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Mobile und modulare Bauten

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<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 1 -<br />

Praxisarbeit 4<br />

<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong><br />

Nina Schoel Prüfer der 4. Praxisarbeit:<br />

Arnimstraße 14 Prof. Dipl.-Ing. Herrmann<br />

22609 Hamburg<br />

Datum: 02.11.2009 Praxisbetreuer:<br />

Bauen Im Bestand Ulrich Garbe<br />

5. Semester Lyserstraße 8<br />

Matrikel-Nr.: 20718 22761 Hamburg<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 2 -<br />

Gliederung<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1. Einleitung........................................................................................................3<br />

2. <strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong>.........................................................................4<br />

3. Entwicklung.....................................................................................................5<br />

3.1 Anfänge der Vorfertigung im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert...............................................5<br />

3.1.1 Industrialisierung <strong>und</strong> Kolonialisierung.......................................................................6<br />

3.1.1.1 Militär ..................................................................................................................7<br />

3.1.1.2 Koloniale Expansion.............................................................................................9<br />

3.1.1.3 „The Manning Portable Colonial Cottage for Emigrants“.................................10<br />

3.1.1.4 Iron Cottages.......................................................................................................11<br />

3.2 Vorfertigung von mobilen <strong>Bauten</strong> im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert................................13<br />

3.2.1 Die 20er Jahre.............................................................................................................13<br />

3.2.1.1 Walter Gropius <strong>und</strong> die Idee eine industriellen Versuchssiedlung.....................13<br />

3.2.1.2 Versuchssiedlung in Dessau-Törten...................................................................15<br />

3.2.2 Notunterkünfte während des 2. Weltkrieges..............................................................16<br />

3.2.2.1 Jean Prouvé.........................................................................................................16<br />

3.2.3 Wohnungsbauten nach dem Ende des 2. Weltkrieges 1950-1970.............................18<br />

3.2.3.1 General-Panel-System........................................................................................18<br />

3.2.3.2 MAN-Stahlhaus..................................................................................................21<br />

3.2.4 Entwicklungen 1950-1970: Raumzellen aus Kunststoff............................................22<br />

3.2.6 Ab 1995 .....................................................................................................................26<br />

5. Fazit..............................................................................................................27<br />

6. Quellenverzeichnis........................................................................................28<br />

7. Abbildungsverzeichnis...................................................................................29<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 3 -<br />

1. Einleitung<br />

'<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong>' ist das Thema der vorliegenden Arbeit. Während der 4. Praxisphase<br />

bei Ulrich Garbe arbeitete ich an dem Projekt Paul-Gerhardt-Kirche in Altona. Die Kirche soll in einem<br />

Bereich als Kita umfunktioniert werden <strong>und</strong> einem weiteren Bereich soll eine Jugendlounge<br />

eingebaut werden.<br />

Die Jugendlounge wird in der vorhandenen<br />

Nische vom Foyer geplant. Die<br />

gegenüberliegenden vier Türen, die im<br />

Gr<strong>und</strong>riss zu sehen sind, führen in einen<br />

Veranstaltungsraum. Aus diesem Gr<strong>und</strong> soll<br />

das Foyer sein großzügigen Platz behalten.<br />

Die Idee sind drei verschiebbare Nischen,<br />

welche als Sitzecken dienen. Die Nischen<br />

werden also nur raus geschoben, wenn die<br />

Lounge geöffnet ist. So kommt es bei<br />

anderen Veranstaltungen nicht zu<br />

Engpässen. Der Einbau der Jugendlounge<br />

soll unter einem Jugendprojekt laufen.<br />

Jugendliche sollen mit Hilfe eines Gelernten die verschiebbaren Nischen direkt am Einbauort<br />

zusammen bauen. Daraus ergeben sich zwei wesentliche Schwerpunkte:<br />

1. Die Nischen müssen in einer Tischlerei als 'Bausätze' vorgefertigt werden.<br />

2. Die Konstruktion muss Stabilität <strong>und</strong> Mobilität aufweisen.<br />

Da als erstes die Kita realisiert wird, gibt es zum Einbau der Jugendlounge noch keine detaillierten<br />

Ausführungsüberlegungen.<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 4 -<br />

2. <strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong><br />

<strong>Mobile</strong> <strong>Bauten</strong> sind in irgendeiner Form transportabel. Damit liegt auch der konzeptionelle<br />

Schwerpunkt in den mobilen <strong>und</strong> <strong>modulare</strong>n Strukturen.<br />

<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> Strukturen unterscheiden sich folgendermaßen:<br />

<strong>Mobile</strong> Objekte werden als 'Ganzes' bewegt. Dabei kann die Transportvorrichtung entweder<br />

direkt am Gebäude installiert sein, oder der Bau wird mit speziellen Fahrzeugen<br />

beziehungsweise anderen Maschinen bewegt. Als bewegbare oder mobile Struktur zählt<br />

zum Beispiel der klassische Wohnwagen. Da die Gebäude eine feste Innenstruktur erhalten –<br />

je mobiler das Gebäude, desto fester ist diese Struktur – sind jene meistens für eine<br />

bestimmte Nutzung bzw. Aufgabe entworfen worden. Im Wesentlichen geht es darum,<br />

möglichst schnell von einem Ort zum anderen zu kommen <strong>und</strong> dort innerhalb kürzester Zeit<br />

einsatzbereit zu sein. Deshalb bleibt in der Regel keine Zeit für aufwendige F<strong>und</strong>amente oder<br />

Unterkonstruktionen. <strong>Mobile</strong> <strong>Bauten</strong> bringen demnach ihren 'eigenen Boden' mit <strong>und</strong><br />

stehen auf 'eigenen Füßen'.<br />

Zu den <strong>modulare</strong>n Strukturen zählen unter anderem Jurten, Zelte <strong>und</strong> Containerbauten. Der<br />

Unterschied zu den mobilen Objekten liegt darin, dass ein <strong>modulare</strong>s Gebäude für seinen<br />

Transport demontiert wird <strong>und</strong> an anderer Stelle wieder montiert wird.<br />

Modulare <strong>Bauten</strong> verfügen über besondere funktionale Anforderungen:<br />

Das Objekt sollte über eine 'einfache' Konstruktion verfügen, um den mehrfachen Auf- <strong>und</strong><br />

Abbau, welcher für den Transport notwendig ist, zu ermöglichen. Dabei dürfen die Teile<br />

nicht verschleißen <strong>und</strong> so sind Dauerhaftigkeit sowie Belastbarkeit weitere wichtige Kriterien<br />

im Rahmen des 'geplanten' Lebenszyklus. Denn in der Regel sind '<strong>modulare</strong> sowie mobile<br />

<strong>Bauten</strong>' gleichzeitig 'temporäre <strong>Bauten</strong>', das heißt sie sind nicht für die Ewigkeit gedacht <strong>und</strong><br />

kommen meist ohne aufwendige F<strong>und</strong>amente aus, sodass sie ohne Spuren verschwinden<br />

können. Hierbei werden vorwiegend leichte Materialien wie Stahl, Kunststoff, Holz <strong>und</strong><br />

Wellblech verwendet. Klassische Baustoffe wie Beton, Ziegel <strong>und</strong> Glas sind für diesen Zweck<br />

ungeeignet, da sie zu schwer sind.<br />

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<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 5 -<br />

3. Entwicklung<br />

3.1<br />

Anfänge der Vorfertigung im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Wann genau der Anfang der industriellen Vorfertigung von mobilen <strong>Bauten</strong> war, ist schwer<br />

zu sagen. Man kann aber davon ausgehen, dass der Ursprung der industriellen Vorfertigung,<br />

wenn man es so bezeichnen möchte, mit der industriellen Revolution Mitte des 18.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts in England verb<strong>und</strong>en ist. In England fanden vielfältige technische<br />

Entwicklungen statt, sei es im organisierten Abbau von Energieträgern <strong>und</strong> Rohstoffen, wie<br />

Eisenerz, Kohle oder in der Herstellung von Baumaterialien <strong>und</strong> Halbzeugen.<br />

Aber auch vor der industriellen Revolution fanden Überlegungen zu einem effizienteren<br />

Ablauf des Aufbaus von Häusern <strong>und</strong> ähnlichem statt. Der Entwurf einer mobilen <strong>und</strong><br />

temporären Unterkunft von Leonardo da Vinci für die Jagdausflüge des französischen<br />

Königshofs gehört dazu. Vermutlich ist es das erste mobile Holzfertighaus. Die<br />

Jagdunterkunft besteht aus einer großen Holzrahmen-Tafelbauweise, die durch Scharniere<br />

beweglich gehalten werden <strong>und</strong> erlaubt so einen schnellen Auf- <strong>und</strong> Abbau der<br />

Konstruktion.<br />

Abbildung 1: Holzpavillon um 1510<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 6 -<br />

3.1.1 Industrialisierung <strong>und</strong> Kolonialisierung<br />

Zu den neuen Entwicklungen während der industriellen Revolution erklärte der französische<br />

Schriftsteller Théophile Gautier im Jahre 1850 bereits:<br />

»Die Menschheit wird eine völlig neue Art von Architektur hervorbringen, sobald<br />

die von der Industrie neu geschaffenen Methoden angewandt werden. Die<br />

Verwendung von Eisen erlaubt, ja erzwingt viele neue Formen, die man bei<br />

Bahnhöfen, Hängebrücken <strong>und</strong> den Wölbungen von Treibhäusern sehen kann.«<br />

Einem Jahr nach dem eben erwähnten Zitat von Gautier entstand ein Gebäude dieser 'völlig<br />

neuen Art': Der Kristallpalast<br />

Joseph Paxton ist der Erfinder des Kristallpalastes, der für die erste Weltausstellung in<br />

London im Jahr 1851 gebaut wurde. Er wurde damit ein prägendes Objekt für nachfolgende<br />

Glasbauten in der Architektur.<br />

Da Paxton ursprünglich Gärtner war <strong>und</strong> Gewächshäuser konstruiert hatte, hatte er bereits<br />

Erfahrungen mit Bauweisen aus Eisen <strong>und</strong> Glas, sodass er schnell das Gr<strong>und</strong>prinzip des<br />

Kristallpalastes entwickelte. Der Kristallpalast basiert auf einem quadratischen Gr<strong>und</strong>modul<br />

von 24 Fuß (7,32 m). Die Gr<strong>und</strong>fläche bestand aus 77 x 17 Einheiten, welche im 1. <strong>und</strong> 2.<br />

Obergeschoss abgestuft wurden. Neben den<br />

technischen Neuerungen der industriellen<br />

Revolution machten die Fortschritte in der<br />

Eisenproduktion den Bau möglich. So konnte auf<br />

tragendes Mauerwerk verzichtet werden, weil die<br />

Konstruktion aus Eisenträgern es ermöglichte,<br />

Glasfenster zu verwenden. Der zur damaligen Zeit<br />

groß dimensionierte Bau konnte innerhalb von<br />

vier Monaten montiert werden. Für diesen<br />

wirtschaftlichen Aufbau plante Paxton „spezielle<br />

Montagewagen, die entlang des Dachs der<br />

Tragstruktur fuhren“ 1 .<br />

1 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1998, S. 17<br />

Abbildung 2: Kristallpalast 1851<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

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<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 7 -<br />

Der Kristallpalast wurde nach der Weltausstellung demontiert <strong>und</strong> konnte aufgr<strong>und</strong> seines<br />

<strong>modulare</strong>n Systems jederzeit an anderer Stelle wieder aufgebaut werden. Der Kristallpalast<br />

prägte die Nachfolgebauten <strong>und</strong> nimmt in der Architekturentwicklung eine wichtige Rolle<br />

ein.<br />

In der Entwicklung des industriellen Bauens entstand ein neuer<br />

Beruf – der Ingenieur. Die Tätigkeiten lagen nun nicht mehr<br />

komplett beim Architekten, sondern wurden auf zwei<br />

Berufsfelder verteilt. Während der industriellen Zeit<br />

entstanden neben dem Kristallpalast weitere bedeutende<br />

Ingenieurbautätigkeiten, wie im Jahre 1870 bei der errichteten<br />

Brooklynbridge in New York mit einer Spannweite von 500<br />

Metern. Auch der Eiffelturm in Paris mit einer Höhe von 300<br />

Metern <strong>und</strong> die Firth-of-Forth-Bridge aus genietetem Eisen in<br />

Edinburgh entstanden im Jahr 1889. Ferner wurden die ersten<br />

Hochhäuser aus einer Stahlkonstruktion in Chicago gegen Ende<br />

des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts errichtet.<br />

Neben den eben erwähnten Projekten des industriellen<br />

Bauens waren die Erfordernisse der „kolonialen<br />

Expansionspolitik der Weltmächte <strong>und</strong> die damit teilweise<br />

verb<strong>und</strong>enen militärischen Auseinandersetzungen“ 2 die<br />

bedeutsamsten <strong>und</strong> stärksten Antriebe für die Vorfertigung<br />

<strong>und</strong> Montage von Gebäuden in Holzbauweise in Europa.<br />

3.1.1.1 Militär<br />

Bei der 1807 geführten Schlacht in Königsberg kamen bei den Preußen zum ersten Mal<br />

Baracken zum Einsatz. Sie bestanden aus einfachen hölzernen Fachwerkkonstruktionen,<br />

jedoch ohne vorgefertigte Elemente.<br />

Die ersten vorgefertigten Lazarett-Baracken stammen von den Engländern <strong>und</strong> wurden<br />

während des Krimkrieges 1853-1856 aufgestellt. Der Zweck dahinter bestand darin<br />

transportable Krankenhäuser direkt auf dem Schlachtfeld zu haben.<br />

2 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1998, S. 19<br />

Abbildung 3:<br />

Brooklybridge, Eiffelturm,<br />

Firth-of-Forth-Bridge<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 8 -<br />

Die Engländer erhöhten die Qualität der Lazarett-Baracken, indem sie separate Bereiche für<br />

Infektionskranke errichteten. So entstanden zwei Gebäude, welche mit einem überdachten<br />

Gang verb<strong>und</strong>en wurden. Die Anzahl der Seuchenopfer könnte durch die getrennten<br />

Abschnitte stark reduziert werden, sodass dieser zum Standard von Krankenhäusern wurde –<br />

die sogenannten Gloucester-Baracken.<br />

Abbildung 4: Gloucester-Baracke 1854<br />

Auch während des amerikanischen Sezessionskrieg 1861-1865 waren transportable<br />

Lazaretten aufgr<strong>und</strong> der geringen Bevölkerungsdichte von großer Bedeutung. So wurden<br />

insgesamt 14 Lazarette mit 100.000 Plätzen geschaffen. Die Amerikaner bauten die<br />

Lazaretten in einer Rahmenfachwerkkonstruktion, eine vorgefertigte Holzbauweise, die als<br />

'Balloon Frame' bezichnet wurde.<br />

Deutschland verpasste die Lazarettentwicklung. Während des deutsch-französischen Krieges<br />

1870/71 mangelte es stark an medizinischer Versorgung. Es mussten schnell vorgefertigte<br />

Lazarett-Baracken hergestellt werden, die aufgr<strong>und</strong> des Zeitdrucks oft Fehler aufwiesen.<br />

Nach diesem Ereignis änderte man die Genfer Konvention, beschloss die Abschaffung der<br />

Lazarettzelte <strong>und</strong> forderte den Einsatz von vorgefertigten Lazarett-Baracken.<br />

Peter Norman Nissen, ein kanadischer Bergbauingenieur <strong>und</strong> Offizier, bekam 1916 von der<br />

britischen Regierung den Auftrag, eine Unterkunft für Soldaten zu entwickeln, die von vier<br />

Leuten binnen vier St<strong>und</strong>en errichtet werden konnte. Entstanden ist die sogenannte<br />

Nissenhütte – eine Wellblechbaracke mit halbr<strong>und</strong>em Dach, bestehend aus Fertigbauteilen.<br />

Nach dem zweiten Weltkrieg wurden die Nissenhütten zu einer schnell aufzubauenden<br />

sowie kostengünstigen Notunterkunft für Flüchtlinge <strong>und</strong> Vertriebene.<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 9 -<br />

Abbildung 5: Nissenhütte<br />

3.1.1.2 Koloniale Expansion<br />

Der Bedarf an Unterkünften während der kolonialen Expansion wuchs innerhalb kürzester<br />

Zeit extrem an. Auslöser dafür war „die Besiedlung neuer Kolonien, die Entdeckung von<br />

Gold- <strong>und</strong> Diamantenvorkommen <strong>und</strong> die Kriegsführung in fernen Ländern“ 3 . Die klassischen<br />

'schweren <strong>und</strong> festen' Bautechniken waren für die Anforderungen der schnell wachsenden<br />

Bevölkerungsgruppen ungeeignet. Ferner fehlten vorort Baumaterialien <strong>und</strong> geeignete<br />

Transportmittel, um ankommende Materialien per Schiff zu den Siedlungsorten im<br />

Landesinneren zu befördern. So mit waren viele Ankommende gezwungen in Zelten zu<br />

leben, die nur unzureichend vor Witterung <strong>und</strong> Diebstahl schützen. Deshalb erforderte der<br />

neue Haustypus folgende neue Schwerpunkte:<br />

Die Bauweise <strong>und</strong> deren Bauteile sollten leicht sein, um den Transport gegebenenfalls zu Fuß<br />

bewältigen zu können, denn ein Gedanke war, sein eigenes Zuhause per Schiff mitzubringen.<br />

Die Realität forderte demnach ein Haus, welches auseinander zu bauen war <strong>und</strong> zu einem<br />

'handlichen' Format zusammen gepackt werden konnte. Des weiteren sollte 'jedermann' in<br />

der Lage sein, dieses Haus ohne Vorkenntnisse in kurzer Zeit aufzubauen. Das heißt, es<br />

sollten auf Fachkräfte verzichtet werden <strong>und</strong> trotzdem ein schneller Bauprozess realisiert<br />

werden. Die Mobilität, das heißt das Haus zu demontieren <strong>und</strong> an anderer Stelle wieder<br />

aufzubauen, war für Soldaten <strong>und</strong> Goldgräber ein wichtiger Aspekt.<br />

3 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1998, S. 20<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

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<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 10 -<br />

In England bildeten sich Anfang des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts Unternehmen, die sich darauf<br />

konzentrierten, solche Haustypen zu fertigen. Ihre Auswahl von vorgefertigten Haustypen<br />

stellten sie in Katalogen vor. In den Anfängen bestanden diese Gebäudetypen aus Holz <strong>und</strong><br />

deren Herstellungsmethoden erforderten Handwerksarbeit. Mit der Industrialisierung setzte<br />

sich die Eisenproduktion dank seiner Vielfalt in den Verarbeitungsmethoden durch <strong>und</strong> die<br />

Bauteile konnten maschinell gefertigt werden.<br />

3.1.1.3 „The Manning Portable Colonial Cottage for Emigrants“<br />

Abbildung 6: The Manning Portable Colonial Cottage for Emigrants<br />

Als Beispiel für den vorgefertigten Holzbau zu Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>ert in England soll hier<br />

„The Manning Portable Colonial Cottage for Emigrants“ erwähnt werden. John Manning ist<br />

der Konstrukteur dieses Holzskelettbaus. Das Haus steht erhöht auf drei Fuß, das entspricht<br />

91,44 cm. Dieses Maß stimmt mit der Breite der Wandelemente überein. Das „Portable<br />

Cottage“ besteht aus zwei quadratischen Räumen von 12 Fuß pro Seite, die sich aus dem<br />

Gr<strong>und</strong>modul von drei Fuß ergeben. Das Haus von Manning verlangt ein F<strong>und</strong>ament <strong>und</strong> ist<br />

so an einem Ortspunkt geb<strong>und</strong>en. Die Abstände zwischen den Holzständern werden mit<br />

Wandelementen gefüllt, welche es in vier verschiedenen Variationen gab: Als einschaliges<br />

geschlossenes Element oder als Element bestehend aus einem Holzrahmen mit Füllungen,<br />

welche sich in eine verglaste Tür, in eine massive Innentür oder in ein Wandelement mit<br />

Fenster verwandeln ließen. „The Manning Portable Colonial Cottage for Emigrants“ konnte<br />

als temporäre Nutzung dienen oder über einen festen Standort verfügen. Je nach dem sah<br />

Manning eine wasserabweisende Plane als Dachhaut vor oder traditionelle Dachdeckungen<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 11 -<br />

wie Schindeln, Stroh- <strong>und</strong> Reetdeckungen. John Manning nahm all die Anforderungen in den<br />

neuen Haustyp auf. Demnach bestand das „Portable Cottage“ aus gleich großen<br />

Wandelementen (Länge, Breite, Dicke), womit er 'Zusammenbaufehler' ausschließen wollte.<br />

Die Montage konnte zügig von statten gehen, dank der einfach konstruierten Verbindungen.<br />

Und auch den Transport bedachte Manning bei der Planung des „Portable Cottage“. So war<br />

es möglich, die vorgefertigten Elemente des Hauses in einem Bündel zu komprimieren <strong>und</strong><br />

den Schifftransport zu ermöglichen. Ferner war keines der Element zu schwer <strong>und</strong> konnte<br />

gegebenenfalls zu Fuß zur Baustelle transportiert werden.<br />

John Mannings Konkurrenz versuchte, mit einem zweischaligen Wandaufbau in der<br />

Wirtschaft mitzuhalten, um dort die bei Manning vernachlässigte Wärmedämmung,<br />

unterzubringen.<br />

Neben den Wohngebäuden boten sich einige öffentliche Gebäude wie vorgefertigte Banken<br />

<strong>und</strong> Kirchen für diese Bauweise an.<br />

Bis zum Jahr 1841 verkaufte John Manning 33.000 Exemplare von „The Manning Portable<br />

Colonial Cottage for Emigrants“. Danach wanderten nur noch wenige nach Australien aus<br />

<strong>und</strong> der Hausverkauf reduzierte sich stark.<br />

3.1.1.4 Iron Cottages<br />

Abbildung 7: Iron Cottage, 1855 von C.D. Young<br />

Neben der Holzbauweise gab es Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts bedeutende Entwicklungen in<br />

der Vorfertigung von Eisen sowie die Erfindung des Wellblechs. Aus Gusseisen ließen sich<br />

strukturelle Bauteile herstellen, wie Fenster, Stützen, Bögen <strong>und</strong> Träger. Diese Verfahren<br />

wurde zuerst an Brückenbauten erprobt. Daraufhin entstanden verschiedene „Iron<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 12 -<br />

Cottages“. 1834 verkleidete S.W. Brooke die Außenseite des bekannte „Portable Cottage“<br />

mit Wellblech. Das Metall brachte neue gute Eigenschaften mit sich. Die Brandgefahr wurde<br />

verringert, Schutz der Diebstählen wurden vergrößert, das Blech weist wenig Gewicht auf,<br />

das Packvolumen ist gering <strong>und</strong> Wellblech kann als wasserabweisende Dacheindeckung<br />

genutzt werden.<br />

Ab 1849 exportierte England einen Großteil von Holz- <strong>und</strong> Metallgebäuden nach Amerika, da<br />

die Nachfrage an Wohn- <strong>und</strong> Lagergebäuden auf Gr<strong>und</strong> des amerikanischen Goldrauschs in<br />

Kalifornien sehr hoch war. In der damaligen Zeit entwickelte sich der einfache, schlichte<br />

Metallgebäudetypus: Der Gr<strong>und</strong>körper ist rechteckig, das Dach bildete eine Blechtonne, das<br />

Wellblech bekommt durch die Dachwölbung zusätzlich Stabilität <strong>und</strong> ist so in der Lage<br />

Wasser optimal abzuführen.<br />

„1851 stand die britische Industrie auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung, <strong>und</strong> Ingenieure<br />

<strong>und</strong> Herstellungsfirmen hatten überall in der Welt einen guten Ruf.“ 4<br />

Abbildung 8: Hemming's Patent improved portable House<br />

Nennenswert ist noch „Hemming's Patent improved portable Building Manufactory“. Im<br />

Gegensatz zu Manning wollte Hemming den Einwanderern neben Schutz mehr Komfort<br />

bieten <strong>und</strong> entwickelte eine Auswahl von größeren Häusern <strong>und</strong> sogar Villen. Der Charakter<br />

von Hemmings Häusern hat einen hohen Wiedererkennungswert. Fenster gab es nur in<br />

einem Format. Allerdings konnte der Glasanteil selbst bestimmt werden: geschosshoch,<br />

ganz- oder halbhoch mit Lamellen <strong>und</strong> Klappläden. Der Gr<strong>und</strong>körper war rechteckig <strong>und</strong><br />

4 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1998, S. 24<br />

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<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 13 -<br />

wurde mit flachen Satteldächern aus Metall geschlossen. 6.369 Hauspakete wurden 1853<br />

nach Australien verfrachtet. Nur ein Jahr danach waren es 30.329 Exemplare.<br />

„Gegen Ende der fünfziger Jahre wurde die Nachfrage nach transportablen Häusern<br />

geringer, da die Siedler endlich auch 'solide' Gebäude besitzen wollten <strong>und</strong> die Hersteller in<br />

Australien ebenfalls begonnen hatten, Häuser <strong>und</strong> andere Produkte aus Metall zu<br />

erzeugen.“ 5<br />

England konzentrierte sich von da an wieder auf ihre eigenen Bedürfnisse. Zum einem brach<br />

1853 der Krimkrieg aus, sodass Lazarett-Baracken <strong>und</strong> Soldatenunterkünfte notwendig<br />

waren, zum anderen gab es großen Bedarf an temporären <strong>Bauten</strong> wie Kirchen aus Stahl.<br />

3.2<br />

Vorfertigung von mobilen <strong>Bauten</strong> im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Die Entwicklungen von mobilen <strong>Bauten</strong> im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert lassen sich in drei Bereiche<br />

einordnen:<br />

3.2.1<br />

A 20er Jahre – Ende des 1. Weltkrieges bis zur Weltwirtschaftskrise<br />

B 1950-1975 – Ende des 2. Weltkrieges bis zur Baukrise 1974-1975<br />

C ab ca. 1995<br />

Die 20er Jahre<br />

Nachdem die Vorfertigung von mobilen <strong>Bauten</strong> Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts zurück gegangen<br />

war, gab es ab 1920 eine Neubesinnung auf industrielle Fertigungstechniken. Die<br />

Industrialisierung sollte nun hauptsächlich dem Hausbau zugewendet werden. Neben den<br />

üblichen technischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Aspekten sollte der künstlerische Aspekt als neue<br />

Herausforderung hinzu kommen.<br />

3.2.1.1 Walter Gropius <strong>und</strong> die Idee eine industriellen Versuchssiedlung<br />

Im Jahr 1919 gründete der Architekt Walter Gropius das 'Staatliche Bauhaus in Weimar' als<br />

Kunstgewerbeschule. Der Direktor Gropius realisierte seine Ideen indem er sich wohl sich<br />

sowohl theoretisch als auch praktisch mit dem Thema der 'Industriellen<br />

Versuchshäuser/siedlungen' beschäftigte. Er sah seine Aufgabe darin, Konstruktions-<br />

elemente für Wohnhäuser in Fabriken auf Vorrat herzustellen. Das Wabenhaus von 1923 ist<br />

5 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1998, S. 25<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 14 -<br />

das erste Versuchshaus während der Bauhauszeit. Gropius Konzept bestand aus einem<br />

Gr<strong>und</strong>modul als Raumzelle, welche die wesentlichen Raumkategorien eines Hauses<br />

abdecken. Zusätzliche Module waren für weiteren Luxus vorhanden. Für dieses Projekt<br />

wurde der zur damaligen Zeit fortschrittliche <strong>und</strong> kostengünstige Ortbeton verwendet. Im<br />

Gegensatz zu den Baustoffen traditioneller Mauern, war die Verarbeitung von Ortbeton mit<br />

weniger Zeit- <strong>und</strong> Arbeitsaufwand verb<strong>und</strong>en. Jedoch brachten die notwendigen Schalungen<br />

Probleme mit sich. Stahlschalungen wurde auf Gr<strong>und</strong> ihrer hohen Stabilität <strong>und</strong> Größe<br />

bevorzugt, waren allerdings schwer zu handhaben. Denn zu dieser Zeit gab es noch keine<br />

Kräne, wie wir sie heute kennen. Holzschalungen konnten aufgr<strong>und</strong> ihrer mangelnden<br />

Stabilität meist nicht geschosshoch verwendet werden.<br />

Der 'Baukasten im Großen' ist eine Weiterentwicklung von Walter Gropius <strong>und</strong> Fred Forbat,<br />

ein Architekt aus Ungarn. Sie bestanden aus unterschiedlichen 'Einzel-Raumkörpern', die je<br />

nach „Kopfzahl <strong>und</strong> Bedürfnis der Bewohner“ 6 zu 'Wohnmaschinen', wie Gropius sie nannte,<br />

zusammengefügt wurden.<br />

Die Einzel-Raumkörper des Wabenhauses <strong>und</strong> die Erweiterung 'Baukasten im Großen'<br />

bewiesen sich jedoch als nicht wirtschaftlich, da die Elemente für einen effektiven Transport<br />

zu schwer <strong>und</strong> die Schalung aufgr<strong>und</strong> der eben erwähnten Probleme sehr aufwendig waren.<br />

Abbildung 9: Baukasten im Großen von Walter<br />

Gropius, 1923<br />

6 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1998, S. 28<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 15 -<br />

3.2.1.2 Versuchssiedlung in Dessau-Törten<br />

Ein weiteres Projekt von Gropius war die<br />

Siedlung Dessau-Törten mit 216<br />

Wohnhäusern. Das Bebauungsgebiet befand<br />

sich direkt neben den Unterrichtsräumen des<br />

dort hin gezogenen Bauhauses. Kernpunkt<br />

dieser Versuchssiedlung, welche 1926 - 1928<br />

entstand, war die kostengünstige <strong>und</strong> damit<br />

verb<strong>und</strong>ene schnelle Verwirklichung. Gropius<br />

organisierte einen strukturellen Ablauf der<br />

Baustellenarbeit, um so die Effizienz des<br />

Zeilenbaus im Wohngebiet Dessau-Törten<br />

steigern zu können. Ferner wurden<br />

standardisierte Baumaterialien vorfabriziert.<br />

Die Betonhohlsteine wurden allerdings Vorort<br />

hergestellt. Da Sand <strong>und</strong> Kies in Mengen<br />

vorhanden waren, konnten so<br />

Transportkosten eingespart werden. Das<br />

Tempo der Hand- <strong>und</strong> Maschinenarbeit<br />

wurde aufeinander abgestimmt <strong>und</strong> Gropius<br />

erstellte einen detaillierten Arbeits- <strong>und</strong><br />

Zeitplan. Aber auch hier musste sich Walter<br />

Gropius eingestehen, das die 216<br />

Wohneinheiten nicht ausreichten um<br />

wirtschaftlich zu arbeiten. Der Ablauf wies<br />

noch zu viele Lücken auf. Während der<br />

Bauzeit mussten die Konstruktionen<br />

vereinfacht werden, da das Konzept zu viele<br />

einzelne Elemente vorgesehen hatte, wobei<br />

es den Aspekt seriell wirtschaftlich zu<br />

produzieren nicht erfüllte.<br />

Abbildung 10:<br />

Dessau-Törten, Kleinring 42<br />

Abbildung 11:<br />

Dessau-Törten, Mittelring 38<br />

Abbildung 12:<br />

Dessau-Törten, Am Dreieck<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 16 -<br />

3.2.2<br />

Notunterkünfte während des 2. Weltkrieges<br />

Während des 2. Weltkrieges 1939-1945 war wieder ein großer Bedarf an Unterkünften für<br />

Soldaten, Verw<strong>und</strong>ete, Flüchtlinge <strong>und</strong> 'Ausgebombte'. Der Schwerpunkt lag hierbei wieder<br />

auf der schnellen Massenproduktion <strong>und</strong> es wurde wenig auf Ästhetik geachtet.<br />

3.2.2.1 Jean Prouvé<br />

Der Franzose Jean Prouvé war nicht nur Architekt, sondern auch gelernter Kunstschmied,<br />

Ingenieur, Konstrukteur <strong>und</strong> Unternehmer. Er führte eine Fabrik namens Maxéville. Dort<br />

konnte Prouvé seine Ideen in Zusammenarbeit mit den Angestellten direkt in die Praxis<br />

umsetzen. In seiner Laufbahn erprobte er insbesondere das Material Stahl in handwerklicher<br />

<strong>und</strong> industrieller Hinsicht. Prouvés Fabrik war stets mit den neusten Maschinen ausgestattet,<br />

um die Verarbeitung von Metall in allen Formen, sprich Profilieren, Biegen, R<strong>und</strong>en<br />

auszuführen. Seine Projekte durften trotz industrieller Produktion nicht an ästhetische<br />

Werten verlieren. Ferner gestaltete der Konstrukteur auch Möbel.<br />

Während der Kriegszeit 1939 entwarf das Atelier Jean Prouvés auch Militärbaracken <strong>und</strong><br />

Notunterkünfte.<br />

Der Architekt Prouvé bekam 1939 den Auftrag von der Armee 400 Unterkunftsbaracken zu<br />

bauen. Anforderungen waren 3 x 3 m Einheiten, die in Serie gefertigt werden konnten <strong>und</strong><br />

die innerhalb einer St<strong>und</strong>e von drei Männern zu montieren waren. Daraus entwickelten sich<br />

zwei weitere Aspekte: Die Konstruktion sollte möglichst leicht sein <strong>und</strong> die Baracken sollten<br />

an anderen Stelle wieder aufzubauen sein. Sie sollten also demontage- <strong>und</strong> montagefähig<br />

sein.<br />

Für die Kriegsgeschädigten in Lothringen 1944 wurden 800 Notunterkünfte gebaut. Der<br />

Aufbau dieser Leichtkonstruktion aus geformten Stahlblech in Verbindung mit Holz sollte<br />

innerhalb eines Tages von vier Männern bewältigt<br />

werden können.<br />

„Prouvé hat auch einige Metallhäuser<br />

entwickelt <strong>und</strong> gebaut.“ 7 Die sogenannten<br />

'Häuser von Meudon' wurden unterschiedlich<br />

genutzt,<br />

7 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1998, S. 47<br />

Abbildung 13: Haus im Park von Meudon<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 17 -<br />

zum Beispiel als Ferienhaus, Tropenhaus <strong>und</strong> Notunterkunft.<br />

Prouvé gestaltete sie alle auf dem gleichen Konstruktionsprinzip – der<br />

Protalrahmenkonstruktion. Der Aufbau erfolgte in 5 Schritten:<br />

1. Plattform für den Boden auf Betonf<strong>und</strong>amenten<br />

2. Mittig auf der Plattform zwei Portalstützen, die durch<br />

einen Balken verb<strong>und</strong>en werden<br />

3. Dachfirst am Mittelbalken befestigt<br />

4. Flacher Giebel, welcher rechtwinklig mit dem First verb<strong>und</strong>en ist, auf die<br />

Wandelemente aufgelegt → Stabilität<br />

5. Verlegen der Dachplatten<br />

Der Architekt strebte damit nach einem einfachen Konstruktionsschema, dass ohne<br />

Maschinen <strong>und</strong> ohne Gerüst zu realisieren sein sollte <strong>und</strong> dies innerhalb kurzer Zeit.<br />

1949 entwickelte Prouvé die Meudon-Häuser weiter zu Tropenhäuser <strong>und</strong> 1967-69 baute er<br />

eine Reihe von Einfamilienhäusern auf die in der vorliegender Hausarbeit nicht weiter<br />

eingegangen wird.<br />

Abbildung 14: Montageablauf einer<br />

Portalrahmenkonstruktion<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 18 -<br />

3.2.3<br />

Wohnungsbauten nach dem Ende des 2. Weltkrieges 1950-1970<br />

Nach dem zweitem Weltkrieg setzte die zweite Welle der Vorfertigung im Wohnungsbau ein.<br />

In den 50er Jahren entstanden große Siedlungsprojekte. Auslöser war die Wohnungsnot<br />

nach dem Krieg, sodass kostengünstige Häuser in kurzer Zeit entstehen mussten.<br />

3.2.3.1 General-Panel-System<br />

Konrad Wachsmann, ein deutscher Architekt <strong>und</strong> Ingenieur, wanderte 1941 in die USA aus,<br />

weil er wegen seiner jüdischen Abstammung von den Nationalsozialisten verfolgt wurde.<br />

Noch im selben Jahr beschloss er in Zusammenarbeit mit Walter Gropius ein „System der<br />

Baukonstruktion im Sinne industrieller Forderungen zu entwickeln.“ 8 Vor der Flucht<br />

beschäftigte sich Wachsmann bereits mit <strong>modulare</strong>n Strukturen, welche Gr<strong>und</strong>lage für das<br />

sogenannte 'General-Panel-System' wurden. Der Entwicklungsprozess des General-Panel-<br />

Systems dauerte mit sechs Jahre sehr lange, weil die zwei Architekten Gropius <strong>und</strong><br />

Wachsmann danach strebten, die selbst gesetzten strenge Zielvorgaben bestmöglich<br />

umzusetzen. Ziel war nicht einen bestimmten Haustypus zu entwerfen, sondern<br />

Fertigbauelemente zu entwickeln, welche ohne Vorkenntnisse der Arbeiter <strong>und</strong> ohne<br />

besondere Werkzeuge bzw. Maschinen auf der Baustelle montiert werden konnten.<br />

Wachsmann wollte einen Wendepunkt im Bauen herbeiführen. In den Staaten hatten die<br />

beiden Architekten beste Voraussetzungen ihr Konzept zu entwickeln, da sie eine<br />

Produktionsfirma namens General Panel betrieben. Bevor diese Entwicklung zu ihrem<br />

Namen 'General-Panel-System' gelangte, nannte Joseph Hudnut, ein Dekan der Harvard<br />

University, die Entwicklung 'Packaged House'. Bei der Entwicklung des konstruktiven<br />

Systems berücksichtigte Wachsmann alle möglichen Einflüsse <strong>und</strong> nahm eine Reihe von<br />

Untersuchungen an der 'Modularen Koordination' vor:<br />

– Materialmodul:<br />

Verwendung von Materialien, die auf dem Markt ausreichend zur Verfügung<br />

stehen<br />

– Leistungsmodul:<br />

Überprüfung der Holzqualität hinsichtlich ihrer Beanspruchung<br />

– Bewegungsmodul:<br />

8 Wachsmann, K., Wendepunkt im Bauen, Wiesbaden 1959, Stuttgart 1989, S. 140<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

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<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 19 -<br />

Koordination der Transports zu <strong>und</strong> auf der Baustelle<br />

– Geometriemodul:<br />

Übereinstimmung der Geometrie mit dem Anschlusspunkt<br />

– Konstruktionsmodul:<br />

Ausübung der Konstruktion auf die statistische Funktion<br />

– Elementmodul:<br />

Ausführung der einzelnen Elemente, wie Tür-, Fenster-, Decken-, Wandelement<br />

– Verbindungsmodul:<br />

Ausführung des Verbindungsstücks, sodass nur ein Typus notwendig ist<br />

– Einrichtungsmodul:<br />

Einfügung der Mobilisierung in die Entwicklung<br />

Nach der Auswertung dieser einzelnen Module kam Wachsmann<br />

zu dem Schluss, dass die Baustruktur universell sein muss, das<br />

heißt es sollte über eine Standardverbindung <strong>und</strong> einem<br />

Standardprofil verfügen. Die Planung fand auf einem 1 x 1 m<br />

Raster statt, wobei Wachsmann <strong>und</strong> Gropius den Entschluss<br />

Fassten, das Gr<strong>und</strong>modul mit 1 x 3 m zu gestalten, sodass ein<br />

Abbildung 15:<br />

Kubus mit einer Kantenlänge von 3 m entsteht. Die DimensionStandardverbindung:<br />

Knoten aus Metall<br />

ergab sich auf der Gr<strong>und</strong>lage dieser Untersuchungen <strong>und</strong> war<br />

abhängig von Statik, Gewicht <strong>und</strong> Transport. „Das Randprofil der flächigen Bauteile ist eine<br />

kraftschlüssige Verbindung aus gestanzten Hakenverschlüssen als standardisiertes<br />

Verbindungsmittel.“ 9 Mit diesem Gr<strong>und</strong>modul lassen sich vielfältige Gr<strong>und</strong>risse gestalten,<br />

jedoch nicht mehr als 2 Geschosse.<br />

Anfangs, als sich die Entwicklung 1942-1943 noch 'Packaged House' nannte, wurden die<br />

Bauteile manuell gefertigt. Aber Wachsmanns zielte auf vollautomatisierte<br />

Produktionsabläufe hin, die er stetig bearbeitete. Er konstruierte, erprobte <strong>und</strong> verbesserte<br />

kontinuierlich die Herstellungsmethoden, entwickelte für jeden Produktionsschritt eine<br />

Maschine, wie zum Beispiel eine Maschine für die Herstellung von Verbindungsschlitzen<br />

oder eine automatische Spritzanlage. 1947 war die Produktionshalle in Burbank / Kalifornien<br />

9 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1998, S. 53<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 20 -<br />

fertig gestellt. Innerhalb von nur zwei St<strong>und</strong>en wurden Elemente für ein komplettes Haus<br />

produziert. Die Firma General Panel verfügte über einen sonderangefertigten Lastwagen, der<br />

ein komplettes Haus von ca. 100 m² einschließlich der Einrichtungen für Bad, Küche <strong>und</strong><br />

Wohnzimmer im Umkreis von 500 km transportierte. Der Aufbau konnte in fünf St<strong>und</strong>en mit<br />

Arbeitern ohne Vorkenntnisse erfolgen. Für die Montage war lediglich ein Hammer<br />

notwendig, denn die Elemente richteten sich gegenseitig von selbst aus.<br />

Abbildung 16: Der Speziallastwagen<br />

Dennoch wurde das 'General-Panel-System' von den potenziellen Bauherren nicht<br />

angenommen, sodass nur ca. 200 Einheiten produziert wurden. Wirtschaftlich gesehen, ist<br />

das eine zu geringe Anzahl in Hinsicht auf den über Jahre aufwendig gestalteten<br />

Entwicklungs- <strong>und</strong> dem vollständig automatisierten Herstellungsprozess. Warum sich das<br />

'Packaged-House-System' trotz der Wirtschaftlichkeit, also der vollautomatisierten<br />

Produktionshalle, des spezialisierten Transports <strong>und</strong> der einfachen <strong>und</strong> schnellen Montage<br />

nicht durchsetzte, ist fraglich. Diese Eigenschaften gaben den Bauherren großen Spielraum<br />

mit den Gr<strong>und</strong>rissen. Vielleicht fehlten den Bauherren die gestalterische Kreativität in der<br />

Zusammensetzung der Gr<strong>und</strong>risse, die ja frei<br />

bestimmt werden konnten. Wachsmann bot<br />

nur wenige unterschiedliche Gestaltungs-<br />

elemente an, was dem einen oder anderen<br />

eventuell zu unpersönlich war. Ferner<br />

mangelte es an der Vermarktung, der mit<br />

den zum Beispiel möglichen Gr<strong>und</strong>risstypen<br />

zu wenig Beachtung geschenkt wurde.<br />

Abbildung 17: Ein General-Panel-Haus<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 21 -<br />

3.2.3.2 MAN-Stahlhaus<br />

Nach dem Krieg brauchte die Industrie<br />

neue Aufgaben. So wurden Rüstungs-<br />

betriebe, die einst Kriegsmaschinen<br />

herstellten, für den Wohnungsbau<br />

umgerüstet. Die MAN-Werke sind ein<br />

Beispiel dafür. Um 1948 fertigten sie<br />

bereits erste Stahlhäuser. Die Werke<br />

produzierten in Augsburg <strong>und</strong><br />

Gustavsburg. Um die 300 MAN-Häuser<br />

wurden in Stahltafelbauweise<br />

hergestellt.<br />

Die Stahlhäuser bestehen aus einzelnen Modulen <strong>und</strong> werden auf der Baustelle zusammen<br />

gefügt. Die rechteckigen Außenwandplatten bestanden aus 1 mm starken Stahlblech <strong>und</strong><br />

hatten eine Dimension von 1 x 2,51 m. Bevor die Innenwand mit Hartfaser- oder<br />

Sperrholzplatten verkleidet wurden, verlegte man Glaswollmatten. Die Stahlplatten wurden<br />

hochkant aneinander gereiht. Die Dachkonstruktion wurde aus standardisierten<br />

Fachwerkträgern mit 8 m Länge gebildet, sodass eine Gebäudetiefe von 8 m für MAN-<br />

Stahlhäuser entstand. Möglich waren vier Gr<strong>und</strong>rissdimensionen: 8 x8 m, 8 x 10 m, 8 x 13 m<br />

<strong>und</strong> 8 x 16 m. Der Fußboden, bestehend aus Nut- <strong>und</strong> Federbohlen, wurden auf der<br />

<strong>modulare</strong>n Stahlrahmenkonstruktion montiert. Gedämmt wurde ebenfalls mit<br />

Glaswollmatten. Die MAN-Stahlhäuser bewiesen sich in der damaligen Zeit als qualitativ<br />

hochwertig. „Aufgr<strong>und</strong> der guten Wärmedämmung, der feuerverzinkten Bauteile <strong>und</strong> der<br />

eingebrannten Anstriche kam es kaum zu Korrosion- <strong>und</strong> Kondensationsproblemen.“ 10<br />

Als weitere Metallhäuser nach 1945<br />

sollen hier das Dornier-Heim <strong>und</strong><br />

Dornier-Wohnzeug, das Lustron-Haus<br />

sowie die Export- <strong>und</strong> Versuchssiedlung<br />

'Das Fertighaus' in Stuttgart erwähnt<br />

werden.<br />

10 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1998, S. 71<br />

Abbildung 18: MAN-Stahlhaus aus d. Verkaufsprospekt<br />

Abbildung 19: MAN-Stahlhaus Prototyp<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 22 -<br />

3.2.4<br />

Entwicklungen 1950-1970: Raumzellen aus Kunststoff<br />

Faserverstärkte Kunststoffe besitzen gegenüber den klassischen Baustoffen wie Stein, Holz<br />

<strong>und</strong> Metall besondere Werkstoffeigenschaften. Im Gegensatz zu Luft- <strong>und</strong> Raumfahrttechnik<br />

sowie Maschinen- <strong>und</strong> Anlagenbau hat sich Kunststoff im kompletten Bauwesen nicht<br />

durchsetzen können. Nur vereinzelt, wie zum Beispiel bei Kunststofffenstern findet dieser<br />

Werkstoff in Häusern platz. Jedoch erfuhr faserverstärkter Kunststoff in den 50 er Jahren<br />

eine dynamische Entwicklung. Aber bereits in den 70er Jahren war die Idee der industriellen<br />

Fertigung von Wohneinheiten aus Kunststoff kein Thema mehr <strong>und</strong> die Architektur wandte<br />

sich anderen „konstruktiven Themen wie dem Bauen mit Glas oder textilen Membranen<br />

zu“ 11 .<br />

Im Bauwesen wurden vor allem glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) eingesetzt, da dieser<br />

besonders gute Eigenschaften mit sich bringt:<br />

GFK ist ein leichter Baustoff <strong>und</strong> verfügt trotzdem über eine hohe Festigkeit. Es ist<br />

witterungs- <strong>und</strong> korrosionsbeständig <strong>und</strong> kann durch bestimmte Zusätze anderen<br />

Anforderungen wie UV-Beständigkeit nachkommen. Außerdem sind nahezu alle Formen mit<br />

GFK möglich.<br />

Die Vielfältigkeit von Polymerwerkstoffen wurde in den 70er Jahren zahlreich ausprobiert.<br />

Häuser mit außergewöhnlichen Formen entstanden von denen viele sehr futuristisch<br />

wirkten. Um die Öffentlichkeit damit mehr vertraut zu machen, gab es 1971 die erste<br />

internationale Kunststoffausstellung in Lüdenscheid unter dem Namen 'Leben <strong>und</strong> Wohnen<br />

mit Kunststoffen'. „Sie stellt gleichzeitig den Höhepunkt <strong>und</strong> auch das Ende der<br />

Kunststoffhausentwicklung in Europa dar.“ 12 Man erkannte bereits die Probleme Häuser<br />

ganz aus Kunststoff zu fertigen. Ein Thema, welches in der Öffentlichkeit stark diskutiert<br />

wurde, war die Umweltverschmutzung. Des weiteren erhielt kaum ein Kunststoffhaus eine<br />

bauaufsichtliche Zulassung. Auf der Ausstellung wurden unter anderem das Orion, das<br />

Futuro, das Rondo, das Algeco-Raumzellensystem <strong>und</strong> das fg2000 präsentiert von denen drei<br />

im folgenden näher erläutert werden. Zuvor möchte ich aber Genaueres über das Monsanto-<br />

Haus sagen.<br />

11 Prof. Dr.-Ing. Jan Knippers, Möglichkeiten der Gestaltung mit Glasfaserverstärkten Kunststoffen, S. 4<br />

12 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1998, S. 121<br />

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<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 23 -<br />

3.2.4.1 Monsanto-Haus<br />

Das Monsanto-Haus wurde 1975 in Walt Disney World eröffnet. Dieses Projekt ist „ein<br />

ernstzunehmender fortschrittlicher Prototyp“ 13 , das komplett aus glasfaserverstärktem<br />

Kunststoff gemacht ist. Das Monsanto-Haus besteht aus einem festen Installationskern.<br />

Sternförmig sind einzelne Zellen an den Kern angehängt. Sie dienen den verschiedenen<br />

Bereichen beim Wohnen. Die vertikalen Flächen der einzelnen Zellen, welche zu den jeweils<br />

andren Zellen zeigen, sind reine Glasfassaden mit Unterteilungen in vertikaler <strong>und</strong><br />

horizontaler Richtung. Da ausschließlich GFK verwendet wurde, sind freie <strong>und</strong> gewölbte<br />

Formen möglich. Beim Entwurf machte sich der Planer genaue Überlegungen zum Transport.<br />

Das Monsanto-Haus war für die Serienfertigung gedacht, es lässt sich in Einzelzellen zerlegen<br />

<strong>und</strong> die Montage ist einfach zu handhaben. Allerdings blieb es bei der einmaligen<br />

Herstellung 1957.<br />

Abbildung 20: Monsanto: 'House of the Future'<br />

13 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1998, S. 118<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 24 -<br />

3.2.4.2 Futuro<br />

Abbildung 21: Futuro Abbildung 22: Innenausstattung<br />

Das Futuro wurde 1968 von M. Suuronen <strong>und</strong> J. Ronkka aus Finnland entworfen. Bereits der<br />

Name 'Futuro' verrät den Charakter des Gebäudes. Das 50m² große R<strong>und</strong>haus steht auf<br />

einem Metallgerüst, hat einen Durchmesser von 8 m, eine Höhe von 4 m <strong>und</strong> seine Körper<br />

ist ellipsoid. Der Ellipsoid wurden aus 16 Elementen gefertigt. Innen <strong>und</strong> außen bestanden<br />

sie jeweils aus einer 2,5 mm starken GUP-Deckschicht (Glasfaser-Polyester-Kunststoffe) mit<br />

einer 40 mm starken Kernlage aus PUR-Hartschaum (Polyurethan). Die Fenster nahmen<br />

wieder die Form des Ellipsoid auf <strong>und</strong> wurden aus Polycarbonat hergestellt. Eine<br />

zufriedenstellende Nutzung des Gr<strong>und</strong>risses war jedoch nicht möglich.<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

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<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 25 -<br />

3.2.4.3 Rondo<br />

Abbildung 23: Rondo<br />

Das Rondo wurden von den Architekten Casoni & Casoni in Basel entworfen. Das Objekt<br />

besteht aus einem kreisförmig angelegten Gr<strong>und</strong>riss mit einem Durchmesser von 7,8 m <strong>und</strong><br />

eine Höhe von 3,8 m. Auch das Rondo steht auf einem Metallgerüst, sodass die Eingangstür<br />

über eine Wendeltreppe erreichbar ist. Das Gebäude mit seiner Innenausstattung aus Bänke,<br />

Liegen, Tische wurde aus einem Stück GUP geformt <strong>und</strong> ermöglichte so eine gute Nutzung<br />

des Gr<strong>und</strong>risses. Das Rondo wurde mehrmals von A nach B transportiert <strong>und</strong> der Auf- <strong>und</strong><br />

Abbau ging problemlos von statten.<br />

Abbildung 24: Rondo Gr<strong>und</strong>riss<br />

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<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 26 -<br />

3.2.4.4 Algeco-System<br />

Das Algeco-System zählt zu den Raumzellensystemen, das einen anderen Schwerpunkt auf<br />

der internationalen Kunststoffhausausstellung verfolgte. Zweck solcher Raumzellensysteme<br />

war die mögliche Erweiterung von Raumzellen, weshalb auf einem einfachen Transport stark<br />

geachtet wurde. So bestand das Algeco-System aus einer Raumkörper an dessen Seiten mit<br />

weiteren Raumzellen angedockt werden konnte. Um die Flexibilität, also die Erweiterung der<br />

einzelnen Zellen zu realisieren, musste jede Zelle zu jeder Seite über eine große Öffnung<br />

verfügen, die aber Bedarfsweise geschlossen werden konnte. Die Dimension einer Raumzelle<br />

betrug 3,75 x 2,40 x 2,40 m.<br />

3.2.6<br />

Ab 1995<br />

Seit Mitte der 90er Jahre gibt es ein erneutes<br />

Interesse in der Gesellschaft bezüglich industriell<br />

vorgefertigtes Bauen. Während des 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts war der Schwerpunkt auf<br />

zusammensetzbare Systeme aus Stützen <strong>und</strong><br />

Tafeln sowie auf den Plattensystem gelegt<br />

worden. Nun kommen verstärkt die<br />

Raummodulsysteme, wie EXPO-Kioske, zur<br />

Anwendung.<br />

Abbildung 25: Algeco-System<br />

Abbildung 26: Expo Kiosk<br />

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Praxisarbeit 5. Semester


<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 27 -<br />

5.<br />

Fazit<br />

Die Entwicklungsphasen von vorgefertigten mobilen <strong>Bauten</strong> wurden durch die politischen<br />

<strong>und</strong> wirtschaftlichen Gegebenheiten stark beeinflusst. Nach dem 1. <strong>und</strong> 2. Weltkrieg<br />

erzwang die Wohnungsnot schnelle Entwicklungen im seriell vorgefertigten Wohnungsbau.<br />

Erst als der Wohnraummangel vorüber war, konnten sich Architekten auf andere<br />

Wohnprojekte, wie die Kunststoffhäuser konzentrieren. Die Entwicklungen auf diesem<br />

Gebiet gehen weiter, jedoch ändern sich mit der Zeit auch die Anforderungen. Heute spielen<br />

Umwelt <strong>und</strong> technische Weiterentwicklungen eine bedeutende Rolle.<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

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<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 28 -<br />

6.<br />

Literatur<br />

Quellenverzeichnis<br />

– Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1998<br />

– Wachsmann, K., Wendepunkt im Bauen, Wiesbaden 1959, Stuttgart 1989<br />

– Prof. Dr.-Ing. Jan Knippers, Möglichkeiten der Gestaltung mit Glasfaserverstärkten<br />

Internet<br />

Kunststoffen: Farbe Licht <strong>und</strong> Transparenz, Universität Stuttgart 2005<br />

– www.wikipedia.de<br />

– http://www.kaivanessen.de/Architektur/Expo_Kiosk/kiosk.jpg<br />

– http://www.bauhausstadt.de/index.html<br />

– http://www.axxio.net/waxman/content/index.htm<br />

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<strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> <strong>modulare</strong> <strong>Bauten</strong> - 29 -<br />

7. Abbildungsverzeichnis<br />

– Abb. 1 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-<br />

Anstalt 1998, S. 16<br />

– Abb. 2 http://www.pictokon.net/bilder/08-bilder/bilder-19-jahrh<strong>und</strong>ert-<br />

1851-05-01-eroffnung-der-londoner-weltausstellung-bild-london-<br />

kristallpalast.jpg<br />

– Abb. 3-9 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-<br />

Anstalt 1998, S. 19-28<br />

– Abb. 10-12 http://www.bauhausstadt.de/index.html<br />

– Abb. 13-14 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-<br />

Anstalt 1998, S. 47<br />

– Abb. 15 http://www.axxio.net/waxman/content/index.htm<br />

– Abb. 16 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-<br />

Anstalt 1998, S. 55<br />

– Abb. 17 http://www.axxio.net/waxman/content/index.htm<br />

– Abb. 18-19 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-<br />

Anstalt 1998, S. 67-69<br />

– Abb. 20 http://www.chip.de/ii/175887713_fbcce83ba9.jpg<br />

– Abb. 21-22 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-<br />

Anstalt 1998, S. 123<br />

– Abb. 23 http://www.casoni.ch/pic/rondo21.jpg<br />

– Abb. 24-25 Matthias Ludwig, <strong>Mobile</strong> Architektur, Stuttgart: Deutsche Verlags-<br />

Anstalt 1998, S. 125-126<br />

– Abb. 26 http://www.kaivanessen.de/Architektur/Expo_Kiosk/kiosk.jpg<br />

Nina Schoel Matr.-Nr.: 20718 Bauen Im Bestand stand<br />

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