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Herren Brüdern Mitschülern - Gwick.ch

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heute besaß, wurde traditionsgemäß nur einem<br />

erfahrenen Lehrer zugemutet. Pater Fridolin<br />

erfüllte das in ihn gesetzte Vertrauen voll und<br />

ganz. S<strong>ch</strong>on bald nannten ihn die S<strong>ch</strong>üler «Chef»,<br />

und er war wirkli<strong>ch</strong> Chef des Internats. Er mußte<br />

ni<strong>ch</strong>t auf seine Autorität po<strong>ch</strong>en, er besaß sie<br />

dur<strong>ch</strong> seine Persönli<strong>ch</strong>keit, dur<strong>ch</strong> sein ausgegli<strong>ch</strong>enes<br />

Wesen und dur<strong>ch</strong> seine Güte.<br />

Es war ni<strong>ch</strong>t die Art Pater Fridolins, große Erziehungsprogramme<br />

aufzustellen. Hier unters<strong>ch</strong>ied<br />

er si<strong>ch</strong> deutli<strong>ch</strong> von Rektor Pater Ludwig Räber,<br />

mit dem er lange Jahre zusammenarbeitete und<br />

den er in glückli<strong>ch</strong>er Weise ergänzte. Er ents<strong>ch</strong>ied<br />

von Fall zu Fall und zog bei seinen Ents<strong>ch</strong>eidungen<br />

immer in erster Linie die Mens<strong>ch</strong>en in seine<br />

Erwägungen mit ein. Sein Erziehungsstil war nie<br />

geprägt von starrer Konsequenz. Er konnte ein<br />

Auge zudrücken, er zeigte Verständnis für jugendli<strong>ch</strong>en<br />

Übermut, und er hatte – au<strong>ch</strong> dies gehört<br />

zum Bild von Pater Fridolin – unter den Studenten<br />

immer seine Lieblinge. Dazu mö<strong>ch</strong>te i<strong>ch</strong> Willi<br />

S<strong>ch</strong>ohaus zitieren, der in seinem immer no<strong>ch</strong><br />

lesenswerten Bu<strong>ch</strong> «S<strong>ch</strong>atten über der S<strong>ch</strong>ule»<br />

(Züri<strong>ch</strong> 1930) s<strong>ch</strong>reibt: «Man kann etwa einen<br />

Lehrer si<strong>ch</strong> rühmen hören, er sei ni<strong>ch</strong>t parteiis<strong>ch</strong>,<br />

er habe alle S<strong>ch</strong>üler glei<strong>ch</strong> gern. Man könnte dem<br />

Spre<strong>ch</strong>er dann stets ohne Gefahr des Fehlgreifens<br />

antworten: ‹Ja, dann haben Sie eben alle S<strong>ch</strong>üler<br />

glei<strong>ch</strong> ungern, oder Ihr Gerede ist ni<strong>ch</strong>t ernst zu<br />

nehmen.› Es wird kaum Erzieher geben, die ni<strong>ch</strong>t<br />

au<strong>ch</strong> ihre natürli<strong>ch</strong>-mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Liebensbedürfnisse<br />

mit in die S<strong>ch</strong>ulstube hineinbringen.» Pater<br />

Fridolin hatte ni<strong>ch</strong>t «alle S<strong>ch</strong>üler glei<strong>ch</strong> ungern»;<br />

wer ni<strong>ch</strong>t zu seinem engsten Kreis gehörte, mußte<br />

si<strong>ch</strong> gewiß ni<strong>ch</strong>t bena<strong>ch</strong>teiligt fühlen. Er war für<br />

alle da, und er wurde allen gere<strong>ch</strong>t. Wenn man<br />

si<strong>ch</strong> fragt, worin denn eigentli<strong>ch</strong> der große Erfolg<br />

Pater Fridolins als Präfekt bestand, so wird man<br />

vor allem an seine große, spri<strong>ch</strong>wörtli<strong>ch</strong> gewordene<br />

Ruhe denken müssen. Er war ruhig, und er<br />

strahlte Ruhe aus. Obwohl er ein fast übermens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>es<br />

Arbeitsprogramm zu bewältigen hatte, sah<br />

man ihn kaum einmal in Hast und Eile. Immer<br />

hatte er Zeit, andere anzuhören; und immer versu<strong>ch</strong>te<br />

er, die andern zu verstehen und ihre Beweggründe<br />

zu begreifen. Er wollte überzeugen,<br />

aber ni<strong>ch</strong>t überreden. Au<strong>ch</strong> in s<strong>ch</strong>wierigen Situationen<br />

blieb er ruhig. Viellei<strong>ch</strong>t zurückhaltend,<br />

viellei<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> unents<strong>ch</strong>ieden prüfte er alle vorgetragenen<br />

Meinungen, bevor er selber seine Ansi<strong>ch</strong>t<br />

äußerte. Er wollte und er konnte ni<strong>ch</strong>t streiten.<br />

Stets versu<strong>ch</strong>te er, bei Meinungsvers<strong>ch</strong>iedenheiten<br />

auszuglei<strong>ch</strong>en. Dieser Wille zum friedli<strong>ch</strong>en Ausglei<strong>ch</strong><br />

bra<strong>ch</strong>te ihm allerdings zuweilen au<strong>ch</strong><br />

S<strong>ch</strong>wierigkeiten. Streitende Parteien konnten

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