Auftrag_277_150dpi.pdf - Gemeinschaft Katholischer Soldaten
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GESELLSCHAFT NAH UND FERN<br />
Hinzu kommen Fehler in Südafrikas<br />
Landwirtschaft, die zu 85 %<br />
der Viehwirtschaft dient. Durch einen<br />
einseitigen Anbau – etwa von Zitrusfrüchten-,<br />
durch den Entzug von Wasser<br />
und die starke Nutzung von Weideflächen<br />
für Viehhaltung wird eine<br />
nachhaltige Landwirtschaft erschwert<br />
und Gottes Schöpfung nicht nachhaltig<br />
genug bewahrt. Dabei macht der<br />
Agrarbereich nur noch 2,7 % der südafrikanischen<br />
Wirtschaft aus; 30,9 %<br />
werden durch die Industrie und 66,4<br />
% durch den Dienstleistungssektor<br />
bestritten (Stat. Jahrbuch 2006).<br />
AUFTRAG <strong>277</strong> • MÄRZ 2010<br />
Fehlende Sinn- und Lebensorientierung:<br />
das Beispiel Abtreibung<br />
Der Standpunkt der katholischen<br />
Kirche in Fragen der Abtreibung<br />
wurde auch bei der Afrika-Reise von<br />
Papst Benedikt XVI. im Frühjahr<br />
2009 wiederholt thematisiert: Sexualität<br />
gehört ausschließlich in eine<br />
monogam geführte Ehe, ansonsten ist<br />
den Menschen Enthaltsamkeit auferlegt.<br />
Doch viele afrikanische Ärzte sehen<br />
sich mit einem Alltag ganz anderer<br />
Art konfrontiert: Frauen kommen<br />
mit schweren Blutungen, Infektionen<br />
und Verletzungen innerer Organe<br />
ins Krankenhaus. Sie behaupten,<br />
gestürzt zu sein oder einen Unfall zu<br />
haben. Doch für die Mediziner ist<br />
die Ursache meist klar: Die Frauen<br />
haben versucht, illegal abzutreiben.<br />
Sogenannte Hinterhof-Abtreibungen<br />
sind ein weit verbreitetes Phänomen<br />
in Afrika, vor allem in südafrikanischen<br />
Townships, in der Mangel an<br />
medizinischer Versorgung herrscht.<br />
Schlecht oder gar nicht ausgebildete<br />
Laien-Mediziner nehmen gegen<br />
Geld Schwangerschaftsabbrüche vor.<br />
Unter miserablen hygienischen Bedingungen<br />
und mit haarsträubenden<br />
Hilfsmitteln wie etwa Schießpulver,<br />
Bleichmittel, Stricknadeln oder Kleiderbügeln.<br />
„Wir waren bei einer Patientin,<br />
die bei jemanden abgetrieben<br />
hat, der überhaupt nicht qualifiziert<br />
ist“, erzählt ein Klinikarzt, der wegen<br />
der Brisanz des Themas anonym<br />
bleiben möchte. „Die Gebärmutter<br />
war durchlöchert – die Verletzungen<br />
gingen bis in den Darm. Wir mussten<br />
eine umfassende Operation einleiten.<br />
Das ist eine übliche Komplikation.<br />
Blutungen sind am häufigsten. Manche<br />
Patientinnen bluten so stark, dass<br />
sie sterben.“<br />
Abtreibungen sind in (Süd-) Afrika<br />
eines der Haupttodesursachen von<br />
Frauen – und das Thema AIDS und<br />
Abtreibung sind insgesamt ein gesellschaftliches<br />
Tabu. Etwa 100 Afrikanerinnen<br />
sterben täglich an den<br />
Folgen der nicht fachgerecht durchgeführten<br />
Schwangerschaftsabbrüche.<br />
Im südostafrikanischen Malawi gehen<br />
laut offiziellen Angaben über 30<br />
Prozent aller Fälle von Müttersterblichkeit<br />
auf solch illegale Abtreibungen<br />
zurück. Für Seodi White von der<br />
Frauenorganisation „Women in Law in<br />
Southern Africa“ ließen sich die vielen<br />
Todesfälle von Frauen vermeiden:<br />
„Wenn man Abtreibungen legalisiert,<br />
treibt man die Frauen doch in den<br />
Untergrund. Man treibt sie dazu, unsichere<br />
und gesundheitsschädigende<br />
Abtreibungen vorzunehmen.“ Doch<br />
die katholische Kirche kann diese<br />
Position nicht unterstützen, da jeder<br />
Mensch Gottes Ebenbild und daher im<br />
besonderem Maße schützenswert ist.<br />
Das zentrale Problem des Themas<br />
Abtreibung in Afrika ist, dass viele<br />
Frauen nicht wissen, wie sie verhüten<br />
können. Und afrikanische Frauen<br />
lassen sich oft schon in jungen Jahren<br />
auf Sexualität ein, weil der kirchliche<br />
Einfluss oft zu schwach ist. Oft sind<br />
es Frauen aus armen Verhältnissen,<br />
die sich zu einer illegalen Abtreibung<br />
entschließen. Sie sind häufig<br />
nur schlecht darüber informiert, wie<br />
sie eine Schwangerschaft verhindern<br />
können. Hinzu kommt, dass wirksame<br />
Verhütungsmittel nicht ausreichend<br />
verfügbar oder zu teuer sind.<br />
„Werden die Frauen dann schwanger,<br />
wissen sie nicht, wie sie ein weiteres<br />
Familienmitglied ernähren sollen. Bei<br />
jungen Frauen kommt hinzu, dass<br />
Schwangerschaften kulturell und sozial<br />
nicht akzeptiert sind in unserem<br />
Land, wenn die Frauen nicht verheiratet<br />
sind.“ In Südafrika gibt es bereits<br />
erste Schritte hin zu einer Liberalisierung.<br />
Südafrika hat vor zehn Jahren<br />
sein Abtreibungsrecht liberalisiert.<br />
Hier können Frauen bis zur zwanzigsten<br />
Schwangerschaftswoche legal<br />
abtreiben, wenn sie erklären, dass sie<br />
körperlich, wirtschaftlich oder sozial<br />
nicht in der Lage sind, ein Kind zu<br />
bekommen. Zwar ist seither die Zahl<br />
der Abtreibungen nicht gesunken.<br />
Die Todesfälle infolge von Schwangerschaftsabbrüchen<br />
gingen aber um<br />
90 Prozent zurück.<br />
Bestehen bleiben auch in (Süd-<br />
) Afrika die aus Europa bekannten<br />
Probleme der Säkularisierung und<br />
des Wertewandels. Der Einfluss der<br />
Kirchen geht vor allem in den südafrikanischen<br />
Städten dramatisch zurück;<br />
viele Frauen sind gar nicht mehr<br />
christlich sozialisiert, christliche Werte<br />
verlieren für viele Afrikaner an Bedeutungs-<br />
und Gestaltungskraft und<br />
der Ruf der Kirche erreicht viele Afrikaner<br />
nicht mehr. Kirchenräume<br />
werden oftmals nur noch zu denkmalgeschützten<br />
Museumsräumen aus der<br />
„Apartheid-Ära“ – so etwa in Pretoria,<br />
Johannesburg und Bloemfontein.<br />
Stattdessen nehmen Glücksspiel und<br />
Prostitution in beängstigenden Umfang<br />
in den Städten zu.<br />
Sicherheitsmängel<br />
Südafrika gehörte in den achtziger<br />
Jahren zu den Staaten in der Welt,<br />
in der moderne Informationstechnologie<br />
einen raschen Einzug gehalten<br />
hatte: der Einsatz von Computern in<br />
Staat und Wirtschaft in Südafrika war<br />
früh zur Norm geworden – weitaus<br />
früher als in Westeuropa. Und auch<br />
noch im Jahr 2010 sind sämtliche<br />
Neuerungen der IT-Branche in Südafrika<br />
erhältlich. Aber auch der weit<br />
verbreitete Ausfall von Computern,<br />
Schwierigkeiten beim beschaffen von<br />
Ersatzteilen und das Verschwinden<br />
von Emails sowie das Reparieren von<br />
Computern bereiten wachsende Probleme.<br />
Im Zweifelsfall ist immer mit<br />
einem Ausfall der IT-Technologie in<br />
Südafrika zur rechnen – mit allen<br />
Schwierigkeiten, die dieser für eine<br />
Fußballweltmeisterschaft mit sich<br />
bringen kann.<br />
Hinzu kommt ein allgemeiner<br />
Trend zur Privatisierung von Sicherheit.<br />
Wer sich hervorragende IT-Techniker<br />
mit westlichen Kontakten leisten<br />
kann, der hat eher Zugang zum<br />
„world wide web“. Und wer hervorragend<br />
ausgebildete Sicherheitskräfte,<br />
am besten mit Kampfsporterfahrung<br />
oder militärischer Ausbildung, zu beschäftigen<br />
vermag, dessen Überlebenschancen<br />
sind im „New South<br />
Africa“ weitaus besser gesichert als<br />
jenes seiner Mitmenschen. Das hängt<br />
zum einen damit zusammen, dass<br />
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