Alternativen zum ElfmeterschieÃen - Fussball-Oekonomie.de
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Zum Blatter-Vorstoß: <strong>Alternativen</strong> <strong>zum</strong> Elfmeterschießen<br />
Henning Vöpel<br />
FIFA-Präsi<strong>de</strong>nt Sepp Blatter hat in Reaktion auf das Elfmeterschießen zwischen Bayern<br />
München und <strong>de</strong>m FC Chelsea angeregt, über <strong>Alternativen</strong> <strong>zum</strong> Elfmeterschießen<br />
nachzu<strong>de</strong>nken, da dieses als ein „Eins-gegen-Eins“-Duell das Wesen <strong>de</strong>s Mannschaftssports<br />
Fußball konterkariere. Die „FIFA Task Force Football 2014“ unter Vorsitz von Franz Beckenbauer<br />
soll sich mit <strong>de</strong>m Thema auseinan<strong>de</strong>rsetzen und Vorschläge ausarbeiten. In je<strong>de</strong>m Fall aber<br />
muss es bei einem Unentschie<strong>de</strong>n einen „Tie-Breaker“ geben, also ein Kriterium, das bei<br />
Unentschie<strong>de</strong>n in überschaubarer Zeit einen möglichst fairen Sieger ermittelt. Nach<br />
Möglichkeit sollte die Regelung zu<strong>de</strong>m ein für <strong>de</strong>n Zuschauer attraktives Spiel begünstigen. Das<br />
„Gol<strong>de</strong>n Goal“ scheint als Alternative <strong>de</strong>rzeit wenig realistisch, weil es 1996 schon einmal<br />
erprobt und offenbar nicht mehrheitsfähig akzeptiert wur<strong>de</strong>. Unsichere Fernsehzeiten<br />
sprechen wohl ebenfalls dagegen, weil bei Abschaffung <strong>de</strong>s Elfmeterschießens bis <strong>zum</strong> Gol<strong>de</strong>n<br />
Goal in je<strong>de</strong>m Fall weitergespielt wür<strong>de</strong>. Vor einigen Jahren wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Vorschlag gemacht, in<br />
<strong>de</strong>r Verlängerung alle fünf Minuten jeweils einen Feldspieler von bei<strong>de</strong>n Mannschaften vom<br />
Platz zu nehmen. Über <strong>de</strong>n Spieler kann – je nach Variante – <strong>de</strong>r eigene o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r gegnerische<br />
Trainer bestimmen.<br />
Im Folgen<strong>de</strong>n sollen vier alternative Vorschläge diskutiert wer<strong>de</strong>n:<br />
1. Elfmeterschießen vor <strong>de</strong>m Spiel,<br />
2. Bei Unentschie<strong>de</strong>n gewinnt die Mannschaft, die das erste Tor im Spiel erzielt hat,<br />
3. Bei Unentschie<strong>de</strong>n gewinnt die Mannschaft, die das letzte Tor im Spiel erzielt hat.<br />
4. 2 x 15 Minuten Verlängerung jeweils acht gegen fünf Spieler.<br />
1. Elfmeterschießen vor <strong>de</strong>m Spiel:<br />
Die Spiel entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Elfmeterschießens reduziert sich, wenn dieses bei allen<br />
Spielen, in <strong>de</strong>nen es zwingend einen Sieger geben muss, zu Beginn <strong>de</strong>s Spiels durchgeführt<br />
wird. Dem Gewinner <strong>de</strong>s Elfmeterschießens reicht am Schluss ein Unentschie<strong>de</strong>n. Die im<br />
Elfmeterschießen unterlegene Mannschaft hat dann 90 Minuten Zeit, um in <strong>de</strong>r regulären<br />
Spielzeit als Sieger vom Platz zu gehen. Diese Mannschaft hätte einen Anreiz, relativ offensiv<br />
das Spiel zu gestalten. Nachteil ist, dass die mutmaßlich stärkere Mannschaft wenig tut, falls<br />
sie das vorherige Elfmeterschießen gewonnen hat. In diesem Fall wür<strong>de</strong> die Attraktivität <strong>de</strong>s<br />
Spiels womöglich lei<strong>de</strong>n.
2. Bei Unentschie<strong>de</strong>n gewinnt das erste Tor<br />
Sollte es am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Spiels Unentschie<strong>de</strong>n stehen, gewinnt jene Mannschaft, die das erste Tor<br />
erzielt hat. Damit hätten bei<strong>de</strong> Mannschaften einen Anreiz, von Beginn an relativ offensiv zu<br />
spielen.. Der Nachteil ist, dass jene Mannschaft, die das erste Tor erzielt hat, sich<br />
wahrscheinlich taktisch weit zurückzieht und anfängt, <strong>de</strong>fensiv zu agieren. Dies dürfte<br />
wie<strong>de</strong>rum insbeson<strong>de</strong>re beim stärkeren Team <strong>de</strong>r Fall sein, welches mit einer größeren<br />
Wahrscheinlichkeit ja auch in Führung gehen sollte.<br />
3. Bei Unentschie<strong>de</strong>n gewinnt das letzte Tor<br />
Steht es am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r regulären Spielzeit Unentschei<strong>de</strong>n, gewinnt die Mannschaft, die das<br />
letzte Tor erzielt hat. Die Begründung könnte sein, dass diese Mannschaft das Momentum auf<br />
ihrer Seite hätte. Der Vorteil dieser Regelung besteht darin, dass bis <strong>zum</strong> Schluss – an<strong>de</strong>rs als<br />
Vorschlag 2 – unklar ist, welche Mannschaft das letzte Tor geschossen haben wird. Die<br />
Verzerrung gegenüber <strong>de</strong>r heutigen taktischen Grundkonstellation dürfte damit am geringsten<br />
sein. Hinzu käme, dass die in Führung liegen<strong>de</strong> Mannschaft sich nicht auf <strong>de</strong>m Vorsprung<br />
ausruhen könnte, da sich mit einem Gegentreffer die Spielsituation grundlegend än<strong>de</strong>rt: Wäre<br />
sie vor <strong>de</strong>m Gegentor noch Sieger <strong>de</strong>r Partie gewesen, hätte sie bei schon mit <strong>de</strong>m Ausgleich<br />
das Spiel verloren.<br />
Die Vorschläge 2 und 3 könnten dahingehend modifiziert wer<strong>de</strong>n, dass das Spiel bei<br />
Unentschie<strong>de</strong>n nicht mit <strong>de</strong>r regulären Spielzeit been<strong>de</strong>t ist, son<strong>de</strong>rn um 30 Minuten<br />
verlängert wird, in <strong>de</strong>nen die Mannschaft, die bei einem Unentschie<strong>de</strong>n verlieren wür<strong>de</strong>, Zeit<br />
erhielte, das Ergebnis in einen Sieg zu drehen. Dies könnte die Attraktivität <strong>de</strong>s Spiels<br />
insbeson<strong>de</strong>re in <strong>de</strong>r Verlängerung, in <strong>de</strong>r sich bei<strong>de</strong> Mannschaften häufig implizit auf ein<br />
Elfmeterschießen „einigen“ und <strong>zum</strong>eist relativ wenig passiert, <strong>de</strong>utlich steigern. Fällt<br />
überhaupt kein kein Tor, entschei<strong>de</strong>t das Los. Jene Mannschaft, die eine 50%-Chance gemessen<br />
an <strong>de</strong>r Stärke bei<strong>de</strong>r Mannschaften für zu gering einschätzt, hätte einen Anreiz, auf ein Tor zu<br />
drängen.<br />
4. Verlängerung mit Acht gegen Fünf<br />
In dieser Variante erhält nach Ablauf <strong>de</strong>r regulären Spielzeit zunächst die eine <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n<br />
Mannschaften 15 Minuten, in <strong>de</strong>nen mit acht Spielern gegen fünf Spieler <strong>de</strong>s Gegners ein<br />
möglichst großer Vorsprung erspielt wer<strong>de</strong>n. Danach dreht sich das Kräfteverhältnis und <strong>de</strong>r<br />
Gegner muss versuchen, das Ergebnis zu wen<strong>de</strong>n. Diese Variante verspricht Spannung und<br />
setzt Anreize, das Offensivspiel stärker zu betonen und planvolle Angriffe zu entwickeln statt<br />
auf spontane Improvisation zu setzen. Diese Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Grundausrichtung könnte das Spiel<br />
insgesamt auf ein neues Niveau heben.
Ob das Elfmeterschießen allerdings wirklich abgeschafft wer<strong>de</strong>n sollte, ist mehr als fraglich.<br />
Immerhin hat es <strong>de</strong>nkwürdige Elfmeterschießen in <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>s Fußballs gegeben. Und<br />
ein wenig „Drama“ gehört nun mal <strong>zum</strong> Sport dazu. Wer sich für die bessere Mannschaft hält,<br />
sollte in <strong>de</strong>r regulären Spielzeit versuchen, seine Chancen auf mehr als 50 % zu erhöhen. Für<br />
<strong>de</strong>n Spieler, <strong>de</strong>r im Elfmeterschießen verschießt, ist das fraglos ein tragischer Moment. Aber im<br />
Sport implizieren Sieg immer auch Nie<strong>de</strong>rlagen – sie nicht akzeptieren zu können, wäre<br />
unsportlich.