FÜR NICHTS!? - deviantart

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03.11.2012 Aufrufe

Als Shan sie außerhalb ihres Zimmers reden hörte, setzte sie sich langsam in ihrem Bett auf. Es war das erste mal seit Tagen, wo sie weder Benommenheit, noch Schwindel verspürte. Endlich hatte sie nicht mehr das Gefühl, dass ihr jeden Augenblick der Schädel abfallen könnte. Eine warme Nachmittagssonne strömte durch ihr Fenster herein. Wärme. Nie hätte sie gedacht, je wieder dieses Gefühl erleben zu können. Draußen glitten diverse Shuttles lautlos durch die Häuserschluchten New New Yorks. Sie war vor einer Woche offiziell aus dem Krankenhaus entlassen und nach Hause gebracht worden. Seither kümmerte sich Doktor Gregory Roach, persönlicher Arzt und Freund ihres Vaters, um sie. Er kam jeden Tag vorbei, manchmal sogar mitten in der Nacht. Dann tastete er sie mit allen möglichen antiquittierten Geräten ab, steckte ihr ein sogenanntes Fiberthermometer in den Mund und untersuchte sie auf Herz und Nieren, bis er schließlich zufrieden äußerte, dass sie auf dem Weg der Besserung sei. Er war sehr um ihre Gesundheit besorgt, womit er ihr allmählich auf die Nerven ging. Aber sie sah ein, dass die Beobachtung unter der sie stand, notwendig war. Man hatte sie mit schwerer Unterkühlung und Erfrierungen ins Krankenhaus eingeliefert. Wie durch ein Wunder hatte das kleine Abenteuer sie keine Finger oder Zehen gekostet. Am dritten Tag war sie das erste Mal aufgewacht. Am fünften hatte sie schon versucht aus dem Bett zu schlüpfen, doch dann hatte sich der Boden plötzlich um 180 Grad gekippt und sie war unsanft aufgeschlagen. Als sie ihre Beine nun über die Bettkante schob und sich aufrichtete, blieb der Boden dankenswerterweise dort, wo er hingehörte: in der Waagerechten. Ihr Stand war zwar noch etwas wackelig, aber immerhin. Sie hielt sich aufrecht und sie kippte nicht um. Shan tappte einigermaßen ungeschickt zum Wandschrank hinüber und holte frische Sachen heraus, um sich anzuziehen. Sie nahm sich Zeit, untersuchte ihren Körper genau. Sie hatte einen großen Bluterguss auf der linken Schulter, ebenso am Oberschenkel und an der Seite. Dazu noch hässliche lila Striemen da, wo das Monster seine Krallen in ihren Körper geschlagen hatte. Dort und an der Stirn war sie dermalregeneriert worden. Ihr ganzer Körper war auch jetzt, fast anderthalb Wochen nach ihrer Rettung, noch steif. Sie auch jetzt noch einen fürchterlichen Muskelkater, und ihr tat alles ein wenig weh, selbst

das Atmen. Es kostete Mühe Socken und Hose anzuziehen. Aber im Großen und Ganzen ging es ihr gut. Nein, noch besser eigentlich – sie fühlte sich fast wie neugeboren. Da draußen im Eis war sie sicher gewesen, dass sie sterben würde. Woher sie die Kraft genommen hatte, die ganze Strecke bis zum Raumhafen zurückzulegen und sich auch noch gegen das Monster zur Wehr zu setzen, wusste sie nicht. Im Nachhinein war es ihr einfach unbegreiflich. Nur eines wusste sie: aus dieser Erfahrung hatte sie Werte mitgenommen, und sie war auf eine Art und Weise verändert worden, die sie selbst noch gar nicht begriff. Denn alles erschien ihr plötzlich so anders, so fremd. Ihr Zimmer, die Bücher auf ihrem Nachtschrank... Als würde sie das alles mit anderen Augen sehen, als wären das alles Dinge, die einer anderen Person gehörten. Nicht ihr. Das einzige, was ihr vertraut schien, das einzige, von dem ein gewisser Reiz ausging, waren das Schwert und der Rucksack. Beide Gegenstände lagen auf dem Schreibtisch, vor einer Reihe kleiner Stofftiere, die einen merkwürdigen, surrealen Kontrast zu ihnen bildeten. Shan hatte darauf bestanden, den Rucksack zu behalten, obwohl er eigentlich ein Fall für die Müllverwertung war. Aber er gehörte ihr. Ganz allein ihr und sie wollte ich nicht mehr hergeben. Nun strich sie sanft mit den Fingerkuppen über das alte Material, ertastete die Wahrheit dieser neuen Realität. Es fühlte sich rau an. Harsch. Dann griff sie langsam zum Schwert, und drehte die Klinge so, dass sie ihr eigenes Spiegelbild sehen konnte. Sie wusste nicht genau, wer sie dort ansah, aber es war nicht das unvorbereitete, naive Mädchen, dass nach Frigoria geflogen war. Die war irgendwo in der Eishölle verloren gegangen, und jemand anderes war an ihre Stelle getreten. Der Blick in den Spiegel rief Erinnerungen an das ewige Eis wach, an die Kälte des Schnees, die Einsamkeit, das Geheul des Windes, das bedrohliche Knurren des Monsters, und den Gestank von Blut. Und eine merkwürdige, ihr unbegreifliche Sehnsucht kam in ihr auf. Shan wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Sie seufzte, legte die Klinge wieder auf den Schreibtisch ab und wandte sich zum Schuhschrank um, um sich vollständig anzukleiden. Sie besaß ein paar Ausgehschuhe, Turnschuhe... und da waren sogar Wanderstiefel. In der Vergangenheit hatte sie die Stiefel kaum anprobiert. Sie waren viel zu

das Atmen. Es kostete Mühe Socken und Hose anzuziehen. Aber im<br />

Großen und Ganzen ging es ihr gut. Nein, noch besser eigentlich – sie<br />

fühlte sich fast wie neugeboren.<br />

Da draußen im Eis war sie sicher gewesen, dass sie sterben würde.<br />

Woher sie die Kraft genommen hatte, die ganze Strecke bis zum<br />

Raumhafen zurückzulegen und sich auch noch gegen das Monster zur<br />

Wehr zu setzen, wusste sie nicht. Im Nachhinein war es ihr einfach<br />

unbegreiflich. Nur eines wusste sie: aus dieser Erfahrung hatte sie Werte<br />

mitgenommen, und sie war auf eine Art und Weise verändert worden,<br />

die sie selbst noch gar nicht begriff.<br />

Denn alles erschien ihr plötzlich so anders, so fremd. Ihr Zimmer, die<br />

Bücher auf ihrem Nachtschrank... Als würde sie das alles mit anderen<br />

Augen sehen, als wären das alles Dinge, die einer anderen Person<br />

gehörten. Nicht ihr. Das einzige, was ihr vertraut schien, das einzige, von<br />

dem ein gewisser Reiz ausging, waren das Schwert und der Rucksack.<br />

Beide Gegenstände lagen auf dem Schreibtisch, vor einer Reihe kleiner<br />

Stofftiere, die einen merkwürdigen, surrealen Kontrast zu ihnen bildeten.<br />

Shan hatte darauf bestanden, den Rucksack zu behalten, obwohl er<br />

eigentlich ein Fall für die Müllverwertung war. Aber er gehörte ihr. Ganz<br />

allein ihr und sie wollte ich nicht mehr hergeben. Nun strich sie sanft mit<br />

den Fingerkuppen über das alte Material, ertastete die Wahrheit dieser<br />

neuen Realität. Es fühlte sich rau an. Harsch. Dann griff sie langsam zum<br />

Schwert, und drehte die Klinge so, dass sie ihr eigenes Spiegelbild sehen<br />

konnte. Sie wusste nicht genau, wer sie dort ansah, aber es war nicht das<br />

unvorbereitete, naive Mädchen, dass nach Frigoria geflogen war. Die<br />

war irgendwo in der Eishölle verloren gegangen, und jemand anderes<br />

war an ihre Stelle getreten. Der Blick in den Spiegel rief Erinnerungen<br />

an das ewige Eis wach, an die Kälte des Schnees, die Einsamkeit, das<br />

Geheul des Windes, das bedrohliche Knurren des Monsters, und den<br />

Gestank von Blut. Und eine merkwürdige, ihr unbegreifliche Sehnsucht<br />

kam in ihr auf.<br />

Shan wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Sie seufzte, legte die<br />

Klinge wieder auf den Schreibtisch ab und wandte sich zum<br />

Schuhschrank um, um sich vollständig anzukleiden. Sie besaß ein paar<br />

Ausgehschuhe, Turnschuhe... und da waren sogar Wanderstiefel. In der<br />

Vergangenheit hatte sie die Stiefel kaum anprobiert. Sie waren viel zu

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