Reihe SozNat*: Mythos Wissenschaft
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In dieser Situation geht es nun darum, alle Möglichkeiten zur Wiederherstellung<br />
der allgemeinen Fortschritts- und <strong>Wissenschaft</strong>s-"Akzeptanz" zu<br />
nutzen. Dem Bildungssystem kommt hierzu insofern eine besondere Bedeutung<br />
zu, als es vor allem die schulische und studentische Jugend ist, die<br />
in der Öffentlichkeit besonders engagiert gegen die technologischen Auswüchse<br />
des Systems auftritt. Von daher ist es nur konsequent, wenn sich<br />
Industrie und <strong>Wissenschaft</strong> für die Ausweitung der naturwissenschaftlichen<br />
Fächer stark machen, sind die Naturwissenschaftslehrer doch schon seit<br />
eh und je die zuverlässigsten Propagandisten des wissenschaftlich-technischen<br />
Fortschritts. Ihre ideologische Zuliefererfunktion ist in der gegenwärtigen<br />
Akzeptanzkrise um so unersetzbarer, als nur sie über den scheinobjektiven<br />
Gestus des allein der Sache verpflichteten Gewährsmannes verfUgen.<br />
Naturwissenschaftlicher Unterricht als zielgruppengerechte (und überdies<br />
kostenlose) public-relation-Agentur des wissenschaftlich-industriellen<br />
Komplexes - so etwa ließen sich die diesbezüglichen Interessen der "Bündnispartner"<br />
auf den Begriff bringen.<br />
In welchem Maße die Naturwissenschaftslehrer diese von ihnen bislang<br />
mehr oder weniger unbewußt übernommene Rolle tatsächlich auch bewußt<br />
akzeptieren, steht dahin. Der damit verbundene Prestigezuwachs, sowohl<br />
innerhalb der Schule als auch im Rahmen einer wohlstandsfixierten Öffentlichkeit,<br />
ist natürlich verlockend. Andererseits stehen sie gegenüber den<br />
Schülern in der Gefahr, mit dieser Art von "<strong>Wissenschaft</strong>sorientierung" ihre<br />
Glaubwürdigkeit vollends aufs Spiel zu setzen. Wurden sie bisher als vielleicht<br />
etwas weltfremde, aber leidenschaftliche Naturforscherseelen mehr<br />
oder weniger akzeptiert, so geraten sie jetzt in die Rolle von Systemapologeten,<br />
von Propagandisten einer immer unhaltbareren technokratischen<br />
Ideologie.<br />
Auch wenn es ihnen sicherlich nicht gefallen wird: Um eine politische<br />
Entscheidung zwischen Ideologie und Glaubwürdigkeit und damit letztlich<br />
zwischen <strong>Wissenschaft</strong> und Schüler kommen sie diesmal nicht herum.<br />
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