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Degenesis China Quellenbuch Prelude: Mei Lin

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<strong>Degenesis</strong><br />

<strong>China</strong> <strong>Quellenbuch</strong><br />

<strong>Prelude</strong>: <strong>Mei</strong> <strong>Lin</strong><br />

„Wo hast du dich schon wieder herumgetrieben?“ Die Ohrfeige war weniger schmerzhaft, als die Tatsache dass<br />

alle dabei zusahen. <strong>Mei</strong> <strong>Lin</strong> schämte sich fast so sehr, wie sie wütend war. Wieso durfte sie den Hof nicht mehr<br />

verlassen? Vor zwei Jahren noch war das gar kein Problem gewesen. Damals hatte sie immer Yang, ihr Bruder,<br />

begleitet. Doch Yang war vor einem Jahr zur Armee gegangen. Aber nun war sie dreizehn, bald erwachsen, und<br />

konnte auf sich selbst aufpassen. „Ich habe doch nur im nahen Fluss die Wäsche gewaschen. Was war daran<br />

falsch?“ Vaters Min’tuan waren überall in der Gegend, es konnte ihr doch nichts geschehen! Und die Männer<br />

würden ihr doch nichts tun, oder? Schließlich wussten sie doch, wessen Tochter <strong>Mei</strong> <strong>Lin</strong> ist. Vater war nicht<br />

zufrieden: „Wozu haben wir denn die Dienstmädchen? <strong>Mei</strong>ne Tochter geht keine Wäsche waschen. Du wirst im<br />

Haus bleiben, bis wir endlich einen Mann deines Standes finden, der deinen Leichtsinn erträgt! Hast du mich<br />

verstanden?“<br />

Traurig nickte <strong>Mei</strong> <strong>Lin</strong>. Nun musste sie einen anderen Weg finden, um Fliegender Schatten zu treffen. Niemand<br />

durfte wissen, dass es ihn gibt, hatte er gesagt. <strong>Mei</strong> <strong>Lin</strong> liebte Fliegender Schatten. Er war anders als alle<br />

Menschen, die sie kannte, so geheimnisvoll. Seine Haut war weiß, und seine Stimme machte sie fast<br />

besinnungslos vor Glück.<br />

<strong>Mei</strong> <strong>Lin</strong>s Entschluss stand fest. Der Hof hatte ihr nichts mehr zu bieten außer einem Leben im goldenen Käfig.<br />

Heute Nacht würde sie ihre Sachen packen und den Hof im Schutze der Dunkelheit verlassen. Morgen Mittag<br />

wollte Fliegender Schatten wieder am Fluss sein. Dort würde sie ihn treffen. Und dann würde sie sein Angebot<br />

annehmen.


Kapitel 1: Geschichte<br />

Vor dem Eshaton<br />

Kurz vor dem Ende machen sich, wie fast überall auf der Welt, die Apokalyptiker auch in <strong>China</strong> breit. Unter<br />

Ausnutzung der Freiheits- und Demokratiebestrebungen der Bevölkerung stiften sie überall in der Volksrepublik<br />

Unruhen an. Viele Dissidenten schließen sich ihnen an, um ihre Freiheitsbemühungen zu verstärken. Die<br />

Kommunistische Partei <strong>China</strong>s (KPCh) startet die „Zweite Kulturrevolution“, um ethnische Minderheiten und<br />

Andersdenkende anzugleichen. Diese Bemühungen schlagen größtenteils fehl.<br />

Um von diesen und anderen Problemen abzulenken, startet die KPCh einen "Befreiungs"-Feldzug gegen das von<br />

Konzernen und Yakuza beherrschte Japan. Die schiere Übermacht verspricht einen schnellen Sieg, aber<br />

innerhalb der Partei werden Befürchtungen laut, dass dieser nur ein Scheinsieg werden wird und die japanischen<br />

Inseln gegen den starken Untergrund der Japaner auf Dauer nicht zu halten sein wird. In einer gigantischen<br />

militärischen Aktion nimmt die Volksbefreiungsarmee (VBA) gleichzeitig Taiwan und beide Koreas ein, um von<br />

Korea aus nach Japan überzusetzen.<br />

Als die inneren Unruhen <strong>China</strong>s in regionale Aufstände umschlagen und sich Tibet sowie die Inseln Hongkong<br />

und Taiwan wieder von der Volksrepublik lossagen, muss <strong>China</strong> seine Truppen aus Japan zurückziehen, um die<br />

Inseln zu halten und die Aufstände auf dem Festland durch die Armee niederzuschlagen. Ein Massaker folgt auf<br />

das nächste. Teile der Armee rebellieren aufgrund dieser Befehle, selbsternannte regionale Kriegsfürsten reißen<br />

die Kontrolle über einzelne Provinzen an sich, das Land zersplittert.<br />

Die Zeit nach der Katastrophe<br />

Als das Feuer vom Himmel regnet und die Erde erbebt, zerbricht das Land endgültig. Auf der Flucht vor dem Eis<br />

aus dem Norden und den Sporen aus dem Westen dringen Sibirier und Mongolen ein, die Nomaden mischen sich<br />

unter die Apokalyptiker, deren Aggressionspotential das der europäischen sogar noch weit übersteigt. Die<br />

Überreste der KPCh und der VBA sammeln sich in Beijing, ein General namens Xiao putscht sich an die Macht<br />

und gründet eine neue Kaiserdynastie, während der Rest des Landes im Chaos versinkt.<br />

Die nähere Vergangenheit<br />

Generationen später hat Japan seine Macht wieder aufgebaut und greift nach den Inselstaaten, die erst vor kurzer<br />

Zeit die gewaltsamen Besatzer aus <strong>China</strong> abschütteln konnten.<br />

Die Apokalyptiker sind größtenteils zerschlagen, das Reich der Mitte erobert von der "Verbotenen Stadt" Peking<br />

immer größere Teile des Landes zurück. In Tsing Tao entsteht die Handelsgilde unter dem Schutz des<br />

Kaiserthrones und entsendet Expeditionen in alle Welt, um den Kontakt nach außen wieder herzustellen und zu<br />

sehen, wie es um den Rest der Erde steht. Das neu erstarkte und um die chinesischen Inseln vergrößerte Japan<br />

zieht sich aus dem Geschehen zurück und beschränkt sich auf die Verteidigung der neuen Kolonien.<br />

Das heutige <strong>China</strong><br />

Die Stadt Shanghai steht weiterhin unter Kriegsrecht, hier herrschen tagsüber die kaiserlichen Soldaten und<br />

nachts die letzten Apokalyptiker. Die Kaiserliche Armee hat die Zugänge zur Stadt abgeriegelt, jeder Bürger<br />

steht im Verdacht, mit den Wandervögeln zu kooperieren.<br />

Die Warlords verlieren an Macht. Viele ordnen sich dem neuen Reich der Mitte unter, behalten aber ihre<br />

Truppen als Vasallen oder ideologisch verbrämte Kriegerschulen. Einige ziehen sich als Rebellen und Räuber in<br />

Berge und Sümpfe zurück. Noch immer gären hier Unzufriedenheit und Neid gegen die herrschende Dynastie.<br />

Deren Macht nimmt nach Westen ab. Zwischen dem Kaiserreich und dem Sporengürtel leben Nomaden, und<br />

versuchen in die Städte zu gelangen. Burn-Handel kommt auf und droht Dekadenz und Korruption ins Reich zu<br />

tragen. Heimlich kollaboriert die nach Unabhängigkeit und Macht strebende Handelsgilde mit den<br />

Wandervögeln, die Nomaden tragen das Burn dorthin, wo die Schiffe der Handelsgilde nicht hinkommen. Doch<br />

diese zieht es längst an neue Ufer...


Kapitel 2: Geographie<br />

<strong>China</strong> ist kleiner geworden. Die Inseln Hongkong und Taiwan gehören zu Japan, Tibet hat sich unabhängig<br />

erklärt, im Westen frisst der Sporengürtel immer mehr Land. Wenige hundert Kilometer nördlich von Beijing<br />

beginnt das ewige Eis, dass auch das nördliche Drittel Koreas bedeckt. Der südliche Teil Koreas wurde zwar<br />

bereits vor dem Eshaton ins Reich der Mitte eingegliedert, ist heute aber nur noch auf dem Seeweg zu erreichen.<br />

Und das technisch weit überlegene Japan streckt bereits seine Finger danach aus.<br />

Das Kaiserreich selbst beschränkt sich auf den Nordosten des Landes, besitzt aber großen Einfluss an der<br />

gesamten Küste. Nach Westen hin wird dieser schwächer, dort regieren Kriegsherren, Banditen und Nomaden.<br />

Beijing<br />

Bericht des Händlerlehrlings Ho Li-tang, 2535 n. Chr.<br />

Nach zwei Wochen erreichten wir Beijing. Die Reise war auffallend ruhig verlaufen. Die Straße war gepflastert,<br />

es gab keine Probleme mit den Wägen. Vor zehn Tagen mussten wir zum letzten Mal eine „Reisegebühr“<br />

bezahlen, an eine Gruppe streunender Bauern. Die Eskorte, die uns die Schule der drei Drachen zur Verfügung<br />

gestellt hatte, weigerte sich gegen diese armen Teufel zu kämpfen, so dass unser Karawanenführer beschloss,<br />

deren Geldforderungen zu erfüllen, die Gestalten verzogen sich danach in die Büsche. Da wir seither keinen<br />

Kontakt mehr mit Räubern hatten, blieben die Verluste geringer als erwartet.<br />

Die einzigen Begegnungen seither waren einige reisende Händler wie wir, Bauern und außergewöhnlich viele<br />

Soldaten. Nicht nur die üblichen Grenzposten mussten wir passieren, auch trafen wir viele größere Einheiten,<br />

die nach Süden zogen. Vermutlich sollten sie nach Shanghai, um den dortigen Aufstand zu bekämpfen.<br />

Die Stadt Beijing war gigantisch. Von außen glich sie einem Moloch, der sich an den Boden klammert, als wolle<br />

man ihn stehlen. Innen wirkte sie ungewöhnlich sauber. Selbst an den ärmlichsten Hütten, die im Vergleich mit<br />

anderen Städten als mindestens ein wenig wohlhabend gelten müssten, hingen die Banner mit dem Roten Stern<br />

des Huang-di. Die Menschen schwirrten geschäftig umher, ich konnte keine Bettler oder Streuner entdecken.<br />

Auch verwunderte mich sehr, dass in der Hauptstadt unseres glanzvollen Reiches ausschließlich das Volk der<br />

Han zu sehen war.<br />

Nachdem wir unsere Waren im Kontor des ehrenwerten Herrn Wang abgeladen hatten, begaben wir uns in eine<br />

Herberge. Dort verlangte man am Empfang nicht nur unsere Papiere, sondern wollte auch den Zweck und die<br />

Dauer unseres Aufenthaltes erfahren. Zwei Wachen des Hauptstadtgerichtshofes verliehen diesem Begehren<br />

lautstark Nachdruck. Als diese „Formalitäten“, wie es sie nirgends sonst in unserem Reich gibt, erledigt waren,<br />

erhielten wir nicht nur unsere Schlüssel, sondern auch Besucherpapiere für die Dauer unseres Aufenthaltes. Die<br />

Wachen wiesen mit bedrohlichen Gesten darauf hin, dass wir mit dem Schlimmsten zu rechnen hätten, würden<br />

wir ohne diese Papiere aufgegriffen.<br />

Am zweiten Tag in der Hauptstadt schickte mich der ehrenwerte Herr Wang auf einen der großen Märkte, mit<br />

dem Auftrag, den Verdienst der dortigen Händler abzuschätzen, die seine Waren feilboten. Es war sehr<br />

auffällig, dass die Händler ihre Waren zwar mit einer beträchtlichen Gewinnspanne anboten, sich aber kaum<br />

dem Feilschen hingaben.<br />

Auf diesem Wege kam ich auch an der Grenze zur kaiserlichen Residenz selbst vorbei. Viel konnte ich aber nicht<br />

davon sehen. Ein Gebiet, so groß wie eine eigene Stadt, lag dort umgeben von einer gewaltigen grauen Mauer.<br />

Kein Haus drückte sich daran, und überall waren Wachen zu sehen. Nicht die Wachen des Gerichtshofes, schon<br />

gar nicht die verlotterten Gestalten der Frontarmeen mit ihren rostigen Helmen und Spießen, sondern große und<br />

kräftige Männer mit blitzenden Kupferpanzern, jeder einzelne trug ein Gewehr mit großem, gebogenen Magazin.<br />

An den schwer bewachten Durchgängen sah ich kleine metallene Kästen, die mich zu beobachten schienen, und<br />

Gewehre, die sich von selbst bewegten!<br />

Später erzählte mir ein Mann in einem Gasthaus, dies sei noch gar nicht die Resistenz gewesen, sondern nur die<br />

Innenstadt, in der nur Würdenträger, Beamte, Offiziere und einige wenige Gildenoberhäupter und wichtige<br />

Kaufleute lebten, die vom Kaiser persönlich ausgewählt würden. Ich frage mich, welch großer Mann der Kaiser<br />

sein muss, gleichzeitig ein Reich zu regieren und für eine ganze Stadt die Siedler persönlich auszuwählen?


Am dritten Tag sah ich an einem großen Platz in einer Menschenmenge die Hinrichtung zweier Männer und<br />

einer Frau. Ich konnte in Erfahrung bringen, dass das Verbrechen des ersten Mannes darin bestanden hatte,<br />

dass er keine Papiere besaß. Die Frau hingegen musste sterben, weil sie sich mit ihm getroffen hatte.<br />

Der dritte Mann wurde der Zauberei bezichtigt. Er hatte hierzu verseuchte Substanzen von Gesetzlosen in die<br />

Stadt schmuggeln lassen, die ihm unmenschliche Kräfte verliehen hatten. Dies hatte seinen Geist zerstört, so<br />

dass er konnte kaum noch sprechen konnte, und er machte absonderliche Laute. Sein Tod war langsam und<br />

schmerzvoll. Als die Häupter gefallen waren, zerstreute sich die Menge, und niemand erwähnte den Vorfall<br />

weiter.<br />

Möge die Gnade des Kaisers denen zuteil werden, die seinen Gesetzen Folge leisten!<br />

Shanghai<br />

Die Geschichte Shanghais ist gleichzeitig auch die Geschichte der chinesischen Apokalyptiker.<br />

Als sich kurz vor dem Ende in Nordamerika und in Europa die Apokalyptiker aufkamen, dauerte es noch ein<br />

ganzes Jahrzehnt, bis diese scheinbare Modeerscheinung auch auf <strong>China</strong> übergriff. Doch viel sie dort, zwischen<br />

Dissidenten, Reformern und Protestlern auf fruchtbaren Boden. Weniger die Aspekte des rücksichtslosen Spaßes<br />

verbreitete sich hier, als eine aufmüpfige Gegenbewegung aus Prinzip.<br />

Aus Ungehorsam wurde Unruhe, aus Unruhe Aufstand, aus Aufstand Rebellion. Doch die Rebellion besaß nicht<br />

das Wohlwollen des einfachen Volkes. Durch ihre Rücksichtslosigkeit verlor die chinesische Schar viele<br />

Sympathisanten, und aus Rebellion wurde niemals Revolution.<br />

Als sich die Unruheherde vom Kernland abspalteten, war auch der Zweck der Gegenbewegung erfüllt. In den<br />

neuen, unabhängigen Staaten, die inzwischen von Japan erobert wurden, endete die Bewegung mit der neu<br />

erworbenen Freiheit, die Schar wurde schnell bürgerlich und löste sich auf. Die wenigen Apokalyptiker, die im<br />

neuen, verkleinerten <strong>China</strong> verblieben, sammelten sich in den Großstädten und wurden nach der<br />

Machtergreifung des Huang-di von der kaiserlichen Armee in jahrelangen, blutigen Straßenkriegen<br />

niedergekämpft.<br />

Diese Kriege sind noch nicht beendet. Immer noch gibt es eine große Schar in Shanghai, und als letzte Bastion<br />

der Wandervögel gelingt es dem Militär nicht, sie zu besiegen. Man sagt, die Handelsgilde sei interessiert an der<br />

Lage, und unterstütze die Apokalyptiker.<br />

Tagsüber herrschen die Soldaten in der Stadt, durchsuchen Häuser, nehmen wahllos Menschen fest, immer<br />

wieder kommt es zu Gefechten. Mit Einbruch der Dunkelheit ziehen sie sich zurück. Nachts beginnt die Stadt zu<br />

leben, ein Rotlicht-, Casino- und Vergnügungsviertel mit über zwei Millionen Einwohnern. Statt den Soldaten<br />

ziehen nachts die Wandervögel durch die Straßen und treiben Schutzgelder ein. Wer bereits die Soldaten<br />

bestochen hat um verschont zu werden, kann von Glück reden wenn er nur doppelt bezahlen muss. Denn oft<br />

genug treiben die Wandervögel solche „Verräter“ aus der Stadt, wo sie von den Soldaten aufgegriffen oder<br />

gleich getötet werden.<br />

Die Soldaten hingegen ahnen den Glanz der Stadt, viele legen ihre Uniformen ab und strömen ins Vergnügen.<br />

Die meisten davon werden nicht wiederkommen, denn die andere Seite hat mehr zu bieten als Krieg und<br />

schlechtes Essen. Somit wird die Armee zum besten Rekrutierungspool derer, die sie eigentlich bekämpfen soll.<br />

Die Schlacht um Shanghai wird wahrscheinlich niemals enden.<br />

Kashi<br />

Als das Ende kam, versank die Welt in Flammen. Als die Flammen erloschen, kam das Eis. Mit dem Eis trieb<br />

Nässe nach Süden, und die Wüste wurde fruchtbares Land. Viele zogen nach Westen, um die Scholle urbar zu<br />

machen und das neue Land zu bebauen. Kashi wuchs innerhalb kürzester Zeit zu einer Metropole aus, als man<br />

begann, das die Stadt umgebende Land zu nutzen.<br />

Doch das, was wuchs, veränderte die Menschen. Viele verlernten zu sprechen, und konnten sich dennoch<br />

unterhalten. Was sie aus der Erde zogen, konnten sie nicht essen, und doch verhungerten sie nicht. Seltsamer<br />

Glanz ergriff Besitz von den Augen derer, die die Pflanzen umsorgten, und viele wollten nichts anderes mehr<br />

tun. Fleißig wie die Ameisen ernteten sie die Samen der neuen Pflanzen und brachten sie in die Erde, düngten,<br />

gossen, schnitten und verbreiteten sie.


Schon bald war die Stadt eingeschlossen von meilenweiten Feldern der neuen Pflanzen und ihren Dienern, die<br />

willenlos und nackt wie Tiere umherkrochen und die Pflanzen pflegten und schützen. Furcht ergriff die<br />

Einwohner der Stadt, kaum jemand wagte es noch die Stadt zu verlassen. Wer es doch tat, musste sich durch die<br />

Pflanzen hacken, und wer die Pflanzen verletzte provozierte mächtige Angriffe ihrer Bewacher. Es dauerte nicht<br />

lange, und die Bewohner Kashis litten Hunger und Durst. Viele starben, einige hielten sich am Leben, in dem sie<br />

die Körper der Verhungerten verzehrten. Und ständig wehte der Wind die Sporen der Pflanzen in die Stadt. Die<br />

Schwachen wurden von ihrer Macht ergriffen und schlossen sich den Pflanzenpflegern an.<br />

Ein Jahrzehnt war vergangen seit dem Eintreffen der ersten Pflanzen, als eines Nachts alle später geborenen<br />

Kinder, selbst Säuglinge, getragen von ihren Geschwistern oder hilflos krabbelnd, dem Ruf der Pflanzen folgten.<br />

Wenige Wochen später griffen sie an. Die Diener der Pflanzen, Männer, Frauen, Kinder, alle entmenscht,<br />

vernichteten die Stadt. Niemand überlebte.<br />

Die Außenwelt erfuhr nichts davon, keine Nachricht drang mehr nach außen. Für die Chinesen war die Stadt wie<br />

verschwunden.<br />

Heute, viele hundert Jahre später, ist das Kaiserreich erstarkt. Der Huang-di, König der Könige, entsendet eine<br />

große Expedition, um nach der Stadt zu suchen. Tausend Kilometer tief liegt sie inzwischen im Sporengürtel.<br />

Mutige Männer und Frauen aus allen Kreisen werden rekrutiert: Soldaten, Ärzte, Kundschafter, Forscher,<br />

Abenteurer... Ein Tross aus zweihundert Mann hat die Kaiserstadt verlassen, und viele wollen sich der Suche<br />

noch anschließen.


Kapitel 3: Organisationen<br />

Das Kaiserreich<br />

Das ganze Land befand sich im Krieg. Nicht nur der Krieg gegen Japan erschöpfte die Armee, Aufstände,<br />

Bürgerkriege und Sezessionen erschütterten das System. Das Eshaton, das in Europa und Afrika den Beginn<br />

eines neuen Zeitalters auslöste, war hier nur der Gipfel der Katastrophe. In Feuerstürmen, Flutwellen, Erdbeben<br />

und Tornados brachen die vier Elemente über die Reste der Volksrepublik, doch gab es kaum noch etwas, das sie<br />

zerstören konnten. Die unzähligen Toten, hervorgegangen aus der Gewalt von Menschen gegen Menschen,<br />

übertrafen die Zahlen der Opfer des Eshatons bei weitem.<br />

Das laissez-faire der KPCh in den Jahren der Öffnung war fehlgeschlagen, viele riefen wieder nach einer starken<br />

Hand. Schon lange herrschte Kriegsrecht, doch die Strukturen der Macht waren zerschlagen. Es gab niemanden<br />

mehr, der in der Lage war die Ordnung wiederherzustellen. In einem letzten Kraftakt rief das Zentralkomitee der<br />

KPCh die verbliebenen Parteimitglieder in der Hauptstadt zusammen. Zum Schutze des Parteitages wurden die<br />

gesamten Reste der VBA ebenfalls nach Beijing abkommandiert.<br />

Doch während die Partei darüber diskutierte, dem Ersten Vorsitzenden endgültig absolute Vollmachten zu<br />

übergeben, bahnte sich Verrat an. Ein großer Teil der Streitkräfte, geführt von einem ambitionierten General<br />

namens Xiao, verschwor sich gegen den Ersten Vorsitzenden. Unter falschen Befehlen wurden die Teile der<br />

Armee, die nicht mit General Xiao verschworen waren, aus der Hauptstadt geschickt. Als im Parteitag der<br />

Zeitpunkt der Abstimmung gekommen war, richteten sich die Beschützer gegen ihre Herren. Mit einem Schlag<br />

wurde die Kommunistische Partei <strong>China</strong>s im wahrsten Sinne des Wortes enthauptet, der General ernannte sich<br />

zum Kaiser.<br />

General Xiao baute auf Tradition. Er griff auf die tief im Volk verwurzelten konfuzianischen Werte zurück, um<br />

ein neues Kaiserreich nach antikem Vorbild zu gründen. Seit fünf Jahrhunderten herrscht in <strong>China</strong> nun die Xiao-<br />

Dynastie. Huang-di, König der Könige, nennen sich seine Nachfolger, doch die Symbole des Kommunismus<br />

blieben erhalten: Das Zeichen der Herrschaft ist nach wie vor der rote Stern, der alle öffentlichen und viele<br />

private Gebäude ziert.<br />

Schnell kehrte Frieden in der Hauptstadt ein, aber es sollte noch Generationen dauern, bis die neue Herrschaft<br />

das Land stabilisieren konnte. Doch das neue System schien zu funktionieren. Der König setzte Beamte ein,<br />

Friedensrichter, die in den Städten mit ihren eigenen Männern für Ordnung und Gerechtigkeit sorgten. Die<br />

Armee sicherte nach und nach, ausgehend von der Hauptstadt, immer größere Teile des Landes. Sie bekämpfte<br />

lokale Aufstände, Übergriffe der Nomaden, und die Burn schmuggelnden, Unruhe stiftenden Apokalyptiker.<br />

Doch die Macht der kaiserlichen Armee reichte nicht, um das ganze Land zu unterwerfen. Lokale Kriegsherren<br />

mit eigenen Truppen verteidigten ihre Eigenständigkeit, und auch gegen die wachsende Macht der<br />

Großgrundbesitzer wagte die Armee nicht vorzugehen. Immer noch trieben einzelne Rebellentrupps und<br />

Räuberhorden ihr Unwesen. Die Apokalyptiker, beinahe von der Armee ausgerottet, zogen sich nach Shanghai<br />

zurück und besetzten die Stadt.<br />

Bis heute ist die Befriedung des Landes nicht abgeschlossen. Je weiter man sich von der Hauptstadt entfernt,<br />

umso stärker ist die Macht der lokalen Herrscher.<br />

Die Handelsgilde<br />

Gegen Ende des 23. Jahrhunderts hatte das Kaiserreich die Provinzen Beijing, Hebei und Shandong unter seine<br />

Herrschaft gebracht. Mit Tsingdao besaß das Reich nun endlich eine Hafenstadt, die von den Schäden der Kriege<br />

und Naturkatastrophen weitestgehend verschont geblieben war und sich von diesen Schlägen wieder erholt hatte.<br />

Das Interesse am Schicksal der Außenwelt wuchs, Waren wurden benötigt, die <strong>China</strong> in seiner Situation nicht<br />

selbst herstellen konnte.<br />

Doch die Tage der großen Metallschiffe waren vorbei. Die Kriege mit Japan und Korea hatten die Flotten<br />

zerstört, und während der Jahrhunderte des Bürgerkriegs war eine Marine nicht benötigt worden. Um eine neue,<br />

derartige Kriegsflotte zu bauen, arbeitete <strong>China</strong>s Wirtschaft nicht schnell genug.


Nach dem Vorbild der Fischerbote rekonstruierten die Techniker des Kaiserhofes die Bauweise der alten<br />

Holzdschunken, doch niemand mit nautischer Erfahrung ließ sich finden unter den Beamten und Militärs. So<br />

beauftragte der Kaiser die alte Handelsgilde Tsingdaos, die Schiffe zu bemannen und Kontakt mit der Außenwelt<br />

aufzunehmen. Auch erhoffte sich der Kaiser, Shanghai von See aus anzugreifen und die Apokalyptiker zu<br />

schlagen.<br />

Doch die Männer und Frauen der Handelsgilde waren keine Soldaten. Die Händler waren in erster <strong>Lin</strong>ie an<br />

Profit interessiert, und die Seefahrer waren die Freiheit der Meere gewohnt. Der Kaiser herrscht über das Reich,<br />

sagten sie, doch der Kapitän herrscht über das Schiff. Und der Kaiser war weit entfernt von den Schiffen auf See.<br />

Und statt sich auf Krieg vorzubereiten, begaben sich die Seeleute auf Erkundungen und Handelsfahrten. Überall<br />

an der chinesischen Küste gründeten sie Kontore, bauten die Häfen aus und erweiterten ihren Einfluß. Die Macht<br />

der Handelsgilde beschränkte sich längst nicht mehr auf die Stadt Tsingdao.<br />

Im Jahre 2303 startete die Handelsgilde gegen den Willen des Kaisers eine Expedition, um vom Schicksal der<br />

restlichen Welt zu erfahren. Ausgerüstet um die Errungenschaften der neuen chinesischen Hochkultur in fremde,<br />

zerstörte Länder zu tragen, verließ eine große Flotte den Hafen von Tsingdao. Bevor sie das chinesische<br />

Hoheitsgebiet verließen, nahmen die Schiffe im Kontor von Zhanjiang noch einmal Proviant auf. Andere<br />

Seefahrer der Handelsgilde, deren Expeditionen bis Indien vorgedrungen waren, konnten berichten, dass die<br />

Flotte von dort aus noch weiter nach Westen gesegelt sei. Seitdem hat man nie wieder etwas von den Schiffen<br />

gehört.<br />

Obwohl lediglich die Gildenoberhäupter die Verbotene Stadt betreten dürfen, ist die Handelsgilde heute am<br />

Kaiserhof ein wichtiger Machtfaktor. Die Händler haben Geld und Verbindungen. Doch ihre Loyalität ist<br />

zweifelhaft, sie sind nur sich selbst verpflichtet. Und die einfachen Seeleute sind in den Augen der kaiserlichen<br />

Beamten Abschaum und Unruheherd. Sie stehen nur knapp über den verhassten Apokalyptikern und<br />

unterscheiden sich von diesen nur durch die Legalität.<br />

Die Kriegerschulen<br />

Als vor dem Eshaton die Unruhen in Gewalt umschlugen, sahen sich die Intellektuellen, zuerst treibende Kraft<br />

hinter den Freiheitsbestrebungen, von den Kindern ihres eigenen Geistes überholt und verraten. Die meisten<br />

wollten mit neuer Brutalität, Ungerechtigkeit und Blutvergießen nichts zu tun haben. Einige ahnten, dass auf die<br />

Anarchie Diktatur folgen würde.<br />

Und so zogen sich die Denker des Landes in alte Tempel und Klöster zurück, um losgelöst von Krieg und Politik<br />

ihre eigenen Ideale leben und lehren zu können.<br />

Doch das Zeitalter der Gewalt machte nicht halt vor Idealen. Erst war es die Rücksichtslosigkeit der<br />

Apokalyptiker, die sie bedrohte, danach die gewalttätigen Bauern- und Volksaufstände, dann das Militär, das<br />

ausrückte um die Aufstände zu bekämpfen, und schließlich, als das Chaos vollkommen war, die Kräfte der<br />

lokalen Unterdrücker.<br />

Und so mussten sie lernen, sich selbst zu verteidigen. In den Museen der Klöster fanden sie die Waffen des alten<br />

Reiches, Schwerter, Speere, Säbel. Viel Weisheit wohnte in den Mauern, und diese erhob im Laufe von<br />

Generationen das Können zur Kunst. So lernten die Schüler nicht nur das Wissen um Philosophie, Geschichte<br />

und Sprachen, sondern auch den meisterlichen Umgang mit der Klinge. Doch die größte Waffe der Schulen war<br />

ihr Ruf.<br />

Einige Bewohner des Landes versuchten, aus dem Kreis von Gewalt und Gegengewalt zu entkommen. Sie<br />

schlossen sich den Schulen an oder gaben ihnen ihre Kinder in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Durch all<br />

diese Hoffnungen, die in sie gesteckt wurden, entwickelten die Schulen unabhängig voneinander einen<br />

Ehrencodex, der ihnen gebot, die Schwachen zu schonen und zu schützen. Wenn Schulen nahe beieinander<br />

lagen, gab es Rivalitäten, die durch faire Wettstreite und Duelle gelöst wurden.<br />

Inzwischen haben die Kriegerschulen und -häuser große Namen. Die Legenden über die Kampfkünste der<br />

Hauskrieger, die oftmals stark übertrieben sind, flößen ihren Feinden genug Angst ein, um viele Kämpfe zu<br />

vermeiden, und die Kriegsherren befürchten, sich durch Angriffe auf diese Verfechter von Ehre und<br />

Gerechtigkeit mehr Feinde zu machen als sie sich leisten können.


Die Kriegsherren<br />

Im Westen <strong>China</strong>s und in den küstenfernen Gebieten des Südens ist der Einfluss des Kaiserreiches noch gering.<br />

Dort haben Nachfahren großer Generäle das voreshatologische Armeewesen aufrechterhalten, Stadtstaaten und<br />

Provinzfürsten verteidigen ihre Unabhängigkeit, Dörferbündnisse und Großgrundbesitzer stellen eigene Truppen<br />

auf und ganze Landstriche werden von Banditenkönigen beherrscht. Die Übergänge sind fließend.<br />

Doch eines haben sie alle gemeinsam: Die kaiserlichen Generäle nennen die Herrscher dieser Gebiete<br />

Kriegsherren und erheben für ihren Oberbefehlshaber, den Huang-di, Anspruch auf Volk und Land.<br />

Die rechtschaffenen Kriegsherren unterwerfen sich dem Kaiserreich, wenn die Boten des Kaisers darum<br />

verlangen, um als Statthalter oder General in seinem Namen weiterzuherrschen. Andere provozieren Angriffe,<br />

um der kaiserlichen Armee ihre Wertlosigkeit vorzuführen. Wieder andere ignorieren die Herrschaft des Kaisers<br />

und treiben in seinem Reich als Straßenräuber ihr Unwesen. Doch die meisten Kriegsherren, fernab von den<br />

Truppen des Reiches, beschränken sich darauf, ihresgleichen zu bekämpfen.<br />

Ebenso vielfältig wie die Kriegsherren sind deren Soldaten: Von halbverhungerten, aufständischen Bauernheeren<br />

über brutale Schläger und bewaffnete Söldner bis hin zu gut ausgebildeten Soldaten ist in den Armeen der<br />

Kriegsherren alles zu finden. Die Truppenstärken variieren von einem duzend bis hin zu mehreren tausend<br />

Mann. Die Kämpfer sind einfache Sipplinge, desertierte Kaisergardisten und selten sogar Hauskrieger.


Kapitel 4: Kulte in <strong>China</strong><br />

Kaiserliche Armee<br />

Die kaiserliche Armee ist die ausführende Hand des Huang-di. Sie ist weit mehr als nur eine Armee: Neben dem<br />

Krieg gegen die Apokalyptiker, gegen Rebellen und illoyale Kriegsfürsten, gehören auch Botendienste,<br />

Artefaktsuche, Steuereintreibung und Polizeiaufgaben zu ihren Aufgabenbereichen. Doch diese<br />

Aufgabenbereiche sind nicht eindeutig definiert: oft überschneiden sie sich mit denen der Beamten, weshalb die<br />

Generäle jede Gelegenheit nutzen, um für ihre Regionen den Kriegszustand zu erklären. Schnell werden<br />

Straßenräuber zu Rebellen erklärt, Schlägereien zu Unruhen, damit ein ambitionierter Offizier seine Befugnisse<br />

ausweiten und damit die seinen Soldaten und auch ihm selbst zustehenden Mittel erhöhen kann.<br />

Denn um die Moral und die Ausrüstung der Soldaten ist es oft sehr schlecht bestellt: Manch mutiger junger<br />

Mann ging zur Armee, um Kaiser und Reich zu dienen, doch nach kurzer Zeit bemerkte er, dass die<br />

Propagandabilder über die gut genährten und bewaffneten Soldaten nicht viel mit der Wirklichkeit gemein<br />

haben. Die Gewehre sind rostig, die Spieße stumpf und das Essen schlecht. Viel Geld, das der Kaiser in die<br />

Ausrüstung seiner Truppen steckt, bleibt bei den korrupten Offizieren hängen.<br />

Die Soldaten des Kaisers leben für ihn und sterben für ihn. Jedenfalls solange ihre Vorgesetzten zusehen.<br />

Kaiserliche Beamte<br />

Was die Armee in den unbefriedeten Regionen <strong>China</strong>s die kaiserliche Armee ist, sind die kaiserlichen Beamten<br />

im befriedeten Kernland. Jedoch reicht ihre Macht in der Praxis nur selten über die Stadtmauern hinaus. Die<br />

Beamten sind Richter, Ermittler, Zivilverwaltung. Sie haben ihr eigenes Personal: die Stadtbüttel, Gerichtsdiener<br />

und Ermittler sind nur indirekt dem Kaiser verpflichtet, eingeschworen sind sie auf ihren Stadtrichter. Und<br />

mancher Stadtrichter nennt eine eigene kleine Armee sein eigen, einige unterhalten sogar einen eigenen<br />

Geheimdienst, der zu weit mehr fähig ist, als nur bei Kriminalfällen zu ermitteln.<br />

Viele rechtschaffene Beamte gibt es, aber auch genügend, die ihre Macht zur eigenen Bereicherung nutzen. Hier<br />

sind viele Konflikte begründet, wenn Stadtrichter und Generäle sich gegenseitig ihre Macht beschneiden und mit<br />

den Korruptionsvorwürfen des jeweils anderen erpressen.<br />

Handelsgilde / Seefahrer<br />

Gegründet als Kundschafter des Kaisers, missbraucht als kaiserliche Marine. Doch unsere Herren sind keine<br />

Admiräle, keine Speichellecker des Kaisers. Zumal man uns nicht in die Verbotene Stadt einlässt, tragen wir<br />

doch zuviel Fremdes in uns. Seeleute sind wir, und ehrbare Kaufmänner. Wenn wir nach Wochen der Seefahrt<br />

heimkehren, warum sollen wir uns nicht bei den Apokalyptikern vergnügen? Wenn unsere Taschen leer sind,<br />

warum sollen wir den heuchlerischen Beamten nicht das Burn verkaufen, was diese nach außen hin hassen und<br />

nach innen hin lieben? Die Feinde des Kaisers sind nicht unsere Feinde, wir sind die Verbindung zwischen allen<br />

Gruppen im Reich der Mitte und auch zu den fremden Mächten.<br />

Kriegerhäuser<br />

Die Armee des Kaisers ist schwach. Ihre Soldaten haben Gewehre, aber kein Ehrgefühl. Wir kämpfen mit Faust,<br />

Schwert und Speer. Wir sind unabhängig. Jeder Schüler und jeder Lehrer der Kranich-Schule gehört zur Familie,<br />

ist verantwortlich für ihren Ruf. Wenn die Rebellen Verbrechen begehen, bekämpfen wir sie. Wenn die Soldaten<br />

Verbrechen begehen, bekämpfen wir sie. Wenn die Tiger-Schule Verbrechen begeht, bekämpfen wir sie. Aber<br />

warum hat der junge Hsu uns verlassen, um zur Armee zu gehen? Warum hat sich <strong>Mei</strong>ster Wang den Banditen<br />

angeschlossen? Sollte er nicht gegen <strong>Mei</strong>ster Liu von der Tiger-Schule kämpfen, um zu beweisen, welche Schule<br />

mehr Ehre besitzt?


Bleicher<br />

Als weltweit operierendes Unternehmen hatte die Recombination Group vor dem Eshaton auch im fernen Asien<br />

ihre Bunker angelegt. Doch die meisten davon waren keine Dispenser, sondern lediglich unterirdische<br />

Forschungsanlagen. In ihnen ruhten keine Schläfer, auch die Wachmannschaften waren nicht sehr sorgfältig<br />

ausgewählt. Denn diese Anlagen waren nicht dafür ausgelegt, über Jahrhunderte autark zu funktionieren. Doch<br />

die Wachmannschaften besaßen Erfindungsgeist und Improvisationstalent. Die Familien vieler RG-Mitarbeiter<br />

saßen die schreckliche Zeit nach der Katastrophe in den Bunkern aus, und genau wie in Europa, veränderten sie<br />

sich.<br />

Dann öffneten sich die Bunker. Das abergläubische Volk rief die Armee, als es die ersten Bleicher sah. Man<br />

erinnerte sich noch an die Geschichten über die Zeit vor dem Eshaton, über die weißhäutigen Menschen, die weit<br />

im Westen wohnen, irgendwo viele tausend <strong>Mei</strong>len hinter dem Wald aus Seelenfressenden Pflanzen. Gerüchte<br />

kamen auf über eine Invasion aus dem Westen, der Feind grabe sich durch die Erde, um das Reich anzugreifen!<br />

Die Bleicher aus den Bunkern, die die Armee finden konnte, wurden ausnahmslos umgebracht. Die Soldaten<br />

stürmten die Bunker und suchten nach dem unterirdischen Weg nach Westen. Wenige Bunker blieben verschont.<br />

Deren Bewohner überleben durch Heimlichkeit. Um ihre Vorräte aufzufüllen, brechen sie nachts in Scheunen<br />

und Schober ein, rauben Getreide und Vieh, ohne gesehen zu werden. Wenn die Not groß ist, so überfallen sie<br />

ganze Dörfer. Dann überlebt es niemand, der berichten könnte dass es keine gewöhnlichen Räuber waren.<br />

Schrotter<br />

Die Schrotter haben ein schweres Los in <strong>China</strong>. Nur gering ist ihre Ausbeute, gab es die meiste Technik doch in<br />

den Städten, und diese sind bis heute noch besiedelt. Die Artefakte, die man dort fand, wurden schon vor langer<br />

Zeit von den Soldaten der kaiserlichen Armee beschlagnahmt. Denn der Kaiser besitzt ein Monopol auf alle<br />

Artefakte aus der Zeit vor dem Eshaton. Jeder, der Schrott sammelt, benötigt eine Lizenz und muss all seine<br />

Ausbeute an die Stellvertreter des Kaisers, an Beamte und Militär verkaufen. Und besonders die Soldaten neigen<br />

dazu, schlecht oder gar nicht zu bezahlen, können sie den Schrotter doch einfach verschwinden lassen. Wer<br />

würde nach ihm fragen?<br />

Der Einzelne ist wehrlos. Daher machen sich die chinesischen Schrotter in großen Gruppen auf die<br />

Artefaktsuche, gemeinsam halten sie Räubern, Bestien und Soldaten stand. Systematisch schwärmen sie über die<br />

antiken Ruinen, und wo einmal gesucht wurde, ist danach nichts mehr zu finden. Doch das Land ist groß.<br />

Apokalyptiker<br />

Für sie sind die Zeiten noch härter als in Europa. Tagsüber verstecken sie sich in den Slums von Shanghai, doch<br />

nachts beherrschen sie die Stadt. Doch wehe, wer die Shanghai verlässt: Denn draußen wartet die Garde,<br />

erbarmungslos schlachtet sie jeden ab, der Burn schmuggelt, sich als Wandervogel zu erkennen gibt, die<br />

Ausgangssperre mißachtet oder dessen Gesicht den Soldaten nicht gefällt. Nur manchmal mischen sich<br />

Apokalyptiker unter die Nomaden, bringen Waren in und Burn aus der Stadt. Wie schaffen sie es, Kontakt zu<br />

halten zwischen der Stadt und den Apokalyptikern außerhalb? Wenn man die Seefahrer der Handelsgilde fragt,<br />

wissen sie von nichts...<br />

Sipplinge<br />

Im Leben der postapokalyptischen Chinesen spielen die traditionellen Beziehungen wieder eine große Rolle:<br />

- Fürst und Staatsdiener<br />

- Vater und Sohn<br />

- Mann und Frau<br />

- älterer Bruder und jüngerer Bruder<br />

- Freund und Freund<br />

Die meisten dieser Beziehungen sind Familienbande, weshalb fast jeder Chinese im weiteren Sinne als Sippling<br />

bezeichnet werden kann, oder zumindest ursprünglich Sippling war. Die Ehre der Familie steht über der Ehre des<br />

Einzelnen. Die meisten Sipplinge bleiben ihr Leben lang ihren Großfamilien treu.


- Bauern, Handwerker, Händler, Leibeigene<br />

Sipplinge bilden die Masse des Volkes: die Bürger der Städte, die Bewohner der unzähligen Dörfer, die Besitzer<br />

der kleinen, unabhängigen Höfe. Aus den Reihen dieser Sipplinge entwachsen die Mitglieder der Handelsgilde,<br />

die Schüler der Kriegerhäuser, die chinesischen Schrotter und die Soldaten des Kaisers.<br />

- Nomaden<br />

Eigentlich sehen sie sich nicht als Chinesen, aber das Reich hat sie dazu gemacht. Wild und frei ziehen sie<br />

umher, immer dort hin wo die Wiesen grün sind und das Vieh genug zu fressen findet. Egal, wer diese Wiesen<br />

sein eigen nennt. Die Bauern stört das, doch sie sind eingeschüchtert vom wilden Auftreten der Nomaden.<br />

Sie nennen sich Xiongnu, Hunnenkrieger. Ihre Heimat sind die großen Steppen im Westen des Landes. Der<br />

Eisgürtel, der sich nach dem Ende um die Erde legte und sich immer noch ausweitet, trieb sie nach Süden. Der<br />

langsam, aber unaufhaltsam wachsende Psychovorengürtel, der <strong>China</strong> vom Westen trennt, treibt sie nun in den<br />

dichter besiedelten Osten.<br />

Mit ihnen dringen die Sporen und das Burn in die Städte. Wie die bittere Ironie des Schicksals, tragen sie nun<br />

das nach Osten, wovor sie aus dem Westen fliehen.<br />

- Großgrundbesitzer<br />

Vor dem Eshaton waren sie enteignet und verfolgt worden, gestraft dafür, das Erbe ihrer Familien anzutreten.<br />

Als die neue Ordnung begann, besannen sie sich auf ihre Vergangenheit und rissen mit den alten,<br />

unbarmherzigen Methoden das Land wieder an sich. Das Land ist gigantisch, sie kaufen große Flächen<br />

unfruchtbaren Landes um sie gegen kleinere, fruchtbare Flächen einzutauschen. Die dummen Kleinbauern<br />

können ihre Familien nicht mehr ernähren, müssen erst das Land wieder zurückverkaufen, danach ihre<br />

Arbeitskraft und irgendwann ihre Freiheit.<br />

Durch die Schuldknechtschaft sammeln die Großgrundbesitzer Reichtum und Gefolgschaft.<br />

- Min'tuan<br />

Die Großgrundbesitzer führen ein grausames Regime und provozieren viel Unstimmung im Volk. Doch solange<br />

das Steuereinkommen stimmt, interessiert sich der Kaiser nicht dafür, von wem es stimmt. Und seine Armee<br />

schützt die Großgrundbesitzer nicht vor Aufständen. Die Min'tuan sind angeheuerte Schlägertruppen,<br />

kampfkräftige Schuldsklaven, Söldner, Abschaum. Die ausführende Hand der Großgrundbesitzer. Wenn ein<br />

Schuldner nicht zahlen will, kennen sie Methoden. Wenn ein Bauer sein Land nicht verkaufen will, ändern sie<br />

seine <strong>Mei</strong>nung.<br />

Durch den Reichtum ihrer Herren sind die Min'tuan gut ausgerüstet und motiviert. Ihre Truppenstärke kann sich<br />

manchmal sogar mit der kleinerer Kriegsherren messen. Und der Aufstieg zum Kriegsherrn ist für den Herren<br />

großer Min'tuan-Trupps nicht ausgeschlossen...


Kapitel 5: Tabellen<br />

Tabelle 1: Kulturkreis <strong>China</strong><br />

Kulte Attributsbonus Kenntnisse Prinzipien<br />

Kaiserliche Armee +1 Beweglichkeit Schriftsprache Fremdenfeindlich<br />

Kaiserliche Beamte +1 Ausstrahlung Laufen Militarist<br />

Handelsgilde Unbew. Nahkampf Starke Sippe<br />

Hauskrieger Umgang Stolz<br />

Bleicher Verstellen Tradition<br />

Schrotter<br />

Selbstbeherrschung<br />

Apokalyptiker<br />

Sippling<br />

Tabelle 2: Kaiserliche Armee<br />

Kenntnisse<br />

Artefaktkunde<br />

Erste Hilfe<br />

Militärtaktik<br />

Alle körperl. Kenntnisse<br />

Bew. Nahkampf<br />

Schusswaffen<br />

Führung<br />

Prinzipien<br />

Arroganz<br />

Fremdenfeindlich<br />

Gebranntes Kind<br />

Lethargie<br />

Militarist<br />

Sucht<br />

Verschwendung<br />

Rang Voraussetzung Verfügbare Ausrüstung Geld<br />

Rekrut Speer 200 Yüan<br />

Soldat BEW>Bew. Nahkampf 5 Lederpanzer, und: Speer 500 Yüan<br />

oder<br />

BEW> Schusswaffen 5<br />

oder Schwert<br />

Korporal BEW> Schusswaffen 5 Lederpanzer, Karabiner, 1.000 Yüan<br />

AUS> Führung 3 Bayonett<br />

Weibel BEW> Schusswaffen 5 Lederpanzer, Kupferhelm 1.500 Yüan<br />

AUS> Führung 5<br />

Hauptmann VER> Militärtaktik 3<br />

AUS> Führung 7<br />

General VER> Militärtaktik 5<br />

AUS> Führung 9<br />

Karabiner, Bayonett<br />

Kupferpanzer,<br />

Kupferhelm, Revolver,<br />

Nahkampfwaffe<br />

5.000 Yüan<br />

50.000 Yüan<br />

Tabelle 3: Kaiserliche Beamte<br />

Kenntnisse<br />

Schriftsprache<br />

Geisteskunde<br />

Rechtsprechung<br />

Bew. Nahkampf<br />

Verbergen<br />

Umgang<br />

Verstellen<br />

Prinzipien<br />

Dekadenz<br />

Elitedenken<br />

Fanatismus<br />

Gnadenlos<br />

Rechtschaffen<br />

Moralist<br />

Rang Voraussetzung Verfügbare Ausrüstung Geld<br />

Büttel Uniform, Speer 500 Yüan<br />

Gerichtsdiener VER> Rechtsprechung 3 Lederpanzer, Kupferhelm 1.500 Yüan<br />

BEW> Nahkampf 3 Speer oder Schwert<br />

Ermittler/Agent BEW> Nahkampf 3<br />

5.000 Yüan<br />

PSY> Verstellen 5<br />

Stadtrichter VER> Geisteskunde 5<br />

VER> Rechtsprechung 7<br />

15.000 Yüan


Tabelle 4: Handelsgilde<br />

Kenntnisse<br />

Ortskunde<br />

Zahlenkunde<br />

Schwimmen<br />

Wasserfahrzeuge<br />

Verhandeln<br />

Glücksspiel<br />

Prinzipien<br />

Bindeglied<br />

Gier<br />

Lebenslust<br />

Verschwendung<br />

Spieler<br />

Rang Voraussetzung Verfügbare Ausrüstung Geld<br />

Matrose BEW>Wasserfahrzeuge 1 Ölzeug 500 Yüan<br />

Seefahrer BEW>Wasserfahrzeuge 3 Ölzeug 700 Yüan<br />

Händler AUS> Verhandeln 5 Einspänner, Waren für 5.000 Yüan<br />

500<br />

Kapitän BEW>Wasserfahrzeuge 5 Dschunke<br />

5.000 Yüan<br />

AUS> Führung 7<br />

Handelsherr VER> Zahlenkunde 5 Kontor, Dschunke 20.000 Yüan<br />

AUS> Verhandeln 7<br />

Gildenrat NSC 50.000 Yüan<br />

Tabelle 5: Kriegerhäuser<br />

Kenntnisse<br />

Schriftsprache<br />

Legendenkenntnis<br />

Geisteskunde<br />

alle körperl. Kenntnisse<br />

Bew. Nahkampf<br />

Unb. Nahkampf<br />

Umgang<br />

Empathie<br />

Prinzipien<br />

Darf keine Feuerwaffen lernen und nutzen<br />

Elitedenken<br />

Genügsamkeit<br />

Loyalität<br />

Mitleid<br />

Moralist<br />

Stolz<br />

Rang Voraussetzung Verfügbare Ausrüstung Geld<br />

Schüler BEW> bel. Nahkampf 3 0 Yüan<br />

Hauskrieger BEW> bel. Nahkampf 5 Nahkampfwaffe 200 Yüan<br />

Favorit BEW> bel. Nahkampf 7 Nahkampfwaffe<br />

200 Yüan<br />

AUS> Umgang 3<br />

<strong>Mei</strong>ster BEW> bel. Nahkampf 9<br />

AUS> Umgang 5<br />

besondere<br />

Nahkampfwaffe<br />

500 Yüan<br />

Tabelle 6: Sippling - Beispiel: Min’tuan<br />

Rang Voraussetzung Verfügbare Ausrüstung Geld<br />

Schuldsklave<br />

1.000 Yüan Schulden<br />

Schläger BEW> Unb. Nahkampf 2 500 Yüan<br />

Min’tuan BEW> Bew. Nahkampf 4 Nahkampfwaffe 750 Yüan<br />

Scherge BEW> Bew. Nahkampf 5 Nahkampfwaffe oder 1000 Yüan<br />

AUS> Dominieren 3 Karabiner, Pferd<br />

Großgrundbesitzer VER> Zahlenkunde 5<br />

AUS> Dominieren 7<br />

Landgut<br />

10.000 Yüan<br />

Währung: 10 Yüan = 1 CW

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