Daten - KWR
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uptodate<br />
Das Newsmagazin der<br />
KARASEK WIETRZYK RECHTSANWÄLTE<br />
AUSGABE 03/2011<br />
Whistleblowing<br />
in der Arbeitswelt<br />
Whistleblowing ist derzeit in aller Munde. Dies führt auch im<br />
Arbeitsrecht zu neuen Problemstellungen: Die Treuepflichten<br />
des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber kollidieren<br />
immer stärker mit dem öffentlichen Interesse an Aufklärung und<br />
Beseitigung allfälliger Missstände auch in privaten Unternehmen.<br />
Was sind aber die arbeitsrechtlichen Konsequenzen, wenn Mitarbeiter<br />
oder der Betriebsrat sensible <strong>Daten</strong> an Behörden oder<br />
die Öffentlichkeit weitergeben?<br />
l Arbeitsrecht:<br />
Aufdecken von Missständen<br />
l Kartellrechtlicher Schadenersatz<br />
l Video- und Radarüberwachung<br />
durch Gemeinden<br />
l Gesellschaftsrecht:<br />
Neuerungen im Umgründungsrecht<br />
durch das GesRÄG 2011<br />
l Events & more<br />
© jeremias münch - Fotolia.com<br />
Auch als download<br />
unter<br />
www.kwr.at
Whistleblowing<br />
in der Arbeitswelt<br />
... wenn Mitarbeiter nicht dicht halten:<br />
Mit „Whistleblowing“ bezeichnet man im arbeitsrechtlichen<br />
Zusammenhang das Aufdecken von Missständen<br />
und Unregelmäßigkeiten in der öffentlichen<br />
Verwaltung oder in privaten Unternehmen durch die<br />
eigenen Mitarbeiter bzw auch den Betriebsrat. Dabei<br />
können zB Informationen über Steuerhinterziehung,<br />
Kartellabsprachen, Kursmanipulationen und Schmiergeldzahlungen,<br />
aber auch über Qualitätsprobleme,<br />
Lieferschwierigkeiten oder den Verstoß gegen arbeitsrechtliche<br />
Vorschriften an Behörden, Interessenvertretungen<br />
oder auch direkt an die Presse weitergegeben<br />
werden. Nicht jeder Fall erregt dabei soviel<br />
öffentliches Interesse wie bspw die derzeit diskutierten<br />
Vorgänge rund um die Telekom Austria.<br />
Von Katharina Körber-Risak<br />
In der täglichen Praxis können aber auch weniger spektakuläre<br />
Vorgänge, wie beispielsweise die Weitergabe von Informationen<br />
an die <strong>Daten</strong>schutzkommission, die Information der Arbeiterkammer<br />
über Arbeitszeitverstöße etc zu teils erheblichen<br />
Unannehmlichkeiten führen. Dies gilt auch dann, wenn sich die<br />
Anschuldigungen im Nachhinein als unbegründet erweisen.<br />
Es ist evident, dass in einem solchen Fall das Geheimhaltungsinteresse<br />
des Arbeitgebers und andererseits das öffentliche Interesse<br />
an der Strafverfolgung, einer effizienten Verwaltung sowie<br />
das Interesse des Arbeitnehmers an einem ethisch einwandfreien<br />
Verhalten seines Unternehmens aufeinander treffen.<br />
Als Whistleblowing wird aber nicht nur die (zumeist unautorisierte)<br />
Weitergabe von Informationen nach außen, sondern<br />
auch ein internes System zur Beseitigung von Missständen<br />
bezeichnet. Letzteres wird aufgrund internationaler und nationaler<br />
Vorgaben (zB für börsenotierte Unternehmen, Umweltverstöße<br />
etc) nunmehr vermehrt auch in österreichischen Unternehmen<br />
durch sog Ethikrichtlinien („codes of conduct“) oder<br />
Compliance-Systeme etabliert.<br />
Rechtlich schlagend wird die oben skizzierte Problematik in der<br />
Regel im Zusammenhang mit einer Entlassung des Arbeitnehmers<br />
wegen Geheimnisverrats oder Vertrauensunwürdigkeit.<br />
Es stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer seine Verschwiegenheitspflicht<br />
auch bei evidenten Missständen beachten muss<br />
oder ihm der Weg an die Öffentlichkeit offensteht ohne seines<br />
Arbeitsplatzes verlustig zu gehen.<br />
Whistleblowing durch Arbeitnehmer -<br />
Geheimnisverrat an Dritte<br />
© SVLuma - Fotolia.com<br />
Die österreichische Judikatur zum Thema Whistleblowing im<br />
Arbeitsverhältnis ist überschaubar. Einige Einzelfallbeispiele zur<br />
Veranschaulichung:
Ein Arbeitnehmer, der der Gebietskrankenkasse eine Sachverhaltsdarstellung<br />
über angeblich unkorrekte Meldungen seines<br />
(ehemaligen) Arbeitgebers übermittelte, wurde nicht zur<br />
Zahlung einer (vereinbarten) Vertragsstrafe wegen Bruch der<br />
Geheimhaltungsvereinbarung verurteilt, obwohl die entsprechende<br />
Klausel durchaus weit formuliert war. Aus Sicht des<br />
OGH war ua entscheidend, dass – auch sehr weit formulierte<br />
– Geheimhaltungsklauseln einer „Rechtfertigung“ benötigen.<br />
Ein Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich allenfalls strafrechtlich<br />
relevanter Tatsachen sei aber nicht gerechtfertigt.<br />
Ein Arbeitnehmer, der die (angeblich) falsche Aufzeichnung<br />
von (angeblich teilweise nicht erbrachten) Arbeitsleistungen<br />
zur Anzeige brachte, wurde entlassen. Der OGH sah die Entlassung<br />
des Arbeitnehmers als nicht gerechtfertigt an, da diesen<br />
bei strafrechtswidrigen Umtrieben (zB Betrug) des Arbeitgebers<br />
prinzipiell keine Verschwiegenheitspflicht trifft.<br />
Auch ein Arbeitnehmer, der nach seinem Ausscheiden einen<br />
Konkurrenten seines ehemaligen Arbeitgebers über dessen unlautere<br />
Praktiken informiert und in einem öffentlichen Verfahren<br />
gegen diesen aussagt, handelt – trotz Verschwiegenheitsklausel<br />
in seinem Dienstvertrag – nicht rechtswidrig. Die Information<br />
des Konkurrenten sei gegenüber bspw der Erstattung einer<br />
Strafanzeige gegen den ehemaligen Arbeitgeber das gelindere<br />
Mittel und somit zulässig.<br />
Eine der wenigen Entscheidungen, die gegen die betroffene Arbeitnehmerin<br />
ausging, betraf eine Hilfskraft eines Rechtsanwalts,<br />
die dessen vorgebliche Steuerhinterziehung bei den Finanzbehörden<br />
angezeigt hatte. In diesem Fall überwog nach Ansicht<br />
des Höchstgerichts das Berufsgeheimnis der Rechtsanwälte das<br />
Interesse der Arbeitnehmerin (und der Finanzverwaltung), da<br />
durch solchen Geheimnisverrat nicht nur <strong>Daten</strong> des Rechtsanwalts,<br />
sondern allenfalls auch von dessen Klienten offengelegt<br />
werden könnten. Der Arbeitnehmerin wurde daher mit einstweiliger<br />
Verfügung untersagt, die relevanten <strong>Daten</strong> weiterzugeben.<br />
Die wesentlichen Kriterien nach der Rechtsprechung lassen<br />
sich somit wie folgt zusammenfassen:<br />
l Unlautere Geschäftspraktiken oder gesetzwidriges Verhalten<br />
zählen nicht zu den Umständen, an deren Geheimhaltung der<br />
Arbeitgeber ein objektiv berechtigtes Interesse hat.<br />
l Der Arbeitnehmer darf demnach im Interesse der Allgemeinheit<br />
auch Strafanzeige gegen seinen Arbeitgeber erstatten, wenn<br />
kein gelinderes Mittel besteht, das strafrechtlich relevante Verhalten<br />
abzustellen.<br />
l Wesentlich ist nach Ansicht des OGH auch die Motivlage des<br />
Arbeitnehmers: Dieser muss subjektiv davon überzeugt sein,<br />
dass das von ihm angezeigte Verhalten tatsächlich rechtswidrig<br />
ist, haltlose oder stark überzogene Darstellungen berechtigen<br />
hingegen zur Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit. Auch<br />
muss der Arbeitnehmer überwiegend im Interesse der Allgemeinheit<br />
handeln und darf sein einziges (bzw überwiegendes)<br />
Motiv nicht darin liegen, sich selbst einen Vorteil zuzuwenden.<br />
Die österreichische Rechtsprechung scheint auch im Einklang<br />
mit derjenigen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte<br />
(EGMR) zu stehen. Dieser sprach in einer aktuellen Entscheidung<br />
aus Juli 2011 aus, dass Whistleblowing – also die<br />
Offenlegung von Missständen in Unternehmen oder Institutionen<br />
durch einen Arbeitnehmer – in den Geltungsbereich von<br />
Art. 10 EMRK (Recht auf freie Meinungsäußerung) fällt. Somit<br />
stellen auch Beendigungen des Arbeitsverhältnisses aufgrund<br />
des Stellens einer Strafanzeige des Arbeitnehmers gegen seinen<br />
Arbeitgeber wegen interner Missstände einen Eingriff in<br />
das Recht des Arbeitnehmers gemäß Art. 10 EMRK dar. Dies<br />
muss auch nach Ansicht des EGMR gegen das Interesse des Arbeitgebers<br />
an der Geheimhaltung abgewogen werden. Dabei<br />
ist insb zu berücksichtigen, ob die offengelegten Informationen<br />
von öffentlichem Interesse sind. Neben den negativen Folgen<br />
für die berufliche Laufbahn des einzelnen Arbeitnehmers ist<br />
auch eine mögliche abschreckende Wirkung auf andere Mitarbeiter<br />
des Unternehmens bzw anderer Unternehmen und<br />
somit ein möglicher gesamtgesellschaftlich negativer Effekt zu<br />
berücksichtigen. Weiters ist relevant, ob der Arbeitnehmer den<br />
zugrundeliegenden Sachverhalt bereits zuvor in Hinweisen an<br />
den Arbeitgeber offengelegt hat und weitere innerbetriebliche<br />
Beschwerden wirkungslos gewesen wären. Ferner ist zugunsten<br />
des Arbeitnehmers zu werten, wenn er nicht wissentlich<br />
oder leichtfertig falsche Angaben gemacht hat. Ob es tatsächlich<br />
zu einer Anklage gegen den Arbeitgeber kommt, kann der Arbeitnehmer<br />
allerdings nicht voraussehen. Die Tatsache, dass die<br />
Ermittlungen eingestellt werden, darf daher nicht zwangsläufig<br />
zu Ungunsten des Arbeitnehmers Berücksichtigung finden.<br />
Internes Whistleblowing<br />
Wie bereits eingangs erwähnt, bestehen in zahlreichen Branchen<br />
(teils internationale) und branchenspezifische Ethikrichtlinien<br />
und ähnliche Verhaltensvorgaben, die ein internes Whistleblowing<br />
verpflichtend vorsehen. Daneben bestehen oftmals<br />
„freiwillige“ interne Beschwerdesysteme (Compliance-Systeme),<br />
an welche Arbeitnehmer sich im Fall von Missständen<br />
wenden sollen.<br />
Soweit Arbeitnehmer im Rahmen solcher internen Kontrollsysteme<br />
tätig werden bzw die dort vorgesehenen Mechanismen<br />
nutzen, ist dies – auch im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung<br />
– jedenfalls zulässig, wenn sie entweder auf direkte<br />
Weisung des Arbeitgebers oder im erwiesenen öffentlichen<br />
Interesse handeln.<br />
Letztlich ist aber auch in diesen Fällen nicht ausgeschlossen,<br />
dass der Arbeitnehmer mit den Informationen nach außen tritt,<br />
wobei wiederum die oben dargestellte Abwägung zwischen<br />
den Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers vorzunehmen<br />
ist. Ein effizientes internes Compliance-Management<br />
sollte allerdings die Chancen des Arbeitgebers in einem arbeitsgerichtlichen<br />
Prozess deutlich erhöhen. Dabei ist aber auch da-
auf zu achten, dass die Beschwerden der Arbeitnehmer einer<br />
tatsächlichen Untersuchung zugeführt werden und nicht unbearbeitet<br />
versanden.<br />
Mögliche Sanktionen<br />
Sollte ein Arbeitnehmer die von der Rechtsprechung aufgestellten<br />
Kriterien zum zulässigen Geheimnisverrat nicht erfüllen<br />
(bringt er beispielsweise völlig haltlose Anschuldigungen zur<br />
Anzeige), stellt sich die Frage, zu welchen arbeitsrechtlichen<br />
Konsequenzen dies führen kann.<br />
-- Entlassung<br />
Findet das nicht zulässige Whistleblowing noch während aufrechten<br />
Arbeitsverhältnisses statt, kann der Arbeitnehmer gemäß<br />
§ 27 Z 1 Angestelltengesetz (AngG) wegen Untreue bzw<br />
Vertrauensunwürdigkeit fristlos entlassen werden. Oftmals wird<br />
die Frage, ob das Verhalten des Arbeitnehmers tatsächlich nicht<br />
berechtigt war, aber erst in einem nachfolgenden arbeitsgerichtlichen<br />
Verfahren überprüft. Zusätzlich verlangt die Rechtsprechung<br />
bei Entlassungen stets „unverzügliches“ Handeln des Arbeitgebers.<br />
Der Arbeitgeber ist also gehalten, die Vorgänge, die<br />
zur Entlassung führen, möglichst umfassend, aber auch rasch<br />
aufzuklären, um in einem nachfolgenden Prozess Obsiegenschancen<br />
zu haben.<br />
vorgegangen werden. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen,<br />
dass in der Regel in einem solchen (in der Regel öffentlichen)<br />
Verfahren gegenüber dem Gericht offenzulegen ist, welches<br />
Geheimhaltungsinteresse seitens des Arbeitgebers besteht.<br />
Whistleblowing durch den Betriebsrat<br />
Etwas anders stellt sich die Rechtslage im Falle des Whistleblowings<br />
durch den Betriebsrat dar. In diesem Fall besteht<br />
neben den arbeitsvertraglichen Treuepflichten der einzelnen<br />
Mitglieder des Betriebsrats nämlich ein gesetzlicher Auftrag<br />
an den Betriebsrat zur Kontrolle der Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen<br />
Bestimmungen im Betrieb. Inwieweit<br />
der Betriebsrat dabei befugt ist, nach außen zu treten und als<br />
Whistleblower tätig zu werden bzw welche Sanktionen allenfalls<br />
bei unrechtmäßigem Handeln des Betriebsrats bestehen,<br />
wird unter anderem im nächsten <strong>KWR</strong>-Inhouse-Seminar (Der<br />
Betriebsrat – Gegner oder Partner, 19. Oktober, 17.30 Uhr)<br />
behandelt. <br />
katharina.koerber-risak@kwr.at<br />
-- Schadenersatz<br />
Prinzipiell sind auch schadenersatzrechtliche Forderungen<br />
des (ehemaligen) Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer nicht<br />
ausgeschlossen. Ein praktisches Problem liegt allerdings in der<br />
Regel im Beweis des tatsächlich für das Unternehmen entstandenen<br />
Schadens.<br />
Oftmals werden daher Geheimhaltungsklauseln im Arbeitsvertrag<br />
(die sich sowohl auf das aufrechte Dienstverhältnis, als<br />
auch die Zeit nach Beendigung beziehen können) mit einer<br />
Konventionalstrafe, dh einem pauschalierten Schadenersatzanspruch<br />
des Arbeitgebers bei Bruch der Klausel durch den Arbeitnehmer<br />
versehen. Dies dient zunächst der Abschreckung,<br />
wobei aber immer berücksichtigt werden muss, dass das richterliche<br />
Mäßigungsrecht hinsichtlich der Konventionalstrafe<br />
nicht ausgeschlossen werden kann. Darüber hinaus tendiert<br />
die Rechtsprechung bei Konventionalstrafen dazu, die zugrundeliegende<br />
Klausel im Arbeitsvertrag eng zu interpretieren und<br />
einen Vertragsbruch bzw eine daraus resultierende Schadenersatzverpflichtung<br />
des Arbeitnehmers zu verneinen.<br />
-- Unterlassung bzw einstweilige Verfügung<br />
In besonders krassen Fällen, in denen durch den angekündigten<br />
und unmittelbar bevorstehenden Geheimnisverrat ein unmittelbarer<br />
Schaden droht, kann auch mit Unterlassungsklage und<br />
einstweiliger Verfügung gegen den (ehemaligen) Arbeitnehmer<br />
Tipps!<br />
Inhouse Seminar 98<br />
Mittwoch, 19.10.2011, 17:00 Uhr<br />
Der Betriebsrat - Gegner oder Partner?<br />
Referenten:<br />
Dr. Katharina Körber-Risak<br />
ao. Univ.-Prof. Dr. Martin Risak<br />
Die Inhouse-Seminare sind kostenlos und finden in<br />
unserer Kanzlei statt. Anmeldungen erbeten<br />
bis jeweils 3 Werktage vor dem Seminar an office@kwr.at.
© nito - Fotolia.com<br />
Kartellrechtlicher Schadenersatz –<br />
Meilensteinentscheidung des BGH<br />
Der BGH hat Ende Juni 2011 entschieden, dass Personen, die durch ein Kartell geschädigt wurden, Schadenersatz<br />
verlangen können. Es ist dazu, und das ist das für Österreich wichtige an dieser Entscheidung, keine besondere gesetzliche<br />
Bestimmung notwendig, es genügt das allgemeine Schadenersatzrecht. Von Johannes Peter Gruber<br />
Wenn sich die am Markt tätigen Bauunternehmen absprechen<br />
und sich gegenseitig die Aufträge zuschanzen, können sie von ihren<br />
Bauherren mehr Geld verlangen als Ihnen eigentlich zusteht. Wenn<br />
sich die Vertreter der größten österreichischen Banken regelmäßig<br />
im Hotel Bristol treffen, um einheitlich niedrige Zinsen für Sparguthaben<br />
zu vereinbaren, bekommen die Konsumenten zu wenig für<br />
ihr Geld. Wenn ein Anbieter seinen Händlern den Vertrieb über das<br />
Internet verbietet, wird es für die Konsumenten schwieriger, das billigste<br />
Angebot zu finden. In allen diesen Fällen erleiden die Kunden<br />
einen Schaden.<br />
Vor dem Beitritt Österreichs zur EU im Jahr 1995 hat auf solche<br />
Kartelle mehr oder weniger niemand reagiert. Bestimmte Kartelle<br />
wurden sogar als volkswirtschaftlich wünschenswert angesehen<br />
und von den Sozialpartnern (nach den damaligen gesetzlichen<br />
Vorschriften) akzeptiert. Es gibt daher aber praktisch keine Entscheidungen<br />
des OGH aus den siebziger, achtziger und beginnenden<br />
neunziger Jahren. Ernst genommen werden die kartellrechtlichen<br />
Bestimmungen in Österreich erst seit der Einführung der unabhängigen<br />
Bundeswettbewerbsbehörde im Jahr 2002 und dem Inkrafttreten<br />
des neuen – den Standards der EU entsprechenden – Kartellgesetzes<br />
am 1.1.2006.<br />
Die österreichischen Kartellbehörden haben seither eine Reihe<br />
von Geldbußen verhängt, allen voran die Geldbuße von EUR 75,4<br />
Mio über das Aufzugs- und Fahrtreppenkartell im Jahr 2008. Bestraft<br />
wurden weiters unter anderem ein Druckchemikalienkartell (EUR<br />
1,6 Mio, 2010), ein Industriechemikalienkartell (EUR 1,9 Mio, 2009)<br />
und ein Kreditkartenunternehmen (EUR 7 Mio, 2007). Die Geldbußen<br />
sind in der Regel hoch, aber nicht immer. Die Fahrschulenkartelle<br />
in Graz und Innsbruck kamen mit Geldbußen von EUR 80.000<br />
und EUR 70.000 vergleichsweise glimpflich davon.<br />
Geldbußen sind aber nach Ansicht des EuGH nicht genug. Bereits<br />
im Jahr 2001 hat er entschieden: Wenn ein Unternehmen anderen<br />
durch einen Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht<br />
(= Kartellrecht) Schaden zufügt, dann soll es verpflichtet werden,<br />
diesen Schaden zu ersetzen. Seitdem bemüht sich die Europäische<br />
Kommission, eine einheitliche Schadenersatzregelung für alle<br />
Mitglieder der EU zu erreichen, bisher allerdings ohne Erfolg. Der<br />
bundesdeutsche Gesetzgeber, der für Österreich in der Regel ein<br />
Vorbild ist, hat hingegen prompt reagiert und bereits 2005 schadenersatzrechtliche<br />
Sonderregeln eingeführt. Mittlerweile gehören<br />
Schadenersatzverfahren bereits durchaus zur gängigen Praxis in<br />
Deutschland.<br />
Der österreichische Gesetzgeber hat nicht „nachgezogen“, wie<br />
er es in der Vergangenheit schon oft getan hat. Bis heute gibt es<br />
keine kartellrechtlichen Schadenersatzbestimmungen, die mit den<br />
deutschen Bestimmungen vergleichbar wären. Dennoch sind auch<br />
bereits Schadenersatzklagen wegen des Aufzugs- und Fahrtreppenkartells<br />
anhängig. Die verfahrensrechtlichen und inhaltlichen Hürden<br />
sind dabei besonders hoch. Auch ohne genaue Kenntnis des<br />
gesamten Sachverhalts, mussten bisher die Erfolgsaussichten dieser<br />
Klagen äußerst skeptisch beurteilt werden.<br />
Diese Aussichten haben sich meiner Meinung nach durch eine<br />
neue Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH)<br />
deutlich verbessert. Der BGH hat Ende Juni entschieden (BGH<br />
28.6.2011, KZR 75/10 – Papierfabrik August Koehler AG), dass<br />
Schadenersatz bereits nach allgemeinem Schadenersatzrecht zusteht<br />
und kartellrechtliche Sonderregelungen nicht unbedingt notwendig<br />
sind. Da sich das allgemeine Schadenersatzrecht in Österreich<br />
und in Deutschland im Wesentlichen gleichen, wird sich der<br />
Oberste Gerichtshof (OGH) sicher auch mit den Argumenten des<br />
BGH auseinandersetzen. Selbstverständlich ist er nicht verpflichtet,<br />
dem BGH zu folgen. Die österreichschen Kläger haben aber mit<br />
der neuen Entscheidung sicher einen ganz besonderen Trumpf in<br />
der Tasche. <br />
johannes.gruber@kwr.at
Video- und Radarüberwachung<br />
durch die Gemeinde<br />
Videoüberwachung ist allgegenwärtig und wird – nicht zuletzt aufgrund zunehmender flächendeckender Videoüberwachung<br />
in öffentlichen Verkehrsmitteln, Handelsbetrieben, Gemeindebauten oder Google Street View – regelmäßig<br />
kontroversiell diskutiert. Die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Betrieb sind sehr restriktiv.<br />
Sie sollten im Vorhinein jedenfalls geprüft werden, um Ansprüchen der Betroffenen vorzubeugen.<br />
© Pavel Losevsky - Fotolia.com<br />
Schwerpunkt der folgenden Kurzdarstellung ist die Videoüberwachung durch Gemeinden anhand konkreter Beispiele<br />
aus der Verwaltungspraxis. Die Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und kann aufgrund der Komplexität<br />
der Rechtslage eine Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Videoüberwachung im Einzelfall nicht ersetzen.<br />
Von Herwig Hauenschild<br />
Videoüberwachung unterliegt dem <strong>Daten</strong>schutzgesetz<br />
Der Gesetzgeber hat die Videoüberwachung mit der DSG-Novelle<br />
2010 im 9a. Abschnitt des <strong>Daten</strong>schutzgesetzes neu geregelt.<br />
Unter Videoüberwachung versteht der Gesetzgeber „die systematische,<br />
insbesondere fortlaufende Feststellung von Ereignissen,<br />
die ein bestimmtes Objekt (überwachtes Objekt) oder eine bestimmte<br />
Person (überwachte Person) betreffen, durch technische<br />
Bildaufnahme- oder Bildübertragungsgeräte.“ Zulässige Zwecke<br />
einer Videoüberwachung sind ausschließlich der Schutz des<br />
überwachten Objekts oder der überwachten Person oder die<br />
Erfüllung rechtlicher Sorgfaltspflichten, jeweils einschließlich der<br />
Beweissicherung. Das DSG fordert diesbezüglich für die Zulässigkeit<br />
einer Videoüberwachung im privaten Bereich aber weiters,<br />
dass „Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das überwachte<br />
Objekt oder die überwachte Person das Ziel oder der Ort eines<br />
gefährlichen Angriffs werden könnte“, oder besondere öffentlichrechtliche<br />
Sorgfaltspflichten des Überwachenden bestehen.<br />
Jedenfalls unzulässig ist die Videoüberwachung von Orten, die<br />
zum höchstpersönlichen Lebensbereich eines Betroffenen zählen<br />
– etwa Toilettenkabinen, Umkleiden und die private Wohnung –<br />
und Videoüberwachung zum Zweck der Mitarbeiterkontrolle an<br />
Arbeitsstätten.<br />
Soweit hoheitliche Zwecke verfolgt werden, ist Videoüberwachung<br />
nur aufgrund einer ausdrücklichen, hinreichend determinierten<br />
gesetzlichen Ermächtigung zulässig.<br />
Überwachung gemeindeeigener Gebäude zulässig?<br />
Zur Zulässigkeit einer Videoüberwachung von Amtsgebäuden<br />
hat die <strong>Daten</strong>schutzkommission („DSK“) bereits 2007 – noch<br />
vor Inkrafttreten der DSG-Novelle 2010 – Stellung genommen.<br />
Die DSK erachtete hier die Videoüberwachung im Zutrittsbereich<br />
von Amtsgebäuden für Zwecke des Eigenschutzes und<br />
des „Verantwortungsschutzes“ (Schutz dritter Personen, soweit<br />
diese in einer entsprechenden Rechtsbeziehung zum Auftraggeber<br />
stehen, wie zB Arbeitnehmer), als grundsätzlich zulässig.<br />
Voraussetzung einer zulässigen Videoüberwachung ist eine<br />
„hausrechtsähnliche Verfügungsgewalt der Überwachenden“<br />
(wie etwa die Stellung als Eigentümer eines Bauwerks). Öffentli-
© Pavel Losevsky - Fotolia.com<br />
cher Raum wie etwa der Gehsteig vor dem Eingangsbereich darf<br />
nicht überwacht werden (Bescheid vom 3.10.2007, K600.041-<br />
044/0003-DVR/2007).<br />
Differenzierter beurteilte die DSK 2008 die beabsichtigte Überwachung<br />
von Garderoben sowie des Fahrradabstellplatzes in<br />
einem Schulgebäude. Die DSK unterscheidet hier: Überwachungsmaßnahmen<br />
im Rahmen der schulischen Unterrichtsund<br />
Erziehungsarbeit ist eine hoheitliche Handlung im Rahmen<br />
der Aufsichtspflicht von Lehrkräften. Mangels ausdrücklicher<br />
gesetzlicher Ermächtigung ist eine diesbezügliche Videoüberwachung<br />
unzulässig.<br />
Darüber hinaus ist Videoüberwachung zum Schutz vor Vandalismus<br />
oder Eigentumsdelikten innerhalb des Schulgebäudes als<br />
Ausübung des Hausrechts und somit als privatwirtschaftliche<br />
Tätigkeit grundsätzlich zulässig. Im Anlassfall untersagte die DSK<br />
die Videoüberwachung der Garderoben, da der Vandalismus<br />
auf die Schüler selbst zurückzuführen war. Deren Überwachung<br />
wäre aber Unterrichts- und Erziehungsarbeit, daher hoheitlich<br />
und nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung zulässig.<br />
Hinsichtlich des vor der Schule gelegenen Fahrradraums, der<br />
auch von Schulfremden aufgesucht werden könnte, wurde<br />
die Videoüberwachung bewilligt (Bescheid vom 20.6.2008,<br />
K600.055-001/0002-DVR/2008).<br />
allgemeine Interesse an der Einhaltung von Geschwindigkeitsbeschränkungen<br />
würde für eine rechtmäßige Überwachung von<br />
Fahrzeuglenkern durch die Gemeinde nicht ausreichen (VwGH<br />
28.3.2011, Zl 2010/17/0170).<br />
Aufgrund dieser Entscheidung plant der Gesetzgeber nunmehr<br />
eine Änderung der Straßenverkehrsordnung, um Gemeinden<br />
die Radarüberwachung durch private Dienstleister zu ermöglichen:<br />
Mit der 25. StVO-Novelle – die vom BMVIT zur Begutachtung<br />
versandt wurde – sollen die Länder ermächtigt werden,<br />
mit Verordnung punktuelle Geschwindigkeitsmessungen im<br />
Gemeindegebiet zu erlauben, wenn die Gemeinde über keinen<br />
Gemeindewachkörper verfügt, die Überwachung aus Gründen<br />
der Verkehrssicherheit erforderlich ist und sichergestellt ist, dass<br />
die Aufgabe von der Gemeinde mit den ihr zur Verfügung stehenden<br />
Mitteln besorgt werden kann.<br />
Im Fall der Gesetzwerdung dieses Entwurfs ist daher bald wieder<br />
mit Geschwindigkeitsmessungen durch private Dienstleister<br />
im Auftrag der Gemeinde zu rechnen. Eine Abwendung einer<br />
Bestrafung mit datenschutzrechtlichen Argumenten wird dann<br />
wohl nicht mehr möglich sein. <br />
herwig.hauenschild@kwr.at<br />
Eine Videoüberwachung mehrerer Straßenzüge und Plätze zur<br />
Vorbeugung gefährlicher Angriffe und Aufklärung strafrechtlich<br />
relevanter Sachverhalte durch eine Gemeinde wurde mangels<br />
ausreichender rechtlicher Grundlage zur Gänze nicht genehmigt<br />
(Bescheid vom 21.6.2005, K503.425-090/0003-DVR/2005).<br />
Radarüberwachung durch Gemeinden<br />
Eine Gemeinde, die die Einhaltung von Geschwindigkeitsbeschränkungen<br />
von einem privaten Unternehmen durchführen<br />
ließ, das die <strong>Daten</strong> an die zuständige Strafbehörde weiterleitete,<br />
beschäftigte in den vergangenen zwei Jahren jeweils zwei Mal<br />
die DSK und den VwGH.<br />
Der „geblitzte“ Lenker beschwerte sich mit der Begründung,<br />
eine Gemeinde dürfe mangels gesetzlicher Ermächtigung keine<br />
<strong>Daten</strong> für den Zweck der straßenpolizeilichen Überwachung ermitteln.<br />
Daher sei auch die Übermittlung der <strong>Daten</strong> an die Strafbehörde<br />
rechtswidrig erfolgt. Die Gemeinde müsse sich die <strong>Daten</strong>verwendung<br />
zurechnen lassen, da sie sie in Auftrag gegeben<br />
hatte. Die Gemeinde berief sich zuletzt darauf, dass sie im Rahmen<br />
der Privatwirtschaftsverwaltung gehandelt habe. Die Verkehrsüberwachung<br />
wäre zulässig, da damit gesetzlich übertragenen<br />
Aufgaben als Straßenerhalter wahrgenommen würden.<br />
Der VwGH war nicht dieser Ansicht: Pflichten der Gemeinde als<br />
Straßenerhalter würden für die Zulässigkeit der Ermittlung von<br />
<strong>Daten</strong>, damit eine Anzeige wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung<br />
gemacht werden kann, nicht ausreichen. Auch das<br />
Inhouse Seminar 104<br />
Mittwoch, 25.1.2012, 17:00 Uhr<br />
„Big brother is watching you“ -<br />
Videoüberwachung im öffentlichen Raum<br />
Referenten:<br />
Mag. Mathias Kopf<br />
Univ.-Ass. Dr. Daniel Ennöckl, LL.M.<br />
Die Inhouse-Seminare sind kostenlos und finden in<br />
unserer Kanzlei statt. Anmeldungen erbeten<br />
bis jeweils 3 Werktage vor dem Seminar an office@kwr.at.<br />
Tipp!<br />
1 als Vereinbarungen zwischen dem Zulieferer, dem Hersteller, dem Großhändler
© Galina Barskaya - Fotolia.com<br />
Change happens:<br />
Wesentliche Erleichterungen bei Verschmelzung<br />
oder Spaltung von Konzernen<br />
Durch das Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2011 (GesRÄG 2011) kam es mit 1.8.2011 bei zwei großen Themenkomplexen<br />
zu Neuregelungen: Erstens wurden zur Umsetzung der Richtlinie 2009/109/EG Modifikationen im Umgründungsrecht<br />
vorgenommen, die zu einer Vereinfachung bei Verschmelzungen sowie Spaltungen führen sollen.<br />
Zweitens erfolgte für nicht börsenotierte Gesellschaften eine Umstellung von Inhaber- auf Namensaktien. Da der zweite<br />
Punkt bereits Thema einer früheren Ausgabe des „uptodate“ war (Ausgabe 02/2011), beschränkt sich der folgende<br />
Beitrag auf die durch das GesRÄG 2011 bewirkten Neuerungen im Umgründungsrecht.<br />
Von Thomas Haselberger und Gerold Wietrzyk<br />
Änderungen im Detail<br />
Im Konkreten kommt es durch das GesRÄG 2011 bei der Verschmelzung<br />
bzw der Spaltung von Gesellschaften einerseits zu<br />
Vereinfachungen im Bereich der Veröffentlichungs- und Berichtspflichten,<br />
andererseits werden aber auch bestimmte Verpflichtungen<br />
näher konkretisiert. Darüber hinaus enthält das GesRÄG<br />
2011 (weitere) Erleichterungen für Verschmelzungen bzw Spaltungen<br />
innerhalb eines Konzerns. In Zukunft sollten jedenfalls folgende<br />
Punkte beachtet werden (wobei AG und GmbH prinzipiell<br />
gleichermaßen betroffen sind):<br />
Elektronische Bereitstellung der Umgründungsdokumente<br />
und Veröffentlichung in der Ediktsdatei<br />
Im Zuge von Verschmelzungen bzw Spaltungen sind von Gesellschaften<br />
eine Reihe von Unterlagen (Verschmelzungsvertrag,<br />
Spaltungsplan, etc.) zur Verfügung zu stellen. Bisher waren diese<br />
Dokumente am Sitz der Gesellschaft zur Einsicht aufzulegen. Diese<br />
Verpflichtung entfällt nunmehr, wenn die Gesellschaft die Unterlagen<br />
auf ihrer im Firmenbuch eingetragenen Internetseite zugänglich<br />
macht. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass<br />
sich die Möglichkeit, Dokumente künftig online zur Verfügung zu<br />
stellen, nicht auf Umgründungssachverhalte beschränkt sondern<br />
ganz generell für alle aufzulegenden Hauptversammlungsunterlagen<br />
besteht.<br />
Des Weiteren waren der Verschmelzungsvertrag bzw Spaltungsplan<br />
bisher mindestens einen Monat vor der Hauptversammlung<br />
beim Firmenbuch einzureichen und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung<br />
musste ein entsprechender Hinweis veröffentlicht werden.<br />
Durch das GesRÄG 2011 besteht nun die Möglichkeit dieses<br />
Prozedere zu vermeiden, indem die Gesellschaft spätestens einen<br />
Monat vor der Hauptversammlung den Verschmelzungsvertrag
zw Spaltungsplan in der Ediktsdatei (www.edikte.justiz.gv.at) veröffentlicht.<br />
Diese Veröffentlichung erfolgt durch die Gesellschaft<br />
selbst bzw durch ihren Vertreter, wobei die genauen technischen<br />
Spezifikationen noch mit Verordnung geregelt werden sollen. Für<br />
die Unternehmen bedeutet diese neue Veröffentlichungsmöglichkeit<br />
eine Zeit- und Kostenersparnis.<br />
Berichtspflichten von Gesellschaftsorganen<br />
Durch das GesRÄG 2011 besteht ab sofort die Möglichkeit, dass<br />
die Gesellschafter auf den Verschmelzungs- bzw Spaltungsbericht<br />
des Aufsichtsrats verzichten. Um eine Einbindung des Aufsichtsrates<br />
aber jedenfalls sicherzustellen, hat der Vorstand den<br />
Aufsichtsrat unverzüglich über eine geplante Verschmelzung bzw<br />
Spaltung zu informieren. Bei börsenotierten Gesellschaften ist<br />
überdies neu, dass eine allenfalls aufzustellende Zwischenbilanz<br />
nicht erforderlich ist, sofern ein Halbjahresfinanzbericht nach § 87<br />
BörseG erstellt wurde.<br />
Neben diesen Erleichterungen beinhaltet das GesRÄG 2011 aber<br />
auch eine Ausdehnung der Informationspflicht des Vorstandes<br />
bei wesentlichen Änderungen der Vermögens- oder Ertragslage<br />
zwischen Aufstellung des Verschmelzungsvertrags bzw Spaltungsplans<br />
und der Beschlussfassung über die Umgründung. Bisher<br />
war nämlich nur über wesentliche Änderungen der eigenen<br />
Gesellschaft zu informieren. Künftig ist in der Hauptversammlung<br />
hingegen auch über wesentliche Änderungen der Vermögensoder<br />
Ertragslage in einer anderen an der Verschmelzung bzw<br />
Spaltung beteiligten Gesellschaft zu berichten. Ergänzend dazu<br />
besteht eine Informationspflicht der Leitungsorgane gegenüber<br />
den anderen beteiligten Gesellschaften.<br />
Verpflichtende Sacheinlage- bzw Gründungsprüfung<br />
Im Rahmen von Verschmelzungen bzw Spaltungen kann es erforderlich<br />
sein, dass eine Sacheinlage- bzw Gründungsprüfung<br />
durchgeführt wird. Vor dem GesRÄG 2011 konnte diese Prüfung<br />
unter gewissen Voraussetzungen unterbleiben, nunmehr ist sie allerdings<br />
verpflichtend. An der Möglichkeit, dass die Gesellschafter<br />
auf die Verschmelzungs- bzw Spaltungsprüfung verzichten, ändert<br />
sich hingegen nichts.<br />
Gerichtlich durchzusetzender Sicherstellungsanspruch<br />
bei Spaltungen<br />
Gläubiger, deren Forderungserfüllung durch die Spaltung gefährdet<br />
ist, können ihren Sicherstellungsanspruch seit dem GesRÄG<br />
2011 gerichtlich durchsetzen. Dies war bisher nicht vorgesehen.<br />
Erleichterungen im Konzern<br />
Bei der upstream-Verschmelzung einer 100 %-igen Tochtergesellschaft<br />
kann in Zukunft nicht nur die Hauptversammlung der<br />
Muttergesellschaft sondern auch jene der Tochtergesellschaft<br />
entfallen. Es ist in der Folge somit möglich, dass bei solchen Verschmelzungen<br />
keine Wartefristen mehr einzuhalten sind und die<br />
Verschmelzung ohne Verzögerung eingetragen werden kann,<br />
sofern entsprechende Verzichtserklärungen der Gesellschafter<br />
bezüglich gewisser Informations- und Mitbestimmungsrechte vorliegen.<br />
Überdies kann beim 100 %-igen upstream merger der Vorstand-<br />
sowie der Aufsichtsratsbericht künftig entfallen. Eine weitere<br />
Neuerung durch das GesRÄG 2011 liegt darin, dass bei einem<br />
100 %-igen upstream merger keine Haftung des Vorstands und<br />
des Aufsichtsrats der Tochtergesellschaft sowie des Verschmelzungsprüfers<br />
gegenüber dieser Gesellschaft und ihrem Aktionär<br />
(= die Muttergesellschaft) mehr besteht.<br />
Bei der verhältniswahrenden Spaltung sind in Hinkunft der Spaltungsbericht<br />
des Vorstands, die Prüfung der Spaltung durch einen<br />
Spaltungsprüfer, die Prüfung sowie Berichterstattung durch den<br />
Aufsichtsrat und die Erstellung einer Zwischenbilanz nicht mehr<br />
erforderlich. Wie bei der 100 %-igen upstream-Verschmelzung<br />
kann künftig auch bei der Spaltung zur Aufnahme die Beschlussfassung<br />
in der übertragenden Gesellschaft entfallen, sofern sich<br />
alle Anteile der übertragenden Gesellschaft direkt oder indirekt in<br />
der Hand der übernehmenden Gesellschaft(en) befinden.<br />
Fazit<br />
Das GesRÄG 2011 bringt im Bereich des Verschmelzungs- und<br />
Spaltungsrechts eine Reihe von Erleichterungen hinsichtlich Veröffentlichungs-<br />
und Berichtspflichten, wodurch – insbesondere<br />
bei konzerninternen Umgründungen – ein erhebliches Zeit- und<br />
Kostenersparnispotential geschaffen wird. Zu beachten sind aber<br />
auch jene Vorschriften, durch die die Aufgaben der an der Umgründung<br />
beteiligten Personen konkretisiert werden, wie etwa die<br />
Informationspflicht des Vorstandes bei wesentlichen Änderungen<br />
der Vermögens- oder Ertragslage in irgendeiner an der Verschmelzung<br />
bzw Spaltung beteiligten Gesellschaften. <br />
thomas.haselberger@kwr.at<br />
gerold.wietrzyk@kwr.at<br />
Inhouse Seminar 102<br />
Mittwoch, 11.1.2012, 17:00 Uhr<br />
Anlegerberaterhaftung<br />
Referenten:<br />
Hon.-Prof. DDr. Jörg Zehetner<br />
Priv.-Doz. Dr. Thomas Haberer<br />
Die Inhouse-Seminare sind kostenlos und finden in<br />
unserer Kanzlei statt. Anmeldungen erbeten<br />
bis jeweils 3 Werktage vor dem Seminar an office@kwr.at.<br />
Tipp!
Events & more<br />
Summer Associate Program 2011<br />
Auch heuer wieder erhielten vier Jusstudenten die Möglichkeit, im Rahmen<br />
eines einmonatigen Praktikums Einblicke in den Alltag eines Rechtsanwalts<br />
bei <strong>KWR</strong> zu erlangen. Besonderes Augenmerk lag auf der Vielfalt<br />
der gestellten Aufgaben und den ausgesuchten Rechtsgebieten, in denen<br />
die Summer Associates erste praktische Erfahrungen sammelten.<br />
Erstmals aufgenommen in das Programm wurde heuer auch ein Fall aus<br />
dem Gebiet des Wirtschaftsstrafrechts, welcher bei den Summerassociates<br />
auf großes Interesse stieß und eine spannende Abwechslung zu dem „klassischen“<br />
Wirtschaftsrecht bot.<br />
„Das Summer Associate Program bei <strong>KWR</strong> bedeutet Eintauchen in den spannenden Alltag einer Anwaltskanzlei und umfasst zahlreiche<br />
anspruchsvolle und vielfältige Tätigkeiten. All dies geschieht unter der persönlichen und engagierten Betreuung der Partner und Konzipienten.<br />
Eine einzigartige Erfahrung!“ (Katharina Huber, Summer Associate <strong>KWR</strong>, 2011)<br />
<strong>KWR</strong> gewann den Corporate Intl. Global Award als<br />
„2011 Austrian-Business Crime Law Firm of the year.“<br />
Award!<br />
Aufgrund der exzellenten Rechtsberatung von <strong>KWR</strong> in dem Fachgebiet<br />
des Wirtschaftsstrafrechts auf nationaler und internationaler Ebene, sowie<br />
der langjährigen Erfahrung des <strong>KWR</strong>-Wirtschaftsstrafrechtsexperten Univ.<br />
Prof. Dr. Wolfgang Brandstetter und RA Dr. Otto Dietrich ging <strong>KWR</strong> zu<br />
recht als Sieger und beste Wirtschaftsstrafrecht Kanzlei 2011 hervor.<br />
RA DDr. Jörg Zehetner wurde die Honorarprofessur durch<br />
die Universität Salzburg verliehen.<br />
Die Universität Salzburg würdigte damit die umfangreiche wissenschaftliche<br />
und lehrende Tätigkeit Zehetners. Der ehemalige Universitätsassistent<br />
am Institut für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht der Universität Wien<br />
ist neben seiner anwaltlichen Tätigkeit auch durch umfangreiche Vortragstätigkeit<br />
ua als Lektor an der Juridischen Fakultät der Universität Wien und<br />
am Post-Graduate-Universitätslehrgang für Wirtschaftsjuristen der Universität<br />
Salzburg sowie an der Donau-Universität Krems, bekannt.<br />
Die Antrittsvorlesung zu dem Thema „Die Haftung des Abschlussprüfers“<br />
wird am 9.November 2011, in der Bibliotheksaula der Universität Salzburg,<br />
stattfinden.
LEGAL 500 - The Clients Guide to the best Law firms<br />
2011 Recommended law firms and lawyers:<br />
Capital Markets<br />
„At Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH, Otto Dietrich leads a seven-lawyer team that has<br />
experience advising on corporate bond issuances.“<br />
Central and Eastern Europe<br />
„Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH has a sturdy reputation for its CEE work, particularly in<br />
real estate matters. The firm benefits from an office in Bulgaria, and in 2010 advised on the construction<br />
of one of the largest shopping malls in Sofia. Otto Dietrich is highly rated.“<br />
Corporate and M&A<br />
„Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH has a particular focus on advising Brazilian and CEE clients on corporate and M&A work with an<br />
Austrian element. The firm also has good experience advising on the tax implications of M&A transactions. Team head Gerold Wietrzyk<br />
comes highly recommended, as do Helen Pelzmann and Otto Dietrich.“<br />
Dispute Resolution<br />
„Thomas Frad leads the team at Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH, which is known for its excellent work in construction disputes<br />
particularly across Eastern Europe.“<br />
EU and Competition<br />
„At Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH, Jörg Zehetner and Thomas Rabl lead a practice with good experience in cartel litigation<br />
and compliance. The team has developed a niche white-collar crime practice, and has particular expertise in conducting dawn raids.“<br />
Employment<br />
„Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH is rated for its experience in employment issues resulting from corporate transactions. Helen<br />
Pelzmann leads the four-lawyer team.“<br />
Intellectual property and media<br />
„Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH’s IP group is recommended for data protection issues and contentious work. Paul Schmidinger<br />
heads the group, which advised textile manufacturer Palmers in several trade mark licensing matters.“<br />
Public Procurement<br />
„Katharina Trettnak-Hahnl leads the well-regarded practice at Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH, which has represented federal<br />
ministries and construction companies on a wide range of procurement projects. The firm has particular experience advising on major<br />
tunnelling projects.“<br />
Real Estate<br />
„Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH has an excellent reputation for its real estate work, particularly in construction law on the contractor<br />
side. Georg Karasek leads the 13-lawyer team, which has an impressive roster of construction clients, particularly in the tunnelling<br />
sector. The team also advises a number of top-notch property investors including Henderson Global and Euro Property Fund. The practice<br />
is recommended for its expertise in CEE matters.“<br />
Tax<br />
„Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH is seen as one of the stronger mid-sized firms for tax advice, and had a busy year advising on<br />
tax-driven restructurings. Gerold Wietrzyk, a certified tax adviser, is recommended.“<br />
Impressum/Offenlegung gemäß § 25 MedienG:<br />
Herausgeber, Medieninhaber und Verleger:<br />
<strong>KWR</strong> Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH<br />
Wagramer Straße 19/19, 1220 Wien<br />
FN 246828h HG Wien<br />
Für den Inhalt verantwortlich: Mag. Barbara Zelikovics<br />
Design: www.ideas4you.at Werbeagentur GmbH, Art Direction: Thomas Klepits<br />
Fotos: sh Fotoverweise<br />
Druck: mic Shop-Bieder Wien
KARASEK WIETRZYK RECHTSANWÄLTE GMBH<br />
Wien Ankara Istanbul Sofia<br />
IZD Tower<br />
Wagramer Strasse 19, 19. Stock<br />
1220 Wien<br />
www.kwr.at<br />
E office@kwr.at<br />
T +43 1 24 500, F +43 1 24 500 63999<br />
Office Ankara<br />
Ayrancı Mah. Tirebolu Sokak<br />
Haznedar Apt. No. 3/8, 3rd Floor<br />
Yukarı Ayrancı<br />
06550 Ankara, TURKEY<br />
T + 90 312 466 66 03 / 468 08 47<br />
F + 90 312 468 08 57<br />
Office Istanbul<br />
LKK LUTHER KARASEK KÖKSAL Danışmanlık A.Ş.<br />
Maslak Mah. Bilim Sokak 5, Sun Plaza 12th floor<br />
Maslak-Şişli 34398 Istanbul, TURKEY<br />
www.lkk-legal.com<br />
E mkoksal@lkk-legal.com<br />
T +90 212 276 9820, F +90 212 276 980<br />
Office Sofia<br />
<strong>KWR</strong> BG - Belokonski Gospodinov & Partners<br />
Alexander Zendov Str. 1, 6th floor, No. 38<br />
1113 Sofia, BULGARIA<br />
www.kwrbg.eu<br />
E office@kwrbg.eu<br />
T +359 2 971 55 33, F +359 2 971 55 31<br />
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