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Mirna Abd El Aziz, Plastische Chirurgie und Kosmetik in der Antike

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Glie<strong>der</strong>ung:<br />

Certamen Carol<strong>in</strong>um 2008 - Vortrag für die Endr<strong>und</strong>e<br />

„<strong>Plastische</strong> <strong>Chirurgie</strong> <strong>und</strong> <strong>Kosmetik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Antike</strong>“<br />

von <strong>Mirna</strong> <strong>Abd</strong> <strong>El</strong> <strong>Aziz</strong><br />

1. E<strong>in</strong>leitung<br />

2. Die Beschreibung <strong>der</strong> plastischen <strong>Chirurgie</strong> <strong>in</strong> dem Werk „De<br />

medic<strong>in</strong>a“ von Aulus Cornelius Celsus<br />

3. Def<strong>in</strong>ition „<strong>Plastische</strong> <strong>Chirurgie</strong>“<br />

4. <strong>Kosmetik</strong> als ästhetische <strong>Chirurgie</strong> <strong>der</strong> <strong>Antike</strong><br />

5. Fazit<br />

1. E<strong>in</strong>leitung<br />

„Es gibt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>geschichte ke<strong>in</strong>e Zeit, <strong>in</strong> <strong>der</strong> nicht Verfahren zur Verbesserung des<br />

menschlichen Ersche<strong>in</strong>ungsbildes angewandt wurden. Narben wurden stets als unerwünschte<br />

Ergebnisse von chirurgischen E<strong>in</strong>griffen angesehen. Bereits um 1600 v. Chr. machten sich<br />

Chirurgen Gedanken über die ästhetischen Folgen ihrer E<strong>in</strong>griffe.“<br />

- Heilmann, Witschi: Nur wenige Schnitte zum Glück<br />

Dieses Zitat stammt aus e<strong>in</strong>er psychologischen Studienarbeit aus dem Jahr 2005, mit dem<br />

Titel „Nur wenige Schnitte zum Glück“, welche sich mit <strong>der</strong> Fernsehsendung „The Swan –<br />

Endlich schön“ 1 sowie auch den damit verb<strong>und</strong>enen Schönheitsidealen beschäftigt.<br />

Die antike Literatur überliefert zahlreiche im mediz<strong>in</strong>ischen Bereich angewandte Methoden<br />

<strong>und</strong> Heilmittel, aber gab es tatsächlich bereits damals chirurgische E<strong>in</strong>griffe, die mit denen<br />

<strong>der</strong> heutigen Schönheitschirurgie vergleichbar s<strong>in</strong>d? In <strong>der</strong> zitierten Studienarbeit wird davon<br />

ausgegangen, dass <strong>der</strong> Ursprung unserer mo<strong>der</strong>nen Schönheitschirurgie bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Antike</strong><br />

vorzuf<strong>in</strong>den ist. Im Folgenden möchte ich mich daher mit <strong>der</strong> Frage ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzen,<br />

<strong>in</strong>wiefern man im Zusammenhang mit <strong>der</strong> antiken plastischen <strong>Chirurgie</strong> tatsächlich von<br />

„Schönheitschirurgie“ sprechen kann. Dabei soll auch ihre beson<strong>der</strong>e Bedeutung<br />

hervorgehoben werden.<br />

Die wichtigste <strong>und</strong> <strong>in</strong>teressanteste Quelle zum Thema „plastische <strong>Chirurgie</strong>“, welche uns<br />

Aufschluss über diese Frage geben kann, f<strong>in</strong>den wir <strong>in</strong> dem mediz<strong>in</strong>ischen Werk „De<br />

medic<strong>in</strong>a libri octo“, das wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit zwischen 25/26 <strong>und</strong> 48 n. Chr. entstand<br />

<strong>und</strong> von Celsus geschrieben wurde, welcher ebenfalls <strong>in</strong> <strong>der</strong> zitierten Studienarbeit im<br />

Zusammenhang mit <strong>der</strong> Schönheitschirurgie angesprochen wird.<br />

Über Aulus Cornelius Celsus ist wenig bekannt. Er war höchstwahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong><br />

freigeborener römischer Staatsbürger, lebte <strong>in</strong> Rom <strong>und</strong> verfasste e<strong>in</strong>e Enzyklopädie, welche<br />

Schriften über Landwirtschaft, Mediz<strong>in</strong>, Rhetorik, Philosophie, das Militärwesen <strong>und</strong><br />

möglicherweise auch über die Jurisprudenz enthielt. Fast vollständig erhalten geblieben s<strong>in</strong>d<br />

jedoch nur die „De medic<strong>in</strong>a libri octo“ – die acht Bücher über die Mediz<strong>in</strong>, <strong>in</strong> welchen <strong>der</strong><br />

Autor e<strong>in</strong>en Überblick über die Geschichte <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong> gibt <strong>und</strong> auf e<strong>in</strong>zelne Krankheiten<br />

<strong>und</strong> Spezialgebiete, so auch die plastische <strong>Chirurgie</strong>, e<strong>in</strong>geht. Trotzdem wurde vermutet, dass<br />

1 Sendung, bei <strong>der</strong> 16 Frauen durch hauptsächlich mediz<strong>in</strong>ische Mittel (d.h. chirurgische<br />

E<strong>in</strong>griffe) behandelt werden. Die „Schönste“ wird am Ende zum „Swan“ gekürt.<br />

1


Celsus selbst ke<strong>in</strong> praktizieren<strong>der</strong> Arzt, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> Laie war, <strong>der</strong> sich für die Mediz<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong>teressierte <strong>und</strong> ihren damaligen Stand <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Werk zusammenfasste, e<strong>in</strong>e These, die<br />

allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> jüngerer Zeit zugunsten des Arztse<strong>in</strong>s fallen gelassen wurde.<br />

2. Die Beschreibung <strong>der</strong> „plastischen <strong>Chirurgie</strong>“ <strong>in</strong> dem Werk „De<br />

medic<strong>in</strong>a“ von Aulus Cornelius Celsus<br />

In dem Kapitel <strong>der</strong> „De medic<strong>in</strong>a libri octo“, das sich mit <strong>der</strong> plastischen <strong>Chirurgie</strong><br />

beschäftigt, erläutert Celsus, wie man mithilfe e<strong>in</strong>er Operation den Substanzverlust an Ohren,<br />

Lippen <strong>und</strong> an <strong>der</strong> Nase ersetzen kann.<br />

Die zu behandelnden Stellen bezeichnet Celsus genauer gesagt als „curta“ (7,9,1), was<br />

„verstümmelt“ o<strong>der</strong> auch „unvollständig“ bedeutet <strong>und</strong> daher als e<strong>in</strong>e generelle Entstellung<br />

verstanden werden kann, bei <strong>der</strong> e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> Haut – möglicherweise auch des Fleisches –<br />

fehlt.<br />

Angewendet werden kann das Verfahren jedoch lediglich bei ger<strong>in</strong>gen Substanzverlusten, da<br />

größere erst gar nicht operiert werden können, o<strong>der</strong> aber die Gefahr besteht, dass <strong>der</strong> Patient<br />

h<strong>in</strong>terher durch die Operation unter e<strong>in</strong>er schlimmeren Entstellung leidet als vorher:<br />

„Curta igitur <strong>in</strong> his tribus ac si qua parva sunt, curari possunt; si qua maiora sunt, aut non<br />

recipiunt curationem, aut ita per hanc ipsam deformantur, ut m<strong>in</strong>us <strong>in</strong>decora ante fuer<strong>in</strong>t.”<br />

- 7,9,1<br />

Des Weiteren kommen für diese Operationsmethode nur bestimmte Patienten <strong>in</strong> Frage, wie<br />

<strong>der</strong> Autor im Folgenden deutlich macht:<br />

„Neque senile autem corpus, neque quod mali habitus est, neque <strong>in</strong> quo difficulter ulcera<br />

sanescunt, huic medic<strong>in</strong>ae idoneum est […]“<br />

- 7,9,2<br />

We<strong>der</strong> <strong>der</strong> Körper e<strong>in</strong>es Greises (Neque senile autem corpus), noch e<strong>in</strong> Körper <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

ges<strong>und</strong>heitlich schlechten Zustand (neque quod mali habitus est), geschweige denn e<strong>in</strong><br />

Körper, bei dem Geschwüre schwer heilen (neque <strong>in</strong> quo difficulter ulcera sanescunt), können<br />

behandelt werden, da es bei diesen wahrsche<strong>in</strong>lich ist, dass sie schnell von krebsähnlichen<br />

Geschwüren befallen werden <strong>und</strong> diese letztendlich nur sehr schwer behandelt werden<br />

können. (7,9,2)<br />

Die Operation kann generell bei Entstellungen, wie <strong>der</strong> Lippen-Spalte, bei Geschwüren wie<br />

Krebs o<strong>der</strong> aber bei alltäglichen Verletzungen des Gesichts angewandt werden <strong>und</strong> wird von<br />

Celsus folgen<strong>der</strong>maßen beschrieben:<br />

„id, quod curtum est, <strong>in</strong> quadratum <strong>der</strong>igere; ab <strong>in</strong>terioribus eius angulis l<strong>in</strong>eas transversas<br />

<strong>in</strong>ci<strong>der</strong>e, quae citeriorem partem ab ulteriore ex toto deducant; de<strong>in</strong>de ea, quae sic<br />

resolvimus, <strong>in</strong> unum adducere. Si non satis iunguntur, ultra l<strong>in</strong>eas, quas ante fecimus, alias<br />

duas lunatas et ad plagas conversas immittere, quibus summa tantum cutis diducatur […]“<br />

- 7,9,2f.<br />

Wie sich an <strong>der</strong> folgenden Zeichnung 2 gut erkennen lässt, richtet man den Defekt „zu e<strong>in</strong>em<br />

Viereck“ aus („<strong>in</strong> quadratum <strong>der</strong>igere“), führt von den Ecken dieses Vierecks aus vier „l<strong>in</strong>eas<br />

2 Zeichnung entnommen aus: MARMELZAT, W.L., Medic<strong>in</strong>e <strong>in</strong> History. On the Repairs of<br />

Defects of the Ears, Lips and Nose, <strong>in</strong>: Journal of Dermatology, Surgery and Oncology 8/12<br />

(1982), 1012-1014.<br />

2


transversas“, also Schnitte, die quer („transversus“) verlaufen, welche hier mit f, g, h <strong>und</strong> i<br />

beschriftet s<strong>in</strong>d.<br />

Nun muss versucht werden, die Rän<strong>der</strong> j <strong>und</strong> k <strong>der</strong> entstandenen Hautlappen zu vernähen. Für<br />

den Fall, dass sich dies nicht bewerkstelligen lässt o<strong>der</strong> zu viel Gewalt verwendet werden<br />

muss, um sie zusammenzubr<strong>in</strong>gen, schlägt Celsus vor, zwei halbmondförmige Schnitte („duas<br />

lunatas“), die heute als „Dieffenbachsche Entspannungsschnitte“ bekannt s<strong>in</strong>d, zu ziehen (e),<br />

die allerd<strong>in</strong>gs nur die obere Hautschicht durchtrennen, wodurch die Hautlappen eher<br />

nachgeben <strong>und</strong> schließlich vernäht werden können. Celsus betont <strong>in</strong> diesem Zusammenhang,<br />

dass die Haut ke<strong>in</strong>esfalls mit Gewalt herangezogen werden darf, da ansonsten die Gefahr<br />

bestehe, dass diese durch die Spannung nach dem Vernähen wie<strong>der</strong> an ihren alten Platz<br />

zurückweiche („quod non est cogendum, sed ita adducendum, ut ex facili subsequatur et<br />

dimissum non multum recedat.“, 7, 9, 3).<br />

Nach Vernähen <strong>der</strong> W<strong>und</strong>rän<strong>der</strong> j <strong>und</strong> k werden schließlich<br />

auch die zuerst geführten Schnitte f, g, h <strong>und</strong> i vernäht.<br />

Celsus erläutert jedoch nicht nur die Operation selbst, son<strong>der</strong>n<br />

geht am Ende des Kapitels auch auf die Nachsorge e<strong>in</strong>.<br />

Trockene Stellen wie die Nase sollen mit Bleiglätte<br />

bestrichen 3 , die Entspannungsschnitte mit Scharpie 4 behandelt<br />

werden, damit das Gewebe nachwächst <strong>und</strong> die W<strong>und</strong>e<br />

ausfüllt.<br />

Die genähten Stellen müssen mit „summa[…] cura“ (7, 9, 5) –<br />

mit <strong>der</strong> größten Sorgfalt – gepflegt werden.<br />

Die von Celsus vorgeschlagene Kur sieht e<strong>in</strong>e Behandlung <strong>der</strong><br />

W<strong>und</strong>e mit Wasserdampf an jedem dritten Tag vor; danach<br />

wird sie erneut mit dem zuvor benutzten Medikament<br />

bestrichen.<br />

Nach sieben Tagen können schließlich die Fäden gezogen<br />

werden. (7, 9, 5)<br />

Die Operationsmethode des Celsus ist also im Bereich <strong>der</strong><br />

plastischen <strong>Chirurgie</strong> alle<strong>in</strong> für die Behandlung von<br />

Entstellungen jeglicher Art gedacht, nicht jedoch zur re<strong>in</strong>en<br />

operativen Verschönerung von Menschen.<br />

Die plastische <strong>Chirurgie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Antike</strong> f<strong>in</strong>det ihren<br />

Anwendungsbereich daher nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten Zweig,<br />

den ich im Folgenden durch die Def<strong>in</strong>ition <strong>der</strong> „plastischen<br />

<strong>Chirurgie</strong>“ genauer benennen möchte.<br />

3. Def<strong>in</strong>ition „<strong>Plastische</strong> <strong>Chirurgie</strong>“<br />

Die plastische <strong>Chirurgie</strong> lässt sich nach dem heutigen Stand<br />

<strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong> <strong>in</strong> vier Bereiche e<strong>in</strong>teilen: Zum e<strong>in</strong>en gibt es die<br />

konstruktive plastische <strong>Chirurgie</strong>, welche nicht vorhandene<br />

Körperteile mithilfe von operativen E<strong>in</strong>griffen bildet. Bei <strong>der</strong> rekonstruktiven plastischen<br />

<strong>Chirurgie</strong> werden abgetrennte Körperteile wie Hände, Ohrläppchen <strong>und</strong> Zehen wie<strong>der</strong><br />

3 PbO, kosmetisches Präparat, das als Mittel gegen Falten <strong>und</strong> Flecken e<strong>in</strong>gesetzt wurde.<br />

Zudem wirkt die Bleiglätte antiseptisch, trägt also, wie wir erst heute wissen, tatsächlich zur<br />

W<strong>und</strong>heilung bei<br />

4 Verband aus Le<strong>in</strong>en- <strong>und</strong> Flachsfasern, <strong>der</strong> die W<strong>und</strong>sekrete aufsaugt<br />

3


angenäht. Die anaplastische <strong>Chirurgie</strong>, vernäht <strong>und</strong> heilt beispielsweise Defekte am<br />

menschlichen Körper durch das Transplantieren von Haut.<br />

Diesen drei Teilbereichen <strong>der</strong> plastischen <strong>Chirurgie</strong> ist die ästhetische <strong>Chirurgie</strong><br />

gegenübergestellt, <strong>der</strong>en entscheiden<strong>der</strong> Unterschied dar<strong>in</strong> besteht, dass bei ihr an ges<strong>und</strong>en<br />

Körperteilen operiert wird, um das äußere Ersche<strong>in</strong>ungsbild zu verbessern, sei es durch die<br />

Anwendung <strong>der</strong> Rh<strong>in</strong>oplastik (Korrektur <strong>der</strong> Nase) o<strong>der</strong> durch Liposuktion (Fettabsaugen).<br />

Da die Operationsmethode des Celsus ausschließlich darauf abzielt, Verunstaltungen bzw.<br />

Verletzungen des Gesichts wie<strong>der</strong>herzustellen, nicht aber unverw<strong>und</strong>etes <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>es<br />

Gewebe zu behandeln <strong>und</strong> zu verän<strong>der</strong>n, ist sie den drei zuerst genannten Bereichen <strong>der</strong><br />

<strong>Chirurgie</strong>, nicht aber <strong>der</strong> ästhetischen <strong>Chirurgie</strong> zuzuordnen, so wie es sich nach dem Lesen<br />

des e<strong>in</strong>leitenden Zitats zunächst vermuten ließe.<br />

Dies lässt sich auch an <strong>der</strong> Tatsache erkennen, dass Celsus die Körper älterer Menschen von<br />

vornhere<strong>in</strong> von <strong>der</strong> Operation ausschließt, woh<strong>in</strong>gegen die mo<strong>der</strong>ne ästhetische <strong>Chirurgie</strong><br />

gerade diese vorzugsweise behandelt, sei es zum Straffen <strong>der</strong> Haut o<strong>der</strong> zu sonstigen<br />

Maßnahmen zur Verschönerung <strong>und</strong> Verjüngung des Patienten.<br />

4. <strong>Kosmetik</strong> als ästhetische <strong>Chirurgie</strong> <strong>der</strong> <strong>Antike</strong><br />

Natürlich gab es bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Antike</strong> Schönheitsideale <strong>und</strong> dadurch auch e<strong>in</strong>e mediz<strong>in</strong>ische<br />

Richtung, die <strong>in</strong> Ansätzen mit <strong>der</strong> Schönheitschirurgie vergleichbar ist. Allerd<strong>in</strong>gs fällt dieser<br />

Bereich nicht <strong>in</strong> den <strong>der</strong> plastischen <strong>Chirurgie</strong>, son<strong>der</strong>n muss <strong>der</strong> <strong>Kosmetik</strong> zugeordnet<br />

werden. Die Verschönerung wurde also nicht durch chirurgische E<strong>in</strong>griffe, son<strong>der</strong>n mit Hilfe<br />

von Salben <strong>und</strong> T<strong>in</strong>kturen vollzogen.<br />

Auch hierzu lassen sich Textstellen <strong>in</strong> „De medic<strong>in</strong>a“ f<strong>in</strong>den, <strong>in</strong> denen Celsus beispielsweise<br />

über das Entfernen von Pickeln <strong>und</strong> Sommersprossen sowie über die Repigmentierung von<br />

Narben spricht (vergleiche Kapitel 6,5).<br />

In diesem Zusammenhang gibt er e<strong>in</strong>e genaue Erklärung <strong>der</strong> verschiedenen kosmetischen<br />

Mittel, die man benutzen kann, seien es Honig (bei Pickeln), Essig (zum Zerreiben <strong>der</strong><br />

T<strong>in</strong>ktur für das Entfernen von Sommersprossen) o<strong>der</strong> Gerstenmehl (zur Behandlung von<br />

Narben).<br />

Trotzdem vermerkt Celsus:<br />

„Paene <strong>in</strong>eptiae sunt curare varos et lenticulas et ephelidas, sed eripi tamen fem<strong>in</strong>is cura<br />

cultus sui non potest.“ - 6,5<br />

Er hält den Wunsch zur Behandlung von Pickeln, Sommersprossen <strong>und</strong> Leberflecken zwar<br />

albern, sieht jedoch gleichzeitig e<strong>in</strong>, dass Frauen sich die Sorge um ihr Äußeres ohneh<strong>in</strong> nicht<br />

nehmen lassen.<br />

5. Fazit<br />

Anhand <strong>der</strong> unterschiedlichen Def<strong>in</strong>itionen <strong>und</strong> <strong>der</strong> verschiedenen Anwendungsbereiche <strong>der</strong><br />

<strong>Kosmetik</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> plastischen <strong>Chirurgie</strong> wird deutlich, dass erstere e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e<br />

Schönheitspflege ist. Die plastische <strong>Chirurgie</strong> allerd<strong>in</strong>gs behandelte Defekte durch operative<br />

E<strong>in</strong>griffe <strong>und</strong> heilte somit Entstellungen, die mit kle<strong>in</strong>en, natürlichen Makeln wie<br />

Sommersprossen nicht vergleichbar s<strong>in</strong>d.<br />

Die plastische <strong>Chirurgie</strong> zur Zeit des Celsus verfolgte also e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Intention als die<br />

heutige Schönheitschirurgie bzw. <strong>Kosmetik</strong> <strong>und</strong> ist mit dieser daher nicht e<strong>in</strong>s zu e<strong>in</strong>s zu<br />

vergleichen o<strong>der</strong> zu verallgeme<strong>in</strong>ern.<br />

Während die <strong>in</strong> „De medic<strong>in</strong>a“ dargestellte Operation durch die Behandlung gefährlicher<br />

Krebsgeschwüre o<strong>der</strong> Entstellungen e<strong>in</strong>en re<strong>in</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Zweck erfüllt, die Ästhetik<br />

4


dabei jedoch nur am Rande von Bedeutung ist, steht letztere bei <strong>der</strong> <strong>Kosmetik</strong> im<br />

Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>. Auch das abwertende Urteil des Celsus, kosmetische Behandlungen seien<br />

oftmals albern, lässt sich somit verstehen, da es diesen e<strong>in</strong>deutig an dem für ihn wichtigen<br />

mediz<strong>in</strong>ischen Charakter fehlt.<br />

Zusätzlich muss gesagt werden, dass man heute von e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Def<strong>in</strong>ition <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em<br />

an<strong>der</strong>en Anwendungsbereich <strong>der</strong> plastischen <strong>Chirurgie</strong> ausgeht als <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Antike</strong>, da die<br />

Schönheitschirurgie nach dem mo<strong>der</strong>nen Stand <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> ästhetischen <strong>Chirurgie</strong><br />

verankert ist, während die <strong>Kosmetik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Antike</strong> e<strong>in</strong>en eigenen, nicht chirurgischen Zweig<br />

bildete.<br />

Im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert wurde die beschriebene Operationsmethode <strong>in</strong> Frankreich (als „méthode<br />

francaise“) wie<strong>der</strong> aufgegriffen <strong>und</strong> getreu <strong>der</strong> Beschreibung des Celsus durchgeführt. Dass<br />

e<strong>in</strong>e mediz<strong>in</strong>ische Behandlung so lange überlebt <strong>und</strong> angewandt wird, ist e<strong>in</strong> weiterer Beweis<br />

dafür, wie fortschrittlich die Mediz<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s im chirurgischen Bereich <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Antike</strong><br />

bereits war <strong>und</strong> welche Bedeutung gerade das Werk „De medic<strong>in</strong>a“ daher spielt, ohne dass<br />

man <strong>in</strong> ihm e<strong>in</strong>en direkten Vorläufer heutiger mediz<strong>in</strong>ästhetischer Anwendungen (<strong>und</strong><br />

Anwandlungen) sehen dürfte.<br />

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