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EVANGELiScHES bERAtUNGSZENtRUM - EBZ München

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23<br />

Vor 4 Jahren hat die Klientin eine Umschulung zur Bürokauffrau<br />

abgeschlossen, in diesem Beruf aber keine Anstellung<br />

gefunden. Ein auf 6 Monate befristeter „1-Euro-Job“<br />

hat ihr Selbstwertgefühl weiter untergraben, die erhoffte<br />

Anstellung hat sie nicht bekommen. Sie lebt von „Hartz IV“.<br />

Ihr Sohn macht zur Zeit eine Lehre. Von seinem monatlichen<br />

Einkommen müsste er ihr einen vom Sozialamt berechneten<br />

Satz als anteilige Miete abgeben, der ihr vom Wohnungsgeld<br />

abgezogen wird. Er weigert sich aber, verachtet sie, gibt ihr<br />

die Schuld an ihrer Arbeitslosigkeit. Sie fühlt sich ihm gegenüber<br />

hilflos und unterlegen, fordert das dringend benötigte<br />

Geld nicht von ihm ein aus Angst ihn zu verlieren. Der Kontakt<br />

zur Tochter ist reduziert. Sie besucht wegen ADS einen<br />

heilpädagogischen Hort und kommt erst abends nach Hause.<br />

Wir beginnen die Arbeit mit dem drängendsten Problem: der<br />

verlorengegangenen Generationengrenze. Die Klientin nimmt<br />

ihrem Sohn gegenüber zeitweise nicht die Position der Mutter<br />

ein. Wenn sie aber in ihrer Mutterrolle ist, fühlt sie sich<br />

schlecht und schuldig, weil sie ihrem Sohn nicht geben kann<br />

was er ihrer Meinung nach braucht, z. B. genügend Geld für<br />

Urlaub. Der interkulturelle Faktor im Zusammentreffen dreier<br />

Kulturen - der italienischen, türkischen und deutschen - wird<br />

als erschwerendes Moment immer wieder deutlich. Vor allem<br />

aber das geringe Selbstwertgefühl und die Armut führen zu<br />

destruktiven Interaktionszirkeln zwischen Mutter und Sohn.<br />

Der Rückhalt durch die Beratung bewirkt, dass sie plötzlich in<br />

ihrem Umfeld verschiedene Möglichkeiten entdecken kann.<br />

Sie besucht einen Arbeitslosentreff, erfährt dadurch von einem<br />

günstigen Englischkurs und meldet sich an. Sie beginnt<br />

wieder Bewerbungen zu schreiben. Auch entschließt sie sich<br />

mit dem Rauchen aufzuhören und besucht einen entsprechenden<br />

Kurs bei der Krankenkasse. Die stützende Beratung<br />

half der Klientin, kleine konkrete Schritte zu tun. Sie spürte<br />

wieder etwas von ihrer verlorengeglaubten Energie und<br />

Selbstachtung.<br />

Die Beratung wurde nach sechs teils wöchentlichen, teils<br />

vierzehntägigen Sitzungen beendet – ohne dass der telefonische<br />

Anmeldegrund noch einmal zur Sprache kam. Der<br />

deutliche Wunsch der Klientin nach Veränderung bewirkte<br />

trotz der fast aussichtslos erscheinenden Problemvielfalt im<br />

Rahmen des Möglichen eine Lösung der aktuellen Probleme.<br />

© Schemmi / pixelio<br />

Respekt verloren und stattdessen findet eine wechselseitige<br />

Entwertung statt. Damit geht eine Grundvoraussetzung<br />

für eine konstruktive Konfliktlösung verloren. Stattdessen<br />

entwickelt sich oft eine Dynamik, die durch eine wechselseitige<br />

Entwertung, durch negativ besetzte Projektionen (der<br />

berühmte Splitter im Auge des Anderen) und durch eine zunehmende<br />

aggressive Grundstimmung gekennzeichnet ist.<br />

Nicht selten kommt es hierbei auch zu Gewaltanwendungen.<br />

Ein respektvoller Umgang ist demzufolge eine lebensnotwendige<br />

Grundvoraussetzung und stellt somit die Basis dar, von<br />

der aus eine adäquate Konfliktlösung in den verschiedensten<br />

Lebenssituationen angestrebt werden kann.<br />

Helmut Brandmair und Team<br />

Ehe-, Familien- und Lebensberatung<br />

Wir haben dieses Thema gewählt, weil wir bemerkt haben,<br />

dass es vielen Klienten, die ja aus den verschiedensten Beweggründen<br />

in die Beratung kommen, ähnlich ergeht. Die<br />

allgemeine Lebenssituation der Klienten ist vielfach dadurch<br />

gekennzeichnet, dass der “gefühlte“, aber auch der reale<br />

Druck, dem die Einzelnen, aber auch die Paare und Familien<br />

ausgesetzt sind, deutlich zunimmt. Und oft passiert dann<br />

folgendes: Je höher der Druck, desto eher geht auch der

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