Moore in Brandenburg - LUGV - Land Brandenburg
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146 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 19 (3, 4) 2010; 146-157<br />
DER ERHALTUNGSZUSTAND VON MOOREN IST UNABDINGBAR AN EIN AUSREICHENDES WASSERDARGEBOT<br />
GEBUNDEN. DURCH DIE ANGESPANNTE WASSERHAUSHALTSSITUATION NO-BRANDENBURGS WERDEN NATURNAHE<br />
MOORE DAMIT ZU SENSIBLEN INDIKATOREN FÜR SICH ÄNDERNDE LANDSCHAFTSZUSTÄNDE.<br />
VERA LUTHARDT, RON MEIER-UHLHERR & CORINNA SCHULZ<br />
<strong>Moore</strong> unter Wassermangel? Entwicklungstrends ausgewählter naturnaher<br />
<strong>Moore</strong> <strong>in</strong> den Wäldern des Biosphärenreservates Schorfheide-Chor<strong>in</strong><br />
unter besonderer Berücksichtigung ihrer naturräumlichen E<strong>in</strong>bettung und<br />
des Witterungsverlaufs der letzten 16 Jahre<br />
Schlagwörter:<br />
Torfmoosmoor, <strong>Land</strong>schaftswasserhaushalt, Grundwasserverfall, Austrocknung, Moormanagement<br />
Zusammenfassung<br />
Innerhalb des im Nordosten <strong>Brandenburg</strong>s<br />
gelegenen Biosphärenreservates Schorfheide-<br />
Chor<strong>in</strong> (BR SC) wurden im Zeitraum von<br />
1993 bis 2008 neun im Wald gelegene Torfmoosmoore<br />
e<strong>in</strong>gehend untersucht. Sechs<br />
der <strong>Moore</strong> bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er mäßig<br />
reliefierten, übersandeten Grundmoränenlandschaft,<br />
die vorrangig mit Kiefernforsten<br />
bestockt ist; drei der <strong>Moore</strong> liegen <strong>in</strong> durch<br />
b<strong>in</strong>dige Substrate durchzogenen, mit Buchenwald<br />
bestandenen Endmoränen mit<br />
hoher Reliefenergie. Die ke<strong>in</strong>er direkten<br />
Entwässerung unterliegenden <strong>Moore</strong> waren<br />
zu Beg<strong>in</strong>n der 90er Jahre wassergesättigt,<br />
naturnah, torfakkumulierend und h<strong>in</strong>sichtlich<br />
ihrer abiotischen und phytozönotischen Ausbildung<br />
lebensraumtypisch zoniert. 16 Jahre<br />
später zeigen sich allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> Abhängigkeit<br />
ihrer naturräumlichen E<strong>in</strong>bettung deutlich<br />
unterschiedliche Entwicklungstrends: Während<br />
die Endmoränenmoore ihre Naturnähe<br />
bewahren konnten, s<strong>in</strong>d die Grundmoränenstandorte<br />
durch erhebliche Austrocknung<br />
gekennzeichnet. Bed<strong>in</strong>gt durch den<br />
drastischen Abfall der Moorwasserstände<br />
zeigen sich neben Moorsackungen, <strong>in</strong>itialen<br />
Bodendegradierungen und Nährstofffreisetzungen<br />
e<strong>in</strong>e Verdrängung nässeangepasster,<br />
torfmoosdom<strong>in</strong>ierter Phytozönosen zugunsten<br />
von Vorwaldbildungen und artenarmer<br />
Verheidungsstadien. Ursächlich für<br />
diesen Standortwandel ist die kulm<strong>in</strong>ierende<br />
Wirkung von maßgeblich anthropogen bed<strong>in</strong>gtem<br />
Grundwasserabfall, Fehlbestockungen<br />
im E<strong>in</strong>zugsgebiet und zunehmender<br />
Kont<strong>in</strong>entalisierung. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund<br />
der ohneh<strong>in</strong> angespannten Wasserhaushaltssituation<br />
NO-<strong>Brandenburg</strong>s können die<br />
festgestellten Witterungsveränderungen der<br />
letzten 16 Jahre, die durch e<strong>in</strong>en Temperaturanstieg<br />
um 1,0 K und e<strong>in</strong>e saisonale<br />
Verschiebung der Niederschläge gekennzeichnet<br />
s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong>sbesondere den Zustand<br />
stark wasserabhängiger Ökosysteme deutlich<br />
verschlechtern. Durch e<strong>in</strong>e Merkmalskomb<strong>in</strong>ation<br />
aus naturnaher E<strong>in</strong>zugsgebietsbestockung,<br />
hoher Reliefenergie und<br />
stauenden Substraten der Umgebung s<strong>in</strong>d<br />
die Endmoränenmoore im Vergleich zu den<br />
Grundmoränenstandorten im H<strong>in</strong>blick auf<br />
ihre Wasserversorgung deutlich bevorteilt<br />
und können die ungünstigen klimatischen<br />
Entwicklungen vorerst besser abpuffern.<br />
Um dem Wassermangel <strong>in</strong> den erst kurzzeitig<br />
ausgetrockneten <strong>Moore</strong>n mit noch hohem<br />
Renaturierungspotential entgegenzutreten,<br />
s<strong>in</strong>d – speziell vor dem H<strong>in</strong>tergrund der Klimaprojektionen<br />
für NO-<strong>Brandenburg</strong> – über<br />
lokale Räume h<strong>in</strong>ausgehende und langfristig<br />
wirkende Maßnahmen zu ergreifen, die zu<br />
e<strong>in</strong>er Verbesserung der Wasserhaushaltssituation<br />
und <strong>in</strong>sbesondere der Grundwasseranreicherung<br />
beitragen. Es ist zu beachten,<br />
dass diese <strong>Moore</strong> sensible Indikatoren für<br />
den Gesamtzustand der sie umgebenden<br />
<strong>Land</strong>schaften s<strong>in</strong>d. Folglich wirken alle Maßnahmen<br />
zum Moorschutz ebenso <strong>in</strong> positiver<br />
Weise auf die umliegenden Wälder.<br />
1 E<strong>in</strong>leitung<br />
Weitgehend bekannt und anerkannt s<strong>in</strong>d<br />
heutzutage die vielfältigen Funktionen naturnaher,<br />
torfakkumulierender <strong>Moore</strong>: Sie fungieren<br />
als großräumige Wasser- und Stoffspeicher<br />
im <strong>Land</strong>schaftshaushalt, wirken als<br />
Lokalklimaregulatoren, bieten Lebensraum<br />
und Refugium für zahlreiche spezialisierte<br />
und gefährdete Tier- und Pflanzenarten und<br />
dienen weiterh<strong>in</strong> als wichtige Archive der<br />
Natur- und Kulturgeschichte (LANDGRAF<br />
2000, HOFFMANN 2000). Speziell unter dem<br />
Gesichtspunkt aktueller klimatischer Entwicklungen<br />
ist die beträchtliche B<strong>in</strong>dung von<br />
klimawirksamem Kohlenstoffdioxid <strong>in</strong> Form<br />
von akkumulierter organischer Substanz von<br />
enormer Bedeutung. So übertrifft der Kohlenstoffvorrat<br />
aller <strong>Moore</strong> weltweit den Vorrat<br />
aller Waldökosysteme der Erde um etwa<br />
das Doppelte (JOOSTEN 2008).<br />
Mit ca. 211.000 ha Niedermoorfläche, welche<br />
etwa 8% der <strong>Land</strong>esfläche entsprechen,<br />
gilt <strong>Brandenburg</strong> als e<strong>in</strong>es der moorreichsten<br />
Bundesländer Deutschlands (LEHRKAMP et al.<br />
2000). Der Großteil dieser Moorflächen bef<strong>in</strong>det<br />
sich allerd<strong>in</strong>gs unter land- oder forstwirtschaftlicher<br />
Nutzung, die oftmals nur <strong>in</strong><br />
Verb<strong>in</strong>dung mit künstlicher Entwässerung<br />
möglich ist. Als Folge des Wasserentzugs aus<br />
den oberen Bodenschichten und den e<strong>in</strong>hergehenden<br />
Degradierungsersche<strong>in</strong>ungen s<strong>in</strong>d<br />
die besonderen landschaftsökologischen<br />
Funktionen der <strong>Moore</strong> nicht mehr oder nur<br />
sehr e<strong>in</strong>geschränkt gewährleistet (SCHULTZ-<br />
STERNBERG et al. 2000).<br />
Neben der Wiederherstellung naturnäherer<br />
Zustände von Moorökosystemen ist vor diesem<br />
H<strong>in</strong>tergrund der Schutz und Erhalt der<br />
naturnahen, wachsenden <strong>Moore</strong>, die mit<br />
mittlerweile 1% Flächenanteil nur noch e<strong>in</strong><br />
verschw<strong>in</strong>dend ger<strong>in</strong>ges Restvorkommen der<br />
e<strong>in</strong>st verbreiteten Feuchtlebensräume darstellen<br />
(LANDGRAF 2000), von herausragender<br />
Bedeutung. Die hohe, deutschland- und europaweite<br />
Verantwortung <strong>Brandenburg</strong>s<br />
zum Erhalt dieser gefährdeten Ökosysteme<br />
gilt <strong>in</strong>sbesondere den hydrologischen Moortypen<br />
der Kessel-, Quell- und Versumpfungsmoore,<br />
da bundesweit etwa jeweils e<strong>in</strong><br />
Drittel dieser Moortypen <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
liegen. H<strong>in</strong>sichtlich der ökologischen Moorausprägung<br />
werden die Sauer-Arm- und<br />
Zwischenmoore (Torfmoosmoore) als sehr<br />
gefährdet e<strong>in</strong>gestuft (STIFTUNG NATURSCHUTZ<br />
FONDS BRANDENBURG 2006) und s<strong>in</strong>d ausnahmslos<br />
als Lebensraumtypen der Flora-<br />
Fauna-Habitatrichtl<strong>in</strong>ie klassifiziert. Die Anzahl<br />
der brandenburgischen naturnahen<br />
Vorkommen wird von LANDGRAF (2007) mit<br />
nur noch 62 angegeben.<br />
Als typischer Ausschnitt der formenreichen<br />
jungpleistozänen <strong>Land</strong>schaft beherbergt das<br />
im Nordosten <strong>Brandenburg</strong>s gelegene Biosphärenreservat<br />
Schorfheide-Chor<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />
von Feuchtlebensräumen <strong>in</strong> allen für<br />
den nordostdeutschen Raum typischen Ausprägungen.<br />
Insbesondere kennzeichnend ist<br />
die hohe Dichte an naturnahen, meist kle<strong>in</strong>flächigen<br />
<strong>Moore</strong>n, die sich <strong>in</strong>nerhalb der<br />
Waldflächen bef<strong>in</strong>den.<br />
Gleichzeitig ist NO-<strong>Brandenburg</strong> e<strong>in</strong> stark<br />
von Klimaänderungen betroffener Teil<br />
Deutschlands. Der sommerliche Temperaturanstieg<br />
der letzen 100 Jahre um 3,5 K lag<br />
weit über dem bundesweiten Mittel (GRÄ-<br />
NITZ & GRUNDMANN 2002). Die ohneh<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gen<br />
Niederschlagsmengen s<strong>in</strong>d durch<br />
e<strong>in</strong>e jahreszeitliche Verschiebung von den<br />
Sommer- zu den W<strong>in</strong>termonaten gekennzeichnet,<br />
die klimatische Wasserbilanz ist<br />
tendenziell negativ (BRONSTERT et al. 2003).<br />
Aufgrund regionalisierter Klimaprojektionen,<br />
die die Fortsetzung dieser Trends aus-