10.07.2012 Aufrufe

Marktplatz 2007.11.xpd

Marktplatz 2007.11.xpd

Marktplatz 2007.11.xpd

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Eine Frage der Intimität<br />

Warum Kinder sich im Advent eher bezaubern lassen,<br />

Jugendliche das uncool finden<br />

und die Kirche nicht voller ist als sonst TEXT: JET | FOTO: MG, CJ<br />

Es kommt die Zeit …<br />

Die Zeit, in der es so früh dunkel wird, dass die Geschäfte<br />

im Ort schon spät nachmittags ihre Beleuchtung einschalten<br />

und es aus den umliegenden Wohnhäusern<br />

wie in einer Eisenbahn-Modell-Landschaft funkelt. Die<br />

Zeit der Herbst-Spaziergänge, die man so gern im knusprigen<br />

Laub unternimmt. Die Zeit der erhöhten Anspannung,<br />

weil jedes Jahr vor dessen jeweiligem Ende noch<br />

dies und das zum Abschluss gebracht werden muss.<br />

Die Zeit, in der die Garderobe auf Minusgrade eingestellt<br />

und die Heizung – sofern man eine hat – in<br />

Funktion gesetzt wird.<br />

Die Zeit der Vorbereitung auf den Skiurlaub, der ungebetenen<br />

Erkältungen und eingelegten Früchte, der<br />

Immer-wieder-für-überflüssig-erklärten-und-trotzdemgeht-man-immer-wieder-hin-Weihnachtsfeiern<br />

im Büro,<br />

die Zeit der Nach-Wien-zum-Christkindl-Markt-Fahrt-<br />

Vorfreude und der unvirtuellen drei „W“s – was, wem,<br />

zu Weihnachten.<br />

Dass Advent ist, kriegt der kinderlose Erwachsene,<br />

der hierzulande fast schon urban lebende, jedenfalls<br />

ganz städtisch arbeitende Mensch durch Werbung, die<br />

immer gleiche Weihnachtsmusik in den Kaufhäusern,<br />

überbordende und vor allem frühzeitige Geschäftsdekorationen<br />

und allerorts vermehrt in Haufen auftretende<br />

Glühweinstände mit. Was er bedeutet, hat man<br />

zwischenzeitlich vergessen, die Erinnerung daran ist<br />

jedenfalls sehr blass, meist wird auch gar nicht danach<br />

gefragt.<br />

Kinder sehen das anders.<br />

Kinder sind, was Advent betrifft – übrigens auch bei<br />

zahlreichen anderen Traditionen – die wahren Roman-<br />

tiker, die echten, die, die noch an die wundersamen<br />

Geschichten glauben, die sich noch in angespannte<br />

Erwartung versetzen und sich zur Vorfreude inspirieren<br />

lassen.<br />

Wer glaubt schon an das Christkind?<br />

Obwohl sie den Kindern ganz offen etwa vom historischen<br />

Nikolaus, dem mit der Bischofsmütze und dem<br />

Bischofsstab erzähle, und sie ihnen auch nicht vorenthalte,<br />

dass die Dinge, die heute passieren, eben nur als<br />

Erinnerung an die Geschichte gedacht seien, zeigt sich<br />

die Wolfurter Volksschullehrerin Renate Adadevoh<br />

davon überzeugt, dass Kinder im Alter bis 10 ganz<br />

leicht bezaubert werden können. Einmal habe sie sich<br />

sogar vor der Klasse umgezogen, sei also in das<br />

Nikolaus-Kostüm geschlüpft und die Wirkung war eindeutig:<br />

„Vor kurzem noch die Lehrerin, war ich zwei<br />

Minuten später plötzlich der leibhaftige Nikolaus.“<br />

Er sei ein klassischer Spätzünder gewesen, gibt Christoph<br />

Lang, Diakon und Lehrer an der Berufsschule<br />

Bregenz, zu. Bis zum Alter von elf oder zwölf habe er<br />

schon noch an den Nikolaus geglaubt. Jetzt ist das<br />

natürlich anders, trotzdem verspüre er heute noch<br />

eine gewisse Nervosität, wenn der Nikolaus zu seinen<br />

Nichten und Neffen käme. Seine Schüler – in der<br />

Berufsschule im Alter jenseits der 14 – sind da offensichtlich<br />

wesentlich cooler – Advent und alles, was<br />

dazu gehört, scheint derzeit gar nicht „in“ zu sein,<br />

eine Ahnung von dessen Bedeutung verschwindend<br />

bis inexistent. Gesprochen wird darüber gar nicht<br />

gern, schon gar nicht vor der Klasse – einzig ein Adventkranz<br />

in der Aula erinnere an die Zeit.<br />

Wenn Lang allerdings in seinen seltenen Religions-<br />

MARKTPLATZHOFSTEIG 14 | 15

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!