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RUNDBRIEF (PDF) - Goetheanum

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Freie Hochschule für Geisteswissenschaft<br />

<strong>Goetheanum</strong><br />

Sektion für Sozialwissenschaften<br />

R U N D B R I E F<br />

Die Revolution sind wir!<br />

Das Wesen der<br />

„Geistigen Stiftung“<br />

Ethik oder Gier?<br />

Finanzmarktkrise und<br />

sozialer Organismus<br />

<strong>Goetheanum</strong><br />

Veranstaltungsrückblicke<br />

Berichte aus der<br />

Sektionsarbeit<br />

Veranstaltungsvorblick<br />

1<br />

Sommer 2009


2<br />

I N H A L T<br />

Geleitwort 3<br />

Aus der Forschungsarbeit<br />

Die Revolution sind wir! 4<br />

Das Wesen der „Geistigen Stiftung“ 13<br />

Ethik oder Gier? 23<br />

Finanzmarktkrise und sozialer Organismus <strong>Goetheanum</strong> 28<br />

Veranstaltungsrückblick und Arbeitsgruppen<br />

Hochschultreffen der Familienkultur (Kolloquium) 33<br />

Menschenwürde (Kolloquium) 35<br />

Die Herausforderung der Globalisierung 39<br />

Konfliktforschung (Kolloquium) 40<br />

Initiativkreis Ernährung 2009 (Kolloquium) 42<br />

Arbeitskreis Verbraucher 46<br />

Bericht vom Verbrauchertreffen 52<br />

Berichte aus der internationalen Sektionsarbeit<br />

Indien: Stand der Demeter-Bewegung 53<br />

Indien: Gateway-Zweig in Mumbai 54<br />

Indien: Sadhana Village 56<br />

Veranstaltungsvorblick<br />

Ins Gespräch kommen – soziale Verantwortung fördern 58<br />

Veranstaltungsüberblick 59<br />

Hausmitteilungen und Impressum 60


G r u s s w o r t<br />

Liebe Freunde<br />

Es ist mir eine Freude, Ihnen<br />

diesen neuen Rundbrief<br />

vorstellen zu dürfen. Mit Hilfe<br />

von Benjamin Kohlhase-Zöllner<br />

haben wir es geschafft, einen<br />

Rundbrief zu konzipieren, der<br />

unserer Arbeit ein neues Gesicht<br />

gibt. Der Sektionsbrief soll dazu<br />

dienen, ein Gespräch „unter<br />

den Sektionsangehörigen“<br />

zu ermöglichen. Er soll ein<br />

Austauschorgan sein für alle<br />

Menschen, die weltweit mit<br />

der Sektion in Zusammenhang<br />

stehen. Projekte, Ideen und<br />

Arbeitsergebnisse sollten<br />

vorgestellt werden können.<br />

So hoffe ich, dass mit der<br />

neuen Gestalt des Rundbriefes<br />

dieses „Gespräch unter den<br />

Beteiligten an der Sektion“ eine<br />

Intensivierung erfahren darf.<br />

Gerne wünsche ich Ihnen alles<br />

Gute für Ihre Arbeit.<br />

Mit herzlichen Grüssen<br />

Paul Mackay<br />

3


4<br />

Aus der Forschungsarbeit<br />

Die Revolution sind wir! (Joseph Beuys)<br />

Individualität als der Quell für soziale<br />

Veränderung<br />

von Ulrich Rösch<br />

Viele Menschen erschrecken heutzutage,<br />

wenn sie etwas von Revolution hören.<br />

Soziale Revolutionen bringen meistens nur<br />

äußere Veränderungen mit großem Leiden<br />

für die betroffenen aber unschuldigen<br />

Menschen mit sich. Man muss sehen, dass<br />

Revolutionen meistens dadurch verursacht<br />

wurden, dass nötige Veränderungen<br />

nicht rechtzeitig auf evolutionärem Wege<br />

stattgefunden haben.<br />

Entwicklungen gehen ihren Weg! Ähnliches<br />

geht aus Ähnlichem hervor. Manchmal<br />

gibt es Stauungen oder Stockungen, dann<br />

braucht es wieder Sprünge. Konservative<br />

oder phlegmatische Menschen fürchten<br />

heftige Veränderungen. Manchmal muss<br />

sich der Organismus aber bei Stauungen<br />

wehren, damit nicht ganze Organe<br />

absterben. Und so meint Beuys, dass<br />

unser sozialer Organismus dringender<br />

Veränderungen benötigt, damit er nicht<br />

ganz in seiner Totalität zugrunde geht.<br />

Beuys weist mit seinem Multiple „La<br />

rivoluzzione siamo noi“ darauf hin, dass<br />

wirkliche Transformation nur vom Menschen<br />

ausgehen kann. Der Mensch selbst kann<br />

nur der Quell für eine menschengemäße<br />

Veränderung sein. Dazu kommen muss aber<br />

das „wir“! In der modernen Zeit kann der<br />

Einzelne nicht mehr autokratisch und solitär<br />

handeln, sondern immer nur in Abstimmung<br />

mit den anderen Menschen. Eine solche<br />

Evolution wäre die Grundlage für ein<br />

gesundes Zusammenleben.<br />

Unser soziales Leben ist in eine tiefe Krise<br />

gekommen. Die Finanzkrise ist davon nur<br />

ein äußeres verdichtetes Phänomen. Alles<br />

schreit nach Veränderung. Bestehendes ist<br />

aber träge und möchte verharren. Wo sind


die Vorbilder, das Neue zu gestalten? Damit<br />

wir das Neue finden, bedarf es zunächst<br />

einmal Zukunftsbilder, Visionen. Diese<br />

dürfen nicht willkürlich und spekulativ sein.<br />

Sie müssen einem klaren und vertieften<br />

Denken entspringen. Das aber bedarf einer<br />

willensmäßigen Anstrengung in unserem<br />

Denken. Der Begriff, die Idee, als Grundlage<br />

unserer Vision sozialer Prozesse und<br />

Gestaltungen muss von jedem einzelnen<br />

individuell auf dem Schauplatz des je<br />

konkreten Bewusstseins hervorgebracht<br />

werden. Diese unabdingbare Voraussetzung,<br />

um unsere Welt zu einer besseren zu<br />

machen, ist schon schwer genug – doch<br />

nicht ausreichend. Hinzukommen muss die<br />

Verständigung mit einer genügend großen<br />

Zahl von Menschen, damit eine neue Idee<br />

wirksam werden kann.<br />

Man könnte sagen: Zu dem<br />

erkenntnismäßigen Erfahren des gesetz-<br />

mäßig Wirkenden muss ein künstlerisch-<br />

kreativer Prozess des freien Entwerfens<br />

sozialer Möglichkeiten hinzukommen.<br />

Dieser künstlerische Prozess kann aber nicht<br />

vom Einzelnen vollzogen werden, sondern<br />

nur in der Gemeinschaft, einem Kollegium,<br />

einer Assoziation freier Individualitäten. Hier<br />

kann und muss die Soziale Plastik wachsen,<br />

ein erneuerter, erweiterter Kunstprozess.<br />

So hätten wir uns also auf den Weg zu<br />

begeben von der Sozialwissenschaft zur<br />

Sozialen Kunst, d.h. wir müssen den<br />

Wissenschaftler durch den Künstler in uns<br />

ergänzen. Darin können wir die Beuyssche<br />

Nachfolgeschaft antreten. Er kann uns da<br />

als eines der bedeutendsten Vorbilder in der<br />

neueren Zeit gelten.<br />

Damit sind wir bei der Sozialen Kunst.<br />

Die bestehenden sozialen Verhältnisse,<br />

die menschlichen Beziehungen und<br />

Organisationen sind das plastische<br />

Material, mit dem der Künstler zu arbeiten<br />

hat und deren Gesetzmäßigkeiten er<br />

selbstverständlich kennen muss. Die<br />

„schöne“, künstlerische, soziale Form ist<br />

es, die es zu schaffen gilt. Die sozialen<br />

Fähigkeiten, die wir uns erworben<br />

haben, entsprechen dem handwerklichen<br />

Können des Künstlers. Die Idee, nach<br />

der wir hinarbeiten, entspringt den<br />

Gesetzmäßigkeiten des Sozialen. Es bedarf<br />

jedoch der künstlerischen Intuition, mit<br />

den anderen Menschen gemeinschaftlich,<br />

zum rechten Zeitpunkt, das Richtige zu<br />

tun. So können im Zusammenwirken freier<br />

Individuen der soziale Organismus oder<br />

Teile davon als Kunstwerk erscheinen.<br />

Nicht darum geht es, ein „Utopia“ zu<br />

schaffen, sondern die Welt nach ihren<br />

Gesetzmäßigkeiten so umzugestalten, dass<br />

sie den „schönen Schein“ (Schiller) einer<br />

5


6<br />

dem Menschen würdigen Gesellschaft<br />

erhält.<br />

So findet man Beuys‘ politische Aktionen in<br />

vollständiger Übereinstimmung mit diesem<br />

Freiheits- und Sozialimpuls. Besonders<br />

durch sein Wirken auf der Dokumenta<br />

1972 in Kassel wurde der Zusammenhang<br />

mit der damals beginnenden neuen Drei-<br />

gliederungsbewegung, den „Demokratie-<br />

und Dreigliederungsimpulsen“ deutlich.<br />

Angeregt durch diese Begegnungen<br />

mit den Vertretern des Achberger<br />

Dreigliederungszentrums beschäftigte<br />

sich Joseph Beuys nun auch mit dem<br />

bedeutenden Goetheanisten und Mitglied<br />

der Dornacher Freien Hochschule,<br />

Wilhelm Schmundt, dem er anlässlich<br />

des Jahreskongresses 1973 in Achberg<br />

begegnete. Eigenständig erforschte<br />

dieser die Wirklichkeit des sozialen<br />

Organismus. Klar und eindeutig zeigte<br />

er sich als Platoniker, der ganz in seinen<br />

erlebten Ideengefügen beheimatet war.<br />

Phänomenologie statt Ideologie war sein<br />

Grundsatz. Sein Grundwerk „Der soziale<br />

Organismus in seiner Freiheitsgestalt“<br />

wurde durch Herbert Witzenmann,<br />

dem Leiter der Sozialwissenschaftlichen<br />

Sektion und Vorstand am <strong>Goetheanum</strong>,<br />

als Studienmaterial der Freien Hochschule<br />

herausgegeben.<br />

Viele der treuen anthroposophischen<br />

Sozialkundler fanden Schmundts Arbeiten<br />

viel zu eigenständig und nicht mit ihrem<br />

eigenen Ansatz und ihren Vorstellungen<br />

übereinstimmend. Ganz anders Beuys,<br />

der von Anfang an die Bedeutung dieser<br />

goetheanistisch-sozialwissenschaftlichen<br />

Arbeiten Wilhelm Schmundts verstand.<br />

Er verehrte ihn als „unseren großen<br />

Lehrer“. Seinen Brief an den „lieben, sehr<br />

verehrten Wilhelm Schmundt“ endet er<br />

„In nicht nachlassender Liebe zu Ihnen und<br />

Ihrem Werk, stetig Ihr Joseph Beuys“. Das<br />

Beuyssche Werk lässt sich nach 1973 ohne<br />

Berücksichtigung dieser entscheidenden<br />

Begegnung mit Schmundt nicht richtig<br />

verstehen.<br />

Die Tafel zeigt die Verbindung Beuys‘ zu den<br />

Ideen der Dreigliederung und wie er gerade<br />

in der Kunst, dem künstlerischen Gestalten<br />

die Grundlage für die Kapitalbildung sah.<br />

Aber auch die – heute wieder ganz aktuelle,<br />

in die öffentliche Diskussion getretene<br />

– Trennung von Arbeit und Einkommen<br />

findet ihren Niederschlag in der Tafel: Arbeit<br />

kann und darf nicht bezahlt werden. „Wenn<br />

also bezahlt werden muss, dann muss mit<br />

Kunst bezahlt werden; es muss mit dem<br />

erweiterten Kunstbegriff, der identisch<br />

mit dem erweiterten Ökonomiebegriff<br />

ist, bezahlt werden. Und wenn nur mit<br />

diesem Kapital (siehe Tafel) bezahlt werden<br />

kann, muss es mit Menschenwürde und<br />

Menschenrecht bezahlt werden.“<br />

Der soziale Organismus entwickelt sich. Er<br />

macht Verwandlungen, Metamorphosen<br />

durch. So hat er sich von der Tauschwirtschaft<br />

zur Geldwirtschaft und schließlich zur<br />

Fähigkeitenwirtschaft gewandelt. Die<br />

Produktion findet ausgehend von den<br />

individuellen Fähigkeiten in umfassender<br />

Zusammenarbeit statt. Das Wirtschaftsleben<br />

hat sich zu einem „integralen System“<br />

(Eugen Löbl) entwickelt.<br />

Innerhalb des Wirtschaftslebens haben<br />

wir es ausschließlich mit Waren- und<br />

Werteströmen zu tun. Dem sozialen Glied<br />

des Wirtschaftslebens steht gegenüber das<br />

Geistesleben, welches im Wesentlichen


Ausschnitt aus einer Tafel von Joseph Beuys „Jeder Mensch ist ein Künstler – Auf dem Weg zur<br />

Freiheitsgestalt des sozialen Organismus“, die am 23. März 1978 in Achberg entstanden ist.<br />

auf den menschlichen Fähigkeiten beruht.<br />

Dazwischen liegt das dritte Gebiet, das<br />

Rechtsleben. Dort soll nur das allgemein<br />

Menschliche, nicht das Individuelle,<br />

nicht das Kollektive wirken. In diesem<br />

und durch dieses Rechtsgebiet muss die<br />

Menschenwürde geschützt werden.<br />

Das Geld vermittelt die Rechtsprozesse in den<br />

wirtschaftlichen Vorgängen. Es hat in der<br />

heutigen Zeit keinen Warencharakter mehr,<br />

es wird von den Zentralbanken in einem<br />

freien Vorgang geschöpft. Der geschöpfte<br />

Kredit wird über die Kreditbanken als<br />

kurzfristiger Kredit an die Unternehmen zur<br />

Finanzierung der Produktion weitergegeben<br />

und somit zum Unternehmerkapital. Es<br />

fließt durch die Einkommen aller Mitarbeiter<br />

in den Konsumbereich und wird dort<br />

zur Berechtigung, alle produzierten<br />

Waren und Dienstleistungen am Markt<br />

zu kaufen. Da sich der Geldkreislauf im<br />

modernen Wirtschaftsleben zu einem<br />

7


8<br />

geschlossenen System entwickelt hat,<br />

muss das Bankensystem dafür sorgen,<br />

dass alles herausgegebene Geld innerhalb<br />

eines bestimmten Zeitrahmens wieder<br />

zurückfließt, so dass der Kreislauf wieder<br />

geschlossen wird.<br />

Schon aus diesen wenigen Andeutungen<br />

kann deutlich werden, dass das Geld ein<br />

reines Rechtsdokument geworden ist.<br />

Überall dort, wo das Geld Warencharakter<br />

annimmt, muss es die sozialen Zusammen-<br />

hänge behindern. „Dadurch aber, dass<br />

das Geld ein wirkliches Wirtschaftsobjekt<br />

geworden ist, spiegelt es wirklich etwas<br />

Imaginäres den Menschen vor, und indem<br />

es so wirkt, tyrannisiert es zu gleicher Zeit<br />

die Menschen.“ (Rudolf Steiner: Soziale<br />

Zukunft, Dornach 1977, S. 50).<br />

Das dritte soziale Gebiet, das Rechtsleben,<br />

beinhaltet also alles das, was nicht<br />

unmittelbar mit der kreativen menschlichen<br />

Individualität zu tun hat und nicht mit der<br />

Zirkulation der wirtschaftlichen Werte. Es ist<br />

der Bereich, der jeden Menschen in gleicher<br />

Weise betrifft, darum nur das allgemein<br />

Menschliche zur Wirksamkeit kommen<br />

soll. So sieht man durch das unbefangene<br />

Studium der Phänomene, dass sich der<br />

soziale Organismus in der neueren Zeit zur<br />

Dreigliederung entwickelt hat: Erstens<br />

haben wir den Bereich, der es mit den<br />

Fähigkeiten des Menschen zu tun hat, die<br />

ganz an seine Individualität gebunden sind,<br />

das Geistesleben. Das, was der einzelne<br />

aus seinem persönlichen Schicksal mit auf<br />

die Erde bringt, kann auch nur aus dem<br />

einzelnen Bewusstsein beurteilt werden.<br />

Hier darf nur eines zum sozialen Prinzip<br />

werden: die Freiheit, „die Selbstbestimmung<br />

eines jeden Tätigen aus der Erkenntnis des<br />

Notwendigen heraus“ (Wilhelm Schmundt:<br />

Erkenntnisübungen zur Dreigliederung des<br />

sozialen Organismus, Achberg 1982, S. 44).<br />

Dem gegenüber steht das Gebiet, in dem<br />

es um die Verwirklichung sozialer Initiativen<br />

geht, das Wirtschaftsleben. Freie<br />

Angebote der Produzenten werden hier<br />

beurteilt durch gemeinschaftlich handelnde<br />

Konsumenten. Rudolf Steiner spricht hier<br />

von Assoziationen. Die Zusammenarbeit<br />

bringt die Warenwerte hervor, die immer<br />

auf andere Menschen gerichtet sind.<br />

Hierin verwirklicht sich in objektiver<br />

Weise das Prinzip der Brüderlichkeit.<br />

Dazwischen steht der ganze Bereich des<br />

Vereinbarens, Verpflichtens, Berechtigens,<br />

das Rechtsleben. Aus dem Prinzip der<br />

Freiheit, die wir aus dem Wesen der<br />

Individualität jedem Menschen zugestehen<br />

müssen, erfolgt konsequent, dass für die<br />

Rechtssphäre das soziale Prinzip für jeden in<br />

gleicher Weise Gültigkeit haben muss und<br />

somit die Gleichheit hier Grundbedingung<br />

sein muss.<br />

Hier müsste ein neuer Begriff von „Unter-<br />

nehmereigentum“ gebildet werden,<br />

der es dem Unternehmer ermöglicht,<br />

seine freie Initiative, seine Kreativität mit<br />

den entsprechenden Produktionsmitteln<br />

auszustatten. Er kann im Rahmen seiner<br />

Beauftragung durch die Assoziation<br />

selbstverantwortlich darüber verfügen. Die<br />

Produktionsmittel dürfen nicht willkürlich<br />

verkauft oder vererbt werden, der Begriff<br />

des privaten Eigentums entfällt – dieser<br />

macht im modernen Wirtschaftsleben<br />

keinen Sinn.<br />

Der zweite sinnwidrige Begriff ist Profit<br />

als Wirtschaftsantrieb. Der Überschuss


der Einnahmen über die Ausgaben kann<br />

kein Verfügungsrecht über irgendeinen<br />

Wirtschaftswert begründen. Es kann also<br />

das Erzielen eines solchen Gewinns nicht<br />

die Absicht sein, so wie dies die heutige<br />

Wirtschaft aus ihren tauschwirtschaftlichen<br />

Begriffsbildungen heraus praktiziert. Diese<br />

kann nur sein, qualitativ hochwertige<br />

Waren mit möglichst wenig Aufwand an<br />

Arbeit und Ressourcen für den Bedarf der<br />

Konsumenten unter menschenwürdigen<br />

Arbeitsbedingungen zu erzeugen. An<br />

die Stelle des materiellen Anreizes wird<br />

das Interesse am anderen, bedürftigen<br />

Menschen treten können. Dazu bedarf<br />

es aber der Vermittlung von Einsichten in<br />

den Gesamtzusammenhang der sozialen<br />

Verhältnisse, welche selbstverständlich alle<br />

Menschen auf der Erde einschliessen.<br />

Lohnarbeit ist der dritte Begriff, der noch aus<br />

der mittelalterlichen, tauschwirtschaftlichen<br />

Begriffswelt herrührt. Damit stehen die<br />

wichtigsten sozialen Konflikte und Probleme<br />

der Industriegesellschaft in Verbindung.<br />

Die Forderung von Karl Marx: Arbeitskraft<br />

darf nicht zur Ware werden, resultiert aus<br />

diesen überkommenen Lohnarbeitsver-<br />

hältnissen. Der moderne Mensch fühlt sich<br />

dadurch, dass seine Arbeitskraft zur Ware<br />

wird, in seiner Menschenwürde verletzt. In<br />

Wirklichkeit ist das Einkommen-Geben an<br />

die Mitarbeiter und an den Unternehmer<br />

selbst, überhaupt kein Wirtschafts-, sondern<br />

ein reiner Rechtsvorgang. Eine Bezahlung<br />

der Arbeit widerspricht der modernen<br />

Unternehmenswirtschaft. Also kann es sich<br />

nur darum handeln, allen Mitarbeitern im<br />

Rahmen des sozialen Ganzen ein gerechtes<br />

Einkommen zu gewährleisten. Der Vorgang<br />

des Einkommen-Gebens muss aus dem<br />

Wirtschaftsleben herausgehoben werden<br />

in die Sphäre des Rechtslebens. Jeder<br />

Mensch hat Recht auf ein Einkommen,<br />

damit er ein menschenwürdiges Auskom-<br />

men hat. Nur dann kann er seine Fähigkeiten<br />

den Mitmenschen in Freiheit zur Verfügung<br />

stellen.<br />

Man sieht, wie sich aus dem gewandelten<br />

Kapitalbegriff weite Konsequenzen<br />

ergeben. Es handelt sich nicht darum,<br />

Verbesserungsvorschläge zu machen, wie<br />

man das heutige Leben etwas humaner<br />

gestalten könnte. Es geht darum,<br />

Prozesse, die überall schon geschehen,<br />

mit den wesensgemäßen Begriffen zu<br />

schildern. Hat man jedoch einen solchen<br />

gewandelten Kapitalbegriff zur inneren<br />

Erfahrung gebracht, so kann sich daraus<br />

eine umfassende volkspädagogische<br />

Bewegung ergeben, die bei einer breiten<br />

Öffentlichkeit Verständnis findet. Joseph<br />

Beuys ging mit großem Beispiel voran!<br />

Erst wenn eine genügend große Zahl von<br />

Menschen aus solchen neuen Einsichten<br />

und Begriffen heraus die Gestaltung der<br />

Welt in die Hand nehmen wird, werden wir<br />

eine Gesundung der sozialen Verhältnisse<br />

erfahren können. Es kann sich nicht darum<br />

handeln, einen paradiesischen Zustand<br />

anzustreben, sondern die Krankheitsherde<br />

unserer Gesellschaft zu heilen, damit sich<br />

der soziale Organismus seinem Wesen<br />

entsprechend in einer gesunden Weise<br />

entwickeln kann.<br />

Alle Menschen, die daran aktiv<br />

mitwirken, sind Mit-Gestalter, Mit-<br />

Künstler an der Sozialen Skulptur.<br />

9


10<br />

Auf der Tafel „Kunst = Kapital“ findet man den Geldkreislauf in erweiterten<br />

Zusammenhängen.


Anhang von Ulrich Rösch in „Was ist<br />

Geld?“, FIU-Verlag Wangen<br />

Unter diesem Titel zeichnet Beuys einen Pfeil<br />

von der Kunst zur Ökonomie und darunter<br />

den gegenläufigen Pfeil, wobei er die<br />

wechselseitige Abhängigkeit kennzeichnet.<br />

Darüber erläutert er, indem er schreibt:<br />

„Kunst – Gestaltung – Kreativität = Arbeit“.<br />

Damit zeigt Beuys seinen Arbeitsbegriff auf.<br />

Die Arbeit urständet im Kreativitätspotential<br />

des Menschen. Sie wird tätig in den<br />

Unternehmen, um die Natur zu verwandeln,<br />

sodass sie ein konsumierbares Gut wird.<br />

Einen ganz wesentlichen Gesichtspunkt<br />

erhält diese Tafel dadurch, dass die<br />

demokratische Zentralbank hier als<br />

Herzorgan gezeichnet wird (mitte/links).<br />

Beuys verbindet damit auch eine neue<br />

physiologische Anschauung, die im<br />

Goetheanismus begründet ist, welcher das<br />

Herz als ein Harmonisierungsorgan und<br />

keinesfalls als Pumpe ansieht. So ist die<br />

Zentralbank nie als hierarchisches Organ<br />

zu verstehen, das Geld nach eigenem<br />

Gutdünken in die Wirtschaft hineinpumpt,<br />

sondern sie stellt sich als ein reines<br />

Regulierungsorgan dar.<br />

Die Bewegung des Geldes wird durch die<br />

Initiative der Menschen hervorgerufen. So<br />

schreibt Beuys bei den Unternehmungen<br />

(rechts daneben) dass es die „Fähigkeiten“<br />

der Menschen sind, die kreditiert werden. Sie<br />

werden auch als das „Produktionskapital“<br />

bezeichnet.<br />

In diesem Bild finden wir ebenfalls die<br />

Produktions- und Konsumtionsseite, die<br />

durch eine horizontale Linie angedeutet<br />

ist. Links unterhalb der Zentralbank<br />

steht der Begriff „Rechtsdokumente“.<br />

Das Geld ist kein Wirtschaftswert mehr,<br />

sondern ein Element des Rechtslebens<br />

geworden. Beuys zeichnet auf der<br />

Produktionsseite die verschiedensten Arten<br />

von Unternehmungen, charakterisiert durch<br />

geometrische Figuren, darunter die „Natur“<br />

in ihren vielfältigen Formen. Die Menschen<br />

ergreifen in gemeinschaftlicher Produktion<br />

mit ihren Fähigkeiten die Naturgrundlage<br />

und verwandeln sie zu Konsumgütern.<br />

Der Begriff „Lohn-Arbeit“ wird von Beuys<br />

mit einem dicken „X“ durchgestrichen;<br />

er ist Vergangenheit. Heute geht es um<br />

„Trennung von Arbeit und Einkommen“.<br />

Das eine ist die Tätigkeit im wirtschaftlichen<br />

Bereich, das andere ein Rechtsanspruch.<br />

Ganz unten auf der Tafel erwähnt Beuys<br />

den tschechoslowakischen Wirtschaftswis-<br />

senschaftler Eugen „Loebl“, der eine Zeitlang<br />

Präsident der Staatsbank in Bratislava<br />

war und der in seinen Untersuchungen<br />

dargestellt hat, dass sich die gesamte<br />

Produktionsseite heute zu einem integralen<br />

System entwickelt hat.<br />

Die in den Unternehmungen hergestellten<br />

Konsumgüter fließen auf den Markt<br />

(rechts/oben: „Schwelle“ u. großes<br />

„M“). In die „Preise“ der Waren muss<br />

all das Geld einkalkuliert werden, das<br />

an die Unternehmungen innerhalb eines<br />

Währungsgebietes herausgegeben wurde.<br />

An der Schwelle des Marktes werden die<br />

produzierten Güter dem Wirtschaftskreislauf<br />

entnommen, das Geld fließt zu den<br />

Unternehmen zurück. Es muss jetzt aber<br />

dafür gesorgt werden, dass das Geld – so<br />

Beuys – „ohne Beziehung zu irgendeinem<br />

Wirtschaftswert“ (mitte/oben) zur<br />

demokratischen Zentralbank zurückkommt.<br />

11


12<br />

Über dem Herzorgan des modernen Geldkreislaufes schreibt Beuys den Namen des Goetheanisten<br />

Wilhelm „Schmundt“, den er als „unseren großen Lehrer“ verehrt hat.<br />

Gerade neu erschienen: Die zweite Auflage<br />

der Podiumsdiskussion<br />

WAS IST GELD?<br />

Joseph Beuys diskutiert mit einem<br />

Finanzwissenschaftler (Prof. Werner<br />

Ehrlicher), einem Alternativ-Wirtschaftler<br />

(Prof. Hans Binswanger) und einem<br />

Alternativ-Banker (Freiherr von<br />

Bethmann). Der Band enthält einen<br />

erläuternden Text von Ulrich Rösch:<br />

Zum Geld- und Kapitalbegriff von<br />

Beuys – Man kann Joseph Beuys<br />

erst verstehen, wenn man ihn schon<br />

verstanden hat.<br />

104 S., Taf.-Zeichn. - 24 x 20 cm<br />

ISBN: 978-3-928780-00-1<br />

Im FIU-Verlag Wangen, €uro 19<br />

Dieser Artikel ist ein Beitrag für die Tagung im Threefold Educational Center<br />

in Chestnut Ridge (NY) USA „Inner Transformation and Social Renewal“<br />

vom 8. - 11. August 2009.


Aus der Forschungsarbeit<br />

Vom Wesen einer „Geistigen Stiftung“<br />

von Peter Gutland<br />

I. Vorwort<br />

Im November 2006 wurde im Troxler-Haus<br />

Wuppertal nach mehrjähriger Vorbereitung<br />

die Troxler-Haus-Stiftung gegründet als<br />

ein Instrument zur Zukunfts-Sicherung der<br />

Arbeit mit und für Seelenpflege-bedürftige<br />

Menschen.<br />

Das ist angesichts der erkennbaren<br />

Absichten des Staates, sich, zumindest<br />

teilweise, aus der Finanzierung der sozialen<br />

Arbeit in Deutschland zurück zu ziehen, ein<br />

Akt der Überlebenssicherung.<br />

Sollte diese ungünstige Prognose nicht<br />

eintreffen, stellt die Stiftung ein Instrument<br />

dar, das die bestehende staatliche<br />

Finanzierung erweitern könnte für die<br />

Bedürfnisse, die aktuell nicht oder nur<br />

unvollständig genehmigt werden, und<br />

deren Finanzierung durch ein ebenfalls<br />

zurückgehendes und schwankendes<br />

Spendenaufkommen nur partiell realisiert<br />

werden kann.<br />

Durch breite Unterstützung und eine<br />

Erbschaft, ist das Stiftungsvermögen in<br />

zwei Jahren zu einem beachtlichen Umfang<br />

angewachsen. Dies dürfen wir aber nicht als<br />

selbstverständlich hinnehmen, sondern als<br />

Ansporn betrachten, das Interesse möglichst<br />

vieler Menschen anzuregen, an dem<br />

weiteren Wachstum mitzuarbeiten.<br />

Matthias Reichert, ein langjähriger Freund<br />

des Troxler-Hauses und Mitglied von<br />

Trägerrat und Stiftungskuratorium, gab<br />

uns die Anregung, neben der „äußerlich“<br />

errichteten und wirksam werdenden Troxler-<br />

Haus-Stiftung – eine „Geistige Stiftung“<br />

zu gründen. Alles physische Geschehen<br />

hat seinen Ursprung im Geistigen. Aus<br />

dieser Erkenntnis sollte versucht werden,<br />

der Stiftungsgründung eine geistige<br />

Grundlage zu schaffen, die geistige Realität<br />

anzuerkennen und zu würdigen. Doch:<br />

Was ist eine „Geistige Stiftung“?<br />

Die folgenden Überlegungen sind erste<br />

Versuche, dies zu verstehen. Sie müssen<br />

ergänzt und weiterentwickelt werden.<br />

Zuvor werden die Begriffe „Stiftung“<br />

sowie „Geld“ kurz dargestellt, um dann zu<br />

versuchen, daraus Antworten zum Thema<br />

abzuleiten.<br />

II. Was ist eine Stiftung<br />

Fragt man: „Was ist eine Stiftung?“<br />

so findet man im Lexikon die Antwort:<br />

„Zuwendung von Vermögenswerten zu<br />

einem vom Stifter bestimmten Zweck.“<br />

Das Grundprinzip der meisten Stiftungen ist<br />

13


14<br />

deutlicher beschrieben:<br />

„dass Vermögen bzw. Vermögenswerte<br />

von einer oder mehreren Personen (auch<br />

juristischen Personen wie Unternehmen oder<br />

Einrichtungen) hingegeben, d.h., „gestiftet“<br />

werden. Dieses Stiftungsvermögen soll<br />

dann gewinn-bringend eingesetzt/angelegt<br />

werden, um Erträge zu erzielen. Der<br />

oder die Stiftungsgründer legen in der<br />

Stiftungssatzung fest, wie und wofür die<br />

Erträge zu verwenden sind. Zusätzlich ist<br />

dort bestimmt, welche Personen hierüber die<br />

Entscheidungsbefugnis erhalten bzw. wie<br />

und durch wen diese Entscheidungsträger<br />

(Stiftungsorgane) zu bestimmen sind.“<br />

Wenn über Verwendung der Erträge<br />

gesprochen wird, impliziert dies, dass mit<br />

dem gestifteten Vermögen Gewinne erzielt<br />

werden sollen. Der Begriff „Vermögen“<br />

umfasst unterschiedliche Arten von<br />

Eigentum (neben Geld, also Liquidität<br />

z.B. Immobilien, Grundstücke, Aktien,<br />

Anlagen etc.), die auch alle in eine Stiftung<br />

eingebracht werden können.<br />

Hier wird ausschließlich auf die<br />

Vermögensart „Geld“ geschaut, da dies<br />

eine häufige Art der Stiftungskapitalbildung<br />

darstellt und die Betrachtungen auch auf<br />

die anderen Vermögensarten übertragen<br />

werden können.<br />

Bevor auf den Begriff „Geld“ eingegangen<br />

wird, soll die Entwicklung von Stiftungen<br />

dargestellt werden, um einen umfänglichen<br />

Eindruck vom Thema zu erhalten.<br />

III. Die Stiftung in ihrer Entwicklung<br />

„Stiftungen hat es immer gegeben. Die<br />

Stiftungsgeschichte beginnt mit den<br />

Kultstiftungen der Antike. Träger der antiken<br />

Stiftungen waren gleichsam die Götter<br />

selbst. Ihnen wurden die Tempelschätze<br />

geweiht. Mit ihnen wollte man sich durch<br />

Schenkungen vereinigen.<br />

Eine „Verweltlichung“ des Stiftungs-<br />

gedankens erfolgte durch die römische<br />

Denkungsart. Diese verband mit Stiftungen<br />

bereits den Wohlfahrtsgedanken und den<br />

Gedanken der Mildtätigkeit.“ (1)<br />

Stiftungen entwickelten sich dann weiter<br />

(besonders im kirchlichen Zusammenhang<br />

gewannen sie große Bedeutung) durchs<br />

Mittelalter bis in die neuere Zeit und fanden<br />

auch notwendigerweise ihren Raum in der<br />

Rechtssprechung. Sie hatten aber hier wie<br />

da lange Zeit keine wirkliche gesellschaft-<br />

liche Bedeutung. Das änderte sich gegen<br />

Ende des auslaufenden 20. Jahrhunderts.<br />

„Nachdem das Stiftungsrecht über viele<br />

Jahre ein Schattendasein geführt hatte,<br />

kam in der zweiten Hälfte der neunziger<br />

Jahre der Stein zur Modernisierung des<br />

Stiftungsrechts ins Rollen“ (2)<br />

Das „Gesetz zur weiteren steuerlichen<br />

Förderung von Stiftungen“ im Jahre 2000,<br />

das „Gesetz zur Modernisierung des<br />

Stiftungsrechtes“ 2002, und dann ganz<br />

besonders im Herbst 2007 das „Gesetz<br />

zur Stärkung des bürgerschaftlichen<br />

Engagements“ (2) haben den Rahmen und<br />

die Anreize für eine deutliche Zunahme von<br />

Stiftungsgründungen geliefert.<br />

„Die Zahl der jährlichen Neugründungen ist<br />

von 200 Stiftungen im Jahr 1990 auf rund<br />

800 jährlich angestiegen.“ (3)<br />

Immer wieder werden Neugründungen<br />

einer Stiftung bekannt, die sich mit dem<br />

Namen einer als sehr reich geltenden<br />

Persönlichkeit verbinden wie z.B.: Bill<br />

Gates, Warren Buffet oder in Deutschland


Peter Schnell. Interessant ist hierbei die<br />

Ähnlichkeit der Beweggründe: „82 %<br />

der Stifter geben an, dass die Gründung<br />

einer Stiftung einen konkreten äußeren<br />

bzw. situativen Anlass hatte, zum Beispiel<br />

das Erleben von Notsituationen, den Zufall<br />

eines Vermögens, das Vorbild anderer, das<br />

Erkennen sozialer Ungleichheit oder das<br />

Erreichen fortgeschrittenen Alters.“ (4)<br />

Betrachtet man aber die Zahl der<br />

Personenstifter, also Menschen, die mit<br />

ihrem Vermögen, oder einem Teil davon,<br />

eine Stiftung gründen, so muß man diese<br />

Zahl als relativ gering bezeichnen, wenn<br />

man berücksichtigt, dass beispielsweise<br />

2004 in Deutschland 800.000 Millionäre<br />

lebten. Eine mögliche Erklärung wäre, dass<br />

es an Wissen über Möglichkeiten und Wege<br />

mangelt. (s. Krelhaus)<br />

„Die Zahl der Stiftungsneugründungen<br />

durch einzelne Personen nimmt nach<br />

Aussage der Bertelsmann-Stifterstudie<br />

dagegen deutlich ab. Der Stiftungsboom ist<br />

demnach kein Stifterboom.“ (2)<br />

Dagegen ist ein zahlenmäßiger Anstieg von<br />

Stiftungsgründungen durch Unternehmen,<br />

Körperschaften und öffentlichen<br />

Einrichtungen zu verzeichnen.<br />

Bei allen unbestreitbaren Erfolgen und<br />

positiven Auswirkungen der Stiftungen<br />

gibt es auch Kritikpunkte. Eine solche Kritik<br />

richtet sich gegen die Dauer von Stiftungen.<br />

„Dass Stiftungen „für die Ewigkeit“<br />

gemacht wurden und werden sollten, das<br />

galt und gilt im deutschen Stiftungswesen<br />

und Stiftungsrecht, basierend auf<br />

kirchenrechtlichen Vorgaben, als<br />

ausgemacht, wenngleich diesbezüglich<br />

Aufweichungstendenzen unübersehbar<br />

sind. ...Der Rechtsgedanke dahinter<br />

ist einleuchtend: Stiftungen wurden<br />

ursprünglich von Todes wegen errichtet,<br />

häufig zugunsten oder verwaltet von einer<br />

schon bestehenden „moralischen Person“<br />

(Kirche, Gemeinde, Kloster o.ä.)“ (5)<br />

Die „ewige“ Dauer von Stiftungen<br />

begründet sich in Deutschland aus dem<br />

BGB, ist aber unter Rechtsgelehrten nicht<br />

mehr unangefochten, d.h., die Diskussion<br />

hierüber hat begonnen.<br />

Festzuhalten ist, dass besonders in den<br />

letzten Jahren die Zahl von Stiftungs-<br />

Gründungen stark zunimmt und der<br />

Gesetzgeber, besonders in den letzten<br />

zwei Jahren, dies insbesondere durch die<br />

deutliche Erhöhung der Steuervorteile<br />

unterstützt.<br />

Ist seit dem Römischen Reich der<br />

Stiftungsgedanke mit Wohlfahrt und<br />

Mildtätigkeit verbunden, so erweitert<br />

sich langsam (notwendigerweise?) die<br />

Zielrichtung von Stiftungszwecken.<br />

Thomas Jorberg stellt fest:<br />

„Dabei ist es längst keine neue Erkenntnis<br />

mehr, dass sowohl die staatlichen Systeme<br />

als auch das System der kapitalorientierten<br />

Marktwirtschaft zunehmend außerstande<br />

sind, die nichtmateriellen Bedürfnisse der<br />

Menschen zu befriedigen. In den folgenden<br />

drei Lebensbereichen ist weder der Markt<br />

noch zunehmend auch der Staat wirklich<br />

leistungsfähig:<br />

1. Kunst, Kultur, philosophisch-religiöse<br />

Entwicklung und Bildung<br />

2. Solidarität, soziales Miteinander sowie<br />

Gesundheit und Pflege<br />

3. Pflege und Schutz der Natur.<br />

15


16<br />

Auch die Kirchen sind nicht mehr in<br />

der Lage, dieses zunehmende Defizit<br />

auszugleichen. Und genau hier setzt die<br />

Eigenverantwortung der Menschen, das<br />

bürgerschaftliche Engagement ein, bei dem<br />

das Stiftungswesen eine entscheidende<br />

Rolle spielt. …..Es findet „Investition“ in<br />

Kultur, Soziales und Umwelt noch in viel zu<br />

geringem Maße statt.“ (6)<br />

Wenn man die sozialpolitischen Signale<br />

und die damit einhergehende Erhöhung<br />

der steuerlichen Anreize durch den Staat<br />

kritisch betrachtet, muß die Frage erlaubt<br />

sein, ob auf politischem Feld langfristig an<br />

einen Umbau des Sozialstaates gedacht<br />

wird, dass sich der Staat ganz oder teilweise<br />

aus der Finanzierung der sozialen Aufgaben<br />

zulasten der Stiftungen zurückziehen will.<br />

Das würde ein ganz anderes Licht auf<br />

die eigentlich zu begrüßende, staatliche<br />

Unterstützung der Stiftungsgründungen<br />

werfen. Das ist aber nicht unser Thema.<br />

Kommen wir nun zum Begriff des Geldes<br />

sowohl allgemein als auch aus geisteswis-<br />

senschaftlicher Perspektive.<br />

IV. Was ist Geld?<br />

Im Rückblick auf die Geschichte der<br />

Menschheit wird deutlich, dass wir sehr<br />

wenig aus der Zeit wissen, die mehr als<br />

fünftausend Jahre zurückliegt, dennoch<br />

können wir sagen, dass es damals noch kein<br />

Geld in unserem heutigen Sinne gab.<br />

Erste historische Hinweise auf „Vorläufer<br />

des heutigen Geldes“ stellen Funde im<br />

alten Sumer, Babylon, Ägypten und die<br />

Keilschrifttafeln des Hammurabi dar.<br />

Die ersten Münzen oder Metallstücke<br />

dienten hauptsächlich dem Handel, der<br />

Erleichterung des Tauschhandels und den<br />

Abgaben an die Tempel. Die Tempel waren<br />

auch der „Ort des Geldes“, Geld wurde<br />

aufbewahrt, bewertet und der Handel nicht<br />

unmaßgeblich beeinflusst. Im weiteren<br />

Verlauf der Entwicklung wurden die Tempel<br />

dann durch die Banken abgelöst.<br />

Im alten Orient durchaus verbreitet, war<br />

es im christlichen Europa verboten,<br />

Geldgeschäfte zu machen und Zinsen beim<br />

Geldverleihen zu nehmen. (kanonisches<br />

Zinsverbot) Bis ins späte Mittelalter wurde<br />

aus diesem Grunde „die Geldleihe“ fast<br />

ausschließlich von Juden betrieben.<br />

Die Handelstechnik bzw. Buchhaltung<br />

fand ihre erste, wenn man so sagen darf,<br />

wissenschaftliche Bearbeitung durch den<br />

Venezianer Mönch Luca Paccioli 1494,<br />

um sich dann immer weiter zur Volks- und<br />

Betriebswirtschaft, also einer Wissenschaft,<br />

zu entwickeln. (7) Sehr schnell wurde dabei<br />

auch der Zins als Wirtschaftsfaktor entdeckt<br />

und ist heute „frei von aller Moral“.<br />

Von den vielen großen Denkern seien<br />

stellvertretend genannt: Adam Smith<br />

(1723 – 1790, Begründer der klassischen<br />

Nationalökonomie) und J.M. Keynes (1863-<br />

1946, Hauptwerk: „Allgemeine Theorie der<br />

Beschäftigung, des Zinses und Geld“). Sie<br />

alle machen Produktion, Geld und Handel<br />

zu einer Wissenschaft.<br />

Diese Wissenschaft schreibt dem Geld die<br />

drei Funktionen zu (s. Woll, 1969):<br />

- allgemeines Tauschmittel<br />

- Recheneinheit<br />

- Wertaufbewahrung<br />

Zum Abschluß sei noch erwähnt, dass<br />

das Geld einen großen Wandel in seiner<br />

Erscheinungsform durchmachte. Sind<br />

es in den Urzeiten der Menschheit zu-<br />

nächst Metallstücke, kommen im 6./7.<br />

vorchristlichen Jahrhundert die ersten


geprägten Münzen in Umlauf. Im späten<br />

Mittelalter, von Goethe in seinem Faust<br />

sehr prophetisch und zutreffend als<br />

gefährlich erkannt, kommt der Geldschein<br />

in die Menschheit. Mit dem Übergang ins<br />

Maschinenzeitalter tritt dann das Buchgeld<br />

auf, welches den bargeldlosen Geldverkehr<br />

eröffnet und im Computerzeitalter<br />

darin gipfelt, dass das Bargeld „seinem<br />

Ende“ oder seiner Bedeutungslosigkeit<br />

entgegenzugehen scheint.<br />

Mit dieser Entwicklung geht die Zunahme<br />

einer großen Gefahr einher, vor der nicht nur<br />

Steiner gewarnt hat, die aber überwiegend<br />

unberücksichtigt blieb. Fern der Zeit, wo<br />

die Staaten als Monopolisten der Währung<br />

diese noch durch Gold, zumindest teilweise,<br />

decken mussten, haben wir heute eine Zeit<br />

erreicht, wo ein gigantisches Finanzvolumen<br />

in den Maschinen rund um den Erdball<br />

„fliegt“, das fern jeder Deckung oder<br />

tatsächlichen Produktion steht.<br />

Den Finanzvolumina stehen heute nur noch<br />

zum Teil tatsächlich produzierte Werte<br />

gegenüber, zum immer größer werdenden<br />

Teil bestehen sie aus Illusionen, aus<br />

Hoffnungen und Erwartungen, die jederzeit<br />

platzen können, wie gerade die jüngsten<br />

Ereignisse zeigen.<br />

Es soll nun kurz die Geldtheorie als Teil der<br />

„Dreigliederung des sozialen Organismus“<br />

von Steiner angedeutet werden.<br />

V. Was ist Geld – geisteswissen-<br />

schaftlich betrachtet?<br />

Ab etwa 1917 beginnt Steiner mit der<br />

Darstellung der, wie er es nennt,<br />

„Dreigliederung des sozialen Organismus“.<br />

Darin geht er von der Gesellschaft als einer<br />

Gesamtheit, einem sozialen Organismus<br />

aus, der eine gewisse Entsprechung im<br />

menschlichen Organismus findet (siehe u.a.<br />

6. Anhang in „Von Seelenrätseln“, GA 21).<br />

In seiner Darstellung der Evolution der<br />

Menschheit und des einzelnen Menschen<br />

ist die dazu adäquate, gesellschaftliche<br />

Gliederung, die das Wesen des heutigen<br />

Menschen geradezu fordert, diese<br />

Dreigliederung des sozialen Organismus<br />

heute noch nicht erfüllt. Nur durch diese<br />

Dreigliederung sei die soziale Not, so<br />

Steiner, zu überwinden. Die drei Glieder<br />

dieses Organismus definiert er als:<br />

- Wirtschaftsleben (Warenproduktion, -<br />

zirkulation, -konsumption)<br />

- Rechtsleben (Staatsleben, Verhältnis von<br />

Mensch zu Mensch)<br />

- Geistesleben (Kunst, Wissenschaft,<br />

Religion, Pädagogik)<br />

Die damit verbundene Grundforderung<br />

lautet, daß diese drei Glieder völlig autonom<br />

und selbstverwaltet ihren Aufgaben<br />

nachgehen müssen, wobei Geistes- und<br />

Rechtsleben aus den Überschüssen des<br />

Wirtschaftslebens finanziert werden.<br />

Zu der „Dreigliederung des sozialen<br />

Organismus“ gehört auch eine neue<br />

Geldtheorie, L. Vogel nennt sie eine<br />

„organische Geldtheorie“. (9) Dieser<br />

Geldtheorie liegt die Unterscheidung in<br />

- Kaufgeld<br />

- Leihgeld<br />

- Schenkungsgeld<br />

zugrunde, verbunden mit der Forderung,<br />

dass das Geld altern und „sterben“ muß,<br />

ebenso, wie die produzierten Waren nach<br />

einer gewissen Zeit verderben. Steiner<br />

warnt eindringlich vor der „Illusion Geld“<br />

und davor, „Geld mit Geld“, also ohne<br />

17


18<br />

tatsächliche Produktion, zu verdienen.<br />

Durch die heutige Verquickung und<br />

Einflussnahme der Wirtschaft auf den Staat<br />

und das Geistesleben, sowie des Staates auf<br />

das Wirtschaft- und Geistesleben, herrscht<br />

große soziale Not, und diese wird durch das<br />

falsche Geldverständnis, der Faszination der<br />

Geldillusion, immer größer werden.<br />

Was z.B. die Bodenschätze eines Landes für<br />

seine Wirtschaft bedeuten, das bedeutet<br />

ein freies Geistesleben, die Entwicklung der<br />

Fähigkeiten der Menschen, für den sozialen<br />

Organismus, also die Gesellschaft. Wird<br />

dieses Geistesleben durch Fördergelder oder<br />

Forschungsaufträge korrumpiert oder durch<br />

staatliche Regelungen eingeengt, kann es<br />

sich nicht frei entfalten und seiner Aufgabe<br />

gerecht werden – der soziale Organismus,<br />

die Gesellschaft, erkrankt, es entsteht<br />

soziale Not.<br />

Unter Berücksichtigung derartiger<br />

Gesichtspunkte könnte die Mittelver-<br />

wendung einer Stiftung den anfänglichen<br />

Beginn zur „Befreiung des Geisteslebens“<br />

darstellen.<br />

Bevor im letzten Kapitel ansatzweise<br />

versucht werden soll, eine Antwort auf die<br />

Frage: - „Was ist eine geistige Stiftung?” -<br />

zu geben, muß ein letzter, wichtiger Aspekt<br />

dargestellt werden.<br />

VI. Warum „Wesen“ einer Stiftung?<br />

Diese Ausführungen gehen davon aus,<br />

dass, wenn Menschen zusammenkommen,<br />

um gemeinsam zu wirken, um z.B. die<br />

Stiftungsziele zu erfüllen, es nicht genügt,<br />

dass diese Menschen eine Gruppe bilden.<br />

Wenn auf anthroposophischer Grundlage<br />

gearbeitet wird, besteht die eigentliche<br />

Aufgabe darin, eine „Gemeinschaft“ zu<br />

bilden.<br />

Was ist also eine „Gemeinschaft“?<br />

Der Begriff „Gemeinschaft“ wird heute von<br />

Philosophie, Soziologie oder im kirchlichen<br />

Zusammenhang unterschiedlich definiert.<br />

Man unterscheidet z.B. Gruppen<br />

und Schichten von Menschen, je<br />

nachdem wie, wozu, für wie lange sie<br />

zusammengekommen sind (z.B. Familie,<br />

Nachbarschaft, Partei, Schule, Beruf, Verein<br />

usw.).<br />

Im Sprachgebrauch wird der Begriff<br />

vielfältig benutzt, die Unterschiede sind<br />

selten deutlich oder bewußt. Ist eine<br />

Ehe, Familie oder ein Freundeskreis eine<br />

Gemeinschaft? Kann die Belegschaft einer<br />

Firma Gemeinschaft genannt werden? Ist<br />

eine Gruppe von Menschen, die z.B. aus<br />

höchster Not gerettet wird, damit eine<br />

Gemeinschaft?<br />

Lievegoed (10) unterscheidet<br />

zusammenarbeitende Menschen, die in ihrer<br />

Arbeit von der Anthroposophie ausgehen,<br />

nach den Arbeitsfeldern<br />

- Institute (Waldorfschulen,<br />

heilpädagogische Einrichtungen,<br />

Ausbildungen, Kunstausbildungen u.ä.)<br />

- Gemeinschaften (Anthroposophische<br />

Gesellschaft, Zweige u.ä.)<br />

- Organisationen (Produktionsstätten,<br />

Verteiler, Geschäfte u.ä.)<br />

und engt dabei den Begriff Gemeinschaft<br />

zu sehr ein.<br />

Gemeinschaft wird hier so verstanden, dass<br />

es nicht darauf ankommt, aus welchem<br />

Anlaß, zu welchem Zweck oder auf was für<br />

eine Dauer Menschen zusammenkommen,<br />

dass also eine Definition über<br />

Äußerlichkeiten erfolgt. Wann immer<br />

Menschen zusammenkommen, bilden sie<br />

eine Gruppe und können eine Gemeinschaft


werden. Worauf es ankommt ist, in welcher<br />

Gesinnung, mit welchem Bewusstsein sie<br />

dies tun, ob sie eine Gemeinschaft, nach<br />

anthroposophischem Verständnis eine<br />

Geistgemeinschaft, bilden wollen.<br />

Um die Geistdimension anzudeuten, mit<br />

der hier „Gemeinschaft“ in Zusammenhang<br />

gebracht wird, und um zu zeigen, welch<br />

hohe Geistwesen daran ihren Anteil haben,<br />

muß auf den größtmöglichen Rahmen aus<br />

geisteswissenschaftlicher Sicht hingewiesen<br />

werden.<br />

Im Werk Rudolf Steiners finden wir seine<br />

Darstellung der Entstehung der Erde und<br />

des Menschen vom alten Saturn, der alten<br />

Sonne und dem alten Mond bis zu den<br />

allerersten Anfängen der Entwicklungsphase<br />

Erde, und wir erfahren, wie da in<br />

gewaltigen, kosmischen Vorgängen,<br />

geistige Wesenheiten, Wesenheiten der<br />

höchsten Hierarchien, sich hingeopfert<br />

haben, ihre eigene Substanz hingegeben<br />

haben, um den Menschenkeim entstehen<br />

zu lassen.<br />

Ob es die Throne sind, die die erste<br />

„Wärme-Feuer-Substanz“ durch ihr Opfer<br />

entstehen lassen, aus der dann die ersten<br />

Anlagen unseres heutigen physischen<br />

Leibes entstehen, die Cherubim, die die<br />

ersten Anfänge unseres heutigen Tierkreises<br />

bilden und daraus die menschliche Gestalt<br />

veranlagen, bis hin zu den Geistern der<br />

Form (Exusiai), die aus dem eigenen Leib<br />

die Substanz für unser menschliches Ich<br />

hergeben.<br />

Auch die Taten der dritten Hierarchie<br />

gehören dazu, bis hin zu den Engeln, die<br />

seit der atlantischen Zeit die Menschen<br />

unterweisen, leiten und noch heute den<br />

Menschen (d.h. sein Ich) von Inkarnation zu<br />

Inkarnation begleiten. Wenn man dies alles<br />

erfährt, kann uns nur tiefste Dankbarkeit<br />

gegenüber diesen höheren Wesenheiten<br />

erfüllen. (11)<br />

Im Vortrag vom 01. Juni 1908 (12) erfahren<br />

wir, dass der Mensch in grauer Vorzeit<br />

„noch als ein zu einer Gruppenseele<br />

gehöriges Wesen war“. Seit dem Mysterium<br />

von Golgatha, wirklich deutlich erst in der<br />

Neuzeit, ist unser Ich soweit entwickelt,<br />

dass es sich seiner selbst bewusst wird<br />

und immer mehr seine Entwicklung selbst<br />

übernimmt bzw. übernehmen soll. Vorher<br />

geschah all das durch das Wirken der<br />

höheren Hierarchien. Wir erfahren dann<br />

weiter: „Es wird für die Menschheit immer<br />

unerlässlicher werden, das Wesen der<br />

Gruppenseele zu begreifen. Denn dieses<br />

Wesen der Gruppenseele zu erkennen, wird<br />

auch in der rein äußerlichen Entwicklung der<br />

Menschheit eine große Rolle spielen.“<br />

Und weiter:<br />

Aber dadurch, dass die Menschen<br />

sich in freiwilligen Zusammenhängen<br />

zusammenfinden, gruppieren sie sich um<br />

Mittelpunkte herum. Die Gefühle, die so<br />

zu einem Mittelpunkt zusammenströmen,<br />

geben nun wiederum Wesenheiten<br />

Veranlassung, wie eine Art von Gruppenseele<br />

zu wirken, aber in einem ganz anderen<br />

Sinne als die alten Gruppenseelen. ...<br />

....… Diese neuen Wesenheiten aber sind<br />

vereinbar mit der völligen Freiheit und<br />

Aufrechterhaltung der Individualität der<br />

Menschen. ...........Je mehr Zusammenhänge<br />

gebildet werden, und je mehr da<br />

Gemeinschaftsgefühle bei völliger Freiheit<br />

ausgebildet werden, desto mehr erhabene<br />

Wesenheiten werden zu den Menschen<br />

19


20<br />

heruntersteigen und desto schneller wird<br />

der Erdenplanet vergeistigt werden.“ (12)<br />

Wir verdanken also der geistigen Welt, den<br />

Opfern höherer geistiger Wesenheiten,<br />

unsere Erden- und Menschheitsentwicklung.<br />

Die Ziele dieser Entwicklung sind „Freiheit“<br />

und „Liebe“.<br />

Freiheit beginnt mit dem Interesse an<br />

Geistigem. Wirkliche Gemeinschaftsbildung,<br />

das Ideal einer karmischen Gemeinschaft,<br />

braucht die „Liebe des Nächsten“ von<br />

jedem seiner Mitglieder – dann kann sich<br />

der soziale Organismus in der richtigen<br />

Weise entwickeln und Freiheit entstehen.<br />

Steiner definiert „sozial“, wenn wir „die<br />

Not des Mitmenschen zum Motiv des<br />

eigenen Handelns machen“.<br />

Es wird noch lange Zeit dauern, bis wir<br />

den Weg unserer Entwicklung allein gehen<br />

können. Doch schon heute, mit unserem<br />

heutigen Wissen, ist zu berücksichtigen:<br />

Die geistige Welt benötigt und wartet<br />

auf das Erreichen unserer Erden-<br />

Entwicklungsziele.<br />

Der Mensch muß geistige Erkenntnis<br />

erringen, u.a. die des Wesens der<br />

Gruppenseele, und sich wieder mit der<br />

geistigen Welt vereinigen. Wir schulden der<br />

geistigen Welt Gemeinschaftsbildung, um<br />

die Hierarchien zu unterstützen, zur Erde<br />

herunterzusteigen und sie zu vergeistigen.<br />

Noch eine weitere Aufgabe wurde uns<br />

durch die Mitteilungen unseres Lehrers für<br />

die Gemeinschaftsbildung gegeben. Mit<br />

einer Gemeinschaft von Menschen, also<br />

einem lebendigen Organismus, ist auch<br />

immer, so Rudolf Steiner, ein geistiger<br />

Organismus verbunden, und so wie ein<br />

natürlicher Organismus physische Nahrung<br />

zum Leben benötigt, so benötigt ein<br />

geistiger Organismus „geistige Nahrung“,<br />

die durch esoterisches Arbeiten entstehen<br />

kann. (13)<br />

Fazit:<br />

Gemeinschaft, also das Ideal einer<br />

Geistgemeinschaft, wird hier verstanden als<br />

ein Kreis von Menschen, der in Dankbarkeit<br />

und im Bewusstsein der Hilfe aus der<br />

geistigen Welt und in Verantwortung für die<br />

Entwicklungsziele der Menschheit intensiv<br />

und kontinuierlich zusammenarbeitet im<br />

Erkenntnisbemühen und in dem Vertrauen,<br />

dadurch auch den „geistigen Organismus“<br />

zu ernähren.<br />

Das wird angedeutet mit dem Begriff „vom<br />

WESEN einer geistigen .....“<br />

Es bleibt die Aufgabe zu erarbeiten,<br />

was unter einer „geistigen Stiftung“<br />

verstanden werden kann. Dies ist eine<br />

zukunftsorientierte Aufgabe, heute daran<br />

zu arbeiten kann nur ein Anfang sein.<br />

VII. Geistige Stiftung<br />

Zur Gründung einer geistigen Stiftung<br />

ist demzufolge eine Voraussetzung, dass<br />

die beteiligen Menschen sich bewusst<br />

entschließen, eine Gemeinschaft, also eine<br />

Geistgemeinschaft, zu bilden.<br />

Diese Gemeinschaftsbildung ist primär<br />

Aufgabe der Menschen, die in der Stiftung<br />

wirken –, ihr können sich auch andere<br />

Menschen, z.B. von der „Empfängerseite“<br />

anschließen.<br />

Der Stiftung, d.h., den Menschen darin, stellt<br />

sich dafür, neben den äußeren Aufgaben der<br />

Verwaltung, noch eine weitere Aufgabe.<br />

Axel Janitzki fragt in seinem Vortrag<br />

„Vom Geist einer Stiftung“: „Gibt es eine<br />

Möglichkeit, eine Stiftung aus der rein


seelischen Ebene heraus zu entwickeln in<br />

einer Weise, dass sie einen eigenen Geist<br />

erhält, der sich unabhängig von der Person<br />

des Stifters begründen und weiterentwickeln<br />

kann?“(14)<br />

Janitzki kommt dann in seinem Vortrag zum<br />

anthroposophischen Schulungsweg und<br />

zur Meditation um den „Durchbruch zum<br />

Geistigen“ zu schaffen.<br />

Er sieht also in der Meditation eine<br />

Möglichkeit, die Stiftung von der Person des<br />

Stifters zu befreien, damit sie einen eigenen<br />

Geist erhalten bzw. diesen finden kann.<br />

Dies ist hier nicht das Ziel, – aber der Weg,<br />

den er vorschlägt, ist notwendig, um eine<br />

geistige Stiftungsgründung zu unterstützen.<br />

Sinn einer geistigen Stiftung ist es, eine<br />

geistige Parallele zum äußeren Wirken der<br />

Stiftung zu finden.<br />

Wie dargestellt, wird in eine Stiftung Kapital<br />

gegeben, es wird „persönliches“ Eigentum<br />

freigegeben, damit Erträge bzw. Gewinne<br />

erzielt werden, die anderen Menschen und/<br />

oder Zwecken bzw. unterschiedlichen Zielen<br />

zur Verfügung gestellt werden.<br />

Nun verfügt jeder Mensch über „geistiges<br />

Kapital“, – seine Kenntnisse, Fähigkeiten,<br />

Erfahrungen usw. in allen beruflichen und<br />

privaten Bereichen.<br />

Durch fachliche Fort- und Weiterbildung<br />

erhöhen wir unsere Fähigkeiten – durch<br />

das anthroposophische Arbeiten, durch<br />

die Meditation und den Schulungsweg,<br />

erweitern wir diese Fähigkeiten zu „geistigem<br />

Kapital“, um dadurch zunehmend bewusster<br />

die geistigen Qualitäten (Imagination,<br />

Inspiration und Intuition) zu entwickeln, und<br />

– wie Lievegoed sagt, – die notwendigen<br />

Überschußkräfte – in unser Tun einfließen<br />

lassen zu können.<br />

Durch geisteswissenschaftliches Bemühen<br />

entstehen also zusätzliche Erträge,<br />

zusätzliche, höhere Fähigkeiten und<br />

Erkenntnisse, die wir anderen Menschen,<br />

vergleichbar einer Stiftung, zugänglich<br />

machen sollten.<br />

Zusammengefasst bedeutet das Ideal einer<br />

geistigen Stiftung und damit verbunden die<br />

Bildung einer Geistgemeinschaft:<br />

- durch dieses Tun den Hierarchien für ihr<br />

Geschenk an der Menschheit zu danken<br />

- Geistgemeinschaften zu bilden, damit<br />

erhabene Wesenheiten weiter Anteil<br />

nehmen können an der Erdenentwicklung<br />

- durch gemeinsames Arbeiten<br />

Erkenntnisbemühungen zu unterstützen,<br />

die Voraussetzung dafür sind, daß sich die<br />

Menschheit wieder mit der geistigen Welt<br />

verbinden kann<br />

- durch dieses Arbeiten am Schulungsweg<br />

den geistigen Organismus zu ernähren und<br />

Zukunft zu gestalten und es bedeutet: durch<br />

das gemeinsame Tun „geistiges Kapital“ zu<br />

bilden und es „frei zu geben“, es anderen<br />

Menschen zur Verfügung zu stellen.<br />

Das führt im Troxler-Haus dazu, dass<br />

bewusst an Gemeinschaftsbildung<br />

gearbeitet wird und dass Angebote an Fort-<br />

und Weiterbildung eingerichtet werden<br />

für alle interessierten Menschen, nicht zu<br />

vergessen unsere betreuten Menschen.<br />

Hier, in der Stiftung, strömen<br />

Gesinnungen und Gefühle zusammen,<br />

um eine freie Geistgemeinschaft zu<br />

bilden, die „eine regelrechte Bedingung<br />

für das Wirksamwerden der Götter<br />

in der Erdenzivilisation und damit ein<br />

Mysterienimpuls ist.“ (15)<br />

Diese Ausführungen sind erste Gedanken,<br />

die als Ansatz verstanden werden wollen,<br />

um weiterentwickelt und vertieft zu werden.<br />

21


22<br />

Dazu sind alle interessierten Menschen<br />

eingeladen.<br />

Literaturhinweise<br />

(1) Axel Janitzki: „Vom Leben<br />

einer Stiftung“, Vortrag vom 17.11.2006<br />

anlässlich der Begründung der Troxler-Haus-<br />

Stiftung in Wuppertal<br />

(2) Bernd Andrick: Editorial in „Die<br />

Stiftung, Jahresheft zum Stiftungswesen“ 2.<br />

Bochumer Stiftungsrechtstag am 18. Januar<br />

2008 an der RUB in Bochum<br />

(3) Axel Janitzki: „Aktuelle<br />

Entwicklungen im Stiftungs- und<br />

Gemeinnützigkeitsrecht“, in Tagungsband<br />

des 1. Stiftungsrechtstages an der Ruhr-<br />

Universität Bochum<br />

(4) Lisa Krelhaus: „Die Psychologie<br />

des Stiftens“ in Tagungsband des 1.<br />

Stiftungsrechtstages an der Ruhr-Universität<br />

Bochum am 19. Januar 2007<br />

(5) Klaus Neuhoff: „Zur historischen<br />

Herkunft von („ewige“) Dauer und „Nach-<br />

haltigkeit“ im Stiftungsrecht“ in „Die<br />

Stiftung“ Jahresheft, 2. Stiftungsrechtstag<br />

2008<br />

(6) Thomas Jorberg: „Bürgerschaft-<br />

liches Engagement durch Stiftungen“ in<br />

Tagungsband, 1. Stiftungsrechtstag 19.<br />

Januar 2007, Ruhr-Universität Bochum<br />

(7) Erich Gutenberg: „Einführung in<br />

die Betriebswirtschaftslehre“ 1958<br />

(8) Joachim Luttermann: “Dreig-<br />

liederung des sozialen Organismus“,<br />

Dissertation Göttingen, 1988, Peter Lang<br />

Verlag<br />

(9) Zu dem Thema Geldtheorie siehe<br />

insbesondere:<br />

Rudolf Steiner: „Nationalökonomischer<br />

Kurs“ (GA 340/341)<br />

Georg F. v. Canal: „Geisteswissenschaft und<br />

Ökonomie“<br />

Lothar Vogel: „Die Verwirklichung des<br />

Menschen im sozialen Organismus“<br />

Rudolf Mees: „Was ist Geld?“<br />

Hans G. Schweppenhäuser: „Das Mysterium<br />

des Geldes“<br />

Manfred Schmidt-Brabant: „Spirituell<br />

verstandenes Bankwesen“<br />

„Wesen und Funktion des Geldes“,<br />

Sozialwissenschaftliches Forum, Bd. 3<br />

(10) Bernard Lievegoed: „Über<br />

Institutionen des Geisteslebens“ Heft 1,<br />

Sonderheft zur Zeitschrift „Seelenpflege in<br />

Heilpädagogik und Sozialtherapie“, April<br />

1988<br />

(11) Rudolf Steiner: insbesondere:<br />

- Geheimwissenschaft (GA 13)<br />

- Welt, Erde Mensch (GA 105)<br />

- Ägyptische Mythen und Mysterien (GA<br />

106)<br />

- Geistige Hierarchien und ihre Wider-<br />

spiegelung. (GA 110)<br />

(12) Rudolf Steiner: „Das Hereinwirken<br />

geistiger Wesenheiten in den Menschen“,<br />

(GA 102), Vortrag vom 01.06.1908<br />

(13) Rudolf Steiner: Vergangenheits-<br />

und Zukunftsimpulse im soz. Geschehen,<br />

(GA 190)<br />

(14) Axel Janitzki: Vom Geist einer<br />

Stiftung, Vortrag vom 10.04.2002,<br />

Kurzfassung in „Die Drei“, Heft 11/2002<br />

(15) Ingo Hoppe: “Die neuen<br />

Mysterien“ in „Nachrichten für die<br />

Mitglieder“ Gotheanum 06/09


Aus der Forschungsarbeit<br />

Ethik oder Gier?<br />

von Pierre Fornallaz<br />

Die Wirtschaftsentwicklung im regellosen<br />

und globalen freien Markt ist zwar<br />

erfolgreich, aber zugleich zerstörerisch und<br />

zukunftslos. Was sind die Ursachen dieser<br />

Fehlentwicklung?<br />

Meine Antwort: Zwei grosse Geschenke<br />

der Schöpfung an die Menschen<br />

werden missbräuchlich benutzt und<br />

missachtet.<br />

Das erste Geschenk: Der Menschheit<br />

wurden die Ressourcen der Erde<br />

geschenkt: die beschränkten und<br />

deshalb erschöpflichen Lager an Wasser,<br />

Erzen, Kohle, Erdöl und Erdgas und die<br />

unerschöpfliche Energie der Sonne.<br />

Der neoliberale Kapitalismus ignoriert<br />

weitgehend die Sonnenenergie, beutet<br />

dafür rücksichtslos die beschränkten<br />

Ressourcen aus. Die Preise sprechen nicht<br />

die Wahrheit, weil die Erschöpflichkeit<br />

und die sozialen und ökologischen<br />

Kosten nicht berücksichtigt werden.<br />

Die Menschheit und die Natur werden<br />

dadurch auf äusserst effiziente Weise von<br />

einer kleinen Minderheit von geldgierigen<br />

Geschäftemachern geplündert.<br />

Was sind die Fakten? 1992 zeigte das<br />

UN-Entwicklungsprogramm (UNDP), dass<br />

der reichste Fünftel der Weltbevölkerung<br />

82.3 % des Welteinkommens für sich<br />

beanspruchte, während sich der ärmste<br />

Fünftel mit 1,4 % begnügen musste, also 60<br />

Mal weniger. Hat sich seither die Situation<br />

gebessert? Nein, im Gegenteil! Richard<br />

Gerster zeigt in seinem Buch „Globalisierung<br />

und Gerechtigkeit“, dass 1960 der reichste<br />

Fünftel nur 30 Mal mehr beanspruchte,<br />

1990 waren es die oben erwähnten 60 mal<br />

mehr und 2000 bereits 80 mal mehr! Die<br />

wirtschaftliche Entwicklung der letzten 50<br />

Jahre war also in höchstem Masse unsozial.<br />

Die Klimaerwärmung beweist, dass sie<br />

ebenso unökologisch war.(1)<br />

Wir müssen also feststellen, dass<br />

eine entfesselte Geldgier, welche auf<br />

falschem Rechnen basiert und unsere<br />

Lebensgrundlagen zerstört, weltweite<br />

Verarmung, Klimaerwärmung, Hungersnöte<br />

und als Letztes die Finanzkrise zur Folge hat.<br />

Was kann man dagegen tun?<br />

Das zweite Geschenk sollte diesem<br />

Zwecke dienen: Der Mensch ist zwar Teil<br />

der Natur, aber nicht vollumfänglich von<br />

der Biologie bestimmt. Er kann wählen<br />

zwischen Egoismus und Willkür oder aber<br />

Menschlichkeit. Menschlichkeit ist nicht<br />

gegeben, sondern muss kulturell erarbeitet<br />

und verankert werden. Alle Menschen haben<br />

gleiche Rechte, haben denselben Anspruch<br />

auf die Güter dieser Erde. Menschlichkeit<br />

heisst auch Schutz der Schwachen.<br />

Wir sind also aufgefordert, in Freiheit die<br />

Regeln der Ethik zu wählen, an die wir<br />

uns halten wollen. Damit schaffen wir<br />

Menschlichkeit. Es geht nicht nur darum,<br />

23


24<br />

ein „guter Mensch“ zu sein, sondern vor<br />

allem, die Zukunft unserer Nachkommen<br />

zu sichern. (2)<br />

Die zwei Realitäten<br />

Wann triumphiert die Ethik über die Gier?<br />

Um die Entwicklung der letzten Jahrzehnte<br />

zu verstehen, müssen wir uns bewusst<br />

werden, dass zwei unvereinbare Realitäten<br />

bestehen:<br />

- Einerseits die Realität der nachhaltigen<br />

Entwicklung, die ethisch und wissenschaft-<br />

lich abgesichert ist. Die Weltgemeinschaft<br />

bekennt sich zu dieser Realität, glaubt aber,<br />

in diesem Sinne nicht handeln zu können.<br />

- Anderseits die heute ökonomisch<br />

praktizierte Realität, die deshalb zukunftslos<br />

ist, weil sie auf volkswirtschaftlich<br />

falschem Rechnen basiert und langfristig<br />

unsere Lebensgrundlagen zerstört.<br />

Die Weltgemeinschaft fühlt sich aber<br />

gezwungen, entsprechend dieser Realität<br />

zu handeln.<br />

Das gemeinsame Ziel muss durch<br />

ehrliche Kooperation und Koordination<br />

der Anstrengungen der Vertreter beider<br />

Realitäten so rasch als möglich verwirklicht<br />

werden. Statt gegeneinander anzutreten<br />

und aneinander vorbei zu reden, geht es<br />

darum, miteinander die Mängel der heute<br />

praktizierten ökonomischen Realität ans<br />

Licht zu bringen und nach und nach zu<br />

beheben.<br />

Wie könnte ein Miteinandergehen der<br />

Vertreter beider Realitäten gestaltet<br />

werden?<br />

Die einen müssten bereit sein, die<br />

Sachzwänge der heutigen ökonomischen<br />

Realität anzuerkennen und auch nicht voll<br />

befriedigende Kompromisse zuzulassen,<br />

sofern sie Schritte in die richtige Richtung<br />

sind. Die andern müssten bereit sein, den<br />

ethischen Auftrag und die wissenschaftliche<br />

Korrektheit einer gelebten nachhaltigen<br />

Entwicklung anzuerkennen und deshalb<br />

aktiv an der Eliminierung der heutigen<br />

zukunftslosen Sachzwänge mitzuwirken.<br />

Der Miteinander-Weg<br />

Dieser Weg ist sehr anspruchsvoll und nicht<br />

vergleichbar mit dem, was heute unter<br />

dem Namen Nachhaltigkeit getan wird.<br />

Um ein Miteinander zu ermöglichen, muss<br />

die Bevölkerung wahrheitsgemäss über<br />

die bestehenden Tatsachen und die zu<br />

lösenden Probleme orientiert werden. Das<br />

ist heute nicht der Fall. Politik, Wirtschaft,<br />

Wissenschaft, Hochschulen, Organisationen<br />

der Zivilgesellschaft, Kirchen und Medien<br />

sind aufgefordert, im Rahmen ihrer<br />

Möglichkeiten zu handeln.<br />

Politik<br />

Realpolitiker können der heute ökonomisch<br />

praktizierten Realität in ihrer kurzfristig<br />

orientierten Tätigkeit nicht ausweichen.<br />

Umso mehr sollten sie den Gegensatz zu<br />

den langfristigen Forderungen der ethischen<br />

und wissenschaftlich abgesicherten<br />

Realität betonen und echte, praktikable<br />

Kompromisse auf dem Weg zu einer<br />

gelebten Nachhaltigkeit erarbeiten und<br />

durchsetzen.<br />

Wirtschaft<br />

Die Wirtschaft ist von der ökonomisch<br />

praktizierten Realität abhängig. Sie ist<br />

nur dann in der Lage zu handeln, wenn<br />

die Mehrkosten der ethischen und<br />

wissenschaftlich abgesicherten Realität


finanziert werden. Der Miteinander-Weg<br />

sollte diese Finanzierung nach und nach<br />

ermöglichen. Viele KMUs wünschen,<br />

Schritte zur praktizierten Nachhaltigkeit<br />

ausführen zu können. Grosskonzerne sind<br />

weitgehend nur geldgesteuert und nicht in<br />

der Lage zu handeln, solange die Aktionäre<br />

es nicht fordern.<br />

Organisationen der Zivilgesellschaft<br />

Die meisten dieser Organisationen<br />

vertreten grundsätzlich die ethische und<br />

wissenschaftlich abgesicherte Realität,<br />

aber sie bekennen sich nicht gerne<br />

öffentlich dazu, wahrscheinlich aus Angst,<br />

wohlhabende Geldgeber, die vom heutigen<br />

System profitieren, zu verärgern. Auch ist<br />

es leichter, Menschen zum Geldspenden<br />

zu animieren, indem man auf Not und<br />

Elend hinweist. Damit wird aber vor allem<br />

Reparaturarbeit finanziert für Schäden, die<br />

das heutige Wirtschaftssystem verursacht.<br />

Viel heikler ist die Aufgabe, wenn man das<br />

Fokus auf die notwendige Veränderung<br />

des Systems legt, womit sich langfristig<br />

Reparaturarbeit erübrigen würde.<br />

Kirchen<br />

Die Kirchen setzen sich grundsätzlich<br />

für Ethik ein, ihre Wahl zwischen beiden<br />

Realitäten ist also vorgegeben. Leider<br />

weigern sie sich jedoch, angesichts ihrer<br />

eigenen Finanzsorgen, die unethischen<br />

Aspekte des Gelderwerbs, welches ohne<br />

Leistung zugunsten der Gesellschaft<br />

erfolgt, zu thematisieren. Die evangelisch-<br />

reformierte Kirche Basel Stadt rühmte<br />

sich sogar im September 2000 durch<br />

Spekulation an der Börse „als erste und<br />

bisher einzige Kirche Europas mit ihren<br />

Finanzen neue Wege gegangen zu sein”.<br />

Das Spekulationsgeld ermögliche ihr, Gutes<br />

zu tun. Auf die Frage, wieviel Elend das<br />

Spekulationsgeld wohl verursacht habe,<br />

weigerte sie sich einzugehen.<br />

Hochschulen<br />

Als Vertreter der Wissenschaft sollten sie<br />

unmissverständlich das langfristige Ziel<br />

anstreben. Leider versagen sie oft und ziehen<br />

es vor, die Argumente der kurzfristigen (und<br />

kurzsichtigen) Interessen von Politik und<br />

Wirtschaft zu übernehmen. Es wäre aber<br />

für die Allgemeinheit äusserst wichtig, eine<br />

sowohl geisteswissenschaftlich als auch<br />

naturwissenschaftlich kompetente Auskunft<br />

über den langfristig unausweichlichen Weg,<br />

der zu beschreiten ist, von berufener Seite<br />

zu erfahren. Auch hier eine persönliche<br />

Erfahrung: Ich habe mit Bezug auf das<br />

ETH Globe Magazin Nr.1/07, das sich mit<br />

dem Thema „Zukunft Energie” befasst,<br />

dem Rektor der ETH geschrieben. Ich<br />

habe anhand von drei Beispielen die sehr<br />

höflich formulierte Frage gestellt, warum<br />

wissenschaftliche Aussagen immer vermischt<br />

werden mit Aussagen aus Politik und<br />

Wirtschaft, die zwar wissenschaftlich falsch,<br />

aber leider realistisch sind. Er antwortete mit<br />

einem Einzeiler: Er habe meinen Brief mit<br />

grossem Interesse gelesen.<br />

Medien<br />

Auch in der alltäglichen Berichterstattung<br />

wäre es wichtig, klar zwischen den zwei<br />

Realitäten zu unterscheiden und falsche<br />

Informationen zu vermeiden. So kann man<br />

beispielsweise immer wieder lesen oder<br />

hören, dass Energien aus unerschöpflichen<br />

Quellen leider noch unwirtschaftlich seien<br />

oder dass Atomenergie billig sei. Richtig<br />

ist, dass die Erstgenannten oft teurer<br />

25


26<br />

erscheinen, weil die heute genutzten<br />

erschöpflichen Energien ihre Kosten nicht<br />

decken. Atomenergie ist ihrerseits nur<br />

deshalb scheinbar billig, weil die Kosten<br />

von Entsorgung und Sicherheit ignoriert<br />

werden.<br />

Der Weg des einzelnen Menschen<br />

Mit Ausnahme der Opfer des heutigen<br />

Systems, die sich aus Armut diesen Weg gar<br />

nicht leisten können, kann selbstverständlich<br />

auch jeder einsichtige, überzeugte<br />

Mensch handeln. Er muss aber einen<br />

anspruchsvollen Weg beschreiten, denn es<br />

ist nicht der Weg der Mehrheit. Man muss<br />

sich orientieren, Auskünfte suchen, der<br />

Werbung widerstehen und vor allem: man<br />

muss bereit sein, die Rolle des scheinbar<br />

„Dummen” zu übernehmen, der freiwillig<br />

höhere, aber echte Preise zahlt, und auf<br />

unberechtigte Renditen verzichtet. Gelebte<br />

Ethik kostet Geld. Es ist immer billiger, sich<br />

egoistisch und rücksichtslos zu verhalten.<br />

Man kann diesen anspruchsvollen Weg<br />

folgendermassen zusammenfassen:<br />

Diejenigen, die es sich leisten können, sollen<br />

das verdiente Geld, das sie nicht zum Leben<br />

brauchen, in die Realwirtschaft investieren<br />

und nicht in spekulative Anlagen. Unter<br />

Realwirtschaft verstehe ich eine Entwicklung,<br />

welche Lebensqualität schafft, welche die<br />

heutigen Probleme mindert oder löst und<br />

keine neuen Probleme heraufbeschwört.<br />

Die Rolle des Geldes und der Banken<br />

Damit kommen wir zur Rolle der Banken<br />

und zur Finanzkrise.<br />

Wir verfügen über ein Geldsystem,<br />

welches den Austausch von Leistungen<br />

zwischen Menschen mit verschiedenen<br />

Begabungen und Fähigkeiten, aber auch<br />

mit verschiedenen Ansprüchen, sehr leicht<br />

macht. Leider haben wir dieses System<br />

pervertiert und missbrauchen es, um<br />

masslose Geldgewinne zu ermöglichen,<br />

ohne entsprechende Leistungen zugunsten<br />

der Mitmenschen erbracht zu haben.<br />

Man spricht gerne von Investoren und<br />

vermeidet das ominöse Wort „Spekulant”.<br />

Was ist der Unterschied? Der Investor<br />

ermöglicht die Entwicklung der oben<br />

definierten Realwirtschaft. Er setzt dafür<br />

Geld ein, das er nicht für sein Leben braucht,<br />

und ist deshalb auch bereit, Verluste in Kauf<br />

zu nehmen. Wesentlich ist, dass für die<br />

Zukunft wichtige Entwicklungen stattfinden<br />

oder mindestens angestrebt werden.<br />

Dagegen versuchen Spekulanten nur ihr<br />

Vermögen zu vergrössern, ohne eigene<br />

Leistung zugunsten der menschlichen<br />

Gesellschaft und unter Ausbeutung der<br />

ärmeren Menschen und/oder der Natur.<br />

Die Banken müssen sich auf ihre<br />

Grundaufgabe konzentrieren: die<br />

Finanzierung der Realwirtschaft, welche<br />

Leistungen zugunsten der ganzen<br />

Gesellschaft ermöglicht. Leider haben<br />

sie sich im Kasinokapitalismus zu<br />

Spekulationszentren entwickelt. Spekulative<br />

Geldgewinne ohne Leistung, die nur den<br />

Reichen möglich sind, haben in den letzten<br />

30 Jahren gewaltig zugenommen. Im Jahre<br />

1975 dienten noch 50 % der globalen<br />

Kapitalverschiebungen von 20 Milliarden<br />

$ pro Tag der Bezahlung von Waren und<br />

Diensten in der realen Wirtschaft. Die<br />

andern 50 % waren spekulativer Natur.<br />

Im Jahr 2000, 25 Jahre später, betrugen


die globalen Kapitalverschiebungen das<br />

Hundertfache, nämlich 2000 Milliarden<br />

$ pro Tag. 98 % davon waren reine<br />

Spekulation auf leistungslose Gewinne und<br />

nur 2 % dienten der realen Wirtschaft. Der<br />

bekannte Finanzfachmann Bernhard Lietaer<br />

stellt fest: „Die reale Wirtschaft ist nur noch<br />

Dekoration auf dem Spekulationskuchen”.<br />

(3)<br />

Entsprechend haben sich die<br />

Managerbezüge in Banken und Konzernen<br />

entwickelt. Ich spreche ausdrücklich von<br />

Bezügen und nicht von Verdienst, denn<br />

im Begriff Verdienst ist das Wort „Dienst”<br />

enthalten. Leistungsunterschiede ergeben<br />

sich aus angeborenen und erworbenen<br />

Fähigkeiten, sowie aus dem Willen und der<br />

Kraft, diese Fähigkeiten in den Dienst eines<br />

Unternehmens und/oder der Gesellschaft<br />

zu stellen. Diese Leistungsunterschiede<br />

rechtfertigen Verdienstunterschiede von<br />

etwa 1 : 5. Als lobenswerte Beispiele<br />

seien zwei erfolgreiche Unternehmungen<br />

angeführt.<br />

Die Alternative Bank Schweiz (ABS) weist<br />

bei einem Jahresumsatz von rund 800<br />

Millionen Franken eine Spanne vom tiefsten<br />

zum höchsten Lohn von 1 : 3.1 aus.<br />

- Die Metallbauunternehmung E.<br />

Schweizer AG weist bei einem Jahresumsatz<br />

von 124 Millionen Franken eine Spanne von<br />

1 : 4 aus. Die Spanne bezieht sich auf das<br />

Verhältnis vom tiefsten Vollzeitlohn zum<br />

Durchschnittslohn der Geschäftsleitung.<br />

Wie sind die heutigen Spannen von 1 : 100<br />

bis 1 : 700 in Banken und Konzernen zu<br />

rechtfertigen? Sie sind in höchstem Masse<br />

unethisch! Sie ergeben sich offensichtlich<br />

nur aus Vergleichen unter geldgierigen<br />

Managern. Sie haben mit Verdienst und<br />

Leistung nichts zu tun.<br />

Der Lösungsweg<br />

Der Weg aus den Problemen, welche die<br />

wirtschaftliche Fehlentwicklung geschaffen<br />

haben, ist vorgezeichnet:<br />

- Die Menschheit und insbesondere<br />

die reiche Minderheit der Menschheit,<br />

die handeln kann, besinnt sich auf ihren<br />

ethischen Auftrag.<br />

- Die Institutionen beschreiten<br />

beharrlich den Miteinander-Weg.<br />

- Die Ökonomie berechnet Kosten<br />

volkswirtschaftlich richtig.<br />

- Die Banken dienen der<br />

Realwirtschaft und verzichten auf das<br />

Spekulationsgeschäft und auf Gewinne<br />

ohne Leistung.<br />

Das schreibt sich sehr einfach, ist aber<br />

anspruchsvoll. Sollte man nicht die<br />

Finanzkrise als Chance nutzen, um ein<br />

System, das versagt hat, endgültig zu<br />

verlassen und den Weg in die Zukunft<br />

miteinander zu suchen ?<br />

Lieteratur:<br />

1.) Richard Gerster, „Globalisierung und<br />

Gerechtigkeit”, h.e.p.verlag ag, Bern,<br />

2001<br />

2.) Hans Ruh, Thomas Gröbly, „Die Zukunft<br />

ist ethisch – oder gar nicht”, Waldgut<br />

Verlag, Frauenfeld, 2006<br />

3.) Bernhard Lietaer, „Das Geld der<br />

Zukunft”, Riemann Verlag, 1999.<br />

27


28<br />

Aus der Forschungsarbeit<br />

Finanzmarktkrise und<br />

sozialer Organismus <strong>Goetheanum</strong><br />

von Benjamin Kohlhase-Zöllner<br />

Worauf kommt es heute an?<br />

Diese Frage stellt sich mittlerweile<br />

überall. Schon mehr als ein Jahr vor der<br />

Finanzmarktkrise gab es viele Stimmen,<br />

die auf diese Krise hinwiesen. Aber worauf<br />

wiesen sie eigentlich genau hin?<br />

Diese Stimmen wiesen allesamt darauf hin,<br />

dass man dran und drauf war einer grossen<br />

Illusion, angefacht durch ein hohes Mass<br />

an Begeisterung und Überinterpretation,<br />

entgegen zu gehen. Grundsätzlich<br />

glaubte man vor der Krise, da nun alles<br />

möglich war, auch gigantische Gewinne,<br />

ein unbeschwertes Leben mit all seinen<br />

Verführungen und Möglichkeiten realisieren<br />

zu können. Eine Illusionsblase als Ausdruck<br />

eines Vakuums, die stellvertretend einer<br />

Sinn-, Werte- und Zielkrise auftrat.<br />

Die Krise zieht mehr und mehr Unternehmen<br />

und Organisationen in ihren Strudel. Nie<br />

in der Geschichte der Menschheit wurden<br />

solch gigantischen Finanzwerte zerstört<br />

wie im vergangenen Jahr. Die Blase aus<br />

Trug- und Wunschbildern ist zerplatzt.<br />

Meist bleibt nur noch ein Scherbenhaufen<br />

bei vormals glänzenden Unternehmen<br />

und Organisationen zurück. Daneben ist<br />

aber auch das Feld für Macht eröffnet.<br />

Unternehmen gibt es nun teils zu<br />

Spottpreisen. Dadurch entsteht eine Chance<br />

Konkurrenten zu schlucken und der Staat<br />

greift ebenfalls teils ordentlich zu.<br />

Aber was geschieht eigentlich? Vielleicht<br />

lässt es sich bildlich besser verstehen.<br />

Es erscheint wie das Wechselspiel zweier<br />

grosser Mächte. Dieses Wechselspiel ist<br />

ein natürlicher Vorgang, der jedoch nur<br />

in Krisen starke Schwankungen ausweist.<br />

Vergleichbar ist das Wechselspiel mit dem<br />

Rhythmus zwischen Winter, Frühling,<br />

Sommer und Herbst. Diese Kräfte, die<br />

einerseits luziferischer, andererseits<br />

ahrimanischer Natur entstammen, ringen<br />

um den Pol der individuellen Freiheit, der<br />

Entwicklung und Leben ermöglicht.<br />

In diesem Wechselspiel zwischen Ebbe<br />

und Flut kann man jedoch auch folgende


Bewegungen beobachten. Waren es vor<br />

der Krise eher ahrimanische Kräfte, die<br />

vor einer Blase warnten und zu mehr<br />

Bodenständigkeit und Realitätssinn<br />

mahnten, sind es in der Krise nun eher<br />

luziferische Kräfte, die davor warnen, jetzt<br />

Beratern zu folgen, die nur auf Effizienz,<br />

Kostenreduktion und der Frage nach den<br />

Kernaufgaben setzen.<br />

Welche Kräfte braucht es aber nun?<br />

Einerseits braucht die Wirtschaft die<br />

luziferischen Kräfte, um überhaupt zur<br />

Kreativität zu gelangen und unmögliches<br />

möglich zu denken. Andererseits braucht<br />

es auch die ahrimanischen Kräfte, um<br />

Unmögliches möglich zu machen. Und<br />

gerade Krisen auf beiden Seiten stellen<br />

immer auch eine Chance für Bewusstseins-<br />

und Entwicklungsschritte dar.<br />

Steckt eine Wirtschaft in der Depression,<br />

braucht es vor allem die luziferischen<br />

Kräfte, um wieder aufzustehen und gesund<br />

zu werden. Diese Kräfte fragen vor allem<br />

nach: Was wäre möglich? Umgekehrt,<br />

wenn das Luziferische zu stark geworden<br />

ist und krankhafte bzw. ungesunde<br />

Züge angenommen hat, braucht es die<br />

ahrimanischen Kräfte, die wiederum<br />

heilend durch eine Krise ihre Wirkung tun,<br />

in dem sie fragen: Was ist wirklich wichtig<br />

und gewollt. Und zwischen diesen beiden<br />

Kräften ringt der Mensch, aber auch die<br />

Wirtschaft, um einen ständig labilen und<br />

fluktuierenden, gesunden Zustand. Dieser<br />

Zustand des Gleichgewichts, der Balance, ist<br />

geprägt und Ausdruck zugleich von grosser<br />

Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.<br />

Heute stehen wir mitten in der Krise. Sie<br />

ist vermutlich noch eine ganze Zeit lang<br />

nicht zu Ende. Daher wird es wichtig,<br />

sich der Frage zu widmen, was für die<br />

Zukunft wirklich wichtig ist. Es ist eine<br />

Möglichkeit, wie im Winter, zur Besinnung<br />

zu kommen, nachzudenken und sich der<br />

Frage des „worauf kommt es wirklich an“<br />

zuzuwenden.<br />

Der Weg zur Antwort auf eine solche Frage<br />

geht meist einher mit einem gewissen<br />

Leidensweg. In Unternehmen wird zu erst<br />

bei Produkten und Leistungen gestrichen,<br />

die sich so oder so oft nicht selber trugen,<br />

dennoch dazu führten, dass man den<br />

Umsatz um ein letztes Quäntchen erhöhen<br />

konnte und Leerzeiten ökonomisch nutzte<br />

bzw. das Image aufpolierte. Nach diesen<br />

ersten Maßnahmen geht’s schon bald an die<br />

Substanz – bis zu einem ganz bestimmten<br />

Punkt. Dieser Punkt betrifft in erster<br />

Linie die Frage der Existenzberechtigung.<br />

Dieser Scheitelpunkt kann sich, je nach<br />

Beantwortung dieser Frage, zu einem<br />

Wendepunkt in zwei Richtungen entwickeln,<br />

wieder nach oben oder endgültig nach<br />

unten.<br />

In diesem Punkt kristallisieren sich jedoch<br />

sämtliche Fragen und Werte des Seins,<br />

weil es darüber hinaus ein gesunder,<br />

ernsthafter, aber auch lebendiger Punkt<br />

ist. Es ist eigentlich ein Punkt, an dem man<br />

sich zurück erinnern kann an das, was<br />

ursprünglich tendiert und gewollt war. Es<br />

ist somit eine Rückschauübung, die deutlich<br />

machen kann, ob sich der eingeschlagene<br />

Weg noch zum gleichen und ursprünglich<br />

motivierten Ziel führt oder korrigiert<br />

werden muss. Es ist somit auch ein Punkt,<br />

in dem es um Wahrheit und Offenheit<br />

geht. Eine solche Situation lässt sich am<br />

29


30<br />

ehesten meistern, wenn die notwendigen<br />

Rahmenbedingungen und eine gewisse<br />

Kultur vorhanden sind. Eine Kultur, die vom<br />

zuhören, erkennen, verstehen und vertrauen<br />

geprägt ist.<br />

Das Karma des Berufs Controlling<br />

In einer solchen Situation ist es hilfreich, den<br />

Patienten Wirtschaft bzw. Unternehmen<br />

auch „ärztlich“ zu betreuen. Ein solcher<br />

Arzt im Wirtschaftsleben kann im Berufsbild<br />

des Controllers gesehen werden. Seine<br />

Aufgabe fängt jedoch nicht erst an,<br />

wenn es eigentlich schon zu spät ist. Das<br />

Karma seines Berufs zeichnet sich vor<br />

allem dadurch aus, dass er eigentlich von<br />

Anfang an fragt: Was hält die Wirtschaft<br />

bzw. die Organisation gesund? Er stellt<br />

somit nicht nur das betriebswirtschaftliche<br />

Gewissen dar, sondern geht weit darüber<br />

hinaus. Neben dem Handwerkzeug der<br />

Betriebswirtschaft stellt er auch sämtliche<br />

Managementaufgaben sicher und diese<br />

beziehen sich vor allem darauf, immer im<br />

Sinne einer Navigation dem ursprünglich<br />

anvisierten Ziel durch alle Situationen<br />

hindurch zu folgen und einen sicheren<br />

und gesunden Weg dorthin zu finden.<br />

Das Ziel setzt er dabei meist nicht selbst,<br />

denn das kann, wie beim Menschen, nur<br />

der betroffene Organismus selbst für sich<br />

entwickeln und entscheiden. Die Aufgabe<br />

des Controller ist es aber, immerzu daran<br />

zu erinnern, wo man eigentlich hin wollte,<br />

mit welchen Mitteln und Motiven man zu<br />

diesem Ziel wollte und was die einzelnen<br />

Aufgaben und Etappen sind, um dieses<br />

Ziel zu erreichen. Es ist wie bei einem<br />

guten Arzt, der seinem Patienten schon<br />

bei den allerersten Anzeichen ungesunder<br />

Zustände Maßnahmen empfiehlt, damit<br />

er gesund bleibt und sich eben nicht<br />

Krankheiten wie Übergewicht, Magersucht,<br />

Krebs oder andere ungesunde Situationen<br />

entwickeln können. Sein Berufskarma steht,<br />

richtig verstanden, zwischen den beiden<br />

grossen Kräften und seine Aufgabe ist<br />

es, heilend, gesundend und befruchtend,<br />

durch zuhören, erkennen, verstehen und<br />

vertrauen zu wirken. Er muss jedoch alle drei<br />

Kräfte sehr genau kennen und wissen, wie<br />

sie zueinander stehen und wirken.<br />

Um sichere Diagnosen als Grundlage von<br />

Therapieempfehlungen abgeben zu können,<br />

braucht der Controller eine Reihe von<br />

Werkzeugen und Reagenzmöglichkeiten,<br />

um den Zustand einer Organisation<br />

beurteilen zu können.<br />

Die Arbeit des Controllers ist daher<br />

tatsächlich vergleichbar mit dem Beruf<br />

des Arztes. Seine Arbeitsfelder sind soziale<br />

Organismen und deren Gesundheit und<br />

Entwicklung.<br />

Der soziale Organismus <strong>Goetheanum</strong><br />

Jeder Organismus, auch der soziale<br />

Organismus, folgt seinem individuellen<br />

Lebensprinzip. Ein solcher Organismus<br />

gliedert sich in drei Wesensglieder, dem<br />

Nerven-Sinnes-System, dem Rhythmischen<br />

System und dem Stoffwechsel-Gliedmassen-<br />

System. Diese drei Systeme haben ihren<br />

seelischen Ausdruck so auch z.B. im sozialen<br />

Organismus <strong>Goetheanum</strong>:<br />

• das Denken dem Nerven-Sinnes-<br />

Bereich (Freie Hochschule für<br />

Geisteswissenschaft)<br />

• das Fühlen dem rhythmischen<br />

Bereich (<strong>Goetheanum</strong><br />

Kulturhaus)


• das Wollen beziehungsweise<br />

Handeln dem Stoffwechsel-<br />

Gliedmaßen-Bereich<br />

(Gesellschaft)<br />

Die drei genannten Bereiche sind nicht<br />

isoliert voneinander zu denken, sondern<br />

durchdringen sich kontinuierlich und<br />

lebendig gegenseitig. So ist der Nerven-<br />

Sinnes-Bereich bis in die kleinsten<br />

Verästelungen überall im Organismus mit<br />

wirksam, und eben nur konzentriert vor<br />

allem im Kopfe lokalisiert. Die rhythmischen<br />

Vorgänge finden sich auch nicht nur im<br />

Brustkorb, sondern letztendlich im gesamten<br />

übrigen Organismus in vielfacher Art und<br />

Weise, und auch die Stoffwechselvorgänge<br />

finden sich im gesamten Organismus,<br />

wenngleich sie ihren Hauptsitz in den<br />

Bauchorganen haben.<br />

So wie der Nerven-Sinnes-Bereich wie<br />

ein Netzwerk den gesamten Körper auf<br />

vielfältige Art und Weise durchzieht, so kann<br />

auch das auf den Nerven-Sinnes-Bereich sich<br />

stützende Denken ein fast unendlich großes<br />

Netzwerk sich gegenseitig stützender und<br />

ergänzender Gedanken bilden.<br />

Und so wie Herz und Lunge mit Anspannung<br />

und Erschlaffung (Herz) beziehungsweise<br />

mit Einatmung und Ausatmung (Lunge)<br />

jeweils entgegengesetzte Vorgänge<br />

ausführen (polare Tätigkeit), so ist das daran<br />

sich anlehnende Gefühl ebenfalls polar<br />

angelegt: Liebe-Hass, Antipathie-Sympathie,<br />

Freude-Traurigkeit und so weiter.<br />

Und so wie der Stoffwechsel letztendlich<br />

zielgerichtet Stoffwechselprodukte<br />

hervorbringt, so sind die daran sich<br />

anlehnenden Handlungsimpulse ebenso eine<br />

in eine Richtung zielgerichtete fortwirkende<br />

Kraft, die Veränderungen bewirkt.<br />

Alle drei Teile des Gesamtorganismus<br />

sind Grundlage für das Übergeordnete,<br />

die geistige Individualität – das Ich einer<br />

Organisation. Diese Individualität ist<br />

wandelbar und dadurch nur schlecht<br />

greifbar. Sie lässt sich nur im Laufe<br />

eines Entwicklungszyklus beschreiben,<br />

Entwicklung wird dadurch nur durch<br />

Rückschau sichtbar.<br />

Wichtigste Grundlage einer Therapie ist es,<br />

das Lebensprinzip eines Organismus gut zu<br />

kennen. Am Beispiel <strong>Goetheanum</strong> (gemeint<br />

ist das „geistige <strong>Goetheanum</strong> / die Idee<br />

<strong>Goetheanum</strong>“) ist dieses Prinzip durch die<br />

vielen Jahrzehnte meines Erachtens etwas<br />

verwachsen bzw. versteckt. Folgt man<br />

dem Lebensprinzip eines dreigliedrigen<br />

Organismus und betrachtet sich den<br />

heutigen Organismus <strong>Goetheanum</strong>, so<br />

stelle ich fest, dass es diesen dreigliedrigen<br />

Organismus auch in dem <strong>Goetheanum</strong><br />

in den drei Bereichen Freie Hochschule<br />

für Geisteswissenschaft, <strong>Goetheanum</strong><br />

Kulturhaus und Gesellschaft (Allgemeine<br />

Anthroposophische Gesellschaft) gibt.<br />

Lebensprinzipien<br />

Folgt man dieser These, so kann man dazu<br />

kommen, dass das Nerven-Sinnes-System<br />

als Prinzip der Freien Hochschule für<br />

Geisteswissenschaft zugrunde liegt. Dieses<br />

System ist ja eigentlich das produktivste<br />

und entwicklungsfähigste System eines<br />

Organismus. Gerade durch die Fähigkeit,<br />

bewusst Gedanken zu bilden, Forschung<br />

zu betreiben und über ein breites Netzwerk<br />

mit anderen Gedanken (Verbandsarbeit) zu<br />

verbinden und sich so weiter zu entwickeln<br />

(Studium und Weiterbildung), zeichnet es<br />

31


32<br />

als ein Entwicklungsorgan aus, von dem<br />

letzten Endes alles abhängt und alle geistig<br />

ernährt.<br />

Das Herz-Rhythmus-System wird vielleicht im<br />

<strong>Goetheanum</strong> Kulturhaus am deutlichsten:<br />

Zwischen den beiden Polen Wissenschaft<br />

und Kunst, zwischen grösst möglicher<br />

Öffentlichkeit und möglichster Intimität,<br />

zwischen großem Interesse und leeren<br />

Sälen, zwischen positiver und negativer<br />

Kritik, zwischen Liebe und Unverständnis für<br />

den Bau, eine Tagung bzw. Aufführung ist<br />

ein Hin- und Herströmen wahrnehmbar. All<br />

das drückt sich in der Gefühlsebene dieses<br />

Ortes <strong>Goetheanum</strong> bei den Besuchern<br />

aus und prägt gleichzeitig durch sein<br />

durchweben den ganzen Organismus<br />

<strong>Goetheanum</strong> (geistiges <strong>Goetheanum</strong>) und<br />

lebt schlussendlich durch das, was aus<br />

Hochschule und AAG/Weltgesellschaft<br />

sichtbar und erlebbar werden will.<br />

Und zuletzt das Stoffwechsel-Gliedmassen-<br />

System in seiner Ausprägung der AAG/<br />

Gesellschaft als Sitz der Weltgesellschaft<br />

im <strong>Goetheanum</strong> (Gebäude) und als<br />

juristisch/wirtschaftliche Person, das<br />

sich vor allem durch das zielgerichtete<br />

Wollen und unterstützen sowie<br />

Veränderungswirkungen auszeichnet.<br />

Mit seinen Gliedmassen: Mitgliedschaft,<br />

Landesgesellschaften, Zweige, Infrastruktur<br />

etc. schafft es juristische und wirtschaftliche<br />

Rahmenbedingungen, damit Freiräume<br />

für Hochschule und <strong>Goetheanum</strong><br />

entstehen können. Mit dem Finanzstrom<br />

der AAG wird ein Stoffwechselprozess<br />

im Gesamtorganismus <strong>Goetheanum</strong><br />

ermöglicht.<br />

Das höhere Ich des sozialen Organismus<br />

<strong>Goetheanum</strong> entwicklungsfähig<br />

machen<br />

In all diesen drei Bereichen schlummert<br />

das eigentliche Geheimnis der Gesundheit<br />

des Gesamtorganismus bzw. des „Wesens<br />

<strong>Goetheanum</strong>“. Eine Fülle von Aufgaben<br />

bzw. Kernaufgaben kann man so ausfindig<br />

machen, die Grundlagen eines gesunden<br />

Organismus bilden können.<br />

Auch wenn diese Systeme einer gewissen<br />

Unabhängigkeit und Abgrenzung bedürfen<br />

(jede kleinste Zelle zeichnet sich durch<br />

Abgrenzung nach Aussen und Innen aus<br />

und schafft dennoch eine Verbindung bzw.<br />

einen Austausch über eine Membrane nach<br />

Aussen und Innen), haben sie jedoch ihre<br />

Wirkung auf alle anderen Systeme und<br />

können so zu Entwicklung und Bewusstsein<br />

bzw. der Erfüllung der Gesamtaufgabe<br />

beitragen.<br />

Das Wichtige dabei ist meines Erachtens,<br />

dass es um die Entwicklung des höheren<br />

Ichs dieses Gesamtorganismus gehen<br />

muss. Alle drei Systeme schaffen nur<br />

Vorraussetzungen, damit sich dieses<br />

höhere Ich, welches von Steiner meist als<br />

das „geistige <strong>Goetheanum</strong>“ (Die Idee des<br />

<strong>Goetheanum</strong> als Kulturimpuls, nicht als<br />

Hochschule, nicht als Bau oder Betrieb)<br />

beschrieben wurde, sich entwickeln kann.<br />

Dieses geistige <strong>Goetheanum</strong> und seine<br />

Individualität und Entwicklungssituation<br />

zu beschreiben, würde hier den Rahmen<br />

sprengen.<br />

Worauf kommt es also heute an?<br />

Für meinen Teil sehe ich in der aktuellen<br />

Finanzmarktkrise die Chance und mögliche<br />

Aufgabe, auch fürs <strong>Goetheanum</strong>, sich noch


einmal ganz neu und frisch zu organisieren, seine Organe zu gesunden, sich der Wichtigkeit<br />

dieser oben beschriebenen drei Grundprinzipien bewusst zu sein und mit einem deutlichen<br />

Entwicklungsschritt sich auf die eigentlichen Grundmotive und Prinzipien (Kernaufgaben)<br />

zu konzentrieren und so mit gebündelten Kräften, weltweiten Partnerschaften (Gesellschaft<br />

und Hochschule), vielleicht etwas schlanker als vorher in eine selbstgestaltete freie Zukunft zu<br />

gehen.<br />

Das spannende ist für mich, dass die Anthroposophie dabei Therapie wie Ziel ist, oder anders<br />

gesagt, der Weg ist das Ziel.<br />

Veranstaltungsrückblick<br />

Hochschultreffen der Familienkultur<br />

zur 16. Klassenstunde<br />

„Zur Wärme und zum Nachtodlichen“<br />

von Anneka Lohn<br />

Die Kindheit: eine Art „himmlischer<br />

Nachklang„ – die Familie: eine „Schule<br />

sozialer Gemeinschaft“.<br />

So das Familienleben ansehen heisst,<br />

andere Dimensionen mit einzubeziehen.<br />

Dimensionen, die über den täglichen,<br />

manchmal ermüdenden Alltag<br />

hinausgehen bzw. diesen verändern.<br />

Begegnungsqualitäten sind gefragt: Fühlen<br />

wie der Andere, Eintauchen in den Anderen,<br />

Verstehen durch den Anderen.<br />

Das kann geübt werden, da kann gescheitert<br />

werden. Denn ist man sich unmittelbar<br />

nicht selbst immer am nächsten? Wirklich<br />

einzugehen auf Fremdes und Anderes<br />

erfordert eine Fähigkeit, aus dem Umkreis<br />

die Verhältnisse zu betrachten, die Erlebnisse<br />

zu beurteilen.<br />

In den Inhalten der 16. Klassenstunde<br />

klingen Blickrichtungen und Erlebnissphären<br />

zu diesen Fragen an. Paul Mackay hatte<br />

diese am Freitagabend frei gehalten.<br />

Andreas Worel vertiefte in seinem Beitrag<br />

aus diesem Zusammenhang Gesichtpunkte<br />

zur Wärme. Wärme hat immer etwas mit<br />

dem Zustand von mir und dem Umraum zu<br />

tun. Wärme in uns und um uns als irdisch-<br />

kosmische, Leben spendende Dimension.<br />

33


34<br />

Wärme als Begeisterung, als „brennen“ für<br />

den Anderen oder für das Andere. Wärme<br />

als Quelle der ureigensten Moralität von<br />

Innen heraus. Wärme als alldurchdringende<br />

Kraft.<br />

Die gemeinsame Eurythmie mit<br />

Gioia Falk hat in ruhigen Übschritten<br />

erfahrbar werden lassen, welche<br />

Hinwendungskräfte mobilisiert werden<br />

können, wenn gleichzeitig eine Offenheit<br />

„zum Empfangen“ vorhanden sein kann<br />

– „erwecke – erschaffe – erbitte“.<br />

Kurze Gedankenskizzen von Paul Mackay,<br />

Urs Pohlman und Franziska Schmidt von<br />

Nell haben in sehr verschiedener Weise<br />

Erfahrungsfelder aufgezeigt, wie der<br />

Bereich des Nachtodlichen seine Beziehung<br />

zum Jetzt entfaltet. So wie der Schlaf als<br />

kleiner Bruder des Todes angesehen werden<br />

kann, so kann die Aufmerksamkeit, wenn<br />

sie auf das Einschlafen und Aufwachen<br />

gerichtet wird, ahnen lassen, was es heisst,<br />

in „Schwellenluft“ zu bestehen.<br />

Öffnet man seinen Blick dahingehend<br />

zur Frage, wie im Leben hier und<br />

jetzt Perspektiven des Nachtodlichen<br />

anklingen, so können zum Beispiel auch<br />

Biographiebetrachtungen diesbezüglich<br />

Aufschluss geben.<br />

Deutlich ist auch, dass das Aufgeben<br />

von Gewohnheiten im Denken, Fühlen<br />

und Wollen mit dem „wachen Sterben“<br />

einhergehen kann. Das bewusste Gestalten<br />

der Seelenkräfte ermöglicht, zu einer<br />

Verantwortung für sich aus dem Umkreis<br />

heraus zu gelangen.<br />

Diese Haltung, so zeigte sich im<br />

anschliessenden Gespräch, ist die Grundlage<br />

für eine jeden Tag neu zu erringende<br />

Offenheit den Kindern und überhaupt allem<br />

gegenüber.<br />

Am 22. - 23. Januar 2010 wird das nächste<br />

Hochschultreffen zur Familien-Kultur<br />

stattfinden. Die Grundlage wird diesmal die<br />

17. Klassenstunde sein.<br />

Am 5. September findet ein Seminar statt:<br />

Spirituelle Kultur im Alltag von Müttern und<br />

Vätern. Samstag 5.9.2009, 9 – 18 Uhr.


Veranstaltungsrückblick<br />

Forschungskolloquium<br />

„Zur Zukunft der Menschenwürde“<br />

von Johanna Guhr und KunstRaumRhein (Simon Mugier)<br />

Themenschwerpunkt: Ethik<br />

Die Initiatorin des KunstRaumRhein,<br />

Dorothée Deimann veranstaltete<br />

mit ihren Mitarbeitern und der<br />

Sektion für Sozialwissenschaften am<br />

<strong>Goetheanum</strong> und dem universitären<br />

Nachdiplomstudiengang «Interdisziplinäre<br />

Konfliktforschung und Konfliktanalyse» das<br />

6. Forschungskolloquium «Zur Zukunft der<br />

Menschenwürde» erstmals an der Uni Basel,<br />

diesmal zum Thema Ethik.<br />

Klaus Leisinger von der Novartisstiftung<br />

für Nachhaltige Entwicklung sprach über<br />

die Chancen und Probleme, welche<br />

sich im Rahmen der Tätigkeit eines<br />

globalisierten Grosskonzerns ergeben.<br />

Nicht selbstverständlich ist die vom<br />

Referenten dargelegte Erkenntnis, dass<br />

die grundlegenden gesellschaftlichen<br />

Wertvorstellungen weltweit geteilt werden:<br />

«Ich glaube, dass die Menschen überall auf<br />

der Welt ähnliche Wertvorstellungen haben;<br />

eine gerechtere, weniger verschmutzte<br />

Welt. Aber wer die Veränderungen in<br />

der Welt sehen will, muss sie selber<br />

leben.» Probleme für Mensch und Umwelt<br />

ergeben sich oft mehr aus systematischen<br />

und menschlichen Fehlleistungen denn<br />

aus zynischen Berechnungen. Moralische<br />

Anschuldigungen tragen heute wenig zur<br />

Lösung von Problemen bei: Gefordert ist ein<br />

mit-verantwortliches Handeln.<br />

Auf den individuellen Aspekt nahm auch der<br />

Völkerrechtler Ted van Baarda Bezug. Im<br />

niederländischen Verteidigungsministerium<br />

schult er Entscheidungsträger von global<br />

agierenden Streitkräften. Diese stehen oft in<br />

einem schier unlösbaren Konflikt zwischen<br />

völkerrechtlicher Neutralität und der an sie<br />

gestellten Forderung nach Parteilichkeit und<br />

Gehorsam.<br />

Dorothée Deimann, Simon Mugier<br />

Militärische Befehlshaber müssen auf<br />

Situationen vorbereitet werden, in denen<br />

unverzügliches und über Leben und Tod<br />

entscheidendes Handel gefordert ist.<br />

Wichtig ist dabei die Entwicklung der<br />

moralischen Fähigkeit, gleichzeitig aus<br />

35


36<br />

der Sache wie auch aus sich selbst heraus<br />

entscheiden zu können. Oft komme es vor,<br />

dass Menschen in Ausnahmezuständen<br />

durch starke Emotionen ihre Befähigung<br />

zum klaren Urteilen verlieren.<br />

Die Entscheidung und Handlung aus<br />

einer übergeordneten und gleichzeitig<br />

geistig-individuellen Souveränität heraus<br />

nennt van Baarda im militärischen Jargon<br />

«Helicopterview». Diese ermöglicht es, auch<br />

in Extremsituationen Übersicht, Haltung und<br />

Würde zu bewahren. Dazu ist eine Schulung<br />

der Ich-Sensibilität notwendig, welche eine<br />

feste Handlungsgrundlage werden kann.<br />

Erst wenn die eigene Würde verloren<br />

gehe, sei es möglich, die Würde anderer zu<br />

verletzen; dies gelte es zu verhindern.<br />

Paul Mackay, Leiter der Sektion für<br />

Sozialwissenschaften und Vorstand am<br />

<strong>Goetheanum</strong> nahm Bezug auf die Frage,<br />

in welchem Zusammenhang Karma und<br />

Reinkarnation zur Freiheit stehen. Explizit<br />

wurde damit auf eine «Sternstunde<br />

Philosophie»-Sendung am Schweizer<br />

Fernsehen referiert, in welcher Helmut<br />

Zander, Autor des Buches «Anthroposophie<br />

in Deutschland» meinte, dass sich die Idee<br />

der Freiheit mit Reinkarnation und Karma<br />

zynisch anfühle.<br />

Ist Freiheit überhaupt möglich, wenn<br />

mir in diesem Leben Folgen und<br />

Begegnungen entgegen kommen, die durch<br />

vorangegangene Leben bedingt sind? Die<br />

Antwort: Reinkarnation und Karma mache<br />

Freiheit erst möglich. Dadurch nämlich,<br />

dass Taten Konsequenzen haben und<br />

diese Konsequenzen später wieder auf uns<br />

zukommen, ergibt sich die Möglichkeit,<br />

dass wir uns frei dem Wiederkehrenden<br />

gegenüber verhalten und dem Schicksal im<br />

Verbund mit anderen Menschen eine neue<br />

Richtung geben können. Durch die neue<br />

Positionierung besteht die Chance zum<br />

Wandel. «Dass ich mich konfrontiert weiss<br />

mit meinen letzten Erdenleben, das macht<br />

mich überhaupt entwicklungsfähig. Das<br />

gibt mir die Chance, Mensch zu werden,<br />

Menschenwürde zu entwickeln, Freiheit zu<br />

entwickeln.»<br />

Klaus Leisinger<br />

Reinhard Erös, ehemaliger Arzt und<br />

Offizier bei der deutschen Bundeswehr,<br />

berichtete von seinen Erfahrungen in<br />

Afghanistan, wo er seit längerem mit seiner<br />

Familie lebt. Aus eigenem Engagement hat<br />

er mit seiner Familie bereits 25 Schulen<br />

aufgebaut und ist zweifellos einer der<br />

besten Kenner der gesellschaftspolitischen<br />

Verhältnisse Afghanistans. Sein Vortrag<br />

war eine «Mischung aus Erlebnisbericht und<br />

Politikerschelte», wie er zu Beginn schon


ankündigte.<br />

Die Erkenntnis für den Hörer war dann<br />

auch, dass in den Medien und damit auch<br />

in unseren unkritischen Köpfen und bei<br />

den Politikern viele Vorurteile und falsche<br />

Annahmen bestehen. Kein einziger Afghane<br />

werde international oder national wegen<br />

islamistischem Terrorismus oder Verdacht<br />

auf Terrorismus gesucht, führte er aus –<br />

und dennoch wird in Afghanistan seit 2001<br />

bis heute der Krieg gegen den Terrorismus<br />

geführt. Das Problem der radikalen Taliban<br />

sei wohl gegeben, aber nicht zu verwechseln<br />

mit dem internationalen Terrorismus<br />

von Al-Kaida. Trotzdem führt der Krieg<br />

am Hindukusch zu einer politischen<br />

Radikalisierung. Die Taliban organisieren<br />

sich energisch. Man beobachte dazu die<br />

gegenwärtige Situation in Afghanistan und<br />

im angrenzenden Pakistan.<br />

Reinhard Erös<br />

Die beste Massnahme gegen die Ausbreitung<br />

eines radikalen Islams sei es, so Erös,<br />

Schulen zu bauen. Die Lösung liege in der<br />

heranwachsenden Generation. Die Kinder<br />

sind die zukünftigen Entscheidungsträger<br />

des Landes, und die entscheidende Frage<br />

ist, ob sie in den radikalen Koranschulen<br />

aufwachsen oder in solchen, welche andere<br />

Werte vermitteln.<br />

Für die Afghanen selbst ist die grösste<br />

Bedrohung nicht der Krieg direkt, sondern<br />

die Armut: «Das Hauptproblem der meisten<br />

Afghanen ist: Wie verhungere ich nicht?» So<br />

lautet das Motto der Kinderhilfe Afghanistan<br />

dann auch «Brot und Bildung statt Fatalismus<br />

und Fundamentalismus.» Für Spenden,<br />

Kontakt oder weitere Informationen zur<br />

«Kinderhilfe Afghanistan» besteht die<br />

Möglichkeit der Vermittlung über den<br />

KunstRaumRhein. Infos Afghanistan:<br />

www.kinderhilfe-afghanistan.de<br />

Allen Rednern war gemeinsam, dass sie auf<br />

die ethischen Fähigkeiten des Individuums<br />

rekurrierten, welche nicht ohne weiteres<br />

zugänglich sind, sondern in individueller<br />

Arbeit erkämpft werden müssen. Dazu sind<br />

umfassende Ansätze unumgänglich, die<br />

auch die tieferen Aspekte der Problematiken<br />

miteinbeziehen.<br />

Dialoge sind dort möglich, wo die<br />

Grundlagen Intelligenz und Bereitschaft<br />

zur Anerkennung eines in der Spiritualität<br />

fussenden Menschentums gegeben sind,<br />

wo die westliche Welt bereit ist mit dem<br />

Islam in Verbindung zu treten und wo dieser<br />

seinerseits die Grundlagen des Christentums<br />

kennen und akzeptieren lernt. Dies gilt auch<br />

für die Binnengesellschaft. Die Moderatorin<br />

Dorothée Deimann: «Zu den immer<br />

positiver werdenden Wissensinhalten der<br />

37


38<br />

intellektuellen Welt, die hauptsächlich unsere Köpfe versorgt, müssen wir den Mut aufbringen,<br />

uns bewusst wieder den spirituellen Kräften zuzuwenden. Sonst bleibt es bei frommen Reden und<br />

wirklichkeitsfremden Sozialprogrammen.»<br />

Die bisherigen Vorträge können nachgelesen werden unter www.kunstraumrhein.com; eine DVD<br />

mit allen Beiträgen erscheint in Kürze. Infos dazu ebenfalls auf der Webseite.<br />

Die nächste Veranstaltung des KunstRaumRhein im Herbst findet wiederum an der Uni Basel statt,<br />

u.a. mit Ueli Mäder über seine neueste Forschung zu Reichtum in der Schweiz und der kritischen<br />

Würdigung von sechs Jahrzehnten Sozialer Marktwirtschaft.<br />

Ted van Baarda / Paul Mackay


Veranstaltungsrückblick<br />

Die Herausforderung der<br />

Globalisiserung<br />

von Katharina Offenborn<br />

Veranstalter: Sektion für Sozialwissen-<br />

schaften am <strong>Goetheanum</strong>, Dornach<br />

zusammen mit der Sozialwissenschaftlichen<br />

Forschungsgesellschaft e.V., Stuttgart<br />

Mitte März fand in Stuttgart eine<br />

Wochenendtagung zum Thema<br />

„Herausforderungen der Globalisierung“<br />

statt. Vor ca. 350 Menschen entwarfen<br />

anthroposophische Redner wie Prof. Götz<br />

Werner, Thomas Jorberg, Paul Mackay,<br />

Ulrich Rösch, Gerald Häfner, Dr. Dietrich<br />

Spitta und Dr. Christoph Strawe ein<br />

facettenreiches Bild der wirtschaftlichen<br />

Zusammenhänge im Zeitalter der Welt-<br />

Finanz- und -Wirtschaftskrise.<br />

In einem Punkt waren sich alle einig – es<br />

ist Zeit für einen Paradigmenwechsel in der<br />

Wirtschaft, für ein neues Bewusstsein, das<br />

offen ist für zukunftsweisende Lösungen.<br />

An die Stelle von Konkurrenzkampf,<br />

Lohnarbeit und veralteten Strukturen, die<br />

uns weltweit in die Krise gestürzt haben,<br />

muss ein solidarisches Wirtschaften treten.<br />

In diesem muss es um die bisher nicht<br />

ausreichend erkannte Tatsache gehen,<br />

dass die unterschiedlichen wirtschaftlichen<br />

Interessen von Herstellern, Händlern<br />

und Verbrauchern durch vertragliche<br />

Zusammenarbeit ausgeglichen werden<br />

können. Wir müssen miteinander<br />

ins Gespräch kommen, müssen uns<br />

zunehmend zu wirtschaftlichen Verbänden<br />

– Assoziationen – zusammenschließen<br />

und gemeinsam Vereinbarungen treffen,<br />

bei denen keiner Verlierer sein darf. Das<br />

Wirtschaftsleben der Zukunft muss auf<br />

„brüderlicher“ Kooperation aufbauen und<br />

nicht auf Konkurrenzkampf.<br />

Die Zeiten sind vorbei, in denen Politiker<br />

und Wirtschaftsexperten allein entscheiden<br />

können, wo es lang gehen soll. Angesichts<br />

einer Krise, deren Folgen längst noch nicht<br />

abzusehen sind, geht es mehr denn je<br />

darum, die soziale Skulptur (Beuys), die wir<br />

sind, mitzugestalten. Es ist höchste Zeit,<br />

tatsächlich das Volk zu werden, von dem<br />

alle Staatsgewalt ausgeht (Grundgesetz,<br />

Art. 20).<br />

Die Beiträge boten insgesamt<br />

eine ausgewogene Mischung aus<br />

zukunftsweisenden Gedanken und bereits<br />

praktizierten Ansätzen. Was bleibt, ist eine<br />

starke Impulsierung, „gemeinsam in eine<br />

Bewegung zu kommen“, wie Gerald Häfner<br />

es sich wünschte.<br />

Mehr dazu finden Sie demnächst in<br />

einem beim Johannes M. Mayer-Verlag<br />

erscheinenden Sammelband aller Vorträge<br />

sowie in dem Aufsatz von Dietrich Spitta,<br />

„Kooperation statt Konkurrenzkampf.<br />

Selbstverwaltung des Wirtschaftslebens als<br />

Antwort auf die Weltwirtschaftskrise“ im<br />

März-Heft 2009 von „Die Drei“.<br />

39


Veranstaltungsrückblick<br />

40<br />

Kolloquium zur Konfliktforschung<br />

von Peter Gutland<br />

Am 24./25. April 2009 traf sich das<br />

Konflikt-Forschungs-Kolloquium zum 25.<br />

mal seit dem ersten Treffen im September<br />

1996. Ort war das Hofgut Hohenkarpfen<br />

nahe Villingen-Schwenningen in Baden<br />

Württemberg.<br />

Drei neue Mitglieder wurden in dem<br />

Kreis begrüßt, danach wurde gemeinsam<br />

auf die letzte Tagung „Was ist zwischen<br />

dir und mir? Konfliktfähigkeit und<br />

Rechtsgefühl“ vom 21.-23. November 2008<br />

zurückgeblickt. Erstmals wurde die Tagung<br />

gemeinsam mit dem juristischen Arbeitskreis<br />

„Jura Nova“ unter dem Dach der Sektion<br />

für Sozialwissenschaften am <strong>Goetheanum</strong><br />

ausgerichtet. Die Veranstaltung wurde<br />

insgesamt, sowohl von den Inhalten als auch<br />

von der Teilnehmerzahl her, positiv gesehen.<br />

Ein Kreis von acht Menschen bereitet eine<br />

weitere Tagung vor.<br />

Am Freitagnachmittag stellte Peter Gutland<br />

aus Wuppertal seine Forschungsergebnisse<br />

zu dem Thema: „Die Wirkungen des<br />

Tierkreises und seine Bedeutung für die<br />

Gemeinschaftsbildung.“ vor. Diese werden<br />

hier, in aller Kürze zusammengefasst,<br />

dargestellt (an einer ausführlicheren<br />

Darstellung wird gearbeitet):<br />

Ausgangspunkt war eine Darstellung der<br />

Bedeutung der „Gemeinschaftsbildung“ für<br />

die Entwicklung der Menschheitsentwicklung<br />

(Vorbereitung der 6. Kulturepoche), für<br />

die geistige Welt und für die Wesenheiten<br />

der Hierarchien, wie sie bei Rudolf Steiner<br />

umfänglich zu finden sind. (s. auch den<br />

Beitrag über die geistige Stiftung in diesem<br />

Bericht). Gemeinschaftsbildung hat darüber<br />

hinaus eine zentrale Bedeutung für die<br />

Konfliktforschung und Konfliktbewältigung.<br />

Der Ansatz ist, Gemeinschaftsbildung<br />

als ein Prozess zur Geistgemeinschaft zu<br />

verstehen und aus den Tierkreiswirkungen<br />

12 Qualitäten zu finden, die in einem Ideal<br />

zusammenfließen.<br />

Im Zeitalter der Bewußtseinsseelenentwick-<br />

lung und in anbetracht des „Soziologischen<br />

Grundgesetzes“ darf bezweifelt werden, dass<br />

man diesen Bildungsprozess automatisch<br />

verlaufend erwarten kann. Kommen neue<br />

Mitglieder in die Gemeinschaft, kann<br />

nicht vorausgesetzt werden, dass sie sich<br />

problemlos anpassen und eingliedern.<br />

Gemeinschaftsbildung muß sich heute in<br />

einem zunehmend bewussten und aktiven<br />

Dialog zwischen Gemeinschaft und<br />

Individualität vollziehen. Arbeitet man auf<br />

anthroposophischer Grundlage, muß das<br />

Ziel die Bildung eines geistigen Organismus<br />

sein. Es arbeitet nicht nur eine Anzahl von<br />

Menschen in einer Einrichtung an den Zielen<br />

und Aufgaben zusammen, sondern die<br />

Gemeinschaft muß aktiv von beiden Seiten<br />

angestrebt und weiterentwickelt werden.<br />

Wir kennen eine Vielzahl von<br />

Darstellungen über Zusammenhänge der<br />

Tierkreiswirkungen mit dem menschlichen<br />

Leben. (12 Sinne, Farben, Töne,<br />

Konsonanten, die menschliche Gestalt


u.v.m.) Für diese Betrachtung sind einige<br />

Wirkungen von besonderer Bedeutung.<br />

In den Weltanschauungen wird beschrieben,<br />

wie unterschiedlich die Möglichkeiten von<br />

Menschen sein können, die geistige Welt<br />

anzuerkennen und nach ihrer Erkenntnis<br />

zu streben. Diese Angaben können helfen,<br />

die Fähigkeiten neuer Mitarbeiter bzw.<br />

Mitglieder einer Gemeinschaft zu erkennen,<br />

inwieweit sie sich mit anthroposophischen<br />

Inhalten verbinden oder sie überhaupt<br />

verstehen können. (z. B. der Materialist, der<br />

jegliche geistige Welt leugnet im Gegensatz<br />

zum Spiritualisten, der im Extremfall<br />

Gefahr läuft, jegliches materielles Leben zu<br />

leugnen.)<br />

Längst nicht mehr sind alle Menschen in<br />

den anthroposophischen Einrichtungen mit<br />

diesen Inhalten vertraut und verbunden.<br />

Das Hören anthroposophischer Inhalte<br />

garantiert nicht ihr Verständnis. Verstehen<br />

uns wirklich alle Mitarbeiter, wenn wir<br />

über Anthroposophie sprechen, bzw.<br />

was verstehen sie? (Und was haben wir<br />

verstanden?) Gerade bei jungen Menschen<br />

kommen uns neue Fragen, teilweise<br />

große Intensität, aber auch eine hohe<br />

Engagementbereitschaft entgegen. Es<br />

könnten sich auch Einstellungsgespräche<br />

verändern, wenn man solche Aspekte<br />

berücksichtigt.<br />

Aus den Tugenden kann der Einzelne<br />

Anregungen für seine Selbsterkenntnis<br />

und Selbsterziehung erhalten. Diese<br />

ethisch-moralischen Werte verändern die<br />

Fähigkeiten der Individualität, die sie in die<br />

Gemeinschaft einbringen kann.<br />

Aus den Tierkreisgesten, die Steiner für<br />

die Eurythmie gegeben hat, sind weitere<br />

Erkenntnisse möglich, sie beschreiben das<br />

ganze menschliche Wesen.<br />

Diese mehr individuell geprägten Aspekte<br />

der Anschauungen, Gesten und Tugenden<br />

müssen aber auch ihre Entsprechungen in<br />

der Gemeinschaft finden. Der Einzelne hat<br />

Erwartungen an die Gemeinschaft und will<br />

sie darin wiederfinden.<br />

Eine besondere Bedeutung für das Thema<br />

wird den 12 Stimmungen zugeschrieben,<br />

sie bergen noch viele Geheimnisse und<br />

Hinweise für die Gemeinschaftsbildung.<br />

Ziel der Arbeit ist, Qualitäten für den<br />

o.g. Dialog zwischen Individualität und<br />

Gemeinschaft zu finden, um diesen Prozeß<br />

immer bewusster und zielgerichteter<br />

gestalten zu können. Erste Arbeitsergebnisse<br />

davon wurden vorgestellt, an ihnen wird<br />

weitergearbeitet. Umrahmt wurde der<br />

Nachmittag durch gemeinsame Eurythmie<br />

unter der Anleitung von Lilla Boros-Gmelin.<br />

Der Freitag wurde durch eine beeindruckend<br />

intensive und frei gehaltene Klassenstunde<br />

von Hans Dackweiler beendet.<br />

Am Samstagmorgen wurde über<br />

Möglichkeiten der Anwendung der<br />

vorgetragenen Erkenntnisse über den<br />

Tierkreis für die tägliche Arbeit gesprochen<br />

und beschlossen, an diesem Thema weiter<br />

zu arbeiten.<br />

Anschließend wurde über den<br />

Teilnehmerkreis des Forschungskolloquiums<br />

und die unterschiedliche Kontinuität der<br />

Teilnahme diskutiert. Da die hohe Qualität<br />

der Arbeit neben der Klassenmitgliedschaft<br />

und der eigenen aktiven Arbeit an diesen<br />

Themen, in engem Zusammenhang gerade<br />

mit der Kontinuität der „Kerngruppe“<br />

gesehen wird, sollen alle bisherigen<br />

Teilnehmer angeschrieben werden. Wer die<br />

kontinuierliche Mitarbeit nicht leisten kann,<br />

41


42<br />

soll zukünftig nicht mehr eingeladen werden.<br />

Michael Rein stellte dann noch ein Jugendprojekt mit der Oberstufe der Waldorfschule Reutlingen<br />

vor und lud zur Mitarbeit ein.<br />

Zum Abschluß wurden die Termine für die nächsten Treffen festgelegt; diese sind:<br />

23./24. Oktober 2009, 16./17. April 2010, 29./30. Oktober 2010.<br />

Veranstaltungsrückblick<br />

Initiatiativkreis Ernährung<br />

von Marianne Nitsche und Petra Kühne<br />

Am 8. und 9. Mai kam der Initiativkreis für<br />

Ernährung wiederum im Kuppelsaal des<br />

Glashauses am <strong>Goetheanum</strong> in Dornach<br />

zusammen, um sich auszutauschen,<br />

Kontakte zu vertiefen sowie gemeinsam<br />

zu arbeiten. Diesmal war sogar ein<br />

Teilnehmer aus England dabei. Mit diesem<br />

Rundschreiben wollen wir Sie etwas<br />

miterleben lassen von dem Treffen.<br />

Treffen des Initiativkreises für<br />

Ernährung 2009<br />

Zur Einstimmung diente der Vortrag<br />

vom 2.1.1924 von Rudolf Steiner (GA<br />

316), den wir gemeinsam bearbeiteten.<br />

Dann wurde das Thema „Wie wird die<br />

anthroposophische Ernährung praktisch<br />

umgesetzt?“ mit Praxisberichten fortgesetzt<br />

von einem Bauernhof, einer Klinikküche und<br />

einer Schulküche.<br />

Ein biologisch-dynamischer Hof<br />

Frau Schneiter, Demeter Bäuerin aus<br />

der Schweiz betreibt mit ihrem Mann<br />

einen12 ha großen Hof, auf dem Getreide,<br />

Lagergemüse, Zuckermais und Viehfutter


iologisch-dynamisch angebaut und 13<br />

Kühe, 2 Schweine, 2 Pferde und Hühner<br />

gehalten werden. Der Boden wird mit<br />

dem Pferd bearbeitet. Die minimale<br />

Mechanisierung gibt die Möglichkeit<br />

Nahrungsmittel hautnah zu erfahren. So<br />

werden Getreide ab und an von Hand<br />

gesät. Oft sind Kinder, manchmal ganze<br />

Schulklassen an der Arbeit beteiligt. Zum<br />

Kochen werden die reifen Produkte vom Hof<br />

verwendet, deren Qualität sehr geschätzt<br />

wird. Die Essenszeiten gelten als tägliche<br />

Erholung für die Gemeinschaft. Geheimnis<br />

der Rentabilität dieses Hofes liegt zum Teil<br />

darin, dass man sich nicht verschuldet hat,<br />

um viele Maschinen zu kaufen.<br />

Eine Klinikküche für Menschen<br />

Frau Hagg, Küchenleiterin der Ita-<br />

Wegman-Klinik berichtete von der<br />

Versorgung von über 60 Patienten und<br />

50 Mitarbeitern pro Tag, ferner der<br />

Belieferung von Kindertagesstätten und<br />

der Cafeteria, für die Tagesmenü sowie<br />

Kaffee und Kuchen bereitgestellt werden.<br />

Getreide ist ein wichtiger Bestandteil der<br />

Küche. Die Getreidearten werden im<br />

Wochenrhythmus zubereitet. Wichtig ist<br />

die Berücksichtigung der Jahresfeste und<br />

-zeiten, um auch die Sinne zu ernähren. 40-<br />

50% der verbrauchten Nahrungsmittel sind<br />

biologisch-dynamischer Herkunft, weitere<br />

40% stammen aus biologischer Erzeugung.<br />

Essen in einer Schulküche<br />

Frau Dobin leitet die Küche der<br />

Waldorfschule in Braunschweig. Es wird<br />

ein Komponentenessen angeboten.<br />

wo sich die Schüler das Essen selbst<br />

zusammenstellen und z. B. zwischen<br />

verschiedenen Gemüsearten, Beilagen oder<br />

einem Salat wählen können. In Absprache<br />

mit Kollegen findet eine Verknüpfung<br />

von Unterrichtsinhalten und Speiseplan<br />

statt, z.B. im Erdkundeunterricht mit<br />

dem Thema Italien wird von der Klasse<br />

ein landestypischer Speiseplan erstellt.<br />

Die Schüler der 7. Klasse absolvieren ein<br />

1-wöchiges Mensapraktikum, wo sie<br />

Grundtechniken der Nahrungszubereitung<br />

lernen. Der Speiseplan wird jahreszeitlich<br />

gestaltet, beliebte Speisen wie Pizza<br />

kommen etwa alle zwei Wochen auf den<br />

Tisch. Zurzeit wird im Auftrag des Vorstands<br />

ein Konzept für die Mensa erarbeitet.<br />

Zuckerstudie<br />

Anschließend stellte Frau Dr. Kühne die<br />

von ihr erarbeitete Studie zu R. Steiners<br />

Aussagen zum Zucker vor. In vielen Ländern<br />

steigt aufgrund besserer wirtschaftlicher<br />

Verhältnisse der Zuckerverbrauch bis zu<br />

einer Sättigung an. In der Vollwerternährung<br />

wird Zucker oft negativ bewertet. R. Steiner<br />

hat dies differenzierter gesehen, auch für<br />

Kinder. So vermag der Genuss von Zucker<br />

einem melancholischen Kind helfen sich<br />

zu lockern, ein kleiner Sanguiniker sollte<br />

allerdings nicht zuviel davon bekommen.<br />

Dass die Zuckerqualität nach Pflanze<br />

und Verarbeitungsgrad unterschiedlich<br />

wirkt, wurde im Arbeitskreis für<br />

Ernährungsforschung mit wahrnehmender<br />

Verkostung erprobt. Dabei ist es auch<br />

wichtig, aus welchem Teil der Pflanze<br />

das Süßungsmittel gewonnen wurde<br />

(z. B. Birnendicksaft oder Rübensirup).<br />

Die Studie ist beim Arbeitskreis für<br />

Ernährungsforschung für 10 € erhältlich.<br />

Welternährung und ökologischer<br />

Landbau<br />

Nikolai Fuchs setzte das Thema<br />

Welternährung vom Vorjahr fort. 2008<br />

43


44<br />

erschien der Bericht des Welt-Agrarrates,<br />

in dem eine Neuausrichtung in der<br />

internationalen Agrarpolitik auf ökologisch<br />

nachhaltige Produktionsmethoden gefordert<br />

wird. Die Situation ist besorgniserregend.<br />

Preissteigerungen für Lebensmittel belasten<br />

die Ärmsten der Armen und haben zu<br />

Hungerrevolten sogar in Schwellenländern<br />

wie Ägypten geführt. Es gibt zwei Konzepte<br />

zur Bewältigung dieser Probleme: eine<br />

zweite „grüne Revolution“ mit Hilfe der<br />

Gentechnik und die vom Weltagarrat<br />

befürworteten alternativen Anbauweisen.<br />

Effektive Hilfe ist zu etwa 40% eine Frage<br />

der Anbautechnik. Die Ernteerträge im<br />

Ökolandbau erscheinen nur in der westlichen<br />

Welt gering, für Länder mit traditionellen<br />

Anbaumethoden führen sie zu einer<br />

Verbesserung der Situation. Aufgabe eines<br />

biologisch-dynamischen Landbaus wäre es,<br />

in der Landwirtschaft einen Kulturwandel<br />

von unten nach oben einzuleiten. Eine<br />

Politik, die den Menschen, den Hungernden<br />

nicht als zu Versorgenden, sondern als zu<br />

Befähigenden sieht. Die westliche Welt<br />

muss aber bereit sein, ihre Märkte für diese<br />

Produkte zu öffnen. In der anschließenden<br />

Diskussion wurde deutlich, dass Ernährung<br />

und Lebensmittelqualität einen anderen<br />

Stellenwert erhalten müssen, um den<br />

Verbraucher zu einer Umorientierung zu<br />

bewegen. Dazu gehört auch eine deutliche<br />

Senkung des Fleischkonsums. Vielleicht,<br />

so kam die Frage, müssen Menschen mit<br />

anthroposophischer Einstellung von sich aus<br />

aktiver handeln und nicht erst warten, bis sie<br />

gefragt werden.<br />

Qualitätsstandards<br />

In zwei kleineren Gruppen wurde am<br />

Abend an Leitlinien für die Anwendung<br />

anthroposophischer Ernährung gearbeitet.<br />

Hintergrund dieser Aufgabe sind die<br />

Qualitätsrichtlinien, die von der Deutschen<br />

Gesellschaft für Ernährung bereits für<br />

Betriebe, Schulen und neuerdings für<br />

Kindertagesstätten veröffentlicht worden<br />

sind 1 . Sie regten den Initiativkreis für<br />

Ernährung an, eigene Qualitätsstandards<br />

oder -leitlinien zu erarbeiten, um die<br />

Essensqualität nach weiteren Kriterien als<br />

nur dem Nährstoffgehalt zu bewerten. Diese<br />

Aufgabe konnte in der kurzen Zeit natürlich<br />

nur in Ansätzen erfolgen. Allerdings wurde<br />

bereits deutlich, dass die Lebensmittelqualität<br />

jeweils im Mittelpunkt stand. So war<br />

ein Ziel, möglichst viele biologisch-<br />

dynamische Lebensmittel zu verwenden. Zur<br />

Realisierung wurde von einer Gruppe eine<br />

Rangfolge von konventionell, konventionell<br />

regional über EU Bio, Verbandsbio bis zu<br />

Demeter aufgestellt. Ebenso wurde die<br />

soziale Qualität von „fair trade“ bis zum<br />

Umgang mit Mitarbeitern erwähnt. Als<br />

Grundlage stand bei beiden Gruppen die<br />

anthroposophische Ernährung. Dazu gehört<br />

z.B. inwieweit die Dreigliederung der Pflanze<br />

bei der Speiseplanerstellung beachtet wird.<br />

Milchqualität<br />

Der Samstagvormittag war dem Thema<br />

Milch gewidmet. Susanna Küffer Heer<br />

erläuterte die Zusammenhänge zwischen<br />

Milchqualität und dem Entstehen von<br />

Allergien insbesondere im Kindesalter.<br />

Mit einer Studie an 15.000 Kindern aus<br />

verschiedenen europäischen Ländern<br />

wurden Gründe für die Zunahme an<br />

Allergien untersucht. Bauernkinder, die sich<br />

in Ställen aufhalten konnten und mit Tieren<br />

in Berührung kamen, wiesen größeren<br />

Schutz auf. Daneben spielt die Art der Milch


selber eine entscheidende Rolle. Homogenisierung, aber auch Erhitzung der Milch hat negative<br />

Wirkungen. Entscheidend für die Bekömmlichkeit von Milch auch im Hinblick auf möglicherweise<br />

entstehende Allergien ist die Qualität ihres Fettes. Günstig wirken Omega-3-Fettsäuren (eine<br />

Art der langkettigen mehrfach ungesättigten Fettsäuren) sowie der konjugierten Linolsäure.<br />

Nikolai Fuchs stellte dar, dass diese Fettzusammensetzung von der Fütterung und Haltung der<br />

Tiere abhängt. Bei intensiver Haltung muss ein Tier bis zu 12.000 Liter Milch pro Jahr liefern, bei<br />

extensiver nur 5000 Liter. Hochleistungen verlangen eine Fütterung mit Kraftfutter wie Mais,<br />

Getreide oder Soja. Die beste Qualität auch in Bezug auf die Fettzusammensetzung erhält man<br />

durch eine extensive biologisch-dynamische Landwirtschaft. Weiteren Einfluss hat die Haltung im<br />

Tal oder auf den Bergen. Auf den Bergwiesen leben die Tiere von frischem Gras und Kräutern,<br />

während im Tal die Tiere auch Heu oder je nach Bewirtschaftung Silage bekommen.<br />

Zum Abschluss der Veranstaltung konnte Milch erlebt werden. 5 verschiedene Milchsorten von<br />

der Demeter-Milch bis zur Fertignahrung für Säuglinge wurden verkostet, wahrgenommen und<br />

beurteilt. Hierbei wurde noch einmal sehr deutlich, wie gravierend Qualitätsunterschiede sein<br />

können und was es für ein Kind bedeuten mag, wirkliche naturbelassene Milch trinken zu dürfen<br />

und damit auch, wie wichtig es ist, an Qualitätsleitlinien weiter zu arbeiten.<br />

Auf dem Treffen war Gelegenheit, dass sich die Teilnehmer und ihr Arbeitsumfeld vorstellten<br />

und austauschten. Dies gab eine Vielzahl von Initiativen von einem Kochkurs in einem<br />

Waldorfkindergarten in Prag über die Gründung eines Vereins für anthroposophische<br />

Ernährungstherapie, der Fortbildung Anthroposophische Ernährung im Arbeitskreis für<br />

Ernährungsforschung bis zum Führen eines Vollwertrestaurants und der Organisation<br />

von Vorträgen. Im Anschluss an dieses Treffen trafen sich die Verbrauchervertreter der<br />

Konsumentenvereine.<br />

(Footnotes)<br />

1 “Qualitätsstandards für die Verpflegung in Tageseinrichtungen für Kinder” download<br />

oder Bestellung unter: http://www.dge-projektservice.de/Produkte/FITKID-Medien/<br />

Qualitaetsstandards-fuer-die-Verpflegung-in-Tageseinrichtungen-fuer-Kinder/132004.html<br />

Dieser Bericht erscheint auch in der Sektion für Landwirtschaft.<br />

45


Veranstaltungsrückblick<br />

46<br />

Arbeitskreis Verbraucher<br />

von Marc Theurillat<br />

Assoziativer Markt und die Rolle der<br />

Konsumentenorganisationen<br />

Hier stelle ich dar, wie aus meiner Sicht<br />

eine Alternative zum heute propagierten<br />

„freien Markt“ aussieht. Der Text ist eine<br />

knapp formulierte „Konzept-Skizze“ für<br />

die Mitteilungen 2/09 des Konsumenten-<br />

Vereines Basel und Umgebung.<br />

(1) Thema und Fragestellung<br />

(a) Assoziativ resp. Assoziationen<br />

Schon lange interessiert mich, wie die<br />

Angaben von Rudolf Steiner zur Wirtschaft<br />

konkret umgesetzt werden können. In<br />

seinen Angaben haben die „Assoziationen“<br />

einen wichtigen Stellenwert. Es gibt eine<br />

reiche Literatur über die „assoziative<br />

Wirtschaft“, die jedoch praktisch nur<br />

innerhalb der anthroposophischen<br />

Bewegung beachtet wird. Die aktuelle<br />

Finanz- und Wirtschaftskrise zeigt aber, wie<br />

nötig eine grundsätzliche Neuorientierung<br />

wäre. Ich möchte meine aus den Hinweisen<br />

Rudolf Steiners gewonnenen Erkenntnisse<br />

und Vorstellungen so darlegen, dass sie<br />

für jeden Interessierten, (mindestens)<br />

nachvollziehbar sind.<br />

(b) Nicht behandeltes Umfeld<br />

Ich beschränke mich hier auf den Aspekt<br />

der „Assoziationen“. Die Hinweise von<br />

Rudolf Steiner betreffen ein viel breiteres<br />

Gebiet, das hier nicht auch behandelt<br />

werden soll. So erläutere ich weder die<br />

Fragen des Menschenbildes noch die<br />

des gesellschaftlichen Rahmens resp. der<br />

„Dreigliederung“. Auch die Fragen der<br />

Einkommensbildung („bedingungsloses<br />

Grundeinkommen“), des Eigentums an<br />

Produktionsmitteln und die Bedeutung der<br />

drei Geldarten (Kauf-, Leih- und Schenkungs-<br />

Geld) können hier nicht behandelt werden,<br />

weil ich mich ganz auf den Ausschnitt<br />

„assoziativ“, der sich auf die Gestaltung der<br />

Märkte bezieht, konzentriere.


(c) Schweizerischer<br />

Demeterverband und der KVBU<br />

Konzeptionelle Gedanken werden in<br />

einem Spannungsfeld von grundsätzlichen<br />

Erkenntnissen einerseits und ganz<br />

konkreten Situationen andererseits<br />

entwickelt. In diesem Text geht es um die<br />

konkrete Situation des Schweizerischen<br />

Demeterverbandes und des KVBUs.<br />

(d) Die Fragestellung<br />

In diesem Aufsatz soll also folgenden Fragen<br />

nachgegangen werden: Wodurch zeichnet<br />

sich eine „assoziative Marktgestaltung“<br />

aus? Was könnte dies für die Demeter-<br />

Bewegung der Schweiz bedeuten? Was<br />

müsste die Konsumentenorganisation KVBU<br />

dabei leisten?<br />

(2) Der Markt und seine<br />

Probleme<br />

(a) Der Markt als „Transaktions-<br />

Ort“<br />

Wenn ich hier von „Markt“ spreche,<br />

so meine ich den „Ort“ (in einem<br />

umfassenden Sinne) mit Umfeld,<br />

Strukturen und Verhaltensweisen, an dem<br />

mehrere gleichwertige wirtschaftliche<br />

Güter von verschiedenen „Akteuren“ (sei<br />

es eine Firma oder Einzelperson) an mehrere<br />

andere gegen Geld verkauft werden. Das<br />

kann ein konkreter Marktplatz sein; aber<br />

auch z.B. die Gesamtheit der Demeter-<br />

Bauern in der Deutschschweiz mit ihren<br />

Abnehmern. Kein Markt liegt vor, wenn<br />

entweder eine Monopol-Situation und/oder<br />

zentrale Zuteilungen (Planwirtschaft) die<br />

Kaufentscheidungen bestimmen.<br />

(b) Seine zu erhaltenden Vorteile<br />

Die wichtigen, auch in einer fairen,<br />

solidarischen Wirtschaftsweise erwünschten<br />

Eigenschaften eines Marktes sind: Freie<br />

(aber verantwortliche) Entscheidungen der<br />

Akteure, Wettbewerb (zwischen Anbietern<br />

und zwischen Abnehmern), Angebotsvielfalt<br />

und Abnehmer-orientierte Qualitäts- und<br />

Mengenfestlegungen.<br />

(c) Die Probleme und heutigen<br />

Lösungsansätze<br />

Da die (wenigen und besser organisierten)<br />

Anbieter ihre Gewinne maximieren wollen,<br />

versuchen sie eine marktbeherrschende<br />

Stellung (mit überhöhten Preisen) zu<br />

erwerben. Um das zu verhindern, werden<br />

durch die Kartell-Gesetzgebung Monopole<br />

und alle Absprachen verboten. Eine effektiv<br />

(oder vermutet) schwache Stellung der<br />

Abnehmer (in sozialpolitisch relevanten<br />

Gebieten wie Miete und Medikamente, etc.)<br />

wird durch staatliche Eingriffe kompensiert.<br />

Kapitalintensive Produktionskapazitäten<br />

brauchen viel längere Auf- und Abbauzeiten<br />

als die Verhaltensänderung der Abnehmer<br />

(z.B. Auto- und Energie-Industrie). Dafür<br />

besteht heute kein Lösungsansatz. Die<br />

heutige Regelung, dass der aktuelle<br />

Marktpreis auch den „Wert“ einer Ware<br />

darstelle (und zu diesem Wert zu buchen<br />

sei), führt bei grossen Unterschieden<br />

zwischen Angebot und Nachfrage zu den<br />

enormen Vermögensänderungen („Blasen“<br />

und „Krisen“). Kleine zu „Sonderpreisen“<br />

gehandelte Mengen bestimmen den Wert<br />

der grossen Bestände. Auch hier gibt es<br />

heute keinen Lösungsansatz.<br />

(d) Die Mängel der heutigen<br />

Regelungen<br />

Zusammengefasst und vereinfacht sehe ich<br />

47


48<br />

folgende drei Haupt-Mängel:<br />

1.) Es gibt keine idealen Märkte;<br />

d.h. auch die behauptete automatische<br />

Optimierung (der „unsichtbaren<br />

Hand“) funktioniert nicht wirklich. Der<br />

Zufall, d.h. die vielen unkoordinierten<br />

Einzelentscheidungen führen nicht zu<br />

nachhaltig geordneten Verhältnissen.<br />

2.) Wenn, wie heute üblich, „frei“ mit<br />

„willkürlich, so wie es meinen momentanen<br />

Interessen entspricht“ gleich gesetzt wird,<br />

so entsteht nie verantwortliches Handeln.<br />

Mit der nun ein Jahrhundert propagierten<br />

Aufforderung, nur für sich selbst zu schauen,<br />

wurden viele gesellschaftlichen Strukturen<br />

und das nachhaltige Gleichgewicht der<br />

Umwelt zerstört. Wir brauchen ein „frei“ als<br />

„aus meiner individuellen Verantwortung<br />

mir und dem Umfeld gegenüber“!<br />

3.) Die Einsicht, dass die Märkte<br />

sich nicht ganz überlassen werden können,<br />

sondern verschiedene „Regulatoren“<br />

brauchen, hat einen politisch breiten<br />

Konsens. Diese Eingriffe sind aber alle<br />

politisch motiviert und gesteuert. Damit<br />

sind sie, wie die resultierende Gesetzgebung<br />

oft gezeigt hat, keineswegs immer sachlich<br />

richtig. Nicht alle, aber viele Regulationen<br />

sollten nicht politisch, sondern sachgerecht<br />

sein.<br />

(3) Das Konzept des<br />

„assoziativen Marktes“<br />

(a) Die Grundidee<br />

Die Märkte sollen, neben den<br />

gesetzgeberischen Rahmenbedingungen<br />

von „Assoziationen“ „reguliert“ werden.<br />

„Assoziationen“ sind Markt- resp.<br />

Branchen-spezifische Vertretungen von<br />

jeweiligen Anbietern und Abnehmern,<br />

idealtypisch von Produzenten, Händlern und<br />

Konsumenten. Die „Assoziationen“ haben<br />

die Aufgabe, das Geschehen der Märkte zu<br />

beobachten, gemeinsam zu analysieren, bei<br />

Bedarf die notwendigen Massnahmen zu<br />

formulieren und allfällige Vereinbarungen<br />

abzuschliessen.<br />

Im Gegensatz zur heutigen<br />

Kartellgesetzgebung wären Zusammen-<br />

schlüsse und Absprachen nicht nur erlaubt,<br />

sondern gefordert; aber immer und nur<br />

mit der „anderen Seite“ zusammen. Der<br />

Interessenausgleich soll nicht durch den<br />

anonymen Kampf im Wettbewerb, sondern<br />

durch Transparenz und Reflexion der<br />

Konsequenzen, herbei geführt werden.<br />

Die notwendigen Regelungen, die sich aus<br />

übergeordneten, rechtlichen und politischen<br />

Sichten geben (Vertragsrecht, Arbeitsrecht,<br />

Umweltschutz, Gesundheitsschutz, etc.)<br />

sind als staatliche Rahmendbedingungen<br />

zu formulieren und gelten für die ganze<br />

Wirtschaft. Die Fragen nach Qualität,<br />

Mengen und Preisen der Waren und<br />

Dienstleistungen (von der Herstellung,<br />

Veredelung über die Distribution bis zum<br />

Konsum) sind diejenigen Fragen, die durch<br />

den „assoziativen Markt“ beantwortet<br />

werden sollen.<br />

(b) Anmerkungen zur konkreten<br />

Ausgestaltung<br />

Vom einzelnen Akteur wird in seinem<br />

Verhalten keine moralische Grösse erwartet;<br />

weil in der Einrichtung der „Assoziationen“<br />

der Interessensausgleich aber offen gelegt<br />

wird, kann kollektiv verantwortlicher<br />

entschieden werden. Das kann<br />

gegebenenfalls auch zu transparenten,


ewusst vereinbarten Einschränkungen<br />

führen. Für alle diejenigen, für die die<br />

Wirtschaft zur Befriedigung der Bedürfnisse<br />

– und nicht für die persönliche Bereicherung<br />

zu lasten der anderen – da ist, eine<br />

verlockende Perspektive.<br />

Die „Assoziationen“ sind so vielfältig wie<br />

die Märkte zu denken: regional, national<br />

und international; je Branche und Teilschritt<br />

der Wertschöpfungskette; immer mit Vor-<br />

und Nachstufe, immer mit Handel/Agenten,<br />

wenn es diese gibt. Die Zusammensetzung<br />

der einzelnen „Assoziationen“ ergibt sich<br />

aus dem konkreten Markt, der begleitet/<br />

reguliert werden soll. Wer weiss, was<br />

geschieht und warum? Wer kann eine<br />

Gruppe von Akteuren vertreten? Viele<br />

Verbände nehmen heute schon Teile der<br />

Aufgaben der Assoziationen war. Auch<br />

Fair-Trade-Organisationen, insofern sie<br />

eine Plattform für gestaltete Anbau- und<br />

Vertriebsverhältnisse bieten, sind im Sinne<br />

der „Assoziationen“ tätig.<br />

(c) Anwendung auf Demeter-<br />

Schweiz<br />

Der Demeter-Markt-Schweiz ist ein kleines<br />

und erst noch heterogenes Gebilde im<br />

Bereich Nahrungsmittel. Vor ein paar Jahren<br />

haben wir den Marktanteil auf 0,5 bis<br />

1 geschätzt. Die Marke „Demeter“ wird<br />

vom Schweizerischen Demeterverband, der<br />

von den drei „Poolpartner“ (Produzenten,<br />

Handel und Konsumenten) gegründet<br />

wurde, verwaltet. Neben der Verwaltung<br />

der Marke (Marken-Schutz und Marken-<br />

Förderung) haben wir (positive) Erfahrungen<br />

mit den sogenannten „Marktgesprächen“,<br />

in welchen Hersteller, Händler und<br />

Konsumentenvertreter bei speziellen<br />

Produktgruppen Qualitätsanforderungen,<br />

Logistik, Margen und Preise besprechen. Es<br />

besteht keine Übersicht über Mengen und<br />

Warenflüsse.<br />

Viele Produzenten und Verarbeiter beklagen,<br />

dass sie einen grossen Teil der Demeter-<br />

Produkte im „Bio-Kanal“ absetzen müssen,<br />

weil die reinen Demeter-Kanäle nicht<br />

genügend Volumen abnehmen könnten.<br />

Andererseits klagen Grosskunden, dass<br />

sie nicht genügend Demeter-Produkte zu<br />

einem tragbaren Preis erhalten würden. Es<br />

ist unbestritten, dass auch die organisierten<br />

KonsumentInnen (wegen hohem Preis,<br />

mangelnder Verfügbarkeit und schlechter<br />

Zugänglichkeit) ihren Bedarf wohl nur unter<br />

der Hälfte mit Demeter-Produkten decken.<br />

Aus meiner Sicht die klassische Situation<br />

kleiner, nicht-gestalteter Märkte.<br />

(4) Die Rolle der Konsumenten-<br />

Organisationen<br />

(a) Ihre Aufgaben<br />

Um kompetente Partner für eine assoziative<br />

Zusammenarbeit zu sein, müssen die<br />

Konsumentenorganisationen fähig sein,<br />

das Geschehen der Märkte zu beobachten,<br />

zu analysieren und Massnahmen zu<br />

formulieren. Das können sie. Eine besondere<br />

Herausforderung stellt jedoch das auch<br />

notwendige, verbindliche Abschliessen einer<br />

Vereinbarung dar.<br />

Die „Grosskunden“ sind wohl in der Lage,<br />

wenn sie zu einem Netzwerk zusammen<br />

geschlossen wären, für die ganze Gruppe,<br />

ihre Bedürfnisse klar zu formulieren und auch<br />

verbindliche Vereinbarungen abzuschliessen.<br />

Hier besteht die Herausforderung darin,<br />

49


50<br />

die meist unter Zeitdruck stehenden, sehr<br />

unterschiedlichen Individualisten von den<br />

Vorteilen zu überzeugen und „unter einen<br />

Hut“ zu bringen.<br />

Die bestehenden Konsumentenvereine<br />

können die Sicht der Einzelhaushalte<br />

dann gut vertreten, wenn sie eine<br />

ausreichende Grösse und einen internen<br />

Erfahrungsaustausch aufweisen. Verlässliche<br />

Vereinbarungen können sie bei „Aktionen“<br />

mit Vorbestellung abschliessen. Dazu zählen<br />

z.B. die „Gemüse-Abonnemente“ oder<br />

unsere „Grossmengen-Aktionen“. Ihre Sicht<br />

wird präziser, die Transparenz klarer und<br />

die Fähigkeit, verbindliche Regelungen zu<br />

treffen, grösser, wenn die Detaillisten als<br />

„Konsumenten-Vertreter“ mit einbezogen<br />

werden. Auch wenn sie selbst Händler sind,<br />

den Produzenten und dem Grosshandel<br />

gegenüber können sie die Sicht der<br />

Konsumentenschaft einnehmen.<br />

Es kann und soll nie das Ziel sein, für alle<br />

KonsumentInnen verbindliche Regelungen<br />

zu treffen. Eine gut ausgestaltete<br />

Konsumentenorganisation, die<br />

„Grosskunden“ und Detaillisten einbezieht,<br />

kann aber sehr wohl kompetenter<br />

Gesprächspartner sein und auch Regelungen<br />

im Sinne von „Rahmen-Verträgen“<br />

abschliessen. Wie verbindlich die einzelnen<br />

Aussagen werden können, wird sich aus den<br />

konkreten Lebensumständen ergeben.<br />

(b) Ihre aktuelle Verfassung<br />

Die Konsumentenvereine der Schweiz<br />

decken mehr oder weniger die ganze<br />

Deutschschweiz ab und sind in einem<br />

Dachverband zusammengeschlossen. Ihr<br />

Mitgliederbestand ist stetig leicht sinkend.<br />

Nur in Basel hat sich ein regelmässiger<br />

Kontakt mit den Detaillisten etabliert.<br />

Noch nirgends sind die „Grosskunden“<br />

eingebunden. Im Demeterverband und im<br />

„Marktgespräch“ wird aktiv mitgearbeitet.<br />

(5) Schlussfolgerungen für den<br />

KVBU<br />

(a) Die zu bewältigende<br />

Herausforderung des KVBU<br />

Die im Vorangegangenen erläuterten<br />

Überlegungen bestätigen den vom<br />

Vorstand des KVBU schon eingeschlagenen<br />

Weg: Mehr Mitglieder, Einbezug der<br />

„Grosskunden“ in einer besonderen<br />

„Sektion“, Festigung der Zusammenarbeit<br />

mit den Detaillisten und Ausbau der<br />

„Abonnemente“ und „Grossmengen-<br />

Aktionen“ auf Vorbestellung.<br />

(b) Ansätze zur Lösung<br />

Es gilt, die klassischen PR-Wege einer<br />

Interessenorganisation zu begehen.<br />

(6) Zusammenfassung<br />

Wir alle sind mit den dramatischen<br />

Verwerfungen an den Finanzmärkten und<br />

der damit ausgelösten Wirtschaftskrise<br />

konfrontiert. Es ist hier nicht der Ort, alle<br />

Hintergründe und Konsequenzen auszu-<br />

euchten. Was hier aber versucht wurde, ist<br />

ein Aspekt davon, nämlich das Funktionieren<br />

„freier Märkte“ und das der Alternative,<br />

der „assoziativen Märkte“, zu skizzieren.<br />

Dabei haben wir Konsumentinnen und<br />

Konsumenten eine besondere Bedeutung,<br />

wenn wir nicht nur lamentieren, sondern<br />

auch konkret an Verbesserungen arbeiten.<br />

Überall freie Wahl gibt keine<br />

Nachhaltigkeit!


Den „freien Märkten“, im Gegensatz zur staatlichen Planwirtschaft, verdanken wir viel:<br />

Auswahl und attraktive Produkte dank Wettbewerb sowie auf die Abnehmer hin orientierte<br />

Qualitäten und Mengen. Aber das heutige System hat auch seine Schwächen: Grösse und Stärke<br />

gewinnt, die Wünsche der kleinen Minderheiten finden keine Beachtung, wir schwanken immer<br />

schneller zwischen „Überhitzung“ und „Rezession“ und es braucht immer stärkere staatliche<br />

Regulationen, um die Umwelt und die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. Eines ist klar<br />

geworden: wenn jede und jeder Einzelne „frei“ als „willkürlich, so wie es meinen momentanen<br />

Interessen entspricht“ versteht, dann entsteht in der Summe keine nachhaltig ausgewogene<br />

Wirtschaftsaktivität.<br />

Die Alternative: Assoziationen<br />

Die Grundidee der Alternative: innerhalb der gesetzlichen Randbedingungen sollen die Märkte<br />

von „Assoziationen“, d.h. Vertretungen jeweiliger Anbietern und Abnehmern, mit auf konkrete<br />

Situationen abgestimmten Vereinbarungen, reguliert werden. Im Gegensatz zur heutigen<br />

Kartellgesetzgebung wären Zusammenschlüsse und Absprachen nicht nur erlaubt, sondern<br />

gefordert; aber immer und nur mit der „anderen Seite“ zusammen. Der Interessenausgleich soll<br />

nicht durch den anonymen Kampf im Wettbewerb, sondern durch Transparenz und Reflexion<br />

der Konsequenzen, herbei geführt werden. Qualität, Mengen und Preise sollen durch den<br />

„assoziativen Markt“ bestimmt werden.<br />

Die Voraussetzung: verantwortliches Handeln der Konsumentenschaft<br />

Das Konzept setzt allerdings voraus, dass wir KonsumentInnen beginnen, „Freiheit“ als „aus<br />

meiner individuellen Verantwortung mir und dem Umfeld gegenüber“ zu leben. Auswahl ja,<br />

aber falls nötig, mit Einschränkungen. Das Konzept setzt ferner voraus, dass sich nicht nur die<br />

Hersteller und der Handel, sondern auch die Konsumentenschaft organisieren, um die Bedürfnisse<br />

artikulieren zu können. Auch der Konsum muss zu verbindlichen Vereinbarungen fähig werden.<br />

Der Konsumentenverein will das entwickeln<br />

Genau das, am Beispiel der Demeter-Produkte, zu entwickeln, das ist das Ziel und die aktuelle<br />

Tätigkeit des Konsumentenvereins Basel und Umgebung. Aber um wirksam werden zu können,<br />

brauchen wir noch mehr Menschen, die das selbe auch tun wollen. Wir suchen ,<br />

die unser Engagement mit den nächsten Schritten im Alltag und einer Mitgliedschaft bei uns<br />

unterstützen. Nur zusammen werden wir stark!<br />

51


52<br />

Veranstaltungsrückblick<br />

Bericht vom Verbrauchertreffen<br />

von Hans Ueli Eisenhut<br />

(Präsident des Schweizerischen Verbandes der Konsumentenvereine zur Förderung der<br />

biologisch-dynamischen Landwirtschaftsweise und assoziativer Wirtschaftsordnung)<br />

1. Planung eines Konsumentenkongresses in<br />

Zürich im März 2010<br />

Arbeitstitel: Konsumenten – Auftraggeber<br />

der Wirtschaft – ein Beitrag zu einer neuen<br />

Finanz- und Realwirtschaft<br />

2 Vorträge zum Tagungsthema<br />

2 Vorträge von Wirtschaftsunternehmer<br />

Forum: moderiertes Gespräch mit Vertretern<br />

aus Politik, Landwirtschaft, Handel und<br />

Konsumenten<br />

Zurzeit werden Sponsoren gesucht.<br />

2. Projekt neue Homepage<br />

www.demeterkonsumenten.ch<br />

Die Delegiertenversammlung vom 25.4.2009 hat<br />

beschlossen, bis Ende Oktober 2009 eine neue<br />

„lebendige“ Homepage zu gestalten. Bedingung ist, dass diese regelmässig gewartet<br />

wird und möglichst aktuelle und interessante News, Umfragen, Infos, Listen etc. bietet.<br />

Ein wichtiger Faktor ist die Mitgliederwerbung.<br />

3. Mitarbeit an der Sozialen Charta DEMETER<br />

Als Mitglied eines der drei Poolpartner des Demeter Verbandes Schweiz hat eine<br />

Arbeitsgruppe des Verbandes im April zuhanden des Demeter Verbandes einen Text<br />

erarbeitet. Er besteht aus fünf Punkten: 1. Präambel, 2. Kulturelles Engagement,<br />

3. Verbindlichkeit in sozialen Beziehungen, 4. Partnerschaftliches Wirtschaften, 5.<br />

Erklärung. Wünschenswert wäre, wenn unsere Inhalte in die bestehende Version des<br />

Vereins für biologisch-dynamische Landwirtschaft einfliessen könnten.


Internationale Sektionsarbeit: Indien<br />

Stand der Demeter-Bewegung<br />

von Ulrich Rösch<br />

Blick fürs Ganze<br />

Anlässlich des Jahrestreffens der Biologisch-<br />

Dynamischen Assoziation von Indien<br />

(BDAI) in Bangalore am 10. Januar 2009<br />

reiste Ulrich Rösch von der Sektion für<br />

Sozialwissenschaften am <strong>Goetheanum</strong> nach<br />

Indien. Thema war die Verbindung mit der<br />

weltweiten Bewegung.<br />

Unser Weg in den Süden Indiens führte<br />

uns durch Kerala, wo auf verschiedenen<br />

Farmen Kaffee, Tee, Gewürze und Früchte<br />

biologisch-dynamisch angebaut werden.<br />

Er ging durch das Kardamom-Gebirge,<br />

durch die West Ghats auf die Kurinji-Farm<br />

nahe Madurai, wo vor allem Mangos und<br />

Birnen angepflanzt und verarbeitet werden.<br />

In vielen in Europa vertriebenen Demeter-<br />

Säften sind Kurinji-Mangos enthalten.<br />

Kerala heißt in Indien ‹God’s own land›.<br />

Wenn man die Fruchtbarkeit dieses Landes<br />

und die freundlichen Menschen sieht,<br />

kann man glauben, dass das stimmt. Aber<br />

es ist nicht nur Paradies. Wälder wurden<br />

abgeholzt, dafür Monokulturen für Tee,<br />

Kaffee und Kautschuk angelegt. Trotz<br />

vieler Bemühungen – Kerala hat die kleinste<br />

Zahl von Analphabeten in Indien – ist die<br />

Bevölkerung zu stark gewachsen und damit<br />

vor allem der Mensch und Natur zerstörende<br />

Autoverkehr.<br />

Bei allem Erfolg – Gefahr der Isolierung<br />

Von der Kurinji-Farm fuhren wir mit dem<br />

Präsidenten der BDAI, Jakes Jayakaran,<br />

nach Bangalore. Hier fand das Jahrestreffen<br />

der BDAI statt. Die biologisch-dynamische<br />

Bewegung, so erfolgreich sie in Indien<br />

ist, dürfe sich, so Ulrich Rösch von der<br />

Sektion für Sozialwissenschaften am<br />

<strong>Goetheanum</strong>, nicht isoliert von den anderen<br />

anthroposophischen Bestrebungen sehen.<br />

Auch Umesh Chandrasekar, Direktor des<br />

Instituts für Marktökologie in Indien, wies<br />

darauf hin, dass bei aller erfolgreichen<br />

Arbeit der letzten Jahre wegen großer<br />

Arbeitsbelastung der einzelnen Initiativen<br />

der Blick auf das Ganze manchmal etwas zu<br />

kurz komme.<br />

Carolin Hedman von der Initiative Sophia,<br />

Järna (SE), bekräftigte die Bedeutung des<br />

53


54<br />

weltweiten Netzwerkbildens. Sie begleitet junge Menschen, die von Schweden aus nach Indien<br />

entsandt werden, um dort vor allem in ländlichen Initiativen mitzuarbeiten, zum Beispiel bei<br />

der Initiative in Sevapur. Dort gibt es im Rahmen eines größeren sozialen und pädagogischen<br />

Projektes auch eine biologisch-dynamische Farm.<br />

Nirmala Diaz von der Sloka-Waldorfschule in Hyderabad gab einen Einblick in die Arbeit der<br />

Waldorfschulen in Indien. Von einigen der landwirtschaftlichen Initiativen kam der Wunsch, eine<br />

Erweiterung durch eine Schule zu bekommen.<br />

Die biologisch-dynamische Ausbildung in Indien war Thema von David Hogg, dem Sekretär<br />

der BDAI. In Zentralindien stellten vor allem Frauen die Landwirtschaft eines ganzen Dorfes auf<br />

biologisch-dynamisch um. Hogg berichtete vom wachsenden Maikaal-Projekt und von der von<br />

Rithu Baruah geleiteten Landbauschule. Einen herzlichen Dank sprach er an Peter Proctor aus, der<br />

in Indien über viele Jahre biologisch-dynamische Ausbildungskurse durchgeführt hat und dort als<br />

Lehrer ‹par excellence› verehrt wird. Jetzt musste er aus Gesundheitsgründen nach Neuseeland<br />

zurückkehren.<br />

Und Jakes Jayakaran berichtete über seine Arbeit in China, wo er auf großes Interesse stieß<br />

und mehrere Kurse durchgeführt hat. Dort wird allerdings Wert darauf gelegt, dass biologisch-<br />

dynamische Landwirtschaft mehr eine Methode und Technik ist; der weltanschauliche Hintergrund<br />

muss sehr zurückgestellt werden.<br />

Internationale Sektionsarbeit: Indien<br />

Gateway-Zweig in Mumbai<br />

von Ulrich Rösch<br />

Soziale Bedeutung<br />

In der Weihnachtszeit 2008 besuchte Ulrich<br />

Rösch vom <strong>Goetheanum</strong> den Gateway-<br />

Zweig in Mumbai. Eine kleine Impression<br />

von der Stimmung vor Ort.<br />

Es ist für einen Mitteleuropäer schon<br />

eigenartig, wenn man am frühen<br />

Weihnachtsmorgen nach Mumbai einfliegt<br />

und es dort, mitten in der Nacht, noch 26<br />

Grad Celsius hat. Obwohl die Anschläge von<br />

Mumbai noch nicht einmal vier Wochen her<br />

sind, ist äußerlich wie immer ein geschäftiges<br />

Treiben vorzufinden.


Am zweiten Weihnachtstag treffe ich<br />

einige Mitglieder des Gateway-Zweiges der<br />

Anthroposophischen Gesellschaft bei der<br />

Familie Bana im Zentrum von Mumbai. Dort,<br />

mitten in der Stadt an der lärmigen Grant<br />

Road, treffen sich die Zweigmitglieder.<br />

Die bescheidene Wohnung der Familie<br />

Bana, wo neben Aban auch die Schwester<br />

Dilnawaz und der 98-jährige Vater wohnen,<br />

welcher noch täglich studiert und kleine<br />

Dichtungen schreibt, wird links und rechts<br />

von muslimischen Familien eingerahmt.<br />

Im Raum fällt mein Blick sofort auf die<br />

aufgebaute (‹Ostheimer›-)Krippe mit den<br />

Hirten, den Königen, Maria und Joseph<br />

und dem Christuskind. So fühle ich mich<br />

angeregt, über das Weihnachtsgeschehen<br />

und seine soziale Bedeutung zu sprechen,<br />

das Hereinkommen der Weisheit durch die<br />

Könige, das soziale Zusammenwirken der<br />

Hirten und des Zentrums, des Christuskindes,<br />

das uns aufruft, miteinander in eine<br />

gerechte soziale Beziehung zu treten.<br />

Ich bin mir bewusst, dass vor mir Hindus aus<br />

verschiedenen Kasten, auch Brahmanen,<br />

sitzen, Muslime, Christen und Parsis, die auf<br />

die zarathustrische Strömung zurückgehen.<br />

Es ist eine dichte Atmosphäre, die uns den<br />

tosenden Straßenlärm in Mumbais Zentrum<br />

ganz vergessen lässt.<br />

55


Internationale Sektionsarbeit: Indien<br />

56<br />

Sadhana Village<br />

von Ulrich Rösch<br />

Soziale Umsichtigkeit<br />

Bei Pune liegt die heilpädagogische<br />

Einrichtung Sadhana Village. Sie wurde<br />

vor 15 Jahren von V. N. Deshpande mit<br />

Unterstützung der Camphill-Gemeinschaft<br />

Copake (US) eingerichtet. Neben ihrer<br />

heilpädagogischen Aufgabe kümmert sich<br />

die Gemeinschaft von Sadhana Village auch<br />

um bessere soziale Bedingungen in der<br />

Umgebung.<br />

Sadhana Village liegt in einem herrlichen Tal<br />

etwa 35 Kilometer nordöstlich von Pune.<br />

Obwohl die Einrichtung sehr abgelegen<br />

ist, umgeben von ursprünglichen Dörfern,<br />

hat sie neben den Beziehungen zu den<br />

Camphill-Einrichtungen in den USA auch<br />

zahlreiche Praktikanten aus Europa, welche<br />

durch die Freunde der Erziehungskunst<br />

Rudolf Steiners vermittelt und betreut<br />

werden. Die Gemeinschaft lebt in drei<br />

verschiedenen Häusern.<br />

Neben der heilpädagogischen Arbeit holt<br />

man Kinder mit Bussen nach Sadhana<br />

Village, um ihnen in ‹Freizeitschulen›<br />

Bildung zu ermöglichen. Viele von ihnen<br />

weigern sich, in die vom Staat betriebenen<br />

Schulen zu gehen.<br />

Während meines Besuchs bemerkte ich bei<br />

der gemeinsamen Eurythmie aller Bewohner<br />

der Einrichtung mit Aban und Dilnawaz Bana<br />

sofort an der Freude und dem engagierten<br />

Mitmachen der Betreuten, dass die beiden<br />

schon öfters dort gearbeitet haben. Es war<br />

erwärmend zu beobachten, wie sich die<br />

Betreuten liebevoll gegenseitig helfen. Alle<br />

machten mit: die Betreuten, die Mitarbeiter,<br />

die Praktikanten und die Gäste.<br />

Aufbrechende Sozialstrukturen<br />

Nach der Eurythmie spreche ich mit<br />

den Praktikanten, meist ehemalige<br />

Waldorfschüler, über den sozialen Impuls,<br />

der einer solchen Einrichtung zugrunde<br />

liegt. Dar?über hatten sie an ihren Schulen<br />

nicht viel gehört. Umso engagierter war<br />

das Gespräch, das sich an die Darstellung<br />

anschloss. Wahrscheinlich hätte es noch<br />

den ganzen Abend gefüllt, wenn nicht eine<br />

Gruppe ihre 36-stündige Reise nach Kolkata<br />

hätte antreten müssen, wo ein gemeinsames<br />

Treffen aller Praktikanten in Indien auf<br />

Einladung der ‹Freunde› stattfand.<br />

Am nächsten Tag fuhren wir in die<br />

umgebenden Dörfer. Die sozialen Strukturen<br />

sind dort völlig am Aufbrechen. Von dem,<br />

was einmal dort stabilisierend war, ist nur<br />

noch ein Trümmerhaufen übrig geblieben.<br />

Nachdem die Gemeinschaft das über eine<br />

Studie wahrgenommen hatte, fing sie an, mit<br />

den Dorfbewohnern Projekte aufzubauen:<br />

den Bau von Bewässerungsanlagen,<br />

Toiletten und ersten Anfängen einer<br />

Abwasserbeseitigung. Insbesondere<br />

Frauen bildeten Selbsthilfegruppen, die


neben wirtschaftlichen Hilfen vor allem<br />

Bewusstsein für sauberes Trinkwasser<br />

entwickelten. Darüber hinaus wird den<br />

Frauen dabei geholfen, häusliche Gewalt<br />

abzuwehren und über Kleinkredite<br />

unternehmerisch tätig zu werden.<br />

Wunsch nach Waldorfschule fürs Dorf<br />

Am nächsten Tag kam der Gründer von<br />

Sadhana Village, um gemeinsam mit uns<br />

zu besprechen, ob nicht in absehbarer<br />

Zeit eine Waldorfschule für die Dorfkinder<br />

eingerichtet werden könne. Es wäre eine<br />

English Medium School, die bis zur 8. Klasse<br />

relativ frei arbeiten könnte. Das Problem ist,<br />

wie überall, die geeigneten Lehrerinnen für<br />

solch eine Schule zu finden.<br />

Aban Bana sagte ihre Hilfe zu und<br />

empfahl, alle Interessenten zu ihrem<br />

Lehrerbildungskurs, der jeden Mai im<br />

nahegelegenen Kandhala stattfindet,<br />

zu senden. Es war beeindruckend<br />

wahrzunehmen, mit welcher sozialen<br />

Umsichtigkeit der über siebzigjährige V.<br />

N. Deshpande diesen Schritt einer eigenen<br />

Schule vorbereitet.<br />

57


Veranstaltungsvorblick<br />

58<br />

Veranstaltungsvorblick<br />

Ins Gespräch kommen - soziale Verantwortung fördern<br />

vom 27.-28.11.2009<br />

von Katie Dobb, Ulrich Rösch<br />

„Was ist erquicklicher als Licht?<br />

Das Gespräch.“ Aus Goethes Märchen von<br />

der Grünen Schlange und der Schönen Lilie.<br />

Wenn über soziale Verantwortung gesprochen<br />

wird, sind viele berührt, dass heute<br />

noch Millionen von Menschen an Hunger<br />

sterben. Wäre aber nicht ein erster nötiger<br />

Schritt, dass wir anfangen den anderen<br />

Menschen in seiner Einmaligkeit wahrzunehmen?<br />

Leidet nicht unsere Welt darunter,<br />

dass wir es nicht verstehen, miteinander ins<br />

Gespräch zu kommen, uns zu begegnen?<br />

In vorbereitenden Treffen wurde deutlich,<br />

dass das Gespräch mit den anderen wichtig<br />

wurde. Wir erfuhren von Begegnungen, in<br />

denen vieles durch ein Gespräch entstanden<br />

ist. Möglichkeiten eröffneten sich oder aus<br />

der Situation wurde etwas ganz besonderes<br />

geboren. Im aktiven Interesse am anderen<br />

Menschen, das im nächsten Schritt zu einem<br />

menschheitlichen Interesse werden kann,<br />

erschließt sich eine zukünftige Dimension.<br />

Ins Gespräch kommen heißt auch geistige<br />

Zusammenhänge wahrnehmen. Wie kann<br />

ich mich als Individualität mit der ganzen<br />

Menschheit verbunden fühlen?<br />

Will ich mich selbst finden, dann muss ich Interesse<br />

für die Nöte der Welt entfalten. Will<br />

ich die Welt verändern, so kann ich das nur<br />

aus der Wahrnehmung der anderen Menschen<br />

und einem selbstbewusstem Denken.<br />

Welche Qualität muss das Denken bekommen,<br />

damit richtige Gedanken über neue<br />

soziale Einrichtungen entstehen können?<br />

Wie müssen Einrichtungen aussehen, damit<br />

die Menschen die richtigen Gedanken und<br />

Empfindungen gegenüber den anderen in<br />

sozialer Beziehung haben können? Die Dreigliederung<br />

des sozialen Organismus kann<br />

uns eine Orientierung geben, damit wir in<br />

den zwischenmenschlichen Beziehungen,<br />

in der Gestaltung unserer Einrichtungen<br />

aber auch im Gestalten der Gesellschaft als<br />

Ganzem einen Beitrag leisten können. Nur<br />

so können wir einen Weg aus dem Chaos<br />

der Gegenwart heraus finden.<br />

Begegnung kann dann zu einem künstlerischen<br />

Prozess werden, eine soziale Skulptur<br />

kann zwischen den Menschen entstehen.<br />

Wir wollen Begegnungsmöglichkeiten<br />

schaffen, in denen viele Menschen die<br />

erquickende und schöpferische Kraft des<br />

Gesprächs entdecken, mit dem Ziel, immer<br />

mehr die gegenwärtigen Nöte der Zeit und<br />

unsere aktuellen sozialen Aufgaben wahrzunehmen.<br />

Diese Veranstaltung der Sektion für Sozialwissenschaften<br />

und der Jugendsektion soll<br />

helfen, dass sich bei allen Teilnehmenden<br />

ein „neues“ tätiges Mitempfinden entwickeln<br />

kann. Das Erfahren des sozialen<br />

Ganzen benötigt die Wahrnehmung des<br />

anderen – und daraus kann ein neues soziales<br />

Verantwortungsgefühl entstehen. Wenn<br />

wir in der rechten Weise zusammenwirken<br />

werden, so kann dieses Wochenende zu<br />

einem einmaligen sozial-künstlerischen Ereignis<br />

werden.


Veranstaltungsvorblick<br />

Veranstaltungsübersicht<br />

2009<br />

08.-11. August Tagung in Nordamerika, Chestnut Ridge (NY)<br />

Inner Transformation and Social Renewal<br />

Social Science Section in North America<br />

11.-12. August Treffen der Sektionsmitglieder in Spring Valley, USA<br />

Kollegium der Sozialwissenschaftlichen Sektion in Nordamerika<br />

04.-05. September Nachhaltige Entwicklung als Schicksalsfrage – das Böse stellen<br />

Values & More (Alexandra Traun) und das <strong>Goetheanum</strong><br />

05. September Spirituelle Kultur von Müttern und Vätern<br />

Arbeitstag der Familienkultur<br />

10.-11.September Geschwindigkeit im Unternehmen<br />

2. interdisziplinäres Wirtschaftsforum am <strong>Goetheanum</strong><br />

Perspektiven für Veranwortliche in Wirtschaft und Kultur<br />

Christine Blanke<br />

12. September Religion - Tätigkeit der Freiheit und Liebe<br />

Fortbildung zur Selbsterziehung am Familienleben<br />

Claudia Stockmann<br />

20.-21. September Aufgaben einer neuen Wirtschaftswissenschaft<br />

„Methodik und Grundbegriffe des Nationalökonomischen<br />

Kurses und ihrer Beziehung zur Wirtschaftspraxis“ (auf Einladung)<br />

Einleitungen: Paul Mackay, Prof. Dr. Marcelo da Veiga und<br />

Ulrich Rösch<br />

24.-27. September Gemeinschaftsbildung im Lichte Michaels<br />

Michaeli-Tagung 2009<br />

Allgemeine Anthroposophische Sektion<br />

08.-11. Oktober Darwin und der Soziale Organismus (Kolloquium)<br />

Naturwissenschaftliche Sektion und Sektion für<br />

Sozialwissenschaften (auf Einladung)<br />

23.-24. Oktober Kolloquium zur Konfliktforschung<br />

13.-14. November Nervosität und Ichheit<br />

Fortbildung zur Selbsterziehung am Familienleben<br />

Rudy Vandercruysse<br />

26.-27. November Zukunfts-Perspektiven der Sektion<br />

Kolloquium (auf Einladung)<br />

27.-29. November Ins Gespräch kommen – Soziale Verantwortung fördern<br />

Sektion für Sozialwissenschaften und Jugendsektion<br />

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60<br />

2010<br />

22.-23. Januar Hochschultreffen Familienkultur<br />

Zur 17. Klassenstunde<br />

05.-07. März In Gegensätzen miteinander<br />

Hausmitteilung<br />

Akives Recht im Streit um die Mitte<br />

Öffentliche Tagung zum Rechtsleben<br />

16.-17. März Kolloquium zur Konflicktforschung in Deutschland<br />

10. Oktober Treffen zur Altenarbeit<br />

29.-30. Oktober Kolloquium zur Konfliktforschung<br />

Tickets online bestellen unter: www.goetheanum.org<br />

Initiative: Benjamin Kohlhase-Zöllner sucht seitens der Sektion für Sozialwissenschaften<br />

Kontakt zu Studenten mit sozialwissenschaftlichen Forschungsfragen. Gerne hilft er mit Tipps<br />

und Recherche bei Haus-, Diplom- und Doktorarbeiten um anthroposophsiche Fachliteratur in<br />

diese Arbeiten einfliessen zu lassen. Gerne können Sie ihm auch eine Kopie ihrer Arbeit für das<br />

Sektionsarchiv und die Studenten vor Ort senden. Für Fachfragen im Schwerpunkt VWL, BWL und<br />

Management steht er Ihnen gerne zur Verfügung. Aber auch beim Vermitteln von Praktikums-<br />

und Praxissemesterplätzen helfen wir nach Möglichkeit gern.<br />

Kontakt: benjamin.kohlhase@goetheanum.ch<br />

Impressum<br />

Herausgeber und Copy right: Freie Hochschule für Geisteswissenschaft am <strong>Goetheanum</strong> -<br />

Sektion für Sozialwissenschaften<br />

Redaktion: Ulrich Rösch, Hanna Koskinen<br />

Layout und Gestaltung: Kohlhase Verlag und Consulting www.kohlhase-consulting.com<br />

Rechtshinweis: Alle Texte sind Urheberrechtlich geschützt. Die Texte spiegeln nicht zwingend<br />

die Auffassung der Sektion wieder.

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