „Fähigkeiten“<br />
der Menschen sind, die kreditiert werden. Sie<br />
werden auch als das „Produktionskapital“<br />
bezeichnet.<br />
In diesem Bild finden wir ebenfalls die<br />
Produktions- und Konsumtionsseite, die<br />
durch eine horizontale Linie angedeutet<br />
ist. Links unterhalb der Zentralbank<br />
steht der Begriff „Rechtsdokumente“.<br />
Das Geld ist kein Wirtschaftswert mehr,<br />
sondern ein Element des Rechtslebens<br />
geworden. Beuys zeichnet auf der<br />
Produktionsseite die verschiedensten Arten<br />
von Unternehmungen, charakterisiert durch<br />
geometrische Figuren, darunter die „Natur“<br />
in ihren vielfältigen Formen. Die Menschen<br />
ergreifen in gemeinschaftlicher Produktion<br />
mit ihren Fähigkeiten die Naturgrundlage<br />
und verwandeln sie zu Konsumgütern.<br />
Der Begriff „Lohn-Arbeit“ wird von Beuys<br />
mit einem dicken „X“ durchgestrichen;<br />
er ist Vergangenheit. Heute geht es um<br />
„Trennung von Arbeit und Einkommen“.<br />
Das eine ist die Tätigkeit im wirtschaftlichen<br />
Bereich, das andere ein Rechtsanspruch.<br />
Ganz unten auf der Tafel erwähnt Beuys<br />
den tschechoslowakischen Wirtschaftswis-<br />
senschaftler Eugen „Loebl“, der eine Zeitlang<br />
Präsident der Staatsbank in Bratislava<br />
war und der in seinen Untersuchungen<br />
dargestellt hat, dass sich die gesamte<br />
Produktionsseite heute zu einem integralen<br />
System entwickelt hat.<br />
Die in den Unternehmungen hergestellten<br />
Konsumgüter fließen auf den Markt<br />
(rechts/oben: „Schwelle“ u. großes<br />
„M“). In die „Preise“ der Waren muss<br />
all das Geld einkalkuliert werden, das<br />
an die Unternehmungen innerhalb eines<br />
Währungsgebietes herausgegeben wurde.<br />
An der Schwelle des Marktes werden die<br />
produzierten Güter dem Wirtschaftskreislauf<br />
entnommen, das Geld fließt zu den<br />
Unternehmen zurück. Es muss jetzt aber<br />
dafür gesorgt werden, dass das Geld – so<br />
Beuys – „ohne Beziehung zu irgendeinem<br />
Wirtschaftswert“ (mitte/oben) zur<br />
demokratischen Zentralbank zurückkommt.<br />
11
12<br />
Über dem Herzorgan des modernen Geldkreislaufes schreibt Beuys den Namen des Goetheanisten<br />
Wilhelm „Schmundt“, den er als „unseren großen Lehrer“ verehrt hat.<br />
Gerade neu erschienen: Die zweite Auflage<br />
der Podiumsdiskussion<br />
WAS IST GELD?<br />
Joseph Beuys diskutiert mit einem<br />
Finanzwissenschaftler (Prof. Werner<br />
Ehrlicher), einem Alternativ-Wirtschaftler<br />
(Prof. Hans Binswanger) und einem<br />
Alternativ-Banker (Freiherr von<br />
Bethmann). Der Band enthält einen<br />
erläuternden Text von Ulrich Rösch:<br />
Zum Geld- und Kapitalbegriff von<br />
Beuys – Man kann Joseph Beuys<br />
erst verstehen, wenn man ihn schon<br />
verstanden hat.<br />
104 S., Taf.-Zeichn. - 24 x 20 cm<br />
ISBN: 978-3-928780-00-1<br />
Im FIU-Verlag Wangen, €uro 19<br />
Dieser Artikel ist ein Beitrag für die Tagung im Threefold Educational Center<br />
in Chestnut Ridge (NY) USA „Inner Transformation and Social Renewal“<br />
vom 8. - 11. August 2009.
Aus der Forschungsarbeit<br />
Vom Wesen einer „Geistigen Stiftung“<br />
von Peter Gutland<br />
I. Vorwort<br />
Im November 2006 wurde im Troxler-Haus<br />
Wuppertal nach mehrjähriger Vorbereitung<br />
die Troxler-Haus-Stiftung gegründet als<br />
ein Instrument zur Zukunfts-Sicherung der<br />
Arbeit mit und für Seelenpflege-bedürftige<br />
Menschen.<br />
Das ist angesichts der erkennbaren<br />
Absichten des Staates, sich, zumindest<br />
teilweise, aus der Finanzierung der sozialen<br />
Arbeit in Deutschland zurück zu ziehen, ein<br />
Akt der Überlebenssicherung.<br />
Sollte diese ungünstige Prognose nicht<br />
eintreffen, stellt die Stiftung ein Instrument<br />
dar, das die bestehende staatliche<br />
Finanzierung erweitern könnte für die<br />
Bedürfnisse, die aktuell nicht oder nur<br />
unvollständig genehmigt werden, und<br />
deren Finanzierung durch ein ebenfalls<br />
zurückgehendes und schwankendes<br />
Spendenaufkommen nur partiell realisiert<br />
werden kann.<br />
Durch breite Unterstützung und eine<br />
Erbschaft, ist das Stiftungsvermögen in<br />
zwei Jahren zu einem beachtlichen Umfang<br />
angewachsen. Dies dürfen wir aber nicht als<br />
selbstverständlich hinnehmen, sondern als<br />
Ansporn betrachten, das Interesse möglichst<br />
vieler Menschen anzuregen, an dem<br />
weiteren Wachstum mitzuarbeiten.<br />
Matthias Reichert, ein langjähriger Freund<br />
des Troxler-Hauses und Mitglied von<br />
Trägerrat und Stiftungskuratorium, gab<br />
uns die Anregung, neben der „äußerlich“<br />
errichteten und wirksam werdenden Troxler-<br />
Haus-Stiftung – eine „Geistige Stiftung“<br />
zu gründen. Alles physische Geschehen<br />
hat seinen Ursprung im Geistigen. Aus<br />
dieser Erkenntnis sollte versucht werden,<br />
der Stiftungsgründung eine geistige<br />
Grundlage zu schaffen, die geistige Realität<br />
anzuerkennen und zu würdigen. Doch:<br />
Was ist eine „Geistige Stiftung“?<br />
Die folgenden Überlegungen sind erste<br />
Versuche, dies zu verstehen. Sie müssen<br />
ergänzt und weiterentwickelt werden.<br />
Zuvor werden die Begriffe „Stiftung“<br />
sowie „Geld“ kurz dargestellt, um dann zu<br />
versuchen, daraus Antworten zum Thema<br />
abzuleiten.<br />
II. Was ist eine Stiftung<br />
Fragt man: „Was ist eine Stiftung?“<br />
so findet man im Lexikon die Antwort:<br />
„Zuwendung von Vermögenswerten zu<br />
einem vom Stifter bestimmten Zweck.“<br />
Das Grundprinzip der meisten Stiftungen ist<br />
13
14<br />
deutlicher beschrieben:<br />
„dass Vermögen bzw. Vermögenswerte<br />
von einer oder mehreren Personen (auch<br />
juristischen Personen wie Unternehmen oder<br />
Einrichtungen) hingegeben, d.h., „gestiftet“<br />
werden. Dieses Stiftungsvermögen soll<br />
dann gewinn-bringend eingesetzt/angelegt<br />
werden, um Erträge zu erzielen. Der<br />
oder die Stiftungsgründer legen in der<br />
Stiftungssatzung fest, wie und wofür die<br />
Erträge zu verwenden sind. Zusätzlich ist<br />
dort bestimmt, welche Personen hierüber die<br />
Entscheidungsbefugnis erhalten bzw. wie<br />
und durch wen diese Entscheidungsträger<br />
(Stiftungsorgane) zu bestimmen sind.“<br />
Wenn über Verwendung der Erträge<br />
gesprochen wird, impliziert dies, dass mit<br />
dem gestifteten Vermögen Gewinne erzielt<br />
werden sollen. Der Begriff „Vermögen“<br />
umfasst unterschiedliche Arten von<br />
Eigentum (neben Geld, also Liquidität<br />
z.B. Immobilien, Grundstücke, Aktien,<br />
Anlagen etc.), die auch alle in eine Stiftung<br />
eingebracht werden können.<br />
Hier wird ausschließlich auf die<br />
Vermögensart „Geld“ geschaut, da dies<br />
eine häufige Art der Stiftungskapitalbildung<br />
darstellt und die Betrachtungen auch auf<br />
die anderen Vermögensarten übertragen<br />
werden können.<br />
Bevor auf den Begriff „Geld“ eingegangen<br />
wird, soll die Entwicklung von Stiftungen<br />
dargestellt werden, um einen umfänglichen<br />
Eindruck vom Thema zu erhalten.<br />
III. Die Stiftung in ihrer Entwicklung<br />
„Stiftungen hat es immer gegeben. Die<br />
Stiftungsgeschichte beginnt mit den<br />
Kultstiftungen der Antike. Träger der antiken<br />
Stiftungen waren gleichsam die Götter<br />
selbst. Ihnen wurden die Tempelschätze<br />
geweiht. Mit ihnen wollte man sich durch<br />
Schenkungen vereinigen.<br />
Eine „Verweltlichung“ des Stiftungs-<br />
gedankens erfolgte durch die römische<br />
Denkungsart. Diese verband mit Stiftungen<br />
bereits den Wohlfahrtsgedanken und den<br />
Gedanken der Mildtätigkeit.“ (1)<br />
Stiftungen entwickelten sich dann weiter<br />
(besonders im kirchlichen Zusammenhang<br />
gewannen sie große Bedeutung) durchs<br />
Mittelalter bis in die neuere Zeit und fanden<br />
auch notwendigerweise ihren Raum in der<br />
Rechtssprechung. Sie hatten aber hier wie<br />
da lange Zeit keine wirkliche gesellschaft-<br />
liche Bedeutung. Das änderte sich gegen<br />
Ende des auslaufenden 20. Jahrhunderts.<br />
„Nachdem das Stiftungsrecht über viele<br />
Jahre ein Schattendasein geführt hatte,<br />
kam in der zweiten Hälfte der neunziger<br />
Jahre der Stein zur Modernisierung des<br />
Stiftungsrechts ins Rollen“ (2)<br />
Das „Gesetz zur weiteren steuerlichen<br />
Förderung von Stiftungen“ im Jahre 2000,<br />
das „Gesetz zur Modernisierung des<br />
Stiftungsrechtes“ 2002, und dann ganz<br />
besonders im Herbst 2007 das „Gesetz<br />
zur Stärkung des bürgerschaftlichen<br />
Engagements“ (2) haben den Rahmen und<br />
die Anreize für eine deutliche Zunahme von<br />
Stiftungsgründungen geliefert.<br />
„Die Zahl der jährlichen Neugründungen ist<br />
von 200 Stiftungen im Jahr 1990 auf rund<br />
800 jährlich angestiegen.“ (3)<br />
Immer wieder werden Neugründungen<br />
einer Stiftung bekannt, die sich mit dem<br />
Namen einer als sehr reich geltenden<br />
Persönlichkeit verbinden wie z.B.: Bill<br />
Gates, Warren Buffet oder in Deutschland
Peter Schnell. Interessant ist hierbei die<br />
Ähnlichkeit der Beweggründe: „82 %<br />
der Stifter geben an, dass die Gründung<br />
einer Stiftung einen konkreten äußeren<br />
bzw. situativen Anlass hatte, zum Beispiel<br />
das Erleben von Notsituationen, den Zufall<br />
eines Vermögens, das Vorbild anderer, das<br />
Erkennen sozialer Ungleichheit oder das<br />
Erreichen fortgeschrittenen Alters.“ (4)<br />
Betrachtet man aber die Zahl der<br />
Personenstifter, also Menschen, die mit<br />
ihrem Vermögen, oder einem Teil davon,<br />
eine Stiftung gründen, so muß man diese<br />
Zahl als relativ gering bezeichnen, wenn<br />
man berücksichtigt, dass beispielsweise<br />
2004 in Deutschland 800.000 Millionäre<br />
lebten. Eine mögliche Erklärung wäre, dass<br />
es an Wissen über Möglichkeiten und Wege<br />
mangelt. (s. Krelhaus)<br />
„Die Zahl der Stiftungsneugründungen<br />
durch einzelne Personen nimmt nach<br />
Aussage der Bertelsmann-Stifterstudie<br />
dagegen deutlich ab. Der Stiftungsboom ist<br />
demnach kein Stifterboom.“ (2)<br />
Dagegen ist ein zahlenmäßiger Anstieg von<br />
Stiftungsgründungen durch Unternehmen,<br />
Körperschaften und öffentlichen<br />
Einrichtungen zu verzeichnen.<br />
Bei allen unbestreitbaren Erfolgen und<br />
positiven Auswirkungen der Stiftungen<br />
gibt es auch Kritikpunkte. Eine solche Kritik<br />
richtet sich gegen die Dauer von Stiftungen.<br />
„Dass Stiftungen „für die Ewigkeit“<br />
gemacht wurden und werden sollten, das<br />
galt und gilt im deutschen Stiftungswesen<br />
und Stiftungsrecht, basierend auf<br />
kirchenrechtlichen Vorgaben, als<br />
ausgemacht, wenngleich diesbezüglich<br />
Aufweichungstendenzen unübersehbar<br />
sind. ...Der Rechtsgedanke dahinter<br />
ist einleuchtend: Stiftungen wurden<br />
ursprünglich von Todes wegen errichtet,<br />
häufig zugunsten oder verwaltet von einer<br />
schon bestehenden „moralischen Person“<br />
(Kirche, Gemeinde, Kloster o.ä.)“ (5)<br />
Die „ewige“ Dauer von Stiftungen<br />
begründet sich in Deutschland aus dem<br />
BGB, ist aber unter Rechtsgelehrten nicht<br />
mehr unangefochten, d.h., die Diskussion<br />
hierüber hat begonnen.<br />
Festzuhalten ist, dass besonders in den<br />
letzten Jahren die Zahl von Stiftungs-<br />
Gründungen stark zunimmt und der<br />
Gesetzgeber, besonders in den letzten<br />
zwei Jahren, dies insbesondere durch die<br />
deutliche Erhöhung der Steuervorteile<br />
unterstützt.<br />
Ist seit dem Römischen Reich der<br />
Stiftungsgedanke mit Wohlfahrt und<br />
Mildtätigkeit verbunden, so erweitert<br />
sich langsam (notwendigerweise?) die<br />
Zielrichtung von Stiftungszwecken.<br />
Thomas Jorberg stellt fest:<br />
„Dabei ist es längst keine neue Erkenntnis<br />
mehr, dass sowohl die staatlichen Systeme<br />
als auch das System der kapitalorientierten<br />
Marktwirtschaft zunehmend außerstande<br />
sind, die nichtmateriellen Bedürfnisse der<br />
Menschen zu befriedigen. In den folgenden<br />
drei Lebensbereichen ist weder der Markt<br />
noch zunehmend auch der Staat wirklich<br />
leistungsfähig:<br />
1. Kunst, Kultur, philosophisch-religiöse<br />
Entwicklung und Bildung<br />
2. Solidarität, soziales Miteinander sowie<br />
Gesundheit und Pflege<br />
3. Pflege und Schutz der Natur.<br />
15
16<br />
Auch die Kirchen sind nicht mehr in<br />
der Lage, dieses zunehmende Defizit<br />
auszugleichen. Und genau hier setzt die<br />
Eigenverantwortung der Menschen, das<br />
bürgerschaftliche Engagement ein, bei dem<br />
das Stiftungswesen eine entscheidende<br />
Rolle spielt. …..Es findet „Investition“ in<br />
Kultur, Soziales und Umwelt noch in viel zu<br />
geringem Maße statt.“ (6)<br />
Wenn man die sozialpolitischen Signale<br />
und die damit einhergehende Erhöhung<br />
der steuerlichen Anreize durch den Staat<br />
kritisch betrachtet, muß die Frage erlaubt<br />
sein, ob auf politischem Feld langfristig an<br />
einen Umbau des Sozialstaates gedacht<br />
wird, dass sich der Staat ganz oder teilweise<br />
aus der Finanzierung der sozialen Aufgaben<br />
zulasten der Stiftungen zurückziehen will.<br />
Das würde ein ganz anderes Licht auf<br />
die eigentlich zu begrüßende, staatliche<br />
Unterstützung der Stiftungsgründungen<br />
werfen. Das ist aber nicht unser Thema.<br />
Kommen wir nun zum Begriff des Geldes<br />
sowohl allgemein als auch aus geisteswis-<br />
senschaftlicher Perspektive.<br />
IV. Was ist Geld?<br />
Im Rückblick auf die Geschichte der<br />
Menschheit wird deutlich, dass wir sehr<br />
wenig aus der Zeit wissen, die mehr als<br />
fünftausend Jahre zurückliegt, dennoch<br />
können wir sagen, dass es damals noch kein<br />
Geld in unserem heutigen Sinne gab.<br />
Erste historische Hinweise auf „Vorläufer<br />
des heutigen Geldes“ stellen Funde im<br />
alten Sumer, Babylon, Ägypten und die<br />
Keilschrifttafeln des Hammurabi dar.<br />
Die ersten Münzen oder Metallstücke<br />
dienten hauptsächlich dem Handel, der<br />
Erleichterung des Tauschhandels und den<br />
Abgaben an die Tempel. Die Tempel waren<br />
auch der „Ort des Geldes“, Geld wurde<br />
aufbewahrt, bewertet und der Handel nicht<br />
unmaßgeblich beeinflusst. Im weiteren<br />
Verlauf der Entwicklung wurden die Tempel<br />
dann durch die Banken abgelöst.<br />
Im alten Orient durchaus verbreitet, war<br />
es im christlichen Europa verboten,<br />
Geldgeschäfte zu machen und Zinsen beim<br />
Geldverleihen zu nehmen. (kanonisches<br />
Zinsverbot) Bis ins späte Mittelalter wurde<br />
aus diesem Grunde „die Geldleihe“ fast<br />
ausschließlich von Juden betrieben.<br />
Die Handelstechnik bzw. Buchhaltung<br />
fand ihre erste, wenn man so sagen darf,<br />
wissenschaftliche Bearbeitung durch den<br />
Venezianer Mönch Luca Paccioli 1494,<br />
um sich dann immer weiter zur Volks- und<br />
Betriebswirtschaft, also einer Wissenschaft,<br />
zu entwickeln. (7) Sehr schnell wurde dabei<br />
auch der Zins als Wirtschaftsfaktor entdeckt<br />
und ist heute „frei von aller Moral“.<br />
Von den vielen großen Denkern seien<br />
stellvertretend genannt: Adam Smith<br />
(1723 – 1790, Begründer der klassischen<br />
Nationalökonomie) und J.M. Keynes (1863-<br />
1946, Hauptwerk: „Allgemeine Theorie der<br />
Beschäftigung, des Zinses und Geld“). Sie<br />
alle machen Produktion, Geld und Handel<br />
zu einer Wissenschaft.<br />
Diese Wissenschaft schreibt dem Geld die<br />
drei Funktionen zu (s. Woll, 1969):<br />
- allgemeines Tauschmittel<br />
- Recheneinheit<br />
- Wertaufbewahrung<br />
Zum Abschluß sei noch erwähnt, dass<br />
das Geld einen großen Wandel in seiner<br />
Erscheinungsform durchmachte. Sind<br />
es in den Urzeiten der Menschheit zu-<br />
nächst Metallstücke, kommen im 6./7.<br />
vorchristlichen Jahrhundert die ersten
geprägten Münzen in Umlauf. Im späten<br />
Mittelalter, von Goethe in seinem Faust<br />
sehr prophetisch und zutreffend als<br />
gefährlich erkannt, kommt der Geldschein<br />
in die Menschheit. Mit dem Übergang ins<br />
Maschinenzeitalter tritt dann das Buchgeld<br />
auf, welches den bargeldlosen Geldverkehr<br />
eröffnet und im Computerzeitalter<br />
darin gipfelt, dass das Bargeld „seinem<br />
Ende“ oder seiner Bedeutungslosigkeit<br />
entgegenzugehen scheint.<br />
Mit dieser Entwicklung geht die Zunahme<br />
einer großen Gefahr einher, vor der nicht nur<br />
Steiner gewarnt hat, die aber überwiegend<br />
unberücksichtigt blieb. Fern der Zeit, wo<br />
die Staaten als Monopolisten der Währung<br />
diese noch durch Gold, zumindest teilweise,<br />
decken mussten, haben wir heute eine Zeit<br />
erreicht, wo ein gigantisches Finanzvolumen<br />
in den Maschinen rund um den Erdball<br />
„fliegt“, das fern jeder Deckung oder<br />
tatsächlichen Produktion steht.<br />
Den Finanzvolumina stehen heute nur noch<br />
zum Teil tatsächlich produzierte Werte<br />
gegenüber, zum immer größer werdenden<br />
Teil bestehen sie aus Illusionen, aus<br />
Hoffnungen und Erwartungen, die jederzeit<br />
platzen können, wie gerade die jüngsten<br />
Ereignisse zeigen.<br />
Es soll nun kurz die Geldtheorie als Teil der<br />
„Dreigliederung des sozialen Organismus“<br />
von Steiner angedeutet werden.<br />
V. Was ist Geld – geisteswissen-<br />
schaftlich betrachtet?<br />
Ab etwa 1917 beginnt Steiner mit der<br />
Darstellung der, wie er es nennt,<br />
„Dreigliederung des sozialen Organismus“.<br />
Darin geht er von der Gesellschaft als einer<br />
Gesamtheit, einem sozialen Organismus<br />
aus, der eine gewisse Entsprechung im<br />
menschlichen Organismus findet (siehe u.a.<br />
6. Anhang in „Von Seelenrätseln“, GA 21).<br />
In seiner Darstellung der Evolution der<br />
Menschheit und des einzelnen Menschen<br />
ist die dazu adäquate, gesellschaftliche<br />
Gliederung, die das Wesen des heutigen<br />
Menschen geradezu fordert, diese<br />
Dreigliederung des sozialen Organismus<br />
heute noch nicht erfüllt. Nur durch diese<br />
Dreigliederung sei die soziale Not, so<br />
Steiner, zu überwinden. Die drei Glieder<br />
dieses Organismus definiert er als:<br />
- Wirtschaftsleben (Warenproduktion, -<br />
zirkulation, -konsumption)<br />
- Rechtsleben (Staatsleben, Verhältnis von<br />
Mensch zu Mensch)<br />
- Geistesleben (Kunst, Wissenschaft,<br />
Religion, Pädagogik)<br />
Die damit verbundene Grundforderung<br />
lautet, daß diese drei Glieder völlig autonom<br />
und selbstverwaltet ihren Aufgaben<br />
nachgehen müssen, wobei Geistes- und<br />
Rechtsleben aus den Überschüssen des<br />
Wirtschaftslebens finanziert werden.<br />
Zu der „Dreigliederung des sozialen<br />
Organismus“ gehört auch eine neue<br />
Geldtheorie, L. Vogel nennt sie eine<br />
„organische Geldtheorie“. (9) Dieser<br />
Geldtheorie liegt die Unterscheidung in<br />
- Kaufgeld<br />
- Leihgeld<br />
- Schenkungsgeld<br />
zugrunde, verbunden mit der Forderung,<br />
dass das Geld altern und „sterben“ muß,<br />
ebenso, wie die produzierten Waren nach<br />
einer gewissen Zeit verderben. Steiner<br />
warnt eindringlich vor der „Illusion Geld“<br />
und davor, „Geld mit Geld“, also ohne<br />
17
18<br />
tatsächliche Produktion, zu verdienen.<br />
Durch die heutige Verquickung und<br />
Einflussnahme der Wirtschaft auf den Staat<br />
und das Geistesleben, sowie des Staates auf<br />
das Wirtschaft- und Geistesleben, herrscht<br />
große soziale Not, und diese wird durch das<br />
falsche Geldverständnis, der Faszination der<br />
Geldillusion, immer größer werden.<br />
Was z.B. die Bodenschätze eines Landes für<br />
seine Wirtschaft bedeuten, das bedeutet<br />
ein freies Geistesleben, die Entwicklung der<br />
Fähigkeiten der Menschen, für den sozialen<br />
Organismus, also die Gesellschaft. Wird<br />
dieses Geistesleben durch Fördergelder oder<br />
Forschungsaufträge korrumpiert oder durch<br />
staatliche Regelungen eingeengt, kann es<br />
sich nicht frei entfalten und seiner Aufgabe<br />
gerecht werden – der soziale Organismus,<br />
die Gesellschaft, erkrankt, es entsteht<br />
soziale Not.<br />
Unter Berücksichtigung derartiger<br />
Gesichtspunkte könnte die Mittelver-<br />
wendung einer Stiftung den anfänglichen<br />
Beginn zur „Befreiung des Geisteslebens“<br />
darstellen.<br />
Bevor im letzten Kapitel ansatzweise<br />
versucht werden soll, eine Antwort auf die<br />
Frage: - „Was ist eine geistige Stiftung?” -<br />
zu geben, muß ein letzter, wichtiger Aspekt<br />
dargestellt werden.<br />
VI. Warum „Wesen“ einer Stiftung?<br />
Diese Ausführungen gehen davon aus,<br />
dass, wenn Menschen zusammenkommen,<br />
um gemeinsam zu wirken, um z.B. die<br />
Stiftungsziele zu erfüllen, es nicht genügt,<br />
dass diese Menschen eine Gruppe bilden.<br />
Wenn auf anthroposophischer Grundlage<br />
gearbeitet wird, besteht die eigentliche<br />
Aufgabe darin, eine „Gemeinschaft“ zu<br />
bilden.<br />
Was ist also eine „Gemeinschaft“?<br />
Der Begriff „Gemeinschaft“ wird heute von<br />
Philosophie, Soziologie oder im kirchlichen<br />
Zusammenhang unterschiedlich definiert.<br />
Man unterscheidet z.B. Gruppen<br />
und Schichten von Menschen, je<br />
nachdem wie, wozu, für wie lange sie<br />
zusammengekommen sind (z.B. Familie,<br />
Nachbarschaft, Partei, Schule, Beruf, Verein<br />
usw.).<br />
Im Sprachgebrauch wird der Begriff<br />
vielfältig benutzt, die Unterschiede sind<br />
selten deutlich oder bewußt. Ist eine<br />
Ehe, Familie oder ein Freundeskreis eine<br />
Gemeinschaft? Kann die Belegschaft einer<br />
Firma Gemeinschaft genannt werden? Ist<br />
eine Gruppe von Menschen, die z.B. aus<br />
höchster Not gerettet wird, damit eine<br />
Gemeinschaft?<br />
Lievegoed (10) unterscheidet<br />
zusammenarbeitende Menschen, die in ihrer<br />
Arbeit von der Anthroposophie ausgehen,<br />
nach den Arbeitsfeldern<br />
- Institute (Waldorfschulen,<br />
heilpädagogische Einrichtungen,<br />
Ausbildungen, Kunstausbildungen u.ä.)<br />
- Gemeinschaften (Anthroposophische<br />
Gesellschaft, Zweige u.ä.)<br />
- Organisationen (Produktionsstätten,<br />
Verteiler, Geschäfte u.ä.)<br />
und engt dabei den Begriff Gemeinschaft<br />
zu sehr ein.<br />
Gemeinschaft wird hier so verstanden, dass<br />
es nicht darauf ankommt, aus welchem<br />
Anlaß, zu welchem Zweck oder auf was für<br />
eine Dauer Menschen zusammenkommen,<br />
dass also eine Definition über<br />
Äußerlichkeiten erfolgt. Wann immer<br />
Menschen zusammenkommen, bilden sie<br />
eine Gruppe und können eine Gemeinschaft
werden. Worauf es ankommt ist, in welcher<br />
Gesinnung, mit welchem Bewusstsein sie<br />
dies tun, ob sie eine Gemeinschaft, nach<br />
anthroposophischem Verständnis eine<br />
Geistgemeinschaft, bilden wollen.<br />
Um die Geistdimension anzudeuten, mit<br />
der hier „Gemeinschaft“ in Zusammenhang<br />
gebracht wird, und um zu zeigen, welch<br />
hohe Geistwesen daran ihren Anteil haben,<br />
muß auf den größtmöglichen Rahmen aus<br />
geisteswissenschaftlicher Sicht hingewiesen<br />
werden.<br />
Im Werk Rudolf Steiners finden wir seine<br />
Darstellung der Entstehung der Erde und<br />
des Menschen vom alten Saturn, der alten<br />
Sonne und dem alten Mond bis zu den<br />
allerersten Anfängen der Entwicklungsphase<br />
Erde, und wir erfahren, wie da in<br />
gewaltigen, kosmischen Vorgängen,<br />
geistige Wesenheiten, Wesenheiten der<br />
höchsten Hierarchien, sich hingeopfert<br />
haben, ihre eigene Substanz hingegeben<br />
haben, um den Menschenkeim entstehen<br />
zu lassen.<br />
Ob es die Throne sind, die die erste<br />
„Wärme-Feuer-Substanz“ durch ihr Opfer<br />
entstehen lassen, aus der dann die ersten<br />
Anlagen unseres heutigen physischen<br />
Leibes entstehen, die Cherubim, die die<br />
ersten Anfänge unseres heutigen Tierkreises<br />
bilden und daraus die menschliche Gestalt<br />
veranlagen, bis hin zu den Geistern der<br />
Form (Exusiai), die aus dem eigenen Leib<br />
die Substanz für unser menschliches Ich<br />
hergeben.<br />
Auch die Taten der dritten Hierarchie<br />
gehören dazu, bis hin zu den Engeln, die<br />
seit der atlantischen Zeit die Menschen<br />
unterweisen, leiten und noch heute den<br />
Menschen (d.h. sein Ich) von Inkarnation zu<br />
Inkarnation begleiten. Wenn man dies alles<br />
erfährt, kann uns nur tiefste Dankbarkeit<br />
gegenüber diesen höheren Wesenheiten<br />
erfüllen. (11)<br />
Im Vortrag vom 01. Juni 1908 (12) erfahren<br />
wir, dass der Mensch in grauer Vorzeit<br />
„noch als ein zu einer Gruppenseele<br />
gehöriges Wesen war“. Seit dem Mysterium<br />
von Golgatha, wirklich deutlich erst in der<br />
Neuzeit, ist unser Ich soweit entwickelt,<br />
dass es sich seiner selbst bewusst wird<br />
und immer mehr seine Entwicklung selbst<br />
übernimmt bzw. übernehmen soll. Vorher<br />
geschah all das durch das Wirken der<br />
höheren Hierarchien. Wir erfahren dann<br />
weiter: „Es wird für die Menschheit immer<br />
unerlässlicher werden, das Wesen der<br />
Gruppenseele zu begreifen. Denn dieses<br />
Wesen der Gruppenseele zu erkennen, wird<br />
auch in der rein äußerlichen Entwicklung der<br />
Menschheit eine große Rolle spielen.“<br />
Und weiter:<br />
Aber dadurch, dass die Menschen<br />
sich in freiwilligen Zusammenhängen<br />
zusammenfinden, gruppieren sie sich um<br />
Mittelpunkte herum. Die Gefühle, die so<br />
zu einem Mittelpunkt zusammenströmen,<br />
geben nun wiederum Wesenheiten<br />
Veranlassung, wie eine Art von Gruppenseele<br />
zu wirken, aber in einem ganz anderen<br />
Sinne als die alten Gruppenseelen. ...<br />
....… Diese neuen Wesenheiten aber sind<br />
vereinbar mit der völligen Freiheit und<br />
Aufrechterhaltung der Individualität der<br />
Menschen. ...........Je mehr Zusammenhänge<br />
gebildet werden, und je mehr da<br />
Gemeinschaftsgefühle bei völliger Freiheit<br />
ausgebildet werden, desto mehr erhabene<br />
Wesenheiten werden zu den Menschen<br />
19
20<br />
heruntersteigen und desto schneller wird<br />
der Erdenplanet vergeistigt werden.“ (12)<br />
Wir verdanken also der geistigen Welt, den<br />
Opfern höherer geistiger Wesenheiten,<br />
unsere Erden- und Menschheitsentwicklung.<br />
Die Ziele dieser Entwicklung sind „Freiheit“<br />
und „Liebe“.<br />
Freiheit beginnt mit dem Interesse an<br />
Geistigem. Wirkliche Gemeinschaftsbildung,<br />
das Ideal einer karmischen Gemeinschaft,<br />
braucht die „Liebe des Nächsten“ von<br />
jedem seiner Mitglieder – dann kann sich<br />
der soziale Organismus in der richtigen<br />
Weise entwickeln und Freiheit entstehen.<br />
Steiner definiert „sozial“, wenn wir „die<br />
Not des Mitmenschen zum Motiv des<br />
eigenen Handelns machen“.<br />
Es wird noch lange Zeit dauern, bis wir<br />
den Weg unserer Entwicklung allein gehen<br />
können. Doch schon heute, mit unserem<br />
heutigen Wissen, ist zu berücksichtigen:<br />
Die geistige Welt benötigt und wartet<br />
auf das Erreichen unserer Erden-<br />
Entwicklungsziele.<br />
Der Mensch muß geistige Erkenntnis<br />
erringen, u.a. die des Wesens der<br />
Gruppenseele, und sich wieder mit der<br />
geistigen Welt vereinigen. Wir schulden der<br />
geistigen Welt Gemeinschaftsbildung, um<br />
die Hierarchien zu unterstützen, zur Erde<br />
herunterzusteigen und sie zu vergeistigen.<br />
Noch eine weitere Aufgabe wurde uns<br />
durch die Mitteilungen unseres Lehrers für<br />
die Gemeinschaftsbildung gegeben. Mit<br />
einer Gemeinschaft von Menschen, also<br />
einem lebendigen Organismus, ist auch<br />
immer, so Rudolf Steiner, ein geistiger<br />
Organismus verbunden, und so wie ein<br />
natürlicher Organismus physische Nahrung<br />
zum Leben benötigt, so benötigt ein<br />
geistiger Organismus „geistige Nahrung“,<br />
die durch esoterisches Arbeiten entstehen<br />
kann. (13)<br />
Fazit:<br />
Gemeinschaft, also das Ideal einer<br />
Geistgemeinschaft, wird hier verstanden als<br />
ein Kreis von Menschen, der in Dankbarkeit<br />
und im Bewusstsein der Hilfe aus der<br />
geistigen Welt und in Verantwortung für die<br />
Entwicklungsziele der Menschheit intensiv<br />
und kontinuierlich zusammenarbeitet im<br />
Erkenntnisbemühen und in dem Vertrauen,<br />
dadurch auch den „geistigen Organismus“<br />
zu ernähren.<br />
Das wird angedeutet mit dem Begriff „vom<br />
WESEN einer geistigen .....“<br />
Es bleibt die Aufgabe zu erarbeiten,<br />
was unter einer „geistigen Stiftung“<br />
verstanden werden kann. Dies ist eine<br />
zukunftsorientierte Aufgabe, heute daran<br />
zu arbeiten kann nur ein Anfang sein.<br />
VII. Geistige Stiftung<br />
Zur Gründung einer geistigen Stiftung<br />
ist demzufolge eine Voraussetzung, dass<br />
die beteiligen Menschen sich bewusst<br />
entschließen, eine Gemeinschaft, also eine<br />
Geistgemeinschaft, zu bilden.<br />
Diese Gemeinschaftsbildung ist primär<br />
Aufgabe der Menschen, die in der Stiftung<br />
wirken –, ihr können sich auch andere<br />
Menschen, z.B. von der „Empfängerseite“<br />
anschließen.<br />
Der Stiftung, d.h., den Menschen darin, stellt<br />
sich dafür, neben den äußeren Aufgaben der<br />
Verwaltung, noch eine weitere Aufgabe.<br />
Axel Janitzki fragt in seinem Vortrag<br />
„Vom Geist einer Stiftung“: „Gibt es eine<br />
Möglichkeit, eine Stiftung aus der rein
seelischen Ebene heraus zu entwickeln in<br />
einer Weise, dass sie einen eigenen Geist<br />
erhält, der sich unabhängig von der Person<br />
des Stifters begründen und weiterentwickeln<br />
kann?“(14)<br />
Janitzki kommt dann in seinem Vortrag zum<br />
anthroposophischen Schulungsweg und<br />
zur Meditation um den „Durchbruch zum<br />
Geistigen“ zu schaffen.<br />
Er sieht also in der Meditation eine<br />
Möglichkeit, die Stiftung von der Person des<br />
Stifters zu befreien, damit sie einen eigenen<br />
Geist erhalten bzw. diesen finden kann.<br />
Dies ist hier nicht das Ziel, – aber der Weg,<br />
den er vorschlägt, ist notwendig, um eine<br />
geistige Stiftungsgründung zu unterstützen.<br />
Sinn einer geistigen Stiftung ist es, eine<br />
geistige Parallele zum äußeren Wirken der<br />
Stiftung zu finden.<br />
Wie dargestellt, wird in eine Stiftung Kapital<br />
gegeben, es wird „persönliches“ Eigentum<br />
freigegeben, damit Erträge bzw. Gewinne<br />
erzielt werden, die anderen Menschen und/<br />
oder Zwecken bzw. unterschiedlichen Zielen<br />
zur Verfügung gestellt werden.<br />
Nun verfügt jeder Mensch über „geistiges<br />
Kapital“, – seine Kenntnisse, Fähigkeiten,<br />
Erfahrungen usw. in allen beruflichen und<br />
privaten Bereichen.<br />
Durch fachliche Fort- und Weiterbildung<br />
erhöhen wir unsere Fähigkeiten – durch<br />
das anthroposophische Arbeiten, durch<br />
die Meditation und den Schulungsweg,<br />
erweitern wir diese Fähigkeiten zu „geistigem<br />
Kapital“, um dadurch zunehmend bewusster<br />
die geistigen Qualitäten (Imagination,<br />
Inspiration und Intuition) zu entwickeln, und<br />
– wie Lievegoed sagt, – die notwendigen<br />
Überschußkräfte – in unser Tun einfließen<br />
lassen zu können.<br />
Durch geisteswissenschaftliches Bemühen<br />
entstehen also zusätzliche Erträge,<br />
zusätzliche, höhere Fähigkeiten und<br />
Erkenntnisse, die wir anderen Menschen,<br />
vergleichbar einer Stiftung, zugänglich<br />
machen sollten.<br />
Zusammengefasst bedeutet das Ideal einer<br />
geistigen Stiftung und damit verbunden die<br />
Bildung einer Geistgemeinschaft:<br />
- durch dieses Tun den Hierarchien für ihr<br />
Geschenk an der Menschheit zu danken<br />
- Geistgemeinschaften zu bilden, damit<br />
erhabene Wesenheiten weiter Anteil<br />
nehmen können an der Erdenentwicklung<br />
- durch gemeinsames Arbeiten<br />
Erkenntnisbemühungen zu unterstützen,<br />
die Voraussetzung dafür sind, daß sich die<br />
Menschheit wieder mit der geistigen Welt<br />
verbinden kann<br />
- durch dieses Arbeiten am Schulungsweg<br />
den geistigen Organismus zu ernähren und<br />
Zukunft zu gestalten und es bedeutet: durch<br />
das gemeinsame Tun „geistiges Kapital“ zu<br />
bilden und es „frei zu geben“, es anderen<br />
Menschen zur Verfügung zu stellen.<br />
Das führt im Troxler-Haus dazu, dass<br />
bewusst an Gemeinschaftsbildung<br />
gearbeitet wird und dass Angebote an Fort-<br />
und Weiterbildung eingerichtet werden<br />
für alle interessierten Menschen, nicht zu<br />
vergessen unsere betreuten Menschen.<br />
Hier, in der Stiftung, strömen<br />
Gesinnungen und Gefühle zusammen,<br />
um eine freie Geistgemeinschaft zu<br />
bilden, die „eine regelrechte Bedingung<br />
für das Wirksamwerden der Götter<br />
in der Erdenzivilisation und damit ein<br />
Mysterienimpuls ist.“ (15)<br />
Diese Ausführungen sind erste Gedanken,<br />
die als Ansatz verstanden werden wollen,<br />
um weiterentwickelt und vertieft zu werden.<br />
21
22<br />
Dazu sind alle interessierten Menschen<br />
eingeladen.<br />
Literaturhinweise<br />
(1) Axel Janitzki: „Vom Leben<br />
einer Stiftung“, Vortrag vom 17.11.2006<br />
anlässlich der Begründung der Troxler-Haus-<br />
Stiftung in Wuppertal<br />
(2) Bernd Andrick: Editorial in „Die<br />
Stiftung, Jahresheft zum Stiftungswesen“ 2.<br />
Bochumer Stiftungsrechtstag am 18. Januar<br />
2008 an der RUB in Bochum<br />
(3) Axel Janitzki: „Aktuelle<br />
Entwicklungen im Stiftungs- und<br />
Gemeinnützigkeitsrecht“, in Tagungsband<br />
des 1. Stiftungsrechtstages an der Ruhr-<br />
Universität Bochum<br />
(4) Lisa Krelhaus: „Die Psychologie<br />
des Stiftens“ in Tagungsband des 1.<br />
Stiftungsrechtstages an der Ruhr-Universität<br />
Bochum am 19. Januar 2007<br />
(5) Klaus Neuhoff: „Zur historischen<br />
Herkunft von („ewige“) Dauer und „Nach-<br />
haltigkeit“ im Stiftungsrecht“ in „Die<br />
Stiftung“ Jahresheft, 2. Stiftungsrechtstag<br />
2008<br />
(6) Thomas Jorberg: „Bürgerschaft-<br />
liches Engagement durch Stiftungen“ in<br />
Tagungsband, 1. Stiftungsrechtstag 19.<br />
Januar 2007, Ruhr-Universität Bochum<br />
(7) Erich Gutenberg: „Einführung in<br />
die Betriebswirtschaftslehre“ 1958<br />
(8) Joachim Luttermann: “Dreig-<br />
liederung des sozialen Organismus“,<br />
Dissertation Göttingen, 1988, Peter Lang<br />
Verlag<br />
(9) Zu dem Thema Geldtheorie siehe<br />
insbesondere:<br />
Rudolf Steiner: „Nationalökonomischer<br />
Kurs“ (GA 340/341)<br />
Georg F. v. Canal: „Geisteswissenschaft und<br />
Ökonomie“<br />
Lothar Vogel: „Die Verwirklichung des<br />
Menschen im sozialen Organismus“<br />
Rudolf Mees: „Was ist Geld?“<br />
Hans G. Schweppenhäuser: „Das Mysterium<br />
des Geldes“<br />
Manfred Schmidt-Brabant: „Spirituell<br />
verstandenes Bankwesen“<br />
„Wesen und Funktion des Geldes“,<br />
Sozialwissenschaftliches Forum, Bd. 3<br />
(10) Bernard Lievegoed: „Über<br />
Institutionen des Geisteslebens“ Heft 1,<br />
Sonderheft zur Zeitschrift „Seelenpflege in<br />
Heilpädagogik und Sozialtherapie“, April<br />
1988<br />
(11) Rudolf Steiner: insbesondere:<br />
- Geheimwissenschaft (GA 13)<br />
- Welt, Erde Mensch (GA 105)<br />
- Ägyptische Mythen und Mysterien (GA<br />
106)<br />
- Geistige Hierarchien und ihre Wider-<br />
spiegelung. (GA 110)<br />
(12) Rudolf Steiner: „Das Hereinwirken<br />
geistiger Wesenheiten in den Menschen“,<br />
(GA 102), Vortrag vom 01.06.1908<br />
(13) Rudolf Steiner: Vergangenheits-<br />
und Zukunftsimpulse im soz. Geschehen,<br />
(GA 190)<br />
(14) Axel Janitzki: Vom Geist einer<br />
Stiftung, Vortrag vom 10.04.2002,<br />
Kurzfassung in „Die Drei“, Heft 11/2002<br />
(15) Ingo Hoppe: “Die neuen<br />
Mysterien“ in „Nachrichten für die<br />
Mitglieder“ Gotheanum 06/09
Aus der Forschungsarbeit<br />
Ethik oder Gier?<br />
von Pierre Fornallaz<br />
Die Wirtschaftsentwicklung im regellosen<br />
und globalen freien Markt ist zwar<br />
erfolgreich, aber zugleich zerstörerisch und<br />
zukunftslos. Was sind die Ursachen dieser<br />
Fehlentwicklung?<br />
Meine Antwort: Zwei grosse Geschenke<br />
der Schöpfung an die Menschen<br />
werden missbräuchlich benutzt und<br />
missachtet.<br />
Das erste Geschenk: Der Menschheit<br />
wurden die Ressourcen der Erde<br />
geschenkt: die beschränkten und<br />
deshalb erschöpflichen Lager an Wasser,<br />
Erzen, Kohle, Erdöl und Erdgas und die<br />
unerschöpfliche Energie der Sonne.<br />
Der neoliberale Kapitalismus ignoriert<br />
weitgehend die Sonnenenergie, beutet<br />
dafür rücksichtslos die beschränkten<br />
Ressourcen aus. Die Preise sprechen nicht<br />
die Wahrheit, weil die Erschöpflichkeit<br />
und die sozialen und ökologischen<br />
Kosten nicht berücksichtigt werden.<br />
Die Menschheit und die Natur werden<br />
dadurch auf äusserst effiziente Weise von<br />
einer kleinen Minderheit von geldgierigen<br />
Geschäftemachern geplündert.<br />
Was sind die Fakten? 1992 zeigte das<br />
UN-Entwicklungsprogramm (UNDP), dass<br />
der reichste Fünftel der Weltbevölkerung<br />
82.3 % des Welteinkommens für sich<br />
beanspruchte, während sich der ärmste<br />
Fünftel mit 1,4 % begnügen musste, also 60<br />
Mal weniger. Hat sich seither die Situation<br />
gebessert? Nein, im Gegenteil! Richard<br />
Gerster zeigt in seinem Buch „Globalisierung<br />
und Gerechtigkeit“, dass 1960 der reichste<br />
Fünftel nur 30 Mal mehr beanspruchte,<br />
1990 waren es die oben erwähnten 60 mal<br />
mehr und 2000 bereits 80 mal mehr! Die<br />
wirtschaftliche Entwicklung der letzten 50<br />
Jahre war also in höchstem Masse unsozial.<br />
Die Klimaerwärmung beweist, dass sie<br />
ebenso unökologisch war.(1)<br />
Wir müssen also feststellen, dass<br />
eine entfesselte Geldgier, welche auf<br />
falschem Rechnen basiert und unsere<br />
Lebensgrundlagen zerstört, weltweite<br />
Verarmung, Klimaerwärmung, Hungersnöte<br />
und als Letztes die Finanzkrise zur Folge hat.<br />
Was kann man dagegen tun?<br />
Das zweite Geschenk sollte diesem<br />
Zwecke dienen: Der Mensch ist zwar Teil<br />
der Natur, aber nicht vollumfänglich von<br />
der Biologie bestimmt. Er kann wählen<br />
zwischen Egoismus und Willkür oder aber<br />
Menschlichkeit. Menschlichkeit ist nicht<br />
gegeben, sondern muss kulturell erarbeitet<br />
und verankert werden. Alle Menschen haben<br />
gleiche Rechte, haben denselben Anspruch<br />
auf die Güter dieser Erde. Menschlichkeit<br />
heisst auch Schutz der Schwachen.<br />
Wir sind also aufgefordert, in Freiheit die<br />
Regeln der Ethik zu wählen, an die wir<br />
uns halten wollen. Damit schaffen wir<br />
Menschlichkeit. Es geht nicht nur darum,<br />
23
24<br />
ein „guter Mensch“ zu sein, sondern vor<br />
allem, die Zukunft unserer Nachkommen<br />
zu sichern. (2)<br />
Die zwei Realitäten<br />
Wann triumphiert die Ethik über die Gier?<br />
Um die Entwicklung der letzten Jahrzehnte<br />
zu verstehen, müssen wir uns bewusst<br />
werden, dass zwei unvereinbare Realitäten<br />
bestehen:<br />
- Einerseits die Realität der nachhaltigen<br />
Entwicklung, die ethisch und wissenschaft-<br />
lich abgesichert ist. Die Weltgemeinschaft<br />
bekennt sich zu dieser Realität, glaubt aber,<br />
in diesem Sinne nicht handeln zu können.<br />
- Anderseits die heute ökonomisch<br />
praktizierte Realität, die deshalb zukunftslos<br />
ist, weil sie auf volkswirtschaftlich<br />
falschem Rechnen basiert und langfristig<br />
unsere Lebensgrundlagen zerstört.<br />
Die Weltgemeinschaft fühlt sich aber<br />
gezwungen, entsprechend dieser Realität<br />
zu handeln.<br />
Das gemeinsame Ziel muss durch<br />
ehrliche Kooperation und Koordination<br />
der Anstrengungen der Vertreter beider<br />
Realitäten so rasch als möglich verwirklicht<br />
werden. Statt gegeneinander anzutreten<br />
und aneinander vorbei zu reden, geht es<br />
darum, miteinander die Mängel der heute<br />
praktizierten ökonomischen Realität ans<br />
Licht zu bringen und nach und nach zu<br />
beheben.<br />
Wie könnte ein Miteinandergehen der<br />
Vertreter beider Realitäten gestaltet<br />
werden?<br />
Die einen müssten bereit sein, die<br />
Sachzwänge der heutigen ökonomischen<br />
Realität anzuerkennen und auch nicht voll<br />
befriedigende Kompromisse zuzulassen,<br />
sofern sie Schritte in die richtige Richtung<br />
sind. Die andern müssten bereit sein, den<br />
ethischen Auftrag und die wissenschaftliche<br />
Korrektheit einer gelebten nachhaltigen<br />
Entwicklung anzuerkennen und deshalb<br />
aktiv an der Eliminierung der heutigen<br />
zukunftslosen Sachzwänge mitzuwirken.<br />
Der Miteinander-Weg<br />
Dieser Weg ist sehr anspruchsvoll und nicht<br />
vergleichbar mit dem, was heute unter<br />
dem Namen Nachhaltigkeit getan wird.<br />
Um ein Miteinander zu ermöglichen, muss<br />
die Bevölkerung wahrheitsgemäss über<br />
die bestehenden Tatsachen und die zu<br />
lösenden Probleme orientiert werden. Das<br />
ist heute nicht der Fall. Politik, Wirtschaft,<br />
Wissenschaft, Hochschulen, Organisationen<br />
der Zivilgesellschaft, Kirchen und Medien<br />
sind aufgefordert, im Rahmen ihrer<br />
Möglichkeiten zu handeln.<br />
Politik<br />
Realpolitiker können der heute ökonomisch<br />
praktizierten Realität in ihrer kurzfristig<br />
orientierten Tätigkeit nicht ausweichen.<br />
Umso mehr sollten sie den Gegensatz zu<br />
den langfristigen Forderungen der ethischen<br />
und wissenschaftlich abgesicherten<br />
Realität betonen und echte, praktikable<br />
Kompromisse auf dem Weg zu einer<br />
gelebten Nachhaltigkeit erarbeiten und<br />
durchsetzen.<br />
Wirtschaft<br />
Die Wirtschaft ist von der ökonomisch<br />
praktizierten Realität abhängig. Sie ist<br />
nur dann in der Lage zu handeln, wenn<br />
die Mehrkosten der ethischen und<br />
wissenschaftlich abgesicherten Realität
finanziert werden. Der Miteinander-Weg<br />
sollte diese Finanzierung nach und nach<br />
ermöglichen. Viele KMUs wünschen,<br />
Schritte zur praktizierten Nachhaltigkeit<br />
ausführen zu können. Grosskonzerne sind<br />
weitgehend nur geldgesteuert und nicht in<br />
der Lage zu handeln, solange die Aktionäre<br />
es nicht fordern.<br />
Organisationen der Zivilgesellschaft<br />
Die meisten dieser Organisationen<br />
vertreten grundsätzlich die ethische und<br />
wissenschaftlich abgesicherte Realität,<br />
aber sie bekennen sich nicht gerne<br />
öffentlich dazu, wahrscheinlich aus Angst,<br />
wohlhabende Geldgeber, die vom heutigen<br />
System profitieren, zu verärgern. Auch ist<br />
es leichter, Menschen zum Geldspenden<br />
zu animieren, indem man auf Not und<br />
Elend hinweist. Damit wird aber vor allem<br />
Reparaturarbeit finanziert für Schäden, die<br />
das heutige Wirtschaftssystem verursacht.<br />
Viel heikler ist die Aufgabe, wenn man das<br />
Fokus auf die notwendige Veränderung<br />
des Systems legt, womit sich langfristig<br />
Reparaturarbeit erübrigen würde.<br />
Kirchen<br />
Die Kirchen setzen sich grundsätzlich<br />
für Ethik ein, ihre Wahl zwischen beiden<br />
Realitäten ist also vorgegeben. Leider<br />
weigern sie sich jedoch, angesichts ihrer<br />
eigenen Finanzsorgen, die unethischen<br />
Aspekte des Gelderwerbs, welches ohne<br />
Leistung zugunsten der Gesellschaft<br />
erfolgt, zu thematisieren. Die evangelisch-<br />
reformierte Kirche Basel Stadt rühmte<br />
sich sogar im September 2000 durch<br />
Spekulation an der Börse „als erste und<br />
bisher einzige Kirche Europas mit ihren<br />
Finanzen neue Wege gegangen zu sein”.<br />
Das Spekulationsgeld ermögliche ihr, Gutes<br />
zu tun. Auf die Frage, wieviel Elend das<br />
Spekulationsgeld wohl verursacht habe,<br />
weigerte sie sich einzugehen.<br />
Hochschulen<br />
Als Vertreter der Wissenschaft sollten sie<br />
unmissverständlich das langfristige Ziel<br />
anstreben. Leider versagen sie oft und ziehen<br />
es vor, die Argumente der kurzfristigen (und<br />
kurzsichtigen) Interessen von Politik und<br />
Wirtschaft zu übernehmen. Es wäre aber<br />
für die Allgemeinheit äusserst wichtig, eine<br />
sowohl geisteswissenschaftlich als auch<br />
naturwissenschaftlich kompetente Auskunft<br />
über den langfristig unausweichlichen Weg,<br />
der zu beschreiten ist, von berufener Seite<br />
zu erfahren. Auch hier eine persönliche<br />
Erfahrung: Ich habe mit Bezug auf das<br />
ETH Globe Magazin Nr.1/07, das sich mit<br />
dem Thema „Zukunft Energie” befasst,<br />
dem Rektor der ETH geschrieben. Ich<br />
habe anhand von drei Beispielen die sehr<br />
höflich formulierte Frage gestellt, warum<br />
wissenschaftliche Aussagen immer vermischt<br />
werden mit Aussagen aus Politik und<br />
Wirtschaft, die zwar wissenschaftlich falsch,<br />
aber leider realistisch sind. Er antwortete mit<br />
einem Einzeiler: Er habe meinen Brief mit<br />
grossem Interesse gelesen.<br />
Medien<br />
Auch in der alltäglichen Berichterstattung<br />
wäre es wichtig, klar zwischen den zwei<br />
Realitäten zu unterscheiden und falsche<br />
Informationen zu vermeiden. So kann man<br />
beispielsweise immer wieder lesen oder<br />
hören, dass Energien aus unerschöpflichen<br />
Quellen leider noch unwirtschaftlich seien<br />
oder dass Atomenergie billig sei. Richtig<br />
ist, dass die Erstgenannten oft teurer<br />
25
26<br />
erscheinen, weil die heute genutzten<br />
erschöpflichen Energien ihre Kosten nicht<br />
decken. Atomenergie ist ihrerseits nur<br />
deshalb scheinbar billig, weil die Kosten<br />
von Entsorgung und Sicherheit ignoriert<br />
werden.<br />
Der Weg des einzelnen Menschen<br />
Mit Ausnahme der Opfer des heutigen<br />
Systems, die sich aus Armut diesen Weg gar<br />
nicht leisten können, kann selbstverständlich<br />
auch jeder einsichtige, überzeugte<br />
Mensch handeln. Er muss aber einen<br />
anspruchsvollen Weg beschreiten, denn es<br />
ist nicht der Weg der Mehrheit. Man muss<br />
sich orientieren, Auskünfte suchen, der<br />
Werbung widerstehen und vor allem: man<br />
muss bereit sein, die Rolle des scheinbar<br />
„Dummen” zu übernehmen, der freiwillig<br />
höhere, aber echte Preise zahlt, und auf<br />
unberechtigte Renditen verzichtet. Gelebte<br />
Ethik kostet Geld. Es ist immer billiger, sich<br />
egoistisch und rücksichtslos zu verhalten.<br />
Man kann diesen anspruchsvollen Weg<br />
folgendermassen zusammenfassen:<br />
Diejenigen, die es sich leisten können, sollen<br />
das verdiente Geld, das sie nicht zum Leben<br />
brauchen, in die Realwirtschaft investieren<br />
und nicht in spekulative Anlagen. Unter<br />
Realwirtschaft verstehe ich eine Entwicklung,<br />
welche Lebensqualität schafft, welche die<br />
heutigen Probleme mindert oder löst und<br />
keine neuen Probleme heraufbeschwört.<br />
Die Rolle des Geldes und der Banken<br />
Damit kommen wir zur Rolle der Banken<br />
und zur Finanzkrise.<br />
Wir verfügen über ein Geldsystem,<br />
welches den Austausch von Leistungen<br />
zwischen Menschen mit verschiedenen<br />
Begabungen und Fähigkeiten, aber auch<br />
mit verschiedenen Ansprüchen, sehr leicht<br />
macht. Leider haben wir dieses System<br />
pervertiert und missbrauchen es, um<br />
masslose Geldgewinne zu ermöglichen,<br />
ohne entsprechende Leistungen zugunsten<br />
der Mitmenschen erbracht zu haben.<br />
Man spricht gerne von Investoren und<br />
vermeidet das ominöse Wort „Spekulant”.<br />
Was ist der Unterschied? Der Investor<br />
ermöglicht die Entwicklung der oben<br />
definierten Realwirtschaft. Er setzt dafür<br />
Geld ein, das er nicht für sein Leben braucht,<br />
und ist deshalb auch bereit, Verluste in Kauf<br />
zu nehmen. Wesentlich ist, dass für die<br />
Zukunft wichtige Entwicklungen stattfinden<br />
oder mindestens angestrebt werden.<br />
Dagegen versuchen Spekulanten nur ihr<br />
Vermögen zu vergrössern, ohne eigene<br />
Leistung zugunsten der menschlichen<br />
Gesellschaft und unter Ausbeutung der<br />
ärmeren Menschen und/oder der Natur.<br />
Die Banken müssen sich auf ihre<br />
Grundaufgabe konzentrieren: die<br />
Finanzierung der Realwirtschaft, welche<br />
Leistungen zugunsten der ganzen<br />
Gesellschaft ermöglicht. Leider haben<br />
sie sich im Kasinokapitalismus zu<br />
Spekulationszentren entwickelt. Spekulative<br />
Geldgewinne ohne Leistung, die nur den<br />
Reichen möglich sind, haben in den letzten<br />
30 Jahren gewaltig zugenommen. Im Jahre<br />
1975 dienten noch 50 % der globalen<br />
Kapitalverschiebungen von 20 Milliarden<br />
$ pro Tag der Bezahlung von Waren und<br />
Diensten in der realen Wirtschaft. Die<br />
andern 50 % waren spekulativer Natur.<br />
Im Jahr 2000, 25 Jahre später, betrugen
die globalen Kapitalverschiebungen das<br />
Hundertfache, nämlich 2000 Milliarden<br />
$ pro Tag. 98 % davon waren reine<br />
Spekulation auf leistungslose Gewinne und<br />
nur 2 % dienten der realen Wirtschaft. Der<br />
bekannte Finanzfachmann Bernhard Lietaer<br />
stellt fest: „Die reale Wirtschaft ist nur noch<br />
Dekoration auf dem Spekulationskuchen”.<br />
(3)<br />
Entsprechend haben sich die<br />
Managerbezüge in Banken und Konzernen<br />
entwickelt. Ich spreche ausdrücklich von<br />
Bezügen und nicht von Verdienst, denn<br />
im Begriff Verdienst ist das Wort „Dienst”<br />
enthalten. Leistungsunterschiede ergeben<br />
sich aus angeborenen und erworbenen<br />
Fähigkeiten, sowie aus dem Willen und der<br />
Kraft, diese Fähigkeiten in den Dienst eines<br />
Unternehmens und/oder der Gesellschaft<br />
zu stellen. Diese Leistungsunterschiede<br />
rechtfertigen Verdienstunterschiede von<br />
etwa 1 : 5. Als lobenswerte Beispiele<br />
seien zwei erfolgreiche Unternehmungen<br />
angeführt.<br />
Die Alternative Bank Schweiz (ABS) weist<br />
bei einem Jahresumsatz von rund 800<br />
Millionen Franken eine Spanne vom tiefsten<br />
zum höchsten Lohn von 1 : 3.1 aus.<br />
- Die Metallbauunternehmung E.<br />
Schweizer AG weist bei einem Jahresumsatz<br />
von 124 Millionen Franken eine Spanne von<br />
1 : 4 aus. Die Spanne bezieht sich auf das<br />
Verhältnis vom tiefsten Vollzeitlohn zum<br />
Durchschnittslohn der Geschäftsleitung.<br />
Wie sind die heutigen Spannen von 1 : 100<br />
bis 1 : 700 in Banken und Konzernen zu<br />
rechtfertigen? Sie sind in höchstem Masse<br />
unethisch! Sie ergeben sich offensichtlich<br />
nur aus Vergleichen unter geldgierigen<br />
Managern. Sie haben mit Verdienst und<br />
Leistung nichts zu tun.<br />
Der Lösungsweg<br />
Der Weg aus den Problemen, welche die<br />
wirtschaftliche Fehlentwicklung geschaffen<br />
haben, ist vorgezeichnet:<br />
- Die Menschheit und insbesondere<br />
die reiche Minderheit der Menschheit,<br />
die handeln kann, besinnt sich auf ihren<br />
ethischen Auftrag.<br />
- Die Institutionen beschreiten<br />
beharrlich den Miteinander-Weg.<br />
- Die Ökonomie berechnet Kosten<br />
volkswirtschaftlich richtig.<br />
- Die Banken dienen der<br />
Realwirtschaft und verzichten auf das<br />
Spekulationsgeschäft und auf Gewinne<br />
ohne Leistung.<br />
Das schreibt sich sehr einfach, ist aber<br />
anspruchsvoll. Sollte man nicht die<br />
Finanzkrise als Chance nutzen, um ein<br />
System, das versagt hat, endgültig zu<br />
verlassen und den Weg in die Zukunft<br />
miteinander zu suchen ?<br />
Lieteratur:<br />
1.) Richard Gerster, „Globalisierung und<br />
Gerechtigkeit”, h.e.p.verlag ag, Bern,<br />
2001<br />
2.) Hans Ruh, Thomas Gröbly, „Die Zukunft<br />
ist ethisch – oder gar nicht”, Waldgut<br />
Verlag, Frauenfeld, 2006<br />
3.) Bernhard Lietaer, „Das Geld der<br />
Zukunft”, Riemann Verlag, 1999.<br />
27
28<br />
Aus der Forschungsarbeit<br />
Finanzmarktkrise und<br />
sozialer Organismus <strong>Goetheanum</strong><br />
von Benjamin Kohlhase-Zöllner<br />
Worauf kommt es heute an?<br />
Diese Frage stellt sich mittlerweile<br />
überall. Schon mehr als ein Jahr vor der<br />
Finanzmarktkrise gab es viele Stimmen,<br />
die auf diese Krise hinwiesen. Aber worauf<br />
wiesen sie eigentlich genau hin?<br />
Diese Stimmen wiesen allesamt darauf hin,<br />
dass man dran und drauf war einer grossen<br />
Illusion, angefacht durch ein hohes Mass<br />
an Begeisterung und Überinterpretation,<br />
entgegen zu gehen. Grundsätzlich<br />
glaubte man vor der Krise, da nun alles<br />
möglich war, auch gigantische Gewinne,<br />
ein unbeschwertes Leben mit all seinen<br />
Verführungen und Möglichkeiten realisieren<br />
zu können. Eine Illusionsblase als Ausdruck<br />
eines Vakuums, die stellvertretend einer<br />
Sinn-, Werte- und Zielkrise auftrat.<br />
Die Krise zieht mehr und mehr Unternehmen<br />
und Organisationen in ihren Strudel. Nie<br />
in der Geschichte der Menschheit wurden<br />
solch gigantischen Finanzwerte zerstört<br />
wie im vergangenen Jahr. Die Blase aus<br />
Trug- und Wunschbildern ist zerplatzt.<br />
Meist bleibt nur noch ein Scherbenhaufen<br />
bei vormals glänzenden Unternehmen<br />
und Organisationen zurück. Daneben ist<br />
aber auch das Feld für Macht eröffnet.<br />
Unternehmen gibt es nun teils zu<br />
Spottpreisen. Dadurch entsteht eine Chance<br />
Konkurrenten zu schlucken und der Staat<br />
greift ebenfalls teils ordentlich zu.<br />
Aber was geschieht eigentlich? Vielleicht<br />
lässt es sich bildlich besser verstehen.<br />
Es erscheint wie das Wechselspiel zweier<br />
grosser Mächte. Dieses Wechselspiel ist<br />
ein natürlicher Vorgang, der jedoch nur<br />
in Krisen starke Schwankungen ausweist.<br />
Vergleichbar ist das Wechselspiel mit dem<br />
Rhythmus zwischen Winter, Frühling,<br />
Sommer und Herbst. Diese Kräfte, die<br />
einerseits luziferischer, andererseits<br />
ahrimanischer Natur entstammen, ringen<br />
um den Pol der individuellen Freiheit, der<br />
Entwicklung und Leben ermöglicht.<br />
In diesem Wechselspiel zwischen Ebbe<br />
und Flut kann man jedoch auch folgende
Bewegungen beobachten. Waren es vor<br />
der Krise eher ahrimanische Kräfte, die<br />
vor einer Blase warnten und zu mehr<br />
Bodenständigkeit und Realitätssinn<br />
mahnten, sind es in der Krise nun eher<br />
luziferische Kräfte, die davor warnen, jetzt<br />
Beratern zu folgen, die nur auf Effizienz,<br />
Kostenreduktion und der Frage nach den<br />
Kernaufgaben setzen.<br />
Welche Kräfte braucht es aber nun?<br />
Einerseits braucht die Wirtschaft die<br />
luziferischen Kräfte, um überhaupt zur<br />
Kreativität zu gelangen und unmögliches<br />
möglich zu denken. Andererseits braucht<br />
es auch die ahrimanischen Kräfte, um<br />
Unmögliches möglich zu machen. Und<br />
gerade Krisen auf beiden Seiten stellen<br />
immer auch eine Chance für Bewusstseins-<br />
und Entwicklungsschritte dar.<br />
Steckt eine Wirtschaft in der Depression,<br />
braucht es vor allem die luziferischen<br />
Kräfte, um wieder aufzustehen und gesund<br />
zu werden. Diese Kräfte fragen vor allem<br />
nach: Was wäre möglich? Umgekehrt,<br />
wenn das Luziferische zu stark geworden<br />
ist und krankhafte bzw. ungesunde<br />
Züge angenommen hat, braucht es die<br />
ahrimanischen Kräfte, die wiederum<br />
heilend durch eine Krise ihre Wirkung tun,<br />
in dem sie fragen: Was ist wirklich wichtig<br />
und gewollt. Und zwischen diesen beiden<br />
Kräften ringt der Mensch, aber auch die<br />
Wirtschaft, um einen ständig labilen und<br />
fluktuierenden, gesunden Zustand. Dieser<br />
Zustand des Gleichgewichts, der Balance, ist<br />
geprägt und Ausdruck zugleich von grosser<br />
Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.<br />
Heute stehen wir mitten in der Krise. Sie<br />
ist vermutlich noch eine ganze Zeit lang<br />
nicht zu Ende. Daher wird es wichtig,<br />
sich der Frage zu widmen, was für die<br />
Zukunft wirklich wichtig ist. Es ist eine<br />
Möglichkeit, wie im Winter, zur Besinnung<br />
zu kommen, nachzudenken und sich der<br />
Frage des „worauf kommt es wirklich an“<br />
zuzuwenden.<br />
Der Weg zur Antwort auf eine solche Frage<br />
geht meist einher mit einem gewissen<br />
Leidensweg. In Unternehmen wird zu erst<br />
bei Produkten und Leistungen gestrichen,<br />
die sich so oder so oft nicht selber trugen,<br />
dennoch dazu führten, dass man den<br />
Umsatz um ein letztes Quäntchen erhöhen<br />
konnte und Leerzeiten ökonomisch nutzte<br />
bzw. das Image aufpolierte. Nach diesen<br />
ersten Maßnahmen geht’s schon bald an die<br />
Substanz – bis zu einem ganz bestimmten<br />
Punkt. Dieser Punkt betrifft in erster<br />
Linie die Frage der Existenzberechtigung.<br />
Dieser Scheitelpunkt kann sich, je nach<br />
Beantwortung dieser Frage, zu einem<br />
Wendepunkt in zwei Richtungen entwickeln,<br />
wieder nach oben oder endgültig nach<br />
unten.<br />
In diesem Punkt kristallisieren sich jedoch<br />
sämtliche Fragen und Werte des Seins,<br />
weil es darüber hinaus ein gesunder,<br />
ernsthafter, aber auch lebendiger Punkt<br />
ist. Es ist eigentlich ein Punkt, an dem man<br />
sich zurück erinnern kann an das, was<br />
ursprünglich tendiert und gewollt war. Es<br />
ist somit eine Rückschauübung, die deutlich<br />
machen kann, ob sich der eingeschlagene<br />
Weg noch zum gleichen und ursprünglich<br />
motivierten Ziel führt oder korrigiert<br />
werden muss. Es ist somit auch ein Punkt,<br />
in dem es um Wahrheit und Offenheit<br />
geht. Eine solche Situation lässt sich am<br />
29
30<br />
ehesten meistern, wenn die notwendigen<br />
Rahmenbedingungen und eine gewisse<br />
Kultur vorhanden sind. Eine Kultur, die vom<br />
zuhören, erkennen, verstehen und vertrauen<br />
geprägt ist.<br />
Das Karma des Berufs Controlling<br />
In einer solchen Situation ist es hilfreich, den<br />
Patienten Wirtschaft bzw. Unternehmen<br />
auch „ärztlich“ zu betreuen. Ein solcher<br />
Arzt im Wirtschaftsleben kann im Berufsbild<br />
des Controllers gesehen werden. Seine<br />
Aufgabe fängt jedoch nicht erst an,<br />
wenn es eigentlich schon zu spät ist. Das<br />
Karma seines Berufs zeichnet sich vor<br />
allem dadurch aus, dass er eigentlich von<br />
Anfang an fragt: Was hält die Wirtschaft<br />
bzw. die Organisation gesund? Er stellt<br />
somit nicht nur das betriebswirtschaftliche<br />
Gewissen dar, sondern geht weit darüber<br />
hinaus. Neben dem Handwerkzeug der<br />
Betriebswirtschaft stellt er auch sämtliche<br />
Managementaufgaben sicher und diese<br />
beziehen sich vor allem darauf, immer im<br />
Sinne einer Navigation dem ursprünglich<br />
anvisierten Ziel durch alle Situationen<br />
hindurch zu folgen und einen sicheren<br />
und gesunden Weg dorthin zu finden.<br />
Das Ziel setzt er dabei meist nicht selbst,<br />
denn das kann, wie beim Menschen, nur<br />
der betroffene Organismus selbst für sich<br />
entwickeln und entscheiden. Die Aufgabe<br />
des Controller ist es aber, immerzu daran<br />
zu erinnern, wo man eigentlich hin wollte,<br />
mit welchen Mitteln und Motiven man zu<br />
diesem Ziel wollte und was die einzelnen<br />
Aufgaben und Etappen sind, um dieses<br />
Ziel zu erreichen. Es ist wie bei einem<br />
guten Arzt, der seinem Patienten schon<br />
bei den allerersten Anzeichen ungesunder<br />
Zustände Maßnahmen empfiehlt, damit<br />
er gesund bleibt und sich eben nicht<br />
Krankheiten wie Übergewicht, Magersucht,<br />
Krebs oder andere ungesunde Situationen<br />
entwickeln können. Sein Berufskarma steht,<br />
richtig verstanden, zwischen den beiden<br />
grossen Kräften und seine Aufgabe ist<br />
es, heilend, gesundend und befruchtend,<br />
durch zuhören, erkennen, verstehen und<br />
vertrauen zu wirken. Er muss jedoch alle drei<br />
Kräfte sehr genau kennen und wissen, wie<br />
sie zueinander stehen und wirken.<br />
Um sichere Diagnosen als Grundlage von<br />
Therapieempfehlungen abgeben zu können,<br />
braucht der Controller eine Reihe von<br />
Werkzeugen und Reagenzmöglichkeiten,<br />
um den Zustand einer Organisation<br />
beurteilen zu können.<br />
Die Arbeit des Controllers ist daher<br />
tatsächlich vergleichbar mit dem Beruf<br />
des Arztes. Seine Arbeitsfelder sind soziale<br />
Organismen und deren Gesundheit und<br />
Entwicklung.<br />
Der soziale Organismus <strong>Goetheanum</strong><br />
Jeder Organismus, auch der soziale<br />
Organismus, folgt seinem individuellen<br />
Lebensprinzip. Ein solcher Organismus<br />
gliedert sich in drei Wesensglieder, dem<br />
Nerven-Sinnes-System, dem Rhythmischen<br />
System und dem Stoffwechsel-Gliedmassen-<br />
System. Diese drei Systeme haben ihren<br />
seelischen Ausdruck so auch z.B. im sozialen<br />
Organismus <strong>Goetheanum</strong>:<br />
• das Denken dem Nerven-Sinnes-<br />
Bereich (Freie Hochschule für<br />
Geisteswissenschaft)<br />
• das Fühlen dem rhythmischen<br />
Bereich (<strong>Goetheanum</strong><br />
Kulturhaus)
• das Wollen beziehungsweise<br />
Handeln dem Stoffwechsel-<br />
Gliedmaßen-Bereich<br />
(Gesellschaft)<br />
Die drei genannten Bereiche sind nicht<br />
isoliert voneinander zu denken, sondern<br />
durchdringen sich kontinuierlich und<br />
lebendig gegenseitig. So ist der Nerven-<br />
Sinnes-Bereich bis in die kleinsten<br />
Verästelungen überall im Organismus mit<br />
wirksam, und eben nur konzentriert vor<br />
allem im Kopfe lokalisiert. Die rhythmischen<br />
Vorgänge finden sich auch nicht nur im<br />
Brustkorb, sondern letztendlich im gesamten<br />
übrigen Organismus in vielfacher Art und<br />
Weise, und auch die Stoffwechselvorgänge<br />
finden sich im gesamten Organismus,<br />
wenngleich sie ihren Hauptsitz in den<br />
Bauchorganen haben.<br />
So wie der Nerven-Sinnes-Bereich wie<br />
ein Netzwerk den gesamten Körper auf<br />
vielfältige Art und Weise durchzieht, so kann<br />
auch das auf den Nerven-Sinnes-Bereich sich<br />
stützende Denken ein fast unendlich großes<br />
Netzwerk sich gegenseitig stützender und<br />
ergänzender Gedanken bilden.<br />
Und so wie Herz und Lunge mit Anspannung<br />
und Erschlaffung (Herz) beziehungsweise<br />
mit Einatmung und Ausatmung (Lunge)<br />
jeweils entgegengesetzte Vorgänge<br />
ausführen (polare Tätigkeit), so ist das daran<br />
sich anlehnende Gefühl ebenfalls polar<br />
angelegt: Liebe-Hass, Antipathie-Sympathie,<br />
Freude-Traurigkeit und so weiter.<br />
Und so wie der Stoffwechsel letztendlich<br />
zielgerichtet Stoffwechselprodukte<br />
hervorbringt, so sind die daran sich<br />
anlehnenden Handlungsimpulse ebenso eine<br />
in eine Richtung zielgerichtete fortwirkende<br />
Kraft, die Veränderungen bewirkt.<br />
Alle drei Teile des Gesamtorganismus<br />
sind Grundlage für das Übergeordnete,<br />
die geistige Individualität – das Ich einer<br />
Organisation. Diese Individualität ist<br />
wandelbar und dadurch nur schlecht<br />
greifbar. Sie lässt sich nur im Laufe<br />
eines Entwicklungszyklus beschreiben,<br />
Entwicklung wird dadurch nur durch<br />
Rückschau sichtbar.<br />
Wichtigste Grundlage einer Therapie ist es,<br />
das Lebensprinzip eines Organismus gut zu<br />
kennen. Am Beispiel <strong>Goetheanum</strong> (gemeint<br />
ist das „geistige <strong>Goetheanum</strong> / die Idee<br />
<strong>Goetheanum</strong>“) ist dieses Prinzip durch die<br />
vielen Jahrzehnte meines Erachtens etwas<br />
verwachsen bzw. versteckt. Folgt man<br />
dem Lebensprinzip eines dreigliedrigen<br />
Organismus und betrachtet sich den<br />
heutigen Organismus <strong>Goetheanum</strong>, so<br />
stelle ich fest, dass es diesen dreigliedrigen<br />
Organismus auch in dem <strong>Goetheanum</strong><br />
in den drei Bereichen Freie Hochschule<br />
für Geisteswissenschaft, <strong>Goetheanum</strong><br />
Kulturhaus und Gesellschaft (Allgemeine<br />
Anthroposophische Gesellschaft) gibt.<br />
Lebensprinzipien<br />
Folgt man dieser These, so kann man dazu<br />
kommen, dass das Nerven-Sinnes-System<br />
als Prinzip der Freien Hochschule für<br />
Geisteswissenschaft zugrunde liegt. Dieses<br />
System ist ja eigentlich das produktivste<br />
und entwicklungsfähigste System eines<br />
Organismus. Gerade durch die Fähigkeit,<br />
bewusst Gedanken zu bilden, Forschung<br />
zu betreiben und über ein breites Netzwerk<br />
mit anderen Gedanken (Verbandsarbeit) zu<br />
verbinden und sich so weiter zu entwickeln<br />
(Studium und Weiterbildung), zeichnet es<br />
31
32<br />
als ein Entwicklungsorgan aus, von dem<br />
letzten Endes alles abhängt und alle geistig<br />
ernährt.<br />
Das Herz-Rhythmus-System wird vielleicht im<br />
<strong>Goetheanum</strong> Kulturhaus am deutlichsten:<br />
Zwischen den beiden Polen Wissenschaft<br />
und Kunst, zwischen grösst möglicher<br />
Öffentlichkeit und möglichster Intimität,<br />
zwischen großem Interesse und leeren<br />
Sälen, zwischen positiver und negativer<br />
Kritik, zwischen Liebe und Unverständnis für<br />
den Bau, eine Tagung bzw. Aufführung ist<br />
ein Hin- und Herströmen wahrnehmbar. All<br />
das drückt sich in der Gefühlsebene dieses<br />
Ortes <strong>Goetheanum</strong> bei den Besuchern<br />
aus und prägt gleichzeitig durch sein<br />
durchweben den ganzen Organismus<br />
<strong>Goetheanum</strong> (geistiges <strong>Goetheanum</strong>) und<br />
lebt schlussendlich durch das, was aus<br />
Hochschule und AAG/Weltgesellschaft<br />
sichtbar und erlebbar werden will.<br />
Und zuletzt das Stoffwechsel-Gliedmassen-<br />
System in seiner Ausprägung der AAG/<br />
Gesellschaft als Sitz der Weltgesellschaft<br />
im <strong>Goetheanum</strong> (Gebäude) und als<br />
juristisch/wirtschaftliche Person, das<br />
sich vor allem durch das zielgerichtete<br />
Wollen und unterstützen sowie<br />
Veränderungswirkungen auszeichnet.<br />
Mit seinen Gliedmassen: Mitgliedschaft,<br />
Landesgesellschaften, Zweige, Infrastruktur<br />
etc. schafft es juristische und wirtschaftliche<br />
Rahmenbedingungen, damit Freiräume<br />
für Hochschule und <strong>Goetheanum</strong><br />
entstehen können. Mit dem Finanzstrom<br />
der AAG wird ein Stoffwechselprozess<br />
im Gesamtorganismus <strong>Goetheanum</strong><br />
ermöglicht.<br />
Das höhere Ich des sozialen Organismus<br />
<strong>Goetheanum</strong> entwicklungsfähig<br />
machen<br />
In all diesen drei Bereichen schlummert<br />
das eigentliche Geheimnis der Gesundheit<br />
des Gesamtorganismus bzw. des „Wesens<br />
<strong>Goetheanum</strong>“. Eine Fülle von Aufgaben<br />
bzw. Kernaufgaben kann man so ausfindig<br />
machen, die Grundlagen eines gesunden<br />
Organismus bilden können.<br />
Auch wenn diese Systeme einer gewissen<br />
Unabhängigkeit und Abgrenzung bedürfen<br />
(jede kleinste Zelle zeichnet sich durch<br />
Abgrenzung nach Aussen und Innen aus<br />
und schafft dennoch eine Verbindung bzw.<br />
einen Austausch über eine Membrane nach<br />
Aussen und Innen), haben sie jedoch ihre<br />
Wirkung auf alle anderen Systeme und<br />
können so zu Entwicklung und Bewusstsein<br />
bzw. der Erfüllung der Gesamtaufgabe<br />
beitragen.<br />
Das Wichtige dabei ist meines Erachtens,<br />
dass es um die Entwicklung des höheren<br />
Ichs dieses Gesamtorganismus gehen<br />
muss. Alle drei Systeme schaffen nur<br />
Vorraussetzungen, damit sich dieses<br />
höhere Ich, welches von Steiner meist als<br />
das „geistige <strong>Goetheanum</strong>“ (Die Idee des<br />
<strong>Goetheanum</strong> als Kulturimpuls, nicht als<br />
Hochschule, nicht als Bau oder Betrieb)<br />
beschrieben wurde, sich entwickeln kann.<br />
Dieses geistige <strong>Goetheanum</strong> und seine<br />
Individualität und Entwicklungssituation<br />
zu beschreiben, würde hier den Rahmen<br />
sprengen.<br />
Worauf kommt es also heute an?<br />
Für meinen Teil sehe ich in der aktuellen<br />
Finanzmarktkrise die Chance und mögliche<br />
Aufgabe, auch fürs <strong>Goetheanum</strong>, sich noch
einmal ganz neu und frisch zu organisieren, seine Organe zu gesunden, sich der Wichtigkeit<br />
dieser oben beschriebenen drei Grundprinzipien bewusst zu sein und mit einem deutlichen<br />
Entwicklungsschritt sich auf die eigentlichen Grundmotive und Prinzipien (Kernaufgaben)<br />
zu konzentrieren und so mit gebündelten Kräften, weltweiten Partnerschaften (Gesellschaft<br />
und Hochschule), vielleicht etwas schlanker als vorher in eine selbstgestaltete freie Zukunft zu<br />
gehen.<br />
Das spannende ist für mich, dass die Anthroposophie dabei Therapie wie Ziel ist, oder anders<br />
gesagt, der Weg ist das Ziel.<br />
Veranstaltungsrückblick<br />
Hochschultreffen der Familienkultur<br />
zur 16. Klassenstunde<br />
„Zur Wärme und zum Nachtodlichen“<br />
von Anneka Lohn<br />
Die Kindheit: eine Art „himmlischer<br />
Nachklang„ – die Familie: eine „Schule<br />
sozialer Gemeinschaft“.<br />
So das Familienleben ansehen heisst,<br />
andere Dimensionen mit einzubeziehen.<br />
Dimensionen, die über den täglichen,<br />
manchmal ermüdenden Alltag<br />
hinausgehen bzw. diesen verändern.<br />
Begegnungsqualitäten sind gefragt: Fühlen<br />
wie der Andere, Eintauchen in den Anderen,<br />
Verstehen durch den Anderen.<br />
Das kann geübt werden, da kann gescheitert<br />
werden. Denn ist man sich unmittelbar<br />
nicht selbst immer am nächsten? Wirklich<br />
einzugehen auf Fremdes und Anderes<br />
erfordert eine Fähigkeit, aus dem Umkreis<br />
die Verhältnisse zu betrachten, die Erlebnisse<br />
zu beurteilen.<br />
In den Inhalten der 16. Klassenstunde<br />
klingen Blickrichtungen und Erlebnissphären<br />
zu diesen Fragen an. Paul Mackay hatte<br />
diese am Freitagabend frei gehalten.<br />
Andreas Worel vertiefte in seinem Beitrag<br />
aus diesem Zusammenhang Gesichtpunkte<br />
zur Wärme. Wärme hat immer etwas mit<br />
dem Zustand von mir und dem Umraum zu<br />
tun. Wärme in uns und um uns als irdisch-<br />
kosmische, Leben spendende Dimension.<br />
33
34<br />
Wärme als Begeisterung, als „brennen“ für<br />
den Anderen oder für das Andere. Wärme<br />
als Quelle der ureigensten Moralität von<br />
Innen heraus. Wärme als alldurchdringende<br />
Kraft.<br />
Die gemeinsame Eurythmie mit<br />
Gioia Falk hat in ruhigen Übschritten<br />
erfahrbar werden lassen, welche<br />
Hinwendungskräfte mobilisiert werden<br />
können, wenn gleichzeitig eine Offenheit<br />
„zum Empfangen“ vorhanden sein kann<br />
– „erwecke – erschaffe – erbitte“.<br />
Kurze Gedankenskizzen von Paul Mackay,<br />
Urs Pohlman und Franziska Schmidt von<br />
Nell haben in sehr verschiedener Weise<br />
Erfahrungsfelder aufgezeigt, wie der<br />
Bereich des Nachtodlichen seine Beziehung<br />
zum Jetzt entfaltet. So wie der Schlaf als<br />
kleiner Bruder des Todes angesehen werden<br />
kann, so kann die Aufmerksamkeit, wenn<br />
sie auf das Einschlafen und Aufwachen<br />
gerichtet wird, ahnen lassen, was es heisst,<br />
in „Schwellenluft“ zu bestehen.<br />
Öffnet man seinen Blick dahingehend<br />
zur Frage, wie im Leben hier und<br />
jetzt Perspektiven des Nachtodlichen<br />
anklingen, so können zum Beispiel auch<br />
Biographiebetrachtungen diesbezüglich<br />
Aufschluss geben.<br />
Deutlich ist auch, dass das Aufgeben<br />
von Gewohnheiten im Denken, Fühlen<br />
und Wollen mit dem „wachen Sterben“<br />
einhergehen kann. Das bewusste Gestalten<br />
der Seelenkräfte ermöglicht, zu einer<br />
Verantwortung für sich aus dem Umkreis<br />
heraus zu gelangen.<br />
Diese Haltung, so zeigte sich im<br />
anschliessenden Gespräch, ist die Grundlage<br />
für eine jeden Tag neu zu erringende<br />
Offenheit den Kindern und überhaupt allem<br />
gegenüber.<br />
Am 22. - 23. Januar 2010 wird das nächste<br />
Hochschultreffen zur Familien-Kultur<br />
stattfinden. Die Grundlage wird diesmal die<br />
17. Klassenstunde sein.<br />
Am 5. September findet ein Seminar statt:<br />
Spirituelle Kultur im Alltag von Müttern und<br />
Vätern. Samstag 5.9.2009, 9 – 18 Uhr.
Veranstaltungsrückblick<br />
Forschungskolloquium<br />
„Zur Zukunft der Menschenwürde“<br />
von Johanna Guhr und KunstRaumRhein (Simon Mugier)<br />
Themenschwerpunkt: Ethik<br />
Die Initiatorin des KunstRaumRhein,<br />
Dorothée Deimann veranstaltete<br />
mit ihren Mitarbeitern und der<br />
Sektion für Sozialwissenschaften am<br />
<strong>Goetheanum</strong> und dem universitären<br />
Nachdiplomstudiengang «Interdisziplinäre<br />
Konfliktforschung und Konfliktanalyse» das<br />
6. Forschungskolloquium «Zur Zukunft der<br />
Menschenwürde» erstmals an der Uni Basel,<br />
diesmal zum Thema Ethik.<br />
Klaus Leisinger von der Novartisstiftung<br />
für Nachhaltige Entwicklung sprach über<br />
die Chancen und Probleme, welche<br />
sich im Rahmen der Tätigkeit eines<br />
globalisierten Grosskonzerns ergeben.<br />
Nicht selbstverständlich ist die vom<br />
Referenten dargelegte Erkenntnis, dass<br />
die grundlegenden gesellschaftlichen<br />
Wertvorstellungen weltweit geteilt werden:<br />
«Ich glaube, dass die Menschen überall auf<br />
der Welt ähnliche Wertvorstellungen haben;<br />
eine gerechtere, weniger verschmutzte<br />
Welt. Aber wer die Veränderungen in<br />
der Welt sehen will, muss sie selber<br />
leben.» Probleme für Mensch und Umwelt<br />
ergeben sich oft mehr aus systematischen<br />
und menschlichen Fehlleistungen denn<br />
aus zynischen Berechnungen. Moralische<br />
Anschuldigungen tragen heute wenig zur<br />
Lösung von Problemen bei: Gefordert ist ein<br />
mit-verantwortliches Handeln.<br />
Auf den individuellen Aspekt nahm auch der<br />
Völkerrechtler Ted van Baarda Bezug. Im<br />
niederländischen Verteidigungsministerium<br />
schult er Entscheidungsträger von global<br />
agierenden Streitkräften. Diese stehen oft in<br />
einem schier unlösbaren Konflikt zwischen<br />
völkerrechtlicher Neutralität und der an sie<br />
gestellten Forderung nach Parteilichkeit und<br />
Gehorsam.<br />
Dorothée Deimann, Simon Mugier<br />
Militärische Befehlshaber müssen auf<br />
Situationen vorbereitet werden, in denen<br />
unverzügliches und über Leben und Tod<br />
entscheidendes Handel gefordert ist.<br />
Wichtig ist dabei die Entwicklung der<br />
moralischen Fähigkeit, gleichzeitig aus<br />
35
36<br />
der Sache wie auch aus sich selbst heraus<br />
entscheiden zu können. Oft komme es vor,<br />
dass Menschen in Ausnahmezuständen<br />
durch starke Emotionen ihre Befähigung<br />
zum klaren Urteilen verlieren.<br />
Die Entscheidung und Handlung aus<br />
einer übergeordneten und gleichzeitig<br />
geistig-individuellen Souveränität heraus<br />
nennt van Baarda im militärischen Jargon<br />
«Helicopterview». Diese ermöglicht es, auch<br />
in Extremsituationen Übersicht, Haltung und<br />
Würde zu bewahren. Dazu ist eine Schulung<br />
der Ich-Sensibilität notwendig, welche eine<br />
feste Handlungsgrundlage werden kann.<br />
Erst wenn die eigene Würde verloren<br />
gehe, sei es möglich, die Würde anderer zu<br />
verletzen; dies gelte es zu verhindern.<br />
Paul Mackay, Leiter der Sektion für<br />
Sozialwissenschaften und Vorstand am<br />
<strong>Goetheanum</strong> nahm Bezug auf die Frage,<br />
in welchem Zusammenhang Karma und<br />
Reinkarnation zur Freiheit stehen. Explizit<br />
wurde damit auf eine «Sternstunde<br />
Philosophie»-Sendung am Schweizer<br />
Fernsehen referiert, in welcher Helmut<br />
Zander, Autor des Buches «Anthroposophie<br />
in Deutschland» meinte, dass sich die Idee<br />
der Freiheit mit Reinkarnation und Karma<br />
zynisch anfühle.<br />
Ist Freiheit überhaupt möglich, wenn<br />
mir in diesem Leben Folgen und<br />
Begegnungen entgegen kommen, die durch<br />
vorangegangene Leben bedingt sind? Die<br />
Antwort: Reinkarnation und Karma mache<br />
Freiheit erst möglich. Dadurch nämlich,<br />
dass Taten Konsequenzen haben und<br />
diese Konsequenzen später wieder auf uns<br />
zukommen, ergibt sich die Möglichkeit,<br />
dass wir uns frei dem Wiederkehrenden<br />
gegenüber verhalten und dem Schicksal im<br />
Verbund mit anderen Menschen eine neue<br />
Richtung geben können. Durch die neue<br />
Positionierung besteht die Chance zum<br />
Wandel. «Dass ich mich konfrontiert weiss<br />
mit meinen letzten Erdenleben, das macht<br />
mich überhaupt entwicklungsfähig. Das<br />
gibt mir die Chance, Mensch zu werden,<br />
Menschenwürde zu entwickeln, Freiheit zu<br />
entwickeln.»<br />
Klaus Leisinger<br />
Reinhard Erös, ehemaliger Arzt und<br />
Offizier bei der deutschen Bundeswehr,<br />
berichtete von seinen Erfahrungen in<br />
Afghanistan, wo er seit längerem mit seiner<br />
Familie lebt. Aus eigenem Engagement hat<br />
er mit seiner Familie bereits 25 Schulen<br />
aufgebaut und ist zweifellos einer der<br />
besten Kenner der gesellschaftspolitischen<br />
Verhältnisse Afghanistans. Sein Vortrag<br />
war eine «Mischung aus Erlebnisbericht und<br />
Politikerschelte», wie er zu Beginn schon
ankündigte.<br />
Die Erkenntnis für den Hörer war dann<br />
auch, dass in den Medien und damit auch<br />
in unseren unkritischen Köpfen und bei<br />
den Politikern viele Vorurteile und falsche<br />
Annahmen bestehen. Kein einziger Afghane<br />
werde international oder national wegen<br />
islamistischem Terrorismus oder Verdacht<br />
auf Terrorismus gesucht, führte er aus –<br />
und dennoch wird in Afghanistan seit 2001<br />
bis heute der Krieg gegen den Terrorismus<br />
geführt. Das Problem der radikalen Taliban<br />
sei wohl gegeben, aber nicht zu verwechseln<br />
mit dem internationalen Terrorismus<br />
von Al-Kaida. Trotzdem führt der Krieg<br />
am Hindukusch zu einer politischen<br />
Radikalisierung. Die Taliban organisieren<br />
sich energisch. Man beobachte dazu die<br />
gegenwärtige Situation in Afghanistan und<br />
im angrenzenden Pakistan.<br />
Reinhard Erös<br />
Die beste Massnahme gegen die Ausbreitung<br />
eines radikalen Islams sei es, so Erös,<br />
Schulen zu bauen. Die Lösung liege in der<br />
heranwachsenden Generation. Die Kinder<br />
sind die zukünftigen Entscheidungsträger<br />
des Landes, und die entscheidende Frage<br />
ist, ob sie in den radikalen Koranschulen<br />
aufwachsen oder in solchen, welche andere<br />
Werte vermitteln.<br />
Für die Afghanen selbst ist die grösste<br />
Bedrohung nicht der Krieg direkt, sondern<br />
die Armut: «Das Hauptproblem der meisten<br />
Afghanen ist: Wie verhungere ich nicht?» So<br />
lautet das Motto der Kinderhilfe Afghanistan<br />
dann auch «Brot und Bildung statt Fatalismus<br />
und Fundamentalismus.» Für Spenden,<br />
Kontakt oder weitere Informationen zur<br />
«Kinderhilfe Afghanistan» besteht die<br />
Möglichkeit der Vermittlung über den<br />
KunstRaumRhein. Infos Afghanistan:<br />
www.kinderhilfe-afghanistan.de<br />
Allen Rednern war gemeinsam, dass sie auf<br />
die ethischen Fähigkeiten des Individuums<br />
rekurrierten, welche nicht ohne weiteres<br />
zugänglich sind, sondern in individueller<br />
Arbeit erkämpft werden müssen. Dazu sind<br />
umfassende Ansätze unumgänglich, die<br />
auch die tieferen Aspekte der Problematiken<br />
miteinbeziehen.<br />
Dialoge sind dort möglich, wo die<br />
Grundlagen Intelligenz und Bereitschaft<br />
zur Anerkennung eines in der Spiritualität<br />
fussenden Menschentums gegeben sind,<br />
wo die westliche Welt bereit ist mit dem<br />
Islam in Verbindung zu treten und wo dieser<br />
seinerseits die Grundlagen des Christentums<br />
kennen und akzeptieren lernt. Dies gilt auch<br />
für die Binnengesellschaft. Die Moderatorin<br />
Dorothée Deimann: «Zu den immer<br />
positiver werdenden Wissensinhalten der<br />
37
38<br />
intellektuellen Welt, die hauptsächlich unsere Köpfe versorgt, müssen wir den Mut aufbringen,<br />
uns bewusst wieder den spirituellen Kräften zuzuwenden. Sonst bleibt es bei frommen Reden und<br />
wirklichkeitsfremden Sozialprogrammen.»<br />
Die bisherigen Vorträge können nachgelesen werden unter www.kunstraumrhein.com; eine DVD<br />
mit allen Beiträgen erscheint in Kürze. Infos dazu ebenfalls auf der Webseite.<br />
Die nächste Veranstaltung des KunstRaumRhein im Herbst findet wiederum an der Uni Basel statt,<br />
u.a. mit Ueli Mäder über seine neueste Forschung zu Reichtum in der Schweiz und der kritischen<br />
Würdigung von sechs Jahrzehnten Sozialer Marktwirtschaft.<br />
Ted van Baarda / Paul Mackay
Veranstaltungsrückblick<br />
Die Herausforderung der<br />
Globalisiserung<br />
von Katharina Offenborn<br />
Veranstalter: Sektion für Sozialwissen-<br />
schaften am <strong>Goetheanum</strong>, Dornach<br />
zusammen mit der Sozialwissenschaftlichen<br />
Forschungsgesellschaft e.V., Stuttgart<br />
Mitte März fand in Stuttgart eine<br />
Wochenendtagung zum Thema<br />
„Herausforderungen der Globalisierung“<br />
statt. Vor ca. 350 Menschen entwarfen<br />
anthroposophische Redner wie Prof. Götz<br />
Werner, Thomas Jorberg, Paul Mackay,<br />
Ulrich Rösch, Gerald Häfner, Dr. Dietrich<br />
Spitta und Dr. Christoph Strawe ein<br />
facettenreiches Bild der wirtschaftlichen<br />
Zusammenhänge im Zeitalter der Welt-<br />
Finanz- und -Wirtschaftskrise.<br />
In einem Punkt waren sich alle einig – es<br />
ist Zeit für einen Paradigmenwechsel in der<br />
Wirtschaft, für ein neues Bewusstsein, das<br />
offen ist für zukunftsweisende Lösungen.<br />
An die Stelle von Konkurrenzkampf,<br />
Lohnarbeit und veralteten Strukturen, die<br />
uns weltweit in die Krise gestürzt haben,<br />
muss ein solidarisches Wirtschaften treten.<br />
In diesem muss es um die bisher nicht<br />
ausreichend erkannte Tatsache gehen,<br />
dass die unterschiedlichen wirtschaftlichen<br />
Interessen von Herstellern, Händlern<br />
und Verbrauchern durch vertragliche<br />
Zusammenarbeit ausgeglichen werden<br />
können. Wir müssen miteinander<br />
ins Gespräch kommen, müssen uns<br />
zunehmend zu wirtschaftlichen Verbänden<br />
– Assoziationen – zusammenschließen<br />
und gemeinsam Vereinbarungen treffen,<br />
bei denen keiner Verlierer sein darf. Das<br />
Wirtschaftsleben der Zukunft muss auf<br />
„brüderlicher“ Kooperation aufbauen und<br />
nicht auf Konkurrenzkampf.<br />
Die Zeiten sind vorbei, in denen Politiker<br />
und Wirtschaftsexperten allein entscheiden<br />
können, wo es lang gehen soll. Angesichts<br />
einer Krise, deren Folgen längst noch nicht<br />
abzusehen sind, geht es mehr denn je<br />
darum, die soziale Skulptur (Beuys), die wir<br />
sind, mitzugestalten. Es ist höchste Zeit,<br />
tatsächlich das Volk zu werden, von dem<br />
alle Staatsgewalt ausgeht (Grundgesetz,<br />
Art. 20).<br />
Die Beiträge boten insgesamt<br />
eine ausgewogene Mischung aus<br />
zukunftsweisenden Gedanken und bereits<br />
praktizierten Ansätzen. Was bleibt, ist eine<br />
starke Impulsierung, „gemeinsam in eine<br />
Bewegung zu kommen“, wie Gerald Häfner<br />
es sich wünschte.<br />
Mehr dazu finden Sie demnächst in<br />
einem beim Johannes M. Mayer-Verlag<br />
erscheinenden Sammelband aller Vorträge<br />
sowie in dem Aufsatz von Dietrich Spitta,<br />
„Kooperation statt Konkurrenzkampf.<br />
Selbstverwaltung des Wirtschaftslebens als<br />
Antwort auf die Weltwirtschaftskrise“ im<br />
März-Heft 2009 von „Die Drei“.<br />
39
Veranstaltungsrückblick<br />
40<br />
Kolloquium zur Konfliktforschung<br />
von Peter Gutland<br />
Am 24./25. April 2009 traf sich das<br />
Konflikt-Forschungs-Kolloquium zum 25.<br />
mal seit dem ersten Treffen im September<br />
1996. Ort war das Hofgut Hohenkarpfen<br />
nahe Villingen-Schwenningen in Baden<br />
Württemberg.<br />
Drei neue Mitglieder wurden in dem<br />
Kreis begrüßt, danach wurde gemeinsam<br />
auf die letzte Tagung „Was ist zwischen<br />
dir und mir? Konfliktfähigkeit und<br />
Rechtsgefühl“ vom 21.-23. November 2008<br />
zurückgeblickt. Erstmals wurde die Tagung<br />
gemeinsam mit dem juristischen Arbeitskreis<br />
„Jura Nova“ unter dem Dach der Sektion<br />
für Sozialwissenschaften am <strong>Goetheanum</strong><br />
ausgerichtet. Die Veranstaltung wurde<br />
insgesamt, sowohl von den Inhalten als auch<br />
von der Teilnehmerzahl her, positiv gesehen.<br />
Ein Kreis von acht Menschen bereitet eine<br />
weitere Tagung vor.<br />
Am Freitagnachmittag stellte Peter Gutland<br />
aus Wuppertal seine Forschungsergebnisse<br />
zu dem Thema: „Die Wirkungen des<br />
Tierkreises und seine Bedeutung für die<br />
Gemeinschaftsbildung.“ vor. Diese werden<br />
hier, in aller Kürze zusammengefasst,<br />
dargestellt (an einer ausführlicheren<br />
Darstellung wird gearbeitet):<br />
Ausgangspunkt war eine Darstellung der<br />
Bedeutung der „Gemeinschaftsbildung“ für<br />
die Entwicklung der Menschheitsentwicklung<br />
(Vorbereitung der 6. Kulturepoche), für<br />
die geistige Welt und für die Wesenheiten<br />
der Hierarchien, wie sie bei Rudolf Steiner<br />
umfänglich zu finden sind. (s. auch den<br />
Beitrag über die geistige Stiftung in diesem<br />
Bericht). Gemeinschaftsbildung hat darüber<br />
hinaus eine zentrale Bedeutung für die<br />
Konfliktforschung und Konfliktbewältigung.<br />
Der Ansatz ist, Gemeinschaftsbildung<br />
als ein Prozess zur Geistgemeinschaft zu<br />
verstehen und aus den Tierkreiswirkungen<br />
12 Qualitäten zu finden, die in einem Ideal<br />
zusammenfließen.<br />
Im Zeitalter der Bewußtseinsseelenentwick-<br />
lung und in anbetracht des „Soziologischen<br />
Grundgesetzes“ darf bezweifelt werden, dass<br />
man diesen Bildungsprozess automatisch<br />
verlaufend erwarten kann. Kommen neue<br />
Mitglieder in die Gemeinschaft, kann<br />
nicht vorausgesetzt werden, dass sie sich<br />
problemlos anpassen und eingliedern.<br />
Gemeinschaftsbildung muß sich heute in<br />
einem zunehmend bewussten und aktiven<br />
Dialog zwischen Gemeinschaft und<br />
Individualität vollziehen. Arbeitet man auf<br />
anthroposophischer Grundlage, muß das<br />
Ziel die Bildung eines geistigen Organismus<br />
sein. Es arbeitet nicht nur eine Anzahl von<br />
Menschen in einer Einrichtung an den Zielen<br />
und Aufgaben zusammen, sondern die<br />
Gemeinschaft muß aktiv von beiden Seiten<br />
angestrebt und weiterentwickelt werden.<br />
Wir kennen eine Vielzahl von<br />
Darstellungen über Zusammenhänge der<br />
Tierkreiswirkungen mit dem menschlichen<br />
Leben. (12 Sinne, Farben, Töne,<br />
Konsonanten, die menschliche Gestalt
u.v.m.) Für diese Betrachtung sind einige<br />
Wirkungen von besonderer Bedeutung.<br />
In den Weltanschauungen wird beschrieben,<br />
wie unterschiedlich die Möglichkeiten von<br />
Menschen sein können, die geistige Welt<br />
anzuerkennen und nach ihrer Erkenntnis<br />
zu streben. Diese Angaben können helfen,<br />
die Fähigkeiten neuer Mitarbeiter bzw.<br />
Mitglieder einer Gemeinschaft zu erkennen,<br />
inwieweit sie sich mit anthroposophischen<br />
Inhalten verbinden oder sie überhaupt<br />
verstehen können. (z. B. der Materialist, der<br />
jegliche geistige Welt leugnet im Gegensatz<br />
zum Spiritualisten, der im Extremfall<br />
Gefahr läuft, jegliches materielles Leben zu<br />
leugnen.)<br />
Längst nicht mehr sind alle Menschen in<br />
den anthroposophischen Einrichtungen mit<br />
diesen Inhalten vertraut und verbunden.<br />
Das Hören anthroposophischer Inhalte<br />
garantiert nicht ihr Verständnis. Verstehen<br />
uns wirklich alle Mitarbeiter, wenn wir<br />
über Anthroposophie sprechen, bzw.<br />
was verstehen sie? (Und was haben wir<br />
verstanden?) Gerade bei jungen Menschen<br />
kommen uns neue Fragen, teilweise<br />
große Intensität, aber auch eine hohe<br />
Engagementbereitschaft entgegen. Es<br />
könnten sich auch Einstellungsgespräche<br />
verändern, wenn man solche Aspekte<br />
berücksichtigt.<br />
Aus den Tugenden kann der Einzelne<br />
Anregungen für seine Selbsterkenntnis<br />
und Selbsterziehung erhalten. Diese<br />
ethisch-moralischen Werte verändern die<br />
Fähigkeiten der Individualität, die sie in die<br />
Gemeinschaft einbringen kann.<br />
Aus den Tierkreisgesten, die Steiner für<br />
die Eurythmie gegeben hat, sind weitere<br />
Erkenntnisse möglich, sie beschreiben das<br />
ganze menschliche Wesen.<br />
Diese mehr individuell geprägten Aspekte<br />
der Anschauungen, Gesten und Tugenden<br />
müssen aber auch ihre Entsprechungen in<br />
der Gemeinschaft finden. Der Einzelne hat<br />
Erwartungen an die Gemeinschaft und will<br />
sie darin wiederfinden.<br />
Eine besondere Bedeutung für das Thema<br />
wird den 12 Stimmungen zugeschrieben,<br />
sie bergen noch viele Geheimnisse und<br />
Hinweise für die Gemeinschaftsbildung.<br />
Ziel der Arbeit ist, Qualitäten für den<br />
o.g. Dialog zwischen Individualität und<br />
Gemeinschaft zu finden, um diesen Prozeß<br />
immer bewusster und zielgerichteter<br />
gestalten zu können. Erste Arbeitsergebnisse<br />
davon wurden vorgestellt, an ihnen wird<br />
weitergearbeitet. Umrahmt wurde der<br />
Nachmittag durch gemeinsame Eurythmie<br />
unter der Anleitung von Lilla Boros-Gmelin.<br />
Der Freitag wurde durch eine beeindruckend<br />
intensive und frei gehaltene Klassenstunde<br />
von Hans Dackweiler beendet.<br />
Am Samstagmorgen wurde über<br />
Möglichkeiten der Anwendung der<br />
vorgetragenen Erkenntnisse über den<br />
Tierkreis für die tägliche Arbeit gesprochen<br />
und beschlossen, an diesem Thema weiter<br />
zu arbeiten.<br />
Anschließend wurde über den<br />
Teilnehmerkreis des Forschungskolloquiums<br />
und die unterschiedliche Kontinuität der<br />
Teilnahme diskutiert. Da die hohe Qualität<br />
der Arbeit neben der Klassenmitgliedschaft<br />
und der eigenen aktiven Arbeit an diesen<br />
Themen, in engem Zusammenhang gerade<br />
mit der Kontinuität der „Kerngruppe“<br />
gesehen wird, sollen alle bisherigen<br />
Teilnehmer angeschrieben werden. Wer die<br />
kontinuierliche Mitarbeit nicht leisten kann,<br />
41
42<br />
soll zukünftig nicht mehr eingeladen werden.<br />
Michael Rein stellte dann noch ein Jugendprojekt mit der Oberstufe der Waldorfschule Reutlingen<br />
vor und lud zur Mitarbeit ein.<br />
Zum Abschluß wurden die Termine für die nächsten Treffen festgelegt; diese sind:<br />
23./24. Oktober 2009, 16./17. April 2010, 29./30. Oktober 2010.<br />
Veranstaltungsrückblick<br />
Initiatiativkreis Ernährung<br />
von Marianne Nitsche und Petra Kühne<br />
Am 8. und 9. Mai kam der Initiativkreis für<br />
Ernährung wiederum im Kuppelsaal des<br />
Glashauses am <strong>Goetheanum</strong> in Dornach<br />
zusammen, um sich auszutauschen,<br />
Kontakte zu vertiefen sowie gemeinsam<br />
zu arbeiten. Diesmal war sogar ein<br />
Teilnehmer aus England dabei. Mit diesem<br />
Rundschreiben wollen wir Sie etwas<br />
miterleben lassen von dem Treffen.<br />
Treffen des Initiativkreises für<br />
Ernährung 2009<br />
Zur Einstimmung diente der Vortrag<br />
vom 2.1.1924 von Rudolf Steiner (GA<br />
316), den wir gemeinsam bearbeiteten.<br />
Dann wurde das Thema „Wie wird die<br />
anthroposophische Ernährung praktisch<br />
umgesetzt?“ mit Praxisberichten fortgesetzt<br />
von einem Bauernhof, einer Klinikküche und<br />
einer Schulküche.<br />
Ein biologisch-dynamischer Hof<br />
Frau Schneiter, Demeter Bäuerin aus<br />
der Schweiz betreibt mit ihrem Mann<br />
einen12 ha großen Hof, auf dem Getreide,<br />
Lagergemüse, Zuckermais und Viehfutter
iologisch-dynamisch angebaut und 13<br />
Kühe, 2 Schweine, 2 Pferde und Hühner<br />
gehalten werden. Der Boden wird mit<br />
dem Pferd bearbeitet. Die minimale<br />
Mechanisierung gibt die Möglichkeit<br />
Nahrungsmittel hautnah zu erfahren. So<br />
werden Getreide ab und an von Hand<br />
gesät. Oft sind Kinder, manchmal ganze<br />
Schulklassen an der Arbeit beteiligt. Zum<br />
Kochen werden die reifen Produkte vom Hof<br />
verwendet, deren Qualität sehr geschätzt<br />
wird. Die Essenszeiten gelten als tägliche<br />
Erholung für die Gemeinschaft. Geheimnis<br />
der Rentabilität dieses Hofes liegt zum Teil<br />
darin, dass man sich nicht verschuldet hat,<br />
um viele Maschinen zu kaufen.<br />
Eine Klinikküche für Menschen<br />
Frau Hagg, Küchenleiterin der Ita-<br />
Wegman-Klinik berichtete von der<br />
Versorgung von über 60 Patienten und<br />
50 Mitarbeitern pro Tag, ferner der<br />
Belieferung von Kindertagesstätten und<br />
der Cafeteria, für die Tagesmenü sowie<br />
Kaffee und Kuchen bereitgestellt werden.<br />
Getreide ist ein wichtiger Bestandteil der<br />
Küche. Die Getreidearten werden im<br />
Wochenrhythmus zubereitet. Wichtig ist<br />
die Berücksichtigung der Jahresfeste und<br />
-zeiten, um auch die Sinne zu ernähren. 40-<br />
50% der verbrauchten Nahrungsmittel sind<br />
biologisch-dynamischer Herkunft, weitere<br />
40% stammen aus biologischer Erzeugung.<br />
Essen in einer Schulküche<br />
Frau Dobin leitet die Küche der<br />
Waldorfschule in Braunschweig. Es wird<br />
ein Komponentenessen angeboten.<br />
wo sich die Schüler das Essen selbst<br />
zusammenstellen und z. B. zwischen<br />
verschiedenen Gemüsearten, Beilagen oder<br />
einem Salat wählen können. In Absprache<br />
mit Kollegen findet eine Verknüpfung<br />
von Unterrichtsinhalten und Speiseplan<br />
statt, z.B. im Erdkundeunterricht mit<br />
dem Thema Italien wird von der Klasse<br />
ein landestypischer Speiseplan erstellt.<br />
Die Schüler der 7. Klasse absolvieren ein<br />
1-wöchiges Mensapraktikum, wo sie<br />
Grundtechniken der Nahrungszubereitung<br />
lernen. Der Speiseplan wird jahreszeitlich<br />
gestaltet, beliebte Speisen wie Pizza<br />
kommen etwa alle zwei Wochen auf den<br />
Tisch. Zurzeit wird im Auftrag des Vorstands<br />
ein Konzept für die Mensa erarbeitet.<br />
Zuckerstudie<br />
Anschließend stellte Frau Dr. Kühne die<br />
von ihr erarbeitete Studie zu R. Steiners<br />
Aussagen zum Zucker vor. In vielen Ländern<br />
steigt aufgrund besserer wirtschaftlicher<br />
Verhältnisse der Zuckerverbrauch bis zu<br />
einer Sättigung an. In der Vollwerternährung<br />
wird Zucker oft negativ bewertet. R. Steiner<br />
hat dies differenzierter gesehen, auch für<br />
Kinder. So vermag der Genuss von Zucker<br />
einem melancholischen Kind helfen sich<br />
zu lockern, ein kleiner Sanguiniker sollte<br />
allerdings nicht zuviel davon bekommen.<br />
Dass die Zuckerqualität nach Pflanze<br />
und Verarbeitungsgrad unterschiedlich<br />
wirkt, wurde im Arbeitskreis für<br />
Ernährungsforschung mit wahrnehmender<br />
Verkostung erprobt. Dabei ist es auch<br />
wichtig, aus welchem Teil der Pflanze<br />
das Süßungsmittel gewonnen wurde<br />
(z. B. Birnendicksaft oder Rübensirup).<br />
Die Studie ist beim Arbeitskreis für<br />
Ernährungsforschung für 10 € erhältlich.<br />
Welternährung und ökologischer<br />
Landbau<br />
Nikolai Fuchs setzte das Thema<br />
Welternährung vom Vorjahr fort. 2008<br />
43
44<br />
erschien der Bericht des Welt-Agrarrates,<br />
in dem eine Neuausrichtung in der<br />
internationalen Agrarpolitik auf ökologisch<br />
nachhaltige Produktionsmethoden gefordert<br />
wird. Die Situation ist besorgniserregend.<br />
Preissteigerungen für Lebensmittel belasten<br />
die Ärmsten der Armen und haben zu<br />
Hungerrevolten sogar in Schwellenländern<br />
wie Ägypten geführt. Es gibt zwei Konzepte<br />
zur Bewältigung dieser Probleme: eine<br />
zweite „grüne Revolution“ mit Hilfe der<br />
Gentechnik und die vom Weltagarrat<br />
befürworteten alternativen Anbauweisen.<br />
Effektive Hilfe ist zu etwa 40% eine Frage<br />
der Anbautechnik. Die Ernteerträge im<br />
Ökolandbau erscheinen nur in der westlichen<br />
Welt gering, für Länder mit traditionellen<br />
Anbaumethoden führen sie zu einer<br />
Verbesserung der Situation. Aufgabe eines<br />
biologisch-dynamischen Landbaus wäre es,<br />
in der Landwirtschaft einen Kulturwandel<br />
von unten nach oben einzuleiten. Eine<br />
Politik, die den Menschen, den Hungernden<br />
nicht als zu Versorgenden, sondern als zu<br />
Befähigenden sieht. Die westliche Welt<br />
muss aber bereit sein, ihre Märkte für diese<br />
Produkte zu öffnen. In der anschließenden<br />
Diskussion wurde deutlich, dass Ernährung<br />
und Lebensmittelqualität einen anderen<br />
Stellenwert erhalten müssen, um den<br />
Verbraucher zu einer Umorientierung zu<br />
bewegen. Dazu gehört auch eine deutliche<br />
Senkung des Fleischkonsums. Vielleicht,<br />
so kam die Frage, müssen Menschen mit<br />
anthroposophischer Einstellung von sich aus<br />
aktiver handeln und nicht erst warten, bis sie<br />
gefragt werden.<br />
Qualitätsstandards<br />
In zwei kleineren Gruppen wurde am<br />
Abend an Leitlinien für die Anwendung<br />
anthroposophischer Ernährung gearbeitet.<br />
Hintergrund dieser Aufgabe sind die<br />
Qualitätsrichtlinien, die von der Deutschen<br />
Gesellschaft für Ernährung bereits für<br />
Betriebe, Schulen und neuerdings für<br />
Kindertagesstätten veröffentlicht worden<br />
sind 1 . Sie regten den Initiativkreis für<br />
Ernährung an, eigene Qualitätsstandards<br />
oder -leitlinien zu erarbeiten, um die<br />
Essensqualität nach weiteren Kriterien als<br />
nur dem Nährstoffgehalt zu bewerten. Diese<br />
Aufgabe konnte in der kurzen Zeit natürlich<br />
nur in Ansätzen erfolgen. Allerdings wurde<br />
bereits deutlich, dass die Lebensmittelqualität<br />
jeweils im Mittelpunkt stand. So war<br />
ein Ziel, möglichst viele biologisch-<br />
dynamische Lebensmittel zu verwenden. Zur<br />
Realisierung wurde von einer Gruppe eine<br />
Rangfolge von konventionell, konventionell<br />
regional über EU Bio, Verbandsbio bis zu<br />
Demeter aufgestellt. Ebenso wurde die<br />
soziale Qualität von „fair trade“ bis zum<br />
Umgang mit Mitarbeitern erwähnt. Als<br />
Grundlage stand bei beiden Gruppen die<br />
anthroposophische Ernährung. Dazu gehört<br />
z.B. inwieweit die Dreigliederung der Pflanze<br />
bei der Speiseplanerstellung beachtet wird.<br />
Milchqualität<br />
Der Samstagvormittag war dem Thema<br />
Milch gewidmet. Susanna Küffer Heer<br />
erläuterte die Zusammenhänge zwischen<br />
Milchqualität und dem Entstehen von<br />
Allergien insbesondere im Kindesalter.<br />
Mit einer Studie an 15.000 Kindern aus<br />
verschiedenen europäischen Ländern<br />
wurden Gründe für die Zunahme an<br />
Allergien untersucht. Bauernkinder, die sich<br />
in Ställen aufhalten konnten und mit Tieren<br />
in Berührung kamen, wiesen größeren<br />
Schutz auf. Daneben spielt die Art der Milch
selber eine entscheidende Rolle. Homogenisierung, aber auch Erhitzung der Milch hat negative<br />
Wirkungen. Entscheidend für die Bekömmlichkeit von Milch auch im Hinblick auf möglicherweise<br />
entstehende Allergien ist die Qualität ihres Fettes. Günstig wirken Omega-3-Fettsäuren (eine<br />
Art der langkettigen mehrfach ungesättigten Fettsäuren) sowie der konjugierten Linolsäure.<br />
Nikolai Fuchs stellte dar, dass diese Fettzusammensetzung von der Fütterung und Haltung der<br />
Tiere abhängt. Bei intensiver Haltung muss ein Tier bis zu 12.000 Liter Milch pro Jahr liefern, bei<br />
extensiver nur 5000 Liter. Hochleistungen verlangen eine Fütterung mit Kraftfutter wie Mais,<br />
Getreide oder Soja. Die beste Qualität auch in Bezug auf die Fettzusammensetzung erhält man<br />
durch eine extensive biologisch-dynamische Landwirtschaft. Weiteren Einfluss hat die Haltung im<br />
Tal oder auf den Bergen. Auf den Bergwiesen leben die Tiere von frischem Gras und Kräutern,<br />
während im Tal die Tiere auch Heu oder je nach Bewirtschaftung Silage bekommen.<br />
Zum Abschluss der Veranstaltung konnte Milch erlebt werden. 5 verschiedene Milchsorten von<br />
der Demeter-Milch bis zur Fertignahrung für Säuglinge wurden verkostet, wahrgenommen und<br />
beurteilt. Hierbei wurde noch einmal sehr deutlich, wie gravierend Qualitätsunterschiede sein<br />
können und was es für ein Kind bedeuten mag, wirkliche naturbelassene Milch trinken zu dürfen<br />
und damit auch, wie wichtig es ist, an Qualitätsleitlinien weiter zu arbeiten.<br />
Auf dem Treffen war Gelegenheit, dass sich die Teilnehmer und ihr Arbeitsumfeld vorstellten<br />
und austauschten. Dies gab eine Vielzahl von Initiativen von einem Kochkurs in einem<br />
Waldorfkindergarten in Prag über die Gründung eines Vereins für anthroposophische<br />
Ernährungstherapie, der Fortbildung Anthroposophische Ernährung im Arbeitskreis für<br />
Ernährungsforschung bis zum Führen eines Vollwertrestaurants und der Organisation<br />
von Vorträgen. Im Anschluss an dieses Treffen trafen sich die Verbrauchervertreter der<br />
Konsumentenvereine.<br />
(Footnotes)<br />
1 “Qualitätsstandards für die Verpflegung in Tageseinrichtungen für Kinder” download<br />
oder Bestellung unter: http://www.dge-projektservice.de/Produkte/FITKID-Medien/<br />
Qualitaetsstandards-fuer-die-Verpflegung-in-Tageseinrichtungen-fuer-Kinder/132004.html<br />
Dieser Bericht erscheint auch in der Sektion für Landwirtschaft.<br />
45
Veranstaltungsrückblick<br />
46<br />
Arbeitskreis Verbraucher<br />
von Marc Theurillat<br />
Assoziativer Markt und die Rolle der<br />
Konsumentenorganisationen<br />
Hier stelle ich dar, wie aus meiner Sicht<br />
eine Alternative zum heute propagierten<br />
„freien Markt“ aussieht. Der Text ist eine<br />
knapp formulierte „Konzept-Skizze“ für<br />
die Mitteilungen 2/09 des Konsumenten-<br />
Vereines Basel und Umgebung.<br />
(1) Thema und Fragestellung<br />
(a) Assoziativ resp. Assoziationen<br />
Schon lange interessiert mich, wie die<br />
Angaben von Rudolf Steiner zur Wirtschaft<br />
konkret umgesetzt werden können. In<br />
seinen Angaben haben die „Assoziationen“<br />
einen wichtigen Stellenwert. Es gibt eine<br />
reiche Literatur über die „assoziative<br />
Wirtschaft“, die jedoch praktisch nur<br />
innerhalb der anthroposophischen<br />
Bewegung beachtet wird. Die aktuelle<br />
Finanz- und Wirtschaftskrise zeigt aber, wie<br />
nötig eine grundsätzliche Neuorientierung<br />
wäre. Ich möchte meine aus den Hinweisen<br />
Rudolf Steiners gewonnenen Erkenntnisse<br />
und Vorstellungen so darlegen, dass sie<br />
für jeden Interessierten, (mindestens)<br />
nachvollziehbar sind.<br />
(b) Nicht behandeltes Umfeld<br />
Ich beschränke mich hier auf den Aspekt<br />
der „Assoziationen“. Die Hinweise von<br />
Rudolf Steiner betreffen ein viel breiteres<br />
Gebiet, das hier nicht auch behandelt<br />
werden soll. So erläutere ich weder die<br />
Fragen des Menschenbildes noch die<br />
des gesellschaftlichen Rahmens resp. der<br />
„Dreigliederung“. Auch die Fragen der<br />
Einkommensbildung („bedingungsloses<br />
Grundeinkommen“), des Eigentums an<br />
Produktionsmitteln und die Bedeutung der<br />
drei Geldarten (Kauf-, Leih- und Schenkungs-<br />
Geld) können hier nicht behandelt werden,<br />
weil ich mich ganz auf den Ausschnitt<br />
„assoziativ“, der sich auf die Gestaltung der<br />
Märkte bezieht, konzentriere.
(c) Schweizerischer<br />
Demeterverband und der KVBU<br />
Konzeptionelle Gedanken werden in<br />
einem Spannungsfeld von grundsätzlichen<br />
Erkenntnissen einerseits und ganz<br />
konkreten Situationen andererseits<br />
entwickelt. In diesem Text geht es um die<br />
konkrete Situation des Schweizerischen<br />
Demeterverbandes und des KVBUs.<br />
(d) Die Fragestellung<br />
In diesem Aufsatz soll also folgenden Fragen<br />
nachgegangen werden: Wodurch zeichnet<br />
sich eine „assoziative Marktgestaltung“<br />
aus? Was könnte dies für die Demeter-<br />
Bewegung der Schweiz bedeuten? Was<br />
müsste die Konsumentenorganisation KVBU<br />
dabei leisten?<br />
(2) Der Markt und seine<br />
Probleme<br />
(a) Der Markt als „Transaktions-<br />
Ort“<br />
Wenn ich hier von „Markt“ spreche,<br />
so meine ich den „Ort“ (in einem<br />
umfassenden Sinne) mit Umfeld,<br />
Strukturen und Verhaltensweisen, an dem<br />
mehrere gleichwertige wirtschaftliche<br />
Güter von verschiedenen „Akteuren“ (sei<br />
es eine Firma oder Einzelperson) an mehrere<br />
andere gegen Geld verkauft werden. Das<br />
kann ein konkreter Marktplatz sein; aber<br />
auch z.B. die Gesamtheit der Demeter-<br />
Bauern in der Deutschschweiz mit ihren<br />
Abnehmern. Kein Markt liegt vor, wenn<br />
entweder eine Monopol-Situation und/oder<br />
zentrale Zuteilungen (Planwirtschaft) die<br />
Kaufentscheidungen bestimmen.<br />
(b) Seine zu erhaltenden Vorteile<br />
Die wichtigen, auch in einer fairen,<br />
solidarischen Wirtschaftsweise erwünschten<br />
Eigenschaften eines Marktes sind: Freie<br />
(aber verantwortliche) Entscheidungen der<br />
Akteure, Wettbewerb (zwischen Anbietern<br />
und zwischen Abnehmern), Angebotsvielfalt<br />
und Abnehmer-orientierte Qualitäts- und<br />
Mengenfestlegungen.<br />
(c) Die Probleme und heutigen<br />
Lösungsansätze<br />
Da die (wenigen und besser organisierten)<br />
Anbieter ihre Gewinne maximieren wollen,<br />
versuchen sie eine marktbeherrschende<br />
Stellung (mit überhöhten Preisen) zu<br />
erwerben. Um das zu verhindern, werden<br />
durch die Kartell-Gesetzgebung Monopole<br />
und alle Absprachen verboten. Eine effektiv<br />
(oder vermutet) schwache Stellung der<br />
Abnehmer (in sozialpolitisch relevanten<br />
Gebieten wie Miete und Medikamente, etc.)<br />
wird durch staatliche Eingriffe kompensiert.<br />
Kapitalintensive Produktionskapazitäten<br />
brauchen viel längere Auf- und Abbauzeiten<br />
als die Verhaltensänderung der Abnehmer<br />
(z.B. Auto- und Energie-Industrie). Dafür<br />
besteht heute kein Lösungsansatz. Die<br />
heutige Regelung, dass der aktuelle<br />
Marktpreis auch den „Wert“ einer Ware<br />
darstelle (und zu diesem Wert zu buchen<br />
sei), führt bei grossen Unterschieden<br />
zwischen Angebot und Nachfrage zu den<br />
enormen Vermögensänderungen („Blasen“<br />
und „Krisen“). Kleine zu „Sonderpreisen“<br />
gehandelte Mengen bestimmen den Wert<br />
der grossen Bestände. Auch hier gibt es<br />
heute keinen Lösungsansatz.<br />
(d) Die Mängel der heutigen<br />
Regelungen<br />
Zusammengefasst und vereinfacht sehe ich<br />
47
48<br />
folgende drei Haupt-Mängel:<br />
1.) Es gibt keine idealen Märkte;<br />
d.h. auch die behauptete automatische<br />
Optimierung (der „unsichtbaren<br />
Hand“) funktioniert nicht wirklich. Der<br />
Zufall, d.h. die vielen unkoordinierten<br />
Einzelentscheidungen führen nicht zu<br />
nachhaltig geordneten Verhältnissen.<br />
2.) Wenn, wie heute üblich, „frei“ mit<br />
„willkürlich, so wie es meinen momentanen<br />
Interessen entspricht“ gleich gesetzt wird,<br />
so entsteht nie verantwortliches Handeln.<br />
Mit der nun ein Jahrhundert propagierten<br />
Aufforderung, nur für sich selbst zu schauen,<br />
wurden viele gesellschaftlichen Strukturen<br />
und das nachhaltige Gleichgewicht der<br />
Umwelt zerstört. Wir brauchen ein „frei“ als<br />
„aus meiner individuellen Verantwortung<br />
mir und dem Umfeld gegenüber“!<br />
3.) Die Einsicht, dass die Märkte<br />
sich nicht ganz überlassen werden können,<br />
sondern verschiedene „Regulatoren“<br />
brauchen, hat einen politisch breiten<br />
Konsens. Diese Eingriffe sind aber alle<br />
politisch motiviert und gesteuert. Damit<br />
sind sie, wie die resultierende Gesetzgebung<br />
oft gezeigt hat, keineswegs immer sachlich<br />
richtig. Nicht alle, aber viele Regulationen<br />
sollten nicht politisch, sondern sachgerecht<br />
sein.<br />
(3) Das Konzept des<br />
„assoziativen Marktes“<br />
(a) Die Grundidee<br />
Die Märkte sollen, neben den<br />
gesetzgeberischen Rahmenbedingungen<br />
von „Assoziationen“ „reguliert“ werden.<br />
„Assoziationen“ sind Markt- resp.<br />
Branchen-spezifische Vertretungen von<br />
jeweiligen Anbietern und Abnehmern,<br />
idealtypisch von Produzenten, Händlern und<br />
Konsumenten. Die „Assoziationen“ haben<br />
die Aufgabe, das Geschehen der Märkte zu<br />
beobachten, gemeinsam zu analysieren, bei<br />
Bedarf die notwendigen Massnahmen zu<br />
formulieren und allfällige Vereinbarungen<br />
abzuschliessen.<br />
Im Gegensatz zur heutigen<br />
Kartellgesetzgebung wären Zusammen-<br />
schlüsse und Absprachen nicht nur erlaubt,<br />
sondern gefordert; aber immer und nur<br />
mit der „anderen Seite“ zusammen. Der<br />
Interessenausgleich soll nicht durch den<br />
anonymen Kampf im Wettbewerb, sondern<br />
durch Transparenz und Reflexion der<br />
Konsequenzen, herbei geführt werden.<br />
Die notwendigen Regelungen, die sich aus<br />
übergeordneten, rechtlichen und politischen<br />
Sichten geben (Vertragsrecht, Arbeitsrecht,<br />
Umweltschutz, Gesundheitsschutz, etc.)<br />
sind als staatliche Rahmendbedingungen<br />
zu formulieren und gelten für die ganze<br />
Wirtschaft. Die Fragen nach Qualität,<br />
Mengen und Preisen der Waren und<br />
Dienstleistungen (von der Herstellung,<br />
Veredelung über die Distribution bis zum<br />
Konsum) sind diejenigen Fragen, die durch<br />
den „assoziativen Markt“ beantwortet<br />
werden sollen.<br />
(b) Anmerkungen zur konkreten<br />
Ausgestaltung<br />
Vom einzelnen Akteur wird in seinem<br />
Verhalten keine moralische Grösse erwartet;<br />
weil in der Einrichtung der „Assoziationen“<br />
der Interessensausgleich aber offen gelegt<br />
wird, kann kollektiv verantwortlicher<br />
entschieden werden. Das kann<br />
gegebenenfalls auch zu transparenten,
ewusst vereinbarten Einschränkungen<br />
führen. Für alle diejenigen, für die die<br />
Wirtschaft zur Befriedigung der Bedürfnisse<br />
– und nicht für die persönliche Bereicherung<br />
zu lasten der anderen – da ist, eine<br />
verlockende Perspektive.<br />
Die „Assoziationen“ sind so vielfältig wie<br />
die Märkte zu denken: regional, national<br />
und international; je Branche und Teilschritt<br />
der Wertschöpfungskette; immer mit Vor-<br />
und Nachstufe, immer mit Handel/Agenten,<br />
wenn es diese gibt. Die Zusammensetzung<br />
der einzelnen „Assoziationen“ ergibt sich<br />
aus dem konkreten Markt, der begleitet/<br />
reguliert werden soll. Wer weiss, was<br />
geschieht und warum? Wer kann eine<br />
Gruppe von Akteuren vertreten? Viele<br />
Verbände nehmen heute schon Teile der<br />
Aufgaben der Assoziationen war. Auch<br />
Fair-Trade-Organisationen, insofern sie<br />
eine Plattform für gestaltete Anbau- und<br />
Vertriebsverhältnisse bieten, sind im Sinne<br />
der „Assoziationen“ tätig.<br />
(c) Anwendung auf Demeter-<br />
Schweiz<br />
Der Demeter-Markt-Schweiz ist ein kleines<br />
und erst noch heterogenes Gebilde im<br />
Bereich Nahrungsmittel. Vor ein paar Jahren<br />
haben wir den Marktanteil auf 0,5 bis<br />
1 geschätzt. Die Marke „Demeter“ wird<br />
vom Schweizerischen Demeterverband, der<br />
von den drei „Poolpartner“ (Produzenten,<br />
Handel und Konsumenten) gegründet<br />
wurde, verwaltet. Neben der Verwaltung<br />
der Marke (Marken-Schutz und Marken-<br />
Förderung) haben wir (positive) Erfahrungen<br />
mit den sogenannten „Marktgesprächen“,<br />
in welchen Hersteller, Händler und<br />
Konsumentenvertreter bei speziellen<br />
Produktgruppen Qualitätsanforderungen,<br />
Logistik, Margen und Preise besprechen. Es<br />
besteht keine Übersicht über Mengen und<br />
Warenflüsse.<br />
Viele Produzenten und Verarbeiter beklagen,<br />
dass sie einen grossen Teil der Demeter-<br />
Produkte im „Bio-Kanal“ absetzen müssen,<br />
weil die reinen Demeter-Kanäle nicht<br />
genügend Volumen abnehmen könnten.<br />
Andererseits klagen Grosskunden, dass<br />
sie nicht genügend Demeter-Produkte zu<br />
einem tragbaren Preis erhalten würden. Es<br />
ist unbestritten, dass auch die organisierten<br />
KonsumentInnen (wegen hohem Preis,<br />
mangelnder Verfügbarkeit und schlechter<br />
Zugänglichkeit) ihren Bedarf wohl nur unter<br />
der Hälfte mit Demeter-Produkten decken.<br />
Aus meiner Sicht die klassische Situation<br />
kleiner, nicht-gestalteter Märkte.<br />
(4) Die Rolle der Konsumenten-<br />
Organisationen<br />
(a) Ihre Aufgaben<br />
Um kompetente Partner für eine assoziative<br />
Zusammenarbeit zu sein, müssen die<br />
Konsumentenorganisationen fähig sein,<br />
das Geschehen der Märkte zu beobachten,<br />
zu analysieren und Massnahmen zu<br />
formulieren. Das können sie. Eine besondere<br />
Herausforderung stellt jedoch das auch<br />
notwendige, verbindliche Abschliessen einer<br />
Vereinbarung dar.<br />
Die „Grosskunden“ sind wohl in der Lage,<br />
wenn sie zu einem Netzwerk zusammen<br />
geschlossen wären, für die ganze Gruppe,<br />
ihre Bedürfnisse klar zu formulieren und auch<br />
verbindliche Vereinbarungen abzuschliessen.<br />
Hier besteht die Herausforderung darin,<br />
49
50<br />
die meist unter Zeitdruck stehenden, sehr<br />
unterschiedlichen Individualisten von den<br />
Vorteilen zu überzeugen und „unter einen<br />
Hut“ zu bringen.<br />
Die bestehenden Konsumentenvereine<br />
können die Sicht der Einzelhaushalte<br />
dann gut vertreten, wenn sie eine<br />
ausreichende Grösse und einen internen<br />
Erfahrungsaustausch aufweisen. Verlässliche<br />
Vereinbarungen können sie bei „Aktionen“<br />
mit Vorbestellung abschliessen. Dazu zählen<br />
z.B. die „Gemüse-Abonnemente“ oder<br />
unsere „Grossmengen-Aktionen“. Ihre Sicht<br />
wird präziser, die Transparenz klarer und<br />
die Fähigkeit, verbindliche Regelungen zu<br />
treffen, grösser, wenn die Detaillisten als<br />
„Konsumenten-Vertreter“ mit einbezogen<br />
werden. Auch wenn sie selbst Händler sind,<br />
den Produzenten und dem Grosshandel<br />
gegenüber können sie die Sicht der<br />
Konsumentenschaft einnehmen.<br />
Es kann und soll nie das Ziel sein, für alle<br />
KonsumentInnen verbindliche Regelungen<br />
zu treffen. Eine gut ausgestaltete<br />
Konsumentenorganisation, die<br />
„Grosskunden“ und Detaillisten einbezieht,<br />
kann aber sehr wohl kompetenter<br />
Gesprächspartner sein und auch Regelungen<br />
im Sinne von „Rahmen-Verträgen“<br />
abschliessen. Wie verbindlich die einzelnen<br />
Aussagen werden können, wird sich aus den<br />
konkreten Lebensumständen ergeben.<br />
(b) Ihre aktuelle Verfassung<br />
Die Konsumentenvereine der Schweiz<br />
decken mehr oder weniger die ganze<br />
Deutschschweiz ab und sind in einem<br />
Dachverband zusammengeschlossen. Ihr<br />
Mitgliederbestand ist stetig leicht sinkend.<br />
Nur in Basel hat sich ein regelmässiger<br />
Kontakt mit den Detaillisten etabliert.<br />
Noch nirgends sind die „Grosskunden“<br />
eingebunden. Im Demeterverband und im<br />
„Marktgespräch“ wird aktiv mitgearbeitet.<br />
(5) Schlussfolgerungen für den<br />
KVBU<br />
(a) Die zu bewältigende<br />
Herausforderung des KVBU<br />
Die im Vorangegangenen erläuterten<br />
Überlegungen bestätigen den vom<br />
Vorstand des KVBU schon eingeschlagenen<br />
Weg: Mehr Mitglieder, Einbezug der<br />
„Grosskunden“ in einer besonderen<br />
„Sektion“, Festigung der Zusammenarbeit<br />
mit den Detaillisten und Ausbau der<br />
„Abonnemente“ und „Grossmengen-<br />
Aktionen“ auf Vorbestellung.<br />
(b) Ansätze zur Lösung<br />
Es gilt, die klassischen PR-Wege einer<br />
Interessenorganisation zu begehen.<br />
(6) Zusammenfassung<br />
Wir alle sind mit den dramatischen<br />
Verwerfungen an den Finanzmärkten und<br />
der damit ausgelösten Wirtschaftskrise<br />
konfrontiert. Es ist hier nicht der Ort, alle<br />
Hintergründe und Konsequenzen auszu-<br />
euchten. Was hier aber versucht wurde, ist<br />
ein Aspekt davon, nämlich das Funktionieren<br />
„freier Märkte“ und das der Alternative,<br />
der „assoziativen Märkte“, zu skizzieren.<br />
Dabei haben wir Konsumentinnen und<br />
Konsumenten eine besondere Bedeutung,<br />
wenn wir nicht nur lamentieren, sondern<br />
auch konkret an Verbesserungen arbeiten.<br />
Überall freie Wahl gibt keine<br />
Nachhaltigkeit!
Den „freien Märkten“, im Gegensatz zur staatlichen Planwirtschaft, verdanken wir viel:<br />
Auswahl und attraktive Produkte dank Wettbewerb sowie auf die Abnehmer hin orientierte<br />
Qualitäten und Mengen. Aber das heutige System hat auch seine Schwächen: Grösse und Stärke<br />
gewinnt, die Wünsche der kleinen Minderheiten finden keine Beachtung, wir schwanken immer<br />
schneller zwischen „Überhitzung“ und „Rezession“ und es braucht immer stärkere staatliche<br />
Regulationen, um die Umwelt und die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. Eines ist klar<br />
geworden: wenn jede und jeder Einzelne „frei“ als „willkürlich, so wie es meinen momentanen<br />
Interessen entspricht“ versteht, dann entsteht in der Summe keine nachhaltig ausgewogene<br />
Wirtschaftsaktivität.<br />
Die Alternative: Assoziationen<br />
Die Grundidee der Alternative: innerhalb der gesetzlichen Randbedingungen sollen die Märkte<br />
von „Assoziationen“, d.h. Vertretungen jeweiliger Anbietern und Abnehmern, mit auf konkrete<br />
Situationen abgestimmten Vereinbarungen, reguliert werden. Im Gegensatz zur heutigen<br />
Kartellgesetzgebung wären Zusammenschlüsse und Absprachen nicht nur erlaubt, sondern<br />
gefordert; aber immer und nur mit der „anderen Seite“ zusammen. Der Interessenausgleich soll<br />
nicht durch den anonymen Kampf im Wettbewerb, sondern durch Transparenz und Reflexion<br />
der Konsequenzen, herbei geführt werden. Qualität, Mengen und Preise sollen durch den<br />
„assoziativen Markt“ bestimmt werden.<br />
Die Voraussetzung: verantwortliches Handeln der Konsumentenschaft<br />
Das Konzept setzt allerdings voraus, dass wir KonsumentInnen beginnen, „Freiheit“ als „aus<br />
meiner individuellen Verantwortung mir und dem Umfeld gegenüber“ zu leben. Auswahl ja,<br />
aber falls nötig, mit Einschränkungen. Das Konzept setzt ferner voraus, dass sich nicht nur die<br />
Hersteller und der Handel, sondern auch die Konsumentenschaft organisieren, um die Bedürfnisse<br />
artikulieren zu können. Auch der Konsum muss zu verbindlichen Vereinbarungen fähig werden.<br />
Der Konsumentenverein will das entwickeln<br />
Genau das, am Beispiel der Demeter-Produkte, zu entwickeln, das ist das Ziel und die aktuelle<br />
Tätigkeit des Konsumentenvereins Basel und Umgebung. Aber um wirksam werden zu können,<br />
brauchen wir noch mehr Menschen, die das selbe auch tun wollen. Wir suchen ,<br />
die unser Engagement mit den nächsten Schritten im Alltag und einer Mitgliedschaft bei uns<br />
unterstützen. Nur zusammen werden wir stark!<br />
51
52<br />
Veranstaltungsrückblick<br />
Bericht vom Verbrauchertreffen<br />
von Hans Ueli Eisenhut<br />
(Präsident des Schweizerischen Verbandes der Konsumentenvereine zur Förderung der<br />
biologisch-dynamischen Landwirtschaftsweise und assoziativer Wirtschaftsordnung)<br />
1. Planung eines Konsumentenkongresses in<br />
Zürich im März 2010<br />
Arbeitstitel: Konsumenten – Auftraggeber<br />
der Wirtschaft – ein Beitrag zu einer neuen<br />
Finanz- und Realwirtschaft<br />
2 Vorträge zum Tagungsthema<br />
2 Vorträge von Wirtschaftsunternehmer<br />
Forum: moderiertes Gespräch mit Vertretern<br />
aus Politik, Landwirtschaft, Handel und<br />
Konsumenten<br />
Zurzeit werden Sponsoren gesucht.<br />
2. Projekt neue Homepage<br />
www.demeterkonsumenten.ch<br />
Die Delegiertenversammlung vom 25.4.2009 hat<br />
beschlossen, bis Ende Oktober 2009 eine neue<br />
„lebendige“ Homepage zu gestalten. Bedingung ist, dass diese regelmässig gewartet<br />
wird und möglichst aktuelle und interessante News, Umfragen, Infos, Listen etc. bietet.<br />
Ein wichtiger Faktor ist die Mitgliederwerbung.<br />
3. Mitarbeit an der Sozialen Charta DEMETER<br />
Als Mitglied eines der drei Poolpartner des Demeter Verbandes Schweiz hat eine<br />
Arbeitsgruppe des Verbandes im April zuhanden des Demeter Verbandes einen Text<br />
erarbeitet. Er besteht aus fünf Punkten: 1. Präambel, 2. Kulturelles Engagement,<br />
3. Verbindlichkeit in sozialen Beziehungen, 4. Partnerschaftliches Wirtschaften, 5.<br />
Erklärung. Wünschenswert wäre, wenn unsere Inhalte in die bestehende Version des<br />
Vereins für biologisch-dynamische Landwirtschaft einfliessen könnten.
Internationale Sektionsarbeit: Indien<br />
Stand der Demeter-Bewegung<br />
von Ulrich Rösch<br />
Blick fürs Ganze<br />
Anlässlich des Jahrestreffens der Biologisch-<br />
Dynamischen Assoziation von Indien<br />
(BDAI) in Bangalore am 10. Januar 2009<br />
reiste Ulrich Rösch von der Sektion für<br />
Sozialwissenschaften am <strong>Goetheanum</strong> nach<br />
Indien. Thema war die Verbindung mit der<br />
weltweiten Bewegung.<br />
Unser Weg in den Süden Indiens führte<br />
uns durch Kerala, wo auf verschiedenen<br />
Farmen Kaffee, Tee, Gewürze und Früchte<br />
biologisch-dynamisch angebaut werden.<br />
Er ging durch das Kardamom-Gebirge,<br />
durch die West Ghats auf die Kurinji-Farm<br />
nahe Madurai, wo vor allem Mangos und<br />
Birnen angepflanzt und verarbeitet werden.<br />
In vielen in Europa vertriebenen Demeter-<br />
Säften sind Kurinji-Mangos enthalten.<br />
Kerala heißt in Indien ‹God’s own land›.<br />
Wenn man die Fruchtbarkeit dieses Landes<br />
und die freundlichen Menschen sieht,<br />
kann man glauben, dass das stimmt. Aber<br />
es ist nicht nur Paradies. Wälder wurden<br />
abgeholzt, dafür Monokulturen für Tee,<br />
Kaffee und Kautschuk angelegt. Trotz<br />
vieler Bemühungen – Kerala hat die kleinste<br />
Zahl von Analphabeten in Indien – ist die<br />
Bevölkerung zu stark gewachsen und damit<br />
vor allem der Mensch und Natur zerstörende<br />
Autoverkehr.<br />
Bei allem Erfolg – Gefahr der Isolierung<br />
Von der Kurinji-Farm fuhren wir mit dem<br />
Präsidenten der BDAI, Jakes Jayakaran,<br />
nach Bangalore. Hier fand das Jahrestreffen<br />
der BDAI statt. Die biologisch-dynamische<br />
Bewegung, so erfolgreich sie in Indien<br />
ist, dürfe sich, so Ulrich Rösch von der<br />
Sektion für Sozialwissenschaften am<br />
<strong>Goetheanum</strong>, nicht isoliert von den anderen<br />
anthroposophischen Bestrebungen sehen.<br />
Auch Umesh Chandrasekar, Direktor des<br />
Instituts für Marktökologie in Indien, wies<br />
darauf hin, dass bei aller erfolgreichen<br />
Arbeit der letzten Jahre wegen großer<br />
Arbeitsbelastung der einzelnen Initiativen<br />
der Blick auf das Ganze manchmal etwas zu<br />
kurz komme.<br />
Carolin Hedman von der Initiative Sophia,<br />
Järna (SE), bekräftigte die Bedeutung des<br />
53
54<br />
weltweiten Netzwerkbildens. Sie begleitet junge Menschen, die von Schweden aus nach Indien<br />
entsandt werden, um dort vor allem in ländlichen Initiativen mitzuarbeiten, zum Beispiel bei<br />
der Initiative in Sevapur. Dort gibt es im Rahmen eines größeren sozialen und pädagogischen<br />
Projektes auch eine biologisch-dynamische Farm.<br />
Nirmala Diaz von der Sloka-Waldorfschule in Hyderabad gab einen Einblick in die Arbeit der<br />
Waldorfschulen in Indien. Von einigen der landwirtschaftlichen Initiativen kam der Wunsch, eine<br />
Erweiterung durch eine Schule zu bekommen.<br />
Die biologisch-dynamische Ausbildung in Indien war Thema von David Hogg, dem Sekretär<br />
der BDAI. In Zentralindien stellten vor allem Frauen die Landwirtschaft eines ganzen Dorfes auf<br />
biologisch-dynamisch um. Hogg berichtete vom wachsenden Maikaal-Projekt und von der von<br />
Rithu Baruah geleiteten Landbauschule. Einen herzlichen Dank sprach er an Peter Proctor aus, der<br />
in Indien über viele Jahre biologisch-dynamische Ausbildungskurse durchgeführt hat und dort als<br />
Lehrer ‹par excellence› verehrt wird. Jetzt musste er aus Gesundheitsgründen nach Neuseeland<br />
zurückkehren.<br />
Und Jakes Jayakaran berichtete über seine Arbeit in China, wo er auf großes Interesse stieß<br />
und mehrere Kurse durchgeführt hat. Dort wird allerdings Wert darauf gelegt, dass biologisch-<br />
dynamische Landwirtschaft mehr eine Methode und Technik ist; der weltanschauliche Hintergrund<br />
muss sehr zurückgestellt werden.<br />
Internationale Sektionsarbeit: Indien<br />
Gateway-Zweig in Mumbai<br />
von Ulrich Rösch<br />
Soziale Bedeutung<br />
In der Weihnachtszeit 2008 besuchte Ulrich<br />
Rösch vom <strong>Goetheanum</strong> den Gateway-<br />
Zweig in Mumbai. Eine kleine Impression<br />
von der Stimmung vor Ort.<br />
Es ist für einen Mitteleuropäer schon<br />
eigenartig, wenn man am frühen<br />
Weihnachtsmorgen nach Mumbai einfliegt<br />
und es dort, mitten in der Nacht, noch 26<br />
Grad Celsius hat. Obwohl die Anschläge von<br />
Mumbai noch nicht einmal vier Wochen her<br />
sind, ist äußerlich wie immer ein geschäftiges<br />
Treiben vorzufinden.
Am zweiten Weihnachtstag treffe ich<br />
einige Mitglieder des Gateway-Zweiges der<br />
Anthroposophischen Gesellschaft bei der<br />
Familie Bana im Zentrum von Mumbai. Dort,<br />
mitten in der Stadt an der lärmigen Grant<br />
Road, treffen sich die Zweigmitglieder.<br />
Die bescheidene Wohnung der Familie<br />
Bana, wo neben Aban auch die Schwester<br />
Dilnawaz und der 98-jährige Vater wohnen,<br />
welcher noch täglich studiert und kleine<br />
Dichtungen schreibt, wird links und rechts<br />
von muslimischen Familien eingerahmt.<br />
Im Raum fällt mein Blick sofort auf die<br />
aufgebaute (‹Ostheimer›-)Krippe mit den<br />
Hirten, den Königen, Maria und Joseph<br />
und dem Christuskind. So fühle ich mich<br />
angeregt, über das Weihnachtsgeschehen<br />
und seine soziale Bedeutung zu sprechen,<br />
das Hereinkommen der Weisheit durch die<br />
Könige, das soziale Zusammenwirken der<br />
Hirten und des Zentrums, des Christuskindes,<br />
das uns aufruft, miteinander in eine<br />
gerechte soziale Beziehung zu treten.<br />
Ich bin mir bewusst, dass vor mir Hindus aus<br />
verschiedenen Kasten, auch Brahmanen,<br />
sitzen, Muslime, Christen und Parsis, die auf<br />
die zarathustrische Strömung zurückgehen.<br />
Es ist eine dichte Atmosphäre, die uns den<br />
tosenden Straßenlärm in Mumbais Zentrum<br />
ganz vergessen lässt.<br />
55
Internationale Sektionsarbeit: Indien<br />
56<br />
Sadhana Village<br />
von Ulrich Rösch<br />
Soziale Umsichtigkeit<br />
Bei Pune liegt die heilpädagogische<br />
Einrichtung Sadhana Village. Sie wurde<br />
vor 15 Jahren von V. N. Deshpande mit<br />
Unterstützung der Camphill-Gemeinschaft<br />
Copake (US) eingerichtet. Neben ihrer<br />
heilpädagogischen Aufgabe kümmert sich<br />
die Gemeinschaft von Sadhana Village auch<br />
um bessere soziale Bedingungen in der<br />
Umgebung.<br />
Sadhana Village liegt in einem herrlichen Tal<br />
etwa 35 Kilometer nordöstlich von Pune.<br />
Obwohl die Einrichtung sehr abgelegen<br />
ist, umgeben von ursprünglichen Dörfern,<br />
hat sie neben den Beziehungen zu den<br />
Camphill-Einrichtungen in den USA auch<br />
zahlreiche Praktikanten aus Europa, welche<br />
durch die Freunde der Erziehungskunst<br />
Rudolf Steiners vermittelt und betreut<br />
werden. Die Gemeinschaft lebt in drei<br />
verschiedenen Häusern.<br />
Neben der heilpädagogischen Arbeit holt<br />
man Kinder mit Bussen nach Sadhana<br />
Village, um ihnen in ‹Freizeitschulen›<br />
Bildung zu ermöglichen. Viele von ihnen<br />
weigern sich, in die vom Staat betriebenen<br />
Schulen zu gehen.<br />
Während meines Besuchs bemerkte ich bei<br />
der gemeinsamen Eurythmie aller Bewohner<br />
der Einrichtung mit Aban und Dilnawaz Bana<br />
sofort an der Freude und dem engagierten<br />
Mitmachen der Betreuten, dass die beiden<br />
schon öfters dort gearbeitet haben. Es war<br />
erwärmend zu beobachten, wie sich die<br />
Betreuten liebevoll gegenseitig helfen. Alle<br />
machten mit: die Betreuten, die Mitarbeiter,<br />
die Praktikanten und die Gäste.<br />
Aufbrechende Sozialstrukturen<br />
Nach der Eurythmie spreche ich mit<br />
den Praktikanten, meist ehemalige<br />
Waldorfschüler, über den sozialen Impuls,<br />
der einer solchen Einrichtung zugrunde<br />
liegt. Dar?über hatten sie an ihren Schulen<br />
nicht viel gehört. Umso engagierter war<br />
das Gespräch, das sich an die Darstellung<br />
anschloss. Wahrscheinlich hätte es noch<br />
den ganzen Abend gefüllt, wenn nicht eine<br />
Gruppe ihre 36-stündige Reise nach Kolkata<br />
hätte antreten müssen, wo ein gemeinsames<br />
Treffen aller Praktikanten in Indien auf<br />
Einladung der ‹Freunde› stattfand.<br />
Am nächsten Tag fuhren wir in die<br />
umgebenden Dörfer. Die sozialen Strukturen<br />
sind dort völlig am Aufbrechen. Von dem,<br />
was einmal dort stabilisierend war, ist nur<br />
noch ein Trümmerhaufen übrig geblieben.<br />
Nachdem die Gemeinschaft das über eine<br />
Studie wahrgenommen hatte, fing sie an, mit<br />
den Dorfbewohnern Projekte aufzubauen:<br />
den Bau von Bewässerungsanlagen,<br />
Toiletten und ersten Anfängen einer<br />
Abwasserbeseitigung. Insbesondere<br />
Frauen bildeten Selbsthilfegruppen, die
neben wirtschaftlichen Hilfen vor allem<br />
Bewusstsein für sauberes Trinkwasser<br />
entwickelten. Darüber hinaus wird den<br />
Frauen dabei geholfen, häusliche Gewalt<br />
abzuwehren und über Kleinkredite<br />
unternehmerisch tätig zu werden.<br />
Wunsch nach Waldorfschule fürs Dorf<br />
Am nächsten Tag kam der Gründer von<br />
Sadhana Village, um gemeinsam mit uns<br />
zu besprechen, ob nicht in absehbarer<br />
Zeit eine Waldorfschule für die Dorfkinder<br />
eingerichtet werden könne. Es wäre eine<br />
English Medium School, die bis zur 8. Klasse<br />
relativ frei arbeiten könnte. Das Problem ist,<br />
wie überall, die geeigneten Lehrerinnen für<br />
solch eine Schule zu finden.<br />
Aban Bana sagte ihre Hilfe zu und<br />
empfahl, alle Interessenten zu ihrem<br />
Lehrerbildungskurs, der jeden Mai im<br />
nahegelegenen Kandhala stattfindet,<br />
zu senden. Es war beeindruckend<br />
wahrzunehmen, mit welcher sozialen<br />
Umsichtigkeit der über siebzigjährige V.<br />
N. Deshpande diesen Schritt einer eigenen<br />
Schule vorbereitet.<br />
57
Veranstaltungsvorblick<br />
58<br />
Veranstaltungsvorblick<br />
Ins Gespräch kommen - soziale Verantwortung fördern<br />
vom 27.-28.11.2009<br />
von Katie Dobb, Ulrich Rösch<br />
„Was ist erquicklicher als Licht?<br />
Das Gespräch.“ Aus Goethes Märchen von<br />
der Grünen Schlange und der Schönen Lilie.<br />
Wenn über soziale Verantwortung gesprochen<br />
wird, sind viele berührt, dass heute<br />
noch Millionen von Menschen an Hunger<br />
sterben. Wäre aber nicht ein erster nötiger<br />
Schritt, dass wir anfangen den anderen<br />
Menschen in seiner Einmaligkeit wahrzunehmen?<br />
Leidet nicht unsere Welt darunter,<br />
dass wir es nicht verstehen, miteinander ins<br />
Gespräch zu kommen, uns zu begegnen?<br />
In vorbereitenden Treffen wurde deutlich,<br />
dass das Gespräch mit den anderen wichtig<br />
wurde. Wir erfuhren von Begegnungen, in<br />
denen vieles durch ein Gespräch entstanden<br />
ist. Möglichkeiten eröffneten sich oder aus<br />
der Situation wurde etwas ganz besonderes<br />
geboren. Im aktiven Interesse am anderen<br />
Menschen, das im nächsten Schritt zu einem<br />
menschheitlichen Interesse werden kann,<br />
erschließt sich eine zukünftige Dimension.<br />
Ins Gespräch kommen heißt auch geistige<br />
Zusammenhänge wahrnehmen. Wie kann<br />
ich mich als Individualität mit der ganzen<br />
Menschheit verbunden fühlen?<br />
Will ich mich selbst finden, dann muss ich Interesse<br />
für die Nöte der Welt entfalten. Will<br />
ich die Welt verändern, so kann ich das nur<br />
aus der Wahrnehmung der anderen Menschen<br />
und einem selbstbewusstem Denken.<br />
Welche Qualität muss das Denken bekommen,<br />
damit richtige Gedanken über neue<br />
soziale Einrichtungen entstehen können?<br />
Wie müssen Einrichtungen aussehen, damit<br />
die Menschen die richtigen Gedanken und<br />
Empfindungen gegenüber den anderen in<br />
sozialer Beziehung haben können? Die Dreigliederung<br />
des sozialen Organismus kann<br />
uns eine Orientierung geben, damit wir in<br />
den zwischenmenschlichen Beziehungen,<br />
in der Gestaltung unserer Einrichtungen<br />
aber auch im Gestalten der Gesellschaft als<br />
Ganzem einen Beitrag leisten können. Nur<br />
so können wir einen Weg aus dem Chaos<br />
der Gegenwart heraus finden.<br />
Begegnung kann dann zu einem künstlerischen<br />
Prozess werden, eine soziale Skulptur<br />
kann zwischen den Menschen entstehen.<br />
Wir wollen Begegnungsmöglichkeiten<br />
schaffen, in denen viele Menschen die<br />
erquickende und schöpferische Kraft des<br />
Gesprächs entdecken, mit dem Ziel, immer<br />
mehr die gegenwärtigen Nöte der Zeit und<br />
unsere aktuellen sozialen Aufgaben wahrzunehmen.<br />
Diese Veranstaltung der Sektion für Sozialwissenschaften<br />
und der Jugendsektion soll<br />
helfen, dass sich bei allen Teilnehmenden<br />
ein „neues“ tätiges Mitempfinden entwickeln<br />
kann. Das Erfahren des sozialen<br />
Ganzen benötigt die Wahrnehmung des<br />
anderen – und daraus kann ein neues soziales<br />
Verantwortungsgefühl entstehen. Wenn<br />
wir in der rechten Weise zusammenwirken<br />
werden, so kann dieses Wochenende zu<br />
einem einmaligen sozial-künstlerischen Ereignis<br />
werden.
Veranstaltungsvorblick<br />
Veranstaltungsübersicht<br />
2009<br />
08.-11. August Tagung in Nordamerika, Chestnut Ridge (NY)<br />
Inner Transformation and Social Renewal<br />
Social Science Section in North America<br />
11.-12. August Treffen der Sektionsmitglieder in Spring Valley, USA<br />
Kollegium der Sozialwissenschaftlichen Sektion in Nordamerika<br />
04.-05. September Nachhaltige Entwicklung als Schicksalsfrage – das Böse stellen<br />
Values & More (Alexandra Traun) und das <strong>Goetheanum</strong><br />
05. September Spirituelle Kultur von Müttern und Vätern<br />
Arbeitstag der Familienkultur<br />
10.-11.September Geschwindigkeit im Unternehmen<br />
2. interdisziplinäres Wirtschaftsforum am <strong>Goetheanum</strong><br />
Perspektiven für Veranwortliche in Wirtschaft und Kultur<br />
Christine Blanke<br />
12. September Religion - Tätigkeit der Freiheit und Liebe<br />
Fortbildung zur Selbsterziehung am Familienleben<br />
Claudia Stockmann<br />
20.-21. September Aufgaben einer neuen Wirtschaftswissenschaft<br />
„Methodik und Grundbegriffe des Nationalökonomischen<br />
Kurses und ihrer Beziehung zur Wirtschaftspraxis“ (auf Einladung)<br />
Einleitungen: Paul Mackay, Prof. Dr. Marcelo da Veiga und<br />
Ulrich Rösch<br />
24.-27. September Gemeinschaftsbildung im Lichte Michaels<br />
Michaeli-Tagung 2009<br />
Allgemeine Anthroposophische Sektion<br />
08.-11. Oktober Darwin und der Soziale Organismus (Kolloquium)<br />
Naturwissenschaftliche Sektion und Sektion für<br />
Sozialwissenschaften (auf Einladung)<br />
23.-24. Oktober Kolloquium zur Konfliktforschung<br />
13.-14. November Nervosität und Ichheit<br />
Fortbildung zur Selbsterziehung am Familienleben<br />
Rudy Vandercruysse<br />
26.-27. November Zukunfts-Perspektiven der Sektion<br />
Kolloquium (auf Einladung)<br />
27.-29. November Ins Gespräch kommen – Soziale Verantwortung fördern<br />
Sektion für Sozialwissenschaften und Jugendsektion<br />
59
60<br />
2010<br />
22.-23. Januar Hochschultreffen Familienkultur<br />
Zur 17. Klassenstunde<br />
05.-07. März In Gegensätzen miteinander<br />
Hausmitteilung<br />
Akives Recht im Streit um die Mitte<br />
Öffentliche Tagung zum Rechtsleben<br />
16.-17. März Kolloquium zur Konflicktforschung in Deutschland<br />
10. Oktober Treffen zur Altenarbeit<br />
29.-30. Oktober Kolloquium zur Konfliktforschung<br />
Tickets online bestellen unter: www.goetheanum.org<br />
Initiative: Benjamin Kohlhase-Zöllner sucht seitens der Sektion für Sozialwissenschaften<br />
Kontakt zu Studenten mit sozialwissenschaftlichen Forschungsfragen. Gerne hilft er mit Tipps<br />
und Recherche bei Haus-, Diplom- und Doktorarbeiten um anthroposophsiche Fachliteratur in<br />
diese Arbeiten einfliessen zu lassen. Gerne können Sie ihm auch eine Kopie ihrer Arbeit für das<br />
Sektionsarchiv und die Studenten vor Ort senden. Für Fachfragen im Schwerpunkt VWL, BWL und<br />
Management steht er Ihnen gerne zur Verfügung. Aber auch beim Vermitteln von Praktikums-<br />
und Praxissemesterplätzen helfen wir nach Möglichkeit gern.<br />
Kontakt: benjamin.kohlhase@goetheanum.ch<br />
Impressum<br />
Herausgeber und Copy right: Freie Hochschule für Geisteswissenschaft am <strong>Goetheanum</strong> -<br />
Sektion für Sozialwissenschaften<br />
Redaktion: Ulrich Rösch, Hanna Koskinen<br />
Layout und Gestaltung: Kohlhase Verlag und Consulting www.kohlhase-consulting.com<br />
Rechtshinweis: Alle Texte sind Urheberrechtlich geschützt. Die Texte spiegeln nicht zwingend<br />
die Auffassung der Sektion wieder.