Stigmatisierung - keine Randerscheinung, Regenbogen-Cup 2010
Stigmatisierung - keine Randerscheinung, Regenbogen-Cup 2010
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Erfahrungen mit <strong>Stigmatisierung</strong><br />
von Elvis<br />
Ich bin ein Mensch mit psychischen und körperlichen<br />
Erkrankungen. Ich bin trockener Alkoholiker<br />
und leide unter Depressionen, Rückenproblemen<br />
und einem künstlichen Knie links.<br />
Vor einigen Jahren arbeitete ich in einer Arbeitseinrichtung<br />
für psychisch Kranke. Am Anfang lief<br />
es dort gut und mit der Zeit lief es nicht mehr so<br />
gut.<br />
ich mir einredete, es sei alles sinnlos und ich fing<br />
wieder an zu trinken. Es war zwar dieser Zeit <strong>keine</strong><br />
Lösung, nur ich wusste mir nicht anders zu helfen.<br />
Das war für mich die höchste <strong>Stigmatisierung</strong>.<br />
Meine Chefin wusste nicht, was sie da mit dieser<br />
falschen Behauptung anrichtete. Ich hätte verstanden,<br />
wenn es wahr gewesen wäre oder wenn sie<br />
einen Alkotest mit mir gemacht<br />
hätte.<br />
Ich empfinde es auch öfter<br />
als stigmatisierend durch<br />
Mitbewohner, Mitmenschen<br />
und Arbeitgeber, wenn<br />
ich Rückenprobleme habe<br />
oder psychisch krank bin und<br />
sogar beim Arzt war und<br />
eine Krankmeldung abgebe<br />
und dann behauptet wird,<br />
dass ich krank spiele. Das<br />
verletzt mich jedes mal so<br />
sehr, das ich aufpassen muss,<br />
dass ich nicht in eine Depression<br />
verfalle oder zum<br />
Alkohol greife.<br />
Ich kam nicht mehr aus dem Bett, tat mich sehr<br />
schwer beim Aufstehen. Das war auf meine Depression<br />
zurück zu führen. Da musste ich öfter in<br />
der Arbeit anrufen, dass ich nicht kommen kann.<br />
Meine Chefin sagte zu mir, dass ich einige Zeit zu<br />
Hause bleiben solle und zum Arzt gehen solle. Das<br />
tat ich dann auch und nach einer Weile kam ich<br />
wieder zur Arbeit und ging voller Mut zur Chefin<br />
und sagte ihr, dass es mir wieder besser gehe und<br />
wollte ihr dies auch zeigen.<br />
Das Einzige was von ihr kam, war, dass sie meinte,<br />
ich sei alkoholisiert, was damals überhaupt nicht<br />
stimmte. Ich war in dieser Zeit ein trockener Alkoholiker.<br />
Das Ganze hat mich so verletzt, dass<br />
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Ich muss dann oft zu mir selber sagen, dass das<br />
<strong>keine</strong> Lösung ist und das das Einzige was ich tun<br />
kann, ist, sobald wie möglich wieder gesund zu<br />
werden.<br />
Oft stigmatisiere ich mich selbst, indem ich mir<br />
selbst einrede, dass ich ja vielleicht doch krank<br />
spiele oder verrückt bin. Ich erwische mich auch<br />
dabei, dass ich Andere wegen ihrer Krankheit stigmatisiere<br />
und wenn ich mir das ins Bewusstsein<br />
rufe, tut mir das dann sehr leid. Dies sind meine<br />
Erfahrungen mit <strong>Stigmatisierung</strong>.<br />
Zeichnung: Franz Wild<br />
regenbogen-report 01•10