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EVANGELISCHES BERATUNGSZENTRUM - EBZ München

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21<br />

Bachmanns ist von dem vierten und letzten Abschnitt des<br />

menschlichen Lebenszyklus die Rede, der dem jüngeren<br />

Alter folgt. Krankheiten wie Alzheimer markieren dann<br />

die härteren Tage, in denen uns die Endlichkeit des<br />

eigenen Daseins unabweisbar vor Augen tritt. Es fängt<br />

eher harmlos mit dem Verlust von Schlüsseln und leichten<br />

Wahrnehmungsschwierigkeiten an. Wenn eine große Leere<br />

langsam das Individuum zu verdrängen scheint, schwindet<br />

häufig bei Familienmitgliedern jegliche Hoffnung. Dabei<br />

übersehen sie leicht, dass die Erkrankten nach wie vor<br />

Gefühle haben und diese auf ungewohnte Weise äußern.<br />

Außerdem entwickeln Demente eine eigene Erlebnis- und<br />

Entwicklungswelt. Die Räume des Vergessens sind also<br />

keineswegs leer. Dies zeigen beeindruckend Bilder, die<br />

an Alzheimer erkrankte Menschen gemalt haben. Auch<br />

Musik dient als Begleiter in die innere Welt. Insofern ist die<br />

Bezeichnung Demenz (lateinisch: ohne Geist) irreführend.<br />

Eleonore von Rotenhan zeigt in ihrem anrührenden Buch<br />

„Paradies im Niemandsland“ (Stuttgart 2009) das erstaunliche<br />

und vielfältige Innenleben der Erkrankten.<br />

könnte dazu führen, die eigene Zurückhaltung gegenüber<br />

fremder Hilfe aufzugeben und die schleichende Einsamkeit<br />

bei der Betreuung zu überwinden. Selbsthilfegruppen für<br />

pflegende Angehörige, Einrichtungen der Tagespflege,<br />

Veranstaltungen der Alzheimer Gesellschaft schenken den<br />

Angehörigen kleine Oasen im Pflegealltag. Ein Gespräch<br />

kann helfen, dem Erkrankten und sich selbst das Leben zu<br />

erleichtern. Fürsorge und Selbstfürsorge ergänzen einander.<br />

Vielleicht sucht jemand Kontakt mit der TelefonSeelsorge und<br />

will über Alzheimer sprechen, auch wenn er oder sie nicht<br />

darunter leidet, sondern einfach nur über die Möglichkeit<br />

einer Demenz erschrocken ist. Anschließend kann ein Besuch<br />

beim Arzt helfen, den Verdacht abzuklären. Und dann ist<br />

die Gewissheit selbst einer schlechten Prognose leichter<br />

auszuhalten als ein Leben in ständiger Ungewissheit. Aber<br />

ob ein solcher Anrufender tatsächlich diesen Schritt geht –<br />

diese Entscheidung nimmt die TelefonSeelsorge nicht aus der<br />

Hand, sondern bietet Unterstützung.<br />

Abschiedsgedicht<br />

© TS<br />

Fürsorge und Selbstfürsorge<br />

Dass Würde und Individualität trotz des Gedächtnisverlustes<br />

erhalten bleiben – darauf können die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter der TelefonSeelsorge hinweisen. Sie<br />

helfen, die Krankheit und ihre Folgen zu verstehen. Aber<br />

hauptsächlich hören sie in der Not zu. Ein Anruf kann die<br />

Ratlosigkeit durchbrechen. Nicht selten geraten Angehörige<br />

an die Grenzen ihrer Kraft und ihres Einfühlungsvermögens.<br />

So kann die TelefonSeelsorge auch ein Abladeplatz für<br />

unliebsame Gefühle sein. Ärger, Wut, Aggressionen können<br />

sich Luft machen. Die TelefonSeelsorge als Krisenhilfe ist Tag<br />

und Nacht erreichbar. Auch wenn man die beste Freundin<br />

nicht mehr stören mag, die bereits angedeutet hat, dass<br />

sie eigentlich das Thema nicht mehr hören mag. Ein Anruf<br />

Jürgen Arlt<br />

Leitung der TelefonSeelsorge

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