15.11.2014 Aufrufe

DIE KAUFMÄNNISCHE SCHULE - vLw NRW eV

DIE KAUFMÄNNISCHE SCHULE - vLw NRW eV

DIE KAUFMÄNNISCHE SCHULE - vLw NRW eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

8<br />

BERICHTE<br />

WISSENSCHAFTSBEITRAG<br />

Nachgehende Differenzierung<br />

Das Problem<br />

Wenn es um innere Differenzierung (Binnendifferenzierung) geht, ist<br />

die Diskussionslage etwas diffus. Es gibt vielerlei Ideen und Praxisberichte,<br />

die sich aber unter systematischer Perspektive häufig schwer<br />

einordnen lassen. Eine Grundidee ist immer wieder, dass über<br />

Wochenpläne, Freiarbeitsmaterialien, Bearbeitungsvielfalt das<br />

Lernen aus einer strengen Linearität (alle folgen nach dem Geleitzugprinzip<br />

dem Unterricht des Lehrers / der Lehrerin) zu befreien,<br />

um das selbstständige und eher interessenorientierte Lernen zu<br />

fördern. Die Frage ist, ob diese hehre und im Prinzip zu befürwortende<br />

Idee ausreicht, um das Thema „innere Differenzierung“<br />

entscheidend voranzubringen. Wenn z. B. wohlgemeinte Differenzierungsmaßnahmen<br />

ständig durch Leistungsbewertungsverfahren<br />

„abgefangen“ werden, die von allen Schüler(innen)n einer Klasse<br />

einheitlich und zu immer dem gleichen Zeitpunkt absolviert werden<br />

müssen, könnte man diese Differenzierungsaktivitäten unter der<br />

Rubrik „aufgelockerter Unterricht“ rubrizieren. Ein löbliches, aber zu<br />

kurz greifendes Anliegen!<br />

Systematisierung<br />

Es ist daher dringend notwendig, eine Systematisierungshilfe zu<br />

entwickeln, die dem Anliegen „erfolgreicheres Lernen durch Differenzierung“<br />

folgt. Der Vorschlag ist folgender:<br />

• Mit dem Begriff der nachgehenden Differenzierung werden alle<br />

Maßnahmen gefasst, die dem herkömmlichen lehrerorientierten<br />

vermittelnder arbeitenden Unterricht folgen und der zentralen<br />

Intention dienen, die Lernprozesse der Schüler/-innen zu den für<br />

alle gesetzten Lernzielen möglichst erfolgreich zu gestalten, um<br />

dann die in absehbarer Zeit angesetzten Leistungskontrollen positiv<br />

bestehen zu können. Das heißt, differenzierende Maßnahmen<br />

sind zweckorientiert. Sie sollen besser als der lehrerorientierte<br />

Unterricht gesetzte Lernziele erreichen helfen.<br />

• Der Differenzierungsansatz ist grundsätzlich ein anderer, der über<br />

die Differenzierung der Lernziele (für die einen anspruchsvoller<br />

und komplexer, für die anderen weniger anspruchsvoll und<br />

einfacher) Lernprozesse initiiert. In der Konsequenz dieses Ansatzes<br />

liegt der Verzicht auf gleiche Klassenarbeiten für alle Schüler/-innen<br />

einer Klasse (Konzept der Zieldifferenzierung).<br />

• Ein dritter Ansatz liegt vor, wenn an eine vielfältige und arbeitsteilige<br />

Lernarbeit zu Unterrichtsthemen gedacht ist (Bearbeitungsdifferenzierung),<br />

wenn interessen- und wahlorientiert gearbeitet<br />

werden soll. Das bei diesem Ansatz häufig ungelöste Problem ist<br />

mit der Frage zu formulieren: Was sollen denn am Ende alle kennen<br />

und können und in welcher Weise sind exemplarisch zu denkende<br />

Schwerpunkte (von Gruppe zu Gruppe, von Schüler zu Schüler<br />

unterschiedlich) mit elementarem Allgemeinwissen für alle zu<br />

verbinden?<br />

• Wiederum anders ist der Differenzierungsansatz, der die Ziele,<br />

Kompetenzen und Lernbereiche vorgibt und den Lernenden dann<br />

freistellt, die Lernwege und -aktivitäten selbstständig in Richtung<br />

der Vorgaben zu organisieren, dabei sowohl die Wege wie die Zeit<br />

als auch die Leistungskontrollen in die Entscheidung/Planung der<br />

Lernenden gibt. Mit dem Begriff des kompetenzorientierten<br />

Unterrichts wird dieser Ansatz belegt. Er wird Zukunft haben. Wenn<br />

man ihn konsequent verfolgt, wird sich die Heterogenität der Lernstände<br />

(sie ist gewollt!) und die Differenziertheit der Lernarbeit in<br />

einer Klasse verstärken. Ein Schüler bearbeitet den Mathematikstoff<br />

des 5. Schuljahres, ein anderer ist möglicherweise schon beim<br />

Mathematikstoff des 6. Schuljahres). Es handelt sich um die Variante<br />

der sog. freigebenden Differenzierung.<br />

Die These ist, dass es für die innere Differenzierung diese vier Ansätze<br />

gibt. In der konkreten Realisierung müssen sich praktische Differenzierungsmaßnahmen<br />

nach dem einen oder anderen Ansatz identifizieren<br />

lassen. Sonst wäre Zufälligkeit das Prinzip! Für die äußere Differenzierung<br />

ist die Problemlage eine andere. Sie wird hier nicht<br />

verfolgt.<br />

Konkrete Subkonzepte nachgehender Differenzierung<br />

Hat man den Orientierungsrahmen, kann man sich auf die Frage<br />

einlassen, welche Varianten/Subkonzepte für die nachgehende Differenzierung<br />

denkbar sind. Einige sollen dargestellt werden.<br />

1. Der UNIT-Plan<br />

Gewissermaßen ein klassischer Fall von nachgehender Differenzierung<br />

ist der sog. UNIT-Plan im Fremdsprachenunterricht. Dieser ist<br />

zumeist lehrgangsmäßig organisiert und an einem Lehrwerk orientiert.<br />

Wenn man davon ausgehen kann, dass eine UNIT (eine Unterrichtseinheit,<br />

eine Lektion) Lernziele in Bezug auf Wortschatz, Grammatik,<br />

Textverständnis, Lesevermögen genügend genau expliziert,<br />

können die zur Verfügung stehenden Vokabellisten, Zusammenstellungen<br />

von Redemitteln, Tonkassetten, Hörtexte u. a. m. Grundlage<br />

für einen Set sog. activities (Aufgaben) sein. Alle Schüler/-innen<br />

bekommen eine Liste mit den activities. Sie enthält Ankreuzungsmöglichkeiten<br />

(verpflichtend/wahlfrei). Die activities gliedern sich<br />

nach den entsprechenden Inhalten der UNIT: z. B. 1. Reading (Höre<br />

dir den Text an und lies ihn dabei leise mit! Versuche, alles zu verstehen.<br />

Wenn du Wörter nicht kennst, schlage auf Seite 159/160 oder im<br />

alphabetischen Wörterverzeichnis nach! usw.) 2. Grammar (simple<br />

past): Es geht darum, den Gebrauch des simple past zu lernen (die<br />

Regeln dazu stehen im Buch auf S. 32/33. Gehe sie ggf. noch einmal<br />

durch! Schreibe dann die Sätze zu „What things did she do last week?<br />

usw.) 3. Writing (Schreibe einen Text zum Thema „clothes“! Die Seiten<br />

92/93 in deinem Buch und S. 43 in deinem Workbook geben dir Anregungen,<br />

usw.)<br />

Unter dem Differenzierungsaspekt ist wichtig, dass die activities nicht<br />

einfach vorgeschrieben werden (fremdbestimmtes Arbeiten),<br />

sondern dass sie ein Angebot sind, aus dem Schüler/-innen nach<br />

Maßgabe der Einschätzung ihres Könnens/Noch-nicht-Könnens, ihrer<br />

Fehler activities wählen, die sie zur Vervollständigung ihrer Lernprozesse<br />

bringen. Dafür brauchen sie ein verlässliches Instrument. Das<br />

kann ein Kompetenzraster sein oder, wenn ein solches noch nicht<br />

<strong>DIE</strong> KAUFMÄNNISCHE <strong>SCHULE</strong> 1/10

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!