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Aus der Geschichte der Uplandbahn: 90-jähriges ... - Willingen

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Außerdem konnte man jeden Montagmorgen ca. 100 bis 120 Handelsleute auf dem<br />

Bahnsteig antreffen, die mit dem Zug ins Ruhrgebiet, ins Lipper- und Münsterland<br />

reisten, um ihre Waren zu verkaufen. Auffallend waren die blauen Leinenkittel mit<br />

weißer Stickerei, die sie trugen und die weißen Leinensäcke, in denen die Waren,<br />

hauptsächlich Leinen und Fasskranen, transportiert wurden. Die „Linnenkerle“<br />

machten das Upland über seine Grenzen hinaus bekannt und so waren die ersten<br />

Gäste, die <strong>Willingen</strong> besuchten, Geschäftspartner <strong>der</strong> Linnenkerle.<br />

Anfangs verkehrte nur eine kleine Zahl von Zügen, morgens und abends je einer in<br />

jede Richtung. Nachmittags konnte man einen Güterzug nach Korbach benutzen, an<br />

den ein Personenwagen angehängt war. Diese Fahrt dauerte damals über zwei<br />

Stunden, heute erreicht man Korbach in gerade mal 23 Minuten.<br />

Der Fremdenverkehr spielte 1917 nur eine untergeordnete Rolle, denn <strong>der</strong> Erste<br />

Weltkrieg hatte die Entwicklung in diesem Bereich aufgehalten. Im Jahre 1910 gab<br />

es etwa 60 Gästebetten in <strong>Willingen</strong>, die sich auf zwei Gasthöfe und ein Hotel<br />

aufteilten und man bezifferte die Gästeankünfte auf ca. 300 im Jahr. In den darauf<br />

folgenden Wintern wurde <strong>Willingen</strong> vor allem von Skisportlern besucht, die aus <strong>der</strong><br />

näheren Umgebung, aber auch aus dem Ruhrgebiet anreisten. An Sonntagen zählte<br />

man ca. 500 Gäste im Ort, die damals noch mit Pferdeschlitten vom Bahnhof in<br />

Brilon Wald abgeholt wurden.<br />

Für den Tourismus sollte die Bahnstrecke erst mit dem wirtschaftlichen Aufschwung<br />

nach <strong>der</strong> Währungsreform 1923 wichtig werden. Als Mitte <strong>der</strong> 1920er Jahre die<br />

ersten Son<strong>der</strong>züge mit Wintersportlern <strong>Willingen</strong> anfuhren, verlangte die<br />

Eisenbahnverwaltung Garantiesummen von den Uplän<strong>der</strong> Gastwirten, obgleich sich<br />

schnell herausstellte, dass dies nicht nötig war. 1938 entstanden die ersten direkten<br />

Eilzugverbindungen via <strong>Willingen</strong> von Amsterdam nach Bad Wildungen und von<br />

Frankfurt nach Bremen und erschlossen auf diese Weise das Upland noch stärker<br />

dem Fremdenverkehr.<br />

Ein schwarzer Tag für <strong>Willingen</strong><br />

Im 2. Weltkrieg kam <strong>der</strong> <strong>Uplandbahn</strong> kaum eine militärische Bedeutung zu, in den<br />

letzten Kriegsmonaten waren die Züge allerdings wie<strong>der</strong>holt das Ziel von feindlichen<br />

Fliegerangriffen. Am 25. September 1944 wurden zahlreiche Reisende und <strong>der</strong><br />

Lokführer verletzt, als <strong>der</strong> Mittagszug beschossen wurde. Am 24. Oktober hatte man<br />

vierzehn Tote und zahlreiche Verletzte nach einem Tieffliegerangriff zu beklagen.<br />

Als „schwarzer Tag für <strong>Willingen</strong>“ ist <strong>der</strong> 20. März 1945 in die <strong>Geschichte</strong><br />

eingegangen, als ein vollbeladener Munitionszug mit 28 Wagen, <strong>der</strong> im Willinger<br />

Bahnhof stand, nach einem Angriff in die Luft flog. Alle Häuser im näheren Umkreis<br />

wurden mehr o<strong>der</strong> weniger stark beschädigt und zum Teil unbewohnbar. Insgesamt<br />

waren 19 Familien obdachlos geworden und mussten untergebracht werden. In den<br />

nächsten Tagen herrschte in <strong>Willingen</strong> eine panische Angst, <strong>der</strong> Viadukt könne das<br />

nächste Ziel von Bombenangriffen sein, was sich zum Glück nicht bewahrheitete.<br />

60 Jahre später stieß man bei Gleisbauarbeiten im Willinger Bahnhof auf Teile von<br />

Kriegsmunition, die zur Ladung des gesprengten Munitionszuges gehörten. Das<br />

größte Relikt war eine komplette Granate samt Zün<strong>der</strong>, gefüllt mit 9,5 Kilogramm<br />

Sprengstoff – ein Fall für den Kampfmittelräumdienst.<br />

Der Zahn <strong>der</strong> Zeit nagte an <strong>der</strong> Strecke <strong>der</strong> <strong>Uplandbahn</strong> und vor allem an den<br />

Brücken. Im November 1999 wurde <strong>der</strong> Bahnverkehr vorübergehend eingestellt und<br />

im Dezember 2003 nach umfassenden Sanierungsarbeiten wie<strong>der</strong> aufgenommen.<br />

Wasser- und Frostschäden hatten <strong>der</strong> Bausubstanz des Viadukts in <strong>Willingen</strong> so

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