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Innovative Automatisierungslösung zur Composite-Serienfertigung

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14 TITELTHEMA<br />

<strong>Composite</strong> Preforming Cell<br />

<strong>Innovative</strong> Automatisierungslösung <strong>zur</strong><br />

<strong>Composite</strong>-<strong>Serienfertigung</strong><br />

Aus wirtschaftlichen Gründen versuchen vor allem Luftfahrzeug- und Automobilhersteller,<br />

<strong>Composite</strong>-Bauteile zukünftig im RTM-Verfahren herzustellen. Hierbei wird ein Bauteil zunächst<br />

im sogenannten Preforming-Prozess aus trockenen Faserverbundwerkstoffen aufgebaut,<br />

bevor es dann in ein RTM-Werkzeug gelegt, mit Harz infiltriert und schließlich ausgehärtet<br />

wird. Speziell für die Preforming-Prozesse entwickelt die Firma Broetje-Automation industriefähige<br />

Produktlösungen.<br />

Zur Demonstration einer <strong>Serienfertigung</strong> für <strong>Composite</strong>-Bauteile<br />

stellte Broetje-Automation auf der diesjährigen JEC <strong>Composite</strong>s<br />

in Paris erstmals eine vollautomatisierte Preformingzelle<br />

vor, Bild 1. Diese Anlage wurde im Ende 2012 neu eröffneten Technology-Center<br />

der Broetje-Automation in Jaderberg aufgebaut und<br />

kann den gesamten Preforming-Prozess für ein komplexes <strong>Composite</strong>-Bauteil<br />

auf <strong>Serienfertigung</strong>sniveau abbilden. Als konkretes Ziel<br />

stehen Luftfahrtbauteile, unter anderem Spante und Stringer, im Fokus,<br />

die als Versteifungskomponenten in großer Stückzahl für moderne<br />

Verkehrsflugzeuge benötigt und mit dem neuen Verfahren<br />

deutlich effizienter und über 30 % kostengünstiger als bisher produziert<br />

werden können. Aber auch komplexe Holm-Strukturen lassen<br />

sich auf diese Weise zukünftig fertigen. Darüber hinaus sind die<br />

in der Preformingzelle integrierten Technologieträger auch dazu geeignet,<br />

<strong>Composite</strong>-Bauteile für Karosserieteile in der Automotive-Industrie<br />

herzustellen.<br />

COMPOSITE PREFORMING CELL<br />

Das Technology-Center der Broetje-Automation entwickelt – von der<br />

Optimierung einer technischen Einzelaufgabe bis hin <strong>zur</strong> Entwicklung<br />

»Die in der <strong>Composite</strong> Preforming Cell integrierten<br />

Anlagentechniken erlauben die Fertigung eines großen<br />

Spektrums an unterschiedlichen Bauteilgeometrien.«<br />

Dipl.-Ing. Raphael Reinhold ist Product Manager <strong>Composite</strong>s bei der Broetje-Automation GmbH in<br />

Wiefelstede.<br />

www.lightweight-design.de


TITELTHEMA 15<br />

und Realisierung völlig neuartiger Anlagentechnologien – Lösungen<br />

für die gesamte Unternehmensgruppe. Mit der <strong>Composite</strong> Preforming<br />

Cell (CPC) kann erstmals die serientaugliche Herstellung eines komplexen<br />

und endkonturnahen Preforms <strong>zur</strong> <strong>Composite</strong>-Bauteilfertigung im<br />

RTM-Verfahren für große Stückzahlen demonstriert werden.<br />

Innerhalb dieser Roboterzelle sind zahlreiche selbst entwickelte und<br />

zum Patent angemeldete Anwendungslösungen zu einem vollautomatisierten<br />

Gesamtsystem integriert worden. Folgende Produktentwicklungen<br />

kommen zum Einsatz:<br />

● CCPS – Continuous <strong>Composite</strong> Preforming System<br />

● CDS – <strong>Composite</strong> Draping System<br />

● CHS – <strong>Composite</strong> Handling System<br />

● CTS – <strong>Composite</strong> Trimming System.<br />

Der Prozessablauf innerhalb der <strong>Composite</strong> Preforming Cell wird von<br />

einer übergeordneten Steuerung koordiniert und im Folgenden detailliert<br />

erläutert.<br />

PROZESSABLAUF<br />

Die CPC ermöglicht die vollautomatisierte Herstellung von 3D-geformten<br />

und gekrümmten <strong>Composite</strong>-Preforms, wie sie für Spante<br />

von modernen Verkehrsflugzeugen benötigt werden. Derzeit können<br />

solche Bauteile nur in einem sehr zeitintensiven, sequentiellen<br />

Handarbeits- beziehungsweise halbautomatisierten Verfahren gefertigt<br />

werden. Die textilen Fasermaterial-Halbzeuge, aus denen sich die<br />

Zielbauteile schichtweise aufbauen, durchlaufen dabei einen mehrstufigen<br />

Preforming-Prozess. Die in der <strong>Composite</strong> Preforming Cell<br />

integrierten Anlagentechniken erlauben die Fertigung eines großen<br />

Spektrums an unterschiedlichen Bauteil-Geometrien, da die Einzelanlagen<br />

eine breite Konfigurationsvielfalt und Universalität besitzen.<br />

Als ein erstes Zielbauteil für die Funktionsdemonstration der<br />

<strong>Composite</strong> Preforming Cell wurde ein komplexes Z-Profil gewählt.<br />

Die Erzeugung dieses Profils umfasst alle Schritte, beginnend<br />

mit dem Formen eines kontinuierlich hergestellten Vor-Profils<br />

mit noch geringer Komplexität, einen zweiten Umformprozess<br />

<strong>zur</strong> Erzeugung der komplexen Bauteilgeometrie bis zum exakten<br />

Besäumen des Preforms <strong>zur</strong> Schaffung der endgeometrienahen<br />

Kontur des fertigen Profil-Preforms für den anschließenden<br />

Harzinjektions- und Aushärtevorgang. Die Harzinjektion und Aushärtung<br />

findet in einem Spezial-Werkzeug statt, wobei der Funktionsumfang<br />

der hier vorgestellten Roboterzelle mit dem automatischen<br />

Einlegen des endkonturnahen Preforms in das Aushärte-Werkzeug<br />

endet.<br />

Die Erweiterung der <strong>Composite</strong> Preforming Cell hin <strong>zur</strong> dann sogenannten<br />

<strong>Composite</strong> Part Production Cell (CPPC) mit integrierter<br />

RTM-Technologie <strong>zur</strong> Fertigung ausgehärter Bauteile ist für das dritte<br />

Quartal 2013 geplant.<br />

Im Folgenden wird der stufenweise Preforming-Prozess <strong>zur</strong> Erzeugung<br />

des Zielbauteils anlagenweise dargestellt.<br />

BILD 1 Vollautomatisierte <strong>Composite</strong> Preforming Cell (alle Bilder: Broetje-Automation)<br />

BILD 2 Vollautomatisierte <strong>Composite</strong> Preforming Cell<br />

CCPS - Continuous <strong>Composite</strong> Preforming System:<br />

In der ersten Teil-Anlagentechnologie, dem Continuous <strong>Composite</strong><br />

Preforming System (CCPS), wird das z-förmige Zielbauteil-Profil<br />

aus ebenen, aufgespulten Trockenfaser-Halbzeugen<br />

erzeugt, die in einem kontinuierlichen Prozess gefördert, verbunden,<br />

umgeformt und als Vor-Profil auf Bauteillänge getrennt<br />

werden, Bild 2.<br />

Die Entwicklung des CCPS startete 2007 im Rahmen eines vom<br />

BMWi geförderten Projekts des Luftfahrtforschungsprogramms in<br />

enger Zusammenarbeit mit der Airbus Operations GmbH, der CTC<br />

GmbH Stade sowie dem Faserinstitut Bremen (FIBRE). Die Technologie<br />

zeichnet sich dadurch aus, dass erstmals stark gekrümmte<br />

Preforms für <strong>Composite</strong>-Profile hochautomatisiert bei einer hohen<br />

Prozessgeschwindigkeit gefertigt werden können. Diese derzeit<br />

einzigartige Automatisierungslösung für die <strong>Composite</strong>-Bauteilfertigung<br />

wurde mit dem international bedeutenden JEC Innovations<br />

Award 2011 ausgezeichnet.<br />

3/2013 lightweightdesign


16 TITELTHEMA<br />

Das <strong>Composite</strong> Handling System, Bild 3, ist mit verschieblichen Vakuumgreifern<br />

ausgestattet, sodass der Greifer an verschiedene Krümmungsradien<br />

von Profil-Subpreforms angepasst werden kann. Über<br />

die integrierte Einzelsaugersteuerung ist eine automatisierte Adaption<br />

des CHS an variable Profillängen möglich. Das CHS ist in zahlreichen<br />

Varianten für den Einsatz im 2D- und 3D-Bereich erhältlich,<br />

aber auch als modulare Version für den Einsatz bei stark variierenden<br />

Bauteilgrößen im Handlingprozess.<br />

BILD 3 <strong>Composite</strong> Handling System (CHS) positioniert Subpreform auf Preform-<br />

Werkzeug des <strong>Composite</strong> Draping Systems (CDS)<br />

BILD 4 <strong>Composite</strong> Draping System während des Umform-Prozesses<br />

Im Ergebnis wird mit dem Continuous <strong>Composite</strong> Preforming System<br />

innerhalb der CPC-Roboterzelle ein konstant gekrümmtes Z-Profil-Subpreform<br />

mit unveränderlichem Profil-Querschnitt kontinuierlich<br />

hergestellt.<br />

CHS – <strong>Composite</strong> Handling System:<br />

Das Roboter-geführte <strong>Composite</strong> Handling System (CHS) transferiert<br />

die Profil-Subpreforms aus dem Continuous <strong>Composite</strong><br />

Preforming System (CCPS) nach ihrem Abtrennen von der Ablageposition<br />

des CCPS direkt in das Preform-Werkzeug. Dieses befindet<br />

sich auf dem Transporttisch des <strong>Composite</strong> Draping Systems<br />

(CDS), wo das noch vergleichsweise einfach vorgeformte<br />

Subpreform aus dem CCPS zu einem komplexeren Preform<br />

weiter umgeformt wird. Auf den CDS-Prozess wird später noch<br />

eingegangen.<br />

CDS – <strong>Composite</strong> Draping System:<br />

Das <strong>Composite</strong> Draping System (CDS) dient zum einen <strong>zur</strong> Kompaktierung<br />

des Lagenaufbaus sowie zum Drapieren der zu produzierenden<br />

Preforms an das komplexe Preform-Werkzeug. Die Umformhaube<br />

des CDS kann in Höhenrichtung verfahren werden und<br />

besteht aus einem Rahmen, einer darin fest eingespannten hochelastischen<br />

Membran und Infrarot-Heizelementen <strong>zur</strong> thermischen<br />

Aktivierung der auf den Faserverbund-Halbzeugen befindlichen Bebinderung.<br />

Mithilfe der verwendeten Bindertechnologie wird eine<br />

prozess sichere Fixierung der Preforms gewährleistet.<br />

Der Transporttisch besitzt einen Vakuumtisch als Oberfläche. Dieser<br />

Vakuumtisch ist partitioniert, sodass der Evakuierungsbereich an<br />

die Bauteilgröße angepasst werden kann. Dadurch können der Einsatz<br />

der integrierten Vakuumpumpe optimiert und eine höhere Betriebskosteneffizienz<br />

erreicht werden. Der schienengeführte Transporttisch<br />

wird automatisch verfahren.<br />

Der Fertigungsprozess mit dem <strong>Composite</strong> Draping System <strong>zur</strong> Umformung<br />

des aus dem CCPS kommenden einfachen Subpreform<br />

zum komplexen Preform verläuft wie folgt:<br />

● Das Subpreform wird auf dem Preform-Werkzeug mit dem <strong>Composite</strong><br />

Handling System positioniert und über Vakuum fixiert, Bild 3.<br />

● Der Vakuumtisch mit dem Preform-Werkzeug wird automatisch<br />

unter die Haube des CDS verfahren und dort positioniert.<br />

● Die Umformhaube wird auf den Vakuumtisch abgesenkt und die<br />

Drapiermembran dehnt sich über das Preform-Werkzeug.<br />

● Der Raum unter der Drapiermembran wird evakuiert und die IR-<br />

Heizelemente werden eingeschaltet. Das Subpreform wird über das<br />

Preform-Werkzeug drapiert, Bild 4.<br />

● Der Vakuumtisch wird belüftet, die IR-Heizelemente werden abgeschaltet<br />

und die Umformhaube wird angehoben.<br />

● Der Vakuumtisch mit dem Preform auf dem Preform-Werkzeug<br />

wird automatisch <strong>zur</strong>ück vor das CDS verfahren.<br />

Das Preform besitzt nun die komplexe Geometrie, die durch das Preform-Werkzeug<br />

vorgegeben wird. Im abschließenden Prozessschritt<br />

wird es auf nahe Endkontur besäumt. Dazu dient das <strong>Composite</strong><br />

Trimming System.<br />

CTS – <strong>Composite</strong> Trimming System:<br />

Das ebenfalls Roboter-geführte <strong>Composite</strong> Trimming System, Bild 5, basiert<br />

auf der Verwendung der Ultraschall-Technologie. Das verwendete<br />

Schneidwerkzeug wird über eine Sonotrode in eine hochfrequente<br />

Schwingung versetzt, was den Schneidprozess ermöglicht.<br />

Die entstehenden Schnittstäube werden mittels eines geeigneten<br />

www.lightweight-design.de


TITELTHEMA 17<br />

System vom Preform-Werkzeug entnommen und in das bereitgestellte<br />

Aushärtewerkzeug eingelegt.<br />

Durch die Passgenauigkeit des Preforms wird ein hohes Maß an Prozessstabilität<br />

während der Harzinjektion erreicht. Außerdem kann dadurch<br />

erreicht werden, dass ein nachgelagerter Fräsprozess des ausgehärteten<br />

Bauteils sowie ein in der Luftfahrtindustrie oft gebräuchlicher<br />

Prozess der abschließenden Kantenversiegelung überflüssig<br />

wird. Dies kann im Ergebnis zu deutlich reduzierten Bauteil-Herstellkosten<br />

führen.<br />

Damit ist der mehrstufige Preforming-Prozess <strong>zur</strong> vollautomatisierten<br />

Herstellung eines komplexen <strong>Composite</strong>-Preforms mithilfe der<br />

<strong>Composite</strong> Preforming Cell (CPC) vollendet. Parallel hat bereits die<br />

Fertigung des nächsten Preforms begonnen.<br />

BILD 5 <strong>Composite</strong> Trimming System<br />

Absaugsystems vakuumtechnisch abgeführt. Der Trimming-Prozess<br />

findet am komplexen Preform final auf dem Preform-Werkzeug statt.<br />

Der Trimming-Pfad wird über eine spezielle Steuerungssoftware generiert.<br />

Danach verfügt das Preform über eine endkonturnahe Geometrie<br />

und kann passgenau in ein Aushärtewerkzeug, wie zum Beispiel ein<br />

RTM-Werkzeug, überführt werden. Das Preform wird also – analog<br />

zum Subpreform-Transfer vom CCPS zum CDS – nach einem automatischen<br />

Werkzeugwechsel wieder mit dem <strong>Composite</strong> Handling<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Mit der vollautomatisierten <strong>Composite</strong> Preforming Cell können komplexe<br />

<strong>Composite</strong>-Preform-Strukturen auf <strong>Serienfertigung</strong>sniveau<br />

hergestellt werden. Dabei eröffnet die Komposition modernster<br />

<strong>Composite</strong>-Fertigungstechnologien innerhalb dieser Roboterzelle<br />

ein sehr hohes Potenzial, die Bauteil-Herstellkosten zukünftig gegenüber<br />

denjenigen bei derzeitig im Einsatz befindlichen Fertigungsverfahren<br />

entstehenden Kosten signifikant zu reduzieren. ●<br />

Der Autor:<br />

DIPL.-ING. RAPHAEL REINHOLD ist Product Manager <strong>Composite</strong>s<br />

bei der Broetje-Automation GmbH in Wiefelstede.<br />

Sika Automotive<br />

Ihr Partner für - Kleben, Dichten,<br />

Dämpfen und Verstärken<br />

3/2013 lightweightdesign<br />

www.sika.com/automotive

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