EVANGELiScHES bERAtUNGSZENtRUM - EBZ München
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und Verhaltensweisen kann nur dort gelingen, wo sie auf der<br />
Erkenntnis der Gleichheit aller Menschen fußt.<br />
Behandele den anderen so wie du von ihm selbst behandelt<br />
werden möchtest. Dieser pädagogische Leitsatz bezieht sich<br />
auf diesen Grundgedanken, der nicht nur die christliche Tradition<br />
prägt, sondern ebenso in den anderen Weltreligionen<br />
und z. B. im Humanismus zu den zentralen Werten gehört.<br />
Diese Gleichheit trägt und toleriert das Trennende, das fremd<br />
Wirkende. Nur dieser Grundsatz schützt im Umgang mit dem<br />
Anderen vor Abwertung und Feindseligkeit. Damit ist keinesfalls<br />
gemeint, aus dem Gemeinsamen eine Einheitlichkeit<br />
zu machen. Für manche Andersartigkeit finden wir kein Verständnis,<br />
manche Differenz stärkt unser eigenes Empfinden<br />
der Identität und fordert zum Widerspruch geradezu heraus,<br />
manches können wir schlecht gelten lassen und die Toleranz<br />
zu üben gelingt nur mit großer Anstrengung.<br />
Dies gilt eben auch für die Arbeit mit Kindern. Dort spielen<br />
das Streiten und das oft zähe miteinander Ringen um<br />
Lösungen eine zentrale Rolle im Gruppenalltag. Der Verzicht<br />
auf die eigene Maximalposition, das Einüben des Perspektivwechsels,<br />
um Interessen der anderen Kinder verstehen zu<br />
lernen, das Gelten Lassen anderer Ideen, das Erproben von<br />
Einlenken kennzeichnen einen wichtigen Gruppenprozess.<br />
Kindergruppen werden zusammengestellt. Die Kinder treffen<br />
keine Auswahl wie in ihrem Freundeskreis. So stoßen sie auf<br />
andere Kinder, die oft Neigungen, Interessen, Hobbys, die Liebe<br />
zum Fußballverein nur bedingt teilen oder gar ablehnen<br />
- und dann? Schon die Arbeit in Gruppen an sich stiftet also<br />
einen wesentlichen Erfahrungsrahmen für die Gleichheit und<br />
für die Andersartigkeit. Die sozialtherapeutische Konzeption<br />
stellt eine Fülle von Regeln und Spielformen bereit für das<br />
Erleben des Gemeinsamen und das Erproben von Verhaltensweisen<br />
im respektvollen Umgang mit Differenzen. Regeln<br />
gelten für alle gleich. Sie haben nicht nur eine große Bedeutung<br />
für das Funktionieren von Gruppenabläufen, sondern<br />
sie drücken die allem zu Grunde gelegte Gleichwertigkeit der<br />
Gruppenmitglieder aus und repräsentieren den Wert der Gerechtigkeit.<br />
Spielformen aus dem sozialtherapeutischen Rollenspiel<br />
schulen das Verstehen des Anderen durch Einfühlungen:<br />
„Der andere ist wie ich, er freut sich wie ich, er weint wie<br />
ich, er will als erster drankommen wie ich, er will gewinnen<br />
wie ich, er hasst schlechte Schulnoten wie ich, usw.“<br />
Gerade wenn ein Kind etwas Bedrückendes aus seinem Alltag<br />
erzählt, ermuntern wir die anderen Kinder der Gruppe zu<br />
einer Einfühlung. Dabei wird das Erlebnis des Kindes nicht<br />
kommentiert oder bewertet, sondern die Kinder stellen ähnliche<br />
eigene Erlebnisse dem Kind zur Seite. Wenn dies der<br />
Gruppe so noch nicht möglich ist, gibt der Gruppenleiter für<br />
diese Einfühlungen ein Vorbild, indem er stützend einwirkt.<br />
In den ca. 25 Gruppentreffen pro Jahr entwickelt so jede<br />
Kindergruppe eine eigene Geschichte in diesem Wertebezug.<br />
Respekt, Achtung und Verständnis als Grundhaltung entwickelt<br />
sich dort am nachhaltigsten, wo die Kinder mit Begeisterung<br />
angstfrei und fehlerfreundlich lernen können, indem<br />
die Leiter/innen selbst ein glaubwürdiges Vorbild geben im<br />
wertschätzenden Umgang mit allen Kindern.<br />
Theo Kornder<br />
Beratung für Eltern, Kinder, Jugendliche und Familien<br />
© S. Hofschlaeger / pixelio