hgk Z intern interviews mit giaco schiesser und frédéric dedelley auf ...
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18 <strong>hgk</strong>z<strong>intern</strong>3/07<br />
medien<br />
bloggen in der lehre<br />
Ist das neue Medium des Bloggens nur eine<br />
mediale Begleiterscheinung des Unterrichts<br />
oder kann es die Lehre neu strukturieren?<br />
Was tun <strong>mit</strong> all dem Gesammelten nach<br />
90 Minuten? Versuchen, sich darin zurechtzufinden,<br />
oder einfach vorüberziehen lassen?<br />
Monika Schmidt* berichtet über erste Blog-<br />
Erfahrungen am Beispiel der Vorlesung „Magie,<br />
Mythos, Mischwesen“ von Nils Röller*.<br />
Zwei bis vier Studierende haben jeweils die Aufgabe, sich<br />
<strong>mit</strong> der Thematik des aktuellen Vorlesungsabends vertieft<br />
auseinanderzusetzen <strong>und</strong> ihre Ergebnisse im vorlesungseigenen<br />
Blog festzuhalten. Benutzt wird immer auch wieder<br />
mal die Quelle Wikipedia – „copypaste“; es scheint nicht<br />
ohne Abstützung <strong>auf</strong> Ungestütztes zu gehen. Wenn doch<br />
nur wenigstens der Schrifttyp angepasst würde …<br />
Unterschiedliche Wahrnehmungen<br />
Durch die Einträge im Blog haben die Studierenden – <strong>und</strong><br />
der Dozent – die Möglichkeit, im L<strong>auf</strong>e der Woche nachzulesen,<br />
was andere an der Vorlesung interessiert <strong>und</strong> was sich<br />
bei ihnen festgesetzt hat, um vielleicht festzustellen, dass<br />
dies gar nicht den eigenen Eindrücken des betreffenden<br />
Abends entspricht. Das Vorgetragene wird – mal mehr, mal<br />
weniger – <strong>mit</strong> einer subjektivierten Haltung <strong>auf</strong>genommen,<br />
was sich auch in der formalen Vielfalt der Blogeinträge<br />
Illustration: Monika Schmidt<br />
widerspiegelt. Daraus kann die Erkenntnis gezogen werden,<br />
dass Wissen nicht als eine verdichtete Wiedergabe von Tatsachen<br />
zu verstehen ist, unabhängig davon, welche Person<br />
sich da<strong>mit</strong> auseinandersetzt. Der Blog sollte also nicht als<br />
eine Schilderung von Wahrheiten betrachtet werden, sondern<br />
als Einladung, über das Geschriebene nachzudenken –<br />
eine Alphabetisierung des jeweiligen Blickes.<br />
Aufforderung zur Auseinandersetzung<br />
Das Problem oder auch die Chance eines Blogs als Werkzeug<br />
im Unterricht liegt vor allem in der Verpflichtung jedes<br />
Einzelnen, sich <strong>mit</strong> dem Gehörten <strong>und</strong> Gesehenen auseinanderzusetzen,<br />
Dinge herauszupicken, die zum Weiterdenken<br />
anregen, sowie einen Beitrag zu leisten <strong>und</strong> nicht in<br />
der passivrezeptiven Rolle zu verharren. Dies ist im besten<br />
Fall auch der Anspruch an jede andere Lern- <strong>und</strong> Kommunikationsform<br />
im Unterricht. Allerdings kann der zeitliche<br />
<strong>und</strong> örtliche Freiheitsgrad der Neuen Medien wie auch der<br />
Spielraum für interaktiven Austausch innerhalb einer Blog-<br />
Gemeinschaft besonders reizvoll <strong>und</strong> motivierend sein <strong>und</strong><br />
eine zusätzliche, jederzeit veränderbare Ebene bieten.<br />
Der Blog ist eine Art visuelles Hörspiel, bei dem jeder Satz,<br />
der spontan <strong>und</strong> fragmenthaft daherkommen kann, möglicherweise<br />
die individuelle Gültigkeit des vorhergehenden<br />
Beitrags relativiert – die Lesenden befinden sich in einem<br />
Gehege der Unsicherheit.<br />
Der Umgang <strong>mit</strong> Realität <strong>und</strong> Interpretation<br />
Da<strong>mit</strong> wird der Blog zu einem betriebsamen Archiv. Diese<br />
jederzeit einsehbare Auseinandersetzung <strong>mit</strong> dem Referierten<br />
<strong>und</strong> Präsentierten erinnert vielleicht auch an das Nachbild,<br />
das erscheint, wenn man länger <strong>auf</strong> einen erleuchteten<br />
Gegenstand geschaut hat <strong>und</strong> die Augen dann abwendet.<br />
Das in diesem Augenblick vermeintlich Gesehene hat<br />
immer etwas <strong>mit</strong> dem ursprünglich Blendenden zu tun.<br />
Beim Bloggen hingegen ergibt sich das Nachbild zu einem<br />
beträchtlichen Teil durch den interpretativen Umgang der<br />
nacherzählenden Bloggerin oder des Bloggers. Die schriftliche<br />
Wiedergabe <strong>und</strong> Weiterführung des eigenen Blicks<br />
kann als eine Art Erkenntnismaschine betrachtet werden,<br />
die je nach Motivation <strong>und</strong> Interesse <strong>mit</strong> unterschiedlicher<br />
Intensität rattert oder für manche auch summt.<br />
Der Blog bildet hier durch die direkte Anbindung an die<br />
Themen der wöchentlichen Vorlesungen allerdings ein<br />
nahezu geschlossenes System, was bedeutet, dass nur die<br />
Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmer der Vorlesung in der<br />
Lage sind, Verknüpfungen zwischen den verschiedenen<br />
Gedanken <strong>und</strong> Erläuterungen herzustellen. Aussenstehende<br />
finden nämlich nur davon losgelöste Beiträge vor, die in<br />
sich zwar eine Geschichte erzählen, sich jedoch nicht <strong>mit</strong><br />
ihren Vor- oder Nachläufern zu einem narrativen Ganzen<br />
verbinden. Deshalb sollte das Medium Blog nicht allein als<br />
Produktionsmaschine <strong>und</strong> Möglichkeit zur Reflexion gesehen<br />
werden; man müsste vielleicht auch über die Probleme<br />
bei der Umsetzung einer Vision nachdenken.<br />
Mehr Infos: www.mediendenken-maschinendenken.ch<br />
* Monika Schmidt ist Absolventin des Studienbereichs Lehrberufe für Gestaltung<br />
<strong>und</strong> Kunst, Diplom 2006 (monika.schmidt@<strong>hgk</strong>z.net). Dr. Nils Röller ist<br />
Dozent <strong>und</strong> im Leitungsteam Neue Medien.