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Gewerbegebiete als Keimzellen der Nachhaltigkeit? - Fachbereich ...

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FAKTOR GRÜN<br />

| PRODUKTION |<br />

| PRODUKTION |<br />

FAKTOR GRÜN<br />

Green Business-Parks<br />

<strong>Gewerbegebiete</strong> <strong>als</strong> <strong>Keimzellen</strong> <strong>der</strong> <strong>Nachhaltigkeit</strong>?<br />

Zero Emission ist ein Schlagwort,<br />

welches gegenwärtig von <strong>der</strong> Politik<br />

gerne gehört und von den Unternehmen<br />

schnell verstanden wird. Der<br />

Klimawandel zwingt zu intensiven<br />

Maßnahmen zur Reduzierung <strong>der</strong><br />

treibhausrelevanten Emissionen. Erstm<strong>als</strong><br />

fällt <strong>der</strong> Blick auch auf Gewerbeund<br />

Industriegebiete <strong>als</strong> Einheit, die<br />

durch Kooperationen Energie einsparen<br />

und somit Emissionen verringern<br />

könnten. Zero Emission kann aber auch<br />

<strong>als</strong> Metapher verstanden werden für<br />

Emissionen im weitesten Sinne, <strong>als</strong>o<br />

unerwünschten Nebenwirkungen des<br />

betrieblichen Handelns. Dann hat das<br />

Konzept <strong>der</strong> Zero Emission eine große<br />

Schnittmenge zum Konzept <strong>der</strong> nachhaltigen<br />

Entwicklung.<br />

Was <strong>Nachhaltigkeit</strong> in <strong>Gewerbegebiete</strong>n<br />

bedeutet, hängt vom gewählten<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong>sverständnis ab. Meist<br />

wird bei dem Thema <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

in <strong>Gewerbegebiete</strong>n an die so genannte<br />

öko-industrielle Entwicklung<br />

gedacht. Dass <strong>der</strong> Begriff <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

eigentlich nicht für Ökologie<br />

o<strong>der</strong> Umweltschutz steht, son<strong>der</strong>n<br />

für eine generelle Ressourcenperspektive,<br />

verhin<strong>der</strong>t nicht, dass in <strong>der</strong><br />

Praxis zumeist Umweltschutzfragen<br />

an erster Stelle stehen. Das Thema<br />

Umweltschutz in <strong>Gewerbegebiete</strong>n ist<br />

indes schon wesentlich älter und an<br />

sich nur eine Teilmenge des Themas<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> in <strong>Gewerbegebiete</strong>n,<br />

das man auch unter dem Begriff<br />

Eco-Industrial Development und Eco-<br />

Industrial Parks kennt.<br />

Entlastungen für die Umwelt<br />

Seit 1994 werden in den USA Eco-Industrial<br />

Parks geplant und inzwischen<br />

versucht man weltweit, solche ökologisch<br />

orientierten <strong>Gewerbegebiete</strong><br />

zu schaffen. Das „Ökologische“ ist<br />

dabei sehr eng gefasst und orientiert<br />

sich vor allem an <strong>der</strong> Erfassung von<br />

Stoffströmen, <strong>der</strong> Steigerung <strong>der</strong><br />

Öko- und Materialeffizienz sowie <strong>der</strong><br />

Reduzierung von Verkehr. So sind<br />

Eco-Industrial Parks <strong>Gewerbegebiete</strong>,<br />

in denen die Unternehmen allein o<strong>der</strong><br />

in Kooperation miteinan<strong>der</strong> einen beson<strong>der</strong>s<br />

hohen Umweltschutzstandard<br />

realisieren. Diese Standards zeigen sich<br />

in einer umweltfreundlichen Bauweise,<br />

in einer wassersparenden, energieeffizienten<br />

Produktionsweise, in einem<br />

gemeinsamen Abfallwirtschaftskonzept<br />

o<strong>der</strong> in beson<strong>der</strong>en Emissionsvermeidungsanstrengungen.<br />

Die Attribute rund um „ökologische<br />

<strong>Gewerbegebiete</strong>“ werden zuweilen<br />

sehr großzügig verwendet. Entlastungen<br />

für die Umwelt entstehen,<br />

wenn:<br />

• eine Vielzahl von Unternehmen<br />

bezüglich <strong>der</strong> Stoffströme vernetzt<br />

sind,<br />

• neben Recycling-Unternehmen<br />

auch Umwelttechnologiefirmen<br />

am Standort sind o<strong>der</strong> zumindest<br />

solche, die ökologische Produkte<br />

herstellen,<br />

• das Gewerbegebiet mehr bietet <strong>als</strong><br />

einen Solarpark o<strong>der</strong> überwiegend<br />

„Green Buildings“ genutzt werden.<br />

Derartige Standortfaktoren tragen<br />

sicherlich zu einer Reduzierung <strong>der</strong><br />

Umwelteinwirkungen bei, stellen<br />

aber nur eine kleine Teilmenge des<br />

möglichen Engagements für Umweltschutz<br />

dar. Bei aller Schwierigkeit in<br />

<strong>der</strong> Umsetzung sollte die Idee eines<br />

öko-industriellen Parks anspruchsvollere<br />

Ziele in <strong>der</strong> Umweltentlastung<br />

beinhalten.<br />

Darum sind Eco-Industrial Parks<br />

vom Leitbild des Kreislaufprozesses<br />

geprägt. Unsere Ökosysteme hatten<br />

jedoch Millionen von Jahren Zeit,<br />

um in einem Versuch-Irrtums-Prozess<br />

die heutigen effizienten Lösungen<br />

zu entwickeln. Dieses gemächliche<br />

Innovationstempo können wir uns<br />

nicht leisten, schon gar nicht in Anbetracht<br />

des Klimawandels o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

erfor<strong>der</strong>lichen Geschwindigkeit selbst<br />

bei komplexen Produktionsprozessen<br />

– Stichwort hier: Time to Market.<br />

Auf dem Weg zur<br />

Kreislaufwirtschaft<br />

Es gibt drei Gründe, warum das Leitbild<br />

<strong>der</strong> öko-industriellen Entwicklung<br />

eine Herausfor<strong>der</strong>ung darstellt:<br />

1. In den meisten Branchen reicht<br />

<strong>der</strong> Marktdruck nicht aus, damit<br />

Unternehmen sich auf die großen<br />

Investitionen einlassen, die nötig<br />

sind, um Stoffströme im Kreislauf<br />

zu führen. Die Kunden honorieren<br />

selten das Engagement auf <strong>der</strong><br />

Produktionsseite für mehr Umweltschutz.<br />

2. Rechtlich und wirtschaftlich selbstständige<br />

Unternehmen müssten<br />

sich auf eine enge strukturelle<br />

Kopplung ihrer Stoffströme einlassen,<br />

die ihnen sehr viel Planungsund<br />

Gestaltungsautonomie nähme.<br />

3. Ferner schließen die komplexen<br />

Produktionsprozesse mit ihren<br />

hohen Anfor<strong>der</strong>ungen an die Produktionsmaterialien<br />

die Versuch-<br />

Irrtums-Methode im Innovationsprozess<br />

aus.<br />

Es gibt nur wenige Praxisbeispiele<br />

wie das Verwertungsnetzwerk Oldenburger<br />

Münsterland und die Città<br />

delle Langhe, wo die Bedingungen<br />

entsprechend günstig waren, dass<br />

sich Unternehmen tatsächlich auf<br />

eine öko-industrielle Entwicklung<br />

einließen, um durch Abstimmung<br />

ihrer Stoffströme Material und Energie<br />

zu sparen. So im Beispiel des Verwertungsnetzwerks<br />

Steiermark, wo<br />

Steinmetzbetriebe sich zusammenschlossen,<br />

um Granitrückstände zu<br />

sammeln, die auf Deponien gelagert<br />

wurden. Die Granitrückstände werden<br />

farblich getrennt und anschließend in<br />

verschiedene Korngrößen gebrochen,<br />

um so wie<strong>der</strong> in den Produktionsprozess<br />

eingebracht zu werden. Eine<br />

Lösung fand man in <strong>der</strong> Steiermark<br />

auch für Farbreste. Farbrestpulver aus<br />

<strong>der</strong> Trockenlackierung werden nicht<br />

mehr deponiert, son<strong>der</strong>n gesammelt<br />

und für die Grundlackierung in <strong>der</strong><br />

Das <strong>Nachhaltigkeit</strong>sgebäude Villa Flora ist mit 42.000 Quadratmetern einer <strong>der</strong> großen Magneten des Vorzeigeprojektes Venlo GreenPark.<br />

Mehr unter www.venlogreenpark.nl<br />

36 forum Nachhaltig Wirtschaften www.forum-csr.net<br />

37


FAKTOR | GRÜN<br />

| | PRODUKTION | NN |<br />

| PRODUKTION NN | |<br />

| FAKTOR GRÜN|<br />

Industrie o<strong>der</strong> eine innovative Farbgestaltung<br />

genutzt. Diese Beispiele<br />

belegen: <strong>Gewerbegebiete</strong> können<br />

Inseln effizienter Stoffströme sein.<br />

Jedoch tritt eine wirkliche Umweltentlastung<br />

nur ein, wenn diese Inseln<br />

eingebettet sind in ein nationales und<br />

internationales Zero-Emission-System.<br />

In einem solchen Industriesystem <strong>der</strong><br />

Zukunft ließen sich vielfältige Probleme<br />

wie Arten- und Umweltschutz<br />

beziehungsweise des Klimawandels<br />

besser meistern. Prämisse dafür wäre<br />

jedoch, dass man sich strukturell<br />

völlig von <strong>der</strong> Durchflusswirtschaft,<br />

<strong>als</strong>o Rohstoff – Produktion – Konsum<br />

– Abfall, verabschiedet und diese zur<br />

Kreislaufabfallwirtschaft Rohstoff –<br />

Verwertung – Rohstoff – Verwertung<br />

entwickelt.<br />

Netzwerke und Symbiosen<br />

Für die bisherigen Bemühungen in<br />

<strong>der</strong> Praxis, Stoff- und Energieströme<br />

zwischenbetrieblich zu koordinieren,<br />

haben sich die Begriffe Verwertungsnetzwerk<br />

o<strong>der</strong> industrielle Symbiose<br />

durchgesetzt. Sehr bekannt geworden<br />

sind die Industriesymbiose<br />

Kalundborg in Dänemark o<strong>der</strong> das<br />

Verwertungsnetzwerk Pfaffengrund<br />

bei Heidelberg.<br />

Verwertung in diesen Netzwerken<br />

bedeutet, dass Rückstände <strong>der</strong> Produktion<br />

an<strong>der</strong>s verwertet werden <strong>als</strong><br />

durch Entsorgung. Abfälle dienen <strong>als</strong><br />

Rohstoffe für benachbarte Produktionsunternehmen.<br />

Die Einrichtung<br />

dieser Verwertungsnetzwerke setzt<br />

eine umfassende Kenntnis über Stoffund<br />

Rückstandsströme voraus. Bei<br />

Neuplanungen von <strong>Gewerbegebiete</strong>n<br />

können diese zu einer abgestimmten<br />

Ansiedlung von Unternehmen<br />

führen, wie es beispielsweise in <strong>der</strong><br />

Industriesymbiose Kalundborg ab<br />

1961 gelang.<br />

Bei bestehenden <strong>Gewerbegebiete</strong>n<br />

muss die Information über die laufenden<br />

Stoff- und Energieströme<br />

von außen geschaffen werden, um<br />

dann mögliche Kooperationspartner<br />

zu suchen. So haben in den Verwertungsnetzwerken<br />

Pfaffengrund und<br />

Steiermark wissenschaftliche Einrichtungen<br />

die Stoff- und Energieströme<br />

analysiert und die Netzwerkbildung<br />

mo<strong>der</strong>iert. Es hat sich gezeigt, dass<br />

zum Erfolg eines ökologisch orientierten<br />

Industrienetzwerks mehrere<br />

Punkte erfüllt sein müssen.<br />

Wesentlich ist beispielsweise, dass die<br />

Partner eine kritische Produktionsgröße<br />

haben, dass die Kooperationen<br />

freiwillig eingegangen werden und<br />

sich ökonomisch lohnen, dass die<br />

Partner keine Konkurrenzängste haben<br />

und zwischen den Betrieben eine<br />

kurze räumliche Distanz herrscht.<br />

Die Tatsache, dass in den letzten<br />

Jahren relativ wenige Verwertungsnetzwerke<br />

entstanden sind, lässt<br />

vermuten, dass das Management <strong>der</strong><br />

Einrichtung und die Entwicklung <strong>der</strong><br />

Netzwerke eine relativ aufwändige<br />

Angelegenheit sind. Die Hauptmotive<br />

für die Kooperation in einem<br />

Verwertungsnetzwerk liegen für die<br />

Unternehmen in <strong>der</strong> Ent- und Versorgungssicherheit<br />

sowie in <strong>der</strong> Kostenund<br />

Umweltentlastung.<br />

Da einige Rohstoffe wie Kupfer, Palladium<br />

o<strong>der</strong> Aluminium immer knapper<br />

werden, steigt jedoch <strong>der</strong> Anreiz für<br />

Unternehmen, über Verwertungsnetzwerke<br />

nachzudenken. Ab einem<br />

bestimmten Schwellenwert bei den<br />

Rohstoffpreisen werden viele Unternehmen<br />

bereit sein, Versorgungssicherheit<br />

und Kostenentlastung durch<br />

überbetriebliche Kooperationen<br />

anzustreben. Investitionen in die<br />

Versorgungssicherheit sind letztlich<br />

Investitionen in die <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

des Unternehmens, welche ohne eine<br />

Einbeziehung lokaler Mitbewerber<br />

nicht umzusetzen ist.<br />

<strong>Gewerbegebiete</strong> <strong>als</strong><br />

Ressourcengemeinschaft<br />

Durch eine Steigerung <strong>der</strong> <strong>Nachhaltigkeit</strong>sbemühungen<br />

können sich<br />

Unternehmen in <strong>Gewerbegebiete</strong>n<br />

mittelfristig in engere Stoffstromkooperationen<br />

begeben. Es geht <strong>als</strong>o<br />

um so etwas wie eine „regionale<br />

Kreislaufwirtschaft“: eingebettet in<br />

die Umweltschutzanstrengungen<br />

einer Kommune und regional in eine<br />

Partnerschaft mit an<strong>der</strong>en Betrieben<br />

zur Reduzierung <strong>der</strong> Transportkosten<br />

und zur Steigerung <strong>der</strong> regionalen<br />

Wertschöpfung.<br />

Nachhaltiges Gewerbegebiet<br />

Ein nachhaltiges Gewerbegebiet ist ein<br />

lokales o<strong>der</strong> interkommunales System<br />

freiwilliger, aber organisierter Kooperationen<br />

zwischen den verschiedenen Akteuren,<br />

die eine gemeinsame Vision einer<br />

nachhaltigen Sicherung <strong>der</strong> gemeinsamen<br />

ökonomischen, sozialen und ökologischen<br />

Ressourcenquellen teilen und die dafür<br />

bereit sind, kollidierende Interessen zu akzeptieren<br />

und in Aushandlungsprozessen<br />

zu bewältigen.<br />

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FORUM_networx Anzeige_165_0811061 1 06.11.2008 09:45:57<br />

Netzwerke <strong>als</strong> Bindeglie<strong>der</strong> zwischen <strong>Nachhaltigkeit</strong> und Effizienz<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

• Ressourcenreproduktion<br />

• Substanzerhaltung<br />

• Jetzt-für-Dann-Präferenzen<br />

• Im Mittelpunkt steht die<br />

Erhaltung <strong>der</strong> Ressourcenbasis<br />

Netzwerke<br />

• Vertrauen<br />

• Reziprozität<br />

• Zeit<br />

Neben <strong>der</strong> interorganisatorischen<br />

Gestaltung von <strong>Nachhaltigkeit</strong> kann<br />

natürlich auch jedes Unternehmen<br />

für sich nach Ansatzpunkten einer<br />

innerorganisatorischen <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

suchen. Es gibt <strong>als</strong>o zwei wechselseitig<br />

verbundene, jedoch jeweils unabhängige<br />

Möglichkeiten, die nachhaltige<br />

Entwicklung eines <strong>Gewerbegebiete</strong>s<br />

zu för<strong>der</strong>n.<br />

Das Konzept <strong>der</strong> Industrial Ecology<br />

Die zwei Lesarten des wissenschaftlichen<br />

Konzeptes <strong>der</strong> „Industrial Ecology“:<br />

1. Ökosystem <strong>als</strong> Vorbild<br />

Ähnlich wie in Ökosystemen, wo die<br />

Stoffströme im Kreislauf fl ießen, soll in<br />

ökologischen <strong>Gewerbegebiete</strong>n durch<br />

Netzwerke versucht werden, Produktionsabläufe<br />

so zu gestalten, dass Abfälle,<br />

sowie Zwischen- und Kuppelprodukte in<br />

hohem Maße die vorm<strong>als</strong> ausschließlich<br />

verwendeten frischen Rohstoffe im Produktionsprozess<br />

ersetzen können. Eine<br />

vollständige Schließung <strong>der</strong> Stoff- und<br />

Energieströme nach dem idealtypischen<br />

Vorbild geschlossener Ökosysteme ist jedoch<br />

im Falle <strong>der</strong> Wirtschaft nicht möglich.<br />

Angestrebt wird gleichwohl nach<br />

<strong>der</strong> so genannten „3-V-Philosophie“<br />

eine gezielte Vermeidung, Vermin<strong>der</strong>ung<br />

und umweltverträgliche Verwertung von<br />

Abfällen.<br />

2. Naturverträglichkeit <strong>als</strong> Maßstab<br />

Die Abstimmung <strong>der</strong> Produktions- und<br />

Konsumprozesse <strong>der</strong> Menschheit mit<br />

den Eigengesetzlichkeiten <strong>der</strong> Natur<br />

lässt mehr Alternativen zu <strong>als</strong> von naturwissenschaftlicher<br />

Seite vermutet.<br />

Naturverträgliches Wirtschaften ist ein<br />

Instrument einer humanen Lebensweise<br />

und muss von <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> Humanität<br />

aus mit bewertet werden, nicht<br />

allein von <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> Ökologie aus.<br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> wird in dieser Lesart mit<br />

Umwelt- und Ressourcenschutz gleichgesetzt.<br />

• Im Vor<strong>der</strong>grund stehen<br />

Lern-Prozesse für die<br />

Lösung gemeinsamer<br />

(Ressourcen-)Probleme<br />

Märkte<br />

• Individualnutzen<br />

• Effi zienzdruck<br />

• Jetzt-für-Jetzt-Präferenz<br />

• Im Mittelpunkt stehen<br />

Ertragssteigerungen<br />

und Kostenreduzierungen<br />

Den sichtbarsten Ausdruck für ein unternehmerisches<br />

Engagement stellen<br />

beispielsweise zertifizierte Umweltmanagement-<br />

o<strong>der</strong> integrierte Managementsysteme<br />

dar. Ein nach EMAS, ISO<br />

14000 o<strong>der</strong> einem <strong>der</strong> vielen kleineren<br />

Managementsysteme wie Öko-Profit<br />

o<strong>der</strong> Ecostep zertifiziertes Unternehmen<br />

drückt bereits aus, dass es bereit<br />

ist, in seinen Managemententscheidungen<br />

Umwelt- und Sozialziele zu<br />

berücksichtigen. Diese Firmen setzen<br />

bereits Geld, Zeit und Personal ein,<br />

um eigene Umweltauswirkungen zu<br />

reduzieren. Allerdings wird dieses Engagement<br />

nicht immer auch mit einer<br />

Reduzierung von Kosten belohnt.<br />

Ein Netzwerk unter Gleichgesinnten<br />

zu bauen, verbunden mit gemeinsamen<br />

Zielen wie einer Zusammenarbeit<br />

bei Forschung und Entwicklung o<strong>der</strong><br />

dem Austausch von Mitarbeitern<br />

beginnend bei den Auszubildenden,<br />

schafft Synergien und stärkt das<br />

Engagement aller Beteiligten für das<br />

Gewerbegebiet <strong>als</strong> Gemeinschaftsprojekt.<br />

Durch eine enge Verzahnung<br />

lassen sich viele Anknüpfungspunkte<br />

beim Stoffstrommanagement, Einkauf<br />

und Warenan- wie -auslieferung<br />

finden, was Wegekosten spart und<br />

die Transportkapazitäten <strong>der</strong> Betriebe<br />

auslastet. Bewährt hat sich dabei eine<br />

unabhängige Koordinierungsstelle,<br />

die den Kommunikationsprozess<br />

lenkt und für Transparenz bei den<br />

Verrechnungseinheiten für wie<strong>der</strong>verwertbare<br />

Stoffe schafft. Effizienzsteigerungen<br />

und Gewinne aus <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>verwertung können dann nach<br />

den Leistungen <strong>der</strong> beteiligten Unternehmen<br />

anteilig verteilt werden.<br />

Die unterschiedlichen Ressourcenprobleme<br />

zu bewältigen, die von<br />

vielerlei Faktoren abhängen, ist dabei<br />

die Herausfor<strong>der</strong>ung für das Facility-<br />

Management des Gewerbeparks.<br />

Nötig ist dazu ein tiefes Wissen um die<br />

Produktionsprozesse in den einzelnen<br />

Unternehmen sowie Know-how in<br />

den Bereichen Supply-Chain-Management,<br />

Einkauf und Transport.<br />

Literatur:<br />

Isenmann, R.; Hauff, M. von (Hrsg.) (2007):<br />

Industrial Ecology. Mit Ökologie nachhaltig<br />

wirtschaften. München: Elsevier.<br />

Müller-Christ, G.; Arndt, L.; Ehnert, I.(Hrsg.)<br />

(2007): <strong>Nachhaltigkeit</strong> und Wi<strong>der</strong>sprüche.<br />

Eine Managementperspektive. Münster et<br />

al.: Lit.<br />

Kontakt<br />

Prof. Dr. Georg Müller-Christ<br />

Universität Bremen<br />

Fachgebiet: Nachhaltiges Management<br />

<strong>Fachbereich</strong> Wirtschaftswissenschaft<br />

und Forschungszentrum <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />

Telefon +49 (0)421 / 2 18 31 97<br />

E-Mail gmc@uni-bremen.de<br />

www.wiwi.uni-bremen.de/gmc<br />

www.artec.uni-bremen.de<br />

PD Dr. habil. Ralf Isenmann<br />

Fraunhofer-Institut für System- und<br />

Innovationsforschung (ISI)<br />

Breslauer Straße 48<br />

76139 Karlsruhe<br />

Telefon +49 (0)721 / 6 80 93 93<br />

E-Mail<br />

ralf.isenmann@isi.fraunhofer.de<br />

www.isi.fraunhofer.de<br />

und Universität Bremen<br />

Institut für Projektmanagement und<br />

Innovation (IPMI)<br />

38 forum Nachhaltig Wirtschaften www.forum-csr.net<br />

39


FAKTOR | GRÜN<br />

| | PRODUKTION | NN |<br />

| PRODUKTION NN | |<br />

| FAKTOR GRÜN|<br />

Zero Emission Parks –<br />

eine Vision für Träumer?<br />

Die Herausfor<strong>der</strong>ung Klimawandel<br />

verlangt nach Innovationen: Zero-<br />

Emission-<strong>Gewerbegebiete</strong>, das bedeutet<br />

Wirtschaften ohne negative<br />

Begleiterscheinungen. Ohne ungewollte<br />

mechanische, chemische, akustische<br />

und soziale Nebenwirkungen. Wie soll<br />

das gehen? Erstm<strong>als</strong> werden im Forschungsprojekt<br />

„Zero Emission Parks“<br />

in Deutschland län<strong>der</strong>übergreifend<br />

vier bereits bestehende <strong>Gewerbegebiete</strong><br />

in Bottrop, Bremen, Eberswalde<br />

und Kaiserslautern bei einer nachhaltigen<br />

Entwicklung unterstützt und<br />

begleitet.<br />

Das Industriegebiet „Am Kruppwald<br />

& An <strong>der</strong> Knippenburg“ in Bottrop<br />

beherbergt 250 kleine und mittlere<br />

Unternehmen, die verstreut auf einer<br />

Fläche von 120 Hektar Fläche wirtschaften.<br />

Dazu zählen auch erfolgreiche,<br />

lange am Markt bestehende<br />

Unternehmen mit viel Erfahrung. Für<br />

sie kam das Projekt „Zero Emission“<br />

gerade recht: Längst hatten sie erkannt,<br />

dass für ein zukunftsfähiges<br />

Wirtschaften neue Schritte getan werden<br />

müssen. Sollen dauerhaft die notwendigen<br />

Ressourcen zur Produktion<br />

von Gütern und Dienstleistungen zur<br />

Verfügung stehen, müssen sie heute<br />

geschont werden o<strong>der</strong> besser noch,<br />

durch erneuerbare ersetzt werden.<br />

Den ersten Schritt auf dem Weg zu<br />

einem nachhaltigen Industriegebiet<br />

haben diese Unternehmen selbst getan:<br />

eine funktionierende Interessengemeinschaft<br />

gegründet und Partner<br />

gesucht, wie etwa Stadtverwaltungen,<br />

Umweltämter, Wirtschaftsför<strong>der</strong>er<br />

und Landesregierungen.<br />

Ziel <strong>der</strong> Firmen ist es nun, möglichst<br />

wenig schädliche Nebenprodukte zu<br />

erzeugen – zum Wohl <strong>der</strong> Firmen<br />

selbst, <strong>der</strong> Gesellschaft , aber auch<br />

<strong>der</strong> nachwachsenden Generationen.<br />

In ihren Betrieben setzen diese Unternehmen<br />

schon lange Umweltmanagementsysteme,<br />

Zertifizierungen nach<br />

EMAS o<strong>der</strong> Ökoprofit, Energie- und<br />

Materialeffizienz ein. Das Neue am<br />

Projekt Zero Emission Park ist jedoch,<br />

dass betriebliches Wissen genutzt und<br />

erstm<strong>als</strong> betriebsübergreifend auf ein<br />

gesamtes Industriegebiet angewendet<br />

wird. Doch wie können Unternehmen<br />

gemeinsam in einem Industriegebiet<br />

unter dem Stichwort Null-Emission<br />

arbeiten?<br />

Null-Emission im Visier<br />

Die teilnehmenden Firmen stellten<br />

sich folgende Fragen, zu denen<br />

gemeinsam Lösungen entwickelt<br />

werden:<br />

Wie kann <strong>der</strong> Energie-, Material- und<br />

Ressourcenverbrauch im Industriegebiet<br />

reduziert werden? Wieviel Energie<br />

kann ein Industriegebiet selbst<br />

produzieren und wie kann die Energie<br />

umweltfreundlich bereitgestellt<br />

werden? Wie kann die Abfallmenge<br />

eingedämmt beziehungsweise die<br />

Restmenge emissionsarm entsorgt<br />

werden? Wie lassen sich Verkehrsaufkommen<br />

und Lärm verringern?<br />

Wie lässt sich die Standortqualität erhöhen?<br />

Wie wird Aufenthaltsqualität<br />

geschaffen und das Erscheinungsbild<br />

positiv verän<strong>der</strong>t? Wie kann die<br />

Vereinbarkeit von Arbeit und Familie<br />

unterstützt werden?<br />

Um diese Fragen gemeinsam zu lösen,<br />

muss erst eine eingehende Analyse aller<br />

„Stoffströme“ des Industriegebietes<br />

vorliegen, damit eine CO 2<br />

-Bilanz<br />

aufgestellt werden kann. Erfor<strong>der</strong>lich<br />

wird daher:<br />

• eine Analyse aller Stoff- und Energieflüsse.<br />

Das heißt, Ver- und<br />

Entsorgungsströme müssen aufgeschlüsselt<br />

werden nach den<br />

verwendeten Materialien und Sekundärstoffen<br />

wie Strom, Druckluft,<br />

Gase, Wärme, Wasser, Reststoffe<br />

und Abfall,<br />

• eine Evaluierung <strong>der</strong> Infrastruktur:<br />

Logistik, technische und nichttechnische<br />

Dienstleistungen, Kommunikationseinrichtungen,<br />

• eine Erfassung <strong>der</strong> Flächen zur<br />

Optimierung des Flächenmanagements,<br />

• eine Untersuchung <strong>der</strong> Gebäudestruktur,<br />

• eine Übersicht zur verkehrstechnischen<br />

und sozialen Infrastruktur,<br />

• die Ermittlung zur Hebung von<br />

Synergiepotenzialen mittels Kooperationen<br />

innerhalb des Netzwerkes<br />

durch die Zusammenarbeit mit<br />

Partnern wie Stadtwerken und<br />

Verwaltungen,<br />

• die Qualifizierung bestehen<strong>der</strong><br />

Sicherheits- und Umweltschutzeinrichtungen.<br />

CO 2<br />

<strong>als</strong> Rechengröße<br />

Zunächst sind für einen guten Projektverlauf<br />

die Handlungsfel<strong>der</strong> so<br />

zu gestalten, dass die Einhaltung<br />

<strong>der</strong> Ziele überprüfbar ist. Dazu sind<br />

allgemein akzeptierte Kriterien und<br />

Indikatoren nötig, in diesem Fall das<br />

CO 2<br />

-Äquivalent. CO 2<br />

ist ein Gas,<br />

das nicht <strong>als</strong> Emission gemessen,<br />

son<strong>der</strong>n nur über die chemische<br />

Umsetzung mathematisch berechnet<br />

werden kann. CO 2<br />

ist auch das<br />

bekannteste klimabeeinflussende<br />

Treibhausgas. Aus diesem Grund wird<br />

oft auch das Gefährdungspotenzial<br />

von weniger bekannten Gasen in<br />

eine äquivalente CO 2<br />

-Menge umgerechnet.<br />

Analog dazu ist es möglich,<br />

die CO 2<br />

-Äquivalente zu berechnen,<br />

die insgesamt bei den typischen<br />

produktionsbezogenen Handlungen<br />

eines Industriegebietes entstehen:<br />

Bei <strong>der</strong> Produktion von Waren, <strong>der</strong><br />

Ausführung von Dienstleistungen,<br />

<strong>der</strong> Abwasserbehandlung, bei <strong>der</strong><br />

Verbrennung o<strong>der</strong> Deponierung<br />

von Abfällen, den Verkehrsströmen,<br />

dem Transport von Waren und <strong>der</strong><br />

Arbeitsleistung. Theoretisch ist bei<br />

einer konsequenten Erfassung aller<br />

Aktivitäten des Industriegebietes dieser<br />

Summe ein Wert von 100 Prozent<br />

CO 2<br />

-Äquivalente zuzuordnen. Das<br />

oberste Projektziel ist es, diese 100<br />

Prozent im Verlauf kontinuierlich auf<br />

null zu senken. Durch die einheitliche<br />

Definition des Reduktionsziels in<br />

CO 2<br />

-Äquivalenten wird so <strong>der</strong> Prozess<br />

für alle Beteiligten transparent<br />

und nachvollziehbar.<br />

Folgeschritte<br />

Unter dem Gedanken des „CO 2<br />

e“<br />

bietet das Zero-Emission-Konzept<br />

eine vergleichsweise einfache Methodik,<br />

um dieses Ziel zu erreichen.<br />

Jede Emissionsquelle wird mit einem<br />

CO 2<br />

-Wert belegt. Am effizientesten<br />

ist es, mit <strong>der</strong> Reduktion des größten<br />

Emissions-Paketes zu beginnen. Das<br />

kann <strong>der</strong> Energieverbrauch sein, <strong>der</strong><br />

Verkehr o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Abfall, <strong>der</strong> im Industriegebiet<br />

anfällt. Nach Senkung<br />

des Energieverbrauchs erfolgt die<br />

Potenzialanalyse, die erfasst, welche<br />

Materialien im Industriegebiet genutzt<br />

werden. Daraus leiten sich folgende<br />

Fragen ab: Welche Produktionsprozesse<br />

können Energie zur Verfügung<br />

stellen? Ist <strong>der</strong> im Industriegebiet<br />

anfallende Abfall energetisch verwertbar?<br />

Wäre es möglich, regenerative<br />

Energien zu integrieren wie etwa aus<br />

Biomasse, Photovoltaik o<strong>der</strong> Geothermie?<br />

Wer kann Flächen für die Energieproduktion<br />

zur Verfügung stellen?<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen, die sich einerseits<br />

durch den persönlichen Kontakt <strong>der</strong><br />

Unternehmer relativ zügig bewältigen<br />

lassen, an<strong>der</strong>erseits jedoch eine hervorragende<br />

Netzwerkarbeit und ein<br />

ausgeklügeltes IT-System erfor<strong>der</strong>lich<br />

machen, um die entsprechenden<br />

Synergien herauszubilden.<br />

Blick über den Tellerrand<br />

Das Konzept Zero Emission Park steckt<br />

in <strong>der</strong> Entwicklung und es steht und<br />

fällt mit dem Engagement seiner<br />

Akteure. Vertrauen in die eigenen<br />

Fähigkeiten, <strong>der</strong> Blick über den Tellerrand<br />

und Mut zu Entscheidungen verlangen<br />

darum nach einem Konzept,<br />

bei dem alle Parteien an einem Strang<br />

ziehen. Doch <strong>der</strong> Aufwand lohnt sich<br />

für die Unternehmen wie die Umwelt.<br />

Schließlich ist <strong>der</strong> Zero Emission Park<br />

eine Chance, unser Klima und damit<br />

die Grundlage für ein zukünftiges<br />

Leben und Arbeiten zu erhalten.<br />

Im Profil<br />

Veronika Wolf, Projektleitung „Zero Emission<br />

Park“, <strong>Fachbereich</strong> Wirtschaftswissenschaften,<br />

Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre,<br />

insbeson<strong>der</strong>e Wirtschaftspolitik und<br />

internationale Wirtschaftsbeziehungen<br />

E-Mail wolf@wiwi.uni-kl.de<br />

Prof. Dr.-Ing. habil. Jorge Marx Gómez, ist<br />

Professor für Wirtschaftsinformatik an <strong>der</strong><br />

Universität Oldenburg.<br />

www-wi.informatik.uni-oldenburg.de<br />

40 forum Nachhaltig Wirtschaften www.forum-csr.net<br />

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