EVANGELiScHES bERAtUNGSZENtRUM - EBZ München
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Vor 4 Jahren hat die Klientin eine Umschulung zur Bürokauffrau<br />
abgeschlossen, in diesem Beruf aber keine Anstellung<br />
gefunden. Ein auf 6 Monate befristeter „1-Euro-Job“<br />
hat ihr Selbstwertgefühl weiter untergraben, die erhoffte<br />
Anstellung hat sie nicht bekommen. Sie lebt von „Hartz IV“.<br />
Ihr Sohn macht zur Zeit eine Lehre. Von seinem monatlichen<br />
Einkommen müsste er ihr einen vom Sozialamt berechneten<br />
Satz als anteilige Miete abgeben, der ihr vom Wohnungsgeld<br />
abgezogen wird. Er weigert sich aber, verachtet sie, gibt ihr<br />
die Schuld an ihrer Arbeitslosigkeit. Sie fühlt sich ihm gegenüber<br />
hilflos und unterlegen, fordert das dringend benötigte<br />
Geld nicht von ihm ein aus Angst ihn zu verlieren. Der Kontakt<br />
zur Tochter ist reduziert. Sie besucht wegen ADS einen<br />
heilpädagogischen Hort und kommt erst abends nach Hause.<br />
Wir beginnen die Arbeit mit dem drängendsten Problem: der<br />
verlorengegangenen Generationengrenze. Die Klientin nimmt<br />
ihrem Sohn gegenüber zeitweise nicht die Position der Mutter<br />
ein. Wenn sie aber in ihrer Mutterrolle ist, fühlt sie sich<br />
schlecht und schuldig, weil sie ihrem Sohn nicht geben kann<br />
was er ihrer Meinung nach braucht, z. B. genügend Geld für<br />
Urlaub. Der interkulturelle Faktor im Zusammentreffen dreier<br />
Kulturen - der italienischen, türkischen und deutschen - wird<br />
als erschwerendes Moment immer wieder deutlich. Vor allem<br />
aber das geringe Selbstwertgefühl und die Armut führen zu<br />
destruktiven Interaktionszirkeln zwischen Mutter und Sohn.<br />
Der Rückhalt durch die Beratung bewirkt, dass sie plötzlich in<br />
ihrem Umfeld verschiedene Möglichkeiten entdecken kann.<br />
Sie besucht einen Arbeitslosentreff, erfährt dadurch von einem<br />
günstigen Englischkurs und meldet sich an. Sie beginnt<br />
wieder Bewerbungen zu schreiben. Auch entschließt sie sich<br />
mit dem Rauchen aufzuhören und besucht einen entsprechenden<br />
Kurs bei der Krankenkasse. Die stützende Beratung<br />
half der Klientin, kleine konkrete Schritte zu tun. Sie spürte<br />
wieder etwas von ihrer verlorengeglaubten Energie und<br />
Selbstachtung.<br />
Die Beratung wurde nach sechs teils wöchentlichen, teils<br />
vierzehntägigen Sitzungen beendet – ohne dass der telefonische<br />
Anmeldegrund noch einmal zur Sprache kam. Der<br />
deutliche Wunsch der Klientin nach Veränderung bewirkte<br />
trotz der fast aussichtslos erscheinenden Problemvielfalt im<br />
Rahmen des Möglichen eine Lösung der aktuellen Probleme.<br />
© Schemmi / pixelio<br />
Respekt verloren und stattdessen findet eine wechselseitige<br />
Entwertung statt. Damit geht eine Grundvoraussetzung<br />
für eine konstruktive Konfliktlösung verloren. Stattdessen<br />
entwickelt sich oft eine Dynamik, die durch eine wechselseitige<br />
Entwertung, durch negativ besetzte Projektionen (der<br />
berühmte Splitter im Auge des Anderen) und durch eine zunehmende<br />
aggressive Grundstimmung gekennzeichnet ist.<br />
Nicht selten kommt es hierbei auch zu Gewaltanwendungen.<br />
Ein respektvoller Umgang ist demzufolge eine lebensnotwendige<br />
Grundvoraussetzung und stellt somit die Basis dar, von<br />
der aus eine adäquate Konfliktlösung in den verschiedensten<br />
Lebenssituationen angestrebt werden kann.<br />
Helmut Brandmair und Team<br />
Ehe-, Familien- und Lebensberatung<br />
Wir haben dieses Thema gewählt, weil wir bemerkt haben,<br />
dass es vielen Klienten, die ja aus den verschiedensten Beweggründen<br />
in die Beratung kommen, ähnlich ergeht. Die<br />
allgemeine Lebenssituation der Klienten ist vielfach dadurch<br />
gekennzeichnet, dass der “gefühlte“, aber auch der reale<br />
Druck, dem die Einzelnen, aber auch die Paare und Familien<br />
ausgesetzt sind, deutlich zunimmt. Und oft passiert dann<br />
folgendes: Je höher der Druck, desto eher geht auch der