hgk Z intern interviews mit giaco schiesser und frédéric dedelley auf ...
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<strong>hgk</strong>z<strong>intern</strong>3/07<br />
Die Fotografieausbildung der <strong>hgk</strong>z wurde kürzlich im<br />
Zusammenhang <strong>mit</strong> der Publikation von „Photography,<br />
Made in Zurich“ in den Medien gewürdigt, aber auch als<br />
selbstbezogen hinterfragt.<br />
Der Vorwurf wurde nicht gegenüber der Ausbildung erhoben.<br />
Er zielt dar<strong>auf</strong>, dass die Studierenden sehr selbstbezogene<br />
Arbeiten produzieren. Da für die Ausbildung in<br />
der Vertiefung Fotografie wie im gesamten Departement<br />
Kunst & Medien die Autorschaft zentral ist, die Studierenden<br />
also eigene Themen <strong>und</strong> Fragestellungen experimentell<br />
erarbeiten, ist die eigentlich interessante Frage: Wieso ist<br />
heute die Welt im Kleinen, Nahen, Privaten für die Studierenden<br />
so überaus interessant? Eine wichtige Rolle spielt<br />
sicher die Tatsache, dass Fotografie zusammen <strong>mit</strong> Video<br />
nach wie vor ein für junge Frauen sehr interessantes Medium<br />
ist. Und für viele unserer Studentinnen – das wäre eine<br />
meiner Vermutungen – ist die Auseinandersetzung <strong>mit</strong> dem<br />
eigenen Körper, die seit den 70er-Jahren nicht nur verschiedene<br />
Genderdiskurse prägt, ein zentrales Thema.<br />
Die in der „NZZ“ <strong>und</strong> im „Tages-Anzeiger“ gleichermassen<br />
geforderte „Gesellschaftlichkeit“ der Themen macht sich<br />
nicht daran fest, ob jemand grosse oder gerade politisch<br />
aktuelle Themen auswählt, sondern wie er oder sie <strong>mit</strong><br />
dem Thema umgeht. Andererseits würde auch ich mir ein<br />
breiteres Interessenspektrum <strong>und</strong> grössere Dinglichkeiten<br />
wünschen. Man merkt überall, an allen Kunsthochschulen<br />
der Schweiz, im Film, in der Fotografie, in der Bildenden<br />
Kunst, am wenigsten vielleicht bei den Neuen Medien:<br />
Dreck, Ironie, Witz, Sarkasmus, Schräges, Frivoles usw.,<br />
dies alles findet sich selten. Ob hier ein Wandel stattfinden<br />
wird, lässt sich nicht voraussagen. Ich denke, die gewählten<br />
Themen <strong>und</strong> der künstlerische Umgang da<strong>mit</strong> hängen<br />
stark <strong>mit</strong> den kulturellen Rahmenbedingungen zusammen,<br />
in denen unsere Studierenden <strong>auf</strong>wachsen. Ausserdem ist<br />
Zürich, verglichen <strong>mit</strong> Paris, Berlin oder London, keine<br />
Metropole. Da finden andere, härtere Formen kulturellen<br />
Aufeinanderprallens, des Lebens <strong>und</strong> auch andere Auseinandersetzungen<br />
statt.<br />
Der Studiengang Film wird aus Ihrem Departement herausgelöst.<br />
Tut Ihnen der Abschied weh?<br />
Es ist ja kein Geheimnis: Ich habe mich dafür stark gemacht,<br />
dass der Studiengang Film beim Departement Kunst & Medien<br />
bleibt. Ausbildungspolitisch gab es gute Gründe, so oder<br />
so zu verfahren. Die Entscheidung für eine Verschiebung ins<br />
Departement Darstellende Künste bedeutet auch, den Film<br />
im fiktionalen <strong>und</strong> dokumentarischen narrativen Bereich<br />
zu stärken. Gleichzeitig ist klar, dass ein Departement <strong>mit</strong><br />
dem Namen Kunst & Medien nicht <strong>auf</strong> eines der Leitmedien<br />
des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts verzichten kann. Ab Herbstsemester<br />
2008/2009 wird es bei uns Film als Time-based Art geben,<br />
deren Fokus <strong>auf</strong> andere Felder <strong>und</strong> Formen gerichtet sein<br />
wird. Die Hoffnung ist, dass da<strong>mit</strong> der Vielfalt filmischer<br />
Formate an der ZHdK Rechnung getragen werden kann <strong>und</strong><br />
auch departementsübergreifende Schnittstellen zwischen<br />
den Studiengängen Fine Arts <strong>und</strong> Film bespielt <strong>und</strong> erprobt<br />
werden können. Schon heute führen die beiden Studiengänge<br />
ein erstes gemeinsames Praxismodul durch.<br />
Sie sind auch verantwortlich für das Dossier Lehre an der<br />
ZHdK. Was ist Ihre Aufgabe?<br />
Die inhaltliche Entwicklung der Lehre findet, wie diejenige<br />
der Forschung, nicht in den Dossiers sondern in den fünf<br />
Departementen statt. Der Dossierverantwortliche <strong>und</strong> die<br />
Dossierleitung haben eine koordinierende, moderierende<br />
<strong>und</strong> motivierende Funktion. Im Dossier Lehre sind die<br />
Haupt<strong>auf</strong>gaben in der l<strong>auf</strong>enden Phase bis Ende 2007:<br />
das Ausarbeiten von jetzigen <strong>und</strong> dereinst interessanten<br />
Schnittstellen aller Bachelor- <strong>und</strong> zukünftiger Masterangebote.<br />
Zum Dossier gehören drei Kommissionen: IT-Lehre, E-<br />
Learning <strong>und</strong> Z-Module. Ihre Prioritäten bis Ende 2007 sind:<br />
Rahmenplanung <strong>und</strong> Sicherstellung der technologischen<br />
Infrastruktur für die Lehre, Erarbeitung einer ZHdK-Strategie<br />
für das E-Learning <strong>und</strong> die strategische Rahmenplanung<br />
der ZHdK-weiten Unterrichtsmodule für den Bachelor.<br />
Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen für die ZHdK in<br />
den kommenden Jahren?<br />
Die Zürcher Hochschule der Künste ist die zweit- oder drittgrösste<br />
Kunsthochschule im deutschsprachigen Raum. Es<br />
besteht die Gefahr, dass sie ein „Tanker“ wird. Und Tanker<br />
sind – wie Peter Glotz, der einstige Vordenker der SPD, festgestellt<br />
hat – schwerfällig <strong>und</strong> nicht leicht zu steuern. Diesen<br />
Riesentanker sollten wir gar nicht erst entstehen lassen,<br />
sonst würden wir schnell manövrierunfähig. Wir brauchen<br />
eher eine Art Flottenverband <strong>mit</strong> Tankschiffen, Flugzeugen,<br />
subversiven Unterseebooten, <strong>mit</strong> schnellen Katamaranen<br />
<strong>und</strong> Fregatten – <strong>und</strong> selbstverständlich auch Lastkänen.<br />
Auf welchem dieser ZHdK-Flottenschiffe würden Sie sitzen?<br />
Die Kunst? Vorzugsweise in Drohnen, <strong>auf</strong> Fregatten, in U-<br />
Booten.<br />
Und wer hält die Flotte <strong>auf</strong> Kurs?<br />
Geführt wird der ganze Flottenverband von der Hochschulleitung.<br />
Ein Flottenverband ist zugleich <strong>auf</strong> eine gute<br />
Orchestrierung verteilter Leitungskompetenzen angewiesen.<br />
Das Modell, das wir <strong>auf</strong> der Stufe der Hochschulleitung<br />
erproben, ist einmalig – ich kenne keine Kunsthochschule,<br />
in der die oberste Ebene der Schulleitung neben dem Rektor<br />
<strong>und</strong> dem Verwaltungsdirektor von den Departementsleitungen<br />
gebildet wird, die selber lehren <strong>und</strong>/oder forschen.<br />
Ich halte es für einen interessanten Versuch, nicht wie die<br />
meisten Hochschulen <strong>mit</strong> dem Modell der Prorektoren zu<br />
fahren. Ob der Versuch gelingt, werden die nächsten Jahre<br />
zeigen.<br />
Was wäre Ihr Slogan für die ZHdK?<br />
Differenzen <strong>und</strong> Reibung. Für die Weiterentwicklung der<br />
ZHdK müssen wir die unterschiedlichen Geschichten <strong>und</strong><br />
Praxen der Studiengänge <strong>und</strong> Institute im Auge behalten.<br />
Unsere Stärke liegt in der Differenz, genauer: in der produktiven<br />
Reibung dieser Differenzen, deren Ziel nicht die<br />
Vereinheitlichung, sondern der unabschliessbare Dialog ist.<br />
Das Potenzial der ZHdK schlummert in einem Paradoxon:<br />
Ihre Differenzen sind zugleich Voraussetzung <strong>und</strong> Ziel einer<br />
lebendigen ZHdK.<br />
Prof. Giaco Schiesser ist Dozent für Media Culture Studies <strong>und</strong> Leiter<br />
Departement Medien & Kunst an der <strong>hgk</strong>z. Seit den 1980er-Jahren zahlreiche<br />
Veröffentlichungen zu Medien-, Subjekt- <strong>und</strong> Kulturtheorie, Medienästhetik,<br />
Medienkunst, Literatur, Demokratie, Öffentlichkeiten <strong>und</strong> Alltagskultur.<br />
An der <strong>hgk</strong>z seit 1994. 1998 Mitbegründer des Studienbereichs Neue Medien,<br />
seit 2002 Departementsleiter. Er ist Mitglied der designierten Schulleitung der<br />
Zürcher Hochschule der Künste.<br />
Weitere Informationen zum Departement Medien & Kunst unter<br />
http://dmk.<strong>hgk</strong>z.ch.<br />
* Adriana Bognar ist Mitarbeiterin der Stabsstelle HMT (adriana.bognar@hmt.<br />
edu) <strong>und</strong> Heike Pohl ist Leiterin Kommunikation <strong>hgk</strong>z (heike.pohl@<strong>hgk</strong>z.ch).