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Moore in Brandenburg - LUGV - Land Brandenburg

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206 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 19 (3, 4) 2010; 206-210<br />

MOORE SPIELEN IM KLIMAWANDEL EINE ENTSCHEIDENDE ROLLE- SOWOHL ALS QUELLE VERSCHIEDENER TREIBHAUS-<br />

GASE ALS AUCH ALS GRÖßTER SPEICHER TERRESTRISCHEN KOHLENSTOFFS. DER VORLIEGENDE ARTIKEL BESCHÄFTIGT<br />

SICH MIT DER FRAGE, INWIEWEIT DIE RENATURIERUNG DEGRADIERTER MOORE BESTANDTEIL NACHHALTIGEN<br />

KLIMASCHUTZES SEIN KANN UND WIE DIE ENTSTEHENDEN KOSTEN EINZUSCHÄTZEN SIND.<br />

YVONNE HARGITA & FRANK MEIßNER<br />

Bewertung von <strong>Moore</strong>n aus ökonomischer Sicht am Beispiel des Oberen<br />

Rh<strong>in</strong>luch<br />

Schlagwörter:<br />

<strong>Moore</strong>, Oberes Rh<strong>in</strong>luch, Kosten-Nutzen-Analyse, GEST, CO 2-Vermeidungskosten,<br />

Klimawandel<br />

Zusammenfassung<br />

Die ökonomische Bewertung von Klimaschutzmaßnahmen<br />

basiert i.d.R. auf dem<br />

Ansatz der Vermeidungskosten. Vorliegende<br />

Untersuchung wendet dieses Konzept auf<br />

die Moorwiedervernässungen an, stellt die<br />

Ergebnisse <strong>in</strong> den Kontext bestehender Untersuchungen<br />

und diskutiert Unsicherheiten<br />

der naturwissenschaftlichen und ökonomischen<br />

Methodik bzw. Datenverfügbarkeit.<br />

Dabei bleibt e<strong>in</strong>e Betrachtung weiterer positiver<br />

Effekte e<strong>in</strong>er Wiedervernässung auf<br />

Biodiversität, Hochwasserschutz oder auf<br />

den Wasserrückhalt <strong>in</strong> der <strong>Land</strong>schaft aus.<br />

Die Auswertung verschiedener Emissionsund<br />

Kostenszenarien am Beispiel des Oberen<br />

Rh<strong>in</strong>luch <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> zeigt dabei,<br />

dass selbst bei e<strong>in</strong>er ungünstigen Emissionsentwicklung<br />

die Treibhausgasemissionen<br />

e<strong>in</strong>er Wiedervernässung langfristig deutlich<br />

unterhalb den Emissionen liegen können,<br />

welche ohne Wiedervernässung entstehen.<br />

Die diskontierten 1 Vermeidungskosten im<br />

Gebiet liegen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Spanne von unter<br />

e<strong>in</strong>em Euro bis 52 Euro. Sie s<strong>in</strong>d mit den<br />

Kosten anderer Vermeidungsmaßnahmen<br />

vergleichbar und rechtfertigen weitere<br />

Forschung.<br />

1 E<strong>in</strong>leitung<br />

Deutschland verfügt über e<strong>in</strong>e Moorfläche<br />

von ca. 15.000 km 2 mit größtenteils stark<br />

degradierten <strong>Moore</strong>n (JOOSTEN 2006). Der<br />

gespeicherte Kohlenstoff kann auf e<strong>in</strong> Volumen<br />

von ca. 1,2 Gt geschätzt werden<br />

(DRÖSLER 2009). Mit fortschreitender Degradierung<br />

werden pro Jahr Kohlenstoffdioxid-<br />

Emissionen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Umfang von 23 - 44<br />

Mt frei (SCHÄFEr 2009). Dies entspricht<br />

2 - 4% der deutschen Gesamtemission und<br />

ist vergleichbar mit der Emission des deutschen<br />

Flugverkehrs (DESTATIS 2007). Die<br />

Emission anderer klimawirksamer Treibhausgase<br />

ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang vernachlässigt.<br />

Die Rolle wiedervernässter <strong>Moore</strong> h<strong>in</strong>sichtlich<br />

ihrer Klimawirksamkeit ist komplex.<br />

Während entwässerte <strong>Moore</strong> große Mengen<br />

an CO 2 freisetzen, ist mit der Wiedervernässung<br />

e<strong>in</strong>es degradierten <strong>Moore</strong>s <strong>in</strong> der<br />

Regel neben e<strong>in</strong>em Rückgang der CO 2 -<br />

Emissionen e<strong>in</strong> starker Anstieg der klimawirksameren<br />

Methan (CH 4 ) Emissionen verbunden.<br />

Stellt sich auf wiedervernässten<br />

Flächen nach mehreren Jahren Moorwachstum<br />

e<strong>in</strong>, gehen die Emissionen von Treibhausgasen<br />

<strong>in</strong>sgesamt weitestgehend zurück<br />

und werden langfristig durch die Kohlenstofffestlegung<br />

neutralisiert. Die Relation<br />

von CO 2 - und CH 4 -Emission <strong>in</strong> ihrem zeitlichen<br />

Verlauf stellt für die ökonomische<br />

Bewertung der Klimaschutzfunktion wiedervernässter<br />

<strong>Moore</strong> über e<strong>in</strong>en Vermeidungskostenansatz<br />

e<strong>in</strong>e große Unsicherheit dar.<br />

2 Methodik zur Bestimmung<br />

von Emissionsentwicklungen<br />

bei Wiedervernässung<br />

Das Obere Rh<strong>in</strong>luch ist e<strong>in</strong> Niedermoor im<br />

Norden <strong>Brandenburg</strong>s. Das ca. 13.600 ha<br />

umfassende Untersuchungsgebiet wird zum<br />

größten Teil als Intensivgrasland genutzt.<br />

Zur Bestimmung der potenziellen Emissionsvermeidung<br />

durch e<strong>in</strong>e flächendeckende<br />

Wiedervernässung werden die Emissionen<br />

e<strong>in</strong>es Basel<strong>in</strong>e-Szenarios 2 denen e<strong>in</strong>es Wiedervernässungsszenarios<br />

gegenüber gestellt.<br />

Grundlage der Emissionsberechnung ist<br />

das Gas-Emissions-Standort-Typen-Modell<br />

(GEST-Modell, vgl. COUWENBERG, AUGUSTIN<br />

et. al 2008), mit dem die Emission aus<br />

<strong>Moore</strong>n abgeschätzt werden kann. Das<br />

GEST-Modell bedient sich der Abhängigkeit<br />

der Gasemissionen von Wasserstufen und<br />

Vegetation e<strong>in</strong>es <strong>Moore</strong>s.<br />

Die natürliche Vegetation wird über die<br />

Wasserstandshöhe determ<strong>in</strong>iert. 3 Wasserstände<br />

bestimmen ihrerseits die Sauerstoffverfügbarkeit<br />

<strong>in</strong> hydromorphen Böden.<br />

Damit haben sie E<strong>in</strong>fluss auf Menge und<br />

Verhältnis der Treibhausgasemissionen. 4<br />

Das GEST-Modell nutzt die Kenntnis über<br />

die vorhandenen Vegetationsgesellschaften<br />

e<strong>in</strong>es Gebiets und lässt somit Rückschlüsse<br />

auf die Treibhausgasemissionen des Moorstandortes<br />

zu, ohne das e<strong>in</strong>e Vor-Ort<br />

Gasmessung durchzuführen ist. 5<br />

Mit der Auswertung e<strong>in</strong>er Vegetationskartierung<br />

des Oberen Rh<strong>in</strong>luch (MUNR<br />

1992) können GEST-typische Vegetationsgesellschaften<br />

bestimmt und Aussagen zu<br />

den aktuellen Emissionen getroffen werden.<br />

Als E<strong>in</strong>schränkungen s<strong>in</strong>d zu beachten, dass<br />

das GEST-Modell nur CO 2 - und CH 4 -Emissionen<br />

darstellt, die als Tonnen-CO 2 -Äquivalent<br />

(CO 2 -eq.) je Hektar und Jahr<br />

angegeben werden. Das ebenfalls stark<br />

klimawirksame Lachgas (CN 2 O), welches <strong>in</strong><br />

relativ ger<strong>in</strong>gen Mengen austritt, wird im<br />

GEST-Modell nicht berücksichtigt. Zum Anteil<br />

der e<strong>in</strong>zelnen Treibhausgase aus <strong>Moore</strong>n<br />

am Treibhauseffekt (Tab. 1).<br />

In der Regel gehen N 2 O-Emissionen nach<br />

der Wiedervernässung bei entsprechend<br />

hohen Wasserständen im Vergleich zu entwässerten<br />

<strong>Moore</strong>n stark zurück (AUGUSTIN<br />

& CHOJNICKI 2008).<br />

Tabelle 1: Relevante Treibhausgase aus <strong>Moore</strong>n und ihre Verweildauer <strong>in</strong> der Atmosphäre. Das Treibhausgaspotential<br />

gibt an, wie stark der Anteil e<strong>in</strong>es Gases am Treibhauseffekt ist, bezogen auf die selbe<br />

Menge CO 2. Da CH 4 relativ schnell <strong>in</strong> der Atmosphäre abgebaut wird, nimmt se<strong>in</strong> Anteil am Treibhauseffekt<br />

langfristig betrachtet ab. (vgl. IPCC 2007) Die Angaben des GEST-Modells für CH 4<br />

beziehen sich auf den 100 jährigen Bezugshorizont und e<strong>in</strong> Treibhausgaspotential von 21, wie es<br />

auch im Rahmen des Kyoto-Protokolls verwendet wird. (siehe COUWENBERG, AUGUSTIN et.al, 2008)<br />

Treibhausgas<br />

Verweilzeit <strong>in</strong> der Atmosphäre<br />

<strong>in</strong> Jahren<br />

Treibhaugaspotential für<br />

den Bezugshorizont<br />

20 Jahre<br />

Kohlendioxid 30 - 1000 1 1<br />

Methan 12 72 25<br />

Lachgas 114 310 298<br />

Treibhaugaspotential für<br />

den Bezugshorizont<br />

100 Jahre<br />

1 Abz<strong>in</strong>sung zukünftiger Kosten auf e<strong>in</strong>en Berechnungszeitpunkt.<br />

2 Als „Basel<strong>in</strong>e” wird e<strong>in</strong>e Entwicklung verstanden,<br />

<strong>in</strong> der es zu ke<strong>in</strong>er Nutzungsänderung auf<br />

den Flächen kommt. Die momentane Entwicklung<br />

wird somit fortgeschrieben.<br />

3 Für den Gas-Emissions-Standort-Typ Moorgrünland<br />

(agrarische Grünlandnutzung) gilt dies<br />

nicht, da diese Vegetationsgesellschaft bei unterschiedlichen<br />

Wasserständen anzutreffen ist.<br />

4 Hierzu gehören neben Kohlenstoffdioxid (CO2)<br />

Methan (CH4) und Lachgas (N2O).<br />

5 Die Bestimmung der Emission aus Moorgrünland,<br />

das nicht geeignet ist die Wasserstandshöhe<br />

anzuzeigen, erfolgt <strong>in</strong> der vorliegenden<br />

Berechnung über angrenzende Standorttypen.

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