EVANGELiScHES bERAtUNGSZENtRUM - EBZ München
EVANGELiScHES bERAtUNGSZENtRUM - EBZ München
EVANGELiScHES bERAtUNGSZENtRUM - EBZ München
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
29<br />
Amt aufgeben, die Gemeinde verlassen, erscheint wie Flucht<br />
oder Niederlage, wird auch oft aus Existenzangst oder aus<br />
familiären Rücksichten gar nicht in Erwägung gezogen.<br />
Wie kann es geschehen, dass Konflikte nicht einfach erlitten<br />
werden oder zu den berühmten „faulen Kompromissen“<br />
führen, mit denen letztlich die Bedürfnislagen aller Beteiligten<br />
kaum befriedigt werden können? Und die dazu beitragen,<br />
dass der Konflikt eben nicht befriedet wird, sondern<br />
nur allzu oft in den Untergrund abwandert, um zum falschen<br />
Zeitpunkt oder am falschen Ort wieder an die Oberfläche zu<br />
schwappen? Wer kennt nicht die Momente, in denen uns<br />
Monate nach einer Auseinandersetzung scheinbar „alter<br />
Käse“ neu aufs Brot geschmiert wird ...<br />
Sowohl Supervision als auch Mediation sind etablierte und<br />
situationsgerechte Verfahren, die Unterstützung und Hilfe<br />
durch geschulte Mediator/innen bzw. Supervisor/innen bereithalten.<br />
Diese Fachleute sind nicht am Konflikt beteiligt<br />
und können diesen professionell begleiten und zur Klärung<br />
bringen. Konfliktklärung heißt dabei nicht zwangsläufig Konfliktbeseitigung.<br />
Es geht vielmehr darum, sich selbst, die eigene<br />
Position und die damit verbundenen Interessen, die Situation<br />
und mögliche nächste Schritte zu klären – und zwar<br />
in einer Art und Weise, die es allen Beteiligten ermöglicht,<br />
trotz vieler Differenzen, einander mit Achtung zu begegnen.<br />
Es geht oft um Konkurrenz, Überschneidung von Kompetenzen,<br />
unklare Verteilung der Arbeitsgebiete, die Beliebtheit in<br />
der Gemeinde, den besseren Draht zum Kirchenvorstand etc..<br />
In der Mediation oder Supervision werden die Hintergründe<br />
eines Konflikts aufgedeckt. Motive wie Anerkennung, Angst<br />
vor Prestigeverlust, mangelndes Zutrauen in die Verlässlichkeit<br />
des jeweils Anderen etc. kommen zur Sprache, bevor<br />
strukturelle Klärung und inhaltliche Lösungsfindung gelingen<br />
kann.<br />
Wenn sich alle Konfliktparteien auf einen Klärungsprozess<br />
einlassen und akzeptieren, dass es eben nie nur um die Sache<br />
geht, wenn sie die Bereitschaft aufbringen, auf Vergeltung<br />
zu verzichten und in der gegenseitigen Wahrnehmung des<br />
Handelns und auch der je eigenen Anteile am Konflikt auch<br />
das Verständnis füreinander wächst, kann eine Lösung für die<br />
zukünftige Zusammenarbeit möglich werden.<br />
Dies gelingt, wenn die sich hinter den Konfliktpositionen verbergenden<br />
Interessen, Bedürfnisse, aber auch Verletzungen<br />
und Enttäuschungen herausgefunden werden. Dann entsteht<br />
eine Art „Verstehensbrücke“, über die eine für beide Seiten<br />
nachvollziehbare Klärung und im besten Fall Lösung herbeigeführt<br />
werden kann bei der alle ihr Gesicht wahren. Genau<br />
dafür braucht es allparteiliche Dritte, Mediatoren/innen,<br />
Supervisoren/innen, die vorsichtig nach Hintergründen, Motiven<br />
und Wünschen fragen, und die immer im Sinne einer<br />
Moderation mit dem Ziel einer Konfliktklärung bzw. Lösung<br />
agieren.<br />
Unser Resümee aus Supervision bzw. Mediation im kirchlichen<br />
Feld<br />
„Wir haben jede Menge Konflikte – und das ist gut so“ antwortet<br />
ein Kirchenvorsteher auf die Frage, ob in Kirchengemeinden,<br />
ob unter Christen gestritten werden darf. Er lächelt<br />
dabei und erklärt, wie viel er bei sich und in seiner Gemeinde<br />
im und durch den Konflikt entdeckt und gewinnt. Wie viel<br />
Veränderungspotenzial und Kraft, Gemeinde zu gestalten,<br />
kommt erst im Konflikt zum Vorschein? Konfliktvermeidung?<br />
Scheu? Harmoniemäntelchen? Nein, davon hält dieser Kirchenvorstand<br />
nichts.<br />
Bei allen Konflikten spielen neben sachlichen auch persönliche<br />
Sichtweisen und damit auch ethische Grundhaltungen<br />
eine wichtige Rolle, wie z. B. „Nächstenliebe“, dass Christen<br />
sich doch nicht streiten sollten, oder Aggression negativ besetzt<br />
ist. Häufig holen sich die Konfliktparteien deswegen viel<br />
zu spät Unterstützung von außen. Der Konflikt muss dann<br />
aufwendig unter dem Mäntelchen des Schweigens und dem<br />
Streben nach Harmonie hervorgeholt werden.<br />
Auf den Prozess einlassen: nicht „ob“ fragen – sondern<br />
„wie“ wagen!<br />
Bei kirchlichen Konflikten geht es nie nur um die Klärung<br />
eines einmaligen Konflikts, sondern um ein Lernen bzgl.<br />
Kommunikation und Konfliktkultur und um die Möglichkeiten,<br />
die einem Konflikt innewohnen – letztlich also um die<br />
Wertschätzung des Konflikts. Denn neben aller Konfrontation<br />
werden in Konflikten auch unterschiedliche Denkansätze und<br />
Handlungsstrategien deutlich und eröffnen dadurch immer<br />
wieder Perspektiven zu neuen, kreativen Lösungen bei Pro-