Ein Tumor (Auf Deutsch) Ed Atkins - Whitechapel Gallery
Ein Tumor (Auf Deutsch) Ed Atkins - Whitechapel Gallery
Ein Tumor (Auf Deutsch) Ed Atkins - Whitechapel Gallery
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Der <strong>Tumor</strong> fängt an zu grasen, er vergisst die<br />
Schlacht und genießt die ungewöhnlichen Sinneseindrücke,<br />
während er zunehmend die Steuerung und die<br />
Eigenheiten dieses Vehikels in den Griff bekommt.<br />
Plötzlich (PLÖTZLICH) spürt der <strong>Tumor</strong> einen<br />
schrecklichen, stechenden Schmerz in seinem<br />
Kreuz, er wirbelt herum und sieht einen Kavalleriesoldaten<br />
über sich, und einen langen, blanken Degen,<br />
der tief in seinem Rücken steckt. Der <strong>Tumor</strong> stürzt,<br />
gelähmt (ein wichtiger Teil des Nervensystems wurde<br />
verletzt) und der Soldat, unablässig grinsend, geht<br />
gleich dazu über, den <strong>Tumor</strong> bei lebendigem Leibe zu<br />
häuten, äußerst geschickt reißt er den Balg von den<br />
rohen Muskeln; schon hat er den zitternden Körper<br />
mit einer flamboyanten Geste komplett aus dem Fell<br />
geschlagen. Er spannt die Haut zum Trocknen auf<br />
ein geodätisches<br />
Gitter aus Stöcken.<br />
Dann wendet er<br />
sich wieder dem<br />
jetzt entblöß-<br />
ten, rohen<br />
<strong>Tumor</strong> zu,<br />
und beginnt,<br />
ihn aus-<br />
zuweiden.<br />
Schwer,<br />
stumpf und<br />
glitschig<br />
gerinnt das<br />
Blut in dem<br />
Schlitz,<br />
der von<br />
unterhalb<br />
des Kinns<br />
bis kurz über<br />
den Genitalien<br />
klafft. <strong>Ein</strong>e kalte<br />
Hand reißt ALLES<br />
raus und wirft<br />
es in großen Klumpen auf die trockene Erde. Das<br />
FLATSCH! einer Lunge auf DER TROCKENEN ERDE,<br />
usw. Jedes Organ, jeder unkenntliche Fetzen wird<br />
zu etwas nützlich sein. Wir verstehen. Was nicht als<br />
Verpflegung für die hungrige Schar taugt (die sich<br />
in der Nähe herumdrückt), wird getrocknet und<br />
als Aphrodisiakum verwendet oder aufgespannt,<br />
um so etwas wie Hüte oder Kondome daraus zu<br />
machen. Das hier (er hält eine Handvoll nasses Rot<br />
hoch) werde ich selbst auf dem Höhepunkt eines<br />
Rituals verzehren. Das wird mir besondere Kräfte<br />
verleihen (...). Das hier (ein Lappen aus Darmnetz<br />
hängt triefend über zwei Fäusten, wie brauner,<br />
durchgewalkter Pizzateig) wird über den untersten<br />
Zweig der nächsten Fichte gelegt, um so den Zorn<br />
des besonders fleischigen Gottes zu besänftigen.<br />
Dieses Zeug hier (ein Strom von milchig-weißem<br />
Saft, der aus einem rosa Schlauch gepresst wird<br />
(eine Schmerzschraube) wird gekocht und mit Blut<br />
aus deinem Kopf vermengt — dann füllt man das<br />
Gemisch in eine gut gefettete Kuchenform und backt<br />
es. So wird alles<br />
seine Verwendung<br />
finden —<br />
obwohl sich<br />
im Moment<br />
noch alle<br />
Stücke<br />
neben dem<br />
Soldaten<br />
in einem<br />
riesigen<br />
Abfallhaufen<br />
aus<br />
geronnenem<br />
Blut auftürmen.<br />
Endlich fertig,<br />
steht der Soldat<br />
erschöpft und von<br />
oben bis unten in Blut getränkt da, seine Augen und<br />
Zähne heben sich in obszönem Weiß von dem roten<br />
Grund ab. Trotz alledem fühlt sich der <strong>Tumor</strong> ENT-<br />
STRESST.