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EVANGELiScHES bERAtUNGSZENtRUM - EBZ München

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Amt aufgeben, die Gemeinde verlassen, erscheint wie Flucht<br />

oder Niederlage, wird auch oft aus Existenzangst oder aus<br />

familiären Rücksichten gar nicht in Erwägung gezogen.<br />

Wie kann es geschehen, dass Konflikte nicht einfach erlitten<br />

werden oder zu den berühmten „faulen Kompromissen“<br />

führen, mit denen letztlich die Bedürfnislagen aller Beteiligten<br />

kaum befriedigt werden können? Und die dazu beitragen,<br />

dass der Konflikt eben nicht befriedet wird, sondern<br />

nur allzu oft in den Untergrund abwandert, um zum falschen<br />

Zeitpunkt oder am falschen Ort wieder an die Oberfläche zu<br />

schwappen? Wer kennt nicht die Momente, in denen uns<br />

Monate nach einer Auseinandersetzung scheinbar „alter<br />

Käse“ neu aufs Brot geschmiert wird ...<br />

Sowohl Supervision als auch Mediation sind etablierte und<br />

situationsgerechte Verfahren, die Unterstützung und Hilfe<br />

durch geschulte Mediator/innen bzw. Supervisor/innen bereithalten.<br />

Diese Fachleute sind nicht am Konflikt beteiligt<br />

und können diesen professionell begleiten und zur Klärung<br />

bringen. Konfliktklärung heißt dabei nicht zwangsläufig Konfliktbeseitigung.<br />

Es geht vielmehr darum, sich selbst, die eigene<br />

Position und die damit verbundenen Interessen, die Situation<br />

und mögliche nächste Schritte zu klären – und zwar<br />

in einer Art und Weise, die es allen Beteiligten ermöglicht,<br />

trotz vieler Differenzen, einander mit Achtung zu begegnen.<br />

Es geht oft um Konkurrenz, Überschneidung von Kompetenzen,<br />

unklare Verteilung der Arbeitsgebiete, die Beliebtheit in<br />

der Gemeinde, den besseren Draht zum Kirchenvorstand etc..<br />

In der Mediation oder Supervision werden die Hintergründe<br />

eines Konflikts aufgedeckt. Motive wie Anerkennung, Angst<br />

vor Prestigeverlust, mangelndes Zutrauen in die Verlässlichkeit<br />

des jeweils Anderen etc. kommen zur Sprache, bevor<br />

strukturelle Klärung und inhaltliche Lösungsfindung gelingen<br />

kann.<br />

Wenn sich alle Konfliktparteien auf einen Klärungsprozess<br />

einlassen und akzeptieren, dass es eben nie nur um die Sache<br />

geht, wenn sie die Bereitschaft aufbringen, auf Vergeltung<br />

zu verzichten und in der gegenseitigen Wahrnehmung des<br />

Handelns und auch der je eigenen Anteile am Konflikt auch<br />

das Verständnis füreinander wächst, kann eine Lösung für die<br />

zukünftige Zusammenarbeit möglich werden.<br />

Dies gelingt, wenn die sich hinter den Konfliktpositionen verbergenden<br />

Interessen, Bedürfnisse, aber auch Verletzungen<br />

und Enttäuschungen herausgefunden werden. Dann entsteht<br />

eine Art „Verstehensbrücke“, über die eine für beide Seiten<br />

nachvollziehbare Klärung und im besten Fall Lösung herbeigeführt<br />

werden kann bei der alle ihr Gesicht wahren. Genau<br />

dafür braucht es allparteiliche Dritte, Mediatoren/innen,<br />

Supervisoren/innen, die vorsichtig nach Hintergründen, Motiven<br />

und Wünschen fragen, und die immer im Sinne einer<br />

Moderation mit dem Ziel einer Konfliktklärung bzw. Lösung<br />

agieren.<br />

Unser Resümee aus Supervision bzw. Mediation im kirchlichen<br />

Feld<br />

„Wir haben jede Menge Konflikte – und das ist gut so“ antwortet<br />

ein Kirchenvorsteher auf die Frage, ob in Kirchengemeinden,<br />

ob unter Christen gestritten werden darf. Er lächelt<br />

dabei und erklärt, wie viel er bei sich und in seiner Gemeinde<br />

im und durch den Konflikt entdeckt und gewinnt. Wie viel<br />

Veränderungspotenzial und Kraft, Gemeinde zu gestalten,<br />

kommt erst im Konflikt zum Vorschein? Konfliktvermeidung?<br />

Scheu? Harmoniemäntelchen? Nein, davon hält dieser Kirchenvorstand<br />

nichts.<br />

Bei allen Konflikten spielen neben sachlichen auch persönliche<br />

Sichtweisen und damit auch ethische Grundhaltungen<br />

eine wichtige Rolle, wie z. B. „Nächstenliebe“, dass Christen<br />

sich doch nicht streiten sollten, oder Aggression negativ besetzt<br />

ist. Häufig holen sich die Konfliktparteien deswegen viel<br />

zu spät Unterstützung von außen. Der Konflikt muss dann<br />

aufwendig unter dem Mäntelchen des Schweigens und dem<br />

Streben nach Harmonie hervorgeholt werden.<br />

Auf den Prozess einlassen: nicht „ob“ fragen – sondern<br />

„wie“ wagen!<br />

Bei kirchlichen Konflikten geht es nie nur um die Klärung<br />

eines einmaligen Konflikts, sondern um ein Lernen bzgl.<br />

Kommunikation und Konfliktkultur und um die Möglichkeiten,<br />

die einem Konflikt innewohnen – letztlich also um die<br />

Wertschätzung des Konflikts. Denn neben aller Konfrontation<br />

werden in Konflikten auch unterschiedliche Denkansätze und<br />

Handlungsstrategien deutlich und eröffnen dadurch immer<br />

wieder Perspektiven zu neuen, kreativen Lösungen bei Pro-

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