Revierkurier - Landesjagdverband Bayern
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Auerwild und Forstwirtschaft<br />
Auch künftig Chancen fürs Auerhuhn<br />
Die Gründung des Unternehmens Bayerische Staatsforsten am 1. Juli 2005 hat bei Naturfreunden Bedenken<br />
ausgelöst, vor allem, wenn es um bedrohte Tierarten wie das Auerhuhn geht. Holzproduktion und Auerhuhnvorkommen<br />
müssen sich aber keineswegs ausschließen, wie Prof. Dr. Ilse Storch, Leiterin des Arbeitsbereiches<br />
Wildtierökologie und Wildtiermanagement an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, berichtet.<br />
Viele, denen der Wald als Lebensraum<br />
am Herzen liegt, sehen die<br />
aktuellen Änderungen in Waldgesetz<br />
und Forstverwaltung mit Sorge und malen<br />
schon mal ein düsteres Szenario. Da<br />
der Staatswald gewinnorientiert bewirtschaftet<br />
wird, defi niere sich Nachhaltigkeit<br />
künftig ausschließlich ökonomisch.<br />
Die Förster sollen „Geld machen“ – das<br />
bedeute kürzere Umtriebszeiten und<br />
jüngere Bestände. Unter den Wildtieren<br />
würden dann all jene benachteiligt,<br />
die an alte Wälder gebunden sind. Das<br />
vom Aussterben bedrohte Auerhuhn<br />
ist ein prominentes Beispiel. In den<br />
Bayerischen Alpen liegen 90 Prozent<br />
seines Lebensraums im Staatswald.<br />
Wird die Forstreform die Situation des<br />
Auerhuhns nun weiter verschlechtern?<br />
Oder entstehen sogar langfristig wieder<br />
mehr Auerhuhn-Wälder, weil Bestände<br />
auf unproduktiven Standorten ganz aus<br />
der Nutzung genommen werden?<br />
Die Prognose ist aber nicht unbedingt<br />
düster. Für Wildtiere ist nämlich<br />
weniger relevant, wie die Wälder bewirtschaftet<br />
werden, sondern welche<br />
Strukturen dabei entstehen. Gelingt es,<br />
geeigneten Lebensraum in ausreichender<br />
Güte und Fläche zu schaffen und zu<br />
erhalten, müssen sich Holzproduktion<br />
und Auerhuhn auch in Zukunft nicht<br />
ausschließen.<br />
Waldstruktur ist entscheidend<br />
Auerhühner brauchen große Wälder,<br />
die licht und räumig sind. Wesentlich<br />
sind gute Bedingungen für die<br />
Kükenaufzucht: eine insektenreiche, fl ächige<br />
Bodenvegetation, möglichst mit<br />
reichlich Beerkraut – und das wächst<br />
nur bei entsprechend aufgelockertem<br />
Kronendach. Idealbedingungen<br />
für das Auerhuhn bieten die wei ten<br />
Waldlandschaften der Taiga: fast<br />
überall ist der Wald licht. Nadelbäume<br />
dominieren, die Bodenvegetation ist<br />
reich an Heidelbeeren und anderen<br />
Zwergsträuchern. Jungwald fi ndet sich<br />
nur stellenweise, entstanden durch natürliche<br />
Störungen wie Windwurf oder<br />
Waldbrand. In Mitteleuropa fi nden sich<br />
solche Wälder von Natur aus nur in<br />
4 <strong>Revierkurier</strong> 3/2005<br />
höheren Lagen. Daher<br />
beschränken sich die Auerhuhn-Vorkommen<br />
auf<br />
die Mittelge birge und die<br />
Alpen. Am besten geht<br />
es den Vögeln in alten,<br />
naturnahen Wäldern.<br />
Auerhuhnwälder<br />
müssen keineswegs<br />
immer alt sein<br />
Auerhuhn-Wä lder<br />
müssen aber keineswegs<br />
immer „alt“ oder „natürlich“<br />
sein. Es gibt viele<br />
Beispiele junger und intensiv<br />
genutzter Wälder,<br />
die Auerhühnern ein<br />
Auskom men bieten. In<br />
den Bayerischen Alpen<br />
leben die besten Populationen<br />
in fi chtendominiertenAltersklassenwäldern.<br />
Solange sie nicht<br />
zu dicht sind, Bäume<br />
mit ausreichend starken<br />
Ästen zum Aufbaumen<br />
vor handen sind und die<br />
Bodenvegetation stimmt,<br />
können auch jüngere Bestände<br />
für das Auerhuhn attraktiv sein.<br />
Frühe Durchforstungen werden dem<br />
Auer huhn daher entgegen kommen,<br />
auch wenn sie maschinell durchgeführt<br />
werden. Entscheidend für gute Auerhuhn-Eignung<br />
ist also weder das Alter<br />
noch die Betriebsklasse eines Bestandes,<br />
sondern seine Struktur. Die besten<br />
Bedingungen fi nden sich heute meist in<br />
Altbeständen oder Gebirgsplenterung<br />
im langfristigen Betrieb. Möglichkeiten<br />
der Habitatverbesserung durch Schaffung<br />
lichter Strukturen gibt es jedoch in<br />
allen Betriebsklassen.<br />
Habitateignung<br />
nachhaltig sichern<br />
Ein gutes Auerhuhn-Gebiet muss<br />
keineswegs auf ganzer Fläche für Auerhühner<br />
geeignet sein. Am wich tigsten<br />
sind Nadelholz begünstigende Standorte,<br />
vor allem solche mit Beer kraut,<br />
Rasche Verschlechterungen in der Habitatstruktur von<br />
Auerhuhnwäldern sollten unbedingt vermieden werden.<br />
in höheren Lagen mit mäßiger Hangneigung<br />
unter 35 Grad, wie Rücken,<br />
Kuppen und sonstige mä ßig geneigte<br />
Standorte. Hier sollte der Auerhuhn-<br />
Schutz in der Waldbehand lung einen<br />
hohen Stellenwert haben und bereits<br />
bei der Forsteinrichtung berücksichtigt<br />
werden. Hierbei dürfen auch lokal regelmäßig<br />
von Auerhühnern genutzte<br />
Bereiche wie zum Beispiel Balzplätze<br />
und Gebiete mit Trittsteinfunktion zur<br />
Verbindung lokaler Vorkommen nicht<br />
vergessen werden. Laubbaum-Bestände<br />
und steile und talnahe Lagen sind<br />
dagegen meist unbedeutend und können<br />
ohne besondere Rücksicht auf das<br />
Auerhuhn bewirtschaftet werden.<br />
Gute Habitateignung eines Auerhuhn-Gebiets<br />
muss nachhaltig<br />
gesichert werden. Auerhühner sind<br />
langlebige Vögel und haben ihre festen<br />
saisonalen Einstände. Daher sollten<br />
rasche Verschlechterungen in der Habi-<br />
Foto: R. Siegel