hgk Z intern interviews mit giaco schiesser und frédéric dedelley auf ...

hgk Z intern interviews mit giaco schiesser und frédéric dedelley auf ... hgk Z intern interviews mit giaco schiesser und frédéric dedelley auf ...

07.11.2014 Aufrufe

0 hgkzintern3/07 kunst unsere stärke liegt in der produktiven reibung unserer differenzen Giaco Schiesser, Philosoph und Kulturwissenschaftler, wünscht sich Laboratorien und Denkräume für künstlerisches Experimentieren und Chaos. Dass darin auch Subversives Platz haben soll, darf einen bei ihm, der wie kein anderer für den Eigensinn plädiert, nicht wundern. Giaco Schiesser leitet das Departement Kunst & Medien und ist Mitglied der designierten Schulleitung der ZHdK. Die Fragen stellten Heike Pohl und Adriana Bognar*, Foto: Regula Bearth „Für alles bleibt keine Zeit, also wähle aus“, zitieren Sie in einer Publikation den römischen Staatsmann Sulla. Wofür nehmen Sie sich Zeit? Zurzeit nehme ich mir keine Zeit, die Zeit hat mich. Wir haben vier Grossbaustellen an der ZHdK: die Bachelor- Umsetzung und -weiterkonzipierung, die Masterkonzipierung, das produktive Zusammenkommen von hgkz und HMT zur Zürcher Hochschule der Künste und die Baustelle Campus, das Toni-Areal. Das „Zurzeit“ wird noch etwas dauern. Die Empfehlung von Sulla ist eine vielleicht nützliche Handlungsmaxime für die Studierenden einer Kunsthochschule. Diese sind grundsätzlich neugierig, interessieren sich für viele Dinge, durchlaufen während des Studiums aber einen Prozess, in dem sie sich entscheiden müssen, wo sie in die Breite arbeiten und wo sie sich vertiefen wollen. Ein breiter Horizont und ein hartnäckiges Sich-Vertiefen sind unabdingbar für eine künstlerische Haltung. Vom Philosophiestudium zum Professor für Media Culture Studies – hatten Sie dieses Ziel immer im Visier? Selbstverständlich … „Krumme Lebensläufe“ sind nicht untypisch für Menschen, die wie ich Philosophie, Literaturwissenschaften oder andere Geisteswissenschaften in den 70er- und 80er-Jahren studiert haben. Es war ein Studium der Musse, der angeregten Diskussionen und hitzigen Debatten in einem. Die Folgen bestanden unter anderem in mannigfaltigen Interessen und vielfältigen Anschlussmöglichkeiten. Wichtig war für mich, dass ich schon sehr bald, Ende der 80er-Jahre während eines Studiensemesters an der Universität in Berkley, USA, Frühformen des Internets kennengelernt habe. Ich wusste, dass die Digitalisierung der Gesellschaft einen Einschnitt bedeutet, der historisch nur mit der Erfindung des Buchdrucks vergleichbar ist, also mit umfassenden ökonomischen, politischen und kulturellen Umbrüchen und Verwerfungen einhergeht. Für meine heutige Professur für Media Culture Studies war die Gründung des Studienbereichs Neue Medien an der hgkz entscheidend, den ich 1996/1997 mit Walter Stulzer konzipiert und 1998 mit der Künstlergruppe Knowbotic Research und der Künstlerin Margarethe Jahrmann weiterentwickelt und umgesetzt habe. Welche Kompetenzen werden an einer Kunsthochschule genau ausgebildet? Alle Kompetenzen, die nötig sind, um künstlerisch tätig zu sein: Neugier, Eigensinnigkeit, Haltung, „feu sacré“ für Fragen, Themen und Interessen, Hartnäckigkeit, Durchhaltevermögen, Kritikfähigkeit, Krisenbereitschaft und Krisenstandfestigkeit … Wie ist die Ausrichtung des Departements Kunst & Medien in der Zürcher Hochschule der Künste? Das Departement Kunst & Medien muss vor allem eines sein: ein Ermöglichungsraum im emphatischen Sinne – ein dichter Raum, verstanden als vielfältig vernetzter, verschwenderischer Experimentier-, Diskussions- und Produktionsraum. Es soll eine alchemistische Situation entstehen, eine Stätte des Stattfindens, wo Experimentierlust, methodische Strenge, spekulatives Denken und Chaos produktiv aufeinanderprallen. Damit ein solch dichter Raum tatsächlich entsteht, müssen drei Bedingungen erfüllt sein: Es braucht Lehrende mit prägnanten, unterschiedlichen Haltungen und unterschiedlichen Kompetenzen – Künstlerinnen, Technologen, Theoretikerinnen. Verschiedenartige Räume müssen zur Verfügung stehen: klassische Werkstätten, Ateliers, Laboratorien, individuelle Arbeitsplätze, Denkräume, Ausstellungsräume, Free-floating-Räume. Und für die jeweiligen künstlerischen Arbeiten sind adäquate Apparate und Technologien nötig. Gerade in der heutigen Epoche der postindustriellen Gesellschaft geht es darum, zwei Extreme zusammenzubringen: die spriessende Fantasie und die planbare Technologie, ohne das eine dem anderen zu unterwerfen. Wo viel experimentiert wird, scheitert man auch oft. Gibt es einen Umgang mit dem Scheitern? Das In-Krisen-Stürzen und das Scheitern sind sich wiederholende Bestandteile der Kunstausbildung – wie eines Künstlerlebens insgesamt. In Erstsemestereinführungen konfrontiere ich die Studierenden mit der Aussage: Wer in den ersten Semestern nicht in eine Krise gerät, die einen durchschüttelt, ist in einer Kunsthochschule am falschen Ort. Krise und Gelingen, Verzweifeln und Glücksgefühl sind – bestenfalls – ein wechselseitiger und unabschliessbarer Prozess. Eigene Fragestellungen, Themen und Obsessionen ausbilden und diese beharrlich verfolgen, sich immer wieder neu erfinden: Das ist ohne Krisen nicht zu haben. Strategien entwickeln, wie man aus Krisen und dem Scheitern lernt, ist eine entscheidende Qualifikation, die wir den Studierenden – und vielleicht noch wichtiger: sie sich selbst – beizubringen versuchen. Wenn das Chaos gesucht ist, wo ist die Heimat? Wo sind die Wurzeln, die diese jungen Menschen spüren sollen? Das Wort „Heimat“ im Zusammenhang mit einer Kunsthochschule verwende ich nicht. Es steht auf meiner persönlichen schwarzen Liste der zu vermeidenden Begriffe, weil es im Alltagsverständnis so sehr mit dem Momentum der Kontinuität imprägniert und ihm ein positives Verständnis von Umbrüchen und Zäsuren vollkommen fremd ist. Was eine Kunsthochschule den Studierenden heute bieten sollte, ist nicht Heimat, sondern der beschriebene „dichte Raum“, in dem das Fremde, andere zentral ist. Was passiert in diesem Raum? Ein Sich-Aussetzen. Und wenn ich mich aussetze, weiss ich nicht schon zuvor, was danach sein wird. Eine sinnvolle Beschreibung von Künstlersein heisst: Grenzen sprengen – neue Terrains erkunden, um deren Grenzen

hgkzintern3/07 0 erneut zu sprengen usw. Das ist eine Haltung, eine Art von kunstadäquater Flexibilisierung, die unsere Studierenden hoffentlich entwickeln. Was verstehen Sie unter dem Eigensinn der Medien in den Künsten? Mit Medien kann man auf zwei Arten umgehen: Entweder sie werden als Werkzeuge verstanden oder als Medien. Ein Medium als Werkzeug verwenden heisst, ich setze es als neutrales Mittel ein, um bestimmte Zwecke zu erreichen. Wenn ich etwa einen Text schreiben will, benutze ich dafür den Computer, und dieser soll so funktionieren, dass mein Text beim Drucken wirklich so herauskommt, wie ich ihn geschrieben habe. Ziel ist nicht, dass der Computer mit mir seine Sperenzchen treibt. Nutze ich den Computer oder die Sprache aber als Medium, so denke ich darüber nach und experimentiere damit, was ich mit ihnen sonst noch alles machen kann (und was sie mit mir machen). Sie interessieren gerade in ihrer Eigengesetzlichkeit. Zum Beispiel setze ich mich mit dem binären Code oder der Sprache auseinander. Im besten Fall entsteht dann Kunst bzw. Literatur. Der „Eigensinn des Mediums“ erfasst genau dieses Potenzial, diese widerspenstigen Mucken. Vom Eigensinn des Mediums reden heisst, dessen Medialität in Rechnung zu stellen. „Die Schreibmaschine schreibt mit an unseren Gedanken“, formulierte Friedrich Nietzsche schon vor mehr als 100 Jahren diese Erfahrung. In Ihrem Departement sind Studierende der Bildenden Kunst und der Neuen Medien unter einem Dach. Reden sie auch miteinander? Selbstverständlich reden sie miteinander. Sie reden aber auch nicht miteinander. Dieses Miteinanderreden oder Nichtmiteinanderreden verläuft nicht entlang der Vertiefungen, sondern quer dazu. Was die Studierenden zusammenbringt, ist das Studium im gleichen Bachelor-Studiengang Medien & Kunst. In den ersten drei Semestern belegen sie die Vertiefungsrichtungen Bildende Kunst, Neue Medien, Theorie oder Fotografie, und ab dem vierten Semester studieren sie in einem gemischten, offenen Feld. Die ersten Bachelor-Studierenden sind jetzt im vierten Semester, und die von uns erhoffte Situation ist erfreulicherweise heute schon Realität: Ein gemeinsames künstlerisches Projekt von Studierenden mit Schwerpunkt Bildende Kunst und Fotografie zum Beispiel zeigt den Teilnehmenden nicht nur Unterschiede der Wahrnehmung, sondern vermittelt ihnen auch, wie diese wechselseitig fruchtbar werden. Wer hat nach dem Studium Chancen, in der Gesellschaft zu reüssieren? Alle. Wir bilden Leute aus, die einen Bezug zur Gesellschaft haben und ihn reflektieren. Menschen, die diese Gesellschaft mit ihren Kunstwerken voranbringen: mal ganz offensichtlich, mal sehr vermittelt, mal werden die Auswirkungen gar nicht oder erst Jahre später wahrgenommen. Eine Gesellschaft, die nur nach Rationalitätskriterien funktioniert, ist eine uninteressante Gesellschaft. Wir bilden Autorinnen und Autoren aus, die individuell oder in Teams eigene Fragen stellen, ihnen künstlerisch nachgehen und entsprechende Arbeiten mit ihrer persönlichen Handschrift schaffen. Einige davon werden sich nach dem Studium als „KünstlerInnen“ im herkömmlichen Sinne, andere als „Artists“ in einem breiteren Sinne verstehen. Interessant ist, dass man sich eine vergleichbare Frage beispielsweise bei der Philosophieausbildung nicht stellt. Dort ist anerkannt, dass nicht jede Person, die Philosophie studiert hat, Philosophin oder Philosoph im engen Sinne wird, sondern dass Philosophinnen und Philosophen an unterschiedlichen Orten der Gesellschaft Sinn machen und dringend gebraucht werden. Gleiches gilt es mit Gelassenheit für die Kunstausbildung zu fordern. Künstlerinnen und Künstler werden an vielen Orten in der Gesellschaft gebraucht. Zumindest, wenn es eine lebenswerte Gesellschaft sein soll.

0<br />

<strong>hgk</strong>z<strong>intern</strong>3/07<br />

kunst<br />

unsere stärke liegt in der<br />

produktiven reibung<br />

unserer differenzen<br />

Giaco Schiesser, Philosoph <strong>und</strong> Kulturwissenschaftler,<br />

wünscht sich Laboratorien <strong>und</strong><br />

Denkräume für künstlerisches Experimentieren<br />

<strong>und</strong> Chaos. Dass darin auch Subversives<br />

Platz haben soll, darf einen bei ihm, der wie<br />

kein anderer für den Eigensinn plädiert,<br />

nicht w<strong>und</strong>ern. Giaco Schiesser leitet das<br />

Departement Kunst & Medien <strong>und</strong> ist Mitglied<br />

der designierten Schulleitung der ZHdK.<br />

Die Fragen stellten Heike Pohl <strong>und</strong> Adriana<br />

Bognar*, Foto: Regula Bearth<br />

„Für alles bleibt keine Zeit, also wähle aus“, zitieren Sie in<br />

einer Publikation den römischen Staatsmann Sulla. Wofür<br />

nehmen Sie sich Zeit?<br />

Zurzeit nehme ich mir keine Zeit, die Zeit hat mich. Wir<br />

haben vier Grossbaustellen an der ZHdK: die Bachelor-<br />

Umsetzung <strong>und</strong> -weiterkonzipierung, die Masterkonzipierung,<br />

das produktive Zusammenkommen von <strong>hgk</strong>z <strong>und</strong><br />

HMT zur Zürcher Hochschule der Künste <strong>und</strong> die Baustelle<br />

Campus, das Toni-Areal. Das „Zurzeit“ wird noch etwas<br />

dauern.<br />

Die Empfehlung von Sulla ist eine vielleicht nützliche Handlungsmaxime<br />

für die Studierenden einer Kunsthochschule.<br />

Diese sind gr<strong>und</strong>sätzlich neugierig, interessieren sich für<br />

viele Dinge, durchl<strong>auf</strong>en während des Studiums aber einen<br />

Prozess, in dem sie sich entscheiden müssen, wo sie in die<br />

Breite arbeiten <strong>und</strong> wo sie sich vertiefen wollen. Ein breiter<br />

Horizont <strong>und</strong> ein hartnäckiges Sich-Vertiefen sind unabdingbar<br />

für eine künstlerische Haltung.<br />

Vom Philosophiestudium zum Professor für Media Culture<br />

Studies – hatten Sie dieses Ziel immer im Visier?<br />

Selbstverständlich … „Krumme Lebensläufe“ sind nicht<br />

untypisch für Menschen, die wie ich Philosophie, Literaturwissenschaften<br />

oder andere Geisteswissenschaften in<br />

den 70er- <strong>und</strong> 80er-Jahren studiert haben. Es war ein Studium<br />

der Musse, der angeregten Diskussionen <strong>und</strong> hitzigen<br />

Debatten in einem. Die Folgen bestanden unter anderem in<br />

mannigfaltigen Interessen <strong>und</strong> vielfältigen Anschlussmöglichkeiten.<br />

Wichtig war für mich, dass ich schon sehr bald,<br />

Ende der 80er-Jahre während eines Studiensemesters an<br />

der Universität in Berkley, USA, Frühformen des Internets<br />

kennengelernt habe. Ich wusste, dass die Digitalisierung<br />

der Gesellschaft einen Einschnitt bedeutet, der historisch<br />

nur <strong>mit</strong> der Erfindung des Buchdrucks vergleichbar ist,<br />

also <strong>mit</strong> umfassenden ökonomischen, politischen <strong>und</strong> kulturellen<br />

Umbrüchen <strong>und</strong> Verwerfungen einhergeht. Für<br />

meine heutige Professur für Media Culture Studies war die<br />

Gründung des Studienbereichs Neue Medien an der <strong>hgk</strong>z<br />

entscheidend, den ich 1996/1997 <strong>mit</strong> Walter Stulzer konzipiert<br />

<strong>und</strong> 1998 <strong>mit</strong> der Künstlergruppe Knowbotic Research<br />

<strong>und</strong> der Künstlerin Margarethe Jahrmann weiterentwickelt<br />

<strong>und</strong> umgesetzt habe.<br />

Welche Kompetenzen werden an einer Kunsthochschule<br />

genau ausgebildet?<br />

Alle Kompetenzen, die nötig sind, um künstlerisch tätig<br />

zu sein: Neugier, Eigensinnigkeit, Haltung, „feu sacré“ für<br />

Fragen, Themen <strong>und</strong> Interessen, Hartnäckigkeit, Durchhaltevermögen,<br />

Kritikfähigkeit, Krisenbereitschaft <strong>und</strong> Krisenstandfestigkeit<br />

…<br />

Wie ist die Ausrichtung des Departements Kunst & Medien in<br />

der Zürcher Hochschule der Künste?<br />

Das Departement Kunst & Medien muss vor allem eines<br />

sein: ein Ermöglichungsraum im emphatischen Sinne – ein<br />

dichter Raum, verstanden als vielfältig vernetzter, verschwenderischer<br />

Experimentier-, Diskussions- <strong>und</strong> Produktionsraum.<br />

Es soll eine alchemistische Situation entstehen,<br />

eine Stätte des Stattfindens, wo Experimentierlust,<br />

methodische Strenge, spekulatives Denken <strong>und</strong> Chaos produktiv<br />

<strong>auf</strong>einanderprallen. Da<strong>mit</strong> ein solch dichter Raum<br />

tatsächlich entsteht, müssen drei Bedingungen erfüllt sein:<br />

Es braucht Lehrende <strong>mit</strong> prägnanten, unterschiedlichen<br />

Haltungen <strong>und</strong> unterschiedlichen Kompetenzen – Künstlerinnen,<br />

Technologen, Theoretikerinnen. Verschiedenartige<br />

Räume müssen zur Verfügung stehen: klassische Werkstätten,<br />

Ateliers, Laboratorien, individuelle Arbeitsplätze,<br />

Denkräume, Ausstellungsräume, Free-floating-Räume. Und<br />

für die jeweiligen künstlerischen Arbeiten sind adäquate<br />

Apparate <strong>und</strong> Technologien nötig.<br />

Gerade in der heutigen Epoche der postindustriellen Gesellschaft<br />

geht es darum, zwei Extreme zusammenzubringen:<br />

die spriessende Fantasie <strong>und</strong> die planbare Technologie,<br />

ohne das eine dem anderen zu unterwerfen.<br />

Wo viel experimentiert wird, scheitert man auch oft. Gibt es<br />

einen Umgang <strong>mit</strong> dem Scheitern?<br />

Das In-Krisen-Stürzen <strong>und</strong> das Scheitern sind sich wiederholende<br />

Bestandteile der Kunstausbildung – wie eines<br />

Künstlerlebens insgesamt. In Erstsemestereinführungen<br />

konfrontiere ich die Studierenden <strong>mit</strong> der Aussage: Wer in<br />

den ersten Semestern nicht in eine Krise gerät, die einen<br />

durchschüttelt, ist in einer Kunsthochschule am falschen<br />

Ort. Krise <strong>und</strong> Gelingen, Verzweifeln <strong>und</strong> Glücksgefühl sind –<br />

bestenfalls – ein wechselseitiger <strong>und</strong> unabschliessbarer<br />

Prozess.<br />

Eigene Fragestellungen, Themen <strong>und</strong> Obsessionen ausbilden<br />

<strong>und</strong> diese beharrlich verfolgen, sich immer wieder neu<br />

erfinden: Das ist ohne Krisen nicht zu haben. Strategien<br />

entwickeln, wie man aus Krisen <strong>und</strong> dem Scheitern lernt, ist<br />

eine entscheidende Qualifikation, die wir den Studierenden –<br />

<strong>und</strong> vielleicht noch wichtiger: sie sich selbst – beizubringen<br />

versuchen.<br />

Wenn das Chaos gesucht ist, wo ist die Heimat? Wo sind die<br />

Wurzeln, die diese jungen Menschen spüren sollen?<br />

Das Wort „Heimat“ im Zusammenhang <strong>mit</strong> einer Kunsthochschule<br />

verwende ich nicht. Es steht <strong>auf</strong> meiner persönlichen<br />

schwarzen Liste der zu vermeidenden Begriffe, weil<br />

es im Alltagsverständnis so sehr <strong>mit</strong> dem Momentum der<br />

Kontinuität imprägniert <strong>und</strong> ihm ein positives Verständnis<br />

von Umbrüchen <strong>und</strong> Zäsuren vollkommen fremd ist.<br />

Was eine Kunsthochschule den Studierenden heute bieten<br />

sollte, ist nicht Heimat, sondern der beschriebene „dichte<br />

Raum“, in dem das Fremde, andere zentral ist. Was passiert<br />

in diesem Raum? Ein Sich-Aussetzen. Und wenn ich mich<br />

aussetze, weiss ich nicht schon zuvor, was danach sein wird.<br />

Eine sinnvolle Beschreibung von Künstlersein heisst: Grenzen<br />

sprengen – neue Terrains erk<strong>und</strong>en, um deren Grenzen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!