Sonntag: Physiotherapie in der Kleintierpraxis
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1 <strong>Physiotherapie</strong> <strong>in</strong> Human- und Tiermediz<strong>in</strong><br />
nicht durchführbar, o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Patient zeigt nur<br />
e<strong>in</strong>e sehr e<strong>in</strong>geschränkte, gezielte aktive Mitarbeit.<br />
So würde z.B. ke<strong>in</strong> Tier auf Befehl se<strong>in</strong>e Vor<strong>der</strong>-<br />
o<strong>der</strong> H<strong>in</strong>terextremität gegen Wi<strong>der</strong>stand <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>e bestimmte Stellung br<strong>in</strong>gen. Gerade diese<br />
e<strong>in</strong>geschränkte zielgerichtete aktive Mitarbeit <strong>der</strong><br />
Patienten erschwert die Arbeit des Tierphysiotherapeuten.<br />
Dennoch strebt man als Therapeut fortwährend<br />
an, die Entwicklung von speziellen, auf<br />
das Tier abgestimmten Techniken voranzutreiben.<br />
Und so ist die Tierphysiotherapie e<strong>in</strong> sehr <strong>in</strong>teressantes,<br />
abwechslungsreiches und im Fluss bef<strong>in</strong>dliches<br />
Tätigkeitsgebiet.<br />
Der Besitzer. Die Tierphysiotherapie kann, je<br />
nach Erkrankung, recht kostspielig se<strong>in</strong>. Kann sich<br />
<strong>der</strong> Besitzer die Behandlung leisten? Wie kann ich<br />
den Besitzer <strong>in</strong> die Therapie mite<strong>in</strong>beziehen (Auffassungsvermögen)?<br />
Wie kommt er mit dem Tier<br />
zurecht? Kann er alle<strong>in</strong>e die Therapie durchführen<br />
o<strong>der</strong> ist das Tier so ungehorsam, dass <strong>der</strong> Besitzer<br />
alle<strong>in</strong>e damit nicht zurechtkommt? Kann er se<strong>in</strong>e<br />
„Hausaufgaben“ durchführen? Wie sieht es bei<br />
e<strong>in</strong>em sehr pflegebedürftigen Patienten mit <strong>der</strong><br />
Ausdauer des Besitzers aus? Kann er die Behandlung<br />
zeitlich und/o<strong>der</strong> f<strong>in</strong>anziell durchführen?<br />
Außerdem sieht <strong>der</strong> Besitzer bei e<strong>in</strong>em längeren<br />
Behandlungsverlauf oft nicht die Fortschritte <strong>der</strong><br />
Therapie. Aus diesem Grund ist die Dokumentation<br />
mit Fotos und Filmen sehr wichtig, damit <strong>der</strong><br />
Besitzer den Fortschritt nachvollziehen kann und<br />
nicht den Mut verliert („Es passiert doch nichts! Es<br />
sieht noch genauso aus wie vor e<strong>in</strong> paar Tagen!“).<br />
Betont werden muss außerdem, dass <strong>der</strong> Tierbesitzer<br />
nicht „e<strong>in</strong>fach so lostherapieren“ sollte, denn<br />
dadurch kann er u. U. mehr schädigen als helfen!<br />
Die fachgerechte Anleitung durch den Tierphysiotherapeuten<br />
o<strong>der</strong> physiotherapeutisch arbeitenden<br />
Tierarzt ist für den Erfolg <strong>der</strong> Behandlung<br />
wesentlich. Auch die kont<strong>in</strong>uierliche Betreuung<br />
des Besitzers, wie bei <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> Handgriffe,<br />
gehört zur Therapie.<br />
Alter des Patienten. Bei <strong>der</strong> <strong>Physiotherapie</strong><br />
spielt das Alter des Patienten e<strong>in</strong>e große Rolle.<br />
Junge Tiere haben größere Selbstheilungskräfte<br />
als ältere. Die Therapie sollte man am besten nicht<br />
erst durchführen, wenn das Tier alt und gebrechlich<br />
ist, son<strong>der</strong>n schon beim jungen Tier. So wird<br />
es durch den Tierbesitzer und/o<strong>der</strong> den Tierphysiotherapeuten<br />
kont<strong>in</strong>uierlich behandelt, und<br />
se<strong>in</strong> Gesundheitszustand wird immer gut im Blick<br />
behalten. Viele Erkrankungen können schon vorbeugend<br />
behandelt o<strong>der</strong> sogar verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t werden,<br />
da sie frühzeitig erkannt wurden. Das junge Tier<br />
gewöhnt sich an bestimmte Übungen und Behandlungsmethoden<br />
schneller. Präventive <strong>Physiotherapie</strong><br />
ist besser als „betreuende <strong>Physiotherapie</strong>“<br />
beim alten gebrechlichen Tier.<br />
Kondition und Konstitution des Patienten. Auch<br />
Kondition und Konstitution des Patienten spielen<br />
e<strong>in</strong>e Rolle. Wie sieht es mit <strong>der</strong> Schmerzempf<strong>in</strong>dlichkeit<br />
und den Schmerzäußerungen des<br />
Patienten aus? Ist er e<strong>in</strong>e „Mimose“, <strong>der</strong> bei je<strong>der</strong><br />
Therapieform jault und aufschreit und damit die<br />
E<strong>in</strong>grenzung se<strong>in</strong>es Schmerzherdes erschwert?<br />
O<strong>der</strong> ist er e<strong>in</strong> robuster Patient, <strong>der</strong> erst bei hochgradigen<br />
Schmerzen kurz aufjault? Auch bei diesem<br />
Patienten kann es schwierig werden, den<br />
Schmerzherd e<strong>in</strong>zugrenzen. Wie ist das Verhalten<br />
des Tieres (Aggression, Angst, Panik)? Wenn <strong>der</strong><br />
Patient sehr aggressiv ist, kann auch die „entspannende“<br />
Massage zum Kraftakt werden. Ist es dann<br />
s<strong>in</strong>nvoll zu massieren, o<strong>der</strong> ist e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Therapieform<br />
für diesen Patienten vielleicht geeigneter?<br />
Wo ist die Erkrankung lokalisiert? Handelt es sich<br />
lediglich um e<strong>in</strong>e Arthrose des Daumengelenks<br />
o<strong>der</strong> aber um e<strong>in</strong>e generalisierte Arthrose <strong>in</strong> den<br />
großen Gelenken mit hochgradigem lumbalen<br />
Hartspann und fortgeschrittener Muskelatrophie?<br />
Je nach Lokalisation und Schweregrad fallen Therapieform<br />
und -dauer aus. Liegt e<strong>in</strong> langsamer<br />
o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> rapi<strong>der</strong> Erkrankungsverlauf vor? Besteht<br />
die Notwendigkeit, die Therapie täglich durchzuführen<br />
o<strong>der</strong> nur e<strong>in</strong>mal alle 14 Tage? Das alles s<strong>in</strong>d<br />
Fragen, die während <strong>der</strong> Befundaufnahme und<br />
Befundauswertung geklärt werden.<br />
Erkrankungsstadium. Man sollte <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Physiotherapie</strong><br />
differenzieren, <strong>in</strong> welchem Erkrankungsstadium<br />
sich das Tier bef<strong>in</strong>det. Man kann grob<br />
zwei Erkrankungsstadien def<strong>in</strong>ieren, auch wenn<br />
es viele Zwischenformen gibt (Tab. 1.2).<br />
Sonstige Erkrankungen (Kontra<strong>in</strong>dikatio nen).<br />
Bei vielen Erkrankungen wird die Tierphysiotherapie<br />
<strong>in</strong> ihrer Behandlungsmethode e<strong>in</strong>geschränkt<br />
o<strong>der</strong> die Therapieform darf überhaupt nicht durchgeführt<br />
werden. Aus diesem Grund s<strong>in</strong>d bei den<br />
<strong>in</strong> diesem Buch erwähnten Therapieformen auch<br />
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