Revierkurier - Landesjagdverband Bayern
Revierkurier - Landesjagdverband Bayern
Revierkurier - Landesjagdverband Bayern
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
B 47654 Ausgabe Nr. 3 • September 2005<br />
Liebe Jägerinnen und Jäger,<br />
verehrte Freunde der Jagd,<br />
die Medien berichten in letzter Zeit<br />
in der Regel deutlich fundierter und<br />
auch fairer über jagdliche Themen als<br />
das bisher der Fall war. Selbst im Fernsehen<br />
– sonst eher reißerisch und an<br />
der vermeintlichen Massenmeinung<br />
orientiert – wird die Jagd mittlerweile<br />
um einiges ausgewogener dargestellt.<br />
Wir erwarten natürlich keine Hofberichterstattung,<br />
denn auch bei den<br />
Jägern sind nicht alle Engel. Aber<br />
zumindest das Beachten von Fakten<br />
sowie das Anhören aller an einem<br />
Thema Beteiligten, also sauberes<br />
journalistisches Handwerk, wollen wir<br />
auch bei der medialen Behandlung<br />
von Jagd und Jägern einfordern.<br />
Das verbesserte Medienecho ist<br />
sicher auch ein Ergebnis der intensiveren<br />
Öffentlichkeitsarbeit der Jägerschaft.<br />
Die alte Erkenntnis: „Wer<br />
nichts weiß, muss alles glauben“ lässt<br />
sich somit weiterentwickeln: Wer<br />
mehr weiß, wird nicht alles glauben,<br />
was interessierte Kreise an Abträglichem<br />
über Jagd und Jäger verbreiten.<br />
Mit Waidmannsheil<br />
Prof. Dr. Jürgen Vocke, Präsident<br />
des <strong>Landesjagdverband</strong>es <strong>Bayern</strong><br />
<strong>Revierkurier</strong><br />
Herausgeber: <strong>Landesjagdverband</strong> <strong>Bayern</strong> e.V.<br />
Muttertierschutz bei Schwarz- und Rehwild<br />
Auch Geiß vor Kitz?<br />
Drückjagd und Muttertierschutz – diese Kombination sorgt immer wieder<br />
für Diskussionsstoff. Wie sollte sich der Jäger verhalten, um sowohl<br />
waidgerecht zu jagen als auch dem Gesetz nach richtig zu handeln? Das<br />
Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum, die Wildforschungsstelle<br />
und der <strong>Landesjagdverband</strong> des Landes Baden-Württemberg haben<br />
hierzu gemeinsame Empfehlungen herausgegeben.<br />
Der Gesetzgeber nimmt den Schutz<br />
der zur Aufzucht notwendigen<br />
Elterntiere sehr ernst. So heißt es in<br />
§ 22 Abs. 4 Satz 1 des Bundesjagdgesetzes<br />
(BJagdG):<br />
„In den Setz- und Brutzeiten dürfen<br />
bis zum Selbständigwerden der Jungtiere<br />
die für die Aufzucht notwendigen<br />
Elterntiere, auch die von Wild ohne<br />
Schonzeit, nicht bejagt werden.“<br />
Ein Verstoß gegen diese Vorschrift<br />
ist eine Straftat, die mit Freiheitsstrafe<br />
bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe<br />
bestraft wird.<br />
Ob nur das mütterliche oder auch<br />
das väterliche Elterntier unter diesen<br />
Schutz fällt, hängt von der Sozialstruktur<br />
der betreffenden Wildart ab.<br />
Beim Fuchs zum Beispiel beteiligt sich<br />
auch der Rüde an der Aufzucht. Beim<br />
Schalenwild kümmern sich dagegen<br />
die männlichen Tiere überhaupt nicht<br />
um den Nachwuchs. Sie brauchen hier<br />
also nicht berücksichtigt zu werden. Zutreffenderweise<br />
spricht man daher beim<br />
Schalenwild vom „Muttertierschutz“.<br />
Die entscheidende Frage ist nun:<br />
Wie lange wird eine Bache beziehungsweise<br />
eine Rehgeiß für die Aufzucht<br />
benötigt, sprich in welchem Alter<br />
sind die Jungtiere im Sinne des Gesetzes<br />
selbständig? In der Biologie wird<br />
ein junges Säugetier als selbständig<br />
bezeichnet, wenn es nicht mehr von<br />
der Muttermilch abhängig ist, seine<br />
Nahrung eigenständig fi nden und aufnehmen<br />
kann und bei der Abdeckung<br />
sonstiger Lebensbedürfnisse nicht<br />
mehr zwingend auf die Unterstützung<br />
durch ein Elterntier angewiesen, also<br />
allein überlebensfähig ist.<br />
Begriff „führend“<br />
rechtlich ungeeignet<br />
Häufi g wird hierbei der Begriff<br />
„führend“ verwendet. Dieser Begriff<br />
ist jedoch im Zusammenhang mit<br />
jagdgesetzlichen Bestimmungen missverständlich<br />
und ungeeignet, denn ein<br />
führendes Elterntier ist nicht gleichzusetzen<br />
mit einem für die Aufzucht<br />
notwendigen Elterntier. Führend ist<br />
eine Bache oder eine Rehgeiß immer,<br />
das hießt während des ganzen Jahres,<br />
wenn sie nicht gerade ihren Nachwuchs<br />
komplett verloren hat oder unfruchtbar<br />
ist. Die Führungsrolle eines weiblichen<br />
Stückes geht sogar zum Teil über die<br />
Dauer einer Generation hinaus. Bei der<br />
sozialen Lebensweise fühlen sich die<br />
Jungtiere zwar über die Jugendphase<br />
hinaus sicher und „gut aufgehoben“,<br />
sie können aber auch allein zurechtkommen.<br />
Es ist jedenfalls nicht im<br />
Sinne des Gesetzgebers, die Jagd auf
weibliches Schalenwild ganzjährig weitgehend<br />
zu unterbinden und damit die<br />
Regulationsmöglichkeit von Schalenwildbeständen<br />
stark einzuschränken.<br />
Ausdrücklich wird ja auch der Schutz<br />
der Elterntiere im Zusammenhang mit<br />
den Setz- und Brutzeiten eingefordert<br />
und damit der saisonale Charakter des<br />
Schutzes unterstrichen.<br />
Der jagdgesetzliche Schutz der zur<br />
Aufzucht notwendigen Elterntiere ist<br />
als Mindestvorgabe zu verstehen. Eine<br />
darüber hinaus gehende Zurückhaltung<br />
bei der Jagd kann aus wildbiologischer<br />
Sicht angeraten sein. Trotzdem ist eine<br />
strikte Trennung zwischen gesetzlichen<br />
Vorgaben und ergänzenden Empfehlungen<br />
erforderlich, nicht zuletzt auch<br />
zum Schutz des Jägers selber, der sonst<br />
in nicht vertretbarem Ausmaß in Situationen<br />
mit unklarer Rechtslage geraten<br />
kann.<br />
Schwarzwildjagd: Beste Zeit<br />
Mitte November bis Mitte Januar<br />
Beim Wildschwein dauert die<br />
Säugezeit drei bis vier Monate. Am<br />
Ende der Säugezeit verschwinden<br />
die Frischlingsstreifen allmählich. Ein<br />
Verstoß gegen das Jagdgesetz (Elterntierschutz,<br />
§ 22 Abs. 4 Satz 1 BJagdG)<br />
ist nur gegeben, wenn eine Bache erlegt<br />
wird, die noch deutlich gestreifte<br />
Frischlinge hat.<br />
Wildbiologisch gesehen aber – und<br />
hier kommt die besonders ausgeprägte<br />
soziale Lebensweise des Schwarzwildes<br />
in Mutterfamilien ins Spiel – ist anzuraten:<br />
Wenn eine Bache offensichtlich<br />
Frischlinge führt und keine andere Bache<br />
innerhalb einer Rotte die Führung<br />
übernehmen kann, sollte sie verschont<br />
bleiben, auch wenn die Frischlinge<br />
nicht mehr gestreift sind.<br />
Leider lässt sich auf Grund der langen<br />
Fortpfl anzungsperiode und des<br />
nicht seltenen Frischens zur Unzeit<br />
kein Zeitpunkt im Laufe des Jahres<br />
festsetzen, ab dem auch weibliches<br />
Schwarzwild aller Altersklassen bedenkenlos<br />
bejagt werden kann. Vorsicht ist<br />
während des ganzen Jahres geboten,<br />
denn bereits Überläufer können Frischlinge<br />
haben. Die geringste Gefahr, aus<br />
Versehen eine Milch gebende Bache<br />
zu erlegen, besteht zwischen Mitte<br />
November und Mitte Januar. Dies ist<br />
daher auch der günstigste Zeitraum für<br />
Drückjagden, bei denen alle Altersklassen<br />
bejagt werden können.<br />
Für Drückjagden sind folgende vier<br />
Regeln hilfreich. Sie genügen dem<br />
Anspruch des waidgerechten Jagens,<br />
ermöglichen aber auch den erforderlichen<br />
Eingriff in die Zuwachsträger:<br />
2 <strong>Revierkurier</strong> 3/2005<br />
Erst ab November geht die Milchproduktion bei der Geiß zurück und die soziale<br />
Bindung zu ihrem Kitz wird lockerer. Deswegen: Vorher besser keine Drückjagden<br />
auf Rehwild.<br />
Beim Anwechseln einer einzelnen<br />
Bache mit Frischlingen sollen nur<br />
Frischlinge erlegt werden. Das Gleiche<br />
gilt bei einer gemischten Rotte<br />
– mehrere Bachen und/oder Überläufer<br />
sowie Frischlinge – mit gestreiften<br />
Frischlingen. Bei einer gemischten<br />
Rotte ohne gestreifte Frischlinge<br />
sind auch – oder sogar vorrangig<br />
– mittelstarke Stücke zu erlegen.<br />
Bei Einzelstücken schließlich ist besondere<br />
Vorsicht und genaues Ansprechen<br />
erforderlich.<br />
Im Gegensatz zum Schwarzwild<br />
ist die Setzzeit beim Reh auf einen<br />
relativ engen Zeitraum begrenzt, und<br />
zwar von Anfang Mai bis Mitte Juni.<br />
Die Mehrzahl der Geburten fällt in die<br />
zweite Maihälfte. Bei der Säugezeit<br />
kann unterschieden werden zwischen<br />
Hauptsäugezeit und ausklingender<br />
Säugezeit. Die Hauptsäugezeit dauert<br />
zwei bis drei Monate, also bis etwa<br />
Ende August. Es schließt sich die<br />
ausklingende Säugezeit an, in der die<br />
Milchproduktion rasch abnimmt. Sie<br />
dauert bis Ende November. Hierbei<br />
gibt es individuelle Unterschiede. So<br />
können vereinzelt auch Geißen im<br />
Dezember noch Milch im Gesäuge<br />
haben. Die Milchmenge ist aber dann<br />
völlig unbedeutend.<br />
Enge Mutter-Kind-Beziehung<br />
zu Beginn der Jagdzeit<br />
Die Jagdzeit auf Geißen und Kitze<br />
beginnt am 1. September. Aus wildbiologischer<br />
Sicht ist jedoch der Abschuss<br />
einer führenden Geiß gleich zu Beginn<br />
der Jagdzeit abzulehnen. Zu dieser Zeit<br />
besteht noch eine enge Mutter-Kind-<br />
Beziehung. Die Führung durch die Geiß<br />
und die noch zur Verfügung stehenden<br />
kleinen Milchmengen fördern die weitere<br />
Entwicklung. Es gilt also zu dieser<br />
Zeit der Grundsatz: Erst die Kitze, dann<br />
die Geiß erlegen.<br />
In den letzten beiden Monaten des<br />
Jahres hört die Milchproduktion jedoch<br />
völlig auf und die soziale Bindung<br />
zwischen Geiß und Kitz wird lockerer.<br />
Nachteilige Auswirkungen des Mutterverlustes<br />
um diese Jahreszeit wurden<br />
bisher nicht festgestellt.<br />
Erst ab Mitte November<br />
auch Geiß vor Kitz<br />
Es wird daher empfohlen, eine Bewegungsjagd<br />
auf Rehwild, bei der Geißen<br />
und Kitze getrennt vor die Schützen<br />
kommen können, insbesondere bei<br />
Hundeeinsatz oder stärkerem Treiberdruck,<br />
nicht vor November, besser erst<br />
ab Mitte November durchzuführen.<br />
Der Abschuss von Geißen ist dann unbedenklich.<br />
Eine Drückjagd, bei der nur<br />
Kitze freigegeben werden, ist jedenfalls<br />
nicht effektiv; sie verursacht nur Störungen<br />
ohne hinreichenden Jagderfolg<br />
und obendrein Verstimmungen wegen<br />
beinahe unvermeidlicher Fehlansprachen.<br />
Ein weiterer Grund spricht für<br />
einen späten Jagdtermin: Nur wenn<br />
das Laub vollständig gefallen ist, kann<br />
anwechselndes Wild frühzeitig gesehen<br />
und angesprochen werden. Nur<br />
dann ist die Jagd auch wirklich effektiv.<br />
Allgemein sind sachgerecht durchgeführte<br />
Bewegungsjagden auf Rehwild<br />
zu befürworten. ●<br />
Foto: E. Marek
Rechtliche Aspekte<br />
zum Schutz der Elterntiere<br />
Wer gegen § 22 Abs. 4 Satz 1 des<br />
Bundesjagdgesetzes (BJagdG) verstößt,<br />
begeht nicht nur einen schweren<br />
Verstoß gegen die bei der Jagdausübung<br />
zu beachtenden Grundsätze<br />
der Waidgerechtigkeit, sondern auch,<br />
gleichviel ob vorsätzlich oder fahrlässig<br />
begangen, eine Straftat nach § 38 Abs.<br />
1 Nr. 3 und Abs. 2 BJagdG.<br />
Ob an der Jungenaufzucht nur das<br />
Muttertier oder daneben auch das<br />
Vatertier beteiligt ist, ist von Wildart<br />
zu Wildart verschieden. Im letzten Fall<br />
sind bis zum Selbständigwerden der<br />
Jungen beide Elterntiere mit der Jagd<br />
zu verschonen.<br />
Die Vorschrift verbietet nicht die<br />
Bejagung der Jungtiere. Strittig ist<br />
allerdings, ob bei einer Wildart ohne<br />
Schonzeit zunächst die Jungtiere und<br />
dann die Elterntiere erlegt werden<br />
dürfen. Mit Rücksicht auf den klaren<br />
Wortlaut der Vorschrift wie auch der<br />
Strafbestimmung des § 38 Abs. 1 Nr.<br />
3 BJagdG („nulle poena sine lege“)<br />
ist die Frage zu bejahen. So stellt beispielsweise<br />
ein Altfuchs, egal ob Rüde<br />
oder Fähe, dessen sämtliche Jungtiere<br />
vor dem Bau bereits erlegt worden<br />
sind, kein notwendiges Elterntier<br />
(mehr) dar und darf deshalb in <strong>Bayern</strong><br />
als Wild mit ganzjähriger Jagdzeit im<br />
Mai erlegt werden.<br />
Der Elterntierschutz dauert bis zum<br />
Selbständigwerden der Jungtiere.<br />
Jagdgesetzlich ist dies die Zeit der<br />
unmittelbaren Aufzucht, in der also die<br />
Jungen gesäugt oder gefüttert werden.<br />
Ihre Dauer, die bei den einzelnen<br />
Wildarten unterschiedlich ist, ist weder<br />
bundesrechtlich noch auf Landesebene<br />
in <strong>Bayern</strong> gesetzlich geregelt. Es<br />
ist Sache des Jagdausübenden, nicht<br />
nur über die Bioiolgie der einzelnen<br />
Wildarten Bescheid zu wissen, sondern<br />
sich auch durch intensive Beobachtung<br />
Gewissheit zu verschaffen, ob der<br />
Übergang der Jungtiere zum Selbständigsein<br />
abgeschlossen ist. Das gilt<br />
vor allem beim Haarwild, bei dem der<br />
Schutz der zur Aufzucht notwendigen<br />
Elterntiere ausnahmsweise auch außerhalb<br />
der Schonzeit liegen kann.<br />
Beispiele: Wer Anfang August ein<br />
Alttier, nicht aber das dazugehörige<br />
Rotwildkalb, weil dieses abspringt,<br />
erlegt, begeht ein Schonzeitvergehen.<br />
Wer in den Sommermonaten aus<br />
einer Rotte ein voll verfärbtes Stück<br />
Schwarzwild erlegt, ohne es vorher<br />
genau angesprochen zu haben, muss<br />
mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer<br />
Milch gebenden Bache rechnen.<br />
Auch im Herbst und Winter muss sich<br />
der Jäger auf Milch gebende Bachen<br />
einstellen, denn nicht nur schwache<br />
und zurückgebliebene Stücke frischen<br />
verspätet, sondern häufi g auch normale<br />
Bachen, deren (Erst-) Wurf durch<br />
Unfall, Abschuss oder dergleichen<br />
verloren gegangen ist (sogenannte<br />
Nachrausche).<br />
Im Gegensatz dazu sind die Jagdzeiten<br />
beim Federwild so festgesetzt,<br />
dass davon die Brut- und Aufzuchtzeiten<br />
keinesfalls betroffen sind. Die<br />
am 1. April 2002 in Kraft getretene<br />
Zweite Verordnung zur Änderung der<br />
Verordnung über die Jagdzeiten vom<br />
25. April 2002 (BGBl I S. 1487) hat die<br />
Jagdzeiten für verschiedene Federwildarten<br />
zur Umsetzung der Vorgaben<br />
der EG-Vogelschutz-Richtlinie entsprechend<br />
verkürzt oder verändert. Das<br />
gilt insbesondere für die Ringel- und<br />
Türkentauben, die nunmehr erst vom<br />
1. November an bis zum 20. Februar<br />
bejagt werden dürfen.<br />
Nach § 22 a Abs. 1 BJagdG ist<br />
schwerkrankes Wild unverzüglich<br />
zu erlegen, um es vor vemeidbaren<br />
Schmerzen oder Leiden zu bewahren.<br />
Die Ausübung dieses Rechts verlangt<br />
eine Güter- und Pfl ichtenabwägung,<br />
wenn dadurch gleichzeitig gegen den<br />
gesetzlichen Elterntierschutz verstoßen<br />
wird. Diese führt beispielsweise dazu,<br />
dass die sofortige Erlegung einer an<br />
Tollwut erkrankten oder tollwutverdächtigen<br />
Fuchsfähe (vgl. § 11 Tollwut-Verordnung)<br />
auch dann rechtmäßig<br />
ist, wenn es sich dabei um ein zur<br />
Welpenaufzucht notwendiges Muttertier<br />
handelt. Anschließend sind die<br />
Jungtiere zu töten, soweit dies möglich<br />
ist, um sie vor dem Verhungern zu bewahren;<br />
außerdem sind diese ebenfalls<br />
tollwutverdächtig.<br />
Dr. Paul Leonhardt,<br />
Leitender Ministerialrat a.D.<br />
● Schrifttum:<br />
– Mitzschke-Schäfer, Bundesjagdgesetz,<br />
4. Aufl age, 1982<br />
– Leonhardt, Jagdrechtskommentar,<br />
Loseblattsammlung, 1986<br />
– Jagdlexikon, BLV-Verlag, 7. Aufl age,<br />
1996<br />
– v. Pückler, Wild und Hund 2/1985<br />
S. 38<br />
Ist auch Jäger<br />
Schauspieler Rolf Schimpf, 80,<br />
verkörpert seit 1986 die Rolle<br />
des Leo Kress in der Fernsehserie<br />
„Der Alte“ und ist damit Deutschlands<br />
ältester Fernsehkommissar.<br />
Schimpf wurde am 14. November<br />
1924 in Berlin geboren und stand<br />
bereits in den 50er Jahren beim<br />
Süddeutschen Rundfunk vor der<br />
Kamera.<br />
<strong>Revierkurier</strong>: Herr Schimpf, wie<br />
kamen Sie zur Jagd?<br />
Schimpf: Ich bin erblich vorbelastet.<br />
Bereits mein Großvater war<br />
Jäger und hat mir sowohl die Leidenschaft<br />
als auch zwei Gewehre<br />
vererbt. Den Jagdschein habe ich<br />
bereits mit 16 Jahren bekommen.<br />
1941 habe ich dann während meiner<br />
Ferien auf einem Forsthof in<br />
Mecklenburg meinen ersten Bock,<br />
einen Knopfer, erlegt.<br />
<strong>Revierkurier</strong>: Wo jagen Sie denn<br />
heute bevorzugt?<br />
Schimpf: Ich habe einen Begehungsschein<br />
in einem Revier in Tegernbach<br />
bei Pfaffenhofen. Ein bis<br />
zwei Mal im Jahr jage ich außerdem<br />
in dem Revier meines verstorbenen<br />
Freundes Manfred Behr in<br />
Illingen bei Pforzheim. Dort gehe<br />
ich mit dem zuständigen Jagdaufseher<br />
hin und wieder zum Blatten<br />
und habe so meine besten drei Böcke<br />
geschossen. Auch in Tirol habe<br />
ich hin und wieder Gelegenheit,<br />
Gemsen oder Hirsche zu jagen.<br />
<strong>Revierkurier</strong>: Was bedeutet Ihnen<br />
die Jagd?<br />
Schimpf: Die Jagd ist für mich ein<br />
wunderschöner Ausgleich zu den<br />
stressigen Dreharbeiten und sie<br />
bedeutet mir wahnsinnig viel. Da<br />
ich nicht allzu häufi g dazukomme,<br />
genieße ich die wenigen Stunden<br />
im Revier ganz besonders intensiv.<br />
<strong>Revierkurier</strong> 3/2005 3
Auerwild und Forstwirtschaft<br />
Auch künftig Chancen fürs Auerhuhn<br />
Die Gründung des Unternehmens Bayerische Staatsforsten am 1. Juli 2005 hat bei Naturfreunden Bedenken<br />
ausgelöst, vor allem, wenn es um bedrohte Tierarten wie das Auerhuhn geht. Holzproduktion und Auerhuhnvorkommen<br />
müssen sich aber keineswegs ausschließen, wie Prof. Dr. Ilse Storch, Leiterin des Arbeitsbereiches<br />
Wildtierökologie und Wildtiermanagement an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, berichtet.<br />
Viele, denen der Wald als Lebensraum<br />
am Herzen liegt, sehen die<br />
aktuellen Änderungen in Waldgesetz<br />
und Forstverwaltung mit Sorge und malen<br />
schon mal ein düsteres Szenario. Da<br />
der Staatswald gewinnorientiert bewirtschaftet<br />
wird, defi niere sich Nachhaltigkeit<br />
künftig ausschließlich ökonomisch.<br />
Die Förster sollen „Geld machen“ – das<br />
bedeute kürzere Umtriebszeiten und<br />
jüngere Bestände. Unter den Wildtieren<br />
würden dann all jene benachteiligt,<br />
die an alte Wälder gebunden sind. Das<br />
vom Aussterben bedrohte Auerhuhn<br />
ist ein prominentes Beispiel. In den<br />
Bayerischen Alpen liegen 90 Prozent<br />
seines Lebensraums im Staatswald.<br />
Wird die Forstreform die Situation des<br />
Auerhuhns nun weiter verschlechtern?<br />
Oder entstehen sogar langfristig wieder<br />
mehr Auerhuhn-Wälder, weil Bestände<br />
auf unproduktiven Standorten ganz aus<br />
der Nutzung genommen werden?<br />
Die Prognose ist aber nicht unbedingt<br />
düster. Für Wildtiere ist nämlich<br />
weniger relevant, wie die Wälder bewirtschaftet<br />
werden, sondern welche<br />
Strukturen dabei entstehen. Gelingt es,<br />
geeigneten Lebensraum in ausreichender<br />
Güte und Fläche zu schaffen und zu<br />
erhalten, müssen sich Holzproduktion<br />
und Auerhuhn auch in Zukunft nicht<br />
ausschließen.<br />
Waldstruktur ist entscheidend<br />
Auerhühner brauchen große Wälder,<br />
die licht und räumig sind. Wesentlich<br />
sind gute Bedingungen für die<br />
Kükenaufzucht: eine insektenreiche, fl ächige<br />
Bodenvegetation, möglichst mit<br />
reichlich Beerkraut – und das wächst<br />
nur bei entsprechend aufgelockertem<br />
Kronendach. Idealbedingungen<br />
für das Auerhuhn bieten die wei ten<br />
Waldlandschaften der Taiga: fast<br />
überall ist der Wald licht. Nadelbäume<br />
dominieren, die Bodenvegetation ist<br />
reich an Heidelbeeren und anderen<br />
Zwergsträuchern. Jungwald fi ndet sich<br />
nur stellenweise, entstanden durch natürliche<br />
Störungen wie Windwurf oder<br />
Waldbrand. In Mitteleuropa fi nden sich<br />
solche Wälder von Natur aus nur in<br />
4 <strong>Revierkurier</strong> 3/2005<br />
höheren Lagen. Daher<br />
beschränken sich die Auerhuhn-Vorkommen<br />
auf<br />
die Mittelge birge und die<br />
Alpen. Am besten geht<br />
es den Vögeln in alten,<br />
naturnahen Wäldern.<br />
Auerhuhnwälder<br />
müssen keineswegs<br />
immer alt sein<br />
Auerhuhn-Wä lder<br />
müssen aber keineswegs<br />
immer „alt“ oder „natürlich“<br />
sein. Es gibt viele<br />
Beispiele junger und intensiv<br />
genutzter Wälder,<br />
die Auerhühnern ein<br />
Auskom men bieten. In<br />
den Bayerischen Alpen<br />
leben die besten Populationen<br />
in fi chtendominiertenAltersklassenwäldern.<br />
Solange sie nicht<br />
zu dicht sind, Bäume<br />
mit ausreichend starken<br />
Ästen zum Aufbaumen<br />
vor handen sind und die<br />
Bodenvegetation stimmt,<br />
können auch jüngere Bestände<br />
für das Auerhuhn attraktiv sein.<br />
Frühe Durchforstungen werden dem<br />
Auer huhn daher entgegen kommen,<br />
auch wenn sie maschinell durchgeführt<br />
werden. Entscheidend für gute Auerhuhn-Eignung<br />
ist also weder das Alter<br />
noch die Betriebsklasse eines Bestandes,<br />
sondern seine Struktur. Die besten<br />
Bedingungen fi nden sich heute meist in<br />
Altbeständen oder Gebirgsplenterung<br />
im langfristigen Betrieb. Möglichkeiten<br />
der Habitatverbesserung durch Schaffung<br />
lichter Strukturen gibt es jedoch in<br />
allen Betriebsklassen.<br />
Habitateignung<br />
nachhaltig sichern<br />
Ein gutes Auerhuhn-Gebiet muss<br />
keineswegs auf ganzer Fläche für Auerhühner<br />
geeignet sein. Am wich tigsten<br />
sind Nadelholz begünstigende Standorte,<br />
vor allem solche mit Beer kraut,<br />
Rasche Verschlechterungen in der Habitatstruktur von<br />
Auerhuhnwäldern sollten unbedingt vermieden werden.<br />
in höheren Lagen mit mäßiger Hangneigung<br />
unter 35 Grad, wie Rücken,<br />
Kuppen und sonstige mä ßig geneigte<br />
Standorte. Hier sollte der Auerhuhn-<br />
Schutz in der Waldbehand lung einen<br />
hohen Stellenwert haben und bereits<br />
bei der Forsteinrichtung berücksichtigt<br />
werden. Hierbei dürfen auch lokal regelmäßig<br />
von Auerhühnern genutzte<br />
Bereiche wie zum Beispiel Balzplätze<br />
und Gebiete mit Trittsteinfunktion zur<br />
Verbindung lokaler Vorkommen nicht<br />
vergessen werden. Laubbaum-Bestände<br />
und steile und talnahe Lagen sind<br />
dagegen meist unbedeutend und können<br />
ohne besondere Rücksicht auf das<br />
Auerhuhn bewirtschaftet werden.<br />
Gute Habitateignung eines Auerhuhn-Gebiets<br />
muss nachhaltig<br />
gesichert werden. Auerhühner sind<br />
langlebige Vögel und haben ihre festen<br />
saisonalen Einstände. Daher sollten<br />
rasche Verschlechterungen in der Habi-<br />
Foto: R. Siegel
tatstruktur, wie sie sich etwa durch große<br />
Hiebe ergeben, vermieden werden.<br />
Vor der Verjüngung und End nutzung<br />
von guten Auerhuhn-Lebens räumen<br />
sollten angrenzende jüngere Bestände<br />
rechtzeitig verbessert und damit als<br />
Ausweichfl ächen vorberei tet werden.<br />
Hierfür bieten sich Über gangszeiträume<br />
von mindestens zehn bis 20 Jahren an,<br />
die es den Vögeln erlauben, sich langsam<br />
umzustellen.<br />
Auerhuhn-Schutz wurde in der<br />
Vergangenheit vor allem kleinräumig<br />
betrieben. Maßnahmen zur Lebensraumsicherung<br />
konzentrierten sich auf<br />
Merkmale der lokalen Waldstruktur.<br />
Landschaftsaspekte wurden nicht<br />
ausdrücklich berücksichtigt. Für die Erhaltung<br />
einer Auerhuhn-Population ist<br />
kleinräumig gute Habitateignung zwar<br />
wichtig, aber nicht genug. Erst wenn<br />
ein Waldgebiet aus reichend groß ist,<br />
das heißt viele tau send Hektar umfasst,<br />
und mindestens die Hälfte der Waldbestände<br />
geeignet ist, haben Auerhühner<br />
gute Überle benschancen. Erfolgversprechender<br />
Auerhuhn-Schutz muss<br />
daher kleinräumige wie großräumige<br />
Lebensraumansprü che berücksichtigen.<br />
Schon heute begrenzt die forstliche<br />
Praxis vor allen anderen Einfl üssen<br />
die Habitateignung für das Auerhuhn<br />
in den Bayerischen Alpen und Mittelgebirgen.<br />
Der Anteil lichter, älterer<br />
Bestände ist gering; jüngere Bestände<br />
sind meist über Jahrzehnte dicht und<br />
vorratsreich. Durch die Intensivierung<br />
der Forstwirtschaft könnten die taigaähnlichen<br />
Auerhuhn-Wälder, die auch<br />
einer Vielzahl anderer Arten entgegenkommen,<br />
noch weniger werden.<br />
Andererseits käme es dem Auerhuhn<br />
entgegen, wenn Wälder auf unproduktiven<br />
Standorten ganz aus der Nutzung<br />
genommen würden.<br />
Verschlechterungsverbot im<br />
EU-Recht verankert<br />
Mithelfen bei der Erhaltung der<br />
Auerhuhn-Wälder könnte das neue<br />
Na turschutz-Instrument Natura 2000.<br />
Das im EU-Recht verankerte Verschlechterungsverbot<br />
für die Situ ation<br />
bedrohter Arten wie dem Auer huhn<br />
wird sich auch auf die forstliche Bewirtschaftung<br />
auswirken. Jedenfalls hat<br />
die EU kürzlich bewiesen, dass sie es<br />
mit dem Auerhuhn ernst meint: deutliche<br />
Worte aus Brüssel bewegten die<br />
Behörden in Schottland zu einem großen<br />
Schutzprogramm zur Rettung des<br />
symbolträchtigen Vogels vor dem Aussterben.<br />
Eine Partnerschaft aller Interessensvertreter<br />
von Förstern und Jägern<br />
Solange die Bestände nicht zu dicht sind und die Bodenvegetation stimmt, können auch<br />
jüngere Bestände für das Auerwild attraktiv sein.<br />
über Landbesitzer und Tourismusverbände<br />
zu Naturschützern wurde geformt,<br />
ein Projekt-Manager eingestellt,<br />
Lebensräume unter Schutz gestellt und<br />
die Landnutzungs-Praxis im gesamten<br />
Verbreitungsgebiet auf Auerhuhn-Eignung<br />
überprüft. Fi nanziert durch ein<br />
millionenschweres EU-Life Projekt und<br />
begleitet durch erstklassige Wissenschaftler<br />
konnte die schottische Auerhuhn-Population<br />
innerhalb weniger<br />
Jahre verdoppelt werden.<br />
Noch fehlen die Erfahrungen, wie<br />
das Verschlechterungsverbot in Natura-2000-Gebieten<br />
in <strong>Bayern</strong> in der<br />
Praxis gehandhabt werden wird. Das<br />
Auerwildschutz in <strong>Bayern</strong><br />
Das neue Bayerische Waldgesetz<br />
enthält aber für das Auerwild auch<br />
eine positive Änderung: Artikel 18,<br />
Absatz 1 Nr. 5 schreibt vor, die Belange<br />
der Jagd (wie die Reduktion<br />
von Schwarzwild) und die Bestandssicherung<br />
ganzjährig geschonter<br />
Wildarten (wie das Auerwild) zu<br />
berücksichtigen. Um den Auerwildschutz<br />
in <strong>Bayern</strong> voranzutreiben,<br />
traf sich der Präsident der bayerischen<br />
Jäger, Prof. Dr. Jürgen Vocke,<br />
mit Umweltminister Dr. Werner<br />
Schnappauf.<br />
Mit dabei war Dr. Karl Döhler,<br />
MdL, Stimmkreisabgeordneter aus<br />
Wunsiedel im Fichtelgebirge, wo<br />
das Auerwild in seinem Bestand<br />
bedroht ist. Schnappauf sagte zu,<br />
Auerhuhn wird dabei in den Alpen<br />
und Mittelgebirgen eine wichtige Rolle<br />
spielen. An den fachlichen Kenntnissen<br />
der Wildtierökologie wird der Auerhuhn-Schutz<br />
nicht scheitern. Entscheidend<br />
ist, wie viel – oder wenig – Raum<br />
unsere wirtschaftlichen Interessen solch<br />
anspruchsvollen Tierarten zuge stehen<br />
werden.<br />
● Anregungen zum Auerhuhn-Schutz<br />
in der Praxis sind zu fi nden in:<br />
Storch, I. 1999: Auerhuhn-Schutz:<br />
Aber wie? Ein Leitfaden. Neubearbeitete<br />
Aufl age. Broschüre, Wildbiologische<br />
Gesellschaft München, Ettal.<br />
43 Seiten<br />
seinen Einfl uss geltend zu machen,<br />
damit die neu gegründete Forstanstalt<br />
die Zielsetzung des Artikels 18<br />
besonders im Fichtelgebirge in ihre<br />
waldbaulichen Planungen einbezieht.<br />
Auch das Ressort von Forstminister<br />
Josef Miller befasst sich seit Jahren<br />
mit dem Schutz ganzjährig geschonter<br />
Arten wie des Auerwildes. Wichtige<br />
Grundlagen bieten zum Beispiel<br />
die Studie „Auerhuhnschutz und<br />
Forstwirtschaft“ und die Planung<br />
zum Aufbau eines Biotopverbundes<br />
zur Erhaltung, Stützung und Förderung<br />
der Auerhuhnpopulation im<br />
Fichtelgebirge durch die Bayerische<br />
Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft.<br />
SG<br />
<strong>Revierkurier</strong> 3/2005 5
Wildtierkataster <strong>Bayern</strong><br />
Hasen im Scheinwerferlicht<br />
Mit dem 1996 begonnenen Wildtierkataster <strong>Bayern</strong> hat der BJV ein Monitoring-Programm zur großfl ächigen<br />
Erfassung von Populationen bejagbarer Wildtiere installiert. Damit hat er ein dauerhaftes ökologisches Umweltbeobachtungs-<br />
und Informationssystem geschaffen, das für viele Behörden und Fachberatungen Grundlage<br />
für weitreichende Entscheidungen ist, wie zum Beispiel für die Neufassung der „Roten Liste“. Die wichtigsten<br />
Ergebnisse aus dem Jahr 2004 werden hier dargestellt.<br />
Feldhasen werden nachts mit Hilfe der Scheinwerfertaxation gezählt.<br />
Das Ergebnis: Ihr Bestand in <strong>Bayern</strong> ist keineswegs bedroht.<br />
Das Wildtierkataster <strong>Bayern</strong> trägt<br />
der jahrzehntelangen Forderung Rechnung,<br />
nicht nur Streckendaten, sprich<br />
tote Tiere, als Grundlage für analytische<br />
Arbeiten heranzuziehen, sondern Daten<br />
lebender Populationen.<br />
Im Hinblick auf die permanente Diskussion<br />
um die Bejagung von bestimmten<br />
Tierarten – hat es Sinn den Fuchs<br />
zu bejagen, gehört der Feldhase auf<br />
die Rote Liste? – werden mit Hilfe des<br />
Wildtierkatasters nicht nur Dichten und<br />
Populationstrends ermittelt, sondern<br />
auch der Lebensraum der beobachteten<br />
Tiere wird erfasst. Zudem trägt<br />
dieses Erfassungssystem dazu bei, Ursachen<br />
und Wirkung von gravierenden<br />
Dichteunterschieden in den einzelnen<br />
Referenzgebieten, insbesondere beim<br />
Feldhasen, aufzudecken und Anregungen<br />
zur Bewirtschaftung zu gewinnen.<br />
Darüber hinaus stellt das Wildtierkataster<br />
<strong>Bayern</strong> dem vom Deutschen<br />
Jagdschutzverband durchgeführten<br />
fl ächendeckenden Monitoring-System<br />
„Wildtier-Informationssystem der<br />
Länder Deutschlands“ (WILD) die auf<br />
bayerischer Ebene ermittelten Daten<br />
zur Verfügung.<br />
Ausgewertet wurden Zählungen des<br />
Feldhasen, die Erfassung von Geheckdichten<br />
sowie Frühjahrs- und Sommerbesätze<br />
bei Dachs und Rotfuchs und die<br />
Dichte von Brut- und Revierpaaren der<br />
Rabenkrähe. Es wurden also Daten von<br />
6 <strong>Revierkurier</strong> 3/2005<br />
Tierarten gesammelt, die für eine ordnungsgemäße<br />
Bewirtschaftung eines<br />
Niederwildrevieres von entscheidender<br />
Bedeutung sind.<br />
Die Datenerfassung haben Revierpächter<br />
oder sonstige Betreuer der<br />
Reviere übernommen. Nach entsprechender<br />
Einweisung und Ausstattung<br />
können aber auch andere Jäger mitarbeiten.<br />
Das „Zählpersonal“ erhielt neben<br />
einer Anleitung, wie die Zählung durchzuführen<br />
ist, einheitliche Zählformulare.<br />
Die Ergebnisse sind in der BJV-Geschäftsstelle<br />
zusammengelaufen. Dort<br />
haben sie Mitarbeiter in eine Datenbank<br />
eingegeben und zur Erstellung<br />
des Jahresberichtes der Universität Trier<br />
übermittelt.<br />
Feldhasen im Lichtkegel gezählt<br />
Besonderes Augenmerk bei der Datenerfassung<br />
wird auf den Feldhasen<br />
gelegt. Das größtenteils nachtaktive<br />
Tier wird mit Hilfe der Scheinwerfertaxation<br />
erfasst. Das heißt, die Zähler<br />
rücken nachts aus und leuchten mit<br />
einem Handscheinwerfer eine defi nierte<br />
Fläche im Revier vom Auto aus ab.<br />
Gezählt werden die Hasen, die im Kegel<br />
des Scheinwerfers gesichtet werden.<br />
Die Zählung erfolgt zwei Mal im<br />
Jahr, im Frühjahr und im Herbst. Durch<br />
dieses Verfahren, das immer auf den-<br />
selben Flächen durchgeführt werden<br />
muss, wird die Dynamik der Populationsdichte<br />
im Laufe des Jahres und der<br />
Jahre ersichtlich. Auch Auswirkungen<br />
von Veränderungen von Landschaftsbestandteilen,<br />
wie zum Beispiel nach<br />
großfl ächigen Nutzungsumwandlungen<br />
von Grün- in Ackerland, können<br />
über Jahre hinweg belegt werden.<br />
Die an der Feldhasenzählung 2004<br />
beteiligten Reviere verteilen sich auf 49<br />
Landkreise und kreisfreie Städte beziehungsweise<br />
auf 35 Naturräume. Damit<br />
ist <strong>Bayern</strong> systematisch abgedeckt und<br />
detaillierte Aussagen für die verschiedenen<br />
Lebensräume können erfolgen.<br />
Dank des standardisierten Aufnahmeverfahrens<br />
sind die Ergebnisse auf<br />
Bundesebene miteinander vergleichbar.<br />
Im Frühjahr 2004 sind in den bayerischen<br />
Referenzrevieren Feldhasendichten<br />
von 8,5 (Wern-Lauer-Platte, Landkreis<br />
Würzburg) bis 67,5 Hasen pro<br />
100 Hektar (Nördlinger Ries) ermittelt<br />
worden. Die Herbstzählung hat Dichten<br />
von 1,5 (Wern-Lauer-Platte ) bis 55,1<br />
Hasen pro 100 Hektar (Dungau) ergeben.<br />
Dabei können die Schwankungen<br />
in den jeweiligen Naturräumen erheblich<br />
sein.<br />
Das regionale Auftreten der Fuchsräude<br />
zeigt: Die Bestände sind vielerorts zu<br />
hoch.<br />
Foto: E. Marek
Die Frühjahrs- und Herbstbestände der Feldhasen pro 100 Hektar in <strong>Bayern</strong> zeigen<br />
über die Jahre hinweg eine stabile Population.<br />
Der Hasenbestand in <strong>Bayern</strong> befi ndet<br />
sich also auf einem relativ hohen<br />
Niveau und ist mehr oder weniger<br />
stabil (siehe Abbildung oben). Auch in<br />
ungünstigeren Biotopbereichen kann<br />
sich der Hase dauerhaft etablieren,<br />
erreicht dort aber keine bejagbare<br />
Bestandsdichte (siehe Karte). Stabiler<br />
Hasenbesatz in <strong>Bayern</strong><br />
Stabiler Hasenbesatz in <strong>Bayern</strong><br />
Rückschlüsse auf Hasenpopulationen<br />
in <strong>Bayern</strong> und in den jeweiligen<br />
Naturräumen werden durch das Wildtierinformationssystem<br />
erstmalig und<br />
dauerhaft ersichtlich und nachvollziehbar.<br />
Sondersituationen wie das Auftreten<br />
des European Brown Hare Syndrome<br />
(EBHS) können mit der Datenerhebung<br />
und der Populationsentwicklung in<br />
Beziehung gestellt werden. Praktische<br />
Rückschlüsse auf die Bejagbarkeit einer<br />
Hasenpopulation und die mögliche<br />
Verpfl ichtung zur Hege können ein<br />
Ergebnis der Datenerfassung sein. Bei<br />
den Tierarten Fuchs und Dachs wurden<br />
Baue und Gehecke gezählt. Auch hier<br />
ist das Ergebnis ein wichtiger Indikator<br />
für Vitalität und Größe der einzelnen<br />
Populationen. Die Gehecke wurden<br />
Auch auf Landkreisebene zeigen sich regional gute Hasenbestände. Sogar in ungünstigeren<br />
Biotopbereichen kann sich die Tierart etablieren, wenn sie auch dort keine<br />
bejagbare Besatzdichte bildet.<br />
2004 in <strong>Bayern</strong> auf einer Jagdfl äche<br />
von insgesamt 36.727 Hektar in 66 Referenzgebieten<br />
kartiert. Beim Rotfuchs<br />
wurden für diese Bereiche eine mittlere<br />
Geheckdichte von 0,19 Stück pro 100<br />
Hektar errechnet. Die Schwankung in<br />
den Revieren liegt dabei zwischen 0,00<br />
und 1,31 Stück pro 100 Hektar. Die<br />
Individuenzahl des Fuchses wurde im<br />
arithmetischen Mittel mit 2,43 Stück<br />
pro 100 Hektar angegeben. Die seit<br />
mehreren Jahren regional auftretende<br />
Fuchsräude könnte zudem ein Indiz für<br />
die erhöhten Fuchsbestände sein.<br />
Baue und Gehecke<br />
bei Fuchs und Dachs<br />
Beim Dachs liegt die Individuenzahl<br />
deutlich drunter, nämlich bei 0,94<br />
Stück pro 100 Hektar. Die mittlere<br />
Geheckdichte liegt bei 0,14 Stück pro<br />
100 Hektar mit einer Schwankung von<br />
0,00 und 1,07 Stück pro 100 Hektar.<br />
Damit setzt sich der Aufwärtstrend der<br />
Dachspopulation weiter fort.<br />
Die Rabenkrähe wurde auf insgesamt<br />
58.571 Hektar in 99 Revieren<br />
kartiert. In 20 Prozent der Reviere<br />
konnte kein Bruterfolg nachgewiesen<br />
werden. In 28 Prozent der Reviere war<br />
die Brutpaardichte unter einem Brutpaar<br />
pro 100 Hektar, in 16 Revieren<br />
zwischen einem und zwei Brutpaaren<br />
pro 100 Hektar, entspricht 16 Prozent,<br />
und in sechs Revieren lag sie über zwei<br />
Brutpaaren pro 100 Hektar, entspricht<br />
sechs Prozent. Ausgesprochene Verbreitungsschwerpunkte<br />
sind aus der<br />
Erhebung 2004 nicht abzuleiten.<br />
Das Wildinformationssystem wird in<br />
naher Zukunft weiter ausgebaut werden.<br />
Unter anderem wird eine Datenerfassung<br />
über das Internet angedacht.<br />
Im Besonderen soll der Populationsstatus<br />
von Neozonen wie Marderhund,<br />
Waschbär oder Mink stärker berücksichtigt<br />
werden.<br />
In diesem Jahr wird außer den<br />
genannten Tierarten das Rebhuhn<br />
kartiert. Beim Fuchs kommt die Erfassung<br />
der Strecken zur Geheck- und<br />
Baukartierung hinzu. Außerdem wird<br />
die Jagdintensität genauer untersucht.<br />
● Ausführlicher WILD-Jahresbericht<br />
im Internet unter www.jagdnetz.de,<br />
Rubrik „Naturschutz“<br />
Interessierte Revierinhaber bzw.<br />
Hegegemeinschaftsleiter, die sich am<br />
Wildtierkataster beteiligen wollen,<br />
melden sich bitte schriftlich bei:<br />
BJV-Geschäftsstelle, Dr. van der Sant,<br />
Hohenlindner Str. 12, 85622 Feldkirchen,<br />
Fax: 089/990234-35, E-mail:<br />
dirk.vandersant@jagd-bayern.de<br />
<strong>Revierkurier</strong> 3/2005 7
Vogelgrippe – oder auch Klassische<br />
Gefl ügelpest – wird durch Grippeviren<br />
des Typs A (derzeit Serotyp H5N1) hervorgerufen.<br />
Grundsätzlich können alle<br />
Vogelarten infi ziert werden. Hauptsächlich<br />
erkranken aber Hühner und Puten.<br />
Im derzeitigen Seuchenzug in Asien<br />
sind auch Gänse, Enten und Schwäne<br />
betroffen. Vor allem an Standorten mit<br />
massivem Wasservogelbesatz ist eine<br />
intensive Erregerverbreitung über direkten<br />
Kontakt, über Kot oder mit Kot<br />
verschmutzten Stand- und Fließgewässern<br />
möglich.<br />
Für Beizvögel ist das Infektionsrisiko<br />
äußerst gering, wenn sie sicher gehalten<br />
werden, das heißt wenn der direkte<br />
Kontakt und der Eintrag von Kot verhindert<br />
wird. Dies ist bei der üblichen<br />
Haltung mit Tränkung von Trinkwasser<br />
gegeben.<br />
Infektion anderer Tiere<br />
äußerst selten<br />
Vogelgrippeviren können aber auch<br />
die Artenbarriere überschreiten. Dies ist<br />
jedoch äußerst selten und gelingt nur<br />
bei intensivem Kontakt. Bisher wurde<br />
kein Fall beschrieben, bei dem zum Beispiel<br />
ein Hund durch eine Infektion mit<br />
Vogelgrippeviren erkrankte. Auf Grund<br />
der Empfänglichkeit von Haus- und<br />
Wildschweinen für Infl uenzaviren von<br />
Vögeln und Menschen sollten diese<br />
Impressum:<br />
Herausgeber: <strong>Landesjagdverband</strong> <strong>Bayern</strong> e.V. · Hohenlindner Straße 12 · 85622 Feldkirchen · Telefon 089 / 99 02 34 0 · Fax 089 / 99 02 34 37,<br />
Internet: www.jagd-bayern.de, E-mail: dr.reddemann@jagd-bayern.de<br />
Präsident des <strong>Landesjagdverband</strong>es <strong>Bayern</strong>: Prof. Dr. Jürgen Vocke, MdL<br />
Verantwortlich für den Inhalt: Dr. Joachim Reddemann, BJV-Hauptgeschäftsführer • Redaktion: Stephanie Geißendörfer, Günter Heinz Mahr (Leitung)<br />
Layout: Doris Dröge • Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten (für Kreisgruppenvorsitzende und Hegegemeinschaftsleiter)<br />
8 <strong>Revierkurier</strong> 3/2005<br />
Vogelgrippe: Aufmerksam sein<br />
Vogelgrippe kann alles Federvieh befallen, also auch Fasane oder Wildenten. Deutschland ist frei von Vogelgrippe<br />
(Stand Ende September 2005); es gilt dennoch, aufmerksam zu sein. Informationen dazu hat der Tiergesundheitsdienst<br />
<strong>Bayern</strong> nun speziell für Jäger herausgegeben; nachstehend die wichtigsten Auszüge.<br />
möglichst nicht Infektionsmöglichkeiten<br />
ausgesetzt werden. Tote Vögel und der<br />
Aufbruch von Flugwild sollten deshalb<br />
„schweinesicher“ entsorgt werden.<br />
Erkrankungen beim Menschen wurden<br />
bisher nur nach intensivem Tierkontakt<br />
beschrieben. Derartige enge<br />
Kontakte sind auf der Jagd in der Regel<br />
nicht gegeben. Berührungen mit erlegten,<br />
offensichtlich kranken Tieren sind<br />
auf ein Mindestmaß zu beschränken.<br />
Auf Treibjagden ist es ratsam, vor dem<br />
Essen die Hände mit Seife zu waschen.<br />
Messer, die zum Aufbrechen benutzt<br />
wurden, sollten nicht zum Essen verwendet<br />
werden.<br />
Krankheitserscheinungen<br />
nicht beweisend<br />
Typischerweise tritt die Krankheit<br />
schon ein bis zwei Tage nach der Infektion<br />
auf. Die Vögel können Kopfschwellungen<br />
durch Ödeme, blutrote<br />
Verfärbungen des Kammes und der<br />
Kehllappen, Atemnot, Mattigkeit,<br />
Durchfall, Appetitlosigkeit und Benommenheit<br />
zeigen. Allerdings muss das<br />
nicht sein, und auch sind diese Krankheitserscheinungen<br />
nicht beweisend<br />
für die Vogelgrippe. Viele Tiere sterben,<br />
bevor sie solche Krankheitszeichen entwickeln<br />
können. Bereits an Vogelgrippe<br />
verendete Tiere weisen unter Umständen<br />
Kopfschwellungen, dunkle Kopf-<br />
Eil-Verordnung des Bundesministeriums für Verbraucherschutz,<br />
Ernährung und Landwirtschaft<br />
In der Verordnung zur Untersuchung<br />
auf Klassische Gefl ügelpest<br />
(Vogelgrippe) vom 1. September<br />
2005 heißt es unter Paragraph 1:<br />
„Zur Erkennung der Gefl ügelpest<br />
bei wildlebenden Enten und<br />
Gänsen haben Jagdausübungsberechtigte<br />
nach näherer Anweisung<br />
der zuständigen Behörde Proben<br />
von erlegten Enten und Gänsen zur<br />
virologischen Untersuchung auf Infl<br />
uenza-A-Virus zu entnehmen und<br />
der von der zuständigen Behörde<br />
bestimmten Untersuchungseinrichtung<br />
zuzuleiten und das gehäufte<br />
Auftreten kranken oder verendeten<br />
wildlebenden Gefl ügels der zuständigen<br />
Behörde unter Angabe des<br />
Fundortes unverzüglich anzuzeigen.<br />
Die zuständige Behörde kann die<br />
anhänge, Sekretspuren am Gesicht<br />
und Verletzungen im Afterbereich auf.<br />
Ein Verdacht ist in jedem Fall gegeben,<br />
wenn im Revier viele Vögel gleichzeitig<br />
erkranken beziehungsweise verendet<br />
gefunden werden.<br />
Bei der Jagd erlegtes Flugwild kann<br />
auch weiterhin direkt im Revier versorgt<br />
werden. In Gefährdungszeiten ist<br />
aber ein Raum vorzuziehen, in dem die<br />
Tiere und der Aufbruch bei gutem Licht<br />
beurteilt werden können. In jedem Fall<br />
sollte der Aufbruch von Flugwild sachgemäß<br />
entsorgt werden, ohne dass<br />
Schweine oder Hausgefl ügel an ihn gelangen<br />
können. Krankheitsverdächtige<br />
Tiere sollten natürlich überhaupt nicht<br />
geöffnet und gleich direkt entsorgt<br />
werden. Der sicherste Entsorgungsweg<br />
führt über die Abfalltonne von Metzgereien<br />
zur Tierkörperbeseitigungsanstalt.<br />
Vogelgrippe meldepfl ichtig<br />
Vogelgrippe ist eine anzeigepfl ichtige<br />
Seuche. Bei Seuchenverdacht sind<br />
Jäger als Sachkundige zur Anzeige<br />
verpfl ichtet – entweder beim zuständigen<br />
Amtstierarzt oder der zuständigen<br />
Polizeibehörde. Bei Auffi nden einer<br />
größeren Zahl verendeter Vögel oder<br />
Tiere mit unklarer Todesursache sollte<br />
man die zuständigen Stellen immer<br />
unterrichten.<br />
Untersuchung anderen Wildgefl ügels<br />
anordnen, sofern dies aus Gründen<br />
der Tierseuchenbekämpfung<br />
erforderlich ist.“<br />
Diese Verordnung tritt am Tage nach<br />
der Verkündung in Kraft. Sie tritt mit<br />
Ablauf des 28. Februar 2006 außer<br />
Kraft, sofern nicht mit Zustimmung<br />
des Bundesrates etwas anderes verordnet<br />
wird.