12/01 - Evangelische Kirchen in Erfurt

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THEMA: GEMEINDEPÄDAGOGIK 18 Auch wenn ich pastorale Aufgaben nur zu besonderen Gelegenheiten wahrnehmen kann, erlebe ich dadurch eine größere Akzeptanz und bei verschiedensten „Zielgruppen“ eine damit einhergehende wachsende Achtung vor unserer Kirche. Natürlich bereichern diese Bereiche meine Arbeit und mich selbst sehr. Die grundsätzliche Absage der lutherischen Kirchen an die Ordinationsfähigkeit von Gemeindepädagogen erlebe ich als sehr hinderlich. ür Betroffene in Thüringen stellt diese Haltung einen entmutigenden Rückschritt und gründliche Enttäuschung dar. Als förderlich erlebe ich meine überregionale Anstellung sowie die reiheit meiner Entscheidung auf dem Grund des Evangeliums. Ich genieße die unvoreingenommene Zusammenarbeit über Kirchengrenzen hinweg. Gemeindepädagogik ist für mich ein Modell der Gemeinschaft der Dienste. Oft erlebe ich allerdings ein Nebeneinander oder Gegeneinander der einzelnen Dienste in der Gemeinde. Ein negatives Beispiel aus meiner Arbeit findet sich leider Erfurt. Hier werde ich vom Kirchenkreis seit diesem Jahr für meine überregionale Arbeit kräftig zur Kasse gebeten. Das von mir als Gemeindepädagoge entwickelte und geleitete Modell der Escola Popular mit ihren Samba- und Capoeiragruppen ist als Angebot u.a. für die Gemeinden gedacht. Die zentrale Leitung über mich als Referenten des Kinder- und Jugendpfarramtes ermöglicht dieses Angebot, weil dadurch verschiedenste Synergien erzielt werden. Junge Leute zwischen 8 und 46 Jahren engagieren sich über das Kinder- und Jugendpfarramt der EKM u.a. in Erfurt und in anderen Gemeinden wie z.B. Weimar. Die Angebote sind in die jeweilige Evangelische Jugendarbeit integriert und wirken in die Gemeinden wie auch weit über die Kirchengrenzen hinweg. Auftritte vor dem Bundespräsidenten und beim Abschlussgottesdienst des Deutschen Evangelischen Kirchentages sind zwei prägnante Beispiele. Schulprojekte, therapeutische Projekte, Beiträge zu Kultur- und Kunstveranstaltungen, Sportveranstaltungen wie Gemeindefeste und Gottesdienste finden sich in unserem Bildungsmodell der Escola genau so selbstverständlich, wie deren Vernetzung und unser Engagement gegen Gewalt, remdenfeindlichkeit und Ausgrenzung, sowie die Weiterbildung ehrenamtlicher MitarbeiterInnen. Selbstverständlich gehe ich bei meiner Arbeit davon aus, dass wir Räume in den Gemeinden kostenlos zur Verfügung gestellt sowie ideelle Unterstützung bekommen. Ohne diese wäre meine Arbeit mit der Escola Popular nicht möglich. Die finanziellen orderung des Kirchenkreises bringen uns jedoch schwer aus dem Gleichgewicht und sind rational nicht wirklich nachvollziehbar. Obwohl es ja in der Kirchenprovinz Sachsen Gesetze für die Anstellung und Ordination von Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen gibt, die Ausbildung und der Berufsstand Anerkennung genießt, sehe ich das Prinzip dieser Arbeit als Gemeinschaft der Dienste noch recht weit von der gängigen Praxis in den Gemeinden und vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entfernt. Ich wünsche mir für die Zukunft unserer Kirche, dass wir als Mitarbeitende, mit unseren Strukturen, unsere jeweiligen Ressourcen füreinander einsetzen und uns miteinander stark und groß machen. Dipl. Rel. Päd. Hans-Jürgen Neumann ist Referent für SchülerInnenarbeit im Kinder- und Jugendpfarramt der EKM, Seelsorger KSA, Systemischer amilientherapeut.
19 THEATERGOTTESDIENST Warten auf die Barbaren Dr. Michael Haspel Theatergottesdienst 5 anlässlich der Premiere „Warten auf die Barbaren“ am Theater Erfurt am Sonntag, dem 11. September 2005 in der Kaufmannskirche am Anger. Nach der Weltpremiere am Samstagabend bringt der Prediger Dr. Michael Haspel am Sonntagmorgen im Theatergottesdienst, vier Jahre nach dem Anschlag auf das New Yorker World Trade Center, die Operninszenierung vor Augen das Erzählen der Bibel zur Sprache. Der Theologe und Privatdozent für Sozialethik an der Philipps-Universität Marburg und designierte Direktor der Evangelischen Akademie Thüringen folgt den Spuren der Religion in der Lebenswelt der Moderne und setzt ein Nachdenken über den Menschen zwischen den verschwindenden Lebenswelten und den mit Zivilisationsgegenständen markierten Lebenswelten, zwischen zivilisierter Gesellschaft und Ängste auslösendem Naturvolk, zwischen Anpassung an extreme Lebensbedingungen und Abgrenzung von der als feindselig erlebten Umwelt. Liebe Theatergottesdienstgemeinde, liebe Schwestern und Brüder! I. Ein verschlafenes Grenzstädtchen. Eine letzte karge Oase vor der Wüste. Am Rande eines Imperiums. Die Menschen leben von Ackerbau, Viehzucht, der Jagd und etwas Handel mit den Barbaren, die jenseits dieser Grenze leben. Die Grenze ist dicht genug, daß das Imperium von außen nicht bedroht wird. Und sie ist offen genug, daß der kleine Grenzverkehr funktioniert. Sie ist eine Schwelle zwischen der Zivilisation des Imperiums und jener der Barbaren. Der Zustand ist schon über Generationen so. Deshalb ist weitgehend vergessen, welche Gewaltakte nötig waren, um die Barbaren von ihrem ursprünglichen Land weiter in die Ödnis hinaus zu vertreiben. Hüben und Drüben hat man sich daran gewöhnt; außer kleineren Viehdiebstählen und gelegentlichen Grenzscharmützeln kann man von einer friedlichen Koexistenz sprechen. Die Präsenz einer kleinen Garnison reicht aus, um die strukturelle Gewalt des Reichsfriedens, der pax imperii, nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern auch vergessen zu machen. Es erscheint als selbstverständlich, daß die Siedler das fruchtbare Land haben und die Barbaren als Nomaden in der Wüste leben. Nicht diese Ordnung selbst, sondern nur ihre Störung wird als Gewalt wahrgenommen. Die Szene wird dramatisch, als ein sonnenbebrillter Oberst der Geheimpolizei auftaucht. Er wittert eine Verschwörung der Nomaden; macht Gefangene und foltert aus ihnen die Informationen heraus, die sein Bedrohungsszenario bestätigen. Der Magistrat, Repräsentant des faulen riedens an der Grenzstadt, unideologischer Meister des pragmatischen Grenzmanagments, wird in seiner Ablehnung des urors der Sonderpolizei selbst verdächtig und schließlich Opfer der entwürdigenden olter. Es gibt eine Entsprechung der Verletzung der Grenzen der einzelnen Menschen, ihrer Würde, und der Nichtrespektierung der territorialen Grenzen. Zunächst werden die körperlichen und seelischen Grenzen der einzelnen mißachtet, dann zum großen präventiven Militärschlag ausgeholt. Wenn ein solcher Plott am Abend vor dem 11. September aufgeführt wird und im Libretto noch Hinweise auf den Siedlungsbau gegeben werden, liegen aktuelle Inanspruchnahmen dieses 25 Jahre alten Stoffes nahe, allzu nahe. Es gibt kein Happy End. Das geht nicht, denn die olter und der Krieg hinterlassen immer Spuren, manchmal über Generationen hinweg, die sich nicht einfach so übergehen lassen. Auch nicht von Versöhnungskommittees und Überprüfungskommissionen. Und doch bleibt Hoffnung: Der Militärschlag wird zum Debakel. Die Armee wird von den Barbaren in die Wüste geschickt und geht dort an ihrer eigenen Grenzenlosigkeit zu Grunde. Die wenigen Überlebenden verlassen den Grenzort überstürzt. Der Zorn der Bevölkerung, der sich noch vor kurzer Zeit in nationalistischer Verblendung gegen die Barbaren und ihre vermeintlichen reunde gerichtet hat, entlädt sich jetzt gegen die Sicherheitspolizei. Die Un-
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