Staatsstrukturprinzipien: Demokratie
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<strong>Staatsstrukturprinzipien</strong>:<br />
<strong>Demokratie</strong><br />
I. Volkssouveränität: Das Volk als Träger der Staatsgewalt (Art. 20 II 1 GG)<br />
Art. 20 II 1 GG: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.<br />
Staatsgewalt ist jedenfalls alles amtliche Handeln mit Entscheidungscharakter.<br />
1. Die Ausübung jeglicher staatlichen Macht bedarf der Legitimation durch das Volk und muß in<br />
einer ununterbrochenen demokrat. Legitimationskette auf das Volk zurückführbar sein.<br />
a) Personell-organisatorische Legitimation: Die Personen, die für den Staat handeln,<br />
müssen durch das Volk unmittelbar oder mittelbar bestimmt werden. Unmittelbar werden<br />
nur die Mitglieder von Volksvertretungen durch Wahlen bestimmt. Einer mittelbaren Legitimation<br />
unterliegen z.B. die Regierungsmitglieder, Beamten und Richter.<br />
b) Sachlich-inhaltliche Legitimation: Die Ausübung der Staatstätigkeit muß ihrem Inhalte<br />
nach auf den Willen des Volkes zurückzuführen sein. Die Verwaltung ist insofern legitimiert,<br />
als daß sie an die von den Volksvertretungen beschlossenen Gesetze gebunden<br />
ist und eine Weisungshierarchie bis zum untersten Beamten besteht. Richter sind weisungsfrei<br />
– richterliche Unabhängigkeit – aber dafür strikt an die Gesetze gebunden.<br />
2. Das deutsche Volk als Träger der Staatsgewalt<br />
Volk iSd Art. 20 II 1 GG ist das Staatsvolk, d.h. das deutsche Volk. Dies ergibt sich aus einer<br />
systematischen und historischen Interpretation (systematisch vgl. Präambel, Art. 1 II, Art. 56,<br />
Art. 146 GG). Nur die Zugehörigkeit zum Staatsvolk vermittelt eine dauerhafte Beziehung des<br />
Bürgers zum Staat.<br />
II. Ausübung der Staatsgewalt (Art. 20 II 2 GG)<br />
Art. 20 II 2 GG: Die Staatsgewalt wird vom Volke in Wahlen (Personalentscheidungen) und Abstimmungen<br />
(Sachentscheidungen) sowie durch besondere Organe der Gesetzgebung, der<br />
vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Die Ausübung von Staatsgewalt<br />
durch Wahlen bedeutet, daß Volksvertretungen vorhanden sein und periodisch wiederkehrende<br />
Wahlen zu ihnen stattfinden müssen.<br />
III. Repräsentative <strong>Demokratie</strong> – Parlamentarische <strong>Demokratie</strong><br />
<strong>Demokratie</strong> nach dem GG ist eine rein repräsentative <strong>Demokratie</strong>, d.h. das Volk übt die Staatsgewalt<br />
selbst unmittelbar nur durch Wahl der Volksvertretung (Bundestag) aus. Abstimmungen<br />
sind nur in Art. 29 II GG bei der Neugliederung des Bundesgebietes zulässig. Daher sind Volksentscheide<br />
und Volksbefragungen auf Bundesebene unzulässig (GG-Änderung aber möglich).<br />
Die Länder müssen das rein repräsentative System nicht übernehmen, z. B. gibt es in Berlin<br />
Volksinitiativen, -begehren und -entscheide (Art. 61 ff. Verf Bln).<br />
Wahlen zum Deutschen Bundestag (Art. 38 GG)<br />
Wahlrechtsgrundsätze: allgemeine, unmittelbare, freie, gleiche und geheime Wahlen<br />
allgemein: Jeder Bürger hat Wahlrecht, Ausnahmen bedürfen zwingender Gründe.<br />
unmittelbar: Der Wähler entscheidet ohne Zwischenschritte wer Abgeordneter wird.<br />
frei: Ausschluß von jedem Zwang und Druck bei der Wahlentscheidung des Wählers.<br />
geheim: Die abgegebene Stimme wird keinem anderen bekannt.<br />
gleich: Jede Stimme soll den gleichen Zähl- und Erfolgswert haben. Ungleichheiten beim Zählwert<br />
sind völlig ausgeschlossen, Ungleichheiten beim Erfolgswert (z.B. 5%-Klausel) bedürfen<br />
zwingender rechtfertigender Gründe.<br />
Mehrheitsprinzip: Grundsätzlich entscheidet gem. Art. 42 II GG die Mehrheit der abgegebenen<br />
Stimmen (sog. einfache Mehrheit). Bei bestimmten Entscheidungen kommt es auf die Stimmen<br />
der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages (absolute Mehrheit) an, z.B. für die Kanzlerwahl<br />
nach Art. 63 II GG – daher auch Kanzlermehrheit genannt.<br />
Wiss. Mit. Sebastian Kluckertt<br />
Klucker
IV. Parlamentsvorbehalte<br />
Parlamentsvorbehalt meint, dass bestimmte Angelegenheiten vom Parlament selbst zu entscheiden<br />
sind. Teilweise verlangt das Grundgesetz ausdrücklich eine Parlamentsentscheidung<br />
(z. B. Art. 23 Abs. 1 S. 2; 24 Abs. 1; 59 Abs. 2; 80 Abs. 1 S. 2; 115a Abs. 1 S. 1 GG sowie Gesetzesvorbehalt<br />
bei Grundrechtseingriffen). Für den nicht ausdrücklich geregelten Bereich wird<br />
die Notwendigkeit einer parlamentarischen Entscheidung durch die vom Bundesverfassungsgericht<br />
entwickelte Wesentlichkeitstheorie konkretisiert.<br />
Das Parlament ist unmittelbar demokratisch legitimiert, deshalb dürfen wesentliche politische<br />
Fragen nicht am Parlament vorbei entschieden werden. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, alle<br />
wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und darf sie nicht anderen Normgebern überlassen.<br />
Wann es danach einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf,<br />
läßt sich nur im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes<br />
beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den<br />
tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten, zu<br />
entnehmen. (BVerfGE 82, 130, 142)<br />
Danach bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel „wesentlich für die<br />
Verwirklichung der Grundrechte“. Ob und inwieweit dies Regelungen durch das Parlament erfordert,<br />
richtet sich allgemein nach der Intensität, mit der die Grundrechte des Regelungsadressaten<br />
durch die jeweilige Maßnahme betroffen sind. Die Tatsache, daß eine Frage politisch umstritten<br />
ist, führt – nach Ansicht des BVerfG – für sich genommen nicht dazu, daß diese als wesentlich<br />
verstanden werden müßte. (BVerfGE 98, 218)<br />
Ferner gibt es auch wesentliche Entscheidungen außerhalb des grundrechtsrelevanten Bereichs,<br />
z. B. Auslandseinsätze der Bundeswehr.<br />
V. „Parteiendemokratie“<br />
In der demokratischen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland haben politische Parteien eine<br />
besondere, durch Art. 21 GG verfassungsrechtlich abgesicherte Stellung.<br />
Politische Parteien sind Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit auf die<br />
politische Willensbildung Einfluß nehmen oder an der Vertretung des Volkes im Bundestag oder<br />
einem Landtag mitwirken wollen (vgl. § 2 I ParteienG).<br />
1. Bedeutung<br />
Die Parteien stehen zwischen Staat und Gesellschaft. Sie sind aber Privatrechtssubjekte.<br />
a) Mitwirkung an der politischen Willensbildung durch Teilnahme an Wahlen<br />
b) Rückkopplung zwischen den Wahlen von Parlament/Regierung zum Volk als eigentlicher<br />
Träger der Staatsgewalt<br />
2. Verfassungsmäßige Rechte<br />
a) Freiheit der Parteien<br />
b) Chancengleichheit<br />
3. Demokratische Binnenstruktur<br />
4. Parteienprivileg (Art. 21 II GG)<br />
Nur unter den in Art. 21 II GG genannten Voraussetzungen darf eine Partei verboten werden.<br />
Einen Verbotsantrag dürfen nur Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat (und u.U. eine<br />
Landesregierung stellen), § 43 BVerfGG. Nur das Bundesverfassungsgericht kann eine Partei<br />
verbieten. Solange dies nicht geschehen ist, darf keine staatliche Stelle geltend machen,<br />
es handele sich um eine verfassungsfeindliche Partei.<br />
Wiss. Mit. Sebastian Kluckert