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Wendepunkt 10 - Depression.ch

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DEPRESSION<br />

und sehr verletzt. Denn statt Hilfe gab es<br />

leider nur verbale S<strong>ch</strong>läge.<br />

Drei Jahre dauerte es, bis si<strong>ch</strong> das Paar<br />

von der Krise erholt hatte und si<strong>ch</strong> zu<br />

einem zweiten Kind ents<strong>ch</strong>loss. Dieses<br />

Mal sollte ni<strong>ch</strong>ts s<strong>ch</strong>iefgehen, gemeinsam<br />

bereiteten sie si<strong>ch</strong> auf die Geburt vor.<br />

Stress und Druck wollten beide vermeiden.<br />

Die Geburtsanzeige vers<strong>ch</strong>ickten sie<br />

deshalb beispielsweise erst eine Wo<strong>ch</strong>e<br />

na<strong>ch</strong> der Geburt. Und sie hatten Glück:<br />

Die zweite To<strong>ch</strong>ter entpuppte si<strong>ch</strong> als<br />

Sonnens<strong>ch</strong>ein und s<strong>ch</strong>lief na<strong>ch</strong>ts dur<strong>ch</strong>.<br />

Während der S<strong>ch</strong>wangers<strong>ch</strong>aft trat<br />

Yvonne Christen einer Selbsthilfegruppe<br />

für Frauen mit postnataler <strong>Depression</strong> bei.<br />

Das Leid mit anderen zu teilen, tat ihr<br />

gut. Eine für sie s<strong>ch</strong>öne Zeit begann. Ihr<br />

Mann hingegen fühlte si<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> immer<br />

wie auf Nadeln: «Kam i<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> Hause,<br />

wusste i<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t, was mi<strong>ch</strong> erwartete»,<br />

erklärt er den Grund. Do<strong>ch</strong> alles ging gut.<br />

Und die Zeit heilt bekanntli<strong>ch</strong> alle<br />

Wunden.<br />

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«Kam i<strong>ch</strong><br />

na<strong>ch</strong> Hause<br />

wusste i<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t,<br />

was mi<strong>ch</strong><br />

erwartete»<br />

Erwin Christen bekam Sehnsu<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong><br />

einem dritten Kind. «I<strong>ch</strong> hingegen hatte<br />

aufgrund meines Alters von 41 Jahren<br />

grosse Zweifel», sagt Yvonne Christen.<br />

Do<strong>ch</strong> sie liess si<strong>ch</strong> überzeugen. Die dritte<br />

S<strong>ch</strong>wangers<strong>ch</strong>aft verlief komplikationslos.<br />

Im Mai 2002 kam die dritte To<strong>ch</strong>ter auf<br />

die Welt. Die Probleme s<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en si<strong>ch</strong> erst<br />

na<strong>ch</strong> der Geburt auf leisen Sohlen heran.<br />

Im Wo<strong>ch</strong>enbett entwickelte Yvonne<br />

Christen einen lei<strong>ch</strong>ten Baby-Blues. Und<br />

dann fing das Neugeborene an, na<strong>ch</strong>ts<br />

aufzuwa<strong>ch</strong>en. Das Desaster wiederholte<br />

si<strong>ch</strong>: Yvonne Christen konnte kaum eine<br />

Na<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>lafen. Sie s<strong>ch</strong>leppt si<strong>ch</strong><br />

dur<strong>ch</strong> den Tag. Ihrem Mann fiel auf, dass<br />

seine Frau zwar ko<strong>ch</strong>te, aber selber ni<strong>ch</strong>ts<br />

mehr ass. Yvonne Christen magerte ab,<br />

wurde immer kraftloser. Au<strong>ch</strong> eine Haushaltshilfe<br />

der Spitex bra<strong>ch</strong>te ni<strong>ch</strong>t die<br />

ersehnte Entlastung. Im Februar 2003<br />

bri<strong>ch</strong>t sie vor der Spülmas<strong>ch</strong>ine zusammen.<br />

Sie liegt am Boden, kann si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />

mehr bewegen, ist völlig blockiert.<br />

Ihr Mann ruft den Notarzt. Wieder muss<br />

Yvonne Christen Medikamente einnehmen.<br />

Den Alltag meistert sie trotzdem nur<br />

knapp. Dann, im Juni 2003, ents<strong>ch</strong>liesst<br />

sie si<strong>ch</strong> zu einem Klinikaufenthalt in einer<br />

Psy<strong>ch</strong>iatrie. Sie nimmt das 13 Monate<br />

alte Kleinkind mit, kann na<strong>ch</strong>ts allerdings<br />

dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>lafen, weil es einen Kinderhort<br />

gibt. Endli<strong>ch</strong> kann sie wieder essen, wird<br />

kräftiger und beginnt eine Gesprä<strong>ch</strong>stherapie.<br />

Das Leben wird langsam bunter und<br />

fröhli<strong>ch</strong>er. Sie entwirft ein Seidentu<strong>ch</strong>:<br />

Zei<strong>ch</strong>entrickfiguren bewegen si<strong>ch</strong> im<br />

Kreis. Rosa, Gelb und Blau sind die überwiegenden<br />

Farben. Das Bild ist Sinnbild<br />

der damaligen Gefühle: Yvonne Christen<br />

ist wieder voller Lebenslust und fröhli<strong>ch</strong>.<br />

Das Bild hängt heute in ihrer Wohnung –<br />

ges<strong>ch</strong>ützt hinter einem Glasrahmen.<br />

Ihren Mann und die beiden anderen Tö<strong>ch</strong>ter<br />

sieht sie in den drei Monaten selten.<br />

Aber Yvonne Christen weiss, dass ihr Mann<br />

zu ihr steht. Na<strong>ch</strong>dem sie die Klinik verlassen<br />

hat, s<strong>ch</strong>alten sie einen Beistand ein.<br />

Dieser begleitet das Ehepaar im Alltag und<br />

rät dazu, eine neue Wohnung weit weg<br />

vom Vater zu su<strong>ch</strong>en. Ihre Freunde und die<br />

engsten Familienangehörigen können mit<br />

der Situation ni<strong>ch</strong>t so gut umgehen. Die<br />

Paten der Tö<strong>ch</strong>ter melden si<strong>ch</strong> immer seltener,<br />

dann bri<strong>ch</strong>t der Kontakt ganz ab. «Ist<br />

jemand depressiv, ma<strong>ch</strong>t das Angst», sagt<br />

Yvonne Christen, «die Erkrankung <strong>Depression</strong><br />

ist eben no<strong>ch</strong> immer wie ein Stigma.»<br />

Erwin Christen hingegen hat am Arbeitsplatz<br />

zu kämpfen. «I<strong>ch</strong> konnte mir ni<strong>ch</strong>t<br />

einfa<strong>ch</strong> frei nehmen, um näher bei Yvonne<br />

zu sein», sagt er. Dass es seiner Frau so<br />

s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t geht, bedrückt den sensiblen<br />

Mann stark.<br />

Um die Probleme zu verarbeiten, setzt si<strong>ch</strong><br />

Erwin Christen an den Computer. Na<strong>ch</strong>ts<br />

s<strong>ch</strong>reibt er si<strong>ch</strong> die Probleme von der<br />

Seele. Setzt si<strong>ch</strong> innerli<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> einmal mit<br />

dem S<strong>ch</strong>wiegervater auseinander, mit der<br />

<strong>Depression</strong> und der eigenen Situation.<br />

Anfang 2005 zieht die Familie na<strong>ch</strong> Baar.<br />

Der Einzug ins neue Heim ist wie ein Neuanfang.<br />

Das Ehepaar bri<strong>ch</strong>t den Kontakt<br />

zum drangsalierenden Vater ab. Dur<strong>ch</strong> die<br />

räumli<strong>ch</strong>e Distanz erholen si<strong>ch</strong> beide<br />

«Uns war es<br />

wi<strong>ch</strong>tig,<br />

ehrli<strong>ch</strong> zu<br />

beginnen<br />

und andere zu<br />

informieren»<br />

und kommen zur Ruhe. Bewusst klären sie<br />

neue Bekannte über die <strong>Depression</strong> von<br />

Yvonne Christen auf. «Uns war es wi<strong>ch</strong>tig,<br />

ehrli<strong>ch</strong> zu beginnen und andere zu informieren»,<br />

sagen beide. Sie tritt einer Gruppe<br />

von allgemeinen <strong>Depression</strong>en Betroffener<br />

bei, na<strong>ch</strong>dem si<strong>ch</strong> die erste Selbsthilfegruppe<br />

aufgelöst hat. Ihr fällt auf, dass<br />

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