10.11.2014 Aufrufe

12/01 - Evangelische Kirchen in Erfurt

12/01 - Evangelische Kirchen in Erfurt

12/01 - Evangelische Kirchen in Erfurt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

35 PERSÖNLICHKEITEN<br />

geben. Nach der Amtse<strong>in</strong>führung wirkte<br />

Arndt für e<strong>in</strong> Jahr als Diakon an der Ballenstedter<br />

Kirche St. Nicolai und wurde<br />

dann auf die Pfarrstelle des benachbarten<br />

Ortes Badeborn berufen. Die fruchtbare,<br />

durch das gute E<strong>in</strong>vernehmen mit der Geme<strong>in</strong>de<br />

beförderte Tätigkeit fand 1590 e<strong>in</strong><br />

jähes Ende, als sich Arndt geme<strong>in</strong>sam mit<br />

anderen Geistlichen der von Herzog Johann<br />

Georg I. angeordneten Abschaffung<br />

des Taufexorzismus widersetzte und<br />

daraufh<strong>in</strong> se<strong>in</strong>es Amtes enthoben und des<br />

Landes verwiesen wurde. E<strong>in</strong> neuer Wirkungskreis<br />

eröffnete sich ihm an der Nikolaikirche<br />

<strong>in</strong> Quedl<strong>in</strong>burg, wo er trotz mancher<br />

Misshelligkeiten bis 1599 die pfarramtlichen<br />

Pflichten versah. Die <strong>in</strong> jenem<br />

Jahr erfolgte Berufung an die Braunschweiger<br />

Hauptkirche St. Mart<strong>in</strong>i nahm Arndt<br />

ohne Zögern an, weil es ihm dadurch möglich<br />

wurde, den wachsenden Spannungen<br />

<strong>in</strong> Quedl<strong>in</strong>burg zu entkommen.<br />

In der Braunschweiger Periode, die<br />

gleichfalls nicht ohne Konflikte blieb, entstanden<br />

Teile der Bücher vom Wahren<br />

Christentum. Die früheste Ausgabe des ersten<br />

Buches erschien 1605 <strong>in</strong> rankfurt/Ma<strong>in</strong><br />

(mehrere Nachauflagen an verschiedenen<br />

Orten folgten von 1606 bis 1609); die übrigen<br />

drei Bücher wurden erstmals 1610<br />

<strong>in</strong> Magdeburg aufgelegt (über e<strong>in</strong>e angeblich<br />

bereits 1609 gedruckte Ausgabe<br />

herrscht Ungewissheit). Im Zentrum dieses<br />

auf Herzensfrömmigkeit und e<strong>in</strong>e Verlebendigung<br />

des Glaubens gerichteten Erbauungsbuches<br />

steht die Gottesebenbildlichkeit<br />

als Ursprung und Ziel des Menschen.<br />

Arndt schöpft <strong>in</strong> reichem Maße aus<br />

der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen<br />

mystischen Tradition (Angela von oligno,<br />

Meister Eckhart, Johannes Tauler, Raimund<br />

von Sibiuda, Valent<strong>in</strong> Weigel) und zog sich<br />

dadurch den Verdacht mangelnder Rechtgläubigkeit<br />

zu. 1607 wurde ihm untersagt,<br />

ohne E<strong>in</strong>willigung der evangelisch-lutherischen<br />

Pfarrerschaft Braunschweigs Schriften<br />

zum Druck zu befördern. Als durch Vermittlung<br />

Johann Gerhards der erste Teil des<br />

Werkes, begleitet von e<strong>in</strong>em positiven Gutachten<br />

der Theologischen akultät <strong>in</strong> Jena,<br />

dennoch erneut aufgelegt wurde, brach der<br />

Streit mit der Orthodoxie offen aus.<br />

Nunmehr stand Arndt im Blickpunkt der<br />

kirchlichen Öffentlichkeit und im Mittelpunkt<br />

der theologischen Ause<strong>in</strong>andersetzungen<br />

se<strong>in</strong>er Zeit.<br />

Unter diesen Umständen musste es ihm gelegen<br />

kommen, dass er zu Beg<strong>in</strong>n des Jahres<br />

1609 an der Andreaskirche <strong>in</strong> Luthers<br />

Geburtsstadt Eisleben e<strong>in</strong>e neue Aufgabe<br />

übernehmen konnte.<br />

Das letzte Lebensjahrzehnt verbrachte<br />

Arndt ab 1611 als Generalsuper<strong>in</strong>tendent<br />

des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg<br />

<strong>in</strong> Celle. Zu den bemerkenswerten Leistungen<br />

<strong>in</strong> diesem Amt zählen u. a. e<strong>in</strong>e 1615<br />

gegen vielfältige Widerstände durchgeführte<br />

Generalkirchenvisitation sowie die Verbesserung<br />

der aus dem Jahr 1564 stammenden<br />

<strong>Kirchen</strong>ordnung. Nach kurzer Krankheit<br />

starb Johann Arndt am 11. Mai 1621<br />

<strong>in</strong> Celle.<br />

Arndt war e<strong>in</strong> überaus fruchtbarer theologischer<br />

Schriftsteller (bibliographische<br />

Übersicht TRE IV, S. <strong>12</strong>4f.). ür die Verbreitung<br />

namentlich se<strong>in</strong>es Hauptwerks, der<br />

Vier Bücher vom Wahren Christentum,<br />

spricht die Tatsache, dass auch gegenwärtig<br />

noch ke<strong>in</strong> vollständiges Verzeichnis aller<br />

seit 1605 erschienenen Ausgaben vorgelegt<br />

werden kann, weil von Zeit zu Zeit<br />

bislang unbekannte auftauchen. Auch die<br />

Übersetzungen <strong>in</strong> nahezu alle europäischen<br />

Sprachen dürften erst ansatzweise erfasst<br />

se<strong>in</strong>. In späteren Auflagen wurde dem<br />

Wahren Christentum, e<strong>in</strong>em ausdrücklichen<br />

H<strong>in</strong>weis Arndts folgend, zumeist das<br />

erstmals 16<strong>12</strong> publizierte Paradies-Gärtle<strong>in</strong><br />

beigebunden. Dass das Werk <strong>in</strong> dieser Gestalt<br />

zum e<strong>in</strong>flussreichsten Andachtsbuch<br />

im deutschen Protestantismus aufstieg, belegen<br />

zahllose Rezeptionszeugnisse von Johann<br />

Valent<strong>in</strong> Andreae bis zur Erweckungsbewegung<br />

im frühen 19. Jahrhundert.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!