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WS 1999 - Didaktische Analyse von Musik

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Hubert Wißkirchen <strong>WS</strong> <strong>1999</strong><br />

RHAPSODIE (<strong>von</strong> griech. rhaptein = nähen, flicken und öde = Gesang) gehört in der <strong>Musik</strong> zu den aus der Literatur übernommenen<br />

Bezeichnungen. In der griechischen Antike trug der Rhapsode, auch als homerischer Sänger bekannt, bei Veranstaltungen <strong>von</strong> teilweise<br />

kultischer, stets aber nationaler Bedeutung Bruchstücke aus den Epen Homers vor, die er improvisatorisch verband. Dazu<br />

begleitete er sich auf der Kithara, was der griechische Dichter Pindaros einen „geflickten Gesang" nannte. In der jüngeren <strong>Musik</strong>wie<br />

Literaturgeschichte begegnet die Rhapsodie seit der Antikenbegeisterung in der z. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Der Dichter und<br />

<strong>Musik</strong>er D. Schubart, der als Improvisator und Rezitator vor allem Klopstockscher Werke auf sich aufmerksam machte, veröffentlichte<br />

1786 <strong>Musik</strong>alische Rhapsodien (3 Hefte Lieder und Klavierstücke, mit ausführlichen Vorreden). J. Fr. Reichardt nannte die<br />

Komposition eines Fragments aus J. W. <strong>von</strong> Goethes Harzreise im Winter Rhapsodie; der Rhapsodie für Alt, Männerchor und<br />

Orchester, op. 53 <strong>von</strong> J. Brahms liegt derselbe Text zugrunde. - Die Übertragung in die Instrumentalmusik erfolgte zu Beginn des 19.<br />

Jh. in Wien. Zu nennen ist vor allem V. J. Tomásek, der sich bewußt auf die Antike bezog und, um der Geschmacksverflachung in<br />

der Klaviermusik entgegenzuwirken, sich in seinen Rhapsodien, Eklogen und Dithyramben an antiken Dichtungsformen orientierte,<br />

„in denen Ernst mit Kraft und Energie gepaart ist" (Vorwort). Sein Einfluß in solchen Charakterstücken reicht bis zu den Rhapsodien<br />

op. 79 und 119 <strong>von</strong> Brahms. - Fr. Liszt führte mit seinen Ungarischen Rhapsodien (seit 1840, zunächst für Klavier) das nationale<br />

Element durch (vermeintliche) Volksmelodien ein. In seiner dazu verfaßten Vorrede (1852; Gesammelte Schriften, L 1910, Bd. III,<br />

S. 170ff.) legt er Nachdruck auf die „nationale Begeisterung" und erklärt, mit seinen Rhapsodien die „Idee eines Zigeunerepos"<br />

anzustreben und durch die <strong>Musik</strong> die verschiedenen ethnischen Schichten Ungarns anzusprechen. Mit seinen Werken wurde die<br />

Aufnahme nationaler oder regionaler Melodien in die Rhapsodie wegweisend. Die formale Gestaltung ist frei; so gibt es potpourriartige<br />

Reihungen und symphonisch oder konzertant strukturierte Rhapsodien. Neben Werken national geprägter <strong>Musik</strong> <strong>von</strong> A. Dvorák,<br />

A. Glasunow, G. Enescu, C. Saint-Saëns, S. Rachmaninow (Rhapsodie über ein Thema <strong>von</strong> Paganini), M. Ravel (Rhapsodie espagnole),<br />

B. Bartók, G. Gershwin (Rhapsody in Blue) u. a. wurde die Rhapsodie zu einer der bevorzugten Gestaltungsformen der Virtuosen-<br />

und Unterhaltungsmusik.<br />

Honegger, Marc und Massenkeil, Günther (Hg.): Das Große Lexikon der <strong>Musik</strong>, Freiburg 1982, Bd. 7, S. 66<br />

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