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Herren Brüdern Mitschülern - Gwick.ch

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ni<strong>ch</strong>t immer begreifen, warum der Präfekt kein<br />

ents<strong>ch</strong>eidendes Ma<strong>ch</strong>twort spra<strong>ch</strong>. Im Aufspüren<br />

von Disziplinlosigkeiten zeigte er fast kriminalistis<strong>ch</strong>e<br />

Fähigkeiten; aber nur äußerst ungern spielte<br />

er den Ri<strong>ch</strong>ter.<br />

Es gab allerdings au<strong>ch</strong> Momente, in denen Pater<br />

Fridolin seine Ruhe verlor; und dies spri<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong>er<br />

ni<strong>ch</strong>t gegen ihn. Wenn er si<strong>ch</strong> zutiefst enttäus<strong>ch</strong>t<br />

fühlte – und Enttäus<strong>ch</strong>ungen erfährt jeder Erzieher<br />

–, konnte er au<strong>ch</strong> einmal explodieren. Die seltenen<br />

Ausbrü<strong>ch</strong>e wirkten wie ein Naturereignis.<br />

Au<strong>ch</strong> der selbstsi<strong>ch</strong>erste und fre<strong>ch</strong>ste Lyzeist wurde<br />

s<strong>ch</strong>uldbewußt: Wenn der so ruhige Präfekt seine<br />

Ruhe verliert, sind wir ganz si<strong>ch</strong>er zu weit gegangen.<br />

Die Wogen glätteten si<strong>ch</strong> wieder, und<br />

dann war Pater Fridolin au<strong>ch</strong> immer bereit, Maßlosigkeit<br />

zu korrigieren, hinzuhören und auszuglei<strong>ch</strong>en.<br />

Es wurde bereits erwähnt, Pater Fridolin besaß<br />

eine fast uners<strong>ch</strong>öpfli<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>affenskraft. Wo es etwas<br />

zu tun gab, legte er selber Hand an. Er arbeitete<br />

im Garten, im Speisesaal, er mutete si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong><br />

ein ständig wa<strong>ch</strong>sendes Programm als Lehrer zu.<br />

Ohne entspre<strong>ch</strong>ende Vorbildung wurde er – was<br />

hö<strong>ch</strong>st selten ist – zum beliebten Mathematiklehrer.<br />

Seine Geduld und seine Bereits<strong>ch</strong>aft, den<br />

Lehrstoff immer wieder zu erklären, hat man<strong>ch</strong>em<br />

S<strong>ch</strong>üler den Zugang zur Mathematik eröffnet. Wie<br />

Pater Fridolin diese Arbeit neben der damals dem<br />

Präfekten no<strong>ch</strong> angelasteten Verwaltung und<br />

neben seiner steten Präsenz leisten konnte, ist<br />

rätselhaft. Während des S<strong>ch</strong>uljahrs gönnte er si<strong>ch</strong><br />

nur wenig S<strong>ch</strong>laf. In den Ferien konnte er dann<br />

zwei bis drei Tage fast voll dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>lafen.<br />

Vierundzwanzig Jahre lang hat Pater Fridolin das<br />

Amt eines Präfekten versehen. Das bedeutet: immer<br />

wieder neu anfangen, tausendmal das glei<strong>ch</strong>e<br />

sagen und viellei<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> lausend mal enttäus<strong>ch</strong>t<br />

werden. Daß Pater Fridolin diese Belastung so lange<br />

ausgehalten hat, können wir nur mit seinem<br />

großen, religiös fundierten Optimismus erklären.<br />

Er glaubte an den Sinn seiner Aufgabe, er glaubte<br />

an die jungen Mens<strong>ch</strong>en, und vor allem glaubte er<br />

an Gott. Sein religiöser Stil mag viellei<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t<br />

jedem entspro<strong>ch</strong>en haben; und trotzdem wirkte<br />

Pater Fridolin für alle überzeugend, weil er selber<br />

überzeugt war und aus seiner eigenen Überzeugung<br />

heraus lebte und arbeitete. Mit seinem Tod<br />

ist sein Werk ni<strong>ch</strong>t erlos<strong>ch</strong>en, es lebt in Generationen<br />

von S<strong>ch</strong>ülern weiter, die ihn als Präfekt und<br />

als Lehrer erleben durften.<br />

1971 wurde Pater Fridolin von Abt Georg zum<br />

Dekan des Klosters bestimmt. Der Abs<strong>ch</strong>ied von

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