2. 1. - FIZ CHEMIE Berlin
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- Seite 2 und 3: | 2 >> INHALT + IMPRESSUM + EDITORI
- Seite 4 und 5: | 4 >> WAS IST ENERGIE? Was ist Ene
- Seite 6 und 7: © Lechstahlwerke Blick in einen Li
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- Seite 12 und 13: Explosionswärmen und Detonationsge
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- Seite 16 und 17: Gold-katalysierte Synthese von Amei
- Seite 18 und 19: | 18 >> WIE VIEL ENERGIE STECKT IM
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- Seite 28: Sicherheit ist, wenn nichts passier
| 2 >> INHALT + IMPRESSUM + EDITORIAL<br />
2 >> Impressum/Editorial<br />
3 >> Vorwort der Geschäftsführung<br />
4 >> Was ist Energie?<br />
4 >> Geschichte der Energie<br />
5 >> Energiemonster<br />
7 >> Akkumulatoren<br />
12 >> Explosivstoffe – Alles Nitro oder was?<br />
15 >> Energie und Ressourcen sparen mit<br />
moderner Goldkatalyse<br />
16 >> Gastartikel Institut für Ernährungsforschung:<br />
Energiebedarf und Nahrungsenergie<br />
18 >> Wie viel Energie steckt im Menschen?<br />
20 >> Kochen mit Magnetismus:<br />
Vor- und Nachteile des Induktionsfeldes<br />
21 >> Regenerative Energie<br />
23 >> Das Energiemonopol der Stromversorger<br />
contra dezentrale Energieversorgung<br />
25 >> Mit Energie in die Zukunft<br />
26 >> Lesergeschichten<br />
27 >> Leseraufruf 2010<br />
Impressum<br />
<strong>FIZ</strong> <strong>CHEMIE</strong> +report+ wird zweimal jährlich von der Fachinformationszentrum<br />
Chemie GmbH (kurz: <strong>FIZ</strong> <strong>CHEMIE</strong>) herausgegeben.<br />
<strong>FIZ</strong> <strong>CHEMIE</strong><br />
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Herausgeber: <strong>FIZ</strong> <strong>CHEMIE</strong><br />
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Redaktion: Prof. Dr. René Deplanque (rd), Annette Prahl (ap),<br />
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Dominik Sollmann (djs), Dr. Annett Bartels (ab), Dr. Dagmar Klein (dk),<br />
Henryk Feider (hf), Ann Seidel (as), Dr. Tanja Victoria Dahlke (tvd),<br />
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Redaktionsschluss für diese Ausgabe: 1<strong>1.</strong>0<strong>2.</strong>2010<br />
Auflage: <strong>2.</strong>500 + 500 Stück (dt./engl.)<br />
ISSN: 0930-276X © 2010 <strong>FIZ</strong> <strong>CHEMIE</strong><br />
Das Zitieren und die Wiedergabe von Beiträgen im <strong>FIZ</strong> <strong>CHEMIE</strong> +report+<br />
sind unter Angabe von <strong>FIZ</strong> <strong>CHEMIE</strong> +report+ als Quelle erwünscht. Bitte<br />
schicken Sie ein Belegexemplar an <strong>FIZ</strong> <strong>CHEMIE</strong>, Marketing & Kommunikation,<br />
Postfach 12 03 37, 10593 <strong>Berlin</strong>.<br />
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Liebe Leserin und lieber Leser,<br />
Die Evolution des Menschen ist auch eine Evolution<br />
der Nutzung von Energie.<br />
Feuer lieferte unseren Vorfahren Wärme, Licht und<br />
Sicherheit. Die Wissenschaft geht heute von einer<br />
ersten gezielten Nutzung des Feuers durch frühe Vorfahren<br />
des heutigen Menschen bereits vor 2,5 bis 4<br />
Millionen Jahren aus. Als Brennstoff diente vor allem<br />
Holz, später auch getrockneter Tierdung – nachwachsende<br />
Rohstoffe<br />
also. Windenergie<br />
wurde bereits im<br />
frühen Ägypten<br />
vor mehr als<br />
7.000 Jahren in<br />
der Schifffahrt genutzt,<br />
der Einsatz<br />
von Was-<br />
Richard Huber<br />
serkraft als Energieträger<br />
für das<br />
Mahlen von Getreide<br />
lässt sich<br />
bis ins Jahr 546<br />
Leiter Marketing & Kommunikation zurückverfolgen.<br />
Erst im 18. und 19. Jahrhundert gelang den Menschen<br />
die technische Erschließung fossiler Brennstoffe<br />
wie Kohle, Erdöl und Erdgas. Ohne sich dessen bewusst<br />
zu sein, war der frühzeitliche Mensch ein viel<br />
umweltbewussteres Wesen als heutige Generationen.<br />
Energie – ein unglaublich vielfältiges und facettenreiches<br />
Thema – steht dieses Mal im Mittelpunkt unseres<br />
+report+. Katalysatoren, Energiekreisläufe<br />
im Menschen, Akkumulatorentechnologien, Sprengstoffe,<br />
Energiemonster und vieles, vieles mehr rund<br />
um das Thema Energie erwarten Sie, liebe Leserin<br />
und lieber Leser, in dieser Ausgabe und dazu wünschen<br />
wir Ihnen ein energiereiches Lesevergnügen.<br />
Richard Huber
Vorwort der Geschäftsführung<br />
Das Thema E-Learning ist heute mehr denn je in aller<br />
Munde. Auf der gerade beendeten Messe CeBIT 2010<br />
in Hannover füllten zahlreiche technologische und<br />
inhaltliche Anbieter mit Produkten und Dienstleistungen<br />
rund um die multimediale Ausbildung einen<br />
großen Teil der Messehalle 6. Wurde die Effizienz<br />
der elektronischen Lehre bis vor wenigen Jahren<br />
von Bildungsanbietern noch angezweifelt, so hat<br />
sich das Geschäftsfeld „schleichend“ über exzellente<br />
praktische Beispiele wie der naturwissenschaftlichen<br />
Enzyklopädie ChemgaPedia des <strong>FIZ</strong> <strong>CHEMIE</strong> in den<br />
vergangenen zwei Jahren stabilisiert und etabliert.<br />
E-Learning ist ein eigenständiges und wichtiges<br />
Geschäftsfeld im Bereich der IUK-Technologien geworden.<br />
Wussten Sie eigentlich, dass das <strong>FIZ</strong> <strong>CHEMIE</strong> seit<br />
elf Jahren einer der wichtigsten deutschen Anbieter<br />
elektronischer Lehre ist? Darauf sind wir wirklich<br />
stolz. Bereits seit 1999 haben wir mit vielen Fachexperten,<br />
Autoren, Programmierern und Evaluatoren<br />
die Entwicklung des Themenfeldes E-Learning vorangetrieben.<br />
Und so stellen wir heute mit unserer Ausbildungsenzyklopädie<br />
ChemgaPedia die mit großem Abstand<br />
meistgenutzte naturwissenschaftlich-technische<br />
Lernplattform im deutschsprachigen Internet bereit.<br />
Energie ist das vom BMBF ausgerufene Motto des<br />
Wissenschaftsjahres 2010 und Energie ist der thematische<br />
Schwerpunkt dieser Ausgabe unseres Magazins,<br />
des +report+. Suchen wir nach dem Stichwort<br />
„Energie“ in unserer Plattform ChemgaPedia, so<br />
finden wir sofort eine Vielzahl von Lerneinheiten und<br />
Glossareinträgen rund um das Thema in der Chemie,<br />
in der Thermodynamik, in der Physik.<br />
Unsere Zielgruppen wissen die Qualität und Aktualität<br />
dieser vielen Inhalte zu schätzen. Das zeigen auch die<br />
Ergebnisse einer großen Benutzerumfrage, die wir zum<br />
Jahreswechsel 2009/2010 in der ChemgaPedia durchgeführt<br />
haben. Weit über 5.000 Einzelnutzer schickten<br />
uns ihre Bewertungen und zahlreiche Vorschläge für<br />
Erweiterungen und Verbesserungen der Plattform.<br />
Dieses tolle und durchweg<br />
positive Feedback ist uns ein<br />
Ansporn, in das Themenfeld<br />
E-Learning weiter all unsere<br />
Leidenschaft und unser langjährig<br />
erworbenes Know-how aus<br />
den verschiedenen Fachredaktionen<br />
des <strong>FIZ</strong> <strong>CHEMIE</strong> einfließen<br />
zu lassen – und für unsere<br />
Zielgruppen das Maximum an<br />
inhaltlicher Aktualität und professionellem<br />
Anspruch in der<br />
ChemgaPedia bereit zu stellen.<br />
Bis zu 350.000 Nutzer monatlich<br />
besuchen das vom <strong>FIZ</strong><br />
<strong>CHEMIE</strong> kostenfrei im Web angebotene Bildungsangebot.<br />
Über 60 % dieser riesigen Nutzergemeinde kehrt<br />
regelmäßig zum Lernen von und zum Lehren mit Inhalten<br />
aus der ChemgaPedia zurück. Auf Messen begeistern<br />
wir mit speziellen Lernmodulen, Wissensquiz<br />
und spannenden Exponaten und führen unsere Zielgruppen<br />
gezielt an die moderne elektronische Ausbildungsplattform<br />
heran. Es macht unseren Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern großen Spaß zu sehen, wie<br />
motivierte junge Leute auf einer Messe ACHEMA oder<br />
bei der in Kürze startenden Hannover Messe 2010 an<br />
unseren interaktiven Messeständen ihr Wissen erproben<br />
und tiefe Einblicke in die aktuelle Forschung in<br />
Hochschule und außeruniversitärer Wissenschaft gewinnen.<br />
Mit dieser zeitgemäßen und innovativen Form<br />
von Wissens- und Technologietransfer motivieren wir<br />
die Wissenschaftler und Forscher von Morgen für die<br />
Beschäftigung mit MINT-Technologien.<br />
Ich lade Sie ein, uns auf unserem nächsten großen<br />
Mitmachmessestand auf der Hannover Messe zu besuchen<br />
und sich ein Bild von den Möglichkeiten des<br />
Themas E-Learning für die Motivation und Ausbildung<br />
künftiger Generationen in unserer Bildungslandschaft<br />
zu machen.<br />
Prof. Dr. René Deplanque<br />
VORWORT
| 4 >> WAS IST ENERGIE?<br />
Was ist Energie?<br />
Das Wort Energie kommt aus dem Griechischen.<br />
„Energia“ bedeutet Tatkraft. Bereits in der antiken<br />
Philosophie ca. 330 v. Chr. finden wir den Begriff<br />
energeia bei Aristoteles, der darunter die Verwirklichung<br />
des Möglichen verstand. Die Philosophie<br />
vertritt bis heute die Auffassung, dass Energie die<br />
Grundlage allen Geschehens ist.<br />
Während G. W. Leibniz (1646–1716) und I. Kant<br />
(1724–1804) das Prinzip von der Erhaltung der Kraft<br />
formulierten, finden wir in der Physik erst um 1800<br />
den Energiebegriff bei T. Young definiert, der mit dem<br />
maschinellen Fortschritt verbunden, von einem rein<br />
mechanischen Ansatz ausging. Jeder Körper besitzt in<br />
Bezug auf andere Körper Energie, die in Lageenergie<br />
(potenzielle Energie) und in Bewegungsenergie (kinetische<br />
Energie) unterschieden wird. In der Thermodynamik<br />
gelangt man zu der Erkenntnis, dass Wärme<br />
eine Form der Energie ist. Energieänderung wird<br />
Geschichte der Energie<br />
vorrangig durch Wärmezufuhr oder -verlust verursacht.<br />
In der Wärmelehre wird der Energiegehalt<br />
eines Systems als innere Energie (chemische Energie<br />
oder thermische Energie) bezeichnet.<br />
Alle Prozesse bedeuten letztlich nur eine Umwandlung<br />
der Energie von einer Form in eine andere. Helmholtz<br />
entwickelte 1847 dazu den Energieerhaltungssatz und<br />
bewies, dass Energie weder erzeugt noch vernichtet<br />
werden kann, sondern nur ihre Erscheinungsform ändert.<br />
M. Planck erkannte 1900, dass ein Atom nicht<br />
stetig Energie in Form von Lichtstrahlung aufnehmen<br />
oder abgeben kann, sondern nur ganz bestimmte<br />
(diskrete) Beträge und legte das Energiequantum als<br />
Bezeichnung für die kleinste Energiemenge (Quantentheorie)<br />
fest. Darauf aufbauend entdeckte A. Einstein<br />
(1879–1955) in seiner Relativitätstheorie E=mc²<br />
einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Energie<br />
und Materie; Energie ist gleich Masse mal dem<br />
Quadrat der Lichtgeschwindigkeit. +ap<br />
Zur Lerneinheit<br />
2 Mio.–500000 vor Chr. Am Anfang war das Feuer<br />
um 12000 vor Chr. Einsatz von Holzkohle für die Metallschmelze<br />
5000 vor Chr. Wasser wird zur Energiequelle<br />
um 900 vor Chr. Erdgas wird erstmals bei der Salzgewinnung in China entdeckt und zur Salztrocknung genutzt<br />
ab 800 nach Chr. Wind- und Wassermühlen erleichtern die tägliche Arbeit<br />
ab 1000 nach Chr. Gezeiten liefern Energie für Mühlmahlwerk (in GB)<br />
ab 1500 nach Chr. Braun- und Steinkohle werden neue Energielieferanten<br />
1746 Übertragung von Elektrizität wird bewiesen<br />
1765 Watt erfindet die Dampfmaschine<br />
um 1780 Die galvanische Elektrizität wird entdeckt<br />
1799 Volta entwickelt die Volta’sche Säule und gilt als Erfinder der Batterie<br />
1821 Ampère entdeckt das nach ihm benannte Ampère’sche Gesetz<br />
1831 Faraday entdeckt die elektromagnetische Induktion<br />
1847 Helmholtz formuliert den Energieerhaltungssatz<br />
1850 Erdöl wird zur Energiegewinnung genutzt<br />
1859 Planté entwickelt den ersten aufladbaren Bleiakku<br />
1865 Maxwell stellt die Gleichung der Elektrodynamik auf<br />
1882 Erstes öffentliches Elektrizitätswerk wird betrieben (in den USA)<br />
1887 Hertz entdeckt die elektromagnetischen Wellen<br />
ab 1899 Die Quantenmechanik verändert die Sicht: das Planck’sche Wirkungsquantum wird bekannt<br />
1905 Deutschland bekommt die erste 50 kV-Stromleitung<br />
1905 Einstein veröffentlicht seine Relativitätstheorie<br />
1926 Deutschland bekommt erste 220 kV-Stromleitung<br />
1938 Hahn, Straßmann und Meitner entdecken die Kernspaltung<br />
ab 1950 Erdgas wird neuer Energielieferant<br />
1954 Erste Solarzelle wird gebaut (in den USA)<br />
1956 Das erste Kernkraftwerk liefert Strom (in GB)<br />
1985 Erstes Photovoltaik-Kraftwerk geht ans öffentliche Stromnetz (in den USA)<br />
+vh
Energiemonster<br />
Energie ist das Thema dieser<br />
+report+ Ausgabe des <strong>FIZ</strong> <strong>CHEMIE</strong> und auf den<br />
folgenden beiden Seiten möchte ich Ihnen ein paar<br />
bekannte und ein paar weniger bekannte Beispiele<br />
sehr großer und sehr kleiner Energiemonster vor<br />
Augen führen und mit ein paar Rechenbeispielen<br />
untermalen.<br />
Beginnen wir mit einem ganz kleinen Energiemonster.<br />
Fast jeder von uns benutzt es, so auch ich gerade<br />
beim Verfassen dieses Artikels. Dieses Monster<br />
ist das Herzstück jedes Computers und hört auf<br />
den Namen Central Processing Unit, oder kurz CPU.<br />
Moderne CPUs werden in 45 nm-Technologie gefertigt.<br />
Das bedeutet: Auf der Breite eines menschlichen<br />
Haares (60–100 µm) lassen sich ca. <strong>1.</strong>500 einzelne<br />
Leiterbahnen und Transistorenstrukturen nebeneinander<br />
unterbringen. Und es gibt sehr, sehr viele<br />
Transistoren auf diesen Prozessoren. Nimmt man zum<br />
Beispiel eine aktuelle CPU der Firma AMD (Phenom<br />
X4 9850), so sind dort ca. 758 Millionen Transistoren<br />
auf einer Fläche von 258 mm² untergebracht. Unter<br />
Volllast produzieren diese 758.000.000 Transistoren<br />
eine maximale Verlustleistung (im Fachjargon „Thermal<br />
Design Power", TDP) von 125 Watt. Nicht zufällig<br />
nimmt das Thema Kühlung von PCs unter Spielefreaks<br />
eine wichtige Rolle ein. Stellen Sie sich vor, 258 mm²<br />
Silizium erzeugen eine Abwärme von 125 Watt. Rechnen<br />
wir diese Energie hoch zum Beispiel auf eine<br />
haushaltsübliche Herdplatte mit 26 cm Durchmesser<br />
r² * p (r = 130 mm) = 53.100 mm², so würde<br />
diese mit 53.100/258*125 Watt = 25.700 Watt<br />
heizen. Unsere Herdplatte hätte eine rechnerische<br />
Anschlussleistung von 26 kW. Nicht schlecht, oder?<br />
Einen Liter Wasser in den Kochtopf, Platte aufgedreht,<br />
zwanzig Sekunden warten, Wasser kocht.<br />
Man kann das Rechenspielchen indes noch fortsetzen.<br />
Die Herdplatte hat eine Dicke von ungefähr<br />
8 mm. Das Die eines Mikroprozessors<br />
(ungeschützter Halbleiter-Chip) beträgt etwa<br />
0,5 mm. Das bedeutet: Im Volumen der<br />
ENERGIEMONSTER
© Lechstahlwerke<br />
Blick in einen<br />
Lichtbogenofen<br />
| 6 >> ENERGIEMONSTER<br />
Jetzt wollen wir wieder rechnen:<br />
Epot = m*g*h (Masse mal Erdbeschleunigung<br />
mal Höhendifferenz) 110.000.000.000 kg*<br />
200 m* 9,81 m/s² = 215.820.000.000.000 Joule<br />
Also etwa 216 TJ (TeraJoule)<br />
Vergleicht man dies rein rechnerisch mit der Explosionsenergie<br />
von 1 kt (Kilotonne) TNT, die bei<br />
4.184.000.000.000 Joule liegt, besitzt der Kochelsee<br />
folglich die Potenzielle Energie von 51,6 kt also ein<br />
Potenzial, das die freigesetzte Energie der beiden<br />
1945 über Japan abgeworfenen Atombomben „Little<br />
Boy“ (15 kt) und „Fat Man“ (21 kt) zusammen übertrifft.<br />
Na, rudern Sie jetzt immer noch entspannt über<br />
den Walchensee?<br />
Wenden wir uns zuletzt noch einem anderen<br />
Energiemonster zu. Seit der griechischen Mythologie<br />
wird das bekannteste aller Wetterphänomene<br />
dem Herrscher unter den Göttern, Zeus, zugeordnet.<br />
Diese Funkenentladung zwischen Himmel und Erde<br />
– landläufig als Blitz wohl jedem von uns bekannt –<br />
stellt ein bis heute nur unvollständig erforschtes<br />
Wetterphänomen dar. Es gibt neben den von der Gewitterwolkenunterseite<br />
austretenden Negativblitzen in<br />
ca. 5 % aller Fälle auch von den hohen Schichten der<br />
Wolken ausgehende Positivblitze und die haben es in<br />
sich. Die Stromstärke eines Positivblitzes kann bis<br />
zu 300.000 Ampere betragen.<br />
In Verbindung mit der hohen<br />
Spannung von einigen 10 Millionen<br />
Volt entsteht innerhalb<br />
des nur ca. 10–12 mm dicken<br />
Blitzkanals eine unglaublich hohe<br />
Energiedichte. Rein rechnerisch<br />
könnte ein Positivblitz mit<br />
einer Spannung von 50 MV und<br />
300 kA damit eine kurzzeitige<br />
Leistung von ca. 15 TW produzieren.<br />
Nimmt man einen durchschnittlichen PKW im<br />
Straßenverkehr mit einer Motorleistung von 75 kW<br />
(ca. 100 PS), so ließen sich mit der Energie eines<br />
Positivblitzes 15.000.000.000.000/75.000 =<br />
200.000.000 (200 Millionen) Autos bewegen<br />
Zur Lerneinheit<br />
Weitere Informationen zu unseren Energie-Artikeln<br />
in diesem +report+ finden Sie aktuell bei uns im<br />
Internet: www.fch.de.<br />
– allerdings nur 4 ms lang, so kurz ist<br />
der Stromfluss zwischen Wolke und Erde<br />
in etwa. Aufgrund der extrem hohen Energiedichte<br />
bei sehr kurzen Entladungszeiten gibt es bis heute<br />
keine Verfahren zur Nutzung der gewaltigen Energien<br />
von Blitzen. Trotz seiner Gefährlichkeit haben die<br />
Menschen nicht davor zurückgeschreckt, den Blitz<br />
in die industrielle Fertigung gerade im Hüttenwesen<br />
einzuführen. Bei der Herstellung von Stahl wird häufig<br />
ein sogenannter Lichtbogenofen eingesetzt. Der<br />
Lichtbogen zwischen der Graphitelektrode und dem<br />
Schmelzgut ist wie der Blitz eine Funkenentladung.<br />
Dieser erzeugt neben dem vom Elektroschweißen bekannten<br />
gleißenden Licht vor allem eine Temperatur<br />
von bis zu 3.500 °C. Moderne Elektrolichtbogenöfen<br />
bringen dabei Energien von bis zu <strong>1.</strong>500 kW/Tonne<br />
Schmelzgut zum Einsatz. Bezogen auf einen<br />
120-Tonnen-Ofen bedeutet das eine Lichtbogenleistung<br />
von immerhin 180 MW. Bei einer Spannung<br />
von ca. <strong>1.</strong>600 V werden Stromstärken von über<br />
100 kA zum Betrieb des Lichtbogenofens benötigt.<br />
Dieser Strom wird als Drehstrom bereitgestellt. Die<br />
Zuleitungskabel zu Öfen dieser Leistungsklasse (Ultimate<br />
EAF) können 20 cm und mehr im Durchmesser<br />
besitzen. Um ein Abbrennen der Kupfer-Seelen in<br />
den Kabeln durch die sehr hohen Stromstärken zu<br />
vermeiden, werden die Kabel mit Wasser gekühlt.<br />
Gewaltig sind auch die elektromagnetischen Felder<br />
die entstehen, wenn der Lichtbogen im Schmelztiegel<br />
abreißt und neu zündet. Diese Felder können<br />
die mächtigen Kabel bäume in derart starke Schwingungen<br />
versetzen, dass schon Arbeiter zwischen den<br />
Kabelbäumen schwer verletzt wurden.<br />
Und noch zwei tolle Extrema habe ich bei meinen<br />
Recherchen zu diesem Artikel gefunden, die ich Ihnen<br />
in diesem Zusammenhang nicht vorenthalten möchte.<br />
Zusätzlich zu den Lichtbögen werden in Hochöfen<br />
Gebläse eingesetzt, die Sauerstoff unter höchstem<br />
Druck in die Schmelze blasen und damit zugleich<br />
Kohlenstoffreste in der Schmelze verbrennen und die<br />
Temperatur der Schmelze steigern. Diese Sauerstoffblaskonverter<br />
erzeugen Luftgeschwindigkeiten<br />
der zweieinhalbfachen Schallge-
schwindigkeit. Und der andere Vergleichswert für die<br />
gewaltigen Energieströme bei der Stahlerzeugung:<br />
Die Lechstahlwerke in Bayern haben die gleiche<br />
Stromrechnung wie die benachbarte 250.000-Einwohnerstadt<br />
Augs burg und erzeugen damit über eine<br />
Million Tonnen Stahlerzeugnisse pro Jahr. +rh<br />
Akkumulatoren<br />
Unter Wasser, unter Strom<br />
Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts war die<br />
Energiespeicherung und -umwandlung für eine neue<br />
Kategorie von Wasserfahrzeugen eine zentrale Aufgabe,<br />
der sich Ingenieure und Wissenschaftler stellen<br />
mussten. Das U-Boot entwickelte sich zu einem<br />
Schiffstyp, der heute nicht mehr aus der Schifffahrt<br />
wegzudenken ist.<br />
Für den Durchbruch war nicht zuletzt die Entwicklung<br />
des Bleiakkumulators im Jahr 1850 durch Wilhelm<br />
Joseph Sinsteden verantwortlich, der die Grundlage<br />
für die später verwendeten Akkumulatoren lieferte.<br />
Waren die ersten Versuche, Schiffe unterhalb<br />
der Wasseroberfläche anzutreiben, noch von der<br />
Muskel kraft der Besatzung abhängig, kam es Ende<br />
des 19. Jahrhunderts zur erstmaligen Nutzung von<br />
Akkumulatoren als Energiequelle. Durch den Einsatz<br />
der ersten maschinellen Antriebe musste ein Weg<br />
gefunden werden, diese den Anforderungen an ein<br />
U-Boot anzupassen. Nicht zuletzt die Militärs trieben<br />
die Entwicklungen voran, sah man doch im U-Boot<br />
eine neue Waffengattung, mit der man einen entscheidenden<br />
Vorteil gegenüber dem Gegner hatte.<br />
Das angewandte Prinzip, Energiespeicherung in einer<br />
aufladbaren elektrischen Zelle, in der chemische<br />
Stoffe durch einen elektrochemischen Prozess umgewandelt<br />
und wieder zurückgebildet werden können,<br />
hat sich bis heute nicht geändert. Durch die begrenzten<br />
Kapazitäten der Akkumulatoren wurde als<br />
Hauptantrieb ein Dieselmotor verwendet. Das Prinzip,<br />
zwei Antriebe zu verwenden, wobei der Dieselmotor<br />
den Ladestrom für den Akkumu lator erzeugt, hatte<br />
auch nach dem zweiten Weltkrieg Bestand. Akkumu-<br />
Zur Lerneinheit<br />
AKKUMULATOREN
| 8 >> AKKUMULATOREN<br />
Geballte Energie für unterwegs<br />
Flunderflache Handys, winzige MP3-Player und<br />
leistungsstarke Subnotebooks mit passablen Laufzeiten<br />
– diese Entwicklungen hätte es ohne sie nicht<br />
gegeben: Lithiumionen-Akkus (LiA). Kein anderes<br />
Batteriesystem speichert so viel elektrische Energie<br />
auf wenig Raum und ist dabei so leicht und formbar.<br />
Außerdem darf man LiA nach Belieben laden und entladen.<br />
Denn im Gegensatz zu Nickel-Cadmium-Akkus<br />
haben sie keinen Memory-Effekt, den Laufzeitverlust,<br />
der zustande kommt, wenn man nicht vollständig entund<br />
auflädt. Mit ihren vielfältigen Vorteilen haben<br />
die Kraftpakete die chemischen Nebenbuhler aus den<br />
meisten mobilen Kleingeräten verdrängt. Als nächstes<br />
sollen sie den Tiger samt Tank aus Kraftfahrzeugen<br />
vertreiben.<br />
Auf der anderen Seite kratzen Rückrufaktionen wegen<br />
Brandgefahr immer wieder am guten Ruf der LiA,<br />
ebenso wie vereinzelte Meldungen über Laptops oder<br />
Handys, die sich spontan entzünden. Das zeigt, wie<br />
schwierig es ist, derart stark gebündelte Energie im<br />
Zaum zu halten. Sie muss kontrolliert und nicht auf<br />
einen Schlag freigesetzt werden. Die Hersteller sind<br />
also mit gegensätzlichen Anforderungen konfrontiert:<br />
höhere Energiedichte auf der einen Seite, mehr<br />
Sicherheit auf der anderen – und kostengünstig soll<br />
es sein. Für jede neue Anwendung müssen sie diese<br />
Punkte gegeneinander abwägen.<br />
Die gängigsten LiA sind die so genannten 18650er<br />
Zellen (Abb.). Sie haben das beste Preis-Leistungs-<br />
Verhältnis unter ihresgleichen. Vor allem in Notebooks<br />
findet man sie – meist vier bis neun pro Akkupack.<br />
Sie bestehen aus eng gewickelten Schichten: Auf<br />
leitenden Folien sitzen die Elektroden. Dazwischen<br />
befinden sich Separatoren, die verhindern, dass sie<br />
sich berühren und es zum Kurzschluss kommt. Alles<br />
ist getränkt mit Elektrolyt, der aus organischen Lösemitteln<br />
mit Lithiumsalzen besteht. Er ist zwar brennbar,<br />
aber derzeit die einzige brauchbare Lösung, da<br />
Wasser und Lithium eine feurige Mischung ergeben.<br />
© Panasonic Industrial Europe GmbH<br />
Berstventil<br />
Stromkreisunterbrecher<br />
Isolierung<br />
Minuspol<br />
(Zellgehäuse)<br />
Pluspol<br />
Dichtung<br />
Stromabnehmer<br />
PTC- (positive<br />
temperature coefficient)<br />
Widerstand<br />
Separator<br />
Kathode<br />
Anode<br />
Die am häufigsten verwendete Lithium ionen-Zelle ist die<br />
vom Typ 18650 – mit einem Durchmesser von 18 mm und<br />
einer Länge von 65 mm<br />
Als Elektrodenmaterial dienen Verbindungen, die Lithiumionen<br />
ein- und auslagern können: Kohlenstoff<br />
für die Anode und Lithium-Übergangsmetalloxide für<br />
die Kathode. Im Gegensatz zu Elektroden aus reinem<br />
Lithium bleibt die Struktur besser erhalten und das<br />
Kurzschlussrisiko ist stark eingeschränkt. Außerdem<br />
muss bei der Produktion nicht mehr mit leicht entzündlichem<br />
Lithiummetall hantiert werden.<br />
Der größte Feind fast aller Akkutypen ist Hitze, weil<br />
sie deren Lebensdauer verkürzt. LiA reagieren besonders<br />
empfindlich darauf. Herkömmliche Varianten mit<br />
Lithiumcobaltoxid-Kathode sind bis etwa 60 °C stabil.<br />
Bei höheren Temperaturen kommt es bestenfalls zu<br />
dauerhaften Leistungsverlusten, im schlimmsten Fall<br />
zum Brand. Vor allem Überladung durch defekte oder<br />
falsche Ladegeräte, Produktionsfehler und äußere<br />
Einflüsse wie Überhitzen, Knicken und Durchstoßen<br />
können die Temperatur im Inneren gefährlich ansteigen<br />
lassen. Das wiederum kann verschiedene<br />
Reaktionen in der Zelle initiieren und beschleunigen,<br />
die exotherm ablaufen. Wenn die erzeugte Hitze<br />
den Wärmeabtransport übersteigt, kann es zum so<br />
genannten thermal runaway oder thermischen Durchgehen<br />
kommen. Die Zelle brennt unaufhaltsam ab<br />
oder explodiert.
Damit so etwas nicht passiert, schützen verschiedene<br />
Sicherheitsmechanismen die Akkus, indem sie diese<br />
etwa bei zu hohen Temperaturen zeitweilig oder für<br />
immer deaktivieren. Eingesetzt werden häufig Berstventile,<br />
die sich öffnen, wenn der Druck in der Zelle<br />
plötzlich ansteigt, und Gas oder Elektrolyt ablassen.<br />
Neuere Versionen kappen beim Bersten den Stromkreis.<br />
Auch PTC-Widerstände werden in LiA integriert.<br />
Fließt schlagartig zu viel Strom aus dem Akku laufen<br />
diese Kaltleiter heiß, senken ihre Leitfähigkeit und<br />
drosseln somit den Stromfluss. Umgekehrt bremsen<br />
sie den Ladevorgang, wenn die Temperatur der Zelle<br />
zu hoch ist.<br />
Weiterentwicklungen<br />
der herkömmlichen Separatoren sind Shutdown-<br />
Separatoren. Sie bestehen meist aus zwei bis drei<br />
Lagen diaxial gestrecktem und deshalb mikroporösem<br />
– also elektrolytdurchlässigem – Polyethylen (PE)<br />
und Polypropylen (PP): PE/PP oder PP/PE/PP. Steigt<br />
die Zelltemperatur zu stark an, wird das PE weicher<br />
und schließt seine Poren. Der Stromfluss wird unterbrochen,<br />
es kommt zum „shutdown“. Bestünde der<br />
Separator aus reinem PE, würde dieser Schutz nur bis<br />
etwa 135 °C funktionieren, denn dann schmilzt PE.<br />
Die zusätzliche PP-Schicht gibt dem Separator Halt<br />
bis zu 165 °C. Dann bricht der Damm.<br />
Sicherheitsbauteile kosten Geld und Platz. Deshalb<br />
verzichten die Hersteller umso eher darauf, je kleiner<br />
die Akkus werden sollen. Zum Glück ist auch die<br />
Feuersbrunst, die von ihnen ausgehen kann, umso<br />
schwächer. Berichte über explodierende Handyakkus,<br />
die Menschen ins Jenseits beförderten, stellten sich<br />
als falsch heraus. Die Wucht ist nicht viel heftiger als<br />
die von Silvesterkrachern.<br />
AKKUMULATOREN
Die rund 6.800<br />
Lithiumionen-<br />
Zellen, die den<br />
„Tank“ des Tes-<br />
la Roadster bil-<br />
den, speichern<br />
53 Kilowattstun-<br />
den an elek-<br />
trischer Energie.<br />
Das entspricht<br />
zwar nur acht<br />
Litern Benzin,<br />
reicht aber laut<br />
Herstelleranga-<br />
ben, um damit<br />
| 10 >> AKKUMULATOREN<br />
im Schnitt<br />
340 Kilometer<br />
zurückzulegen.<br />
Höchstge-<br />
schwindigkeit:<br />
200 Stunden-<br />
kilometer.<br />
Eines der Hauptprobleme, mit dem Entwickler zu<br />
kämpfen haben, ist die Lebensdauer der Akkus. Bei<br />
LiA schreitet die Alterung nicht nur mit ihrer Nutzung<br />
voran, sondern wie beim Menschen auch mit der Zeit.<br />
Bei kurzlebigen Konsumwaren wie Handys, die nach<br />
zwei bis drei Jahren veraltet sind, ist das weniger<br />
tragisch. In Autos aber sollte ein Akku mindestens<br />
acht Jahre halten, wenn sie sich durchsetzen wol-<br />
len. Auch hier sind neue Kathodenmaterialien wie<br />
Lithiumnickelmangancobaltoxid und -eisenphosphat<br />
vielversprechende Kandidaten. Beide Systeme haben<br />
zudem sehr geringe Impedanzen (Innenwiderstände).<br />
Deshalb vertragen sie kurze Ladepulse, die etwa bei<br />
der Bremsenergierückgewinnung eingespeist werden,<br />
und lassen sich schnell laden.<br />
Ausgereift für den Masseneinsatz in Elektro- oder<br />
Hybridautos sind LiA nicht. Noch dominieren Nickelmetallhydrid-Akkus<br />
dieses Feld. Eines der wenigen<br />
verfügbaren Elektroautos, das seine Energie aus<br />
LiA zieht, ist der Sportwagen Tesla Roadster. Rund<br />
6.800 18650er Zellen sind darin zu elf Modulen<br />
zusammengefasst. Voll geladen kommt man nach<br />
Herstellerangaben etwa 340 Kilometer weit. Neben<br />
PTC-Widerständen und Berstventilen sorgen ein elektrisches<br />
Managementsystem, das die Module einzeln<br />
überwacht, auf- und entlädt, sowie eine spezielle<br />
Klimaanlage für Sicherheit. Experten bezweifeln, dass<br />
sich die aufwändige Technik durchsetzt. Momentan<br />
allerdings profitiert die Tesla Motors Inc. von den<br />
verhältnismäßig günstigen Kosten, die durch die Massenfertigung<br />
der Standardzellen erzielt werden, und<br />
deren guter Verfügbarkeit. Preiswert ist der Roadster<br />
trotzdem nicht. Um die 100.000 Euro brutto muss<br />
man dafür zahlen.<br />
© Tesla Motors Inc.<br />
Noch sind LiA zu teuer, um sie in Fahrzeugen für den<br />
Massenmarkt einzusetzen. Experten schätzen, dass<br />
die Kosten für Hochenergie-Zellen derzeit bei mehr<br />
als 540 Euro pro Kilowattstunde liegen, die für Hochleistungsbatterien<br />
bei 810 Euro. Als Schmerzgrenze<br />
für die Markteinführung müssen sie auf höchstens<br />
300 Euro pro Kilowattstunde fallen, schätzt Dirk Uwe<br />
Sauer vom Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische<br />
Antriebe der Rheinisch-Westfälischen Technischen<br />
Hochschule Aachen. „Durch Warten passiert<br />
das nicht“, sagt er, „nur durch Massenfertigung“.<br />
Um diese anzukurbeln, hat die Bundesregierung<br />
beschlossen, in einer ersten von drei Phasen die<br />
Marktvorbereitung von Elektromobilen bis 2011 mit<br />
500 Millionen Euro zu fördern. Dazu kommen 200<br />
Millionen Euro aus den normalen Haushalten der verschiedenen<br />
Ministerien und diverse Mittel aus einzelnen<br />
Bundesländern. Zum Vergleich: Anfang 2009 hat<br />
die USA bereits kräftig Öl ins Feuer der heimischen<br />
Forschung gegossen. Sie hat 2 Milliarden US-Dollar<br />
(1,44 Milliarden Euro) reserviert – ausschließlich für<br />
Batterietechnik.<br />
So funktioniert ein Lithium ionen-Akku:<br />
Zellreaktionen<br />
Kathode:<br />
Anode:<br />
Gesamt:<br />
laden<br />
x Li + + C (Graphit) + x e 6 - Li C x 6<br />
(0 < x < 1)<br />
LiCoO 2 + C 6<br />
LiCoO 2<br />
laden<br />
entladen<br />
entladen<br />
laden<br />
entladen<br />
Li 1-x CoCO 2 + x Li + + x e -<br />
Li 1-x CoO 2 + Li x C 6<br />
(0 < x < 0,6)<br />
Da es zu gefährlich ist, reines Lithiummetall als<br />
Elektroden in Akkus einzusetzen, lagert man heute<br />
positiv geladene Lithiumionen in die Zwischenräume<br />
von Gittern aus Kohlenstoff (Anode) ein. Auf der an-<br />
deren Seite (Kathode) dient den Ionen ein Gerüst aus
Mischoxiden wie das häufig verwendete Lithiumcobaltoxid<br />
als Unterschlupf, wo sie sich eigentlich lieber<br />
aufhalten. Deshalb wandern die Ionen aus eigenem<br />
Antrieb von der Anode in die Lösung (den Elektrolyten),<br />
die sich zwischen den beiden Elektroden<br />
befindet, wenn man ein Gerät, das Strom benötigt,<br />
zwischen den Elektroden anschließt. Dann lassen sie<br />
sich in dem Mischoxidgerüst nieder. Für jedes eingelagerte<br />
Ion fließt zum Ladungsausgleich ein Elektron<br />
von der Kohlenstoff-Elektrode durch das Gerät zur<br />
Mischoxid-Elektrode – elektrischer Strom also.<br />
Lädt man den Akku auf, werden die Wanderungen<br />
umgekehrt. Elektronen werden von der Mischoxid- in<br />
die Kohlenstoff-Elektrode „gepumpt“. Zum Ausgleich<br />
wandern die Lithiumionen nun vom Mischoxid in den<br />
Kohlenstoff zurück. +djs<br />
Info Info Info Info<br />
Was man beachten sollte, wenn man<br />
LithiumionenAkkus (LiA) benutzt<br />
• LiA und Ladegerät sind fein aufeinander abgestimmt.<br />
Kaufen Sie keine Billig-LiA oder Ladegeräte<br />
von anderen Herstellern als dem ursprünglichen.<br />
Achten Sie dabei auf das Herstellungsdatum, denn<br />
Akkus altern wie verderbliche Waren mit der Zeit.<br />
• Setzen Sie LiA niemals hohen Temperaturen oder<br />
Feuchtigkeit aus. Laptops, die an heißen Sommertagen<br />
im Auto vergessen werden, können überhitzen.<br />
Dadurch altern sie schneller, oder es kommt<br />
zum Totalausfall oder Brand.<br />
• Achten Sie darauf, dass die Lüftungen von mobilen<br />
Geräten niemals blockiert sind. Der gemütliche<br />
Fernsehabend ist schnell vorbei, wenn die Bettdecke<br />
die Laptopkühlung verstopft.<br />
• Lassen Sie die Kontakte von LiA nicht in Berührung<br />
mit metallischen Gegenständen, etwa Münzen oder<br />
Schlüssel, kommen.<br />
• Setzen Sie die LiA oder Notebooks keinem Druck<br />
aus und lassen Sie sie nicht fallen. Akkus mit sichtbaren<br />
Beschädigungen (Dellen, Kratzer, Korrosionsspuren)<br />
nicht verwenden! Vermuten Sie Schäden,<br />
kontaktieren Sie vorsichtshalber den Hersteller.<br />
AKKUMULATOREN
Explosionswärmen<br />
und<br />
Detonationsgeschwindigkeiten<br />
von gängigen<br />
Explosivstoffen<br />
Quellen:<br />
[1] WikiPedia;<br />
[2] Römpp Online<br />
| 12 >> EXPLOSIVSTOFFE - ALLES NITRO ODER WAS?<br />
Explosivstoffe – Alles Nitro oder was?<br />
Sie haben eine verheerende,<br />
destruktive<br />
Wirkung, sind aber bei<br />
kontrolliertem Einsatz<br />
ein wichtiges Handwerkszeug,<br />
z. B. im<br />
Bergbau, im Bauwesen<br />
(Abbruch) oder im<br />
Verkehrsbau (Tunnel),<br />
tragen als Feuerwerk<br />
zur Unterhaltung bei<br />
und stehen in Verbindung<br />
mit dem Nobelpreis:<br />
Explosivstoffe.<br />
Formal lassen sich<br />
Explo sivstoffe in verschiedene<br />
Kategorien<br />
– z. B. Sprengstoffe<br />
(TNT) oder Schießstoffe<br />
(Schwarzpulver) – ein-<br />
Schwarzpulver<br />
Schwarzpulver bzw. verwandte Gemische stellen die<br />
ältesten vom Menschen genutzten Explosivstoffe<br />
dar. Eine genaue Datierung der ersten Nutzung ist<br />
schwer möglich. Der Gebrauch solcher Substanzen im<br />
13. Jahrhundert sowohl in China als auch in Europa<br />
gilt aber als schriftlich verbürgt. Verwendet wurde<br />
es schon früh als Treibmittel für Schusswaffen, aber<br />
auch für Feuerwerke. Während es im ersten Bereich<br />
mittlerweile weitestgehend durch andere Stoffe (z. B.<br />
Cellulosenitrat) ersetzt ist, wird es noch heute in<br />
teilen. Dieser Artikel gibt einen Überblick über einige<br />
der wichtigsten Explosivstoffe, die in ihnen enthaltenen<br />
chemischen Substanzen und ihren Energiegehalt.<br />
Explosivstoffe lassen sich grob in zwei Gruppen unterteilen:<br />
zum einen organische Verbindungen (oftmals<br />
mit Nitro-Gruppen als Sauerstofflieferanten),<br />
zum anderen stark sauerstoffhaltige anorganische<br />
Salze (häufig Nitrate oder Chlorate) im Gemisch mit<br />
Brennstoffen (z. B. Kohlepulver).<br />
Bei der Explosion setzen sich diese Substanzen<br />
bzw. Gemische um, es entstehen in der Regel große<br />
Wärmemengen und – durch die bei der Reaktion<br />
entstehenden Gase wie Kohlendioxid, Stickstoff oder<br />
Wasserdampf – große, sich schnell ausbreitende<br />
Gasvolumina, die beide für die Explosionswirkung<br />
verantwortlich sind. Entsprechend sind die Explosionswärme<br />
und die Detona tionsgeschwindigkeit zwei<br />
der wichtigsten Kenngrößen für Explosivstoffe (siehe<br />
Tabelle für Beispiele). Die zertrümmernde Wirkung<br />
von Explosivstoffen wird als Brisanz bezeichnet.<br />
Substanz Explosionswärme in kJ kg 1 Detonationsgeschwindigkeit in m s 1<br />
Schwarzpulver [1] 2700 300–600<br />
Cellulosenitrat [2] 4410 6800<br />
Nitroglycerin [2] 6770 7600<br />
TNT [2] 4520 6900<br />
Pikrinsäure [2] 4520 7350<br />
Nitropenta [2] 6400 8400<br />
Hexogen [2] 5720 8750<br />
vielen Feuerwerkskörpern verarbeitet. Die gängige<br />
Mischung (in Massen-%) besteht aus 75 % Kalisalpeter<br />
(Kaliumnitrat), 15 % Kohlepulver und 10 %<br />
Schwefel.<br />
Schießbaumwolle<br />
Einen großen Fortschritt auf dem Gebiet der Treibmittel<br />
stellte das Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals<br />
synthetisierte Cellulosenitrat dar, welches durch<br />
Umsetzung von Cellulose mit Nitriersäure entsteht.<br />
Ab einem Stickstoffgehalt von 12,75 Massen-%
(entspricht einem Nitrierungsgrad von etwa 2,5)<br />
bezeichnet man das Produkt umgangssprachlich als<br />
Schießbaumwolle. In der Praxis liegt der Stickstoffgehalt<br />
zwischen 13,0 und 13,4 Massen-%. Ein großer<br />
Vorteil von Cellulosenitrat ist die raucharme Verbrennung,<br />
die es für viele Einsatzgebiete interessant<br />
macht, vom Schießpulver bis hin zum Tischfeuerwerk.<br />
Ein Gemisch aus rund 70 Massen-% Cellulosenitrat<br />
mit einem Nitrierungsgrad von etwa 2 und 30 Massen-%<br />
Campher ist besser unter dem Namen Celluloid<br />
bekannt, was auch die hohe Feuerempfindlichkeit<br />
alter Filme erklärt. Während Celluloid bei der Filmherstellung<br />
schon seit langem durch andere Kunststoffe<br />
abgelöst ist, bleibt es für die Tischtennisballherstellung<br />
nach wie vor der Werkstoff der Wahl.<br />
O<br />
O<br />
O2N O<br />
NO 2<br />
O<br />
O NO2<br />
Cellulosenitrat (Nitrocellulose, Schießbaumwolle)<br />
Summenformel: C 6H 7N 3O 11 / CAS-RN: 9004-70-0<br />
Nitroglycerin<br />
Nitroglycerin – bzw. Glyceroltrinitrat – wird durch<br />
Nitrierung des entsprechenden Alkohols (hier: Glycerol)<br />
hergestellt und ist ebenfalls seit der Mitte<br />
des 19. Jahrhunderts bekannt. Die Handhabung<br />
reinen Nitroglycerins ist aufgrund der hohen Empfindlichkeit<br />
sehr schwierig. Der Durchbruch gelang<br />
hier Alfred Nobel mit der Entwicklung des Dynamits<br />
(Patent 1867): Drei Teile Nitroglycerin werden mit<br />
einem Teil Kieselgur als Trägermaterial und etwas<br />
Soda als Stabilisator vermischt. Der daraus entstehende<br />
Feststoff ist deutlich besser handhabbar als<br />
Nitroglycerin – hat allerdings aufgrund des Anteils<br />
an Trägermaterial auch eine geringere Sprengkraft.<br />
Zahlreiche Weiterentwicklungen – viele davon durch<br />
Alfred Nobel – verbesserten diese Eigenschaften, wie<br />
EXPLOSIVSTOFFE - ALLES NITRO ODER WAS?
Filterpapier mit<br />
Bariumpikrat<br />
| 14 >> EXPLOSIVSTOFFE - ALLES NITRO ODER WAS?<br />
zu bilden. Diese Pikrate waren Ursache für viele Unfälle,<br />
weshalb die Pikrinsäure mit der Zeit in vielen<br />
Anwendungsbereichen durch das bereits erwähnte<br />
TNT oder andere Explosivstoffe fast vollständig verdrängt<br />
wurde.<br />
R<br />
O 2 N NO 2<br />
NO 2<br />
TNT (2,4,6-Trinitrotoluol, R = CH3) Summenformel: C7H5N3O 6 / CAS-RN: 118-96-7 / InChI-Key:<br />
SPSSULHKWOKEEL-UHFFFAOYAZ<br />
Pikrinsäure (2,4,6-Trinitrophenol, R = OH)<br />
Summenformel: C6H3N3O 7 / CAS-RN: 88-89-1 / InChI-Key:<br />
OXNIZHLAWKMVMX-UHFFFAOYAM<br />
Nitropenta<br />
Obwohl schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts erstmals<br />
synthetisiert, wurde Nitropenta erst nach dem<br />
<strong>1.</strong> Weltkrieg zunehmend ein Erfolg. Wie viele andere<br />
Explosivstoffe ist es ebenfalls ein Salpetersäure -<br />
ester des entsprechenden Alkohols. Nitropenta ist ein<br />
sowohl im militärischen als auch gewerblichen Bereich<br />
häufig eingesetzter, hochbrisanter Explosivstoff.<br />
Eines der Haupteinsatzgebiete ist die Verwendung<br />
in Plastiksprengstoffen (in Kombination mit entsprechenden<br />
Plastifizierungsmitteln und teilweise anderen<br />
Explosivstoffen). So ist Nitropenta z. B. eine der<br />
Hauptkomponenten in den bekannten tschechischen<br />
Semtex-Plastiksprengstoffen. Neben der Verwendung<br />
als Sprengstoff wird es auch häufig im medizinischen<br />
Bereich eingesetzt, da es ebenfalls gefäßerweiternd<br />
wirkt.<br />
In den Massenmedien war Nitropenta zuletzt zum<br />
Jahreswechsel 2009/2010 stark vertreten, nachdem<br />
am 25. Dezember 2009 ein mutmaßlicher Terrorist an<br />
Bord eines Linienfluges von Amsterdam nach Detroit<br />
vergeblich versuchte, ca. 80g dieser Substanz zur<br />
Zündung zu bringen.<br />
O2N O O<br />
NO2 O2N<br />
O O<br />
NO2<br />
1,3Bis(nitryloxy)2,2bis(nitryloxymethyl)propan<br />
(Nitropenta, PETN) / Summenformel: C5H8N 4O12 / CAS-RN:<br />
78-11-5 / InChI-Key: TZRXHJWUDPFEEY-UHFFFAOYAE<br />
Hexogen<br />
Ein weiterer hochbrisanter Explosivstoff ist Hexogen,<br />
welches erstmals 1898 hergestellt wurde. Die<br />
Darstellung erfolgt durch Umsetzung von Urotropin<br />
(Hexamethylentetramin) mit konzentrierter Salpetersäure.<br />
Hexogen ist weit verbreitet und wird häufig<br />
in Plastiksprengstoffen verwendet. So ist es z. B.<br />
ebenfalls in den Semtex-Sprengstoffen enthalten<br />
und mit 91 Massen-% die Hauptkomponente von<br />
C4-Plastiksprengstoff.<br />
NO2<br />
N<br />
N N<br />
O2N NO2<br />
Hexahydro1,3,5trinitro1,3,5triazin (Hexogen, RDX)/<br />
Summenformel: C3H6N6O 6 / CAS-RN: 121-82-4 / InChI-Key:<br />
XTFIVUDBNACUBN-UHFFFAOYAY
ENERGIE UND RESSOURCEN SPAREN MIT GOLDKATALYSE
Gold-katalysierte<br />
Synthese von<br />
Ameisensäuremethylester<br />
aus<br />
Methanol und<br />
Sauerstoff<br />
| 16 >> ENERGIEBEDARF UND NAHRUNGSENERGIE<br />
H3C OH + O2 Dafür überführten sie das normalerweise inerte Metall<br />
in eine schwammartige aber stabile Struktur. Aus einer<br />
Gold-Silber-Legierung lösten sie den Silberanteil<br />
heraus und erzeugten dadurch nanoporöses Gold mit<br />
einer für das menschliche Auge nicht erkennbaren<br />
Porengröße von 10 bis 50 nm.<br />
Auf der speziellen Oberfläche kann das Methanol dann<br />
bei einer verhältnismäßig niedrigen Temperatur von<br />
unter 80 °C zum Ester umgewandelt werden, ohne<br />
dass unerwünschte Oxidationsprodukte wie Kohlendioxid,<br />
Formaldehyd oder Ameisensäure entstehen.<br />
Au (cat)<br />
1bar, 80°C<br />
H3C O<br />
Wie bei Katalysatoren üblich, reichen bereits kleinste<br />
Mengen Gold, um die Reaktion von Sauerstoff und<br />
Methanol in Gang zu bringen. Danach liegt das Edelmetall<br />
nahezu unverändert vor und kann theoretisch<br />
immer wieder verwendet werden. Die herstellenden<br />
Länder müssten also selbst bei industrieller Fertigung<br />
nicht um ihre Goldreserven bangen. Die Vorteile des<br />
Verfahrens sprechen für sich: einfach erhältliche Ausgangsstoffe,<br />
ein ungiftiger und wiederverwendbarer<br />
Katalysator, niedrige Reaktionstemperaturen und<br />
keine Nebenprodukte. Es bleibt zu hoffen, dass Ameisensäuremethylester<br />
zukünftig auch im<br />
großen Maßstab so energiesparend<br />
und ökologisch nachhaltig<br />
produziert wird.<br />
+ab/dk<br />
O<br />
H<br />
Zur Lerneinheit<br />
Energiebedarf und Nahrungsenergie<br />
Unser Gastartikel von Frau Dr. Olias (Institut für<br />
Ernährungsforschung, Potsdam)<br />
Wenn wir essen, nehmen wir nicht nur Baustoffe für<br />
unseren Körper auf, sondern auch lebensnotwendige<br />
Energie. Wie viel Energie eine Person insgesamt benötigt<br />
hängt von verschiedenen Faktoren ab: dem<br />
Grundumsatz, dem Leistungsumsatz und der nahrungsinduzierten<br />
Thermogenese.<br />
Der Grundumsatz umfasst die Energie, die im Wachzustand<br />
bei völliger körperlicher Ruhe zur Aufrechterhaltung<br />
der Körperfunktionen erforderlich ist. Er<br />
ist abhängig von Alter, Gewicht, Muskelmasse oder<br />
Geschlecht. Bei Erwachsenen mit leichter körperlicher<br />
Arbeits- und Freizeitbelastung macht der Grundumsatz<br />
etwa 50 bis 60 Prozent des gesamten Tagesenergiebedarfs<br />
aus. Dabei hat das menschliche Gehirn<br />
mit etwa 20 Prozent einen recht großen Anteil am<br />
Grundumsatz. Die meiste Energie benötigt es für<br />
unbewusste Denkprozesse. Ständig muss es Sinneseindrücke<br />
verarbeiten oder koordinieren. Selbst wenn<br />
wir schlafen, ist es aktiv und sorgt dafür, dass wir<br />
beim Träumen weiteratmen und nicht aus dem Bett<br />
fallen. Dagegen steigern angestrengtes Lernen oder<br />
Denken den Energieverbrauch des Hirns kaum. Sicher<br />
eine enttäuschende Nachricht für alle, die hofften,<br />
sich „schlank denken“ zu können.<br />
Durch körperliche Aktivität lässt sich hinsichtlich<br />
eines gesteigerten Energieverbrauchs schon mehr<br />
bewirken. Die Energiemenge, die für Bewegungen<br />
verbraucht wird, entspricht dem Leistungsumsatz und<br />
ist unter anderem von der Art der Bewegung und vom<br />
Körpergewicht abhängig. Beispielsweise verbraucht<br />
eine 60 Kilogramm schwere Frau mittleren Alters<br />
beim Gehen mit einer Geschwindigkeit von drei bis<br />
acht Stundenkilometern 110 bis 560 Kilokalorien pro<br />
Stunde. Würde sie mit einer Geschwindigkeit von 19<br />
Stundenkilometern laufen, würde sich ihr Energieverbrauch<br />
auf <strong>1.</strong>840 Kilokalorien erhöhen. Körperlich<br />
aktiv zu sein, wirkt zudem dem altersbedingten Muskelabbau<br />
entgegen. Ein hoher Muskelanteil ist nicht
nur mit einem erhöhten Grundumsatz verbunden,<br />
sondern senkt zudem das Risiko für Erkrankungen<br />
des Bewegungsapparates oder Diabetes.<br />
Auch für die Verdauung, die Resorption und den<br />
Transport von Nährstoffen benötigt der Körper<br />
Energie, so dass der Energieumsatz nach dem Essen<br />
steigt. Die postprandiale Steigerung des Energieumsatzes<br />
entspricht der nahrungsinduzierten Thermogenese<br />
und hängt ausschließlich von der Art und Menge<br />
der aufgenommenen Nahrung ab. Unter normalen<br />
Bedingungen sind etwa acht bis 15 Prozent des täglichen<br />
Gesamtenergiebedarfs auf die nahrungsinduzierte<br />
Thermogenese zurückzuführen.<br />
Zusammengenommen benötigt eine erwachsene Frau<br />
im Schnitt etwa <strong>2.</strong>000 Kilokalorien pro Tag, um ein<br />
normales Körpergewicht zu halten – ein erwachsener<br />
Mann braucht um die <strong>2.</strong>400 Kilokalorien. Nimmt man<br />
mehr Energie über Essen und Trinken auf, als man<br />
für den Erhalt seines Normalgewichts benötigt, wird<br />
die überschüssige Energie in Form von Fett gespeichert<br />
– man wird dick. Bereits mehr als die Hälfte<br />
der Erwachsenen in unserer Gesellschaft schaffen<br />
es nicht, eine positive Energiebilanz und das damit<br />
verbundene Übergewicht zu vermeiden. Einen Grund<br />
hierfür sehen Ernährungsforscher in dem derzeitigen<br />
Nahrungsmittelangebot. Denn viele der heutigen Lebensmittel<br />
schmecken nicht nur gut, sondern strotzen<br />
nur so vor Energie. Zu den oftmals unerkannten,<br />
nicht nur bei Kindern sehr beliebten Kalorienbomben<br />
gehören beispielsweise Gummibärchen. Ein halber<br />
Beutel der bunten Gesellen enthält zwar kein Fett<br />
dafür aber sehr viel Zucker und liefert stolze 328<br />
Kilokalorien. Wer nicht auf süß-saure Naschereien<br />
verzichten möchte, dennoch aber seine Kalorienaufnahme<br />
reduzieren will, der sollte es einmal mit<br />
Obst probieren. Zum Beispiel Äpfel sind nicht nur<br />
lecker, sondern enthalten Vitamine, Mineral- und<br />
Ballaststoffe und schlagen pro 100 Gramm mit nur<br />
54 Kilokalorien zu Buche. Aber nicht nur süße Snacks<br />
sondern auch salzige Knabbereien können es in sich<br />
haben. Zwar sind Nüsse an sich nicht ungesund, da<br />
sie wertvolle B-Vitamine, Vitamin E und essentielle<br />
ENERGIEBEDARF UND NAHRUNGSENERGIE
| 18 >> WIE VIEL ENERGIE STECKT IM MENSCHEN?<br />
Wie viel Energie steckt im Menschen –<br />
ein Selbsttest<br />
Wissen Sie eigentlich, wie viel Kilokalorien<br />
(kcal) Sie Tag für Tag zu sich nehmen?<br />
Seit der EU-Verordnung 1924/2006 gibt es einheitliche<br />
Vorgaben für die Nährwertangaben auf Lebensmittelverpackungen.<br />
Die Tabellen geben die Werte<br />
pro 100 g und oft auch auf eine Portion gerechnet<br />
an. Die Empfehlungen sprechen von 2000 kcal für<br />
die Durchschnittsfrau und 2200 kcal für den Durchschnittsmann.<br />
Begleiten Sie mich einen Tag, um<br />
ein konkretes Beispiel für die Aufnahme und den<br />
Verbrauch von Energie im menschlichen Körper zu<br />
bekommen.<br />
Wenn sich der Wecker morgens um halb sieben mit<br />
den aktuellen Nachrichten bemerkbar macht, dann<br />
hat mein Körper seit Beginn des neuen Tages bereits<br />
325 Kilokalorien verbraucht. Das entspricht einer<br />
Dauerleistung von 58 Watt und würde in Form einer<br />
Glühbirne für viel Licht sorgen. Der Mensch mag es<br />
im Schlaf aber nicht hell, sondern warm, und so<br />
sorgt die Energie unter anderem dafür, dass meine<br />
Körpertemperatur bei annähernd 37 °C liegt – am<br />
Abnehmen im Schlaf ist also sogar etwas dran, wenn<br />
es nur kalt genug ist. Des Weiteren sorgt die gespeicherte<br />
Energie in meinem Körper dafür, dass meine<br />
Organe arbeiten, ich also zum Beispiel mit Sauerstoff<br />
versorgt werde, mein Herz schlägt, dass sich der Körper<br />
regeneriert und Haare und Fingernägel wachsen.<br />
Die aktuellen Geschehnisse der Welt dringen tiefer<br />
in mein Ohr und nach dem Aufstehen trinke ich als<br />
erstes ein Glas Wasser. Die Energiezufuhr ist gleich<br />
null, aber der über einen Zeitraum von 7–8 Stunden<br />
Schlaf verlorenen Wassermenge wirke ich aus<br />
Gewohnheit als erstes entgegen. Ich stehe auf den<br />
Füßen, meine Muskeln halten das Gleichgewicht,<br />
meine Arme sind in Bewegung. Gegenüber dem<br />
Schlaf steigert sich der Energiebedarf um 30 kcal,<br />
so dass ich nun 80 kcal pro Stunde umsetze, was<br />
einer Leistung von 93 W entspricht. Der Gang ins<br />
Bad mit einer fünf- bis zehnminütigen Dusche ist die<br />
erste große Anstrengung, die mir aber gefühlt mehr<br />
Energie bringt, als sie mich kostet. Während des<br />
Duschens verbrauche ich ca. 50 kcal, für das komplette<br />
Procedere am Morgen fallen insgesamt 75 kcal<br />
an. Zum Frühstück gibt es die ersten Kilokalorien<br />
des Tages entweder als Brot mit süßem Belag oder<br />
in Form von Cornflakes und Müsli. Die Brotvariante<br />
schlägt sich mit 590 kcal auf meine Energiebilanz<br />
nieder. Eine frühstückstaugliche Schüssel Cornflakes/<br />
Müsli mit 0,2 l Milch bringt 446 kcal mit sich. Heute<br />
Morgen greife ich zum Brot und somit stehen 590 kcal<br />
an zugeführter Energie 480 seit null Uhr verbrauchten<br />
Kilokalorien gegenüber.<br />
Den Weg zur Arbeit lege ich mit dem Rad zurück.<br />
Acht Kilometer Strecke absolviere ich in Abhängigkeit<br />
von der Musikauswahl in meinem MP3-Player und<br />
der Verkehrssituation in 25–35 Minuten. Während<br />
ich also 300 kcal auf dem Rad verbrenne, bekommt<br />
mein Körper die erste Trainingseinheit, damit sich<br />
die Büroarbeit nicht so schnell auf die Figur auswirkt.<br />
Kurzzeitig entspricht die erzeugte Leistung von über<br />
790 W der eines Netzteiles in einem aktuellen High-<br />
End-PC mit mehreren Grafikkarten. Bei der Arbeit<br />
angekommen schließe ich das Rad an und nehme die<br />
Treppe bis zur Etage sieben, was mich schneller aus<br />
der Puste bringt als das Radfahren. Danach folgt der<br />
morgendliche Gruß an alle Kollegen und in weniger<br />
als fünf Minuten sind 50 kcal verbraucht.<br />
Von nun an beginnt die Denkarbeit. Die sitzende Arbeit<br />
vor dem Computer und damit an diesem Artikel verbraucht<br />
pro Stunde ca. 35 kcal. Dazu kommen die 80<br />
kcal, die ich im wachen Zustand ohnehin schon Stunde<br />
um Stunde verbrauche. Bei einem etwas über acht<br />
Stunden dauernden Arbeitstag verbringe ich sieben<br />
Stunden im Sitzen, in deren Durchschnitt eine Leistung<br />
von 134 W erbracht wird. Die kreative und produktive<br />
Leistung kann man leider nicht so einfach in Zahlenwerte<br />
überführen. Ein Liter Tee über den Vormittag<br />
verteilt liefert figurbewusste 25 kcal und dient somit<br />
eher als Kühlflüssigkeit, denn als Energielieferant.<br />
Ein kleiner Snack beruhigt den Magen bis zum Mittag<br />
und Punkt 12 Uhr zeigt der Kilokalorienstand 1330<br />
verbrauchte und 815 aufgenommene Kilokalorien an.
Kurz nach 12 Uhr füllen sich die Straßen im Gewerbegebiet<br />
mit hungrigen Angestellten, die sich gleichmäßig<br />
auf die Lokale und Kantinen verteilen. Mit<br />
Kollegen gehe ich zum Italiener, dessen Tageskarte<br />
Pasta Bolognese mit Käse und Salatgarnitur anbietet.<br />
Ich wähle eine große Portion, da ich mich abends<br />
mit einem Freund zum Badminton verabredet habe.<br />
Nach dieser 1076 kcal starken Mischung aus Kohlenhydraten,<br />
Eiweiß und Fett gibt es die obligatorische<br />
Tasse schwarzen Kaffee und zusätzlich vier Kilokalorien.<br />
Wenn ich also um 13 Uhr wieder am Schreibtisch<br />
sitze, habe ich seit 0 Uhr 1410 kcal verbraucht<br />
und 1995 kcal aufgenommen.<br />
Der Nachmittag hat neben etwas Obst (100 kcal) und<br />
einem weiteren Liter Tee nichts Nahrhaftes zu bieten.<br />
Mein Gehirn ist gefordert: Am Computer erstelle ich<br />
in Zusammenarbeit mit den CHEMGAROO-Redakteuren<br />
neue Medienelemente für die ChemgaPedia,<br />
damit Studenten und Schüler nicht so viel Energie<br />
beim Lernen aufwenden müssen. Die Anfrage eines<br />
ChemgaMedia-Kunden wird bearbeitet, im Anschluss<br />
werden Arbeiten am Autorensystem der ChemgaPedia<br />
ausgeführt und Probleme besprochen und gelöst. Bis<br />
17 Uhr hat mein Körper 460 kcal verbraucht, von<br />
denen „nur“ 140 kcal für diese Büroarbeiten aufgewendet<br />
wurden. Ich wünsche einen schönen Feierabend<br />
und bin kurze Zeit später im Sportcenter. Mit<br />
Schläger, Charme und Wasser (Geschmacksrichtung<br />
Melone) schaffen mein Spielpartner und ich in den<br />
neunzig Minuten meist fünf Sätze. Der Sieg ist knapp<br />
aber mein und ich habe ca. 390 kcal verbrannt, was<br />
einer Durchschnittsleistung von 302 W entspricht. Da<br />
meine Kraftreserven sich spürbar verringert haben,<br />
trete ich ruhiger in die Pedale und wende 250 kcal<br />
und mehr Zeit für den Heimweg auf. Mein Bauch sendet<br />
deutliche Signale ans Gehirn und ich lege einen<br />
kurzen Stopp an der Dönerbude ein – Döner, Kräuter<br />
und scharf, Salat komplett zum Mitnehmen. Zu Hause<br />
angekommen folgt nun der Teil, der an anderen Tagen<br />
früher einsetzt: Abendessen und Ausspannen. In<br />
meinem DVD-Player rotiert ein rasanter Actionfilm, in<br />
dem Liam Neeson 96 Stunden Zeit hat seine Tochter<br />
zu retten. Der Film ist gut und der Döner mit 620 kcal<br />
WIE VIEL ENERGIE STECKT IM MENSCHEN?
| 20 >> KOCHEN MIT MAGNETISMUS<br />
<strong>1.</strong><br />
<strong>2.</strong><br />
Kochen mit Magnetismus: Vor und<br />
Nachteile des Induktionskochfeldes<br />
Das Induktionskochfeld feiert einen Siegeszug in<br />
deutschen Küchen. Das hat vor allem zwei Gründe:<br />
Ein Induktionskochfeld heizt die Nahrung deutlich<br />
schneller auf als ein Elektrokochfeld und verbraucht<br />
dabei bis zu 20 % weniger Energie. Der Wirkungsgrad<br />
beträgt ca. 90 %, bei einem Elektrokochfeld<br />
ca. 55 % und bei einem Gasherd 40 %. Je nach<br />
Beschaffenheit und Material des Kochgeschirrs kann<br />
das Induktionskochfeld die Nahrung genauso schnell<br />
erwärmen wie ein Gasherd.<br />
Die Kochplatte selbst erwärmt sich nicht, sondern<br />
nur das Kochgeschirr. Dies reduziert die Verbrennungsgefahr<br />
beim Kochen, vor allem in Haushalten<br />
mit Kindern.<br />
Bei der Induktionskochplatte handelt es sich um<br />
einen Elektromagneten basierend auf einer einlagigen<br />
Kupferspule. Diese Spule erzeugt ein magnetisches<br />
Wechselfeld, welches im Boden eines ferromagnetischen<br />
Kochgeschirrs Wirbelströme induziert. Ein<br />
Wirbelstrom ist ein in sich geschlossener Stromfluss<br />
innerhalb des Leiters. Voraussetzung für einen Wirbelstrom<br />
ist, dass der Leiter eine ausreichende Fläche<br />
besitzt, damit ein kreisförmiger Stromfluss entstehen<br />
kann. Durch den hohen Ohm´schen Widerstand des<br />
ferromagnetischen Materials bewirken die Wirbelströme<br />
eine Erwärmung des Materials.<br />
Ein Vorteil dieser Technologie ist, dass das Kochgeschirr<br />
selbst zum Heizelement wird. Auf diese Weise<br />
©as<br />
Wechselmagnetisches Feld<br />
Schematische Darstellung zur Erzeugung von Wirbelströmen<br />
erfolgt die Wärmeübertragung nur vom Kochgeschirr<br />
auf die Nahrung. Der Energieverlust bei der Wärmeübertragung<br />
von Herdplatte zu Kochgeschirr, wie bei<br />
einem Elektro- oder Gaskochfeld, wird vermieden.<br />
Weitere positive Eigenschaften werden durch die<br />
Elektronik möglich, welche für die Steuerung des<br />
Magnetfeldbetriebs notwendig ist. Zum Beispiel wird<br />
das Magnetfeld abgeschaltet, wenn sich kein oder ein<br />
ungeeignetes Kochgeschirr auf der Kochplatte befindet.<br />
Das Induktionskochfeld hat aber auch Nachteile.<br />
Es kann nur Kochgeschirr mit einem hohen Anteil<br />
von ferromagnetischem Material (Eisen, Nickel) verwendet<br />
werden. Bei Kochgeschirr aus zum Beispiel<br />
Aluminium versagt das Induktionskochfeld.<br />
Des Weiteren kann bei der Verwendung des Kochfeldes<br />
elektromagnetische Streustrahlung auftreten.<br />
Verwendet man einen zu kleinen Topf oder steht der<br />
Topf nicht zentriert auf dem Kochfeld, breitet sich<br />
ein Teil des Magnetfeldes zylindrisch aus. Dabei können<br />
in einem Abstand von 10 bis 20 cm Strahlungen<br />
auftreten, welche die empfohlenen Grenzwerte der<br />
Internationalen Kommission zum Schutz vor Nichtionisierender<br />
Strahlung (ICNIRP) erreichen. Jedoch ist<br />
eine Gesundheitsschädigung bei einwandfrei funktionierenden<br />
Induktionskochfeldern nicht zu befürchten.<br />
Personen mit Herzschrittmachern sollten aber auf alle<br />
Fälle vor der Anschaffung eines Induktionskochfeldes<br />
ihren Arzt konsultieren. +hf<br />
¯<br />
Spule<br />
Eisenscheibe<br />
Zur Lerneinheit
Regenerative Energie<br />
Derzeit wird Energie hauptsächlich aus Kohle, fossilen<br />
Ressourcen und Kernspaltung gewonnen. Bei<br />
der Kernspaltung entsteht Atommüll, der sich nur<br />
sehr langsam abbaut, Abbau von Braunkohle senkt<br />
das Grundwasser und Feinstaub belastet die Umwelt.<br />
Bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen, wie<br />
Kohle, Gas und Öl, wird CO2 freigesetzt, das als Treibhausgas<br />
bekannt ist. Außerdem gehen die fossilen<br />
Ressourcen zurück. Die Internationale Energieagentur<br />
(IEA) sagt ein globales Ölfördermaximum für 2020<br />
voraus. Danach wird bei gleichem oder sogar steigendem<br />
Energiebedarf mit sinkenden Förderungen<br />
gerechnet. Die Quellen für Erdgas werden länger<br />
reichen, sind jedoch ebenfalls begrenzt.<br />
Erneuerbare Energien werden aus Ressourcen gewonnen,<br />
die sich nicht erschöpfen oder schnell regenerieren.<br />
Damit wir Menschen an unseren Lebensgewohnheiten<br />
festhalten können, ist es wichtig, auf<br />
erneuerbare Energien umzusteigen, die eine Menge<br />
Vorteile aber auch einige Nachteile bergen. Bei keiner<br />
der Möglichkeiten können nur die Vorteile betrachtet<br />
werden. Um jedoch eine langfristige Energieabdeckung<br />
zu gewährleisten, ist es nötig, nicht nur auf<br />
die klassischen Energien zu setzen. Ein frühzeitiger<br />
Umstieg auf erneuerbare Energien verlängert die Reserven<br />
der fossilen Quellen.<br />
In Deutschland wird erneuerbare Energie seit einigen<br />
Jahren staatlich gefördert. Am <strong>1.</strong> April 2000 trat<br />
das ErneuerbareEnergienGesetz (EEG) in Kraft.<br />
Dieses Gesetz verhalf der Ökostromerzeugung zum<br />
Aufschwung, indem es Netzanbieter verpflichtet,<br />
Strom von Anlagen für erneuerbare Energien abzunehmen<br />
und zu vergüten.<br />
Eine Studie des BEE (Bundesverband Erneuerbare<br />
Energie e. V.) sagt voraus, dass 2020 50 % der<br />
Stromversorgung aus erneuerbaren Energien gewonnen<br />
werden kann. Momentan ist das Potenzial in<br />
Deutschland noch weitgehend unerschlossen (Potenzialatlas,<br />
erneuerbare Energien). Weltweit ist geplant,<br />
REGENERATIVE ENERGIE
| 22 >> REGENERATIVE ENERGIE<br />
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Zur Lerneinheit
weltweit zunehmend in Konkurrenz zur klassischen<br />
Nahrungsmittelproduktion. Für die Welternährung<br />
wird dies in den kommenden Jahren und Jahrzehnten<br />
zu einem ernsten Problem werden.<br />
Wasserkraft<br />
Wasserkraft ist die am längsten bekannte Möglichkeit,<br />
Energie zu erzeugen. Schon vor <strong>1.</strong>000 Jahren<br />
wurden z. B. Mühlen mit Hilfe von Wasserkraft angetrieben.<br />
Heute werden ca. 16–20 % des weltweit<br />
produzierten Stroms aus Wasserkraft erzeugt. Kleine<br />
Anlagen können an Flüssen gebaut werden ohne<br />
Wasser zu sammeln. Größere Anlagen werden mit<br />
Hilfe von Staubecken realisiert. Der Vorteil von Wasserkraft<br />
ist, dass die Energie ständig verfügbar und<br />
gut speicherbar ist. Steigt der Stromverbrauch, wird<br />
das Durchflussvolumen in den Turbinen gesteigert.<br />
Einige Groß-Wasserkraftwerke haben in den letzten<br />
Jahren für negative Schlagzeilen gesorgt. Menschen<br />
wurden aus ihren Wohngegenden vertrieben, damit<br />
© pixelio: qayyaq<br />
Größtes Wasserkraftwerk der Ukraine, in Saporoshje,<br />
mit einer Leistung von 1500 MW überbietet es manch<br />
Kernkraftwerk.<br />
große Stauseen angelegt werden konnten. Dammbrüche<br />
überfluteten weite Landstriche und führten zu<br />
großen Naturkatastrophen. Neuere Untersuchungen<br />
ergaben auch ein hohes Kohlendioxidaufkommen<br />
bei der Erschließung neuer Staubecken. Neuere Modelle<br />
nutzen (wie bei der Windkraft) nicht nur die<br />
Möglichkeiten an Land, sondern erzeugen auch aus<br />
den Meeres- und Gezeitenströmungen Strom. In<br />
Deutschland ist das Potenzial der Energieerzeugung<br />
aus Wasserkraft weitgehend erschöpft. Reserven liegen<br />
vor allem in der Renovierung und Verbesserung<br />
vorhandener Kraftwerke. +as<br />
DAS ENERGIEMONOPOL DER STROMVERSORGER
| 24 >> ENERGIEMONOPOL DER STROMVERSORGER<br />
hat den Vorteil, einen viel größeren Wirkungsgrad<br />
als herkömmliche Kraftwerke zu besitzen, bei denen<br />
ein Großteil der Energie als Abwärme ungenutzt an<br />
die Umgebung abgegeben wird. Kühltürme werden<br />
gebaut, um die Abwärme loszuwerden, anstatt sie<br />
zu nutzen. Wärme kann allerdings nicht beliebig weit<br />
transportiert werden. Deshalb sind kleine dezentrale<br />
BHKWs, die ihren Nahbereich versorgen, effizienter<br />
als große Kraftwerke. Andererseits kann ein BHKW<br />
effizienter und mit weniger Emissionen arbeiten als<br />
viele einzelne private Heizungsanlagen.<br />
Großkraftwerke arbeiten am wirtschaftlichsten bei<br />
gleichbleibender Leistungsabgabe. Die Nachfrage ist<br />
aber am Tag sehr viel größer als in der Nacht. Deswegen<br />
schwankt der Strompreis im Laufe des Tages.<br />
Pumpspeicherkraftwerke (das Umkehrprinzip<br />
eines Waserkraftwerkes) werden eingesetzt, um<br />
Energie in Zeiten geringerer Nachfrage zu speichern<br />
und bei hoher Nachfrage wieder abzugeben.<br />
Diese und weitere Technologien lassen sich auch<br />
nutzen, um die natürlichen Schwankungen bei Windund<br />
Sonnenenergie auszugleichen, auch wenn dabei<br />
größere Zeiträume zu überbrücken sind.<br />
Der Energiemix für die Versorgung mit erneuerbaren<br />
Energien sollte so gewählt werden, dass die<br />
vorhandenen Ressourcen optimal genutzt werden.<br />
Bei Geothermie, Sonne und Wind gibt es regionale<br />
Unterschiede; Biomasse sollte aus der nahen Umgebung<br />
kommen. Die Vorteile für Gemeinden sind die<br />
Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort, die Förderung<br />
von kleinen Betrieben und ein teilweiser Rückfluss<br />
der Ausgaben durch erhöhte Steuereinnahmen bzw.<br />
durch Energieeinspeisung ins öffentliche Netz.<br />
Durch dezentrale Energieversorgung kann man dafür<br />
sorgen, dass Energie gerade bei extremen Preissteigerungen<br />
für Öl und Gas bezahlbar bleibt, immer<br />
dann zur Verfügung steht, wenn man sie braucht, und<br />
die Umwelt so wenig wie möglich belastet wird. Es<br />
geht aber nicht darum, kleine entkoppelte Einheiten<br />
zu schaffen. Erst im Verbund können die regenerativen<br />
Energien die herkömmlichen ersetzen. „Virtuelle<br />
Zur Lerneinheit<br />
Kraftwerke“ vernetzen unterschiedliche dezentrale<br />
Kraftwerke (Wind-, Biogas- und Solaranlagen), um<br />
verlässlich zu jeder Zeit die benötigte Energie bereitzustellen.<br />
Auf Hochspannungsleitungen wird man<br />
dabei nicht verzichten können. Nur die Energie wird<br />
in Zukunft aus anderen Quellen kommen. +tvd<br />
Weitere Informationen zu unseren Energie-Artikeln<br />
in diesem +report+ finden Sie aktuell bei uns im<br />
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Mit Energie in die Zukunft –<br />
das Wissenschaftsjahr 2010<br />
Bereits in unserem Artikel über erneuerbare Energien<br />
haben wir die zunehmende Bedeutung der Nutzung<br />
regenerativer Ressourcen angesprochen. Auch politisch<br />
spielt heute und in den kommenden Jahren und<br />
Jahrzehnten die Energiepolitik eine zentrale Rolle.<br />
In Deutschland startet das Bundesministerium für<br />
Bildung und Forschung (BMBF) das Wissenschaftsjahr<br />
2010 und widmet sich gezielt dem Thema „Die<br />
Zukunft der Energie“. Hier werden zentrale Fragen<br />
behandelt: Wie sieht der Energiemix der Zukunft<br />
aus? Wie wird die Energieversorgung unseres Landes<br />
in den kommenden Jahrzehnten sichergestellt? Wie<br />
erreichen wir den Durchbruch zu den erneuerbaren<br />
Energien? Damit rückt das BMBF eine existentiell<br />
bedeutsame Frage für die Gesellschaft in den Fokus<br />
des Wissenschaftsjahres, welches die Debatte um<br />
neue Lösungen und Konzepte für die künftige Energieversorgung<br />
in die Mitte der Gesellschaft bringen<br />
soll. So fördert das BMBF die Energieforschung im<br />
Jahr 2010 mit mehr als 400 Millionen Euro, 10 %<br />
mehr als im Vorjahr; in die<br />
Forschungsbereiche<br />
Energieeffizienz<br />
und erneuerbare<br />
Energien<br />
werden fast<br />
40 % dieses<br />
Etats investiert.<br />
Im<br />
Wissenschaftsjahr,<br />
welches das<br />
BMBF zusammen mit vielen<br />
anerkannten Partnern aus Forschung,<br />
Wissenschaft und Wirtschaft<br />
veranstaltet, werden Einblicke in die Welt der<br />
Energieforschung und ihre Errungenschaften gegeben<br />
sowie Modelle zum Thema Sicherheit, Wirtschaftlichkeit<br />
und Klimaverträglichkeit bei der Nutzung von<br />
Energien vorgestellt.<br />
MIT ENERGIE IN DIE ZUKUNFT
| 26 >> LESERGESCHICHTEN<br />
Pannen im Chemielabor – Geschichten<br />
zum Schmunzeln<br />
In unserem letzten +report+ II/2009 starte ten<br />
wir einen Leseraufruf. Wir suchten lustige Laborgeschichten<br />
aus dem Alltag. Wir danken für alle Einsendungen<br />
und geben Ihnen hier eine kleine Lese probe:<br />
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Der Nebelstreif<br />
Der kleine Chemiker versprach sich viel von der<br />
Erzeugung eines großen Nebelstreifs. Dies konnte<br />
mit der sogenannten Berger-Mischung gelingen, einer<br />
Paste aus Tetrachlorkohlenstoff und Zinkstaub.<br />
Nachdem, wenn auch mit einem Missgeschick, die<br />
Herstellung eines Zünders gelungen war, konnte ans<br />
Werk gegangen werden. Sein Weitblick, der ihn bei<br />
all seinen Experimenten begleitete, sagte ihm, dass<br />
man ein solches Experiment am besten nicht in der<br />
Wohnung, sondern im Freien ausführt. Die Wahl fiel<br />
auf den Balkon der Wohnung, wo hinter den dortigen<br />
Blumenkästen noch Platz war für das Auslegen und<br />
Zünden der Mischung. Sofort entwickelte sich eine<br />
gewaltige Nebelwolke, die in die Höhe stieg und leider<br />
durch die ungünstigen Windverhältnisse in die höher<br />
gelegene Wohnung eindrang, wo man zum Lüften alle<br />
Fenster geöffnet hatte. Auf der anderen Seite dieser<br />
Wohnung kam die Wolke durch das geöffnete Fenster<br />
wieder zum Vorschein, und der Durchzug wurde von<br />
den Bewohnern mit heftigen Hustenanfällen quittiert.<br />
Zum Glück dauerte das Abbrennen der Mischung nur<br />
kurze Zeit. Als sich der Nebel verzogen hatte, wurde<br />
deutlich, dass der Blumenkasten großflächig angekohlt<br />
war. An einen Ersatz war zu damaligen Zeiten<br />
nicht zu denken, aber der am Experiment beteiligte<br />
Freund wusste Rat. „Wir drehen den Blumenkasten<br />
einfach herum. Von der Straße aus sieht niemand<br />
den Schaden. Außerdem sehen wir uns nach etwas<br />
Farbe um, mit der wir die verkohlte Stelle überpinseln<br />
können". Gesagt - getan. Leider offenbarte der<br />
Blumenkasten hierbei noch eine andere, bisher verborgen<br />
gebliebene Schwäche: Beim Hochheben des<br />
Kastens blieb der abgefaulte Boden stehen, und der<br />
Blumenkasteninhalt ergoss sich großenteils in den<br />
Vorgarten. Der Rest des Tages war mit dem Aufsammeln<br />
des Inhaltes ausgefüllt und mit dem Wiederbepflanzen<br />
des umgedrehten Blumenkastens. In der<br />
Tat ist niemandem jemals die schadhafte Stelle am<br />
Kasten aufgefallen. Nur die Obermieter hatten allen<br />
Grund zu einer nachdrücklichen Beschwerde.<br />
Dr. Robert Fugmann, Idstein<br />
Als kleines Dankeschön erhalten die Autoren der Schmunzelgeschichten<br />
das Buch „Die Gifte der Weltgeschichte“. +ap
Tränen im Hörsaal<br />
Meine Geschichte spielt etwa 1958 im Großen Chemischen<br />
Hörsaal in Leipzig, Brüderstraße 34 (seit<br />
2009 „Historische Stätte der Chemie“). Als Vorlesungsassistent<br />
benutzte ich für Experimentalarbeiten<br />
auch den Hörsaalabzug. Eines Tages hatte<br />
eine Laborantin Bromaceton hergestellt und wollte die<br />
organische Phase im Scheidetrichter entsäuern. Kühn<br />
ließ sie die Sodalösung in starkem Strahl fließen.<br />
Natürlich schäumte alles über, und das Tränengas<br />
verbreitete sich im Hörsaal. Professor Egon Uhlig<br />
musste seine wenig später fällige Vorlesung in einen<br />
anderen Hörsaal verlegen – diesmal ließ er sich noch<br />
besänftigen. Einige Zeit später wurde o-Xylylbromid<br />
gebraucht. Vorsichtshalber ließ ich es in einem anderen<br />
Gebäude herstellen und destillieren. Unbemerkt<br />
brachte dann aber dieselbe Laborantin die Spinne mit<br />
vier gefüllten Kolben in den Hörsaalabzug, stellte sie<br />
dort ungünstig ab, zog die Scheibe herunter. Krach!<br />
Die Kolben gingen zu Bruch und erneut ergoss sich<br />
tränenreizende Flüssigkeit, diesmal pur, in den Hörsaal.<br />
Zu allem Unglück kam wieder Professor Uhlig<br />
vorbei. Augenzeugen berichteten später belustigt, wie<br />
wir beide, ich eifrig wischend, er wutentbrannt, aber<br />
alle beide heftig heulend, uns gegenseitig anschrien.<br />
Übrigens war für den Abend eine Festveranstaltung<br />
der Chemischen Gesellschaft im Hörsaal angesetzt.<br />
So schlich ich zerknirscht zum Institutsdirektor, Professor<br />
Wilhelm Treibs. Der aber nahm es gelassen:<br />
„Na, da werden wir eben alle etwas heulen müssen.“<br />
Der Hausmeister heizte und lüftete kräftig, um die<br />
Dämpfe einigermaßen zu vertreiben, und die Veranstaltung<br />
ging ohne große Probleme über die Bühne.<br />
Dr. Gunther Fischer, Leipzig<br />
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