Auftrag_277_150dpi.pdf - Gemeinschaft Katholischer Soldaten
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BLICK IN DIE GESCHICHTE<br />
Elsass-Lothringen und 1909 im Raum<br />
Bad Mergentheim teil. Die Artilleristen,<br />
besonders die reitenden, wurden<br />
von den Infanteristen als „Quetschkosaken“<br />
bezeichnet. Dies führte in den<br />
Landauer Gasthäusern nahezu täglich<br />
zu wilden Schlägereien, weshalb die<br />
Batteriechefs der Morgenmeldung der<br />
Wachtmeister stets mit Bangen entgegensahen.<br />
Am 1. Dezember 1908<br />
wurde Hans Kohl zum Unteroffizier,<br />
1913 zum Sergeant und im Januar<br />
1914 zum Vize-Wachtmeister befördert.<br />
Im August 1914 wurde er – unter<br />
Versetzung zur II. Abteilung seines<br />
Regiments – zum Offizierstellvertreter<br />
ernannt; sein Abteilungskommandeur<br />
war Major Hermann Dietl.<br />
Als am 31. Juli um 17 Uhr der<br />
Vorbefehl mit dem Stichwort „Drohende<br />
Kriegsgefahr“ eintraf, befand er<br />
sich mit dem Regiment zum Schießen<br />
auf dem Truppenübungsplatz Hammelburg.<br />
Einen Tag später folgte gegen<br />
18 Uhr der Befehl zur Mobilmachung.<br />
In aller Eile verlegte die Truppe<br />
nach Landau zurück. Dort musste<br />
der Ansturm von Freiwilligen gestoppt<br />
werden, da es für sie keine Unterkunft<br />
und kaum Verpflegung gab. Hans Kohl<br />
war mit Mobilmachung als Sektionsführer<br />
der Leichten Munitionskolonne<br />
in der II. Abteilung 7 des bayerischen<br />
Reserve-Feldartillerieregiments Nr. 6<br />
eingeplant und wurde zum Feldwebel-<br />
Leutnant 8 befördert. Am 9. Oktober<br />
verlegte seine Abteilung unter Major<br />
Karl Wurm erneut nach Hammelburg,<br />
wo das neue Regiment 9 erstmals übte.<br />
Schwierigkeiten gab es durch den verspäteten<br />
Zugang der 1.832 Pferde, die<br />
das Regiment benötigte. Nach kurzer<br />
Ausbildung und Scharfschießen verlegte<br />
der Verband im Rahmen der 6.<br />
Königlich Bayerischen Reserve-Infanterie-Division<br />
10 unter dem General<br />
7 Das Regt hatte 3 Abt mit je 3 Battr und<br />
1 LMK. Eine LMK bestand aus 3 Offz,<br />
14 Uffz und 158 Mannschaften, sowie<br />
198 Pferden. Der Fahrzeugbestand:<br />
21 Munitions-, 5 Beobachtungs-, 1<br />
Küchen- und 1 Futterwagen.<br />
8 Zwischen 1877 und 1919 der unterster<br />
Offi zierdienstgrad.<br />
9 RgtKdr waren: 1914/15: Oberst Maximilian<br />
Obermayer; 1915-1917: OTL Dr.<br />
Emil Beckh; 1918: OTL Karl von Malaisé;<br />
Maj. Ludwig Volk, OTL Hermann<br />
Dietl und OTL Friedreich.<br />
10 Im August 1914 aufgestellt. DivKdr<br />
waren: 1914: Frhr. von Speidel, GenLt<br />
Streck († Nov 1914), Gen d. Inf Graf<br />
Bothmer (Dez 1914), GenLt z.D. (zur<br />
der Kavallerie Maximilian Frhr. von<br />
Speidel. (1856-1943) am 20. Oktober<br />
in den Bereitstellungsraum bei Lille<br />
an die Westfront. 11 Im Verlauf des Ersten<br />
Weltkrieges kämpfte Hans Kohl<br />
an verschiedenen Abschnitten der<br />
Westfront. Er nahm an den Herbst-<br />
Schlachten 1914 in Lothringen ebenso<br />
teil wie an der ersten Ypern-Schlacht<br />
im November. Dort war das Graben<br />
von Unterständen wegen des hohen<br />
Grundwassers nicht möglich, und<br />
so mussten Geschütze und Munition<br />
mit Wällen aus Sandsäcken geschützt<br />
werden. Unteroffizier Kaiser von der<br />
3. Batterie schrieb die sarkastischen<br />
Verse:<br />
„Das Haar wächst uns zur Mähne,<br />
die Seife wird uns fremd,<br />
wir putzen keine Zähne, wir wechseln<br />
nie das Hemd. … .<br />
Das Einzige, was noch trocken,<br />
sind Kehle und Humor.<br />
Doch dieser Heroismus, hat keinen<br />
großen Reiz.<br />
Es zieht der Rheumatismus fürs<br />
Vaterland ins Kreuz.“ 12<br />
Besonders aber belastete eine<br />
Rattenplage. Im Oktober 1916 wurde<br />
Kohl Gasschutzoffizier seiner Abteilung.<br />
13 Er erlebte den Stellungskrieg<br />
vor Verdun, die Schlachten an<br />
der Somme und in Flandern, sowie erneut<br />
jene um Ypern. Sieben Jahrzehnte<br />
später reichten sich Sohn Helmut<br />
und der französische Staatspräsident<br />
über den Gräbern die Hand. Im Februar<br />
1917 wurden die drei LMK aus<br />
dem Regiment herausgelöst 14 und als<br />
Armeetruppe dem VI. preußischen<br />
Reserve-Korps unter dem General der<br />
Infanterie Konrad Ernst von Goßler<br />
(1848-1933) zugeordnet; Hans Kohl<br />
Disposition) von Scanzoni (Jan 1915<br />
bis Jan 1917), GenMaj Paul Ritter von<br />
Köberle (bis Juni 1918) und danach<br />
GenMaj Georg Meyer. In dieser Division<br />
diente auch der Gefreite Adolf Hitler als<br />
Meldegänger der 1. Kp des ResInfRgt<br />
16 unter Oberst Julius List († 1914).<br />
11 Das Unterstellungsverhältnis wechselte<br />
wiederholt, so z.B. im Okt 1914 zur 4.<br />
KavDiv des Heeres-Kavalleriekorps 1;<br />
im Oktober 1918 wurde es aufgelöst.<br />
12 Beckh, Emil Das Reserve-Feldartillerie-Regiment<br />
Nr. 6 im Weltkrieg<br />
1914/1918, S. 85.<br />
13 Gasangriffe gegen das Rgt erfolgten<br />
z.B. am 8./9.Jan 1916 und am<br />
19.07.1916; eigener Gaseinsatz z.B.<br />
am 16./17.07.1917 (gem. Beckh, Emil<br />
a.a.O., S. 148, 162, 235 u. 279 .<br />
14 Beckh, Emil a.a.O., S. 193.<br />
übernahm die LMK Nr. 35. Bei seinen<br />
Einsätzen hat er sich wiederholt als<br />
hervorragender Frontsoldat mit überdurchschnittlichen<br />
Leistungen bewährt.<br />
1912 war ihm die Prinzregent-<br />
Luitpold-Medaille verliehen worden,<br />
und bereits im Dezember 1914 wurde<br />
er – vermutlich im Kampf um die flandrischen<br />
Orte Wijtschate und Mesen<br />
(südlich Ypern) gegen die 4. britische<br />
Division – mit dem (Preußischen) Eisernen<br />
Kreuz 2. Klasse und 1917 mit<br />
dem bayerischen Militär-Verdienstkreuz<br />
1. Klasse 15 ausgezeichnet. Sein<br />
Regiment hatte ihn offenbar auch zum<br />
EK 1 – es galt im Gegensatz zur „vaterländischen“<br />
(= bayerischen) als<br />
„fremde“ Auszeichnung – vorgeschlagen.<br />
Allerdings wurde 1942 auf Anfrage<br />
Kohls geantwortet, es lägen darüber<br />
keinerlei Unterlagen mehr vor und<br />
ein Vorschlag wäre vom Reichwehr-<br />
Gruppenkommando 4 am 29.11.1919<br />
abschlägig beschieden worden; 16 im<br />
Frieden werden Bedeutung und Leistung<br />
der Logistik schnell vergessen.<br />
Dabei wird die Tapferkeit der <strong>Soldaten</strong><br />
der Munitionskolonnen in vielen Regimentsgeschichten<br />
lobend erwähnt:<br />
„Ohne Rücksicht auf das feindliche<br />
Feuer sind ihre Mun(itions)-Wagen bis<br />
in die Batteriestellungen vorgefahren<br />
und haben die dringend erforderliche<br />
Munition gebracht.“ 17<br />
Der Munitionsverbrauch der Artillerie<br />
war beträchtlich: der einer<br />
Feldkanone lag 1917 pro Jahr bei<br />
168.323 Granaten und 6.170 Gasgranaten<br />
und der einer leichten Feldhaubitze<br />
bei 77.911 Granaten und 1.387<br />
Gasgranaten. 18 Die LMK übernahmen<br />
die Munition zumeist direkt von den<br />
Munitionszügen. Ab Mitte November<br />
1918 marschierte der Verband von<br />
Hans Kohl, er war inzwischen Chef<br />
einer Munitionskolonne – in den Frie-<br />
15 1866 durch König Ludwig II. gestiftet;<br />
bis 1905 gab es nur das MVK. Von 1905<br />
bis 1913 gab es – neben Großkreuz,<br />
Großkomtur, Komtur und Ritterkreuz<br />
– eine 1. und 2. und später noch die 3.<br />
Klasse.<br />
16 Bescheid München vom 22.06.1942 an<br />
das WBK Ludwigshafen.<br />
17 Kollmann, Walter Kgl. Bayer. 5. FArtRgt<br />
König-Alfons XI. von Spanien, S. 25,<br />
und Beckh, Emil Das Reserve-Feldartillerie-Regiment<br />
Nr. 6 im Weltkrieg, S.<br />
94.<br />
18 Angaben gem. Geschichte des ehem.<br />
Königlichen bayerischen 12. FArtRgt,<br />
S. 77 f.<br />
44 AUFTRAG <strong>277</strong> • MÄRZ 2010