Bund der Steuerzahler
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steuerpolitik<br />
Familienpolitik<br />
Gut gemeint, gut gemacht?<br />
Familien stehen zur Zeit hoch im Kurs. Insgesamt<br />
sollen sie dem <strong>Steuerzahler</strong> 184,4 Mrd. Euro im<br />
Jahr Wert sein. Doch stimmen Preis und Leistung?<br />
Wenn das Thema auf Familienpolitik<br />
kommt, so fällt reflexartig diese<br />
Zahl: 184 Mrd. Euro! So viel<br />
würde im Jahr für Familien ausgegeben.<br />
Doch wer jetzt meint, dahinter steckt ein<br />
Masterplan, muss enttäuscht werden. Der<br />
immer wie<strong>der</strong> zitierte Betrag ergibt sich<br />
lediglich aufgrund einer bloßen Aufzählung<br />
aller Maßnahmen, die irgendwie mit<br />
Familie zu tun haben. Das geht von A wie<br />
„Absetzbarkeit<br />
gesetzlicher<br />
Unterhaltspflichten“<br />
bis Z<br />
wie „Zahlungen<br />
an die<br />
<strong>Bund</strong>esstiftung<br />
Mutter<br />
und Kind“.<br />
Was soll man<br />
mit einer<br />
Zahl anfangen,<br />
hinter <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>geldzahlungen, Witwenrenten,<br />
BAföG, Schwangerschaftskonfliktberatung<br />
und weitere 149 Einzelmaßnahmen<br />
stecken? Damit kein falscher<br />
Eindruck entsteht: Mit den 184 Mrd. Euro<br />
werden eine Reihe von notwendigen<br />
und wichtigen Aufgaben finanziert. Und<br />
natürlich ist es löblich, dass sich die Regierung<br />
auch mal Gedanken macht, wofür<br />
denn das Geld <strong>der</strong> <strong>Steuerzahler</strong> ausgegeben<br />
wird. Doch welche Schlüsse sollen wir<br />
daraus ziehen? Geben wir zu viel für Familien<br />
aus? O<strong>der</strong> sind 184 Mrd. Euro zu<br />
wenig?<br />
Krippentheater<br />
Statt diese wichtigen Fragen zu beantworten,<br />
diskutiert die Politik lieber über<br />
die Finanzierung von Krippenplätzen. Zur<br />
Erinnerung: Vor einem Jahr erst hat <strong>der</strong><br />
<strong>Bund</strong> im Rahmen <strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alismuskommission<br />
I die Zuständigkeit dafür an die<br />
Län<strong>der</strong> abgegeben. Plötzlich will er wie<strong>der</strong><br />
mitspielen. Also werden abenteuerliche<br />
Stiftungsmodelle erdacht, um die eigenen<br />
Gesetze irgendwie zu umgehen. Die Krippenplätze<br />
sind längst zu einem Symbol des<br />
familienpolitischen Aufbruchs geworden.<br />
Die große Inszenierung des Themas Kin<strong>der</strong>betreueung<br />
strahlt hell. In ihrem<br />
Schatten stehen die <strong>Steuerzahler</strong>, die das<br />
ganze Theater letzlich bezahlen - mit 184<br />
Mrd. Euro weniger in <strong>der</strong> Tasche und <strong>der</strong><br />
leisen Ahnung, dass dies ein hoher Preis<br />
für etwas Ungefähres sein könnte.<br />
Mogelpackung<br />
Es wird Zeit, dass die Familienpolitik<br />
ehrlich zu sich selber und zu den Bürgern<br />
wird. Zum einen steht ein Teil <strong>der</strong> 184<br />
Mrd. Euro gar nicht zur freien Verfügung,<br />
son<strong>der</strong>n ist vertraglich o<strong>der</strong> sogar<br />
verfassungsrechtlich festgelegt. Hierzu<br />
zählen etwa im Rahmen <strong>der</strong> Einkommensteuer<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>freibetrag o<strong>der</strong> das<br />
Ehegattensplitting. Zum an<strong>der</strong>en fehlt<br />
eine Bestandsaufnahme, was von den<br />
Maßnamen wirklich bei <strong>der</strong> Zielgruppe<br />
ankommt. So ist durch die Verrechnung<br />
von Kin<strong>der</strong>geld mit dem steuerlichen Kin<strong>der</strong>freibetrag<br />
die För<strong>der</strong>ung geringer als<br />
das bloße Kin<strong>der</strong>geld vermuten lässt. Solange<br />
nicht klar ist, welche Leistungen<br />
den Familien zugute kommen und welche<br />
nur politikwirksam in Szene gesetzt werden,<br />
ist <strong>der</strong> Preis dafür zu hoch. OS<br />
Das Prinzip Jahressteuergesetz<br />
Jedes Jahr eine neue Welt<br />
Es hat Tradition, einmal im Jahr alle steuerpolitischen<br />
Restposten auf einen Haufen zu kehren<br />
und zusammen mit notwendigen Anpassungen in<br />
ein Gesetz zu gießen. Doch das Prinzip dahinter<br />
ist fragwürdig.<br />
Um es vorab klarzustellen: Gegenüber<br />
<strong>der</strong> früheren Praxis, im<br />
Laufe eines Jahres ständig einzelne<br />
Gesetzesän<strong>der</strong>ungen auf den Weg zu<br />
bringen, ist die Zusammenfassung in nur<br />
einem Gesetz ein Fortschritt. Aus diesem<br />
Grunde ist die herabwürdigende Bezeichnung<br />
als „Lumpensammlung“ o<strong>der</strong><br />
„Omnibus-Gesetz“, in das alle einsteigen<br />
können, übertrieben.<br />
Quantität...<br />
nung“. Genauso bunt ist die Art <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ungen,<br />
die hier vorgenommen werden.<br />
es finden sich kleinere Anpassungen an<br />
die aktuelle Gesetzeslage genauso wie<br />
zum Teil massive Rechtseingriffe. Gemessen<br />
an <strong>der</strong> Anzahl ist die Regierung jedes<br />
Jahr sehr fleißig. Doch ist viel auch gut?<br />
... und Qualität<br />
Betrachtet man zum Beispiel das Einkommensteuergesetz:<br />
Vor einem Jahr<br />
wurde es durch das Jahressteuergesetz<br />
2007 in 57 einzelnen Punkten geän<strong>der</strong>t.<br />
Für dieses Jahr sind im Entwurf zum<br />
Jahressteuergesetz 2008 insgesamt 49 Än<strong>der</strong>ungen<br />
vorgesehen. Haben sich die Bedingungen<br />
innerhalb eines Jahres wirklich<br />
so dramatisch verän<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> waren<br />
die letzen Än<strong>der</strong>ungen vielleicht doch<br />
nicht so gemeint?<br />
Die Antwort auf diese Frage liefert das<br />
Finanzministerium unfreiwillig selbst. Die<br />
ebenfalls im Jahressteuergesetz 2008 geplante<br />
Än<strong>der</strong>ung des Missbrauchsparagraphen<br />
42 <strong>der</strong> Abgabenordnung sieht<br />
Allerdings muss sich ein Gesetz, das<br />
wie das Jahressteuergesetz 2008 über 200<br />
einzelne Steuerrechtsän<strong>der</strong>ungen enthält,<br />
solche Titel gefallen lassen. Hier finden<br />
sich viele Einzelgesetze, von A wie „Abgabenordnung“<br />
bis Z wie „Zweite <strong>Bund</strong>esmeldedatenübermittlungsverord-<br />
vor, dass ein <strong>Steuerzahler</strong> eine „ungewöhnliche<br />
rechtliche Gestaltung“ bei seinen<br />
Steuerangelegenheiten zu begründen<br />
habe.<br />
Diese vom <strong>Bund</strong> <strong>der</strong> <strong>Steuerzahler</strong> und<br />
an<strong>der</strong>en Verbänden strikt abgelehnte<br />
Umkehr <strong>der</strong> Beweislast offenbart vor allem<br />
eines: Das Finanzministerium misstraut<br />
offensichtlich <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> eigenen<br />
Gesetze. Da aufgrund <strong>der</strong> ständigen<br />
Än<strong>der</strong>ungen sogar die Finanzverwaltung<br />
selbst die Konsequenzen <strong>der</strong> erlassenen<br />
Gesetze nicht mehr überblickt,<br />
soll nun <strong>der</strong> <strong>Steuerzahler</strong> als unfreiwilliger<br />
Mitarbeiter zukünftig die „unerwünschten“<br />
Nebenwirkungen aufzeigen.<br />
Die Verschärfung <strong>der</strong> Abgabenordnung<br />
wäre gar nicht nötig, wenn sich <strong>der</strong> Gesetzgeber<br />
endlich darauf besinnen würde,<br />
einfache und klare Steuergesetze zu<br />
schaffen. Solange aber das Prinzip<br />
Jahressteuergesetz bedeutet, jedes Jahr<br />
die Steuergesetze aufs Neue umzugestalten,<br />
bleibt <strong>der</strong> Gesetzgeber weit davon<br />
entfernt.<br />
OS<br />
182 September 2007