Weihnachten 2012 - St-martinus-stommeln.de
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Thema 2: die selige Christina<br />
an<strong>de</strong>res Leben bevorzuge. So<br />
lebte sie in tiefer Frömmigkeit in<br />
ihrem Alltag und wur<strong>de</strong> stigmatisiert.<br />
Die Beginen erkannten ihre<br />
Situation zuerst nicht, sie trugen<br />
das zur Beweglosigkeit erstarrte<br />
Mädchen Christina aus <strong>de</strong>r Kirche<br />
zu ihrem Lager, wo sie drei Tage<br />
ohne je<strong>de</strong> Regung verharrte. Ja,<br />
sie versank manchmal für Tage in<br />
Trance und Ekstase. Es zeigten<br />
sich an ihrem Körper Wun<strong>de</strong>n,<br />
die sie durch ständige Versuchungen<br />
<strong>de</strong>s Teufels erfuhr. Nach drei<br />
Jahren verließ Christina auf Druck<br />
ihrer Mitschwestern <strong>de</strong>n Beginenkonvent,<br />
für <strong>de</strong>n sie zur Belastung<br />
wur<strong>de</strong>, und kehrte zu ihren Eltern<br />
nach <strong>St</strong>ommeln zurück.<br />
Hier beginnt ein völlig neuer<br />
Aspekt im Leben dieser Frau.<br />
Christina wur<strong>de</strong> als Scheinheilige<br />
betitelt wegen ihrer Lebensweise,<br />
die sie vom Beginenkonvent her<br />
beibehielt, wie z. B. in ihrer Kleidung<br />
und ihren Essgewohnheiten.<br />
Sogar ihre Familie stand nicht<br />
mehr hinter ihrer Tochter <strong>de</strong>nn<br />
ihre Anwesenheit setzte das Familienleben<br />
unter Spannung, ja man<br />
hatte Angst in ihrer Umgebung.<br />
Christina ließ sich nicht von außen<br />
beeinflussen, sie hielt beharrlich<br />
an ihrer Lebensweise fest. Es kam<br />
zum Zerwürfnis mit ihrer Familie.<br />
Christina zog nach drei Jahren mit<br />
ihrer wenigen Habe ins Pfarrhaus<br />
um, wo sie anschließend 25 Jahre<br />
lang lebte, ohne dass wir Genaueres<br />
darüber wissen. Diese Zeit ist<br />
weniger belegt in ihrer Biografie,<br />
wir wissen aus <strong>de</strong>n vielen Briefen<br />
ihres geistigen Freun<strong>de</strong>s und Begleiters,<br />
Petrus von Dacien, dass<br />
Christina ein sehr frommes Leben<br />
führte, was auch vom <strong>St</strong>ommelner<br />
Pfarrer Johannes bestätigt wird,<br />
<strong>de</strong>r für sie auch die zahlreichen<br />
Briefe verfasste, die Christina ihm<br />
diktierte. Diesen Schriftverkehr<br />
und Berichte über die zahlreichen<br />
Besuche in <strong>St</strong>ommeln hat dieser<br />
Dominikanerpater aus Schwe<strong>de</strong>n,<br />
<strong>de</strong>r in Köln und später auch<br />
in Paris studierte, aufgezeichnet;<br />
sie sind im Co<strong>de</strong>x Juliacensis, <strong>de</strong>r<br />
in Jülich aufbewahrt ist, erhalten<br />
geblieben. Diese Aufzeichnungen<br />
sind immer wie<strong>de</strong>r Gegenstand<br />
von historischen und theologischen<br />
Forschungen über das Leben<br />
dieser geheimnisumwitterten<br />
Frau aus <strong>St</strong>ommeln gewesen.<br />
Im Alter von 70 Jahren starb Christina,<br />
die ihre letzten 20 Lebensjahre<br />
in einer Behausung (Klause)am<br />
Berlich verbrachte, dort, wo heute<br />
die Christinakapelle steht. Dort hat<br />
sie vielleicht mit Näharbeiten und<br />
Hilfsdiensten ihren Lebensunterhalt<br />
verdient.<br />
Schon unmittelbar nach ihrem<br />
Tod setzte in <strong>de</strong>r hiesigen Bevölkerung<br />
gegen <strong>de</strong>n Willen <strong>de</strong>r<br />
Kirche ein Verehrungskult ein,<br />
<strong>de</strong>nn man sagte Christina gewisse<br />
Heilungskräfte beim Besuch ihres<br />
Grabes nach. So wird als großes<br />
Wun<strong>de</strong>r die spontane Heilung <strong>de</strong>s<br />
an Gicht und Lähmung lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Grafen Dietrich von Kleve berichtet;<br />
er war ein Vetter <strong>de</strong>s Jülicher<br />
Grafen, zu <strong>de</strong>ssen Territorium das<br />
Dorf <strong>St</strong>ommeln gehörte. Er wur<strong>de</strong><br />
in einer Sänfte an Christinas Grab<br />
gebracht, berührte einen Knochen<br />
<strong>de</strong>r bereits gehobenen Gebeine<br />
und ritt <strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong> nach „auf<br />
seinem Ross von dannen“. Über<br />
mehrere kleine Wun<strong>de</strong>rheilungen<br />
wird berichtet, wodurch <strong>de</strong>r<br />
Volksmund in Christina eine heilige<br />
Frau sah. Der katholischen<br />
Kirche passte dies nicht. Doch die<br />
weltliche Obrigkeit machte auf ihre<br />
Art durch die Gründung eines Kollegiatstifts<br />
1342 in Ni<strong>de</strong>ggen, <strong>de</strong>m<br />
Sitz <strong>de</strong>r Jülicher Grafen, Christina<br />
zumin<strong>de</strong>st in ihrem Herrschaftskreis<br />
bekannt und populär.<br />
Um <strong>de</strong>n Herrschersitz und die<br />
<strong>St</strong>iftung in Ni<strong>de</strong>ggen aufzuwerten,<br />
brachte man Christinas Gebeine,<br />
die bis dato in einem am Giebel<br />
<strong>de</strong>r <strong>St</strong>ommelner Kirche gelegenen<br />
Grab ruhten, nach Ni<strong>de</strong>ggen in<br />
die <strong>St</strong>iftskirche. Es begann nun<br />
ein Verehrungskult um Christina,<br />
<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Kirche absolut nicht<br />
erwünscht war, jedoch das Volk<br />
störte sich daran nicht.<br />
Thema 2: die selige Christina<br />
Durch Kriegseinwirkungen wur<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r Ort Ni<strong>de</strong>ggen mit Kirche<br />
und Schloss 1542 zerstört. Das<br />
Grafengeschlecht beschloss<br />
1547, seinen Sitz in das durch<br />
Brandschatzung eingeäscherte<br />
und neu aufzubauen<strong>de</strong> Jülich zu<br />
verlegen. Nach <strong>de</strong>m Hin und Her<br />
über Jahre zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />
Orten gelang es vermutlich im<br />
Jahre 1586, die Gebeine Christinas<br />
nach Jülich in die Pfarrkirche<br />
<strong>St</strong>. Maria Himmelfahrt zu übertragen.<br />
Hier ruhen sie bis heute<br />
in einem Reliquienschrein in <strong>de</strong>r<br />
Seitenkapelle <strong>de</strong>r Propsteikirche.<br />
Es sind in Jülich kleinere wun<strong>de</strong>rliche<br />
Heilungen im Laufe <strong>de</strong>r Zeit<br />
belegt, die sich auf Lähmungen,<br />
Zahn- und Kopfschmerzen bezogen,<br />
doch eine wallfahrtsähnliche<br />
Be<strong>de</strong>utung, die man sich erhoffte,<br />
hat Jülich nicht gewonnen. Die örtliche<br />
Christinaverehrung an ihrem<br />
Grab in <strong>St</strong>ommeln ist geblieben.<br />
In <strong>de</strong>n Aussagen von Pfarrer und<br />
Schöffen aus <strong>St</strong>ommeln um 1740<br />
wird von vielen kleinen Wun<strong>de</strong>rheilungen<br />
berichtet.<br />
Bis in die erste Hälfte <strong>de</strong>s 20.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rts gab es in <strong>St</strong>ommeln<br />
eine gewisse lokale Verehrung <strong>de</strong>r<br />
seligen Christina von <strong>St</strong>ommeln.<br />
Nach <strong>de</strong>m Zweiten Weltkrieg ließ<br />
aber die Verehrung <strong>de</strong>r seligen<br />
Christina von <strong>St</strong>ommeln, die am<br />
6.November 1908 an ihrem To<strong>de</strong>stag<br />
von Papst PIUS X. zur<br />
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