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Download des Kongressberichts - Westdeutsches Tumorzentrum ...

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<strong>Westdeutsches</strong> <strong>Tumorzentrum</strong>s (WTZ)<br />

Symposium zur<br />

ASCO-Jahrestagung 2010<br />

Bereits zum zweiten Mal hatte das Westdeutsche <strong>Tumorzentrum</strong> Essen (WTZ)<br />

onkologisch tätige Ärzte aus der Region Rhein-Ruhr in die Essener Philharmonie<br />

eingeladen, um ausgewählte Präsentationen der Jahrestagung 2010 der<br />

American Society of Oncology (ASCO) vorzustellen und zu bewerten.<br />

Professor Dr. Martin Schuler, Direktor der Inneren Klinik am Universitätsklinikum<br />

Essen und Gastgeber der Veranstaltung, konnte mehr als 100 Teilnehmer<br />

begrüßen, die sich über praxisrelevante Fortschritte in der Onkologie<br />

informierten.<br />

Inhalt:<br />

Thorakale Tumore 1<br />

(W. Eberhardt)<br />

Kolonkarzinome 3<br />

(H. Wilke)<br />

Tumore <strong>des</strong> oberen<br />

Gastrointestinaltrakts 4<br />

(T. Trarbach)<br />

Gynäkologische Tumore 6<br />

(A. Welt)<br />

Urogenitale Tumore 8<br />

(Th. Gauler)<br />

Weichteilsarkome 11<br />

(S. Bauer)<br />

Neuroonkologische Tumore 12<br />

(J. Hense)<br />

Thorakale Tumore<br />

Dr. med. Wilfried Eberhardt,<br />

Leitender Oberarzt an der Inneren Klinik (Tumorforschung) <strong>des</strong> Universitätsklinikums Essen –<br />

<strong>Westdeutsches</strong> <strong>Tumorzentrum</strong>. Geschäftsführer <strong>des</strong> Westdeutschen Lungenkrebszentrums<br />

(Universitätsklinikum/Ruhrlandklinik)<br />

Neuer Therapiestandard für NSCLC-Patienten über 70 Jahre<br />

Originalpräsentation (Abstract 2):<br />

E. Quoix et al.: Weekly paclitaxel combined<br />

with monthly carboplatin versus<br />

single-agent therapy in patients age 70<br />

to 89: IFCT-0501 randomized phase III<br />

study in advanced non-small cell lung<br />

cancer (NSCLC).<br />

Auch Patienten jenseits von 70 Jahren<br />

mit fortgeschrittenem NSCLC und<br />

gutem bis mäßigem Allgemeinzustand<br />

profitieren klinisch relevant von einer<br />

vergleichsweise intensiveren, aber dennoch<br />

gut verträglichen Kombinationschemotherapie.<br />

Progressionsfreies<br />

und Gesamt-Überleben lassen sich so<br />

signifikant steigern. Hohes Alter allein<br />

ist damit kein Argument mehr für eine<br />

„sanftere“ Monotherapie.<br />

Studien mit alten Menschen sind nach<br />

wie vor rar und das, obwohl das Durchschnittsalter<br />

der Lungenkrebspatienten<br />

kontinuierlich ansteigt. Diese Phase-III-<br />

Studie der französischen Arbeitsgruppe<br />

um E. A. Quoix setzt damit ein Zeichen:<br />

Die 451 beteiligten Patienten mit fortgeschrittenem<br />

NSCLC waren 70 bis 89 Jahre<br />

alt und in ihrem Allgemeinzustand nur<br />

mäßig eingeschränkt (WHO Performance<br />

Status 0 bis 2). Sie wurden in zwei Arme<br />

randomisiert: Patienten in Arm A erhiel-<br />

Abb. 1 Monotherapie (Gemcitabin oder Vinorelbin) versus Kombinationstherapie<br />

(Carboplatin plus Paclitaxel): Gesamtüberleben<br />

ten Gemcitabin (1.150 mg/m 2 ) oder<br />

Vinorelbin (30 mg/m 2 , d1, d8) in dreiwöchentlich<br />

zu verabreichender Monotherapie,<br />

Patienten in Arm B erhielten<br />

vierwöchentlich Carboplatin (AUC 6)<br />

plus Paclitaxel (90 mg/m 2 , d1, d8, d15).<br />

Die Patienten in Arm A erhielten fünf,<br />

die in Arm B vier Zyklen dieser Behandlung.<br />

Für den Fall toxizitätsbedingter<br />

Abbrüche oder beim Fortschreiten der<br />

Erkrankung wurde eine Zweitlinientherapie<br />

mit Erlotinib (150 mg/d) festgelegt.<br />

Primärer Endpunkt der Studie war das<br />

Gesamtüberleben.<br />

Bei Auswertung der Studie konnten<br />

313 Patienten berücksichtigt werden,


die Ergebnisse für Patienten mit Kombinationstherapie<br />

(Arm B) waren signifikant<br />

besser: Das mediane Gesamtüberleben<br />

betrug 10,3 Monate in Arm B versus<br />

6,2 Monate in Arm A. Ähnlich beeindruckend<br />

die Ergebnisse beim progressionsfreien<br />

Überleben: Arm B mit<br />

median 6,3 Monaten, Arm A mit median<br />

3,2 Monaten.<br />

Die besseren Behandlungsergebnisse<br />

werden mit einer höheren Toxizitätsrate<br />

erkauft. Grad-3/4-Toxizitäten lagen in<br />

Arm B bei 54,1 Prozent, in Arm A nur<br />

bei 17,9 Prozent. In Bezug auf frühe To<strong>des</strong>fälle<br />

gab es zwischen Arm B (16,6<br />

Prozent) und Arm A (23,7 Prozent) keine<br />

signifikanten Unterschiede.<br />

Fazit<br />

Wann immer möglich, sollten auch<br />

NSCLC-Patienten über 70 Jahre künftig<br />

mit einer Kombinationschemotherapie<br />

behandelt werden. Entscheidend<br />

sind das biologische Alter und<br />

vorhandene Co-Morbiditäten.<br />

Neue Option für NSCLC-Patienten mit nachgewiesenem EML4-ALK-Fusions-Onkogen<br />

Originalpräsentation (Abstract 3):<br />

Y. Bang et al.: Clinical activity of the<br />

oral ALK inhibitor PF-02341066 in<br />

ALKpositive patients with non-small<br />

cell lung cancer (NSCLC).<br />

Das Konzept der personalisierten Behandlung<br />

von NSCLC-Patienten wird<br />

durch eine Phase-II-Studie mit dem oral<br />

einsetzbaren ALK-Inhibitor PF-02341066<br />

(Crizotinib) gestützt: Patienten mit nachgewiesenem<br />

EML4-ALK-Fusionsgen<br />

sprechen auf diese Behandlung sehr gut<br />

an. Allerdings kommt das Fusionsgen<br />

nur bei etwa 4 Prozent der NSCLC-Patienten<br />

vor.<br />

Als eine Substanz mit „unvorhersehbarer<br />

Ansprechrate“ wurde Crizotinib beim<br />

ASCO bezeichnet. Diese Einschätzung<br />

mag mit ein Grund dafür gewesen sein,<br />

dass diese offene Phase-II-Studie sehr<br />

prominent in einer Plenarsitzung präsentiert<br />

wurde.<br />

82 NSCLC-Patienten mit nachgewiesenem<br />

Fusionsgen nahmen zweimal<br />

täglich 250 Milligramm Crizotinib ein.<br />

Die meisten dieser Patienten litten an<br />

einem Adenokarzinom und waren<br />

Nichtraucher oder ehemalige Raucher.<br />

Bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung<br />

waren 50 Patienten evaluierbar. Die Gesamtansprechrate<br />

(overall response rate,<br />

ORR) betrug 57 Prozent, die Krankheitskontrollrate<br />

(disease control rate, DCR)<br />

87 Prozent. Die Ansprechraten wurden<br />

alle acht Wochen mit radiografischen<br />

Untersuchungen nach RECIST-Kriterien<br />

bestimmt. Die Krankheitskontrollrate<br />

bezeichnet den Anteil der Patienten,<br />

die nach RECIST-Kriterien in kompletter<br />

(CR) oder Teil-Remission (PR) waren<br />

oder deren Erkrankung als stabil („stable<br />

disease“) eingestuft wurde.<br />

Das mediane progressionsfreie Überleben<br />

ist derzeit noch nicht erreicht.<br />

Übelkeit (55 %) und Erbrechen (39 %)<br />

waren die häufigsten Nebenwirkungen.<br />

Das Sicherheitsprofil insgesamt ist ausgezeichnet.<br />

Eine große randomisierte<br />

Phase-III-Studie hat mittlerweile mit der<br />

Rekrutierung begonnen.<br />

Fazit<br />

In Zukunft ist beim NSCLC nicht nur<br />

nach EGFR-Mutationen, sondern<br />

auch nach EML4-ALK-Fusionsgenen<br />

zu suchen. Allerdings profitieren angesichts<br />

<strong>des</strong> selten vorkommenden<br />

Fusionsgens nur sehr wenige Patienten.<br />

Für Raucher – und das sind<br />

mehr als 80 Prozent der Patienten –<br />

existiert bisher noch kein einziges<br />

personalisiertes Behandlungskonzept.<br />

EGFR-TKI – Was gibt es Neues?<br />

Tyrosinkinase-Inhibitoren, die den Rezeptor<br />

<strong>des</strong> Epidermal Growth Factor<br />

(EGFR) kompetitiv besetzen, gehören<br />

zu den Hoffnungsträgern in der Behandlung<br />

thorakaler Tumoren. Beim<br />

diesjährigen ASCO gab es dazu allerdings<br />

keine wirklich einheitlichen<br />

Neuigkeiten.<br />

Gefitinib enttäuschte in einer Phase-III-<br />

Studie zum adjuvanten Einsatz nach<br />

vollständiger Resektion von NSCLC-<br />

Tumoren im Stadium IA bis IIIB<br />

(Abstract 7005). Bei Erlotinib ist nach<br />

wie vor nicht klar, inwieweit ein unselektierter<br />

Einsatz tatsächlich Sinn<br />

macht. Zumin<strong>des</strong>t in der Sequenztherapie<br />

nach Cisplatin/Gemcitabin-Kombitherapie<br />

kann Erlotinib sinnvoll sein<br />

(Abstract 7508). Aus klinischer Sicht<br />

scheinen außerdem Frauen mit Adenokarzinomen,<br />

fortgeschrittener Krankheit<br />

und schlechtem Allgemeinzustand von<br />

Erlotinib zu profitieren (Abstract 7504).<br />

Nach wie vor wird kontrovers darüber<br />

diskutiert, ob nicht auch die – nicht<br />

immer einwandfreie – Qualität der<br />

EGFR-Mutationsanalysen indirekt mit<br />

verantwortlich sein könnten für die<br />

manchmal diffus erscheinenden klinischen<br />

Ergebnisse. Mit verbesserter<br />

Analysetechnik und der konsequenten<br />

Analyse von EGFR-mutierten Subgruppen<br />

wird demnächst hoffentlich Licht<br />

ins Dunkel zu bringen sein.<br />

Ein Problem, das alle bisher verfügbaren<br />

EGFR-TKI teilen, ist die Resistenzentwicklung.<br />

Diesbezüglich kann man<br />

nur auf erfolgreiche Forschungsanstrengungen<br />

der kommenden Jahre hoffen.<br />

Fazit<br />

Wir sollten auch zukünftig EGFR-<br />

Mutationsanalysen durchführen<br />

lassen, besonders im Rahmen der<br />

Erstlinientherapie. Die Analyse ist<br />

auch unverzichtbar, wenn wir mehr<br />

über Resistenzverhalten und Therapiealternativen<br />

lernen möchten. Bei<br />

Frauen mit fortgeschrittenen Adenokarzinomen<br />

und schlechtem Allgemeinzustand<br />

ist eine Erlotinib-Therapie<br />

möglicherweise auch ohne Mutationsanalyse<br />

sinnvoll.


Gastrointestinale Tumore I: Kolonkarzinom<br />

Prof. Dr. med. Hansjochen Wilke, Chefarzt und Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin IV,<br />

Internistische Onkologie/Hämatologie, Zentrum für Palliativmedizin an den Kliniken Essen-Mitte.<br />

Prognose I: Identifizierung von Hochrisikopatienten<br />

Original-Präsentation (Abstract 3513):<br />

R. Rosenberg et al.: Independent<br />

validation of a prognostic genomic<br />

profile (ColoPrint) for stage II colon<br />

cancer (CC) patients<br />

Kolonkarzinom-Patienten im Stadium II<br />

profitieren in erster Linie dann von einer<br />

Chemotherapie, wenn sie zum Hochrisikokollektiv<br />

gehören. Validierte Prognosemarker<br />

könnten <strong>des</strong>halb ein wichtiges<br />

Instrument zur Planung der weiteren<br />

Therapie darstellen.<br />

Mit welcher Wahrscheinlichkeit sich<br />

im weiteren Verlauf der Erkrankung<br />

Fernmetastasen bilden, lässt sich überraschend<br />

genau mit einem Test namens<br />

Coloprint herausfinden. Der Test basiert<br />

auf einem 18-Gen-Profil und wurde<br />

von der Münchner Arbeitsgruppe um<br />

R. Rosenberg validiert. Die Gruppe<br />

untersuchte Gewebeproben und Dokumentationen<br />

von 232 Patienten mit<br />

Stadium-II oder –III-Kolonkarzinomen,<br />

die in München zwischen 1987 und<br />

2003 kurativ R0-reseziert worden<br />

waren. Die mit dem Test ermittelten<br />

Ergebnisse verglichen die Untersucher<br />

anschließend mit den dokumentierten<br />

klinischen Verläufen.<br />

Immerhin 90 Prozent der Hochrisikopatienten<br />

aus diesem Kollektiv ließen<br />

sich mit Hilfe <strong>des</strong> Coloprint-Tests<br />

identifizieren. Klinik-basierte Einschätzungen<br />

wie sie beispielsweise auf<br />

Grundlage der ASCO-Empfehlungen<br />

möglich sind, schneiden allerdings<br />

wesentlich schlechter ab: Nur etwa<br />

50 Prozent <strong>des</strong> Hochrisikokollektivs<br />

lässt sich anhand von Parametern wie<br />

T4, Perforation oder Lymphknotenbefall<br />

detektieren.<br />

Prognose II: Mediane Überlebenszeit nach erstem Rückfall<br />

Originalpräsentation (Abstract 3504):<br />

A.Roth et al.: Molecular and clinical<br />

determinants of survival following relapse<br />

after curative treatment of stage II-III<br />

colon cancer (CC): Results of the translational<br />

study on the PETACC 3-EORTC<br />

40993- SAKK 60-00 trial.<br />

Für die Prognose der Überlebenszeit<br />

nach dem ersten Rückfall von Patienten<br />

mit Stadium-II- oder -III-Kolonkarzinom<br />

hat eine Arbeitsgruppe um A. Roth drei<br />

besonders aussagekräftige (und statistisch<br />

hochsignifikante) Parameter identifiziert:<br />

BRAF: mutiert oder Wildtyp<br />

Tumorlokalisation: rechts (aufsteigend)<br />

oder links (absteigend)<br />

Time to Relapse (TTR): Zeit von der<br />

Operation bis zum ersten Rückfall:<br />

bis zu 18 Monaten = early relapse<br />

oder mehr als 18 Monate = late<br />

relapse<br />

Patienten mit mutiertem BRAF-Gen<br />

überleben median nur 7,5 Monate;<br />

solche mit Wildtyp-BRAF dagegen<br />

25,2 Monate. Liegt der Tumor rechts<br />

(Colon ascendens) beträgt die mediane<br />

Überlebenszeit 16,1 Monate, dagegen<br />

28,6 Monate, wenn der Tumor im Colon<br />

<strong>des</strong>cendens lokalisiert ist. Die mediane<br />

Überlebenszeit bei frühem Rückfall<br />

(early relapse) beträgt 17,9 Monate, bei<br />

spätem Rückfall (late relapse) dagegen<br />

30 Monate.<br />

Fazit<br />

Es ist dringend zu empfehlen, diese<br />

drei prognostischen Parameter für<br />

Studien mit Patienten, deren Kolonkarzinom<br />

bereits metastasiert ist, als<br />

Stratifikationskriterien einzusetzen.<br />

Adjuvante Chemotherapie: Kein Vorteil für Cetuximab<br />

Titel der Originalpräsentationen:<br />

(CRA3507) S. R. Alberts et al.: Adjuvant<br />

mFOLFOX6 with or without cetuxiumab<br />

(Cmab) in KRAS wild-type (WT) patients<br />

(pts) with resected stage III colon cancer<br />

(CC): Results from NCCTG Intergroup<br />

Phase III Trial N0147.<br />

(3508) R. M. Goldberg et al.: Adjuvant<br />

mFOLFOX6 plus or minus cetuximab<br />

(Cmab) in patients (pts) with KRAS<br />

mutant (m) resected stage III colon<br />

cancer (CC): NCCTG Intergroup<br />

Phase III Trial N0147.<br />

Bei der ASCO-Jahrestagung 2009 war<br />

bereits gezeigt worden, dass resezierte<br />

Kolonkarzinom-Patienten mit Wildtyp-<br />

KRAS im Stadium II zwar von einer<br />

Chemotherapie (FOLFOX), nicht aber<br />

vom Zusatz eines VEGF-Antikörpers<br />

(Bevacizumab) profitieren. In diesem Jahr<br />

nun wurden Daten präsentiert, die belegen,<br />

dass der Zusatz <strong>des</strong> EGFR-Antikörpers<br />

Cetuximab weder bei Wildtyp-KRAS<br />

noch bei mutiertem KRAS sinnvoll ist.<br />

Mehr als 1.760 resezierte Wildtyp-KRAS-<br />

Patienten im Stadium III nahmen an der<br />

Studie von S. R. Alberts et al. teil. Eine<br />

Gruppe wurde mit FOLFOX allein, die<br />

zweite mit FOLFOX plus Cetuximab behandelt.<br />

Die Dreijahresdaten zum krankheitsfreien<br />

Überleben belegen keinen<br />

Vorteil für die Behandlung mit FOLFOX<br />

plus Cetuximab gegenüber einer alleinigen<br />

Therapie mit FOLFOX. Ein Cetuximab-Vorteil<br />

ließ sich in keiner Untergruppe<br />

nachweisen. Besonders deutlich<br />

waren die Nachteile der Cetuximab-<br />

Gruppe bei Patienten über 70 Jahre.<br />

Ganz ähnliche Befunde präsentierte<br />

R. M. Goldberg für die Gruppe der<br />

resezierten mutierten KRAS-Patienten. In


der Studie mit insgesamt mehr als<br />

650 Patienten im Stadium III beeinträchtigte<br />

die Zugabe von Cetuximab<br />

zum FOLFOX-Regime das krankheitsfreie<br />

Überleben statistisch signifikant,<br />

einen negativen Trend gab es hinsichtlich<br />

<strong>des</strong> Gesamtüberlebens. Auch hier<br />

waren die Unterschiede zwischen beiden<br />

Behandlungsgruppen besonders ausgeprägt<br />

bei über 70-jährigen Patienten.<br />

Cetuximab bei metastasierten<br />

Wildtyp-KRAS-Karzinomen<br />

bestätigt<br />

Beim metastasierten Wildtyp-KRAS-Kolonkarzinomen<br />

ist der Zusatz von Cetuximab<br />

zur Chemotherapie nach wie vor<br />

sinnvoll, wie eine Arbeitsgruppe um<br />

C. Bokemeyer belegen konnte<br />

(Abstract 3506).<br />

Fazit<br />

Im Stadium III <strong>des</strong> Kolonkarzinoms<br />

bleiben FOLFOX oder Fluoropyrimidin<br />

die Therapien der Wahl. Eine adjuvante<br />

Chemotherapie im Stadium II<br />

ist eine Option für Hochrisiko-Patienten.<br />

Bei über 70-jährigen Patienten<br />

kommt eine Chemotherapie nur infrage,<br />

wenn der Allgemeinzustand<br />

gut ist und keine relevanten Komorbiditäten<br />

vorliegen. Der Wert von Cetuximab<br />

bei Wildtyp-KRAS-Patienten<br />

mit metastasiertem Kolonkarzinom<br />

bleibt unbestritten.<br />

Gastrointestinale Tumore II:<br />

Ösophagus-, Magenund<br />

Pankreaskarzinom<br />

Dr. med. Tanja Trarbach, MSc., Innere Klinik (Tumorforschung) <strong>des</strong> Universitätsklinikums Essen –<br />

<strong>Westdeutsches</strong> <strong>Tumorzentrum</strong> – Ärztliche Sprecherin <strong>des</strong> Westdeutschen Magen-Darm-Zentrums<br />

Metastasiertes Pankreaskarzinom: FOLFIRINOX ist Gemcitabin deutlich überlegen<br />

Originalpräsentation (Abstract 4010)<br />

T. Conroy et al.: Randomized phase III<br />

trial comparing FOLFIRINOX (F: 5FU/<br />

leucovorin [LV], irinotecan [I], and oxaliplatin<br />

[O]) versus gemcitabine (G) as<br />

first-line treatment for metastatic pancreatic<br />

adenocarcinoma (MPA): Preplanned<br />

interim analysis results of the PRO-<br />

DIGE 4/ACCORD 11 trial.<br />

Die Arbeitsgruppe von T. Conroy hatte<br />

bereits beim ASCO 2007 berichtet,<br />

dass etwa 30 Prozent der Patienten mit<br />

metastasiertem Pankreaskarzinom auf<br />

eine Therapie mit 5-FU ansprechen. In<br />

diesem Jahr konnte die Gruppe nun von<br />

wirklich bemerkenswerten Fortschritten<br />

in der medikamentösen Behandlung<br />

berichten.<br />

342 chemotherapienaive Patienten mit<br />

gutem Allgemeinzustand (PS 0 bis 1)<br />

und einem medianen Alter von 60 Jahren<br />

wurden entweder mit einer Kombination<br />

aus 5-FU, Leucovorin, Irinotecan<br />

und Oxaliplatin (FOLFIRINOX) oder<br />

mit Gemcitabin allein behandelt. In<br />

Bezug auf Ansprechrate (ORR), progressionsfreies<br />

Überleben (PFS) und Gesamtüberleben<br />

ergaben sich überzeugende<br />

Verbesserungen (ORR 31 versus 9,4 Prozent;<br />

PFS 6,4 versus 3,3 Monate;<br />

OS 11,1 versus 6,8 Monate).<br />

Nicht nur die Überlebenszeit verlängerte<br />

sich unter FOLFIRINOX, die Verschlechterung<br />

der Lebensqualität konnte<br />

ebenfalls verzögert werden. Und das,<br />

obwohl FOLFIRINOX das toxischere<br />

Regime darstellt. Nebenwirkungen<br />

sind unter anderem mit der Gabe von<br />

G-CSF, das 42 Prozent der Patienten<br />

in der FOLFIRINOX-Gruppe erhielten,<br />

gut beherrschbar.<br />

Fazit<br />

FOLFIRINOX ist der Gemcitabin-Therapie<br />

in Hinblick auf ORR, PFS und<br />

OS deutlich überlegen. Trotz der erhöhten<br />

Toxizität sollte diese Therapie<br />

für Patienten mit metastasiertem<br />

Pankreaskarzinom und ansonsten<br />

gutem Allgemeinzustand erwogen<br />

werden.<br />

Ösophaguskarzinom: Stellenwert der neoadjuvanten Radiochemotherapie<br />

Original-Präsentationen (Abstracts 4004<br />

und 4005):<br />

A. van Gaast et al.: Effect of preoperative<br />

concurrent chemoradiotherapy<br />

on survival of patients with resectable<br />

esophageal or esophagogastric junction<br />

cancer: Results from a multicenter<br />

randomized phase III study.<br />

C. Mariette et al.: Surgery alone versus<br />

chemoradiotherapy followed by surgery<br />

for localized esophageal cancer: Analysis<br />

of a randomized controlled phase III<br />

trial FFCD 9901.<br />

Nach wie vor ist die R0-Resektion die<br />

beste Methode zur Behandlung von Ösophagealkarzinomen.<br />

In zwei Phase-III-


Studien wurde die Frage untersucht, ob<br />

eine neoadjuvante Radiochemotherapie<br />

(RCT) die Chancen für eine R0-Resektion<br />

und damit auch das Gesamtüberleben<br />

verbessern können.<br />

Die Ergebnisse variieren je nach Stadium<br />

der zugrundeliegenden Erkrankung:<br />

Die Gruppe um A. van Gaast<br />

konnte nachweisen, dass sich bei lokal<br />

fortgeschrittenem Ösophaguskarzinom<br />

sowohl die R0-Resektionsrate (92 versus<br />

67 Prozent) als auch die mediane Überlebenszeit<br />

(49 versus 26 Monate) signifikant<br />

verbessern lassen, wenn vor dem<br />

chirurgischen Eingriff eine RCT durchgeführt<br />

wurde (Paclitaxel 50 mg/m² und<br />

Carboplatin (AUC = 2) an Tag 1, 8, 15,<br />

22 und 29, Radiotherapie mit 41,4 Gy<br />

in 23 Fraktionen an 5 Tagen pro Woche).<br />

Das Toxizitätsprofil der RCT war vertretbar.<br />

Anders sieht es bei der Behandlung<br />

früher Stadien aus: C. Mariette und Kollegen<br />

zeigten, dass eine neoadjuvante<br />

RCT in den Stadien I und II das Gesamtüberleben<br />

nicht positiv beeinflusst. Im<br />

RCT-Arm zeigte sich zudem ein Trend<br />

zu einer erhöhten perioperativen Mortalität.<br />

Diese negativen Ergebnisse der<br />

präsentierten Interims-Analyse führten<br />

zum vorzeitigen Abbruch der Studie.<br />

Fazit<br />

Für die Behandlung lokal fortgeschrittener<br />

Ösophaguskarzinome konnte<br />

der Benefit einer neoadjuvanten RCT<br />

eindeutig belegt werden. Hingegen ist<br />

in den frühen Tumorstadien (I und II)<br />

der Einsatz derselben nicht indiziert.<br />

Metastasiertes Magenkarzinom: Bei älteren Patienten Zusatz von Docetaxol sinnvoll<br />

Original-Präsentation (Abstract 4013)<br />

S. Al-Batran: 5-fluorouracil, leucovorin,<br />

and oxaliplatin with or without<br />

docetaxel in elderly (65 years or older)<br />

patients with esophagogastric cancer:<br />

FLOT65+ trial of the Arbeitsgemeinschaft<br />

Internistische Onkologie (AIO).<br />

Gerade ältere Patienten erhalten aus<br />

Gründen der besseren Verträglichkeit<br />

eher selten komplexe Kombinationschemotherapien.<br />

Diese Studie der AIO<br />

untersucht, ob über 65-Jährige profitieren,<br />

wenn der FLO-Therapie (5-FU,<br />

Leucovorin, Oxaliplatin) noch Docetaxel<br />

(T) zugesetzt wird.<br />

Mit FLOT konnte im Vergleich zu FLO<br />

die Ansprechrate (ORR) von 27,5 auf<br />

49,3 Prozent gesteigert werden, das PFS<br />

verlängerte sich von 6,7 auf 9,1 Monate.<br />

Die Gesamtüberlebenszeit wurde statistisch<br />

nicht signifikant verlängert.<br />

FLOT führte zwar zu erhöhter Toxizität,<br />

allerdings war die Inzidenz schwerwiegender<br />

Nebenwirkungen nicht erhöht.<br />

Auch therapiebedingte Behandlungsunterbrechungen<br />

oder To<strong>des</strong>fälle kamen<br />

unter FLOT nicht häufiger vor als unter<br />

FLO. Das Toxizitätsprofil unterschied<br />

sich zudem nicht von dem, das bei<br />

jüngeren Patienten beobachtet wurde.<br />

Fazit<br />

Auch ältere Patienten profitieren von<br />

einer Kombinationschemotherapie,<br />

hier speziell vom Docetaxel-Zusatz.<br />

Im Juli 2010 wird eine randomisierte<br />

Studie zum Vergleich von FLOT und<br />

ECF (Epirubicin, Cisplatin, 5-FU) im<br />

perioperativen Setting initiiert.<br />

Metastasiertes Magenkarzinom: Chemotherapie plus Bevacizumab nicht überzeugend<br />

Original-Präsentation (Abstract LBA4007)<br />

Y. Kang et al.: AVAGAST: A randomized<br />

double-blind, placebo-controlled, phase<br />

III study of first-line capecitabine and<br />

cisplatin plus bevacizumab or placebo<br />

in patients with advanced gastric cancer<br />

(AGC).<br />

Bei fortgeschrittenem Magenkarzinom<br />

beträgt die Überlebenszeit in den meisten<br />

Phase-III-Studien weniger als ein<br />

Jahr. In der AVAGAST-Studie wurde<br />

geprüft, ob der Zusatz von Bevacizumab<br />

zur etablierten Chemotherapie (Cisplatin/<br />

Capecitabin) das Gesamtüberleben (primärer<br />

Endpunkt der Studie) verbessert.<br />

Sekundäre Endpunkte waren unter anderem<br />

progressionsfreies Überleben (PFS)<br />

und Gesamtansprechrate (ORR).<br />

Etwa die Hälfte der 774 Patienten<br />

stammten aus Asien, ein Drittel aus<br />

Abb. 2 AVAGAST-Studie. Der Zusatz von Bevacizumab (Bev) zu Cisplatin/Capecitabin<br />

(XP) verlängert das Gesamtüberleben nicht signifikant.


Europa und ein Fünftel aus Nord-, Mittelund<br />

Südamerika. Der primäre Endpunkt<br />

der Studie wurde nicht erreicht, ein<br />

signifikant längeres Überleben unter<br />

Chemotherapie plus Bevacizumab war<br />

nicht nachweisbar (Abb. 2).<br />

Bei der Subgruppenanalyse zeigte sich,<br />

dass die pan-amerikanischen Studienteilnehmer<br />

in Bezug auf das Gesamtüberleben<br />

am meisten profitierten, eine<br />

schlüssige Erklärung dafür konnte nicht<br />

geliefert werden.<br />

PFS und ORR waren im experimentellen<br />

Arm mit 6,7 versus 5,3 Monaten sowie<br />

46 versus 37 Prozent zwar signifikant<br />

verbessert. Der Zusatz von Bevacizumab<br />

zur etablierten Chemotherapie lässt sich<br />

daraus jedoch nicht ableiten.<br />

Fazit<br />

Diese Studie liefert keine Legitimation<br />

zum Einsatz von Bevacizumab<br />

beim metastasierten Magenkarzinom.<br />

Die Daten der REAL-3-Studie mit Panitumumab<br />

und der EXPAND-Studie<br />

mit Cetuximab bleiben abzuwarten.<br />

Gynäkologische Tumore<br />

Dr. med. Anja Welt, Innere Klinik (Tumorforschung) <strong>des</strong> Universitätsklinikums Essen –<br />

<strong>Westdeutsches</strong> <strong>Tumorzentrum</strong><br />

Hormontherapie bei Brustkrebs:<br />

Übergewicht beschränkt Aromatasehemmer-Wirkung<br />

Original-Präsentation (Abstract 512)<br />

G. Pfeiler et al.: Impact of body mass<br />

index (BMI) on endocrine therapy in<br />

premenopausal breast cancer patients:<br />

An analysis of the ABCSG-12 trial.<br />

Die Autorengruppe um G. Pfeiler wertete<br />

Daten der bereits beim ASCO 2008<br />

präsentierten ABCSG-Studie aus, in<br />

der die Wirkung von Tamoxifen und<br />

Anastrozol allein oder jeweils in Kombination<br />

mit Zoledronsäure bei prämenopausalen<br />

Patientinnen untersucht wurde.<br />

Die erneute Analyse hatte zum Ziel,<br />

den Einfluss von Übergewicht auf die<br />

Wirkung <strong>des</strong> Östrogenantagonisten und<br />

<strong>des</strong> Aromatasehemmers zu prüfen.<br />

Die Ergebnisse: Tamoxifen wirkt unabhängig<br />

vom Gewicht der Patientin.<br />

Anastrozol dagegen verliert an Wirksamkeit<br />

bei Patientinnen mit Übergewicht<br />

(BMI 25 kg/m 2 oder mehr). Übergewichtige<br />

Patientinnen unter Anastrozol entwickeln<br />

nahezu doppelt so häufig Fernmetastasen<br />

wie normalgewichtige Patientinnen.<br />

Außerdem ist das Risiko, an<br />

der Krankheit zu versterben, bei übergewichtigen<br />

Patientinnen nahezu verdreifacht.<br />

Die Ursache für diese Befunde liegt im<br />

Wirkmechanismus der beiden Medikamente:<br />

Tamoxifen wirkt rezeptorgesteuert<br />

und damit sozusagen zielgerichtet.<br />

Gewichtsschwankungen spielen<br />

damit keine Rolle. Anastrozol dagegen<br />

wirkt auf das gesamte Aromatasevorkommen<br />

im Körper. Und das steigt mit<br />

steigendem Körpergewicht.<br />

Fazit<br />

Diese sehr interessanten Befunde<br />

werden nicht schon morgen zu einer<br />

Veränderung <strong>des</strong> Verordnungsverhaltens<br />

führen, rechtfertigen zukünftig<br />

jedoch vermutlich eine Erhöhung der<br />

Aromatasehemmer-Dosis bei übergewichtigen<br />

Patientinnen.<br />

Eribulin in der Therapie stark vorbehandelter Brustkrebs-Patientinnen (EMBRACE)<br />

Original-Präsentation (Abstract<br />

CRA1004):<br />

C. Twelves: A phase III study<br />

(EMBRACE) of eribulin mesylate versus<br />

treatment of physician‘s choice in<br />

patients with locally recurrent or metastatic<br />

breast cancer previously treated<br />

with an anthracycline and a taxane.<br />

Eribulin ist das synthetische Analog<br />

von Halichondrin B, einer in Meeresschwämmen<br />

vorkommenden Verbindung.<br />

Es richtet sich ähnlich wie die<br />

Taxane gegen die Mikrotubulidynamik<br />

bei der Zellteilung, erweist sich aber<br />

im Tierversuch als weniger neurotoxisch.<br />

In dieser Phase-III-Studie wurde Eribulin<br />

bei Patientinnen mit metastasiertem<br />

Mammakarzinom getestet, die zum<br />

großen Teil bereits in der vierten Linie<br />

vorbehandelt waren. Im experimentellen<br />

Arm erhielten sie 1,4 mg/m 2 in zweibis<br />

fünfminütigen Kurzinfusionen an<br />

Tag 1 und Tag 8 eines 21-tägigen<br />

Zyklus. Im Kontrollarm erhielten Patientinnen<br />

die nach Ansicht ihres behandelnden<br />

Arztes angemessene Therapie.<br />

96 Prozent der Patientinnen im<br />

Kontrollarm wurden chemotherapeutisch,<br />

4 Prozent hormontherapeutisch<br />

behandelt.<br />

Primärer Endpunkt der Studie war das<br />

Gesamtüberleben, das trotz dieses stark<br />

vorbehandelten Kollektivs auch erreicht<br />

wurde (Abb. 3).<br />

Im Kontrollarm war die mediane Überlebenszeit<br />

10,65 Monate, im Eribulin-<br />

Arm 13,12 Monate (p = 0,041). Die


Ansprechrate (ORR) unter Eribulin betrug<br />

12,2 Prozent, im Kontrollarm 4,7<br />

Prozent (p = 0,002). Grad-3/4-Nebenwirkungen<br />

waren in der Eribulingruppe<br />

erhöht, aber gut beherrschbar.<br />

Fazit<br />

Eine interessante neue Substanz, die<br />

für die Monotherapie von sehr stark<br />

vorbehandelten Patientinnen geeignet<br />

erscheint.<br />

Abb. 3 Gesamtüberleben unter Behandlung mit Eribulin oder unter Therapie nach<br />

Wahl <strong>des</strong> behandelnden Arztes (TPC)<br />

Zielgerichtete Therapien beim Mammakarzinom:<br />

Kombinationen mit Sunitinib, Bevacizumab, Her2/neu-ausgerichtete Strategien<br />

Original-Präsentationen (Abstracts<br />

LBA1010, LBA1011, 1005):<br />

J. Bergh et al.: Sunitinib (SU) in combination<br />

with docetaxel (D) versus D<br />

alone for the first-line treatment of<br />

advanced breast cancer (ABC).<br />

J. Crown et al.: Phase III trial of sunitinib<br />

(SU )in combination with capecitabine<br />

(C) versus C in previously treated<br />

advanced breast cancer (ABC).<br />

J. O‘Shaughnessy: A meta-analysis of<br />

overall survival data from three randomized<br />

trials of bevacizumab (BV) and<br />

first-line chemotherapy as treatment for<br />

patients with metastatic breast cancer<br />

(MBC).<br />

Auch bei gynäkologischen Tumoren<br />

werden zielgerichtete Therapiestrategien<br />

erprobt. Die Ergebnisse zur Kombination<br />

<strong>des</strong> EGFR-Tyrosinkinaseinhibitors<br />

Sunitinib mit Docetaxel oder Capecitabin<br />

bei der Behandlung <strong>des</strong> metastasierten<br />

Mammakarzinoms sind allerdings<br />

enttäuschend. Beide Studien verfehlten<br />

ihre primären Endpunkte, die Verlängerung<br />

<strong>des</strong> progressionsfreien Überlebens.<br />

Die Kombination Docetaxel plus Sunitinib<br />

erzielte lediglich bessere Ansprechraten<br />

(ORR).<br />

Zumin<strong>des</strong>t ein wenig vielversprechender<br />

ist offenbar die Kombination<br />

von Taxan-, Anthrazyklin oder Capecitabin-basierten<br />

Chemotherapien mit dem<br />

VEGF-Antikörper Bevacizumab. In einer<br />

Metaanalyse dreier Studien zeigen<br />

J. O’Shaughnessy und Kollegen, dass<br />

die Einjahres-Überlebensraten in den<br />

Bevacizumab-haltigen Armen größer<br />

war als in den Chemotherapie-Armen<br />

allein (Kontrolle 76,5 Prozent; Bevacizumab<br />

plus Chemotherapie 81,6 Prozent,<br />

p = 0,003).<br />

Für Patientinnen mit Her2/neu-positiven<br />

Tumoren sind viele neue Therapiemodalitäten<br />

in der Entwicklung. Allerdings<br />

steht noch nicht fest, von welcher<br />

Sequenz die Patientinnen im Krankheitsprogress<br />

am meisten profitieren. Bei<br />

aller Faszination für die neuen Möglichkeiten<br />

gerät manchmal in den Hintergrund,<br />

dass dies alles nur Optionen für<br />

etwa 20 bis 25 Prozent aller Mammakarzinompatientinnen<br />

sind.<br />

Ovarialkarzinom: Carboplatin/Paclitaxel plus Bevacizumab plus Bevacizumab-<br />

Erhaltungstherapie<br />

Original-Präsentation (Abstract LBA1):<br />

R. A. Burger: Phase III trial of bevacizumab<br />

(BEV) in the primary treatment<br />

of advanced epithelial ovarian cancer<br />

(EOC), primary peritoneal cancer (PPC),<br />

or fallopian tube cancer (FTC):<br />

A Gynecologic Oncology Group study.<br />

Befunde aus früheren Studien deuten<br />

darauf hin, dass Bevacizumab gegen<br />

epitheliale Ovarialkarzinome und primäre<br />

Peritonealkarzinome wirksam ist.<br />

In dieser Phase-III-wurde geprüft, inwieweit<br />

der Zusatz von Bevacizumab<br />

zu einer Carboplatin/Paclitaxel-Chemotherapie<br />

und/oder eine Erhaltungstherapie<br />

mit dem Antikörper Vorteile gegenüber<br />

der alleinigen Chemotherapie hat.<br />

1.873 Patientinnen, die entweder an<br />

einem epithelialen Ovarialkarzinom<br />

(EOC), an einem primären Peritonealkarzinom<br />

(PPC) oder an einem Eileiterkarzinom<br />

(FTC) im Stadium III oder IV litten,<br />

nahmen an der dreiarmigen Studie teil.


Patientinnen profitierten im Sinne eines<br />

um etwa vier Monate verlängerten<br />

progressionsfreien Überlebens, wenn<br />

Bevacizumab in Kombination mit der<br />

Chemotherapie und anschließend zusätzlich<br />

als Erhaltungstherapie gegeben<br />

wurde (Abb. 4).<br />

Hinweise auf eine mögliche Verlängerung<br />

<strong>des</strong> Gesamtüberlebens ergaben<br />

sich nicht.<br />

Abb. 4 Bevacizumab bei Patientinnen mit EOC, PPC oder FTC.<br />

Fazit<br />

Bevacizumab verlängert das progressionsfreie<br />

Überleben, allerdings<br />

offenbar nicht das Gesamtüberleben.<br />

Angesichts der hohen Kosten ist der<br />

Einsatz sorgfältig abzuwägen.<br />

Urogenitale Tumore<br />

Dr. med. Thomas Gauler, Innere Klinik (Tumorforschung) <strong>des</strong> Universitätsklinikums Essen –<br />

<strong>Westdeutsches</strong> <strong>Tumorzentrum</strong><br />

Metastasiertes Nierenzellkarzinom: Behandlungsalgorithmus bestätigt<br />

Der diesjährige ASCO brachte wenig<br />

neue Erkenntnisse bezüglich <strong>des</strong> metastasierten<br />

Nierenzellkarzinoms.. Am bisherigen<br />

Behandlungsalgorithmus (Tabelle<br />

1) hat sich nichts geändert. Pazopanib<br />

ist seit dem 15. Juni auch in Europa<br />

zugelassen und kann sowohl bei vorbehandelten<br />

als auch bei nicht vorbehandelten<br />

Patienten eingesetzt werden.<br />

In beiden Situationen ist unklar, welches<br />

die optimale zielgerichtete Substanz für<br />

den einzelnen Patienten ist. Head to<br />

head-Vergleiche existieren hierzu bisher<br />

nicht. Auch die optimale Kombinationsoder<br />

Sequenztherapie ist noch nicht gefunden.<br />

McDermott und Kollegen (Abstract<br />

4514) konnten die Daten zu Interleukin-<br />

2-Therapie als Hochdosistherapie (HD-<br />

IL-2) aus den 1980er-Jahren bestätigen<br />

mit Remissionsraten von 29 Prozent, allerdings<br />

bei einem progressionsfreien<br />

Überleben (PFS) von nur 4 Monaten.<br />

Die überaus toxische Therapie forderte<br />

zwei To<strong>des</strong>fälle. Die Kombination der<br />

HD-IL-2 mit Bevacizumab untersuchte<br />

die Gruppe um Dandamudi (Abstract<br />

4530). Sie erreichten ein PFS von immerhin<br />

9 Monaten, allerdings war auch<br />

hier ein therapiebedingter To<strong>des</strong>fall zu<br />

beklagen.<br />

Tabelle 1. Behandlungsalgorithmus 2010 zum metastasierten Nierenzellkarzinom (RCC)<br />

Linie Patienten Evidenz IB<br />

naive<br />

Gute/intermediäre<br />

Prognose<br />

Schlechte Prognose<br />

Sunitinib<br />

Bevacizumab + IFN<br />

Pazopanib<br />

Temsirolismus<br />

vorbehandelt Zytokine Sorafenib<br />

Pazopanib<br />

VEFG-TKI<br />

Beva + IFN-a ?<br />

m-TOR ?<br />

Fazit<br />

Zum Nierenzellkarzinom hatte der<br />

diesjährige ASCO nichts wirklich<br />

Neues zu bieten.<br />

Everolismus


Urothelkarzinom: Adjuvante Therapie im Hochrisikokollektiv<br />

Originalpräsentation (LBA4518):<br />

Randomized phase III trial comparing<br />

adjuvant paclitaxel/gemcitabine/cisplatin<br />

(PGC) to observation in patients<br />

with resected invasive bladder cancer:<br />

Results of the Spanish Oncology Genitourinary<br />

Group (SOGUG) 99/01 study.<br />

Während die neoadjuvante Chemotherapie<br />

bei Patienten mit Urothelkarzinom<br />

insgesamt gut abgesichert ist, bleibt<br />

die adjuvante Therapie auf das Hochrisikokollektiv<br />

(T3/T4 ± N+) begrenzt.<br />

L. G. Paz-Ares präsentierte dazu eine<br />

Studie, die wegen unzureichender Rekrutierung<br />

nach sieben Jahren vorzeitig<br />

geschlossen wurde. Einbezogen waren<br />

resezierte Hochrisiko-Patienten mit invasivem<br />

Blasenkarzinom. 142 Patienten<br />

wurden entweder supportiv weiter betreut<br />

oder erhielten 4 Zyklen PGC:<br />

Paclitaxel 80 mg/m 2 an Tag 1 und 8,<br />

Gemcitabin 1.000 mg/m 2 an Tag 1 und 8<br />

sowie Cisplatin 70 mg/m 2 am Tag 1<br />

eines dreiwöchigen Zyklus. Der primäre<br />

Endpunkt der Studie war das Gesamtüberleben.<br />

Der Anteil der nach fünf Jahren noch<br />

lebenden Patienten betrug in der Kontrollgruppe<br />

31, in der PGC-Gruppe<br />

aber 60 Prozent. Auch bezüglich krankheitsfreiem<br />

Überleben (DFS) profitierten<br />

Patienten in der Behandlungsgruppe.<br />

Fazit<br />

Die Studie zeigt, dass man resezierten<br />

Hochrisikopatienten mit<br />

invasivem Blasenkarzinom eine<br />

adjuvante Chemotherapie anbieten<br />

sollte. Ob eine Dreierkombination<br />

mit Paclitaxel angesichts seiner toxischen<br />

Wirkung tatsächlich in jedem<br />

Fall zum Einsatz kommen soll, bleibt<br />

im Einzelfall abzuwägen.<br />

Prostatakarzinom: Neuer Standard und neue Optionen<br />

Für hormonsensitive lokal fortgeschrittene<br />

Prostatakarzinome ist ein neuer<br />

Standard nachgewiesen: Patienten profitieren<br />

am meisten vom (lebenslangen)<br />

Androgenentzug kombiniert mit einer<br />

Strahlentherapie. Als neue Option zur<br />

Behandlung metastasierter hormonrefraktärer<br />

Prostatakarzinome wurde<br />

Cabazitaxel vorgestellt. Zur Behandlung<br />

von skelettbezogenen Ereignissen<br />

(Skelettmetastasen) kann nun auch<br />

der RANK-Antikörper Denosumab eingesetzt<br />

werden.<br />

orchiektomiert oder erhielten lebenslang<br />

einen LHRH-Agonisten. 603 von ihnen<br />

wurden zusätzlich mit einer Gesamtdosis<br />

von bis zu 69 Gy bestrahlt (ADT+RT).<br />

An den Folgen ihrer Erkrankung verstarben<br />

im ADT-Arm 89, im ADT+RT-<br />

Arm dagegen nur 51 Patienten. Die<br />

10-jährige kumulative und krankheitsbezogene<br />

To<strong>des</strong>rate wurde für ADT<br />

allein mit 23, für ADT+RT mit 15 Prozent<br />

berechnet. Auch das Gesamtüberleben<br />

spricht für die ADT+RT-Option:<br />

Insgesamt verstarben 320 Patienten,<br />

davon 175 im ADT- und 145 im<br />

ADT+RT-Arm. Nach sieben Jahren<br />

ergab sich für die Kontrollgruppe ein<br />

Gesamtüberleben von 66, für die experimentelle<br />

Gruppe von 74 Prozent.<br />

In beiden Gruppen starben je 24 Patienten<br />

aufgrund therapiebedingter kardialer<br />

oder zerebraler Ereignisse. Die späten<br />

Grad-3/4-Toxizitäten waren mit 1,2<br />

(ADT) beziehungsweise 1,6 Prozent<br />

Neuer Standard: Androgenentzug<br />

plus Strahlentherapie<br />

Originalpräsentationen (Abstracts<br />

CRA4504 und 4505)<br />

P.R. Warde: Intergroup randomized<br />

phase III study of androgen deprivation<br />

therapy (ADT) plus radiation therapy<br />

(RT) in locally advanced prostate cancer<br />

(CaP) (NCICCTG, SWOG, MRC-UK,<br />

INT: T94-0110; NCT00002633)<br />

N. Mottet et al.: Impact of radiotherapy<br />

(RT) combined with androgen deprivation<br />

(ADT) versus ADT alone for local<br />

control in clinically locally advanced<br />

prostate cancer<br />

Welchen Einfluss eine zusätzlich zum<br />

lebenslangen Androgenentzug (ADT)<br />

gegebene Strahlentherapie hat, untersuchten<br />

P.R. Warde und Kollegen.<br />

1.205 Patienten mit lokal fortgeschrittenem<br />

Prostatakarzinom waren entweder<br />

Abb. 5 Lebenslanger Androgenentzug allein (ADT) oder kombiniert mit Strahlentherapie<br />

(ADT + RT): Gesamtüberleben.


10<br />

(ADT+RT) in beiden Gruppen ähnlich<br />

häufig.<br />

Bestätigt werden diese Ergebnisse durch<br />

eine weitere Untersuchung, die mit<br />

wesentlich weniger Patienten einen<br />

deutlichen Vorteil im Bezug auf das<br />

krankheitsfreie Überleben nachweisen<br />

konnte. Der Androgenentzug in der von<br />

N. Mottet vorgetragenen Studie wurde<br />

allerdings ausschließlich durch eine<br />

dreimonatliche subkutane Injektion von<br />

Leuprorelin über 3 Jahre realisiert. Die<br />

Bestrahlung erfolgte mit Dosen um die<br />

70 Gy. An dieser Studie nahmen lediglich<br />

263 Patienten teil. Das mediane<br />

krankheitsfreie Überleben lag in der<br />

Kontrollgruppe bei 1,7 Jahren, in der<br />

experimentellen Gruppe dagegen bei<br />

7,7 Jahren. Wegen der eher niedrigen<br />

Patientenzahlen war ein signifikanter<br />

Einfluss auf das Gesamtüberleben nicht<br />

nachweisbar.<br />

Fazit<br />

Für Patienten mit lokal fortgeschrittenem<br />

Prostatakarzinom ist die Kombination<br />

aus Androgenentzug und<br />

Strahlentherapie der neue Standard.<br />

Cabazitaxel in der Therapie<br />

hormonrefraktärer<br />

Prostatakarzinome<br />

Originalpräsentation (Abstract 4508):<br />

J. S. De Bono: Cabazitaxel or mitoxantrone<br />

with prednisone in patients with<br />

metastatic castration-resistant prostate<br />

cancer (mCRPC) previously treated with<br />

docetaxel: Final results of a multinational<br />

phase III trial (TROPIC)<br />

In der Behandlung hormonrefraktärer<br />

Prostatakarzinome spielt das Docetaxel<br />

die wesentliche Rolle,. Als Taxan der<br />

neuen Generation wurde auf dem ASCO<br />

das Cabazitaxel vorgestellt, das vor<br />

allem in der Zweitlinien-Behandlung<br />

nach Docetaxelversagen seinen Platz<br />

finden dürfte. Cabazitaxel ist als potenter<br />

Mikrotubuli-Stabilisator aktiv<br />

auch in Zelllinien, die resistent sind<br />

gegen Doxorubicin, Vinblastine, Paclitaxel<br />

und Docetaxel.<br />

In der Phase-III-Studie von J. S. de Bono<br />

und Kollegen wurde Cabazitaxel<br />

(25 mg/m 2 alle drei Wochen über maximal<br />

10 Zyklen) bei Männern, deren<br />

Krankheit trotz Docetaxel-Vorbehandlung<br />

weiter fortschritt, gegen Mitoxantron<br />

(12 mg/m 2 alle drei Wochen über<br />

maximal 10 Zyklen) geprüft. Patienten<br />

beider Gruppen erhielten 10 mg Prednison<br />

pro Tag.<br />

Primärer Endpunkt der Studie war das<br />

Gesamtüberleben. In der Kontrollgruppe<br />

lag es median bei 12,7 Monaten, in der<br />

Cabazitaxel-Gruppe bei 15,1 Monaten<br />

(p < 0,0001). Auch in Bezug auf das<br />

PFS und Zeit bis zum Progress (TTP)<br />

erwies sich Cabazitaxel als signifikant<br />

überlegen.<br />

Die häufigsten Nebenwirkungen der<br />

Substanz sind die febrile Neutropenie –<br />

hier auch Toxizitäten höherer Grade –<br />

sowie Durchfall, Fatigue und Asthenie.<br />

Die Zahl der nebenwirkungsbedingten<br />

To<strong>des</strong>fälle betrug im Kontrollarm 7, im<br />

experimentellen Arm 18.<br />

Fazit<br />

Cabazitaxel ist eine sehr interessante<br />

Substanz, die im Rahmen von<br />

klinischen Studien ab Ende 2010 im<br />

WTZ zur Verfügung steht.<br />

Supportivtherapie:<br />

Denosumab zur Behandlung<br />

skelettbezogener Ereignisse<br />

Originalpräsentation (Abstract<br />

LBA4507):<br />

A randomized phase III trial of denosumab<br />

versus zoledronic acid in patients<br />

with bone metastases from castrationresistant<br />

prostate cancer<br />

In der antihormonellen Therapie <strong>des</strong><br />

Prostatakarzinoms kommt es im Laufe<br />

der Zeit zu einem therapiebedingten<br />

Knochendichteverlust. Zudem stehen<br />

beim Auftreten von ossären Metastasen<br />

so genannte skelettbezogene Ereignisse<br />

im Vordergrund. Dazu zählen die erste<br />

palliative Bestrahlung von Knochenmetastasen,<br />

weiterhin pathologische<br />

Frakturen, Wirbelkörperkompressionen<br />

mit Einbruch in den Spinalkanal und<br />

notwendig werdende stabilisierende<br />

Osteosynthesen.<br />

Die Zahl dieser skelettbezogenen Ereignisse<br />

zu reduzieren, ist das Ziel einer<br />

supportiven Osteoklasten-hemmenden<br />

und damit Knochendichte-steigernden<br />

Behandlung. Als neues Präparat steht<br />

dazu nun Denosumab, ein monoklonaler<br />

Antikörper gegen den RANK-Ligand<br />

zur Verfügung. Im Knochenstoffwechsel<br />

kommt es damit zu einer Reduktion der<br />

osteoklastären Aktivität.<br />

Denosumab wurde in einer sehr großen<br />

Studie mit 1.901 Patienten gegen Zoledronsäure<br />

getestet. Ergebnis: Mit Denosumab<br />

ließ sich das Risiko <strong>des</strong> Auftretens<br />

skelettbezogener Ereignisse gegenüber<br />

der Zoledronsäure-Gruppe um<br />

18 Prozent absenken.<br />

Fazit<br />

Denosumab ist eine interessante<br />

Substanz in Ergänzung zu oder als<br />

Alternative von Bisphosphonaten.<br />

Keimzelltumoren:<br />

Stadienadäquate Seminombehandlung – Konventionelle und Hochdosis-Chemotherapie<br />

Stadienadäquate<br />

Seminombehandlung<br />

Eine Reihe von Postern befasste sich<br />

mit der stadienadäquaten Behandlung<br />

von Seminomen (4531, 4536, 4538).<br />

An vorderster Stelle steht – in Übereinstimmung<br />

mit dem ESMO-Konsensus<br />

2009 – im Stadium I die Surveillance,<br />

also die abwartende Beobachtung. Sie<br />

ist eine gute Option, auch wenn 15 Prozent<br />

der Patienten ein – dann immer<br />

noch kurativ angehbares – Rezidiv entwickeln.<br />

Unter einer Strahlentherapie kommen<br />

Rezidive zwar nur selten vor, allerdings<br />

resultieren häufig Zweit-Neoplasien,


11<br />

insbesondere Leukämien und Lymphome.<br />

Der Einsatz von Single Shot<br />

Carboplatin reduziert die Rezidivrate<br />

im Vergleich zur Surveillance zwar um<br />

70 Prozent, allerdings ist der Einsatz<br />

angesichts der Nebenwirkungen sorgfältig<br />

abzuwägen (4531). Zu beachten<br />

ist ein insgesamt erhöhtes kardiovaskuläres<br />

Risiko nach Strahlen-, Strahlen-<br />

Chemo- und auch nach Carboplatinbehandlung<br />

(4533).<br />

Nach den Ergebnissen einer spanischen<br />

Arbeitsgruppe (4532) sind Tumorgrößen<br />

> 4 cm sowie das Vorliegen einer Rete<br />

testis Risikofaktoren für die Entwicklung<br />

von Rezidiven – und stellen damit<br />

mögliche Kriterien für eine adjuvante<br />

Behandlung dar. Allerdings konnte die<br />

Bedeutung dieser Faktoren in einem<br />

nicht-spanischen Kollektiv nicht bestätigt<br />

werden (4533).<br />

Im Stadium IIA bleibt die Standardosis<br />

der Strahlentherapie bei 30 Gy. Die<br />

Reduktion auf 27 Gy hatte hohe Rückfallraten<br />

von 11 bis 16 Prozent zur Folge<br />

(4531, 4536).<br />

Im Stadium IIB kommt es unter der<br />

Behandlung mit vier Zyklen Cisplatin<br />

und Etoposid (PE) zu keinen Rückfällen.<br />

Damit steht die Chemotherapie in<br />

diesem Stadium an erster Stelle.<br />

Fazit<br />

Seminome im Stadium I sollten zunächst<br />

abwartend beobachtet werden<br />

(Surveillance), im Stadium IIA stellt<br />

eine Strahlentherapie mit 30 Gy den<br />

Standard dar, im Stadium IIB dagegen<br />

eine cisplatinbasierte Kombinations-Chemotherapie.<br />

Hochdosis-Chemotherapie<br />

Patienten mit schlechter Prognose profitieren<br />

in der Primärtherapie scheinbar<br />

nicht von einer Hochdosis-Chemotherapie<br />

mit autologer Stammzelltransplantation.<br />

G. Daugaard und Kollegen<br />

(4512) verglichen dazu die Ergebnisse<br />

einer BEP-Therapie (Bleomycin, Etoposid,<br />

Cisplatin, vier Zyklen) mit einem<br />

PEI-Hochdosisregime sowie autologer<br />

Stammzelltransplantation. Weder im<br />

progressionsfreien noch im Gesamt-<br />

Überleben ließen sich signifikante<br />

Unterschiede feststellen. Allerdings litt<br />

diese Studie unter erheblichen Rekrutierungsproblemen,<br />

die die Aussagekraft<br />

der Daten limitieren.<br />

Anders bei Patienten in der Rezidivbehandlung:<br />

In einer retrospektiven<br />

Analyse verglichen A. Lorch (4513) und<br />

Kollegen die Ergebnisse der klassischen<br />

Cisplatin-basierten Chemotherapie mit<br />

einem Carboplatin-basierten Hochdosisregime,<br />

und zwar in jeweils fünf<br />

definierten Prognosegruppen an insgesamt<br />

1.594 Patienten aus 38 weltweit<br />

ausgewählten Spitzenzentren.<br />

Die Therapieprotokolle und auch die<br />

Patientencharakteristika waren zwar<br />

nicht vollständig gleich auf alle Gruppen<br />

verteilt. In Bezug auf PFS und OS<br />

ergaben sich jedoch signifikante Unterschiede<br />

zwischen konventioneller und<br />

Hochdosis-Chemotherapie mit Vorteilen<br />

vor allem für das progressionsfreie Überleben.<br />

Die Hochdosis-Option für diese<br />

Patientengruppe soll <strong>des</strong>halb in naher<br />

Zukunft in einer internationalen Studie<br />

prospektiv geprüft werden.<br />

Fazit<br />

Die Hochdosis-Chemotherapie mit<br />

Stammzelltransplantation kann für<br />

Patienten mit rezidivierten Keimzelltumoren<br />

schlechter Prognose eine<br />

lohnenswerte Option sein.<br />

Weichteilsarkome<br />

PD Dr. med. Sebastian Bauer, Innere Klinik (Tumorforschung) <strong>des</strong> Universitätsklinikums Essen –<br />

<strong>Westdeutsches</strong> <strong>Tumorzentrum</strong><br />

Mehr Evidenz für die adjuvante Chemotherapie<br />

In Bezug auf die adjuvante Chemotherapie<br />

fehlt es bei Weichteilsarkomen nach<br />

wie vor an individualisierbaren Konzepten.<br />

Eine randomisierte Phase-III-<br />

Studie konnte zeigen, dass 3 Zyklen<br />

einer dosisintensiven neoadjuvanten<br />

Chemotherapie gleichwertig mit 5 Zyklen<br />

Therapie mit Doxorubicin und Ifosfamid<br />

waren. Ein Kontrollarm ohne Chemotherapie<br />

fehlte in der Arbeit, dennoch<br />

unterstützt ein 5-Jahres-Überleben von<br />

fast 70 Prozent in einem Hoch-Risiko-<br />

Kollektiv den weiterhin kontrovers diskutierten<br />

perioperativen Einsatz von<br />

Chemotherapie bei lokalisierten Weichteilsarkomen<br />

im Stadium III.<br />

Palifosfamid als Alternative<br />

zum Ifosfamid?<br />

Interessante Daten wurden für Palifosfamid<br />

und Eribulin gezeigt. Palifosfamid<br />

ist ein stabilisierter aktiver Metabolit <strong>des</strong><br />

Ifosfamid, der allerdings keine Neurotoxizität<br />

aufweist und den Einsatz von<br />

Mesna nicht erforderlich macht. In einer<br />

randomisierten Phase-II-Studie konnte<br />

die Kombination aus Doxorubicin und<br />

Palifosfamid eine signifikante Verbesserung<br />

der Remissionsrate und <strong>des</strong> progressionsfreien<br />

Überlebens erreichen<br />

(10004). Angesichts <strong>des</strong> Nebenwirkungsprofils<br />

von Ifosfamid könnte damit<br />

möglicherweise in Zukunft eine ähnlich<br />

wirksame Alternative zur Verfügung stehen.<br />

Eribulin gegen L-Sarkome<br />

Eribulin, das synthetische Analogon <strong>des</strong><br />

in Meeresschwämmen vorkommenden<br />

Halichondrin B, wirkt auf die Mikrotubulidynamik<br />

während der Zellteilung<br />

(10031). Insbesondere für Leiomyosarkome<br />

und Liposarkome wurden die primären<br />

Endpunkte einer Verbesserung der<br />

progressionsfreien Zeit nach 3 und 6<br />

Monaten erreicht.


12<br />

In einer Phase-II-Studie zeigte R1507,<br />

ein Antikörper gegen den IGF1-Rezeptor,<br />

monotherapeutische Wirksamkeit<br />

bei Patienten mit Ewing-Sarkomen.<br />

Immerhin 14,4 Prozent der beteiligten<br />

125 Patienten verblieben für median<br />

25 Wochen in Remission.<br />

Nilotinib bei GIST enttäuschend<br />

Zum Thema Gastrointestinale Stromatumoren<br />

(GIST) ist eine Phase-III-Studie<br />

mit Nilotinib gegen best supportive care<br />

zu erwähnen, die leider keine signifikanten<br />

Vorteile in Bezug auf das progressionsfreie<br />

oder das Gesamt-Überleben<br />

(10017) ergab. Neue, für den klinischen<br />

Einsatz nutzbare alternative Therapiestrategien<br />

wurden nicht vorgestellt.<br />

Neuroonkologische Tumore<br />

Dr. med. Jörg Hense, Innere Klinik (Tumorforschung) <strong>des</strong> Universitätsklinikums Essen –<br />

<strong>Westdeutsches</strong> <strong>Tumorzentrum</strong><br />

Hochmaligne Gliome: Chemo- oder Strahlentherapie?<br />

Bei den über 60-Jährigen hat sich die Inzidenz<br />

der hochmalignen Gliome in den<br />

letzten Jahren verdoppelt. Das Lebensalter<br />

erweist sich als mächtigster einzelner<br />

Prognosefaktor: Nach SEER-Daten<br />

beträgt die Zweijahres-Überlebensrate<br />

bei 65- bis 74 Jährigen 5 Prozent, bei<br />

über 75-Jährigen nur noch 2 Prozent. Es<br />

stellt sich die Frage nach der im Hinblick<br />

auf das Überleben besten palliativen Behandlung<br />

dieser älteren Patienten.<br />

Nutzen der Strahlentherapie belegt<br />

Die Strahlentherapie mit 50 Gy ist bei<br />

70-Jährigen und älteren Patienten der<br />

Option best supportive care eindeutig<br />

überlegen (F. Keime-Guibert et al. NEJM<br />

2007, 356:1527-1535). In dieser Arbeit<br />

wurde auch nachgewiesen, dass die<br />

Strahlentherapie keine kognitiven und<br />

funktionellen Beeinträchtigungen verursacht.<br />

Seit der Veröffentlichung von W. Roa<br />

et al. aus dem Jahr 2004 (JCO, Vol 22,<br />

No9, 2004, 1583-1588) ist klar, dass bei<br />

über 60-jährigen Patienten eine Strahlentherapie<br />

mit 40 Gy über 15 Tage<br />

zu gleichwertigen Ergebnissen führt wie<br />

die Standardtherapie von 60 Gy über<br />

30 Tage.<br />

Angesichts dieser Datenlage bleibt die<br />

Frage, welchen Stellenwert Strahlentherapie<br />

und Chemotherapie in der Primärbehandlung<br />

älterer Gliompatienten<br />

haben. Dazu wurden zwei europäische<br />

Studien bei der diesjährigen ASCO-Jahrestagung<br />

vorgestellt.<br />

In der NOA-08-Studie (Methusalem-<br />

Studie) wurden insgesamt 373 Patienten<br />

im Alter zwischen 65 und 84 Jahren<br />

entweder mit einer Strahlentherapie<br />

(54-60 Gy) oder mit Temozolomid (TMZ)<br />

in intensivierter Dosis mit 100 mg/m 2<br />

pro Tag für 7 Tage alle 14 Tage behandelt.<br />

Die Studie war darauf angelegt zu<br />

zeigen, das TMZ der Strahlentherapie<br />

nicht unterlegen ist. Dieser Nachweis<br />

ist nicht gelungen. Während im Radiotherapie-Arm<br />

38,3 Prozent der Patienten<br />

das Einjahresüberleben erreichten,<br />

waren es im TMZ-Arm nur 30,8 Prozent.<br />

Zumin<strong>des</strong>t als Initialtherapie ist die<br />

Strahlentherapie damit der Chemotherapie<br />

überlegen. In der Diskussion der<br />

Ergebnisse wurde darauf hingewiesen,<br />

dass das im TMZ Arm erreichte mediane<br />

Überleben (8,1 Monate) deutlich besser<br />

als in den o.a. Radiotherapie-Studien ist,<br />

so dass TMZ zumin<strong>des</strong>t zu keiner systematischen<br />

Unterbehandlung führte.<br />

Bei Patienten über 70 Jahren<br />

ist TMZ die beste Option<br />

Zu tendenziell etwas anderen Ergebnissen<br />

kommt die Nordic Brain Tumor<br />

Study Group. Die dreiarmige Studie mit<br />

insgesamt 342 min<strong>des</strong>tens 60 Jahre alten<br />

Patienten untersuchte die Wirkungen<br />

von Strahlentherapien mit 30x2 Gy oder<br />

10x3,4 Gy sowie einer Temozolomid-<br />

Therapie im nicht intensivierten, klassischen<br />

5-Tage alle 28-Tage Regime.<br />

Die Ergebnisse: Die Standard-Strahlentherapie<br />

mit 60 Gy war in jeder Gruppe<br />

die schlechteste Option. Ein signifikanter<br />

Unterschied im Überleben<br />

zwischen 34 Gy und TMZ war nicht<br />

nachzuweisen. In der Subgruppe der<br />

Patienten über 70 Jahren stellte TMZ<br />

mit einer medianen Gesamtüberleben<br />

von 9 Monaten jedoch die beste Option<br />

dar.<br />

Impressum<br />

© 2010 <strong>Westdeutsches</strong> <strong>Tumorzentrum</strong>,<br />

Essen und LUKON-Verlag, München –<br />

www.wtz-essen.de – www.Lukon.de<br />

Protokoll und Redaktion: Ludger Wahlers<br />

LUKON Verlagsgesellschaft mbH<br />

Landsberger Straße 480 a<br />

81241 München<br />

T: 0 89-8 20 7 37-0<br />

F: 0 89-8 20 7 37-17<br />

info@lukon.de<br />

Satz, Layout und Digitalisierung der<br />

Abbildungen: Fotosatz-Service Köhler GmbH<br />

– Reinhold Schöberl, 97084 Würzburg

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