Reihe SozNat*: Mythos Wissenschaft

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07.11.2014 Aufrufe

5 Vorbemerkungen Der naturwissenschaftliche Unterricht ist wie nie zuvor ins öffentliche Gerede gekommen. Wissenschaft und Wirtschaft machen sich Sorgen um ihren Nachwuchs, Politiker sehen die allgemeine "Akzeptanz" von Wissenschaft und Technik auf seiten der Jugend in Gefahr, und selbst die Standesvertreter der Naturwissenschaftspädagogen sprechen offen von einer "Krise" des naturwissenschaftlichen Unterrichts. Alle Klagen zielen im Endeffekt auf ein und denselben Punkt: Wenn wir unsere Zukunft nicht gefährden wollen, brauchen wir (noch) mehr naturwissenschaftlichen Unterricht. Damit droht indes der Bock zum Gärtner gemacht zu werden. Denn der "moderne" naturwissenschaftliche Unterricht ist an seiner Krise ganz wesentlich selber Schuld. Wie weit sich seine didaktische Gestaltung von der sozialen Wirklichkeit in Schule und Gesellschaft entfernt hat, das weist der vorliegende Sammelband unter den verschiedensten Aspekten auf. Seinen Autoren geht es dabei weniger um die Rehabilitation des naturwissenschaftlichen Unterrichts als vielmehr um die Rehabilitation der davon betroffenen Schüler, ihrer berechtigten Ansprüche und Bedürfnisse. Sämtliche Beiträge entstammen der Diskussion in und mit der Marburger Arbeitsgruppe Soznat, einer autonomen Initiative von Studenten, Lehrern und Bildungsforschern an der Universität Marburg, die sich seit 1978 mit den politisch-sozialen Aspekten der naturwissenschaftlichen Fächer beschäftigt. Hauptziel ihrer Arbeit ist es, genauere Kenntnis über die Wirklichkeit des Naturunterrichts, seine Folgen sowie seine gesellschaftliche Bedingtheit und Bedeutung zu gewinnen. Diesem Ziel dient neben diversen Projekten in Forschung und Lehre u. a. auch die Herausgabe der Zeitschrift "Soznat", deren zumeist rasch vergriffene Hefte die Grundlage der vorliegenden Aufsatzsammlung bilden. Allerdings war es auch nicht im entferntesten möglich, die Fülle der in Soznat angesprochenen Themen in einem einzigen Band anzugehen. Die vorliegende Dokumentation beschränkt sich daher bewußt auf das ursprüngliche Hauptanliegen von Soznat, die Kritik am wissenschaftsorientierten Naturunterricht. Die später hinzugekommenen Themen unserer Arbeit wie etwa die Geschichte, die politische Dimension und die Sozialpsychologie des naturwissenschaftlichen Unterrichts bleiben weiteren Sammelbänden vorbehalten. Auf drei Ebenen wird im folgenden die Wissenschaftsfixierung der herrschenden Naturwissenschaftspädagogik kritisiert: Auf der Ebene der didaktischen Zielvorgaben (erster und zweiter Beitrag), auf der Ebene der lehrbuchmäßig vorgegebenen Inhalte (dritter und vierter Beitrag) und auf der Ebene der Wirklichkeit und Wirksamkeit des Unterrichts (fünfter und sechster Beitrag). Mit dieser thematischen Abfolge folgt der Sammelband in etwa der Diskussion, wie sie innerhalb von Soznat abgelaufen ist: Vom Abstrak-

6 ten zum Konkreten, von der Theorie zur Empirie, von der Sinnkritik zur Wirklichkeitsanalyse des naturwissenschaftlichen Unterrichts. Lesen lassen sich die Beiträge allerdings besser in der umgekehrten Reihenfolge, von hinten nach vorn also. Im übrigen ist jeder einzelne Beitrag auch für sich allein verständlich - und dies, wie wir hoffen, nicht nur rur Fach-Leute, sondern auch und gerade für Kollegen aus anderen Fachrichtungen. Denn sie sind - wie es ja auch Wagenschein im abschließend wiedergegebenen Interview formuliert - zusammen mit den betroffenen Eltern und Schülern unsere Hauptansprechpartner in dem Versuch, aus der Auseinandersetzung mit den zunehmenden Entfremdungstendenzen des "modernen" Wissenschaftsunterrichts heraus Perspektiven für eine Veränderung zu entwickeln. Allen Freunden und Förderern von Soznat herzlichen Dank für ihre Hilfe und Unterstützung, die nicht zuletzt auch diesen Band überhaupt erst möglich gemacht hat. Unser besonderer Dank gilt indes Brigitte Barthmann, die unserer "ewigen Kritikasterei" stets eine wenigstens äußerlich ansprechende Form zu verleihen verstand. Marburg, im Mai 1982 Redaktion Soznat

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Vorbemerkungen<br />

Der naturwissenschaftliche Unterricht ist wie nie zuvor ins öffentliche Gerede<br />

gekommen. <strong>Wissenschaft</strong> und Wirtschaft machen sich Sorgen um ihren<br />

Nachwuchs, Politiker sehen die allgemeine "Akzeptanz" von <strong>Wissenschaft</strong><br />

und Technik auf seiten der Jugend in Gefahr, und selbst die Standesvertreter<br />

der Naturwissenschaftspädagogen sprechen offen von einer "Krise" des<br />

naturwissenschaftlichen Unterrichts. Alle Klagen zielen im Endeffekt auf<br />

ein und denselben Punkt: Wenn wir unsere Zukunft nicht gefährden wollen,<br />

brauchen wir (noch) mehr naturwissenschaftlichen Unterricht.<br />

Damit droht indes der Bock zum Gärtner gemacht zu werden. Denn der<br />

"moderne" naturwissenschaftliche Unterricht ist an seiner Krise ganz wesentlich<br />

selber Schuld. Wie weit sich seine didaktische Gestaltung von der<br />

sozialen Wirklichkeit in Schule und Gesellschaft entfernt hat, das weist<br />

der vorliegende Sammelband unter den verschiedensten Aspekten auf.<br />

Seinen Autoren geht es dabei weniger um die Rehabilitation des naturwissenschaftlichen<br />

Unterrichts als vielmehr um die Rehabilitation der davon<br />

betroffenen Schüler, ihrer berechtigten Ansprüche und Bedürfnisse.<br />

Sämtliche Beiträge entstammen der Diskussion in und mit der Marburger<br />

Arbeitsgruppe Soznat, einer autonomen Initiative von Studenten, Lehrern<br />

und Bildungsforschern an der Universität Marburg, die sich seit 1978<br />

mit den politisch-sozialen Aspekten der naturwissenschaftlichen Fächer beschäftigt.<br />

Hauptziel ihrer Arbeit ist es, genauere Kenntnis über die Wirklichkeit<br />

des Naturunterrichts, seine Folgen sowie seine gesellschaftliche<br />

Bedingtheit und Bedeutung zu gewinnen. Diesem Ziel dient neben diversen<br />

Projekten in Forschung und Lehre u. a. auch die Herausgabe der Zeitschrift<br />

"Soznat", deren zumeist rasch vergriffene Hefte die Grundlage der vorliegenden<br />

Aufsatzsammlung bilden.<br />

Allerdings war es auch nicht im entferntesten möglich, die Fülle der in<br />

Soznat angesprochenen Themen in einem einzigen Band anzugehen. Die vorliegende<br />

Dokumentation beschränkt sich daher bewußt auf das ursprüngliche<br />

Hauptanliegen von Soznat, die Kritik am wissenschaftsorientierten<br />

Naturunterricht. Die später hinzugekommenen Themen unserer Arbeit wie<br />

etwa die Geschichte, die politische Dimension und die Sozialpsychologie<br />

des naturwissenschaftlichen Unterrichts bleiben weiteren Sammelbänden<br />

vorbehalten.<br />

Auf drei Ebenen wird im folgenden die <strong>Wissenschaft</strong>sfixierung der herrschenden<br />

Naturwissenschaftspädagogik kritisiert: Auf der Ebene der didaktischen<br />

Zielvorgaben (erster und zweiter Beitrag), auf der Ebene der lehrbuchmäßig<br />

vorgegebenen Inhalte (dritter und vierter Beitrag) und auf der<br />

Ebene der Wirklichkeit und Wirksamkeit des Unterrichts (fünfter und sechster<br />

Beitrag). Mit dieser thematischen Abfolge folgt der Sammelband in etwa<br />

der Diskussion, wie sie innerhalb von Soznat abgelaufen ist: Vom Abstrak-

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