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Auftrag_277_150dpi.pdf - Gemeinschaft Katholischer Soldaten

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KIRCHE UNTER SOLDATEN<br />

Sie will ihre Anliegen, die sich aus den Besonderheiten<br />

des <strong>Soldaten</strong>berufes ergeben, in den Meinungsbildungsprozess<br />

von Kirche, Politik und Gesellschaft einbringen<br />

und in den Streitkräften zur Verwirklichung des christlichen<br />

Zeugnisses durch Besinnung, Bildung und Begegnung<br />

beitragen.“<br />

Soweit die einleitenden Originalzitate aus dem aktuellen<br />

Grundsatzprogramm. Das muss man sicher erstmal<br />

sacken lassen, aber – was bedeutet das in der praktischen<br />

Umsetzung?<br />

Die Umsetzung erfolgt in zwei Richtungen, nach innen<br />

und außen. Einerseits bietet die GKS für ihre Mitglieder<br />

Orientierung auf der Basis der katholischen Soziallehre –<br />

und damit letztlich auf Basis des katholischen Glaubens<br />

– für die berufspezifischen Herausforderungen an. Andererseits<br />

versucht die GKS in der Wirkung nach außen<br />

Einfluss auf Entscheidungsträger in Politik und Gesellschaft<br />

zu nehmen, um auch dort zu den Grundsätzen entsprechenden<br />

Entscheidungen anzuregen.<br />

Und wenn es gerade um dieses inhaltliche Wirken<br />

geht, dann kommen unsere Sachausschüsse ins Spiel. Sie<br />

schaffen Grundlagen für beide Aspekte der Arbeit und<br />

liefern die Argumente für die Diskussion, die dann aber<br />

jeder für sich zu verarbeiten hat – ich komme auf diesen<br />

Aspekt noch zurück.<br />

Ich habe hier sicher in erster Linie die SA InFü und<br />

S&F angesprochen. Der SA International ist nach meinem<br />

Verständnis der „Transporteur“, der GKS-Positionen in den<br />

internationalen Raum der katholischen Laienorganisationen<br />

bringt. Er hat damit in der heutigen Zeit der multinationalen<br />

Einsätze eine ganz wichtige Rolle.<br />

AUFTRAG <strong>277</strong> • MÄRZ 2010<br />

Verständnis der GKS und ihres Wirkens<br />

Der soeben dargestellte Laienverband in der Katholischen<br />

Militärseelsorge gründet sie auf dem Glauben<br />

der katholischen Kirche. Ich sage dies ganz bewusst, denn<br />

diese Basis ist wichtig. Auf dieser Grundlage ist dann sicher<br />

viel Ausgestaltung möglich, nicht jedoch abseits –<br />

so mein Verständnis. Dies auch nach außen darzustellen<br />

bleibt beständige Aufgabe, denn andere Strömungen gibt<br />

es genug. Kurz gesagt: Wo katholisch oder noch genauer<br />

gesagt wo GKS draufsteht, da muss auch GKS drin sein!<br />

Ich erlebe an mir selbst, dass mein eigenes Selbstverständnis<br />

und mein Glaube sich mit mir wandeln. Und<br />

ich denke nicht, dass es einfach nur ein Älterwerden ist,<br />

obwohl es auch etwas davon hat, denn ich bin schließlich<br />

noch ein Jahr älter als unsere <strong>Gemeinschaft</strong>! Ich vertraue<br />

nicht darauf, einfach nur die Erfahrungen anzusammeln,<br />

die sich so am Wegesrand ergeben, das reicht mir nicht.<br />

Manche Entwicklungen muss man einfach bewusst und jeder<br />

für sich selbst anstoßen, so meine ich. Und genau zu<br />

dieser persönlichen Entwicklung des einzelnen, suchenden<br />

<strong>Soldaten</strong> und seiner Familien, möchte wir Orientierung<br />

anbieten.<br />

Was heißt dies konkret? Lassen sie mich dazu zwei<br />

Beispiele darstellen. Bevor ich Anfang 1996 als KpChef<br />

in den Einsatz auf den Balkan ging, stellten sich für mich<br />

ganz konkrete, handfeste Fragen: Wie stark bin ich in<br />

Grenzsituationen, die ich mir nicht einmal in der Phantasie<br />

vorstellen kann? Bin ich dann selbst noch der echte<br />

Kamerad, den ich mir an der Seite wünsche? Kann ich<br />

wirklich schießen, wenn es darauf ankommt?<br />

Ich weiß es bis heute nicht, denn ich persönlich bin damals<br />

nicht in die entscheidende Lage gestellt worden. Aber<br />

ich habe mir in meiner persönlichen Einsatzvorbereitung<br />

eigene Gedanken zu den genannten Fragen gemacht. Woran<br />

aber konnte ich mich orientieren? Patentrezepte greifen<br />

nicht, andererseits kann auch niemand alle möglichen<br />

Situationen vorausdenken, die sich ergeben könnten. Also<br />

heißt es, sich auf Grundsätze zu beschränken, die verinnerlicht<br />

in der entscheidenden, konkreten Situation das<br />

instinktive Handeln bestimmen mögen. Etwa so wie in der<br />

Chemie, wo man beispielsweise besser die Reaktionsmechanismen<br />

der Halogene und einwertigen Metalle zum Salz<br />

lernt und nicht die Einzelreaktion bestimmter Elemente.<br />

Wir waren gut ausgebildet, obwohl die Bundeswehr damals<br />

noch nicht so viel Erfahrung damit hatte, und<br />

ich fühlte mich auch geistig einigermaßen gerüstet – und<br />

dann kam alles viel früher und ganz anders als erwartet.<br />

Wir hatten gerade die Boing 707 der Flugbereitschaft in<br />

Split/Kroatien verlassen und gingen auf das Abfertigungsgebäude<br />

zu, als drei Kombis auf eine britische HERCULES<br />

C-130 zufuhren. Dort, am Rande des Rollfeldes, wurden<br />

dann drei Särge umgeladen und wir standen dreihundert<br />

Meter daneben. Die Szene erinnerte mich spontan an die<br />

Eingangssequenz im Film Platoon, nur waren wir jetzt mitten<br />

drin. Was war passiert? Am Vortag noch in Köln hatten<br />

wir davon gehört, dass ein britischer Schützenpanzer<br />

in eine Minensperre geraten und auf eine Mine aufgefahren<br />

war. Da das Gelände rundherum vermint war, konnte<br />

keine unmittelbare Hilfe von außen geleistet werden. Als<br />

dann ein Hubschrauber herangeführt war, kam die Hilfe<br />

für drei <strong>Soldaten</strong> zu spät. Und wir standen alle mehr oder<br />

weniger betroffen auf dem Rollfeld. So entstand bereits<br />

am ersten Abend Nachbereitungsbedarf, auf den niemand<br />

spontan vorbereitet war. Da kam es darauf an, einen Gesprächsfaden<br />

aufzugreifen und zu moderieren, zuzuhören<br />

und eigene Worte zu finden. Ohne persönliche Vorbereitung,<br />

ohne eigene Position gelingt dies nicht überzeugend.<br />

Eine weitere Situation habe ich ebenso lebendig im<br />

Gedächtnis. Ich hatte den <strong>Auftrag</strong>, ein erstes Instandsetzungskommando<br />

nach Sarajevo in „die Box“ zu schicken<br />

– als „box“ wurde damals Bosnien bezeichnet. Ich erinnere<br />

an das Jahr 1996, als die „sniper-alley“ ihrem Namen<br />

noch traurige Ehre machte und die Lage, in die ich<br />

die beiden <strong>Soldaten</strong> zu schicken hatte, war für mich nicht<br />

abschätzbar, ich selber war bis dahin nicht selbst in Sarajevo<br />

gewesen, dies gelang mir erst zwei Wochen später.<br />

Und selbst zu fahren kam nicht in Frage, dafür fehlten<br />

mir als Chef der InstKp die erforderlichen technischen<br />

Fachkenntnisse. Damit blieb mir nur die Möglichkeit, das<br />

Personal nach den bekannten Anforderungen und bester<br />

Personenkenntnis auszuwählen und diese Entscheidung<br />

dann zu verantworten.<br />

Verantwortung übernehmen heißt dann, nicht nur für<br />

die vorhersehbaren Folgen des Handelns aufzukommen,<br />

sondern letztlich auch für die unvorhersehbaren. Die Frage<br />

nach der Schuld ist dann eine andere, allerdings nicht<br />

nur eine juristische. Klar ist damit für mich heute, dass<br />

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