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Sacred Bridges – Musik und Tanz - Ensuite

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www.fauser.ch<br />

VON MENSCHEN UND MEDIEN<br />

hetzjagd auf journalistenrudel<br />

Von Lukas Vogelsang<br />

■ Der Druck auf die Medienbetriebe steigt. Einerseits<br />

sind wirtschaftliche Faktoren an der entstehenden<br />

Angst beteiligt <strong>und</strong> erklären die nervöse<br />

Hektik der Medienunternehmen. Dynamik<br />

<strong>und</strong> Erfi ndergeist sind gefragt, man bangt um die<br />

Existenz, denn die momentanen Millionengewinne<br />

könnten bald Geschichte sein. Dabei ist die Finanz-<br />

<strong>und</strong> Energiekrise ebenfalls gewichtig: Nur schon die<br />

makaberen Energiepreise lassen im nächsten Jahr<br />

den Papierpreis um circa 10 Prozent ansteigen. Dazu<br />

kommen die spekulativen, mit den angeknabberten<br />

Grossbanken aufgebauten Investitionsgeschäfte.<br />

Nicht grad eine lustige Situation. Die AbonnentInnen<br />

künden die Abos in Scharen <strong>–</strong> denn gratis muss<br />

eine Zeitung heute schon sein. Dazu erzogen haben<br />

uns allerdings die Medienbetriebe selber.<br />

Und jetzt gibt’s auch noch eine Medienschelte<br />

von ganz oben: B<strong>und</strong>esrätin Doris Leuthard, B<strong>und</strong>esratssprecher<br />

Oswald Sigg <strong>und</strong> der Soziologieprofessor<br />

Kurt Imhof haben im Zusammenhang mit<br />

dem Rücktritt von B<strong>und</strong>esrat Samuel Schmid die<br />

rote Karte gezeigt. Dabei ging’s um den berüchtigten<br />

Rudeljournalismus oder gar um «gleichgeschaltete<br />

Medien». Dieses Thema hatten wir hier schon<br />

mal <strong>–</strong> es ist also noch nicht ausgerudelt. Leider sind<br />

sich alle in diesem Gerangel um Publizität <strong>und</strong> «political<br />

correctness» auf die Füsse gestanden. Die<br />

«NZZ», Rainer Stadler, formulierte das Spektakel<br />

korrekt: «Sigg <strong>und</strong> Imhof haben ihre Medienschelte<br />

zugespitzt. Damit agierten sie ganz in der Logik der<br />

Medien <strong>und</strong> bestätigten die Ansicht, dass zuspitzen<br />

muss, wer noch Gehör fi nden will. Der ‹Sonntag›<br />

reagierte darauf in einem Kommentar ziemlich pikiert.<br />

Dabei hatten die beiden Medienkritiker keine<br />

einzelnen Personen angegriffen. Dies hingegen tun<br />

die Journalisten fast täglich. Deren Urteile sind<br />

manchmal geradezu erbarmungslos, manchmal<br />

auch verächtlich. Man zweifelt, wie gut Medienschaffende<br />

solche Zuschreibungen selber ertragen<br />

würden. Ein bisschen Demut würde niemandem<br />

schaden.» Ich glaube, bei solchen Zeilen spricht<br />

man von Qualitätsjournalismus.<br />

Der «B<strong>und</strong>»-Chefredaktor schreibt zu den rätlichen<br />

Vorwürfen in seinem B<strong>und</strong>-Blog unter «Journalistenrudel<br />

auf Hetzjagd»: «Nein, unjournalistisch<br />

ist das nicht, nur unschweizerisch. Denn in diesem<br />

Land gibt es keine Rücktrittskultur. In Frankreich<br />

oder Grossbritannien hätte ein Verteidigungsminister<br />

sein Amt in einer Affäre wie jener um die Ernennung<br />

von Armeechef Nef ohne Wenn <strong>und</strong> Aber zur<br />

Verfügung stellen müssen. Samuel Schmid wäre,<br />

hätte er diesen Schritt rechtzeitig unternommen,<br />

einige der bittersten Monate, die er zweifellos je<br />

erlebt hat, erspart geblieben. Und uns das Stigma<br />

Magazin<br />

Magazin<br />

des ‹Rudeljournalismus›.» Ich glaube, bei solchen<br />

Zeilen spricht man eben nicht von Qualitätsjournalismus.<br />

Durchaus etwas skurril meinte Oswald Sigg:<br />

«Dass die Medien Schmids Amtsführung kritisieren,<br />

ist selbst dann legitim, wenn an dieser Kritik<br />

nicht einmal alles stimmt.» Aber das spricht eben<br />

für Qualitätsjournalismus, denn eine Kritik ist eine<br />

Kritik <strong>–</strong> aber die Forderung nach einem Rücktritt<br />

ist nicht den Rollen der Medien zugeteilt. Ein Kommentar<br />

wäre ausreichend <strong>und</strong> gebilligt. Doch was<br />

wir im Sommer erlebt haben (<strong>und</strong> was täglich praktiziert<br />

wird), ist, dass die Zeitungen nur noch aus<br />

Kommentaren bestehen, nicht aber aus Berichterstattungen.<br />

Da haben die Medien reinste Politik betrieben<br />

- zwar ist das durchaus legitim, wenn es die<br />

Medienvielfalt gäbe, aber ausser Tamedia <strong>und</strong> Tamedia<br />

<strong>und</strong> Tamedia, ein bisschen Ringier, NZZ, AZ<br />

Medien <strong>und</strong> einer handvoll Welschen kann ja kaum<br />

mehr von Vielfalt geredet werden.<br />

Und zu guter Letzt: Die Medien verstehen auch<br />

jetzt, wie’s funktioniert: Ein Hype bleibt ein Hype<br />

auch nach dem Hype (Anlehung an die Meiden-<br />

Kolumne von Andrea Masüger / Chefredaktor <strong>und</strong><br />

VR-Delegierter der «Südostschweiz»). Jetzt heisst<br />

der Hype nicht mehr Schmid, sondern wieder Blocher<br />

<strong>und</strong> die ganze Hetze fängt von vorne an.<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 72 | Dezember 08 33

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